200 000–ca. 31 000 v. Chr.
Steinzeitliche Felsritzzeichnungen in der Grotta del Romito (Kalabrien)
Besiedlung durch Neandertaler. Das rund 200 000 Jahre alte Skelett des »Mannes von Altamuro« (Apulien) gilt als evolutionäres Bindeglied zwischen dem Frühmenschen Homo Erectus und dem Neandertaler.
Ca. 20 000–8000 v. Chr. Vertreter der Gattung Homo sapiens besiedeln das Gebiet; in der Grotta del Romito (Kalabrien) zeugen Bestattungsstätten und Felsritzzeichnungen vom sozialen Leben und dem künstlerischen Schaffen in der Frühzeit des modernen Menschen.
3.–1. Jtsd. v. Chr. Volksstämme aus dem indoeuropäischen Raum besiedeln das Gebiet des heutigen Italien. Illyrer wandern aus dem Balkan nach Apulien ein. Es gibt enge Kontakte mit Mykene, einer der wichtigsten Städte des vorklassischen Griechenlands. Weite Teile der heutigen Regionen Apulien, Basilikata und Kalabrien werden im 2. Jahrtausend v. Chr. von den Enotrern besiedelt. Legenden ranken sich um den Enotrer-König Italos, unter dem das vermutlich ebenfalls von Balkan stammende Nomadenvolk sesshaft wurde. Von seinem Namen leitet sich Italien ab. Aus Kleinasien stammende Lyker lassen sich ab 1300 v. Chr. in der Basilikata nieder; ab 1200 v. Chr. breiten sich drei große Volksstämme in Apulien aus: die Daunier im Norden, die Peuketier in der Gegend von Bari, die Messapier im Süden (Salento).
Ab dem 8. Jh. v. Chr. Griechen kolonisieren Süditalien, das griechische Mutterland und die Kolonien bilden die »MagnaGraecia« (Großgriechenland) mit florierenden Stadtstaaten; in Apulien verhindern Peuketier und Messapier die Ansiedlung griechischer Kolonialisten.
Ab dem 5. Jh.
Griechischer Henkelkrug aus Tarent (5. Jh. v.Chr.)
Kriegerische osko-samnitische Stämme (Lukanier und Bruttier) dringen nach Süditalien vor. Zur Verteidigung ihres Territoriums bilden die griechischen Stadtstaaten 374 v. Chr. unter Führung Tarents (Tarantos) den »Italiotischen Bund«.
3. Jh. v. Chr. Die Römer unterwerfen Süditalien, Ende der »Magna Graecia«.
2. Jh. v. Chr.
Pyrrhos auf einer griechischen Münze aus dem 3. Jh. v. Chr.
Roms Herrschaft über Süditalien ist gefestigt; Brundisium (Brindisi), Endpunkt der Via Appia, ist Roms wichtigster Adria-Hafen.
1. Jh. v. Chr. Die süditalienischen Städte erhalten römisches Bürgerrecht.
1. Jh. n. Chr.Unter Kaiser Augustus ist Süditalien in die Herrschaftsbereiche Regio Apulia et Calabria (heute Apulien) und Regio Lucania et Brutii (heute Basilikata und Kalabrien) eingeteilt. Im Jahr 56 predigt Apostel Paulus in Rheggion (Reggio Calabria).
395 Nach der Teilung des Römischen Reiches in West (Rom) und Ost (Byzanz) fällt Süditalien an Byzanz.
5.–8. Jh. Mit der Plünderung Roms durch die Westgoten im Jahr 410 ist der Untergang des west-römischen Reiches besiegelt. Süditalien wird zeitweise von Westgoten, Langobarden und Arabern besetzt.
800 Nach seiner Eroberung des Langobardenreichs, das sich über weite Teile Italiens erstreckt, wird Karl der Große zum römischen Kaiser gekrönt.
8.–10. Jh. Byzanz verteidigt seinen Machtanspruch in Süditalien; Bari und Tarent werden zeitweise von arabischen Emiren beherrscht, im 10. Jahrhundert erobern die Byzantiner die Städte zurück. Bari wird wichtiges byzantinisches Verwaltungszentrum, der Orienthandel floriert.
11.–12. Jh. Normannen kommen Anfang des 11. Jahrhunderts als Söldner ins Land. In zwei Generationen unterwerfen sie Süditalien und Sizilien. Roger II. vereint die normannischen Herzogtümer 1131 zum Königreich mit Palermo als Hauptstadt.
1194 Mit der Krönung des römischen Kaisers Heinrich VI. zum König der »Monarchia Sicula« in Palermo beginnt die Herrschaft der Staufer inSüditalien.
Ende 12.–Mitte 13. Jh. Heinrichs Sohn Friedrich II. (1194–1250) macht aus seinem Reich, das er vorzugsweise von Apulien aus regiert, einen für die damalige Zeit modernen Staat, fördert Wissenschaften und Künste, toleriert andere Religionen und Kulturen. Ab 1265 machen die französischen Anjou den Staufern das Territorium streitig.
1266
Stauferkaiser Friedrich II. (Illustration aus dem Falkenbuch Friedrichs II.)
Der Tod von Friedrichs Sohn und Thronfolger Manfred in der Schlacht von Benevent beendet die Staufer-Ära. 1268 übernimmt Karl I. von Anjou das Königreich Sizilien, zu dem auch das süditalienische Festland gehört.
1282Ein Aufstand gegen Karl von Anjou (»Sizilianische Vesper«) in Palermo führt zur Ermordung der auf Sizilien lebenden Franzosen. Das blutige Ereignis läutet das Ende der französischen Herrschaft auf der Insel ein. Der sizilianische Adel macht Pedro III. von Aragon, den Schwiegersohn des getöteten Staufers Manfred, zum König von Sizilien – das süditalienische Festland bleibt unter der Herrschaft des Hauses Anjou und bildet das Königreich Neapel.
14. Jh. Die feudalistische Herrschaft der Anjou führt zur Verelendung der Bevölkerung.
1442 König Alfons V. von Aragon erringt die Herrschaft über Neapel. Der Spanier vereinigt die Königreiche Neapel und Sizilien wieder und regiert fortan als Alfons I. Als es zu Aufständen kommt, nimmt er die Hilfe des albanischen Heerführers Georg Kastriota an. Aus Dankbarkeit gewähren die Aragonesen Albanern in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts Asyl, als diese vor türkischen Eroberern fliehen.
16. Jh. Karl III. von Frankreich versucht, den Aragonesen Süditalien zu entreißen. Die Spanier eilen dem Aragon-König zu Hilfe und übernehmen 1503 die Herrschaft über das Königreich Neapel. Süditalien und Sizilien werden zu Provinzen des spanisch-habsburgischen Weltreichs; Juden werden vertrieben.
Ab 1600Aufstände gegen die absolutistische Herrschaft der Spanier, die die unteren Gesellschaftsschichten verelenden lässt.
1707–34 Im Spanischen Erbfolgekrieg wird Süditalien von den Österreichern besetzt – das Königreich Neapel fällt schließlich an die österreichischen Habsburger.
1734 In der Schlacht bei Bitonto besiegt die spanische Armee die Österreicher, die Spanier setzten ihren Herrschaftsanspruch über Süditalien durch.
1735 Karl von Bourbon, ein Sohn des spanischen Königs, erhält das Königreich Neapel undSizilien.
1806 Napoleons Truppen besetzten Neapel.
1808 Joachim Murat, Napoleons Schwager, wird König von Neapel.
1815/16Der Wiener Kongress setzt erneut die spanischen Bourbonen als Herrscher über die Königreiche Neapel und Sizilien ein.
1860 Garibaldi und seine Unabhängigkeitskämpfer beenden die Herrschaft der Bourbonen.
1861 Nationale Einigung und Gründung des Königreichs Italien.
Um 1900 Im vereinten Italien verschärft sich die wirtschaftliche Benachteiligung des Südens noch. Millionen Süditaliener wandern aus, die meisten nach Amerika. Die anhaltende Armut und die Enttäuschung über den Nationalstaat und seine Institutionen lässt Mafia-Strukturen erstarken.
1908Ein verheerendes Erdbeben legt Reggio Calabria in Schutt und Asche.
1922Derfaschistische Diktator Benito Mussolini kommt an die Macht.
1935 Die Faschisten verbannen den politisch missliebigen Turiner Arzt, Maler und Schriftsteller Carlo Levi in die rückständige Basilikata.
1939–45 Hitler und Mussolini schließen einen Bündnispakt.
1940 Italien tritt an der Seite Nazi-Deutschlands in den Zweiten Weltkrieg ein.
1943 Die Alliierten bombardieren Städte in Apulien und Kalabrien. Die Amerikaner landen in Süditalien. Der Faschistische Rat setzt Mussolini ab, Italien erklärt Deutschland den Krieg.
1946 Italien wird Republik.
Ab 1950 Trotz (halbherzig durchgeführter) Landreform in Süditalien und der »Cassa per il Mezzogiorno«, einem Wirtschaftsförderprogramm, bleibt der Aufschwung im Süden aus, wieder emigrieren Millionen Süditaliener, viele gehen als »Gastarbeiter« in die Bundesrepublik Deutschland.
1990er JahreDer Bau-Unternehmer Silvio Berlusconi baut sein politisches Netzwerk auf, bringt einen Großteil der Medien in seinen Besitz. 1994 wird er als Chef einer populistischen Partei namens »Forza Italia« (Auf geht’s Italien) erstmals Ministerpräsident. Mehrere Wiederwahlen folgen.
Ein Flüchtlingsstrom – vor allem aus den ehemaligen Ostblockstaaten, in den 2000er Jahren verstärkt auch aus Afrika – erfasst Italien.
2008/09 Italiens Wirtschaft gerät durch die weltweite Wirtschaftskrise in eine Abwärtsspirale.
2011Der langjährige, skandalbehaftete Regierungschef Berlusconi tritt angesichts der Wirtschaftskrise zurück. Der parteilose Mario Monti übernimmt das Amt und bringt Italien auf Sparkurs.
2012 Wegen mafiöser Durchsetzung entlässt der italienische Ministerrat den Stadtrat von Reggio Calabria.
2019Matera ist – zusammen mit dem bulgarischen Plowdiw – Kulturhauptstadt Europas.
2021 Mario Draghi, der parteilose Ex-Chef der europäischen Zentralbank, wird zum Ministerpräsidenten gewählt.
2022 Im Juni speist der erste Windpark im Mittelmeer, der etwa 100 Meter vor der Küste und dem Hafen von Taranto gelegene Offshore Windpark Beleolico, den ersten Windstrom in das italienische Netz ein.
Im Sommer kommt es zum Streit zwischen den Mitte-Links-Parteien, die das von Mario Draghi geführte Regierungsbündnis bilden. Nach Draghis Rücktritt finden Neuwahlen statt. Mit Giorgia Meloni von der postfaschistischen Partei Fratelli d‘Italia (Brüder Italiens) wird erstmals eine Frau Regierungschefin in Italien. Meloni steht einer rechtskonservativen Regierung vor, die auf einer Koalition ihrer Partei mit der Lega des rechtspopulistischen Matteo Salvini und der konservativen »Forza Italia« beruht.
2023 Im Juni stirbt Silvio Berlusconi 86-jährig.
Trotz Melonis Ankündigung, härter gegen Migration vorzugehen, ist der Zustrom ungebremst. Meloni appelliert an die EU, Italien in dieser Situation zu unterstützen. Gleichzeitig verfolgt die Regierungschefin ihre Ziele beim Abbau der Sozialleistungen. Von den drastischen Kürzungen ist vor allem der Süden des Landes betroffen, wo die Arbeitslosigkeit exorbitant hoch ist (In Kalabrien über 60%).
Im November findet im kalabrischen Lamezia Terme einer der größten Mafia-Prozesse der Geschichte statt. Rund 200 Mafiosi werden insgesamt zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt – u. a. wegen Drogenhandel, Geldwäsche, Erpressung, versuchtem Mord.