ARMIN KLARA - Eine Fußballkarriere als "Rebell" im Spiegel der Zeit - Armin Klara - E-Book

ARMIN KLARA - Eine Fußballkarriere als "Rebell" im Spiegel der Zeit E-Book

Armin Klara

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Beschreibung

Diese Autobiografie schildert die fesselnde Lebensgeschichte von Armin Klara, die sich überwiegend auf seine Zeit als Fußballspieler konzentriert und die Höhen und Tiefen seiner Karriere beleuchtet. Ehrlich und schonungslos berichtet er von den seelischen Erschütterungen, Verletzungen und Ungerechtigkeiten, die er insbesondere in den 1970er Jahren bei Eintracht Frankfurt erlebte. Das Schreiben half ihm, diese negativen Erfahrungen zu verarbeiten und Platz für neue Erlebnisse zu schaffen. Nach seinem freiwilligen Ausscheiden bei Eintracht Frankfurt war der Weg vom Amateurfußball zu den Profiklubs beschwerlich, aber lehrreich. Letztlich war dieser Weg entscheidend für seine Entwicklung als Spieler und Mensch und führte zu seinem späteren Erfolg. Nicht nur die positiven, auch die negativen Erlebnisse gehören seiner Meinung nach in eine Autobiografie. Sie sind für den Leser das Salz in der Suppe. Er war jemand, der die Dinge oft anders sah und gestaltete, von der Norm abwich und häufig Ungehorsam zelebrierte. Ihm war auch bewusst, dass es nicht einfach sein würde, die negativen Ereignisse und Enthüllungen zu verkraften, die ihm und anderen nach vielen Jahren wieder vor Augen gehalten werden. Doch gerade diese schmerzhaften Erinnerungen machen die Geschichte authentisch und bieten wertvolle Einblicke in das wahre Leben. Vielleicht mag es schmerzhaft sein, in die Tiefen der eigenen Vergangenheit zu blicken, doch gerade diese Momente sind es, die uns prägen und aus denen wir lernen. Es ist eine Reise durch Licht und Schatten, durch Freude und Schmerz. Und genau das macht eine Autobiografie authentisch und lebendig. Seine Offenheit erzählt nicht nur seine Geschichte, sondern gibt auch anderen den Mut ihre eigene Wahrheit zu leben und zu akzeptieren. Es sind diese ehrlichen Einblicke, die den Leser berühren und ihn auf eine Reise mitnehmen, die weit über die Seiten des Buches hinausgeht. In seiner Autobiografie erwähnt er zahlreiche nationale, internationale und Weltstars, die seinen Weg kreuzten, sowohl als Mitspieler als auch als Gegenspieler.Trotz zahlreicher Niederlagen und psychischer Krisen, die er ohne therapeutische Hilfe bewältigen musste, war seine Fußballkarriere dennoch ziemlich erfolgreich. Dieses Buchprojekt entstand in dreieinhalb Jahren und spiegelt authentisch die Worte, Gedanken und den persönlichen Schreibstil des Autors wider. Tauchen Sie ein in die Welt eines Fußballers, der durch Höhen und Tiefen zu sich selbst fand.

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Widmung

Dieses Buch ist meinen Eltern gewidmet: Ich möchte meinen Eltern für meine unbeschwerte und wunderschöne Kindheit danken. Meiner Mutter, die viel zu früh im Jahr 1980 im Alter von nur 60 Jahren verstarb, und meinem Vater, der plötzlich und unerwartet im Jahr 1996 im Alter von 82 Jahren von uns ging. Obwohl sie nicht über Reichtümer verfügten, haben sie mir dennoch alles gegeben, was ich zum Glücklichsein brauchte. Trotz der Herausforderungen, denen sie gegenüberstanden, haben sie stets ihr Bestes gegeben, um mir eine gute Zukunft zu ermöglichen. Mir hat es an nichts gefehlt. Ich hatte keine großen Ansprüche und war mit allem zufrieden, wie es damals war. Ihre Hingabe und Opferbereitschaft haben mich geprägt und zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Diese Widmung ist ein bescheidenes Dankeschön für all das, was sie für mich getan haben und für die Liebe, die sie mir immer entgegengebracht haben. Mögen sie für immer in Frieden ruhen und in meinem Herzen weiterleben.

Inhaltsverzeichnis

Einleitende Worte

Erster Verein: FC Germania 08 Ginnheim

Rückkehr zum SV Viktoria Preußen

Nachholen, was ich glaubte versäumt zu haben

Abschied und Neuanfang

Abschied von Groningen, Entscheidung über weitere Zukunft

Wechsel in die NASL (North American Soccer League)

Neue Station: Houston Hurricane

Rückkehr nach Deutschland

Einstieg ins Trainergeschäft bei Rot-Weiss Frankfurt

Trainer-A-Lizenz-Lehrgang absolviert

Aussicht auf reizvolle Aufgaben

Sponsorensuche

Kooperation mit Eintracht Frankfurt?

Schlusswort

New York – Brooklyn Bridge – Weihnachten 2019

Einleitende Worte

Meine Autobiografie ist eine fesselnde Lebensgeschichte von wahren Ereignissen, die ich in Romanform, hauptsächlich über meine Zeit als Fußballspieler, spannend niedergeschrieben habe. Ich bemühte mich, so wahrheitsgetreu wie möglich über all meine erlebten Ereignisse nach bestem Wissen und Gewissen zu berichten. Bedauerlicherweise führte ich über die gesamte zurückliegende Zeit kein Tagebuch. Daher erzählte ich über die Jahrzehnte hinweg aus meiner Erinnerung. Es kann vielleicht auch vorkommen, dass die in der Rückblende erzählten Erlebnisse – unbeabsichtigt – von der richtigen Zeitabfolge ein wenig abweichen können. Meine autobiografische Erzählung war auch eine schonungslose Abrechnung mit mir selbst und eine Aufarbeitung meiner seelischen Erschütterungen, Verletzungen und Ungerechtigkeiten, die mir hauptsächlich während meiner Zeit bei Eintracht Frankfurt widerfahren und bis heute noch nicht vollständig verarbeitet sind. Viele dieser Verletzungen konnte ich alleine nicht verarbeiten und versuchte in Gesprächen mit sogenannten Freunden immer wieder, das Erlebte, das mich jahrzehntelang innerlich quälte, zu teilen und auf Verständnis beziehungsweise auf Empathie zu hoffen oder zumindest ein vertrauliches Gespräch zu führen. Leider stieß das Thema im Großen und Ganzen immer wieder auf wenig Verständnis und Einsicht. Mit den Worten „Stell Dich nicht so an“ wurde das Gespräch oft einseitig schnell beendet. Ich war der festen Überzeugung, dass durch das Schreiben meiner Autobiografie die einschneidenden, negativen Erlebnisse, die meine Seele dauerhaft belasteten und im Unterbewusstsein noch immer unverarbeitet sind, endgültig hervorgeholt und verarbeitet werden würden. Dies sollte zu einem glücklichen Ende führen – in der Hoffnung, dass die seelischen Verletzungen, die lange Zeit einen festen Platz in meinem Leben hatten, durch diese verspätete Aufarbeitung wieder ins Gleichgewicht gerückt werden und den Raum freigeben für neue Aufgaben und Erfahrungen. Nicht nur die positiven, auch die negativen Erlebnisse gehören meiner Meinung nach in eine Autobiografie. Sie sind für den Leser das Salz in der Suppe. Mir war auch bewusst, dass es nicht einfach sein würde, die negativen Ereignisse zu verkraften, die mir und anderen nach vielen Jahren wieder vor Augen gehalten werden.

Wäre ich damals kompromissbereiter gewesen, wäre mir sehr viel Leid und Ärger erspart geblieben. Einfach sich nur manchmal unterzuordnen oder auch einmal das auszuführen, was von Autoritäten verlangt wurde, hätte mich nichts gekostet. Es hätte mich aber auf meinem weiteren sportlichen Werdegang sehr weit nach vorne bringen können. Es werden an die einhundert nationale, internationale und Weltstars, die bereits zu Lebzeiten schon zu Legenden geworden sind, in meiner Autobiografie Erwähnung finden. Einige als Mitspieler, andere als Gegenspieler und wieder andere, die meinen Weg gekreuzt haben. Aber auch am Rande des Fußballs habe ich sehr interessante Menschen kennengelernt. Die Fülle der Ereignisse macht es notwendig, dass ich eine Auswahl meiner erlebten Ereignisse bis zum Zeitpunkt der fertiggestellten Autobiografie treffe. Mein Fokus war ausschließlich auf meine außergewöhnliche und einzigartige Fußballkarriere gerichtet, die ich mit spannenden Fußballgeschichten, auf meiner Fußballzeitreise in die Vergangenheit, in der Rückblende erzählte bzw. Momente und Erfahrungen noch einmal aufleben ließ. Obwohl eine Menge Niederlagen meinen Weg kreuzten, die mich in tiefe psychische Krisen stürzten, mit denen ich alleine, ohne therapeutische Hilfe, die es meines Wissens vor 50 Jahren noch gar nicht gab, fertig werden musste, war meine Fußballkarriere doch noch ziemlich erfolgreich. Ich wollte auch anderen Fußballspielern, in den meisten Fällen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren, die glauben, auf der Strecke geblieben zu sein, meine Erfahrungen mit auf den Weg geben, immer an sich zu glauben und dass aufgeben nach Niederlagen keine Option ist. Natürlich gehörte zum Talent auch eine große Portion Glück. Es passierte immer wieder einmal, wenn auch selten, dass der Zufall, wie bei mir geschehen, im wahrsten Sinne des Wortes auf Bereitschaft traf und meine Fußballkarriere, bevor sie überhaupt begonnen hatte, fast schon wieder beendet schien, doch noch eine glückliche Wendung nahm.

Meine Geschichte, die nach wahren Begebenheiten von mir erzählt wird, beginnt mit meiner Geburt am 22. Dezember 1955 in Pfrentsch-Waidhaus, einem kleinen Ort in der Oberpfalz/Bayern an der damaligen tschechoslowakischen Grenze.

Mein Vater, Karl Klara, arbeitete als Zollgrenzbeamter in den 1950er-Jahren an der deutsch-tschechoslowakischen Grenze. Meine Mutter, Resi Klara, war Hausfrau und Mutter von zwei Mädchen und zwei Jungs. Als Nesthäkchen war ich der jüngste von uns vier Kindern. 1956 wurde mein Vater beruflich nach Frankfurt/Main versetzt. Mit meiner Mutter und uns vier Kindern zogen wir in die Kurhessenstraße in Ginnheim, einem Stadtteil von Frankfurt/Main. Mein Vater arbeitete zunächst am Frankfurter Flughafen und später am Frankfurter Hauptbahnhof als Zollbeamter in der Zollabfertigung.

Als ich sechs Jahre alt war, wurde ich 1962 in die erste Klasse der Diesterweg-Grundschule in Frankfurt/Main eingeschult. Schon am ersten Tag bemerkte ich, dass der Schulunterricht und die Schule im Allgemeinen keinen Spaß machten. Das änderte sich jedoch schlagartig, wenn Sportunterricht angesagt war. Die Mädchen und Jungs wurden in der Turnhalle, von der später noch zu reden sein wird, getrennt voneinander zu verschiedenen Spielen eingeteilt. Die Hälfte der Halle war für die Jungs, die andere Hälfte für die Mädchen. Wenn sich der Turnlehrer entschied, dass für die Jungs Fußball auf dem Stundenplan stand, sprang mein Herz vor Freude hin und her. Fußball war meine große Leidenschaft, seit ich denken konnte. Ich hätte am liebsten den ganzen Tag Fußball gespielt. Meine Eltern erzählten mir, dass ich bereits mit zwei Jahren allem hinterher jagte, was nur ähnlich aussah wie ein Ball und bevor ich eingeschult wurde, kickte ich mit Nachbarskindern fast täglich hinter unserem Wohnhaus, egal, bei welchem Wetter. Mein damaliger Turnlehrer, so nannte man die Lehrer, die den Sportunterricht leiteten, ermutigte mich, einem Fußballverein beizutreten. Meine Eltern waren von dieser Idee nicht gerade begeistert, da sie befürchteten, dass sich meine schulischen Leistungen noch weiter verschlechtern würden. Außerdem hatten meine Eltern herausgefunden, dass für den Fußballverein ein monatlicher Mitgliedsbeitrag in Höhe von 50 Pfennig zu entrichten war. In den 1960er-Jahren war das viel Geld bei einem monatlichen Nettoeinkommen meines Vaters von 800 Mark, etwa 400 Euro. Schließlich mussten meine Eltern vier Kinder versorgen.

Erster Verein: FC Germania 08 Ginnheim

Um diese finanzielle Belastung auszugleichen, besserte mein Vater an den Wochenenden seinen spärlichen Monatsverdienst durch Tapezierarbeiten auf. So konnten meine Eltern sicherstellen, dass sie jedem ihrer vier Kinder gerecht werden konnten. Dennoch ließ ich meinen Eltern keine Ruhe, ich nervte und heulte solange, bis mein Vater schließlich die Entscheidung traf, mich beim FC Germania 08 Ginnheim anzumelden. Ich sehnte den Tag herbei und konnte es nicht mehr erwarten, bis es endlich losging.

Als die erste Trainingseinheit bevorstand, konnte ich vor Aufregung und Nervosität schon Tage vorher kaum schlafen. Da ich keine Fußballschuhe besaß, mussten wir welche kaufen. Also machten wir uns auf den Weg in die Frankfurter Innenstadt zum Sportartikel-Händler Sport-Pröstler an der Hauptwache. Die Fußballschuhe waren ein vorweggenommenes Geburtstagsgeschenk, das mir meine Eltern mit viel Mühe ermöglichten. Ich erinnere mich noch genau an den Namen der Schuhe: „adidas Uwe“ war auf der Seite eingeprägt. Das waren meine ersten Fußballschuhe! Als wir den Laden verließen, schlug mein Herz vor Freude bis zum Hals. Auf dem Nachhauseweg aus der Frankfurter Innenstadt schaute ich immer wieder zu meiner Mutter, aus Angst, der Karton mit den neuen Fußballschuhen könnte irgendwie verloren gehen. Ich ließ die neuen Schuhe nicht aus den Augen und zog sie zu Hause sofort in der Wohnung an. Bis zum Schlafengehen wollte ich sie nicht mehr ausziehen. Ich war meinen Eltern sehr dankbar, dass ich dieses für damalige Verhältnisse teure Geschenk bekommen hatte.

Endlich war der Tag gekommen! Es war Sommer und die Hitze war drückend. Auf dem Weg zum Sportplatz musste ich mich vor Aufregung mehrmals übergeben. Dort angekommen, stand ich vor dem Vereinsheim mit den Umkleidekabinen. Plötzlich kam ein Mann auf mich zu und fragte mich mit bayrischer, Respekt einflößender Stimme, wo ich denn hin wolle. Ängstlich und mit zittriger Stimme antwortete ich, dass mein Vater mich zum ersten Fußballtraining angemeldet hatte. Daraufhin fragte er mich nach meinem Alter. „Ich bin sechs Jahre alt und werde in fünf Monaten sieben Jahre alt“, antwortete ich.

Ohne weitere Worte drehte er sich um und deutete mir mit der Hand an, ihm ins Vereinsheim zu folgen. Als der Mann dann die Tür zu einer Umkleidekabine öffnete, verstummten die zuvor fröhlichen Kinderstimmen. Ausnehmend laut, fast schon schreiend, forderte er meine zukünftigen Mitspieler und mich auf: „In fünf Minuten steht Ihr draußen auf dem Platz.“ Glücklicherweise hatte ich mich bereits zu Hause umgezogen, also musste ich nur noch meine neuen Fußballschuhe überstreifen. Ich war eins der ersten Kinder, die wie befohlen auf dem Platz standen. Der Trainingsplatz befand sich in einem katastrophalen Zustand und war mit einem Acker zu vergleichen. Heutzutage würde niemand auf so einem Platz trainieren, geschweige denn spielen. Von meinen Mitspielern erfuhr ich den Namen des Manns, der mich empfangen hatte und nun vor mir auf dem Platz stand. Es war der Trainer, den meine Mitspieler Herr Spöhr nannten und der alle Mannschaften von der D- bis zur A-Jugend trainierte. Wie ich später erfuhr, war es in den 1960er-Jahren alles andere als selbstverständlich, dass ein Fußballverein, dessen Erste Mannschaft in der seinerzeit untersten Amateurklasse spielte, einen hauptberuflichen Trainer beschäftigte.

Es gibt Erlebnisse im Leben, die man einfach nie vergisst. Ich erinnere mich noch sehr gut an mein erstes Spiel für die D-Jugend. Wir hatten einmal in der Woche Training. Ich war nun das zweite oder dritte Mal seit meiner Anmeldung im Vereinstraining. In der zweiten Woche wurde ich von unserem Trainer für das am Samstag stattfindende Spiel gegen die TSG 51 Frankfurt in die Mannschaft, oder wie man heute sagen würde, in den Spielerkader aufgenommen. Ich wurde als Ersatzspieler von unserem Trainer für dieses Heimspiel eingeplant. Die Zeit vom letzten Training bis zum Spiel war geprägt von Anspannung und Nervosität. Endlich war es Samstag, und wieder war die zurückliegende Nacht eine, die mich nicht in den Schlaf kommen ließ.

Das Spiel sollte um 15:00 Uhr angepfiffen werden. Als die gegnerische Mannschaft endlich eingetroffen war und sich die Spieler umgezogen hatten, sollte es nun losgehen. Unser Trainer würde auch das Spiel als Schiedsrichter leiten. Zur damaligen Zeit war es üblich, dass der Trainer der Heimmannschaft auch den Schiedsrichter stellte. Wenn ich mich richtig erinnere, betrug die Spielzeit 2 x 25 Minuten. Die erste Halbzeit verging wie im Flug unter großer Anspannung, für mich auf der Ersatzbank.

Während der Halbzeitpause rutschte ich aufgeregt auf der Bank im Umkleideraum hin und her und wartete auf ein Zeichen des Trainers. Er sagte wenig und verließ nach kurzer Zeit mit der Pfeife im Mund den Umkleideraum. Mit einem lauten Pfiff eröffnete er die zweite Halbzeit. Enttäuschung machte sich bei mir breit und ich befürchtete, nicht mehr eingewechselt zu werden. Auf dem Weg von der Kabine in Richtung Auswechselbank rief unser Trainer mir aus ein paar Metern Entfernung zu, dass ich ab sofort für einen Mitspieler, der ihm auf dem Weg zum Platz mitgeteilt hatte, nicht mehr weiterspielen zu können, den Platz im Sturm einnehmen solle. Es war ein unbeschreibliches Gefühl und eine unbeschreiblich große Freude, zum ersten Mal in einer Vereinsmannschaft zu spielen.

In den 25 Minuten Spielzeit verausgabte ich mich so sehr, dass ich auf dem Nachhauseweg neben einem Feldweg erschöpft einen Moment ausruhen wollte. Ich war sechs Jahre alt und es war bereits 17:00 Uhr. Meine Mutter machte sich verständlicherweise große Sorgen und lief zum Sportplatz, um nach mir zu suchen. Schließlich fand sie mich schlafend unterhalb eines abgeböschten Feldwegs. Überglücklich stellte sie fest, dass ich unversehrt war. Ein solches Ereignis vergisst man sein Leben lang nicht, erst recht nicht, wenn man mindestens einmal im Jahr von seiner Mutter daran erinnert wird. In den darauffolgenden Monaten überzeugte ich durch gute Trainingsleistungen unseren Trainer Spöhr davon, mich von Beginn an in den folgenden Spielen aufzustellen.

Drei unvergessene Begegnungen und Ronald Borchers kennengelernt

Etwa zwei Jahre später lernte ich auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen sechsjährigen Jungen kennen. Er war neu in die Kurhessenstraße gezogen und hörte auf den Namen Ronald Borchers. Wir freundeten uns schnell an, und mit der Erlaubnis seiner Eltern nahm ich Ronald mit zu meinem Verein. Fortan spielten wir zusammen bei FC Germania 08 Ginnheim in der D-Jugend. In den 1960er-Jahren war das die Ersteinstufung für Kinder bis 10 Jahre.

Im Lauf der nächsten Jahre erlebten wir gemeinsam zahlreiche Abenteuer. Der Fußball stand natürlich immer im Vordergrund. Nach der Schule suchten wir beinahe täglich den Bolzplatz mit dem Namen Höhenblick auf. Ein Bolzplatz, der auch heute noch existiert, nach mehr als 55 Jahren. Er war in meinen Gedanken immer noch sehr präsent, und wenn ich über die Vergangenheit nachdachte und darüber, was noch kommen könnte, suchte ich ihn immer mal wieder auf.

Über viele gemeinsame schöne, aber auch weniger schöne Erlebnisse könnte ich berichten. In einschlägigen Foren konnte ich allerdings in Erfahrung bringen, dass negative Erlebnisse in einer Autobiografie nichts zu suchen hätten. Meiner Meinung nach gehören negative Erfahrungen auch zu den sogenannten Lebensereignissen und sollten in einer Autobiografie nicht fehlen bzw. auch Erwähnung finden. Ich bin der Meinung, dass man sich nicht nur durch positive Erfahrungen weiterentwickelt. In einer Autobiografie sollte man natürlich eine Abrechnung oder Rache vermeiden. Ich habe mich aber entschieden, über das ein oder andere negative Erlebnis zu berichten, das mich bis heute beschäftigt und noch nicht vollständig verarbeitet ist.

Eines meiner schlimmen Erlebnisse verband mich allerdings mit Ronalds Vater. Wenn ich mich richtig erinnere, war Ronalds Vater in verschiedenen Ginnheimer Gebäuden als Hausmeister tätig, unter anderem in der Turnhalle unserer Diesterweg-Grundschule. Eines Wintertags hatte Ronalds Vater von der Schulleitung die Erlaubnis erhalten, die Halle für ein Hallenfußballspiel für uns Kinder an diesem Tag zu nutzen. Ronald teilte uns den Tag und die Uhrzeit mit, wann es losgehen sollte. Aus meiner Erinnerung waren noch Spieler aus unserer D-Jugendmannschaft vom FC Germania 08 Ginnheim dabei. Leider erinnere ich mich nur noch an einen Mitspieler mit dem Nachnamen Bisenius.

An diesem Tag wollte Ronalds Vater unbedingt in einer der Mannschaften mitspielen und entschied sich für das Team, in dem sein Sohn spielte. Als seine Mannschaft weit zurücklag, steigerte sich die Aggressivität und Wut von Ronalds Vater. Schnell wurde offensichtlich, dass ihm das fußballerische Können fehlte. Als ich ihm schließlich den Ball vom Fuß wegspitzelte, geschah es. Ronalds Vater lief hinter mir her, packte mich am Oberarm und schlug mir mit der Hand ins Gesicht. Blutend lag ich am Boden, als er noch einmal mit dem Fuß auf mich trat. Nachdem ich mich von den Schlägen erholt und zitternd vom Boden aufgerichtet hatte, wischte ich mir das Blut mit meinem Trikot von den Lippen bzw. aus dem Gesicht. Angst und Entsetzen spiegelten sich in den Gesichtern von Ronald und den anderen wider. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, verließ Ronald mit blass gewordenem Gesicht zusammen mit seinem Vater die Halle.

Einen 10-jährigen Jungen derart brutal anzugreifen, und das wegen eines vermutlich verloren gegangenen Fußballspiels, war ungeheuerlich! Ich entschied mich, meinen Eltern bzw. meinem Vater nichts von diesem schlimmen Erlebnis zu erzählen. Andernfalls wäre es vermutlich zum Bruch der beiden Familien und der Freundschaft zwischen Ronald und mir gekommen.

Der Vater von Ronald erschien mir, meiner Meinung nach, wie ein neidischer, cholerischer und gewaltbereiter Tyrann, vor dem nicht nur Ronald, sondern auch seine Frau und sein Bruder Angst hatten. Seit jenem Tag mied ich ihn so oft es ging. Im Lauf meiner Erzählungen wird Ronald Borchers immer wieder erwähnt werden. Es wird sich auch nicht vermeiden lassen, über das ein oder andere negative Erlebnis mit Ronald zu berichten. Trotz allem sollte unsere Freundschaft noch etwa zehn Jahre andauern.

Aus meiner Zeit in der Kurhessenstraße in Frankfurt-Ginnheim bleiben mir drei weitere Menschen in besonderer Erinnerung. Die erste Begegnung verbindet mich mit Rainer Franzke, dem damals nur wenige zugetraut hätten, dass er einmal ein Fachmann des Fußballs würde. Sein Hintergrundwissen und seine Infos über den Fußball waren legendär. Seit Anfang 1980 gehörte er dem kicker-Sportmagazin an und wurde später Chefredakteur beim kicker-Sportmagazin. Rainer dürfte etwa drei Jahre älter gewesen sein als ich. Ende der 1960er-Jahre liefen wir uns immer mal wieder über den Weg. Nach meiner Erinnerung wohnte er in der Siedlung „Bank deutscher Länder“, unweit von unserer Wohnung entfernt. Wir verloren uns aus den Augen und sahen uns erst bei der Weihnachtsfeier von Rot-Weiss Frankfurt 1995 wieder, als ich Trainer der Oberligamannschaft von Rot-Weiss Frankfurt war.

Den zweiten, den ich aus jenen Jahren kannte, war Thomas Bockelmann, Sohn von Werner Bockelmann, seinerzeit am tierender Oberbürgermeister von Frankfurt/Main. Mit Erlaubnis seiner Eltern lud mich Thomas immer mal wieder in ihre schöne Villa ein. Wenn ich mich richtig entsinne, stand sie in der Haeberlinstraße, unweit der Kurhessenstraße. Ich verbrachte schöne, ausgelassene Stunden im Hause Bockelmann. So begegnete ich hier unter anderem Udo Jürgens. Der Sänger war gerade zu Besuch bei seinem Onkel Werner Bockelmann und ich bewunderte seinen Jaguar E-TYPE. Mitte der 1960er-Jahre war dieses Auto selten zu sehen, eben ein echter Hingucker, etwas ganz Besonderes! Ob sich Thomas noch an mich erinnert, ist fraglich. Immerhin sind mittlerweile fast 60 Jahre vergangen und wir hatten über die doch sehr lange Zeit keinen Kontakt. Aufgrund meiner Recherchen konnte ich in Erfahrung bringen, dass Thomas Bockelmann von 2004 bis 2022 Intendant und Schauspieldirektor am Staatstheater Kassel war. Sollte Thomas diese Zeilen lesen, kann er sich, wenn er sich an mich erinnert, gerne bei mir melden. Ich würde mich sehr freuen (Quelle: Thomas Bockelmann, Wikipedia-Eintrag).

Die dritte Begegnung war für mich etwas Besonderes und Trauriges zugleich. Ein blonder Junge kam mit seinem Vater zum Ginnheimer Sportplatz ins Training. Bereits während seines ersten Trainings bemerkten alle sofort, dass der neue Blonde ein klasse Fußballer war. Wir hatten uns, wie es so bei Kindern in unserem Alter war, schnell angefreundet. Er wohnte seit kurzem mit seinen Eltern in der Hügelstraße, ebenfalls unweit von mir entfernt. Unmittelbar nach unserem Kennenlernen erfuhr ich, dass sein Vater Hennes Hoffmann gerade als neuer Trainer der Ersten Mannschaft vom FSV Frankfurt vorgestellt worden war.

Mit meinen zehn Jahren konnte ich mit dieser Information allerdings nichts anfangen. Außerhalb des Trainings trafen wir uns so oft es ging und erlebten viele schöne Stunden miteinander. Wie es eben bei Kindern so ist, vergingen die Monate vor allem im Sommer sehr schnell. Bedauerlicherweise kann ich mich nicht mehr an seinen Vornamen erinnern und nenne ihn deshalb Christoph. Eines Tages, als ich Christoph mal wieder von zu Hause abholen wollte und an der Eingangstür klingelte, öffnete niemand. Das wunderte mich sehr. Auch meine weiteren Versuche, Christoph oder seine Eltern durch Schellen und Rufen auf mich aufmerksam zu machen, blieben erfolglos.

Schließlich erfuhr ich von den Nachbarn, dass Familie Hoffmann von einem auf den anderen Tag zurück in den Ruhrpott gezogen war. Der Grund ihres Umzugs war vermutlich die Entlassung von Christophs Vater als Trainer des FSV Frankfurt. Ich bedauerte sehr, dass wir uns nicht voneinander verabschieden konnten. Von 1966 bis heute haben wir uns nie mehr wiedergesehen, worüber ich bis heute noch sehr traurig bin. Durch Recherchen im Internet fand ich heraus, dass Hennes Hoffmann 1992 verstarb. Über seinen Sohn konnte ich leider nichts in Erfahrung bringen.

Abschied von Frankfurt-Ginnheim, Umzug nach Frankfurt-Eschersheim, Vereinswechsel zu Viktoria Preußen 07 Frankfurt und Einladung zu einem letzten Sichtungsspiel für die Schüler-Nationalmannschaft

1967 hieß es auch für mich, Abschied von der Kurhessenstraße zu nehmen. Wir zogen nach Eschersheim in die Kirch hainer Straße, etwa zwei Kilometer von unserer alten Wohnung entfernt. Die Stadtteile Ginnheim und Eschersheim lagen unmittelbar nebeneinander. Fußball-geographisch gesehen wohnte ich jetzt circa 500 Meter vom Fußballplatz des SV Viktoria Preußen 07 Frankfurt entfernt. Da lag es nahe, dass ich mich dort anmeldete. Mit meinen mittlerweile zwölf Jahren wurde ich in die C 1-Jugendmannschaft eingestuft.

Die Jugendabteilung von der D- bis zur A-Jugend gehörte zu den besten fünf Jugendabteilungen im Großraum Frankfurt. Wir spielten in der höchstmöglichen Leistungsklasse für C-Jugendmannschaften. Unsere Gegner waren die besten C-Jugendmannschaften aus dem Kreis Frankfurt, wie z. B. Eintracht Frankfurt, FSV Frankfurt usw. Ich spielte zwei Jahre für den Verein SV Viktoria Preußen 07 Frankfurt in der C-Jugend.

Im zweiten Jahr meiner Vereinszugehörigkeit wurde mir, nach meiner Erinnerung, vom damaligen Jugendleiter Rolf Heller, der 1996 zum Präsidenten von Eintracht Frankfurt gewählt wurde, eine Einladung vom Deutschen Fußball-Bund für einen letzten Lehrgang bzw. letzte Sichtung in Frankfurt/ Main übergeben. Vermutlich war die Einladung der Lohn für meine guten Leistungen in dem Sichtungsturnier, das der DFB einmal im Jahr in meiner Altersklasse in der Sportschule Duisburg-Wedau veranstaltete, und den folgenden Lehrgängen in verschiedenen Sportschulen.

Aus allen DFB-Landesverbänden wurden die besten Spieler ausgewählt, die sich dann in weiteren Lehrgängen bewähren mussten und in einem abschließenden letzten Sichtungsspiel, das diesmal in Frankfurt/Main ausgetragen wurde, in die Schüler-Nationalmannschaft berufen wurden. Ich sollte mich zu dem letzten Sichtungslehrgang des DFB neben der DFB-Zentrale und dem Frankfurter Waldstadion an der Wintersporthalle zu einem bestimmten Termin einfinden. Ich war 14 Jahre alt und meine Zukunft sah erst einmal rosig aus. Spieler in meinem Alter, die mir bereits durch verschiedene DFB-Lehrgänge bekannt waren, reisten mit ihren Eltern aus ganz Deutschland an, um sich noch einen Platz in der Schüler-Nationalmannschaft, vergleichbar mit der heutigen U 15-Nationalmannschaft, zu sichern bzw. sich abschließend zu empfehlen.

Wir wurden in zwei Mannschaften aufgeteilt und sollten in dem letzten Sichtungsspiel, unter Beobachtung der DFB-Trainer Karl-Heinz Heddergott und anderer DFB-Trainer, unser fußballerisches Können bzw. Talent nochmals unter Beweis stellen. Einer der Spieler war ich, der es geschafft hatte und vom DFB eine Einladung für das Länderspiel Deutschland gegen Frankreich am 27. September 1970 in Berlin erhielt. Das bedeutete, ich bestritt mein erstes Jugend-Länderspiel für Deutschland mit 14 Jahren in zwei Monaten. Drei Monate vor meinem 15. Geburtstag.

Während meiner Trainer-A-Lizenz-Ausbildung des DFB für Lizenzspieler 1996/97 in Hennef traf ich erneut auf Karl-Heinz Heddergott. Die Ehre, die mündliche Abschlussprüfung bei Herrn Heddergott abzulegen, teilte ich mit dem ehemaligen Spieler Manfred Kaltz vom Hamburger SV. Karl-Heinz Heddergott war eine Legende im deutschen Fußball und saß im Prüfungsausschuss für die Trainer-A-Lizenz-Lehrgänge des DFB für Lizenzspieler.

Die Wochen vergingen wie im Flug und ich trainierte für das Länderspiel gegen Frankreich täglich oft alleine und sehr hart. Ronald Borchers zog mit seinen Eltern in die Frankfurter Nordweststadt und schloss sich dem SV Niederursel an. Er unterstützte mich so oft es ihm möglich war in meiner Vorbereitung für das Länderspiel. Der Tag der Anreise nach Berlin stand unmittelbar bevor. Ich sah Fußballschuhe, die ich unbedingt haben und mitnehmen wollte. Ich bat Ronald Borchers, mich in die Innenstadt von Frankfurt zu begleiten, um mir die wunderschönen Fußballschuhe von adidas, die ich unbedingt haben wollte, nochmals anzuschauen.

Die Fußballschuhe wurden mit dem Namen adidas Cosmos in den Handel eingeführt. Das Obermaterial des Schuhs wurde aus Känguru-Leder hergestellt. Ein wunderschöner und teurer Fußballschuh. Ich wusste, dass der Kaufhof in seiner Sportabteilung in der obersten Etage die Schuhe im Sortiment hatte. Schnell fanden wir unsere Schuhgrößen, aber hatten kein Geld, um die Schuhe zu kaufen. Nach kurzer Beratung schlug ich Ronald vor, die Schuhe unter seiner Jacke zu verstecken. Ronald packte ohne lange zu überlegen die zwei Paar Schuhe unter seine Jacke. Damals wurde die Ware noch nicht mit elektronischen Sicherungen versehen, die beim Verlassen des Geschäfts an der Kasse vorbei Alarm auslösten.

Ich ging voraus zur Rolltreppe, Ronald folgte mir im Abstand von ein paar Metern. Ich schaute beim Herunterfahren auf der Rolltreppe immer wieder zu ihm hoch und bemerkte, dass die Schnürsenkel unter der Jacke hervorbaumelten. Wir waren jetzt erst in der dritten Etage und hatten noch zwei Rolltreppen bis zum Erdgeschoss vor uns. Wir schafften es glücklicherweise bis zum Ausgang des Kaufhauses. Ich zitterte vor Aufregung und Angst und war erleichtert, dass wir nicht erwischt wurden. Mir wurde später bewusst, dass ich Ronald zum Diebstahl animiert bzw. verleitet hatte. Aus heutiger Sicht tut es mir sehr leid, und ich bedaure es sehr, Ronald zum Diebstahl verleitet zu haben.

Psychisch und physisch war ich mehr als fit. Mit großer Vorfreude erwartete ich den Tag der Abreise nach Berlin. Die Bahntickets waren vom DFB bereits bei mir eingetroffen. Meine Eltern versuchten Tage vorher, mich zu beruhigen. Ich war so aufgedreht, dass ich nicht bemerkte, dass sich mein Gesundheitszustand merklich veränderte. Drei Tage bevor es losging bekam ich Fieber und einen Hautausschlag. Ich hatte mich mit Masern angesteckt. Damit platzte der erste Traum meiner beginnenden Fußballkarriere. Ich war untröstlich, diese Chance verpasst zu haben, die vermutlich so schnell nicht wieder kommen würde.

Vereinswechsel zu Eintracht Frankfurt, Lehre bei einem Sponsor von Eintracht Frankfurt, Mobbing, Lügen, Vergraulen, Rausekeln und Rückkehr zu Viktoria Preußen 07 Frankfurt, Hessen-Auswahl, Süddeutsche Auswahl

Nachdem ich mich von dem negativen Erlebnis einigermaßen erholt hatte, meldete sich Eintracht Frankfurt bei mir und fragte an, ob ich mir vorstellen konnte, den Verein zu wechseln. Ich zögerte nicht lange und wechselte in der nächsten Saison zur Eintracht an den Riederwald. Mir wurde die Möglichkeit eingeräumt, eine Lehre bei einem Sponsor von Eintracht Frankfurt zu beginnen. Es war die Firma Oelflam-Eisenbach in Frankfurt-Rödelheim, die sich unmittelbar neben dem Rot-Weiss-Frankfurt-Stadion befand. Ich glaube an eine „schicksalhafte Vorsehung“, die meinen zukünftigen Lebensweg und bestimmte Ereignisse in meinem Leben auf eine vorherbestimmte Weise beeinflusst hat. Rot-Weiss Frankfurt spielte Jahrzehnte später in meiner beginnenden Trainertätigkeit noch eine wichtige Rolle. Dazu später mehr.

Die Firma „Oelflam-Eisenbach alles unter einem Dach“ – so lautete der Werbeslogan – hatte bei jedem Bundesliga-Heimspiel der Eintracht im Frankfurter Waldstadion den Spielball gesponsert. Bei meinem Vorstellungstermin wurde ich persönlich vom Juniorchef Karlheinz Eisenbach empfangen. In einem kurzen, von Karlheinz Eisenbach einseitig geführten Gespräch wurde deutlich, dass ich ab dem nächstmöglichen Termin eine dreijährige Lehre als technischer Kaufmann beginnen würde.

Als ich meine Ausbildung antrat, stellte sich heraus, dass ich zwei Tage in der Woche bereits ab Mittag dem Fußball und einen Tag der Berufsschule widmete und daher kaum in der Firma anwesend war. Meine Ausbildungskollegen beschwerten sich immer wieder darüber, dass ich praktisch nie vor Ort war. In einer anderen Firma hätte ich längst den Rauswurf riskiert. Doch zum Glück hielt Karlheinz Eisenbach immer schützend seine Hand über mich. Schließlich beendete ich meine Lehre als technischer Kaufmann mit einem zufriedenstellenden Abschluss.

Karlheinz Eisenbach habe ich im Jahr 2000 in meiner Fußballschule „Pro Soccer 2000“, die ich mit Norbert Nachtweih, einem ehemaligen Spieler von Eintracht Frankfurt, dem FC Bayern München, OGC Nizza und dem SV Waldhof Mannheim, gegründet hatte und die ihren Standort im Frankfurter Waldstadion hatte, wiedergetroffen. Bis heute hatte ich, auch wenn Jahre dazwischen lagen, immer mal wieder Kontakt zu ihm.

Die Ausstattung wie Trainingsanzug, Fußballschuhe usw. wurde von Eintracht Frankfurt bereitgestellt und musste nicht mehr geklaut werden. Meine erste Saison in der B 1-Jugend von Eintracht Frankfurt absolvierte ich unter der Führung des Trainers Hans-Walter Eigenbrodt, einem ehemaligen Spieler der legendären Meistermannschaft von 1959 und Europapokalfinalist in Glasgow gegen Real Madrid, welches mit 3:7 verloren wurde. Meine fußballerischen Fähigkeiten sollen angeblich außergewöhnlich und einzigartig gewesen sein, so zumindest die Meinung einiger hochrangiger Eintracht-Funktionäre. Diese Sichtweise ist mir nicht entgangen und hat dazu beigetragen, dass mir die Lobeshymnen nach und nach zu Kopf stiegen. Meine Überheblichkeit war für andere nur noch schwer zu ertragen. Ich hatte die Bodenhaftung verloren und glaubte, der Größte zu sein.

Im ersten und zweiten Jahr im Trikot von Eintracht Frankfurt gewann ich mit der B-1 Jugend alles, was es zu gewinnen gab. Selbstverständlich verdrängten wir Kickers Offenbach, unsere größten Rivalen, in der Bezirksmeisterschaft 1971/72 mit deutlichem Vorsprung auf den zweiten Platz. Leider gab es damals noch keine Qualifikationsrunden für die deutsche B-Jugendmeisterschaft.

Im zweiten B-Jugend-Jahr mit 16 Jahren galt ich nach Meinung anderer als hochtalentierter Fußballspieler. Man bescheinigte mir Fähigkeiten, die bei Eintracht Frankfurt bisher nicht gesehen wurden, und prophezeite mir Ambitionen, in naher Zukunft Bundesligaspieler zu werden. Trotz dieser vielversprechenden Zukunft entwickelte ich jedoch zunehmend ein überhebliches und respektloses Verhalten gegenüber meinen Mitspielern, Funktionären und sogar dem Trainerteam.

Niemand wagte es, mich in die Schranken zu weisen oder mir klarzumachen, dass es so nicht weitergehen konnte. Mein Verhalten schien unbeachtet zu bleiben, und ich genoss eine gewisse Narrenfreiheit. In meiner Überheblichkeit vernachlässigte ich die Grundlagen des Teamgeists und verlor den Blick für die Realität.

Mit der Zeit häuften sich die Spannungen im Umfeld, und meine Beziehung zu meinen Teamkollegen wurde zunehmend angespannt. Statt gemeinsam an einem Strang zu ziehen, stand ich im Mittelpunkt von Konflikten. Diese Entwicklungen trübten nicht nur das Mannschaftsklima, sondern gefährdeten auch meine eigene vielversprechende Karriere.

Rückblickend erkenne ich, dass mir damals die nötige Selbstdisziplin fehlte und ich die Chancen, die mir geboten wurden, nicht zu schätzen wusste. Diese Phase markierte einen Wendepunkt in meiner Fußballkarriere, die mich zwang, mich intensiv mit meinem eigenen Verhalten auseinanderzusetzen.

Der Geschäftsführer von Eintracht Frankfurt, Jürgen Gerhardt, versuchte wiederholt, in Einzelgesprächen beruhigend auf mich einzuwirken. Es war nur eine Frage der Zeit, bis mein Hochmut gestoppt werden würde. Im Nachhinein bedauere ich zutiefst mein respektloses Verhalten. Leider kann ich die Vergangenheit nicht ungeschehen machen.

Am Ende der Saison 1971/72 nahmen wir an einem internationalen Jugendturnier in Frankreich in Croix bei Lille mit der B 1-Jugend teil. Unsere Gegner waren Hajduk Split, Fluminense Rio de Janeiro, Cardiff City, Manchester United, um nur einige Mannschaften zu nennen. Einige Spieler unserer Gegner waren bereits in ihrem Heimatland in der Ersten Mannschaft ihres Vereins eingesetzt worden, wie ich später erfuhr.

Es handelte sich um sogenannte Jungprofis, die größtenteils zwei Jahre älter waren als wir. Um eine Chancengleichheit und einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten, wäre es vernünftiger gewesen, die A 1-Jugend für dieses Turnier anzumelden. In meiner Erinnerung habe ich alles versucht, um die drohenden Niederlagen abzuwenden. Doch wir gingen sangund klanglos unter. Allerdings war es damals, wie auch aus heutiger Sicht, ungerecht und in keiner Weise akzeptabel, mir die alleinige Schuld für das schlechte Abschneiden in Frankreich in die Schuhe zu schieben, wie hinter vorgehaltener Hand zu hören war. Schließlich besteht eine Mannschaft nicht nur aus einem Spieler.

Mein damaliger Eindruck war, dass nur darauf gewartet wurde, dass ich meine Fähigkeiten und Klasse auf internationaler Ebene in diesem Turnier nicht unter Beweis stellen konnte. Dass es dann leider auch noch so gekommen ist, dass meine Leistung in diesem Turnier für den Abteilungsleiter von Eintracht Frankfurt, Heinz Hohmann, angeblich nicht ausreichte, war vermutlich für ihn ausschlaggebend. Er gab dem neu ins Amt gekommenen A1-Jugendtrainer Alexander Rothuber die Anweisung, mich in der kommenden Saison wenn möglich auszusortieren, und das wegen einer einzigen nicht so guten Leistung in den zwei zurückliegenden Jahren mit der B-Jugend in dem Turnier in Frankreich.

Auf die mir zugetragene Äußerung von Herrn Hohmann reagierte ich nicht. Ich beschloss, positiv nach vorne zu blicken und abzuwarten. Ich war überzeugt, dass man aufgrund meiner fußballerischen Klasse nicht auf mich verzichten konnte. Zu Beginn der neuen Saison stellte der Trainer Alexander Rothuber mich trotz meiner Meinung nach guten Vorbereitungsspielen und guten Trainingsleistungen nicht auf. Durch diese für mich ungerechte Benachteiligung ließ ich mich aus Frust hinreißen und verpasste einem Spieler der A 2-Jugend, mit dem ich eine verbale Auseinandersetzung hatte, eine Ohrfeige. Das war für den Trainer Alexander Rothuber der perfekte Vorwand, um mich vom Training zu suspendieren. Um ehrlich zu sein, hätte ich als verantwortlicher Trainer genauso gehandelt. Der Abteilungsleiter und der Trainer hatten allerdings nicht mit dem Geschäftsführer Jürgen Gerhardt gerechnet. Jürgen Gerhardt wollte mir die Chance geben, durch eine Entschuldigung die Angelegenheit als erledigt zu betrachten. Mein Vater wurde von Jürgen Gerhardt gebeten, an dem Gespräch teilzunehmen, das für mein zukünftiges Leben wegweisend sein würde. Eine Entschuldigung wäre ausreichend gewesen, um die Sache aus der Welt zu schaffen. Diese Entscheidung, mich nicht zu entschuldigen, hat meinen weiteren Aufstieg im Profifußball vorerst in weite Ferne gerückt und war der größte Fehler meines Lebens. Ansonsten wäre mein Aufstieg nicht zu verhindern gewesen. Ich weiß heute, dass im Fußball vieles, oder manchmal sogar alles, anders kommen kann. Trainer, Jugendleiter und Abteilungsleiter kommen und gehen, Spieler bleiben meistens.

Keinen Vorwurf mache ich meinem Vater. Aus Unwissenheit konnte er nicht erahnen, dass ich einen folgenschweren Fehler begehen würde. Es kommt vor, dass man falsche Entscheidungen trifft, doch dieses Mal habe ich mir die Tür zum Sprung in den Lizenzspielerkader von Eintracht Frankfurt Anfang der 1970er-Jahre selbst zugeschlagen. Diese Chance, in naher Zukunft Bundesligaspieler zu werden und vielleicht noch mehr zu erreichen, habe ich verpasst. Mit ein wenig Führung durch einen Spielerberater, den es damals noch nicht gab, wäre wahrscheinlich bei Eintracht Frankfurt Großes aus mir geworden.

Auf eigenen Wunsch und mit erhobenem Haupt, doch auch mit Tränen in den Augen, verließ ich Eintracht Frankfurt. Mir blieb die große Chance verwehrt, ein Bundesligaspieler bei Eintracht Frankfurt zu werden. Außerdem ist mein Traum, 1974 mit 19 Jahren im Trikot der deutschen Nationalmannschaft in Deutschland Weltmeister zu werden, nicht in Erfüllung gegangen.

Nach fast 30 Jahren begegnete ich in der Saison 2000/01 auf dem Sportplatz in Frankfurt-Höchst/Unterliederbach meinem ehemaligen Trainer Alexander Rothuber wieder und nutzte die Gelegenheit, ihm zu folgen, als er die Toilette aufsuchte. Dort konfrontierte ich ihn unter vier Augen mit meinen Vorwürfen, warum er mich damals schikaniert und aussortiert hat und damit meine bis dahin glänzende Jugend-Spielerkarriere vor dem Sprung in den Bundesligakader ausgebremst hatte.

Ohne dass er mich erkannte, wusste er nach 30 Jahren sofort, worum es jetzt gleich gehen würde. Als ob er über die Jahre nur darauf gewartet hätte, sein Gewissen zu erleichtern, räumte er sofort ein und gestand, dass er von dem damaligen Abteilungsleiter Heinz Hohmann unter Druck gesetzt wurde, mich zu schikanieren und bei ungebührlichem Verhalten sofort rauszuschmeißen. Das Problem „Armin Klara“ wäre dann vom Tisch, so seine Aussage. Er drehte sich zu mir um und sagte: „Ja, ich bin ein Arschloch. Ich habe mich dazu verleiten lassen, Dich rauszuekeln und Dir Deine sportliche Zukunft bei der Eintracht zu verbauen. In all den Jahren habe ich mich dafür geschämt.“ Wenn es eine Genugtuung für mich wäre, ihn als Arschloch zu bezeichnen, dann könne er das verstehen. Meine Antwort: „Du Arschloch!“ und bin gegangen. Alexander Rothuber hat meine damalige Vermutung, dass ich rausgeekelt werden sollte, untermauert und bestätigt. Alexander Rothuber habe ich nie mehr wieder gesehen. Durch Recherchen für meine Autobiografie konnte ich durch das Internet in Erfahrung bringen, dass er 2010 verstorben ist. Die Aussage von Alexander Rothuber war glaubhaft, dass der damalige Abteilungsleiter Druck ausgeübt hat. Es bestätigt meine Vermutung, dass vermutlich der damalige Betreuer der A-Jugend, Günther Vollhardt, ebenfalls in das miese Mobbing mit eingeweiht wurde. Er behauptete nämlich und bestand darauf, mich mit einer Zigarette im Mund rauchend gesehen zu haben.

Damals war es unverzeihlich und von den verantwortlichen Funktionären, Trainern usw. von Eintracht Frankfurt schwerwiegend und nicht zu akzeptieren. Er hatte dem Abteilungsleiter und dem Trainer Alexander Rothuber ein unwahres Argument geliefert, um mich weiterhin nicht in der ersten Elf der A1-Jugend aufzustellen, oder auch, wie es eigentlich gewünscht war, mich am liebsten rauszuschmeißen.

Seine Behauptung, mich mit einer Zigarette im Mund rauchend gesehen zu haben, war unwahr. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht geraucht. Günther Vollhardt war sich der Tragweite seiner Lüge, die er durch seine unwahre Behauptung getroffen hatte, vermutlich nicht bewusst. Er hat dazu beigetragen, dass er meine weitere Fußballkarriere ausgebremst bzw. zum Stillstand gebracht hat. Ob er ebenfalls von dem damaligen Abteilungsleiter in das miese Mobbing mit einbezogen wurde, um mich loszuwerden, kann ich nicht sagen, nur vermuten.

Gemeinsam hatten Trainer und Betreuer nicht nur mir, sondern auch Eintracht Frankfurt im Endeffekt keinen Gefallen getan und allen Beteiligten großen Schaden zugefügt. Hochtalentierte einzigartige Spieler mit dieser Qualität sollten gefördert und auf die nächsten Aufgaben vorbereitet werden. Das höchste Ziel eines jeden Bundesligavereins lag meiner Meinung nach darin, Jugendspieler an den Profikader heranzuführen. Meinen Recherchen zufolge konnte ich nicht in Erfahrung bringen, ob der damalige Betreuer Günther Vollhardt noch lebt, um ihn ebenfalls mit meinen Vorwürfen zu konfrontieren. Ob sich tatsächlich alles genau so zugetragen hat, kann nur noch vom vermutlich einzigen lebenden damaligen Co-Trainer Bernd Witzenrath aufgeklärt bzw. bestätigt werden. Sollte er allerdings in das miese Mobbing mit eingeweiht bzw. informiert gewesen sein, wird er vermutlich einen Teufel tun, sich zu dem Fall wahrheitsgemäß zu äußern. Alexander Rothuber hat sein Gewissen bereits zu Lebzeiten erleichtert. Jetzt wäre die Zeit gekommen, dass Bernd Witzenrath den Fall „Armin Klara“ vollumfänglich aufklärt und zum Abschluss bringt. Mit dieser Ungerechtigkeit, die mir widerfahren ist, musste ich Jahrzehnte leben.

Das Ziel, Profifußballspieler zu werden, blieb mir vorerst verwehrt. Ein Funktionär schien einen persönlichen Rachefeldzug gegen mich zu führen, als ich gerade 16 Jahre alt war und mich inmitten der turbulenten Pubertätsphase befand. Dieser Mann verfolgte seine eigenen Interessen, und die Vereinsführung von Eintracht Frankfurt versäumte es, ihn zu stoppen.

In dem entscheidenden Moment, als meine Hoffnungen und Träume einer vielversprechenden Fußballkarriere zu