Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Wir schreiben das Jahr 2084 der Neuen Galaktischen Zeitrechnung, mehr als dreitausendsechshundert Jahre in der Zukunft. Seit einem Jahr herrscht in der Milchstraße Krieg gegen Roboter, die aus unbekannten Gründen Welten der Galaxis überfallen und die dortigen Einwohner vertreiben oder töten. Perry Rhodan und einige Begleiter sind aufgebrochen, Hintergründe über die Invasion zu erfahren. Dazu mussten sie mehrere lebensgefährliche Tests über sich ergehen lassen. Aktuell befindet sich der unsterbliche Terraner außerhalb der Milchstraße. Niemand innerhalb der Galaxis weiß, welche Fortschritte ihm dort gelungen sind, oder ob überhaupt. Nicht zuletzt deshalb sucht man auch in der Milchstraße verzweifelt nach den Gründen für den Konflikt. Auf der Welt der krötenähnlichen Chenno hat alles angefangen – gibt es dort Hinweise? Um das zu klären, wird ein Siganese vorgeschickt. Er begibt sich in die NEKROPOLE DER CHENNO ...
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 144
Veröffentlichungsjahr: 2024
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Nr. 5
Nekropole der Chenno
Ein Siganese auf spezieller Mission – er will seine Fehler ausmerzen
Marie Erikson
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
Prolog – Maurixe: Blutmarmor
1. Aurelia Bina: Das Beste, was wir haben
2. Johann Aspra: Logenplatz
3. Aurelia Bina: Der Teufel steckt im Detail
4. Johann Aspra: Wo bin ich?
5. Aurelia Bina: Geheimes Treiben auf Chentap
6. Johann Aspra: Traumatherapie
7. Johann Aspra: Nekrolog
8. Aurelia Bina: Wiedersehen macht Freude
9. Johann Aspra: Gewissensentscheidung
10. Aurelia Bina: Hilfe aus dem Jenseits
11. Johann Aspra: Die Enthüllung
Impressum
Wir schreiben das Jahr 2084 der Neuen Galaktischen Zeitrechnung, mehr als dreitausendsechshundert Jahre in der Zukunft. Seit einem Jahr herrscht in der Milchstraße Krieg gegen Roboter, die aus unbekannten Gründen Welten der Galaxis überfallen und die dortigen Einwohner vertreiben oder töten.
Perry Rhodan und einige Begleiter sind aufgebrochen, Hintergründe über die Invasion zu erfahren. Dazu mussten sie mehrere lebensgefährliche Tests über sich ergehen lassen. Aktuell befindet sich der unsterbliche Terraner außerhalb der Milchstraße. Niemand innerhalb der Galaxis weiß, welche Fortschritte ihm dort gelungen sind, oder ob überhaupt.
Nicht zuletzt deshalb sucht man auch in der Milchstraße verzweifelt nach den Gründen für den Konflikt. Auf der Welt der krötenähnlichen Chenno hat alles angefangen – gibt es dort Hinweise? Um das zu klären, wird ein Siganese vorgeschickt. Er begibt sich in die NEKROPOLE DER CHENNO ...
Johann Aspra – Der Siganese geht erst in die Oper, dann in den Krieg.
Aurelia Bina – Der Posmi gehen die Möglichkeiten aus.
Tatsuo – Der Kapitänleutnant geht davon aus, dass Aspra für ihn arbeitet.
Alpu Zeniq – Der Captain denkt dasselbe.
Buchom
Prolog
Maurixe: Blutmarmor
Wenn sie nicht rannten wie nie zuvor in ihrem Leben, würden ihre Eltern sterben.
»Wir müssen schneller sein als sie! Los!« Maurixe wusste nicht genau, wer sie waren. Aber er wusste, dass ihm und Radine nicht viel Zeit blieb.
Vermutlich wäre es sicherer, in dem stinkenden Abwasserrohr versteckt zu bleiben, die Kleidung durchnässt und ihre Glieder vor Kälte schlotternd. Doch das ging nicht, denn dann würden ihre Eltern erst von der Bedrohung erfahren, wenn die bei ihnen zu Hause an die Tür klopfte oder ein Strahlerschuss die Tür pulverisierte.
Und seine Schwester allein zurückzulassen, war ebenfalls keine Option.
Also sprang er aus dem Rohr in den sumpfigen Bach. »Mach schon, wir müssen uns beeilen.«
Radine hing an der Kante, ließ los und plumpste die letzten 20 Zentimeter hinab. »Nimmst du mich huckepack?« In ihren braunen Augen standen Tränen.
Bei ihrem Vater hätte das gewirkt. Aber Maurixe war erst zwölf Jahre alt. Er hatte nicht die Kraft, eine Siebenjährige lange zu tragen und dabei zu rennen. Das war aber nötig. Selbst wenn er nicht viel über sie wusste, wusste er doch, dass sie schnell waren.
Ihr Raumschiff war durch die dichte Wolkendecke gebrochen. Zuerst hatte er es gar nicht als eines erkannt. Es war eine blausilberne Kugel mit einem Durchmesser von bestimmt 50 Metern gewesen.
Die Landung eines Raumers war auf Beneck nicht außergewöhnlich. Hier kamen häufig Transportschiffe, um Blutmarmor zu holen und Vorräte, Kleidung oder Werkzeug zu bringen. Aber das hier war nicht an der üblichen Stelle gelandet, sondern in einer Abbaugrube nahe der Siedlung.
Ausgerechnet dort, wo Maurixe und Radine gespielt hatten.
Maurixes Vater arbeitete als Aufseher in einer der Gruben. Der kleine Planet Beneck war ausschließlich für seinen Marmor bekannt, dessen dunkelrote Färbung durch fluoreszierende Kleinstpartikel wie pulsierendes Blut wirkte.
Meist waren die Geschwister unter sich.
Sie stellten Blödsinn an, von dem die anderen nicht einmal zu träumen wagten. Sie kletterten in stillgelegte Steinbrüche, spielten zwischen den Marmorstatuen Verstecken, hatten einmal dabei sogar einen Atlan umgeworfen, und schwammen manchmal im Sammelbecken mit dem Wasser, das den Marmor beim Einsatz der Laserflugroboter kühlte.
Auch an diesem Tag waren sie wieder auf Abenteuerreise gewesen, wie sie diese Ausflüge nannten. Diesmal hatte er zu den Aufbereitungsanlagen geführt.
Als das Raumschiff gelandet war, hatte Maurixe gedacht, dass bestimmt gleich Arbeiter hinüberlaufen würden. Schließlich war eine Landung in der Grube wegen des losen Gerölls sehr gefährlich. Um nicht von Vaters Mitarbeitern beim Streunern erwischt zu werden, waren Maurixe und Radine in das nächstbeste Versteck gekrochen.
So hatten sie in dem Rohr gelegen, keuchend und mit klopfenden Herzen, als sie Rufe gehört hatten.
»Willkommen auf Beneck!«
»Der Landeplatz ist eigentlich da drüben.«
»Ihr könnt hier nicht stehen bleiben, das ist zu gefährlich.«
Einige Stimmen hatte Maurixe zuordnen können. Die Mutter von Mastrid aus seiner Klasse, der große Bruder von Cinn aus Radines Gruppe. Sie waren aus der Siedlung gekommen.
Dann war ein hydraulisches Zischen wie von einer sich öffnenden Ladeluke erklungen und kurz darauf ein Sirren. Die Geräusche waren durch die glatten Wände der Abbaugrube mit Sicherheit verstärkt worden.
Maurixe war das Herz in die Hose gerutscht.
Zunächst waren die Rufe verstummt. Dann hatte jemand – Mastrids Mutter? – geschrien. Kreischen, Panikschreie und Hilferufe hatten sich vermengt und waren immer wieder von diesem Sirren übertönt worden.
Er hatte Radine an sich gezogen und ihr so gut wie möglich die Ohren zugehalten. Sie hatte ihr Gesicht in seiner Jacke vergraben, und er hatte sie an sich gedrückt.
Obwohl durch den Hall im Rohr schwer auszumachen, hatte er doch angenommen, dass sich die Stimmen der Bewohner Richtung Siedlung entfernten. Sie flohen, vor was auch immer.
Aber die Stimmen verstummten langsam, mit jedem Atemzug eine. Bis schließlich alles still war.
Friedhofsstille.
Ein paar Sekunden hatte er dagelegen und versucht, sich nur auf die Atmung zu konzentrieren. Er hatte seine Schwester an sich gedrückt, ihr seine Hände weiter auf die Ohren gepresst. Tränen waren seine Wange hinabgelaufen.
Irgendwann endete die Stille. Stampfende Schritte und mechanisches Knirschen erklang.
Das waren sie.
Sie strömten aus und kletterten die Baugrube hinauf, so viel war Maurixe klar.
Dabei lösten sie wohl eine Lawine aus. Gerumpel und Geknirsch erklang. Es war Musik in Maurixes Ohren. Vielleicht wurden einige von ihnen von der Lawine verschüttet.
Aber sicher nicht alle. Leider. Der Klang der Schritte wurde geringer, aber hörte nicht ganz auf.
Radine und er hatten wenigstens Glück.
Niemand war an ihrem Rohr vorbeigekommen. Und das bedeutete, dass sie nicht auf dem Weg zum See waren. Noch nicht?
Raus hier!
Maurixe lief geduckt und zog Radine an der Hand hinter sich her. Bloß weg. Von ihnen und von dem, was sie dort hinterlassen haben mochten. Solang er es nicht mit eigenen Augen gesehen hatte, konnte er sich einreden, die Arbeiter und Siedlungsbewohner wären bewusstlos. Oder geflohen. Oder irgendwas anderes. Etwas anderes jedenfalls als tot.
Die Wasserlache in dem Rohr hatte seinen Rücken durchnässt. Die Kleidung klebte unangenehm, löste sich bei der Bewegung, um sich im nächsten Moment kälter wieder anzusaugen. Außerdem stank sie.
Sie umrundeten die Aufbereitungsanlage zur Hälfte, immer in der Angst, dass plötzlich einer von ihnen auftauchte. Das ging schnell. Dann ...
... dann kam der gefährliche Teil. Sie mussten durch den Wald: Ihre Wohnkuppel lag außerhalb der Siedlung am Altmarmor, einer ehemaligen und inzwischen gefluteten Abbaugrube. Normalerweise würden Bäume Schutz bieten. Wenn es sich nicht ausgerechnet um pappelähnliche Flakos mit fürchterlich dünnen Stämmen gehandelt hätte.
Aber es half nichts. Der Weg durch den Wald war der einzige zu ihren Eltern. Von allen anderen Seiten war der See vom Steinbruchgebirge umgeben.
Maurixe drehte sich um, bückte sich, griff Radine an den Schultern und sah sie ernst an. »Du rennst vor, ich bleibe hinter dir. Egal was du hörst, du läufst weiter, verstanden?«
Ihre Augen füllten sich mit noch mehr Tränen, aber sie nickte.
Sie rannten, als wäre der Teufel hinter ihnen her. Das trockene Holz knackte unter ihren Füßen. Wenn sie bereits in der Nähe waren, würde sie das Geräusch wie ein Echolot zu ihnen führen. Aber langsame Schritte würden das ebenfalls nicht verhindern. Also weiter.
Radine trippelte mit ihren kurzen Beinen voran. Sie gab sich wirklich Mühe, das merkte Maurixe ihr an. Trotzdem stieg in ihm eine Mischung aus Wut und Panik hoch. Ohne sie wäre er viel schneller, hätte den Wald vermutlich schon hinter sich.
Ihr Kleid blieb an einer herabgefallenen Astgabel hängen. »Ich kann nicht mehr.« Ihre Unterlippe bebte und ihr Brustkorb ging hektisch auf und ab.
Er sah sie an und wusste, dass das nicht nur körperliche Erschöpfung war. Sie konnte mit der ganzen Situation nicht umgehen. Wie auch? Er hielt nur durch, weil er es für sie tun musste. Für seine kleine Schwester und seine Eltern.
»Komm, ich nehme dich huckepack.«
*
Zweimal wäre er beinahe hingefallen, einmal fiel er tatsächlich. Weil er mit den Armen Radines Beine hielt, konnte er sich nicht abfangen, und sie konnte nicht abspringen.
Also plumpsten sie beide ungebremst zu Boden. Sie landete auf ihm. Er schrammte mit der linken Schläfe und Wange über einen Stein. Der Schmerz, den er spürte, war nicht der stumpfe, pochende Schmerz wie in seinen Muskeln, sondern ein scharfer, wach machender Schmerz.
Er rappelte sich auf und rieb sich reflexartig über die Abschürfung, bevor ihm einfiel, dass er damit die Wunde verdreckte.
»Alles in Ordnung bei dir?«, fragte Maurixe. Er nutzte die Gelegenheit, sich nach Verfolgern umzusehen. Keine zu sehen. Aber unten in der Siedlung stiegen Rauchsäulen auf. Nicht eine oder zwei, sondern ein Dutzend.
»Ja, und du? Dein Gesicht sieht schlimm aus.«
»Das ist nichts. Lass uns weiter.« Maurixe kniete sich hin und ließ seine Schwester wieder auf seinen Rücken krabbeln. Als er sich aufrichtete, mit ihrem zusätzlichen Gewicht belastet, spürte er ein Brennen in seinen Oberschenkelmuskeln. Seine Beine zitterten. Aber er schaffte es. Genauso, wie er es schaffte, einen Fuß voranzusetzen. Und dann den anderen.
Es war allein die Willenskraft, die ihn vorwärts brachte. Sein Körper war bereits jenseits aller Erschöpfung.
Endlich erreichten sie die Wohnkuppel, ein Gebäude wie ein riesiger Tropfen Quecksilber. Von außen konnte niemand hineinsehen, aber von innen hatte man einen Panoramablick, wenn man wollte. Natürlich konnten die Scheiben genauso verdunkelt werden.
»Da sind sie.« Radine zeigte auf den Anleger.
Zwei Gestalten bestiegen gerade die Schwimmschale. Sie sah aus wie ein U-Boot, von dem man das Dach abgetrennt hatte. Im Rumpf waren Glassiteinlassungen, sodass man in dem hellblauen See fast bis auf den Grund schauen konnte.
Die Aussicht auf ihr Ziel setzte bei Maurixe die letzten Kräfte frei.
Keuchend erreichten sie den Steg.
»Was ist denn mit euch los?«, begrüßte sie Vater, die Augenbrauen skeptisch nach oben gezogen.
»Habt ihr was angestellt?« Mutter gesellte sich zu ihm. Ihr Lächeln gefror, als ihr Blick auf Maurixes Wange fiel.
»Da unten ... ist etwas.« Maurixe rang um Atem. »Wir müssen weg.«
»Was meinst du, mit ›weg‹?« Sein Vater hatte diesen Beruhige-dich-erst-mal-Ton, den er immer anschlug, wenn die Kinder aufgeregt waren. »Wir können nur nach da«, er wies mit dem Daumen über die Schulter auf den See, »oder nach da.«
Als Vater Richtung Siedlung sah, verlor sein Gesicht jegliche Spannung. Die Rauchsäulen hatten sich über den Flakowald erhoben und verdunkelten den Himmel.
»Dann auf den See.« Maurixe hob Radine in das Boot und kletterte hinterher.
»Aber wir müssen in der Siedlung doch helfen!«
»Ihr könnt da nicht helfen. Bitte glaubt mir.«
Mutter legte Vater sanft die Hand auf den Arm. Auch sie starrte in Richtung der Rauchwolken. Mittlerweile hatte das Feuer die ersten Flakos erfasst. Der Weg zur Siedlung war abgeschnitten. »Ich glaube, das ist keine schlechte Idee. Wenn der Wald brennt, sind wir auf dem See geschützt.«
Und so fuhren sie hinaus und ankerten auf der Seemitte. Stockend erzählte Maurixe, was sie erlebt hatten.
»... dann war plötzlich alles still.«
»Meinst du, dass die anderen in die Siedlung zurückgelaufen sind, um die Leute da zu warnen?« Maurixe war sich nicht sicher, ob seine Mutter das wirklich hoffte oder ob sie das für Radine sagte.
»Ich ... ich glaub nicht, Mama«, sagte Radine. »Die sind ... verstummt. Mitten im Schrei.«
Maurixe hatte ihr die Ohren wohl doch nicht so gut zugehalten, wie er gehofft hatte.
»Hat's uns jetzt also auch erwischt.« Sein Vater fuhr sich durchs dunkle Haar. »Ravid hat mit seiner Familie auf Omara einen Androiden-Angriff überlebt und davon berichtet. Jetzt sind wir dran.«
»Rede nicht so!« Maurixes Mutter hatte die Augenbrauen streng zusammengezogen. »Wir haben unsere Kinder extra von den Nachrichten ferngehalten, um sie nicht ...«
»Was sind ›Androiden‹?«, unterbrach Radine.
»Das sind Androiden«, sagte Maurixe tonlos und zeigte auf das Ufer beim Flakowald.
*
Es waren sieben, die den Weg durch die Pappeln zu ihnen gefunden hatten. Sie sahen aus, als hätte jedes Kind aus ihrer Schule einen Androiden entwerfen müssen und die wären dann nachgebaut worden.
Zwei von ihnen, der eine birnenförmig und schwebend, der andere rund und flach wie ein Schild, trennten sich von der Gruppe und hielten auf die Wohnkuppel zu. Mit Strahlern brannten sie ein Loch in die Wölbung beim Wohnzimmer und betraten das Gebäude durch den selbst geschaffenen Eingang.
Die anderen fünf teilten sich ebenfalls auf und schwebten am Ufer entlang.
»Legt euch ganz flach hin«, flüsterte Maurixes Vater. »Vielleicht haben sie uns noch nicht gesehen.«
Maurixe brauchte keine zweite Aufforderung. Sofort streckte er sich aus. Radine legte sich neben ihn. Beinahe wie kurz zuvor in dem Abwasserrohr. Aber dieses Mal waren ihre Eltern hinter ihnen. Er atmete erleichtert auf, als die Erkenntnis durchsickerte, dass er nun nicht mehr die Verantwortung trug. Er durfte wieder Kind sein. Seine Eltern würden Radine und ihn beschützen. Es würde alles gut werden.
Er sah durch die Glassitscheiben in den See. Es gab nicht viele Lebewesen darin, aber er hatte schon mal Kaulquappen, fluoreszierenden Krill oder orangeschimmernde Schnecken gesehen. Er vereinbarte mit sich selbst, wenn er eines dieser Lebewesen in diesem Moment sehen würde, dann würden sie alle überleben.
Maurixe atmete langsam ein und aus, um die aufsteigende Panik zu unterdrücken. Er konzentrierte sich nur auf den Grund des Sees. War irgendwo eine Bewegung auszumachen? Das gute Omen, das garantierte, dass keinem von ihnen etwas passieren würde?
Neben sich hörte er Radine atmen. Der See schwappte in kleinen Wellen gegen das Boot und wiegte es sanft.
*
Stunden später sah er es endlich, das ersehnte Zeichen. Das pinke Leuchten des Krills näherte sich von links oben. Das erste Mal seit der Landung des fremden Raumschiffs entspannte er sich, konnte befreit durchatmen.
Er schloss die Augen. Alles wird gut. Er öffnete sie wieder. Und sah direkt in die beiden augenähnlichen Linsen eines Androiden.
Erschrocken sprang Maurixe auf und schrie.
Das pinke Leuchten war nicht von einem Schwarm Krill gekommen, sondern von dem Roboter. Dort, wo sich bei einem Menschen der Brustkorb befunden hätte, saß die Quelle, von der das Licht durch sein Lochmetall strahlte.
Der grob einem Humanoiden nachempfundene Androide hatte sich von unten an den Schiffsrumpf geklammert und starrte weiter zu ihm herauf. Seine Metallklauen gruben sich in die Außenwand. Metall kreischte, als er mit den Fingern die Bootswand durchstieß. Sofort strömte Wasser herein.
Nun kreischte auch Radine. Maurixe aktivierte den Prallschirm, der den Bug umspannte. Aber er wusste, dass sie dies nur vor dem Ertrinken retten würde, nicht vor ...
»Sie kommen von allen Seiten«, wimmerte Maurixes Mutter, die offenbar durch ihr Wasserfenster ebenfalls einen oder mehr Androiden gesehen hatte.
Auch an Maurixes Glassiteinlass erschien ein weiterer Roboter. Geformt wie eine Tonne mit Tentakelarmen kam er erstaunlich schnell voran. Vermutlich nutzte er einen Antrieb.
»Was machen wir jetzt?« Radines Stimme brach.
»Dankbar sein für die Zeit, die wir hatten«, sagte Vater mit düsterem Tonfall. Er nahm seine Kinder in den Arm und küsste seine Frau.
Maurixe hatte seinen Vater immer als Vorbild empfunden. Fleißig, ehrlich und würdevoll. Das war er auch, sogar in diesem Moment.
Nun, wo sie sterben würden.
Maurixe wollte ihm nacheifern, verkniff sich die Tränen und straffte die Schultern.
Immerhin waren sie zusammen. Die ganze Familie. Sie waren an ihrem Lieblingsort und lagen nicht in einem siffigen Abwasserrohr.
1.
Aurelia Bina: Das Beste, was wir haben
»Ein Jahr Krieg, und der TLD hat immer noch keine brauchbaren Informationen zusammen!« Verteidigungsminister Icho Tolot saß hinter dem Schreibtisch seines Büros in der Solaren Residenz in Terrania und hatte alle vier Hände zu Fäusten geballt. »Wozu haben wir einen Geheimdienst, wenn ...«
»Glaubst du wirklich, dass es an der unzureichenden Qualität unserer Arbeit liegt, dass wir noch nichts haben?« Dan Takahashi, der menschliche Direktor des Terranischen Liga-Dienstes, des Geheimdienstes der Liga Freier Galaktiker, wirkte wie die Ruhe selbst, als er vor der großen Fensterfront von Tolots Büro stand. Er sah hinaus, als betrachte er die Landschaft.
Sein Widerspruch war geradezu eine Leistung. Schon ruhige Haluter waren Ehrfurcht gebietend. Wütende Haluter waren furchterregend. Dreieinhalb Meter groß, schwarz, unbesiegbar.
»Die Frage ist nicht korrekt formuliert.«
Bisher hatte sich Aurelia Bina zurückgehalten. Sie war in jeder Hinsicht die Dritte in diesem Bund dreier ganz verschiedener Wesen. Ein Haluter, ein Terraner, und sie, ein Roboter.
Denn hier, in einem Raum mit dem Verteidigungsminister und dem Direktor des TLD bekleidete sie nur das dritthöchste Amt. Ihr Wort hatte das geringste Gewicht. So waren die Kommandostrukturen.