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**Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt** Kelyan ist einer der vier apokalyptischen Reiter, einst dazu bestimmt, das Grauen des Kriegs über die Menschen zu bringen. Aber die Welt hat sich verändert. Ein neues, göttliches Spiel der Macht hat begonnen und nun durchstreift er die Dunkelheit auf der Jagd nach den Kreaturen der Nacht. Bis zu jenem Tag, der alles verändert. Als er IHR begegnet … Trintje und Dating – ein absoluter Reinfall. Daher kann die junge Studentin kaum glauben, dass der gut aussehende Fremde, den sie beinahe mit ihrem Volleyball massakriert hätte, tatsächlich Interesse an ihr zeigt. Doch seit ihrem »Zusammenstoß« weicht er nicht mehr von ihrer Seite. Trintje ahnt nicht, dass ein magisches Erbe in ihr schlummert, das sie unweigerlich mit diesem geheimnisvollen Mann verbindet und sie in die Untiefen der Hölle führen wird. Dieser Roman ist eine Sünde wert – süffig, knisternd und teuflisch gut! //»Apocalyptic Lovers. Die vier Reiter« ist ein in sich abgeschlossener Einzelband.//
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Impress
Die Macht der Gefühle
Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.
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Ulrike Koch
Apocalyptic Lovers. Reiter der Hölle
**Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt**Kelyan ist einer der vier apokalyptischen Reiter, einst dazu bestimmt, das Grauen des Kriegs über die Menschen zu bringen. Aber die Welt hat sich verändert. Ein neues, göttliches Spiel der Macht hat begonnen und nun durchstreift er die Dunkelheit auf der Jagd nach den Kreaturen der Nacht. Bis zu jenem Tag, der alles verändert. Als er IHR begegnet …Trintje und Dating – ein absoluter Reinfall. Daher kann die junge Studentin kaum glauben, dass der gut aussehende Fremde, den sie beinahe mit ihrem Volleyball massakriert hätte, tatsächlich Interesse an ihr zeigt. Doch seit ihrem »Zusammenstoß« weicht er nicht mehr von ihrer Seite. Trintje ahnt nicht, dass ein magisches Erbe in ihr schlummert, das sie unweigerlich mit diesem geheimnisvollen Mann verbindet und sie in die Untiefen der Hölle führen wird …"
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Vita
Danksagung
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© privat
Ulrike Koch ist ein waschechtes Küstenkind, dass bereits seit Kindertagen von einem abenteuerlichen Leben als Archäologin träumte. Mit ihrem Studium erfüllte sich dieser besondere Wunsch. Doch der Drang längst Verschwundenes zu entdecken weitete sich aus, sodass sie anfing eigene Welten zu erschaffen. Wenn sie nicht gerade an einer neuen Geschichte schreibt, dann bereist sie mit ihrer Familie fremde Orte.
Für all jene,
die nachts hinauf zu den Sternen blicken
und sich ein Abenteuer herbeisehnen.
Gott verschwand in der Unendlichkeit der Galaxie.
Die Engel verstummten, es verklang ihre Melodie.
Der Himmel versank mehr und mehr im Chaos.
Ohne ihren Vater waren die göttlichen Wesen ratlos.
Aus dem Nichts tauchte der Trickster auf
und so nahm das Schicksal seinen Lauf.
Seine Streiche und Spielereien
griffen in das Leben der Menschen ein.
Aus den Tiefen der Erde befreite er die vier Reiter –
Tod, Krankheit, Hunger und Krieg waren jedoch seine Gegenstreiter.
Kelyan
Mit einem Ruck zog ich die scharfe Klinge aus dem Körper des Ghuls.
Ich hatte seine Spur bis zu einem Mausoleum des städtischen Friedhofs verfolgt. Ein kleines Gebäude, das mit seinen blassen Steinen an ausgeblichene Knochen erinnerte. Zwei gemeißelte Engel flankierten den Eingang und wirkten geradezu absurd in Anbetracht dessen, was sich im Inneren abspielte.
Hier hatte sich der Mistkerl von den Leichen und manchmal auch trauernden Menschen ernährt.
Der Ghul glich einer Spinne und das Mausoleum war sein fein gesponnenes Netz, aus dem die Beute nicht mehr entkam.
Als ich ihn überrascht hatte, war er gerade dabei gewesen, den Leichnam einer älteren Dame zu verschlingen. Der Kampf hatte nur einen Wimpernschlag gedauert, dann hatte meine Klinge den fauligen schwarzen Klumpen durchstoßen, welcher sich an der Stelle seines Herzens befunden hatte.
Ein Ghul war ein Mensch, der seine Seele an einen Dämon verkauft und dann versucht hatte aus dem Deal zu entkommen. Er verbrachte die Ewigkeit als feige Kreatur.
Der Kerl hatte sicherlich nicht damit gerechnet, dass ihn heute Nacht einer der apokalyptischen Reiter überraschen würde. Sonst hätte er sich wahrscheinlich unauffälliger verhalten.
Ich sah mich in dem trostlosen Gebäude, das die Gebeine ganzer Generationen in sich barg, um.
Ghule jagten meist allein und sträubten sich dagegen, ihre Beute mit anderen zu teilen, dennoch konnte man nie vorsichtig genug sein.
Als ich nichts Verdächtiges bemerkte, wischte ich die mit schwarzem Blut beschmutzte Klinge an der zerfetzten Kleidung des Ghuls ab. Zum Glück würde sich der Körper bald in Staub auflösen. Kreaturen der Finsternis bestanden aus der Asche der Hölle, außer sie besaßen einen hohen Rang wie ein Dämon.
Einen kurzen Augenblick betrachtete ich das verunstaltete Gesicht. Sein Unterkiefer war deutlich ausgeprägter als bei Menschen und seine fauligen Zähne rasiermesserscharf. Einen Schönheitswettbewerb würde der Kerl jedenfalls nicht gewinnen.
Ich steckte den mit goldenen Insignien verzierten Dolch in meinen Stiefelschaft und wandte mich ab. Dabei fiel mein Blick auf den halb aufgefressenen Leichnam der Frau. Eine angeknabberte Leiche würde Fragen aufwerfen und diese zu Untersuchungen führen, die zu viel Aufmerksamkeit erregten.
Das würde mir die Jagd deutlich erschweren.
Mit einem Seufzer schnappte ich mir die Schaufel des Totengräbers, die dieser hier glücklicherweise vergessen hatte, und suchte mir ein frisches Grab.
Wenn ich den restlichen Leichnam dort vergrub, würde es niemandem auffallen.
Im Schein des Mondes fand ich rasch eine geeignete Stelle und begann mit der schmutzigen Arbeit. Anschließend holte ich den Leichnam und legte ihn über den bereits anwesenden Sarg.
Der modrige Geruch des Todes hing hier überall in der Luft. Nicht, dass ich meinen Bruder beleidigen wollte, aber bei dem Gestank verging einem wirklich alles.
Kaum vorstellbar, dass die Sterblichen sich freiwillig für so einen Ort als letzte Ruhestätte entschieden, aber vermutlich nahmen sie es gar nicht wahr.
Ich lief noch ein letztes Mal ins Mausoleum zurück, um mich zu vergewissern, dass der Ghul sich in seine Einzelteile auflöste, und tatsächlich fand ich dort nur noch einen Haufen Staub. Seitdem der neue Gott regierte, herrschte das Chaos. Das Gleichgewicht der Welt war vollkommen aus den Fugen geraten, sodass Angriffe der finsteren Kreaturen auf Menschen immer häufiger vorkamen.
Ich verschloss das Mausoleum hinter mir und genoss die kühle Nachtluft.
Die Straßen der Stadt waren menschenleer und würden es vermutlich auch bis zum Morgengrauen bleiben. Dann begann das hektische Leben der Sterblichen.
Ein lautes Donnern riss mich aus meinen Gedanken. Dunkle Wolken zogen über den Himmel und ein lautes Krachen kündete von dem nahenden Gewitter.
Ich beschleunigte meine Schritte und hielt auf das leerstehende Gebäude zu, das ich momentan als Unterschlupf nutzte. Es befand sich in einer Straße, in der viele Häuser verfallen und unbewohnt waren. Niemanden würde es wundern, wenn ein Obdachloser dort Zuflucht suchte, da weder die Fenster noch die Eingangstür verschlossen waren.
Die Möbel in dem Gebäude gehörten einem verstorbenen Ehepaar und die Erben hatten das Haus noch nicht verkauft. Ich hatte also vermutlich in den nächsten Wochen dort meine Ruhe und die Zeit genügte, um die boshaften Kreaturen dieser Stadt zu finden und unschädlich zu machen. Länger blieb ich sowieso nie an einem Ort.
Viele Gegenstände in den Räumen waren bereits mit einer dicken Staubschicht überzogen und der Geruch der Vergänglichkeit lag in der Luft. Der rustikale Einrichtungsstil entsprach zwar nicht meinem Geschmack, aber darüber konnte man bekanntlich streiten.
Gemächlich ging ich durch die einzelnen Zimmer und verteilte meine Habseligkeiten auf dem Boden. Mit einem Sprung landete ich auf dem riesigen Bett im Schlafzimmer, dessen Matratze einen festen Schlaf versprach.
Mein Blick wanderte zum Fenster und ich betrachtete die Blitze, die den Himmel kurzzeitig erhellten.
Körperlich war ich selten erschöpft, aber mein Geist fühlte sich manchmal noch so an, als hätte ich das Gefängnis aus Dunkelheit nie verlassen. Die Schwärze meiner Zelle war auf mich übergegangen und ich hatte diese Kälte willkommen geheißen. Sie umgab mich wie ein schützender Mantel, der alles andere fernhielt. Barmherzigkeit war kein Teil von uns apokalyptischen Reitern, dennoch hatte sich etwas verändert, seitdem wir alle gleichzeitig auf der Erde angekommen waren.
Ich hatte gedacht, der neue Gott hätte uns freigelassen, um die Apokalypse einzuläuten, aber er plante etwas anderes. Es bereitete mir Unbehagen, dass ich nicht wusste, welche Rolle er mir und meinen Brüdern zugedacht hatte. Da Taro jedoch Aamond gefangen hielt, würden wir anderen nicht gegen ihn aufbegehren. Man kann vieles über uns Reiter sagen, aber Loyalität und Ehre waren die obersten Gebote. Unserem Schöpfer schien diese Eigenschaften wichtig zu sein, auch wenn ich mich nicht mehr daran erinnern konnte, wer uns wann geformt hatte.
Wenn man den Aufzeichnungen der Menschen glaubte, dann hatte uns ein Gott erschaffen, aber es stand nirgends geschrieben, wann das geschehen war. Meine ältesten Erinnerungen reichten nur bis zum antiken Griechenland zurück, danach folgte Dunkelheit.
Es hätte uns erst vergönnt sein sollen, auf der Erde zu wandeln, wenn das Ende der Menschheit eingeläutet werden sollte, doch der alte Gott war verschwunden und jetzt herrschte das Chaos mit Taro, dem Trickster, an der Spitze.
Trintje
Lustlos stocherte ich in meinem mittlerweile kalt gewordenen Essen herum und bemühte mich vor Langeweile nicht zu gähnen. Seit einer Stunde saß ich bei diesem Blind Date und der Typ vor mir führte einen Monolog über sich selbst. Schrecklich.
Wahrscheinlich hätte auch ein Spiegel statt meiner Person am Restauranttisch anwesend sein können und der Kerl wäre genauso erfreut gewesen.
Dabei hatte ich zunächst ein gutes Gefühl gehabt. Bis die ersten zehn Minuten vergangen waren und ich erkannt hatte, dass sein Redefluss nicht von Selbstzweifeln, sondern von Selbstliebe herrührte.
Ich blickte mich um und erkannte überrascht Ethan, meinen besten Freund, der nur wenige Meter von uns entfernt stand. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis dieser die Situation erfasst hatte und sich zu uns gesellte. Im Laufe unserer jahrelangen Freundschaft hatte sich eine Verbindung aufgebaut, die oftmals mit wenig Worten auskam. Als würden wir die Gedanken des anderen lesen können.
Ethan rettete mich mit der Ausrede, dass ich ihm noch bei seiner Arbeit helfen musste, deren Abgabefrist morgen endete. Also entschuldigte ich mich bei dem blonden Mann, dessen Namen ich bereits aus meinem Gedächtnis gelöscht hatte, und folgte meinem Retter nach draußen.
»Danke«, sagte ich erleichtert, als wir die stickige Luft des Lokals hinter uns gelassen hatten.
»Das nächste Mal helfe ich dir nicht mehr«, tadelte er mich mit seiner tiefen Stimme und ich konnte es Ethan nicht verübeln. Es war nicht die erste Verabredung, die schieflief. Lilly überredete mich immer zu Dates, weil sie es nicht ertragen konnte, dass ihre beste Freundin niemanden hatte, während sie auf Wolke sieben schwebte. Dabei kannte sie mich seit der Grundschule und sollte wissen, dass ich durchaus allein sein konnte. Zu meinem Bedauern war ich schon immer schlecht darin gewesen, anderen einen Gefallen auszuschlagen. Es fiel mir schwer, jemanden zu enttäuschen.
Umso mehr freute ich mich über einen Freund wie Ethan, der mir bedingungslos zur Seite stand.
Verstohlen musterte ich ihn.
Er trug wieder seine Lieblingskleidung: einen grauen Pullover, der etwas zu eng anlag, und eine ausgewaschene Jeans, die bereits erste Löcher aufwies. Er scherte sich nicht um sein Äußeres und das war eine der Eigenschaften, die ich an ihm mochte.
Mit dem Zeigefinger schob Ethan seine Brille erneut nach oben. Die braunen Augen waren wachsam auf die Straße vor uns gerichtet.
Die Sonne war bereits untergegangen und es liefen nur noch wenige Menschen umher. Überhaupt wirkte diese Stadt manchmal wie ausgestorben, dafür, dass hier eigentlich so viele junge Menschen studierten.
»Wir sollten jetzt besser verschwinden«, riss Ethan mich aus den Gedanken.
Ich erhob keinen Widerspruch, denn auf eine Konfrontation mit meinem gescheiterten Date konnte ich durchaus verzichten.
»Du solltest ihm später sagen, dass du dir etwas anderes vorstellst.« Ein strenger Blick unterstrich Ethans Worte.
Wir setzten uns in Bewegung und sofort bekam ich Schuldgefühle. Tatsächlich hatte ich kurzzeitig überlegt, mich gar nicht mehr bei dem Typ zu melden und darauf zu hoffen, dass er das Signal von allein verstand.
Die Geschäfte hatten bereits geschlossen und wir begaben uns zu unserem Stammplatz.
Eine Wiese im örtlichen Stadtpark war seit Jahren unser Rückzugspunkt und trotz der Häuser, die diesen grünen Fleck Erde umschlossen, fühlte man sich wie in einer anderen Welt. Eine Oase in einer Wüste aus Beton.
Wir legten uns auf das trockene Gras, dessen Halme durch die Sonne teilweise verbrannt waren, und betrachteten die Sterne, die langsam am Himmel erstrahlten.
Wie tausend leuchtende Punkte, die sich zu einem großen Gesamtbild zusammenfügten und ein Geheimnis bargen, das nur sie selbst kannten.
Immer wenn ich dort hinaufsah, fühlte es sich so an, als würde ich einen Ort betrachten, der unerreichbar war.
Ein seltsames Gefühl von Einsamkeit überkam mich.
»Woran denkst du gerade?«, unterbrach Ethan die Stille.
»Nur an das Übliche«, entgegnete ich verträumt, während mein Blick auf den Himmel fixiert war.
Er fing an zu lachen.
»Ach, Trine, ich bin mir ziemlich sicher, dass du deinen Seelengefährten nicht bei einem arrangierten Date findest. Er ist irgendwo dort draußen und sucht bereits nach dir.«
Wehmütig löste ich den Blick von den Sternen und sah ihn an.
»Außerdem solltest du dir deinen hübschen Kopf eher über die Zukunft zerbrechen. Ich bin ein Semester unter dir und habe bereits jetzt schon einige Kanzleien, die um mich werben.«
Ethan richtete sich auf und ich folgte seinem Beispiel.
»Du musst mir nicht sagen, was ich tun soll. Ich bin schließlich kein kleines Kind«, entgegnete ich trocken, was mir einen bösen Blick von Ethan einbrachte. Ich wusste, er meinte es nur gut, aber diese bevormundende Art erinnerte mich an meine Mutter.
Natürlich hatte ich mir schon Gedanken über meine Zukunft gemacht, aber die Wahrheit war, dass ich mir nicht vorstellen konnte, direkt nach dem Abschluss zu arbeiten. Meine Mutter hatte bisher alles geplant, doch jetzt war ich an dem Punkt angekommen, an dem ich den genauen Weg nicht kannte.
Es bereitete mir zwar Angst, aber ich freute mich auch darauf, mich blindlings in ein Abenteuer zu stürzen. Das Verständnis meiner Mutter hielt sich in Grenzen. Sie war eine der renommiertesten Anwältinnen des Landes und missachtete es, wenn etwas nicht nach ihrem Plan lief. Schon die Tatsache, dass ich an keiner Eliteuniversität studierte, hatte sie geschockt. Wenn ich ihr offenbarte, dass ich nach dem Studium nicht als Juristin arbeiten wollte, würde ihr Weltbild zusammenbrechen.
Es war feige, aber ich zögerte dieses Gespräch solange wie möglich hinaus.
Als die Nacht weiter voranschritt, erhob ich mich.
»Langsam wird mir kalt und ich muss morgen wieder früh raus«, murmelte ich schläfrig.
Ethan malte gedankenverloren immer dasselbe Symbol mit einem kleinen Stock in die trockene Erde: einen Kreis mit verschlungenen Linien in sich. Es erinnerte mich an eine abstrakte Darstellung der Sonne.
»Soll ich dich nach Hause bringen?«, fragte er, nachdem er mit seiner Malerei fertig geworden war.
Diese mitfühlende Seite mochte ich sehr gern an ihm. Ethan war der klassische Ritter in strahlender Rüstung, welcher immer bereit dazu war, eine Prinzessin zu retten.
»Nein, ist schon in Ordnung«, entgegnete ich rasch. Meine Wohnung befand sich am anderen Ende der Stadt und ich wollte nicht, dass er einen unnötigen Umweg für mich in Kauf nahm. Sorge flackerte kurz in Ethans brauen Augen auf und ich konnte förmlich sehen, wie er mit sich rang. Mich allein ziehen zu lassen missfiel ihm sichtlich.
»Mach dir keine Gedanken«, versuchte ich ihn zu beruhigen.
Er öffnete den Mund, zweifellos, um zu protestieren, aber dann überlegte er es sich anders.
Ich hatte keine Angst vor einem Überfall oder dergleichen. Mein Vater hatte mir schon früh beigebracht mich selbst zu verteidigen und mich in Krav Maga unterrichtet.
Ethan nickte schließlich und wir verabschiedeten uns voneinander.
Dank eines kurzen Sprints erreichte ich noch die letzte Straßenbahn, die in meine Richtung fuhr.
Außer mir befand sich nur noch eine Handvoll Menschen in der Bahn. Die meisten waren in ihre Smartphones versunken, während ich mir meinen E-Reader aus der Tasche holte und das aktuelle Buch weiterlas.
Ich musste eine halbe Stunde fahren und hatte mir angewöhnt, die Zeit sinnvoll zu nutzen.
Überhaupt war ich kein Freund davon, nur dazusitzen, ohne die Minuten mit etwas Wichtigem zu füllen.
Tief versunken in die geschriebenen Zeilen bemerkte ich, erst kurz bevor sich die Türen schlossen, dass wir meine Haltestelle erreicht hatte. Rasch konnte ich die Straßenbahn noch verlassen und ging den Rest zu Fuß.
Nach weiteren fünfzehn Minuten hatte ich endlich das alte Haus erreicht, in dem sich meine kleine Wohnung befand.
Meine Mutter hat nur den Kopf geschüttelt, als ich ihr Bilder gezeigt hatte, und versichert, dass sie gern die Miete zahlen würde, wenn ich mir etwas Annehmbares suchte, aber ich hatte dankend abgelehnt.
Mir gefiel der Charme dieses Altbaus, auch wenn Farbe und Putz bereits von den Wänden abblätterten.
Mit einem lauten Knarren öffnete ich die alte Holztür des Hauses.
Kühle und abgestandene Luft schlug mir entgegen.
Für mich roch es nach Vergangenheit und längst vergessenen Geschichten, die nur darauf warteten, erzählt zu werden.
Ich ging in den dritten Stock hinauf und achtete dabei penibel auf meine Schritte. Die Treppe war wirklich gewöhnungsbedürftig und entsprach keiner einheitlichen Norm.
Die anderen Bewohner des Hauses bekam ich nur selten zu Gesicht. Da die Miete recht günstig und die Wohnungen zu klein für Familien waren, ging ich davon aus, dass es auch Studenten waren, die hier lebten. Manchmal hörte man aus dem ein oder anderen Stockwerk laute Musik und lachende Feiernde.
Mein Interesse für solche Veranstaltungen hielt sich jedoch in Grenzen. Der durchgetaktete Tagesablauf ließ kaum Zeit für solche Aktivitäten.
Nach der Uni ging ich meistens arbeiten, um alle Kosten zu decken, oder verschwendete meine Zeit bei einem Date, so wie heute Nacht.
Ich sollte mir Ethans Worte wirklich zu Herzen nehmen und eine Weile auf den ganzen Mist verzichten.
Der Wohnungsschlüssel ruhte warm in der Hand, als ich endlich die Tür öffnete und mein kleines Reich betrat. Es bestand nur aus zwei Räumen, einer Küche und einem Badezimmer, dessen Badewanne mein Heiligtum war. Der Holzfußboden knarrte unter jedem meiner Schritte und ich legte meine Tasche auf die weiße Kommode, die im Flur stand.
Die Möbel in der Wohnung waren fast alle vom Flohmarkt oder von Auktionen.
Ich liebte alte Gegenstände, weil ich das Gefühl hatte, dass es mich mit den Menschen verband, die sie früher einmal besessen hatten.
Gemächlich ging ich ins Bad, wusch mir das Gesicht und entfernte das Make-up. Ich bildete mir ein, dass meine blauen Augen ohne trüb und langweilig aussahen. Die blonden langen Haare band ich zu einem dicken Zopf zusammen und zog mir dann meine kurzen Schlafsachen an.
Neben den zahlreichen Büchern befanden sich auch ein großes Himmelbett mit einem kleinen hölzernen Nachttisch sowie ein heller Kleiderschrank und ein riesiger Schreibtisch in meinem Schlafzimmer. Nichts passte wirklich zueinander, aber das störte mich nicht. Wenn ich wie in einem Modemagazin wohnen wollte, dann hätte ich das Geld meiner Mutter angenommen.
Abgesehen von dem literarischen Chaos im Schlafzimmer war der Rest der Wohnung vorzeigbar.
Es passierte selten, dass ich Besuch bekam, aber dann wollte ich mich nicht für die Räumlichkeiten schämen. Meine Mutter hatte es in den vier Jahren meines Studiums bisher dreimal hierher geschafft und ihren Besuch nie vorher angekündigt, sodass ich immer vorbereitet sein musste.
Zwar war ich erwachsen, aber sie konnte es sich nie verkneifen, mir einen Vortrag über Ordnung zu halten.
»Wer Ordnung um sich hat, verfügt auch über einen klaren Geist«, hallten ihre Worte in meinem Kopf wider.
Obwohl ich meine Mutter kaum sah, wusste ich, dass sie mit ihren Gedanken oft bei mir war. Sie schickte mir zahlreiche Nachrichten und wir telefonierten mehrmals in der Woche. Manchmal, wenn mich ihre Überfürsorge erdrückte, redete ich mir ein, dass sie nur so geworden war, weil mein Vater uns vor Jahren verlassen hatte. Er hatte damals gemeint, dass er wegmüsse und wir auf uns aufpassen sollten. Zum Ende hin hatte er geradezu paranoid gewirkt und gesagt, dass wir uns bei der kleinsten Veränderung auf der Welt verstecken sollten. Meine Mutter hatte seit dem Tag, an dem er uns verlassen hatte, nie wieder über ihn geredet und all seine Sachen weggeworfen. Nur sein ledernes Tagebuch, das in meinem Nachttisch ruhte, war der Zerstörungswut meiner Mutter entkommen.
Ich selbst hatte etliche Male versucht ihn zu erreichen, aber es war immer erfolglos geblieben und so hatte ich es schließlich aufgegeben.
Von da an hatte es nur noch mich und meine Mutter gegeben.
Genüsslich ließ ich mich auf mein Himmelbett fallen. Die weiche Matratze schmiegte sich perfekt an meinen Körper. So fühlte es sich wahrscheinlich an, wenn man auf einer Wolke schlief.
Meine Gedanken, die sich um die nächsten Monate drehten, ließen mich jedoch nicht gleich zur Ruhe kommen. In ein paar Wochen standen Prüfungen an und ich hatte bisher kaum dafür gelernt.
Verdammt, Ethan! Jetzt dachte ich doch an die Zukunft, obwohl ich das in diesem Moment nicht tun wollte. Durchfallen war keine Option, sonst würde ich ernsthafte Probleme bekommen.
Das Piepsen meines Handys verriet mir, dass ich eine neue Nachricht hatte. Ich schaute auf das aufleuchtende Display und sah, dass Ethan mir geschrieben hatte.
Hoffe, du bist gut angekommen. Wir sehen uns morgen in der Uni.
Ein Schmunzeln zeichnete sich auf meinem Gesicht ab. Ich wusste zwar nicht, wie es sich anfühlte, Geschwister zu haben, aber ich nahm an, dass die Freundschaft mit Ethan dem schon recht nahe kam.
Nach meiner Antwort stellte ich den Wecker und schaltete das Licht aus.
Kelyan
Rasch hatte ich meine Sachen zusammengesucht und sie in den großen Rucksack verstaut, welchen ich mir um die Schulter gezurrt hatte. Früher als gedacht waren die Erben vorbeigekommen, um das Haus ihrer verstorbenen Eltern zu besichtigen und für den Verkauf vorzubereiten. Nur meine geschärften Sinne hatten mich davor bewahrt, von ihnen überrascht zu werden.
Gerade als sie die verschlossene Haustür öffneten, kletterte ich aus dem Fenster und bahnte mir unbemerkt den Weg nach draußen.
Hoffentlich hatte ich in der Eile auch alle Waffen eingesammelt. Für gewöhnlich versteckte ich die Dolche, Schlagringe und Messer in allen Ecken der Behausung, um jederzeit kampffähig zu sein. Zwar ärgerte mich der überstürzte Auszug, dennoch wurde es Zeit, etwas Neues zu suchen.
Ich klopfte mir den Schmutz der vergangenen Nacht von der schwarzen Lederjacke und ging zur nahegelegenen Bibliothek.
Wenn ich mich nicht auf der Jagd befand, dann suchte ich nach Informationen. Die Stadtbibliothek hatte immer eine tagesaktuelle Zeitung ausliegen, die ich nach den neuesten Ereignissen durchforsten konnte.
Ein kleines, aber hörbares Klingeln an der Eingangstür kündete vom Betreten des Gebäudes.
Sofort nahm ich den Geruch von vergilbten Blättern und alten, verstaubten Büchern wahr. Abgesehen von der Dame, welche die Bücher sortierte und kontrollierte, dass niemand etwas stahl, war kein Mensch zu sehen.
Ich stellte den Rucksack an meinem Stammplatz ab und begann nach neuen Quellen zu forschen. Dabei ging ich durch die engen Gänge, die auf beiden Seiten von vollen Bücherregalen eingerahmt wurden.
Priorität dabei hatte die Suche nach meinem Bruder Aamond, dem Tod. Der Trickster hatte ihn bei sich behalten, doch wo genau sein Aufenthaltsort war, wusste ich nicht. Die Anzahl an magischen Verstecken war schier unendlich. Vielleicht konnte mir eine der dunklen Kreaturen helfen, die Taro ungehindert auf der Erde umherstreifen ließ. Das bedeutete allerdings, dass ich mir ein neues Versteck suchen musste, an dem ich jemanden ungestört verhören konnte. Denn wenn ich anfing die Informationen aus dem Wesen herauszukitzeln, konnte es schon mal laut werden.
Ich lächelte amüsiert und schnappte mir die Zeitung, um sie nach Neuigkeiten zu durchforsten.
Irgendwo auf diesem riesigen Planeten war mein Bruder versteckt und ich würde ihn finden. Bisher war ich immer zu den Orten gereist, an denen es zu zahlreichen Todesfällen gekommen war, die keinen natürlichen Ursprung hatten.
Die Zeitung enthielt keine bedeutsamen Neuigkeiten und ich versuchte meine Strategie zu ändern.
Was, wenn Taro genau mit meiner Logik rechnete? Er wusste, dass ich nie aufhören würde Aamond zu suchen, und hatte mit Sicherheit ein gut durchdachtes Versteck für ihn ausgewählt.
Vielleicht konnte er sogar die Kraft meines Bruders abschirmen und daher gab es keinerlei Vorkommnisse, die seinen Standort verrieten. Das würde die Suche nahezu unmöglich machen.
Frustriert fuhr ich mir durch die dunklen Haare, welche mir bis zu den Schultern gingen. Es musste doch irgendeine Spur von ihm geben.
»Kann ich Ihnen helfen, junger Mann?«
Die helle Stimme der Bibliothekarin holte mich aus meinen düsteren Gedanken.
Ich sah zu ihr auf.
Die blauen Augen, die bereits mit Falten umringt waren, blickten besorgt auf mich herab. Tröstend hatte sie mir eine Hand auf die linke Schulter gelegt.
»Sie sehen mitgenommen aus. Es ist zwar gegen die Regeln, aber wollen Sie eine Tasse heißen Tee? Das hilft mir immer, wenn ich über etwas nachdenken muss.«
Ohne meine Antwort abzuwarten, verschwand sie hinter der nächsten Ecke und kam ein paar Minuten später mit zwei Tassen zurück, von denen ein fruchtiger Geruch ausging.
Sie legte die Bücher beiseite und setzte sich dann zu mir.
Bisher hatte ich noch kein einziges Wort an die Dame gerichtet, weshalb mich ihre herzliche Art mehr als überraschte.
Ich betrachtete sie näher und musste feststellen, dass ihre Kleidung leicht zerknittert war.
Die Bibliothekarin musterte mich gleichermaßen interessiert und belustigt. Sie neigte den Kopf leicht schräg und erinnerte mich dadurch an ein Raubtier, das seine Beute ins Visier nahm. Irgendetwas stimmte hier nicht.
»Wonach genau suchen Sie?«
Das Klacken ihrer roten Fingernägel auf dem Holztisch wirkte geradezu hypnotisch. Dennoch fing es an, mich zu nerven. Ich sollte die Frau schnellstmöglich loswerden.
»Ich interessiere mich für griechische Mythologie«, log ich.
»Worum geht es denn genau?«, hakte sie nach.
Ein neugieriges Funkeln lag in ihren Augen.
»Ein mythologischer Gegenstand. Die Büchse der Pandora«, entgegnete ich knapp und hoffte, dass sie meinen unterschwelligen Wunsch nach Ruhe verstand.
»Interessant.«
Offensichtlich war die Dame nicht so feinfühlig, wie ich angenommen hatte.
»Die Büchse der Pandora war ein Gegenstand, den Zeus Pandora, der zukünftigen Frau des Epimetheus, gab. Jedoch tat er dies aus Eifersucht und nicht aus Güte. Er war rachsüchtig und wollte den Menschen Unheil bringen. Zeus nutzte die Neugier der Pandora, die alles Übel auf die Menschheit losließ. Es gibt allerdings Unstimmigkeiten darüber, ob sie die Hoffnung herausgelassen hatte oder ob die Büchse ein zweites Mal geöffnet wurde, um die Hoffnung zu befreien«, erklärte sie ausschweifend.
Während der Rede verzerrte sich ihr Gesicht zu einer Grimasse. Das Blau der Augen verwandelte sich in strahlendes Gold und die dunklen Haare mit weißem Ansatz nahmen die Farbe von Gerste an. Die Falten verschwanden und wichen einem jugendlichen Gesicht, dessen markante Wangenknochen und harte Züge dem heutigen Schönheitsideal entsprachen.
Die unauffällige Kleidung war jetzt einem weißen Anzug gewichen. Bevor die Verwandlung komplett abgeschlossen war, wusste ich bereits, wen ich vor mir hatte: den neuen Gott in seiner ganzen Macht – Taro, den Trickster.
Instinktiv sprang ich von meinem Stuhl auf und wich ein paar Schritte vor ihm zurück.
In einer fließenden Bewegung hatte ich dabei den Dolch, der in meinem Stiefel verborgen gewesen war, herausgezogen.
Amüsiert beobachtete er meine Reaktion.
Taro liebte dramatische Auftritte und dass ich vor ihm zurückwich, gefiel ihm sichtlich.
»Warum so schreckhaft?«, fragte er amüsiert.
Die weißen Zähne blitzten auf, wodurch er mich an einen Wolf erinnerte, der seine Beute gestellt hatte.
Bemüht darum, mein Gesicht zu wahren, straffte ich die Schultern und ging auf ihn zu.
Ich war der Krieg, einer der vier apokalyptischen Reiter, und musste mich vor niemandem fürchten, schon gar nicht vor diesem aufgeblasenen Gott.
Selbstsicher zog ich den Stuhl zurück und nahm wieder neben Taro Platz.
»Hast du nichts Besseres zu tun, als mir nachzuspionieren? Ich dachte, dass man als göttliches Wesen viel um die Ohren hat«, entgegnete ich spitz.
Taro schnaubte abfällig und fuhr, ohne auf meine Frage einzugehen, fort.
»Um ehrlich zu sein, ist mir langweilig. Mit den Menschen zu spielen erheitert mich leider immer nur für eine kurze Zeit, außerdem sind sie viel zu zerbrechlich.«
Er zwinkerte mir wissend zu und Übelkeit stieg in mir hoch.
Langsam begriff ich, worauf er hinauswollte.
»Du brauchst einen ebenbürtigen Gegenspieler?«, fragte ich ihn, obwohl die Antwort förmlich greifbar war.
»Erraten«, erwiderte er fröhlich. Taro breitete die Arme aus. »Sieh uns doch an. Du bist mein perfektes Gegenstück, abgesehen von deiner Macht«, säuselte er selbstverliebt.
In diesem Moment wurde mir bewusst, wie sehr ich diesen arroganten Mistkerl verabscheute. »Und warum sollte ich bei deinen Spielchen mitmachen?«
»Weil ich etwas habe, das dir womöglich wichtig ist.«
Er beugte sich ein Stückchen zu mir.
Reflexartig umschlossen meine Finger den Dolch noch fester.
Ob es möglich war, einem Gott die Kehle aufzuschlitzen? Ich würde es zu gern herausfinden.
»Du solltest dir erst einmal das Angebot anhören, bevor du solch dunkle Gedanken in die Tat umsetzen willst.«
Langsam schob ich meine Waffe zurück und bemühte mich um einen gelangweilten Gesichtsausdruck, während ich krampfhaft überlegte, ob dieser Irre Gedanken lesen konnte.
»Die Freiheit deines Bruders im Austausch für ein Schmuckstück. Eine goldene Halskette, um genau zu sein.
Sie wurde mir vor langer Zeit gestohlen. Ich habe ganz stark einen Engel in Verdacht, da sie sich nur schwer mit mir als neuen Gott arrangieren können. Vermutlich ist der Diebstahl ein Akt der Rebellion. Lächerlich, aber dennoch nervtötend.«
Er holte ein Stück vergilbtes Papier hervor, auf dem eine zarte Kette abgebildet war. Eine runde Scheibe, die mich an eine Sonne erinnerte, hing als Anhänger daran. Sie kam mir seltsam bekannt vor. Ich war mir sicher, dass es hier um mehr ging als um ein einfaches Schmuckstück.
»Schlägst du ein oder willst du deine Zeit auf Erden lieber mit der Jagd nach diesen unseligen Kreaturen verbringen?«
Taro streckte mir seine Hand entgegen, doch bevor ich einschlug, musste ich eine Sache wissen. »Was passiert, wenn ich es nicht schaffe, sie zu finden?«, fragte ich vorsichtig.
»Du wirst den Platz von Aamond einnehmen und mein persönliches Schoßhündchen werden. Natürlich könnte ich dich jetzt bereits dazu machen, aber es ist viel amüsanter, deinen Willen zu brechen und dabei zuzusehen, wie du für immer mit der Schande leben musst, versagt zu haben«, entgegnete er süffisant.
»Und wie lauten die Regeln?«
Taro dachte sich jetzt bereits ein Schlupfloch aus, dessen war ich mir sicher. In all den Jahrtausenden meiner Existenz hatte ich es noch nie mit solch einem Gegner zu tun gehabt. Er war in jeglicher Sicht unberechenbar.
»Sobald du dich dazu entschieden hast, auf mein Angebot einzugehen, werde ich sie dir verraten.«
Mit einem Kratzen schob ich den Stuhl zurück und wandte mich ab. »Kein Interesse.«
Rasch ging ich zum Ausgang, doch bevor meine Hand die Türklinke erreichte, stand Taro vor mir.
»Es ist nicht so, dass du eine Wahl hast«, sagte er bedrohlich und griff nach meinem Arm.
Ich wollte mich ihm entziehen, aber der Griff war eisern. Ein brennender Schmerz setzte ein. Es fühlte sich an, als würden mir Flammen die Haut von den Knochen schälen. Ein Schrei entstieg meiner Kehle und ich ging in die Knie, aber er ließ nicht von mir ab. Jegliche Empfindungen schmolzen zu einer Welle aus Schmerz, die erst nach einigen Minuten verebbte.
Endlich löste er seinen Griff und ich konnte wieder aufstehen.
»Damit ist es besiegelt«, verkündete er stolz.
»Was hast du getan?«, fragte ich mit rauer Stimme.
»Das ist ganz einfach. Du hast jetzt einen Pakt mit mir und beim geringsten Verstoß wird es Konsequenzen für dich geben.
Setz dich, damit ich dir die Regeln erklären kann.«
Meine Instinkte übernahmen die Kontrolle und ich versuchte ihm die linke Faust in den Magen zu rammen, doch der Mistkerl wich aus und stand plötzlich hinter mir.
»Du verschwendest nur deine Energie, außerdem verliere ich langsam die Geduld mit dir.«
Ein vertrauter Schmerz begleitete meine Worte. Erst nach ein paar Minuten zog er seine Macht zurück und ich atmete erleichtert auf. Widerwillig folgte ich der Aufforderung, auch wenn sich jede Faser meines Körpers dagegen sträubte. Momentan konnte ich nichts gegen ihn ausrichten, aber meine Zeit würde kommen. Mit Freuden würde ich ihm dann das dämliche Grinsen aus dem Gesicht wischen.
Langsam setzte er sich mir gegenüber hin und beobachtete mich. Meine Hände waren zu Fäusten geballt und das Weiß der Knöchel trat bereits hervor, doch ich blieb sitzen. Wenn er unbedingt gegen mich spielen wollte, dann würde das sein letzter Fehler sein.
»Nun, da sich die Gemüter beruhigt haben, wird es Zeit, die Spielregeln zu verkünden.« Er hob seine Hand und zählte mithilfe seiner Finger die Regeln auf:
»Erstens: Die Spielherren dieser Partie sind Kelyan und Taro.
Zweitens: Sofern sich deine Brüder einmischen, gewinne ich automatisch.
Drittens: Jeder Spieler hat eine Figur, die er als Trumpf einsetzen kann.
Viertens: Gibt ein Spieler auf, gewinnt sein Gegner.
Fünftens: Das Spiel endet beim nächsten Vollmond um Mitternacht.«
Sein Abbild verblasste vor mir, doch in der Ferne hörte ich noch sein kehliges Lachen. Ein Pakt mit dem Teufel fühlte sich vermutlich angenehmer an als das hier.
Da der Vollmond letzte Nacht am Himmel stand, blieb mir ein Monat Zeit, um diese verdammte Halskette zu finden. Zudem benötigte ich göttliche Hilfe, aber alle Himmelstore waren verschlossen. Mir blieb nur eine Möglichkeit, um herauszufinden, ob sich auf der Erde noch göttliche Wesen befanden. Ich brauchte Unterstützung von der anderen Seite – ein ranghoher Dämon, der mit Sicherheit wusste, wo ich mein Glück versuchen konnte: ein Incubus.
Trintje
Rasch packte ich die Sachen für meine Vorlesung zusammen und verließ eilig die Wohnung. Eine weitere Verspätung bei der heutigen Veranstaltung würde zum Ausschluss aus dem Kurs führen. Das durfte ich nicht riskieren.
Auf der Straße herrschte bereits munteres Treiben, denn die meisten Menschen waren auf dem Weg zur Arbeit. Ich holte mein rotes Fahrrad aus dem Schuppen und radelte los. Wenn ich mich beeilte, dann war ich in ungefähr fünfzehn Minuten auf dem Campus. Das sollte locker reichen, um noch pünktlich da zu sein. Ich stöpselte mir meine Kopfhörer in die Ohren und genoss die Soundtracks meiner Lieblingsfilme. Der frische Morgenwind fuhr mir durch meine langen blonden Haare und ich bereute es, sie nicht zusammengebunden zu haben. Vermutlich würde ich nachher wie eine Vogelscheuche aussehen, aber das kümmerte mich gerade herzlich wenig.
Ein lautes Hupen, das von einem schwarzen Sportwagen kam, riss mich aus meinen Gedanken. Ich hatte das herankommende Auto zu spät bemerkt und stand jetzt wie ein erschrockenes Reh davor, während der Fahrer auf unmissverständliche Weise gestikulierte, dass ich weiterfahren sollte.
Schnell setzte ich mich in Bewegung, während mir das Blut in die Wangen schoss. Ethan würde mich vermutlich wegen meiner Unvernunft auslachen. Das war dann hoffentlich der peinliche Moment des Tages, aber ich befürchtete, dass es bei meinem Glück noch schlimmer werden würde.
Abgehetzt erreichte ich rechtzeitig die Gebäude der Universität und ging zum Vorlesungssaal, der bereits gut gefüllt war. Angehende Juristen gab es hier reichlich, wobei die meisten bei den Abschlussprüfungen durchfielen. Zumindest wenn man den Statistiken glauben schenken durfte.
»Trine, da bist du ja endlich«, sagte Ethan, der sich an den Türrahmen lehnte. Er hatte seine Tasche lässig über die Schulter gehängt und winkte mich zu sich.
»Wie oft habe ich dir eigentlich schon gesagt, dass ich nicht Trine, sondern Trintje heiße? Ich hasse es, wenn mir jemand einen Spitznamen gibt«, erwiderte ich.
»Er passt doch perfekt zu dir, denn er ist klein und niedlich«, sagte er fröhlich.
Leider musste ich zugeben, dass er in Bezug auf meine Körpergröße nicht unrecht hatte. Ich war wirklich deutlich kleiner als die meisten Frauen, weshalb viele mich noch für einen Teenager hielten, obwohl morgen bereits mein dreiundzwanzigster Geburtstag war.
Eine Tatsache, die ich gern verdrängte. Als kleines Mädchen hatte ich es geliebt, dass mein Vater mir am Geburtstag eine Krone aufgesetzt und alles getan hatte, um mich glücklich zu machen. Dabei hatte es schon gereicht, wenn er mir seine berühmten Pfannkuchen mit großen Schokostückchen servierte. Als er verschwunden war, war für mich klar gewesen, dass mir dieser Tag nie wieder so viel bedeuten würde.
Kopfschüttelnd schritt ich an Ethan vorbei und ließ diese Veranstaltung über mich ergehen.
***
Zwei Stunden später ging ich mit Kopfschmerzen aus dem stickigen Saal. Es waren eindeutig zu viele Menschen auf zu engem Raum gewesen, die es mir unmöglich gemacht hatten, mich auf die Vorlesung zu konzentrieren. Ich hatte nicht einmal die Hälfte von dem verstanden, was vom Dozenten erklärt worden war. Das würde sich sicherlich fabelhaft auf meine Abschlussprüfungen auswirken.
»Wie sehen denn deine Pläne für morgen aus?«, fragte Ethan, der mir während der Vorlesung nicht von der Seite gewichen war.
»Schlafen«, antwortete ich zynisch.
Er blieb stehen und zog dann eine Augenbraue hoch.
»Also wirklich, Trinchen, du solltest an deinem Geburtstag Spaß haben und keine Trübsal blasen. Man wird schließlich nicht jeden Tag dreiundzwanzig«, sagte er in einem tadelnden Tonfall.
Ethan wusste genau, warum ich nicht feierte. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, den Tag besonders gestalten zu wollen. Jedes Jahr versuchte ich ihn davon zu überzeugen, mich einfach in Ruhe zu lassen, aber das entsprach nicht seiner Natur. Er wollte mich den Schmerz der Vergangenheit vergessen lassen.
»Hör zu, ich weiß deine Sorgen wirklich zu schätzen, aber es geht mir gut. Ich sehe nur einfach keinen Anlass, das Älterwerden zu feiern. Also egal was du geplant hast, halt mich bitte da raus. Ich geh morgen sowieso im Café aushelfen und mach mir dann einen gemütlichen Abend auf der Couch.«
»Netter Versuch, aber ich hab schon mit deiner Chefin geredet … und du hast morgen keine Schicht. Also hole ich dich nach dem Frühstück ab und du wirst einen tollen Tag mit deinen Freunden verbringen. Ende der Diskussion!«
Bevor ich Protest einlegen konnte, hatte Ethan sich schon von mir abgewandt und verließ das Gebäude.
Ich stöhnte entnervt auf. Warum hatte er auch so einen Dickschädel? Vielleicht fiel mir bis morgen noch eine Lösung ein, wie ich mich vor seinen Plänen drücken konnte.
Ich würde Lilly um Hilfe bitte, aber ich wusste genau, dass sie mit Ethan unter einer Decke steckte. Zwar stritten sie sich die meiste Zeit, aber wenn es um meinen Geburtstag ging, bildeten sie ein erschreckend gutes Team. Das war fast schon gespenstisch.
Nachdenklich verließ ich das Gebäude und überlegte, was ich mit dem angebrochenen Tag anfangen konnte. Wenn ich vernünftig wäre, dann würde ich mich in die Bibliothek setzen und den Unterrichtsstoff von heute aufarbeiten, aber ich war selten vernünftig. Diese Tatsache brachte mich zwar manchmal in Schwierigkeiten, aber ohne sie wäre das Leben viel zu langweilig. Also entschied ich mich dazu, den Sommertag im Freibad zu verbringen. Beim Schwimmen bekam ich immer den Kopf frei und es gab viele Dinge, über die ich mir Gedanken machen musste. Angefangen von meinem Geburtstag bis hin zu meiner nicht geplanten Zukunft.
Kelyan
Dieser Dämon war deutlich schwerer ausfindig zu machen als Ghule. Dennoch war es mir gelungen, eine Spur aus Leichen zu finden, die mich auf direktem Weg in die Stadt geführt hatte, in der er gerade sein Unwesen getrieben hatte. Nachdem ich im Krematorium nach Leichnamen gesucht hatte, die das Höllenmal hinter ihrem Ohr aufwiesen, war ich in einer nahen Kleinstadt fündig geworden. Von da an hatte ich seine Fährte bis zu diesem Ort verfolgt.
Weder Hunger noch Schlaf hatten mich davon abgehalten, den Incubus zu jagen, denn mir lief die Zeit davon. Immer dann, wenn ich dicht an ihm dran gewesen war, war er mir entwischt. Es war zum Verrücktwerden und ich wollte nicht noch eine Frauenleiche entdecken, die er geschändet hatte.