An den Ufern meiner Stadt - Peter Härtling - E-Book

An den Ufern meiner Stadt E-Book

Peter Härtling

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Beschreibung

Peter Härtling war Kinderbuchautor, Romancier, Essayist und Dramatiker. Und in allen Phasen seines Schriftstellerlebens aber schrieb er großartige Gedichte. Mit ihnen begann er sein literarisches Werk, und mit ihnen fand es seinen Abschluss. »An den Ufern meiner Stadt« versammelt erstmals die späten lyrischen Arbeiten Härtlings. Mit siebzehn Jahren veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband – darin auch die später oft zitierte Zeile »ein narr wie ich« (gefolgt von den schönen Versen: »narren sind immer gleich / und wunderlich / und immer reich«). Der Narr begegnet uns auch in seinen späten, in seinen Altersgedichten. Hier hat er einen »Totenkopf« – »und einen Zauberspiegel / und einen Bleisoldatenknopf«. Bekannte Motive, Bilder und Stimmungen aus dem überaus reichen und vielgestaltigen Werk ziehen noch einmal auf in diesen späten Texten: mal düster, mal warm und hell, immer aber von beeindruckender sprachlicher Präzision und Schärfe. Seine Gedichte formten für Härtling ein literarisches Tagebuch, das er ohne Unterbrechung sein ganzes Leben über führte. Dieser Band versammelt in sorgsamer Edition sämtliche Gedichte, die von der Jahrtausendwende bis zu seinem Tod im Juli 2017, geschrieben wurden – darunter zahlreiche unveröffentlichte Texte, die erst posthum aufgefunden wurden.

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Seitenzahl: 207

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Peter Härtling

An den Ufern meiner Stadt

Späte Gedichte

Herausgegeben von Klaus Siblewski

Kurzübersicht

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Titelseite

Über Peter Härtling

Über dieses Buch

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

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Über Peter Härtling

Peter Härtling, geboren 1933 in Chemnitz, gestorben 2017 in Rüsselsheim, arbeitete zunächst als Redakteur bei Zeitungen und Zeitschriften. 1967 wurde er Cheflektor des S. Fischer Verlages in Frankfurt am Main und war dort von 1968 bis 1973 Sprecher der Geschäftsführung. Ab 1974 arbeitete er als freier Schriftsteller. Peter Härtling wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Hessischen Kulturpreis 2014 und dem Elisabeth-Langgässer-Preis 2015. Das gesamte literarische Werk des Autors ist lieferbar im Verlag Kiepenheuer & Witsch, zuletzt erschien sein Roman »Gedankenspieler« (2018).

 

Klaus Siblewski, geboren 1950 in Frankfurt am Main, lebt in Holzkirchen bei München. Er ist Verlagslektor, lehrt als Professor am Institut für Literarisches Schreiben und Literaturwissenschaft an der Universität Hildesheim und veranstaltet seit Jahren die »Deutsche Lektorenkonferenz«. Er hat u.a. die Werke von Ernst Jandl, Peter Härtling und Peter Turrini herausgegeben.

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Über dieses Buch

Peter Härtling war Kinderbuchautor, Romancier, Essayist und Dramatiker. Und in allen Phasen seines Schriftstellerlebens aber schrieb er großartige Gedichte. Mit ihnen begann er sein literarisches Werk, und mit ihnen fand es seinen Abschluss. »An den Ufern meiner Stadt« versammelt erstmals die späten lyrischen Arbeiten Härtlings.

Mit siebzehn Jahren veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband – darin auch die später oft zitierte Zeile »ein narr wie ich« (gefolgt von den schönen Versen: »narren sind immer gleich / und wunderlich / und immer reich«). Der Narr begegnet uns auch in seinen späten, in seinen Altersgedichten. Hier hat er einen »Totenkopf« – »und einen Zauberspiegel / und einen Bleisoldatenknopf«.

Bekannte Motive, Bilder und Stimmungen aus dem überaus reichen und vielgestaltigen Werk ziehen noch einmal auf in diesen späten Texten: mal düster, mal warm und hell, immer aber von beeindruckender sprachlicher Präzision und Schärfe. Seine Gedichte formten für Härtling ein literarisches Tagebuch, das er ohne Unterbrechung sein ganzes Leben über führte.

Dieser Band versammelt in sorgsamer Edition sämtliche Gedichte, die von der Jahrtausendwende bis zu seinem Tod im Juli 2017, geschrieben wurden – darunter zahlreiche unveröffentlichte Texte, die erst posthum aufgefunden wurden.

Inhaltsverzeichnis

I. Gedichtbände

Ein Balkon aus Papier

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

39. Kapitel

40. Kapitel

41. Kapitel

42. Kapitel

43. Kapitel

44. Kapitel

45. Kapitel

46. Kapitel

47. Kapitel

48. Kapitel

49. Kapitel

50. Kapitel

51. Kapitel

52. Kapitel

53. Kapitel

54. Kapitel

55. Kapitel

Nachträge für den Maler Axel Arndt

kommen – gehen – bleiben

I. Kapitel

II. Kapitel

III. Kapitel

IV. Kapitel

V. Kapitel

Schattenwürfe

Schattenwürfe, Erinnerung an altes ...

Abends den Atem wiegen,

Wovon ich leichter werde: ...

Es ist Zeit, den ...

Mit trägen Blicken den ...

Träume befreien und Bilder ...

Wer Wolkenreitern nachruft,

Die Dame sang und ...

Morgens, wenn die Gedanken ...

Mein Stelzenläufer tritt aus ...

Sterne und Erde berühren ...

Den Sommervokal aussenden, das ...

Mit meinem Garten will ...

Schlaf, mächtiger Tagteiler, wie

Dein Traum hat mich ...

Konfettischauer über der lackierten ...

Nirgendwo ankommen. Ein Ort, ...

Die Kinder spielen. Sie ...

Einen Tag, einen endlosen ...

Ich erzähl dir ein ...

Welches Reiseziel habe ich, ...

Im Sommerfrost den Raupen ...

Die Veränderungen nehmen zu: ...

Ich habe Herr und ...

Die Gespräche von einst, ...

Zwischen den Fingern Luftlippen ...

Wenn der Wind das ...

Sobald die Seelenverkäufer ihre ...

Für dieses Fest treibt ...

Der Schatten, der mich ...

Das Holz unter meiner ...

Auf dem Sand geritten, ...

Ich fange an, Sonnenuntergänge ...

Ankommen und wiederfinden: den ...

Das Binsenboot von ehedem, ...

In diesem Sommer übernehmen ...

Querschläger teilen den Schlaf, ...

Dort, wo die Windsbraut ...

Der Engel mit dem ...

Von einem Garten zum ...

In den Beinhäusern warten ...

Spurlos verschwand der alte ...

So tief die Jahre ...

Komm, ruft die Schwermut ...

Schlafmohn. Mohnschlaf. Das könnte ...

Die Abstände zu den ...

Meine alte Liebe bettet ...

»Sonnenflecken«, schrieb er und ...

Der Strand, ein Streifen ...

An diesem Nachmittag singt ...

Sie legte eine Lunte ...

Der kleine Mann verabschiedete ...

Die alten Briefe, im ...

Deinen Schatten hast du ...

Der Sommerfrost greift die ...

Ich sehne mich nach ...

Hoch überm See liefen ...

Mit einem Brief von ...

Wieder steigt das schwarze ...

Für Samuel: Du kamst ...

Verwirrt schichten die Jahreszeiten ...

Von wo ich komme: ...

Auf Reisen lasse ich ...

Variationen zu Brahms

Fenstergedichte

Fenstergedichte – so bezeichnet sie ...

Von einem Kind geschrieben ...

Nacht, ausgegossen und fest ...

Ich und ich, getrennt ...

Weit draußen die Linien, ...

Jetzt drückt es heftig ...

Der auf dem einen ...

Dem raschen Wechsel der ...

Die Stimme wird es ...

Manchmal hält vor dem ...

Der Schnee schließt mir ...

Wann wird der aus ...

Es sind die Kraniche ...

Köchelverzeichnis 545, zweiter Satz, ...

Ungerufen geraten sie in ...

Der Sturm brach die ...

Der Tag zieht allmählich ...

Ein letztes Mal der ...

Draußen, jahrweit draußen, haben ...

Noch immer wandern, draußen, ...

Der Ahornherbst verspätet sich ...

Die Scheiben laufen an, ...

Draußen kannst du zum ...

Ich denke mir das ...

Ich kann dem Wolkenverteiler ...

Aus dem Abgrund steigt ...

Fotos aufgespannt, draußen vorm ...

Schläfer treiben vorüber, leicht ...

Das Kind, auf das ...

Manchmal habe ich sie ...

Ich bin tot, ruft ...

Der alte Mann, den ...

Ich kann die Stadt ...

Zieh dir die Haut ...

Das Blau wird fest, ...

Feierlich erklimmt der Wacholder ...

Schon im März kannst ...

In die Stille, das ...

Die Amseln legen auf ...

Ich habe mir für ...

Halbherzig – ein Wort für ...

Der Märchenmann im Fensterkreuz ...

Die mährischen Szenen, draußen, ...

Er sah, als er ...

Einer, der schon länger ...

Masken gleiten vorüber. Sie ...

Komm zu mir nach ...

Die neuesten Botschaften krümmen ...

Nur nachts erwacht das ...

Jetzt ist Sommer. Die ...

Die ehedem Vertrauten gehen ...

Der Sichelmond wird leicht, ...

Draußen wechseln die Städte. ...

Mit verstellter Stimme rufe ...

Der alte Garten in ...

Die alte Stadt steigt ...

Ich kann ihn nicht ...

Kehren sie zurück? Brechen ...

Das Mädchen aus dem ...

Der Sand steigt vorm ...

Von mir

Von mir

Im Schnee

Ich brech den Apfel,

Algarve I

Algarve II

Nachruf

Diese Liebe

Der Weise Mann im Wald

Für Herburger

In den Fluten

Damals in Lichterfelde-Ost

Versuchte Ewigkeit

Jahreszeiten

Ich und ich

Widmungen

II. Aus Büchern

Sternenbilder. Zwölf Gedichte

Der Wanderer

Der kleine Engel

Orpheus

Ikarus

Melancholia

Engelsflügel

Penelope

Die Augen der kleinen Königin

Der Berauschte

Der sieche Mann

Der geduldige Greis

Das Tödlein

Zehn neue Gedichte

Brünn

Reisefieber

Die kleinen Plätze

Der andere Tag

Die räudige Schrift

Liebe, immer wieder

Reiselied für Fanny

Greisenmorgen

Die schönen Trompeten

Wüstenmärchen, Märchenwüste

Postscripta

Selbstporträt

Strassenmädchen, in einer Pfütze tanzend

Könnte

Wiederkehr

Vier Gedichte

Selbstporträt mit 76 

Abendlied

DER TISCH,

Der greise Kopf

Gedichte aus Winkelspiel

Kann sein

Träume sind es, die ...

Als ich mir, es ...

Allein sein

Damals in Lichterfelde-Ost

Sommerlich

Häuser wie Schiffe

Übergang

Der Hunger von früher

Balance

Ein Rest von Glück

Ängste wie Flechten

Den Abschieden nachlaufen, sie

Nachsommer

Abschließend

III. Verstreut veröffentlichte Gedichte

Zum Mitzählen

Trag deine Furcht

Bruchstücke

Friedfertig:

Schadensspruch

An einen befreundeten Maler

An meine Söhne

Mein Garten

D.H. und die Schmetterlinge

Der Unterschied

Windgedicht

Weißt du,

Der Schmerz nimmt zu

Don Ottavio

Jetzt, mit einem Mal ...

Spuren des Ikarus.

Kann man im Wasser

Wenige sind in Anfängen ...

Die Gaukler werden

Unlängst hörte ich ein ...

Wie angenehm

Elegie auf das Kommende Aus den Verzweiflungen der Gegenwart

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

Das Haus

Dies Gedicht, lieber Hans ...

Wulf Segebrecht zum Fünfzigsten

Wer wälzt sich denn ...

Der Wald ist weg.

Erstrittenes Freundescarmen

Der Trost,

Ich habe den Frieden ...

Absage

Ein Narr spielt

Kleiner Flötenliebessong

Verwandlung

Von Gensfleisch nicht leben,

Jubiläums-Carmen

Wenn Bücher

Fußnote

Nachtigallen

Ein Gaukler

Kiesel für Wiesel

Kater, fleht die Katze,

Hier hast du einen ...

Der Elefant, den lieb ...

Ein dicker, schwarzer Bär

Vorausgedacht

Vor der Abreise

Hochzeit im Park des Museums für Kunsthandwerk am Schaumainkai

Beckmanns Fluß

Sprecht,

Wärme

Musik

Neuerdings, ich weiß es,

Theologie

Was weiß der Baum ...

Für Bächler

Für Georg Katzer zum Siebzigsten

Zuhören

Quer unterm Vergessen –

Mein Schatz

Glück fürs Kind

Heim oder weg

Wie viele Nähen.

Was wird sein,

Satz für Satz

Frühlingsgedicht mit Hölderlin

Durch Bücher wandern

Wann erwarte ich von ...

Kann sein

Glückgedicht

Wenn der Kuli spricht

Distanzen 1–14 

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

Trauer und Wut

Der Garten von damals

Schritte in den Sommer

IV. Unveröffentlichte Gedichte

Für Konstantin

Vor Eurer Zeit –

Die Nacht wächst dir

Die Wetterfront, heißt es,

Unter Arkaden der leichtere ...

Ich gehe den Wörtern ...

Es könnte sein, die ...

Die Hügel und die Stadt

Ach, Zbigniew, sprechende Seele,

Den Tagstern mitgeschleift

Der alte Fluss überschwemmt ...

Die Tischplatte unter meiner ...

Frühe Gegend

Träume sind es, die ...

Mehr weiß ich von ...

Vielleicht leiser und sprachloser

Den Abend mit einer ...

Sonnenflecken einsammeln wie alte ...

An die Enkel

Das Geweb zwischen den ...

Morgenatem

15.1.2014 

Nach allem Schwindel

Was, wenn einer den ...

Winterwünsche

Mit Kinderohren

Fest-Gedicht

An einem Wintermorgen

Manchmal müd,

Auf ein Bild Jacopo Pondormos

Zur Zeit

Am Rand

Alte Geschichten mit Rändern ...

Ins neue Jahr

Mit dem Schatten der ...

Depression

Immer wieder hat mich ...

Wörter tauschen wie Ringe,

Anhang

Mitschriften Die »Späten Gedichte« von Peter Härtling

I. Kapitel

II. Kapitel

III. Kapitel

IV. Kapitel

V. Kapitel

VI. Kapitel

VII. Kapitel

VIII. Kapitel

IX. Kapitel

Editorische Notiz

Editorische Hinweise

Quellen und Anmerkungen

Alpabetisches Verzeichnis der Gedichte

I. Gedichtbände

Ein Balkon aus Papier

1.

Die Fische im Augenwasser,

meistens schwimmen sie

einzeln.

Neuerdings füllen sie

in Schwärmen

den Blick,

nehmen Städte ein

und Landschaften –

eine vinetische Verwandlung:

Ich habe

ein zweites Leben

begonnen.

2.

In den Träumen,

den Morgenträumen,

lösen die Blätter

sich auf

oder

ich höre sie:

Meine Stimme erzählt sie,

und schon

sind sie vergangen

im Bodensatz von allem,

was ich erinnere.

3.

Allmählich entfallen mir

die Gegenden.

Nur noch die eine,

der Hügel,

auf dem mein Engel

seine Flügel

abstreift,

dort, wo Wege sich gabeln,

Koffer offen liegen,

gefüllt mit Schnee,

bereit

für meine Reise.

4.

Dieser junge Mann,

der hinter mir

her

läuft,

vergeudet seine Zukunft,

die ich

nicht mehr habe,

und versucht

ausdauernd

mich loszuwerden.

Oder ich ihn?

5.

Komm! singt mein Kindermund.

Komm! Komm!

Und ich weiß nicht,

ob ich König sein will

oder Knecht.

Wasser oder Stein.

Ich falle in den Brunnen,

ich falle in den Mund

und höre sie singen,

die ich suchte,

den König,

den Knecht,

ein Leben lang.

6.

Nachts

türmen sich Hügel auf

und verschwinden wieder.

Sterne wandern.

ordnen sich zu neuen Bildern:

der Kleine Wolf und

der Alte Bär.

Mühelos gelingt es mir,

mein Kinderdorf aus dem Schlaf

zu rufen.

Die Schwester,

die ich vergaß,

halte ich plötzlich

an der Hand:

Sie kommt,

wenn es tagt.

7.

Mein Schlaf

dehnt sich aus

bis zu dem Rand,

über den alle,

die sich in meinen Traum

drängen,

stürzen werden,

fort von mir,

zurück in ihr Leben.

8.

Wörter

fressen sich mir

unter die Haut.

Die Schattenredner

sagen mir nach,

was ich nicht sagte.

Ihre Rede setzte sich

fest,

Knorpel und Geschwüre.

Ich habe es

ausgehalten:

Meine Schmerzen sind

nicht

ihre.

9.

Mit Greisenschritten

gehe ich

in mir herum.

Meine Ungeduld wächst.

Manchmal aber

finde ich den alten

Schritt,

ausholend, für den Morgen

gespannt,

und wandere

den geliebten Hügel

hinauf:

dort, wo die Windräder sausen

und Kinder spielen,

was ich ihnen

aufsagte.

10.

Mich friert das junge Jahr.

Ich nehme mir vor,

die Vögel zu empfangen,

die in den Garten

einfallen werden,

bald –

den Dompfaff vor allem,

der den Elstern

widerstand.

Ungeduldig halte ich

nach ihm

Ausschau.

11.

Längst zum Wegelagerer geworden,

der aufhält und beraubt,

was nachkommt.

Nichts wird mir entgehen,

nicht

die aufgebrauchte Liebe,

nicht

der hoffnungsvolle Leichnam

namens Zukunft,

nicht

der ausgebleichte Schatten,

der mich zu früh

verloren

gab.

Ich behalte sie

bei mir

und lasse sie

zurück.

12.

Die Briefe,

die ich ausschickte,

kommen zurück,

einer nach dem andern.

So lerne ich

schweigen

und streiche,

einverstanden,

die Sätze

von den Seiten.

13.

Dieser eine Tag auf der Terrasse,

die

der späte Sommer

für mich erfand.

Die ich erwarte,

haben sich versäumt.

Zögernd lese ich

den Schatten

eines Baumes.

Ab und zu pochen

Kastanien

auf den Stein.

Ich atme ohne Regel,

so,

wie sie fallen.

14.

Keine Träume mehr,

wuchernd,

nur noch Bruch,

Geröll,

Abdrücke von Schreien

im Mulm.

Das Gesicht halbiert

und den Mund

ohne Zunge.

Sobald ich erwache,

fürchte ich mich

vorm Schlaf.

15.

Komm, Kind,

hol den Alten aus der Wand,

ruf ihn,

kleine Königin,

er hat dich

erwartet.

Setz ihn aus

und sprich ihn frei,

pflanz ihm den

Stern in die Hand

für eine Runde:

Bis zum ersten Wort.

Bis zum ersten Schritt.

Dann kann er

gehn.

16.

Ein Mal,

ein einziges Mal,

werden alle Bilder

meinen Schlaf verlassen,

er wird mich aufnehmen,

ein Kanal,

nicht schwarz,

nicht weiß,

und ich werde

nicht gefasst sein

auf das,

was nicht mehr ist.

17.

Manchmal

wiederhole ich

vergangene Gespräche,

die Sätze eingeebnet,

die Wörter ohne Münder,

und rufe mir,

bodenlos heiter,

die Freunde

an den Saum des Abends,

bis das Kind

in den Kreis tritt,

mir den kommenden Tag

verspricht.

(für Hildegard)

18.

Nein,

kein Land mehr,

das im Schauen

weit wird.

Die Gegend

nimmt ab

und genügt mir.

Ab und zu

die Steig hinauf,

zur Schwelle vor

der Ebene oben:

ein Herzsprung.

Um den Berg wandernd,

hole ich,

Szene für Szene,

mich ein:

Bis der Greis

hinunter

stolpert.

Ihm genügen

ein paar Schritte

hier

zu sein.

19.

Am Hals

ist mir seine Ader

gesprungen.

Er hat immer besser

singen können als ich.

Als Kind hätte ich

seine Wörter

in einem Baukasten

sammeln wollen.

In Bahnhofslokalen

warte ich auf ihn.

Für ein Glas Wein

nimmt er mich

auf seine Reise mit,

vergisst mich gleich,

damit ich wieder

auf ihn warte.

(für Peter Bichsel)

20.

Fang die Stimme ein

und nicht den Vogel.

Schließ die Augen

und geh ins Bild.

Ich könnte mit Macke

nach Tunis reisen,

mit Klee nach Kairuan.

Kannst du Farbe

falten,

Noten springen lassen?

Nur eine Reise noch –

nicht nach Tunis,

nicht nach Kairuan.

Fang die Stimme ein.

Und geh ins Bild.

21.

Ein Balkon aus Papier,

handtellergroß,

für jeden Morgen.

Das ist kein Kinderspiel.

Diese ein wenig

fahrige Mühe,

den Tag zu gewinnen,

dem ersten Satz zu trauen,

ohne ihn auszusprechen,

Sonnenflecken zu zählen,

den Atem zu hören

und den Rauch der Zigarette

gegen die offene Hand

zu blasen.

Jeder Morgen

könnte mir fehlen.

22.

Vorboten kommen:

Totems und Krüge,

Wolken, die ihre Schatten

zurücklassen

auf der Terrasse

und Vogelschwärme,

die sich am Horizont

stauen.

Der Abdruck von Händen

auf dem Tisch,

noch warm in der Form.

Und Stimmen, die an

den Gegenständen haften,

hier, jetzt.

Nicht ein Satz reicht

über diesen Winter

hinaus.

23.

Ein letztes Mal

in Golems steinernen Büchern

blättern.

Nichts wird mehr erzählt.

Ich verwechsle Schatten

und wage es nicht,

sie anzureden.

Vielleicht mein Vater –

er verliert sich

in der Schrift.

Er plante sein Glück.

Er lernte das Recht.

Dem Kind stellte er

die Heiligen

auf der Brücke vor.

Und Wörter warf er

in den Fluss:

dreiunddreißig Tauben.

Ich wiederhole Gänge,

seine, meine.

(Prag)

24.

An den Ufern meiner Stadt

treffen sich

die Abgelebten,

dünnhäutig und schweigsam.

Manchmal tanzen sie

nach einer Musik,

die nur laut wird,

wenn die Leiber

sich vermengen –

ein kostbares, sehr altes

Geräusch.

Dann brandet an,

was sie mitnimmt.

25.

Die Koffer sind leer.

Aber mein Schubert trägt

schwer an ihnen.

Die Adressen habe ich

nicht für ihn ausgesucht:

Himmelspforte und Himmelsberg.

Auch nicht, dass Komtesse Karolin

im Fuße eines Windrads

verschwindet.

Es ist ein Einfall

der Gegend.

Hier nämlich ist er

seit zwei Wintern

unterwegs.

(Melchinger Winterreise)

26.

Eingewachsen

in meine Armbeuge.

Ich kann dich wiegen,

Kind,

in den Tag,

in den Abend.

Bewahrt bist du

in allen Fluchten,

vor den regnenden Steinen,

vor den steigenden Wassern.

Am Ende wird

das geteilte Leben

dir gehören, Kind,

entwachsen meiner Armbeuge.

(für Hannah)

27.

Mein Haus wird mit mir alt.

Es senkt seine Schwellen,

um meinen Schritten

wohlzutun.

Es legt den Garten um sich,

einen immerfort

sich wandelnden Schal.

Es schickt,

mich zu locken,

Kinderstimmen über die Flure

und schichtet

die einst gelesenen Bücher

um

für Anfänge.

Nur wartet es nicht mehr auf mich.

Ich könnte gehn.

Längst ist es unterwegs

mit mir.

28.

Am Kinderhaar

aus der Fluchtspur gezerrt.

Was heißt schon:

gerettet.

Da kreuzen sich wieder

Lichtfinger am Himmel, der

seinen Horizont verbrennt.

Keinen wirst du

dort mehr erkennen.

Vergiss, sagt Mutter,

den Koffer nicht

mit den Papieren.

Der ging mir immer

verloren.

Nun hört das Kind,

ohne mich,

auf zu reden

im neuen Krieg.

29.

Kommt über die Rampe

und wirft mit Noten,

streut Wörter aus,

kehrt um und

sieht sich zu.

Wenn er nur wüsste,

wer er ist, sein soll,

jetzt oder dann,

ihm sagt es keiner.

Doch ist er, was er war,

nichts als ein Gedanke,

eine Laune mit Namen und Leib:

Komm über die Rampe,

komm wieder!

(für Ursula Bothe)

30.

Ich erzähl dir einen Garten,

unsern letzten, ich erzähl

dir zuerst die Hecke, damit

der Himmel seine Grenze hat,

ich erzähl dir Blumen,

die ihre Farben tauschen,

ich erfinde dir einen Teich,

in dem die Schatten Körper werden,

Nixen und Nöcks, und Bäume setze ich,

die von einem Tag in den andern

ihre Äste verschränken – ein Schirm

aus Laub und Vogelstimmen,

ich spanne dir den Rasen aus,

das alte Tuch mit Kindertritten,

und alle Jahreszeiten schick ich

in einem Atem drüber weg –

einen Garten erzähl ich dir,

unsern.

(für M.)

31.

Plötzlich die Hand

voller Vogelherzen:

ein Instrument für meine

mährische Musik.

Hier

wird sie nicht gehört.

Janáček hat

für sie Linien gezogen.

Wie könnte ich,

mich gegen mein Spiegelbild lehnend

im Fluss,

in der grünen Kindermarch,

wie könnte ich

meine Hand ballen zur Faust:

ach, dieses spürbare,

pochende Lied.

32.

Sätze –

schon unter der Zunge,

schon im Papier,

gespreizt haben sie sich,

sich aufgeführt,

gelogen, geliebt,

haben Feuer gefangen

zwischen Atemzügen,

sind Haut geworden

und Haar.

Nun, nach ihrer Zeit,

nach unserer,

wissen sie nichts mehr

von sich,

von uns.

33.

Meine Toten wachsen

in mich hinein,

stumme, sich ausbreitende

Geschwüre.

Maserungen in meinem

Fleisch.

Mit der Zeit

werden sie mehr sein

als ich.

Wucherungen,

die meiner Seele

den Raum rauben.

Nur mein Gedächtnis

sparen sie

aus.

34.

Das Kind

liegt auf dem Rücken

und bespricht Wolken.

Ich ruf es

unter den Holunder,

dort,

wo der tote Soldat,

von schwarzen Fliegen besetzt,

in die Erde sinkt,

am Ende

eine Spur von Teer

fürs Gedächtnis.

35.

Über die Schwelle

und nicht vor die Tür.

Längst ist der Morgen vermint.

Die Fische schwimmen auf dem Rücken.

Die Gräser bleichen zurück

in die Wurzeln.

Die Sterne ziehen Fäden.

Das Meer springt aufs Land.

Am Ende des Korridors,

sehr fern,

reißt sich der Terror

die Maske

vom Gesicht.

36.

Reif, sagst du.

Wenn du reif sagst,

jetzt, und über den harten

Schatten des Sommers

springst,

mich hinüber

rufst,

lehnen wir uns

gegen die Mauer,

danken dem Stein die Wärme

im Voraus.

Die Liebe,

dieser Sud der Jahre,

wird sämig,

wird fest.

(zum 24.6.99)

37.

Immer wieder den Wörtern

auf den Leim gegangen –

nun endlich,

satt und krank zugleich,

untergetaucht,

um sie von unten zu sehen,

ein Himmel

von faulenden Bäuchen:

Nahrung für

mein wachsendes Schweigen.

38.

Die verbrauchten Häuser

kommen geschwommen

auf meinen Flüssen.

Aufgelöst die Fenster,

die Türen im Schlick,

und vor den Mündungen angelangt

nur noch Umrisse, brüchig,

Sätzen ähnlich, die ein Kind

plappert, den Flüssen

nachredend: Neckarrheinhavelmain

39.

Du, rede ich mich an,

du flüchtig Verdoppelter,

und doch nicht gut

für den Spiegel.

Mein Du für die Dauer

dieses Gedichts:

Du, den ich hier lasse,

eingefasst in Wörter,

Du, mit dem Gedächtnis

einiger Zeilen,

Du, ein knapper Atemzug,

Du, mein wankelmütiges Herz,

mein Jetzt.

40.

Auf einer Reise

allein in einem Abteil

überraschen mich

übrig gebliebene Gespräche.

Ich kann euch nicht sehen,

klage ich.

Wie leicht verlieren Wörter

ihren Körper.

Ich rufe in die Gegenwart,

was nur

auf die Vergangenheit hört.

Wer endet hier?

Wer kommt hier an?

41.

Einer Blume die Blätter

zählen,

bis sie’s endlich weiß.

Einem Stein die Haut

abziehen,

bis er’s endlich spürt

oder

bevor dir die Lider

über die Augen wachsen,

den Tag auswendig lernen,

um ihn zu haben

für den Fall.

42.

Vorm Herbst

der mürben Gartenbank

eine Schleife an die Lehne

binden:

Leicht wird vergessen,

was die Dauer erdachte.

Aus dem Tisch wachsen,

ein Rätsel für ungefragte Gäste,

Blumen anderer Kontinente.

Ich rufe niemanden mehr,

gehe ins Haus,

und das Gras

schwärzt mir die Füße.

43.

Ich habe mir versprochen,

die Sonne in einem Kahn verreisen zu sehen

noch in jener Jahreszeit,

aus der ich,

ich weiß es,

nicht mehr finden werde.

Es könnte die Julisprache sein.

Denn ich habe aufgehört,

in Gesichtern zu lesen,

und Sandkörner bleiben

auf meiner Haut.

Die Bäume schreiben ihre

Namen gegen den Horizont.

Noch vor Nacht lerne

ich sie auswendig.

44.

Komm, fremder, mir noch fremder Schlaf,

komm, Schlaf der Alten,

träg und sprunghaft,

leere meine Träume

und leg dich am Tag zu mir,

füll mich aus,

zieh deine Teerspur

durch mein Gemüt,

schwärze meine restliche Zeit,

bis ich mich deinen Launen füge,

bis ich bereit bin,

dir nachzugeben, dir zu gehören,

mein Schlaf.

45.

Ein Nachmittag wie dieser,

aus dem Kalender verloren,

die Stühle und der Tisch

werfen Schatten, die Sonne

steht hoch, die Bäume

beugen sich im Wind.

Meine Gäste sind gegangen.

Ich rede ihnen nach

und höre mir zu.

Leicht wäre es, den Atem

anzuhalten und

der Schatten zu sein,

der noch fehlt.