Atlan 224: System des Todes - Marianne Sydow - E-Book

Atlan 224: System des Todes E-Book

Marianne Sydow

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Beschreibung

Das Große Imperium der Arkoniden kämpft um seine nackte Existenz, denn es muss sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feinde sind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Imperiums durch überraschende Schläge schwere Verluste zufügen. Die inneren Feinde Arkons sind Habgier und Korruption der Herrschenden, die - allen voran Imperator Orbanaschol III. - nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind und das Gemeinwohl völlig außer acht lassen. Gegen diese inneren Feinde des Imperiums ist der junge Atlan, der rechtmäßige Thronerbe und Kristallprinz von Arkon, der eine stetig wachsende Schar von verschworenen Helfern um sich sammeln konnte, bereits mehrmals erfolgreich vorgegangen. Selbst empfindliche Rückschläge oder unvorhersehbare Hindernisse entmutigen ihn nicht und hindern ihn und seine Helfer nicht daran, den Kampf gegen Orbanaschol, den Diktator und Usurpator, mit aller Energie fortzusetzen. In diesem Kampf hat Atlan mit dem wiederbelebten Körper Gonozals, seines Vaters, gegenwärtig eine neue Waffe gegen Orbanaschol, die bereits zweimal erfolgreich zum Einsatz gelangte. Aber auch der Imperator bleibt nicht untätig! Durch das Erscheinen seines für tot gehaltenen Amtsvorgängers zutiefst beunruhigt, entschließt er sich zu einem folgenschweren Schritt: Er will Klinsanthor wecken lassen, den sagenumwobenen Magnortöter, und er schickt Expeditionen aus ins SYSTEM DES TODES ...

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Nr. 224

– ATLAN exklusiv Band 85 –

System des Todes

Sie handeln im Auftrag Orbanaschols – ihr Ziel ist Skärgoth, die Unwelt

von Marianne Sydow

Das Große Imperium der Arkoniden kämpft um seine nackte Existenz, denn es muss sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feinde sind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Imperiums durch überraschende Schläge schwere Verluste zufügen. Die inneren Feinde Arkons sind Habgier und Korruption der Herrschenden, die – allen voran Imperator Orbanaschol III. – nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind und das Gemeinwohl völlig außer acht lassen.

Gegen diese inneren Feinde des Imperiums ist der junge Atlan, der rechtmäßige Thronerbe und Kristallprinz von Arkon, der eine stetig wachsende Schar von verschworenen Helfern um sich sammeln konnte, bereits mehrmals erfolgreich vorgegangen. Selbst empfindliche Rückschläge oder unvorhersehbare Hindernisse entmutigen ihn nicht und hindern ihn und seine Helfer nicht daran, den Kampf gegen Orbanaschol, den Diktator und Usurpator, mit aller Energie fortzusetzen.

In diesem Kampf hat Atlan mit dem wiederbelebten Körper Gonozals, seines Vaters, gegenwärtig eine neue Waffe gegen Orbanaschol, die bereits zweimal erfolgreich zum Einsatz gelangte.

Die Hauptpersonen des Romans

Orbanaschol III. – Der Usurpator will den Magnortöter wecken lassen.

Konph El Trajn – Ein Archivar.

Lenth Toschmol – Ein besessener Forscher und Wissenschaftler.

Zenkoorten – Kommandant der PROTALKH.

Varka, Swann und Vrenaja Zortain

In den Grüften und Meeren der Unwelt, in älteren Fassungen auch Skärgoth genannt – Arkonidische Legende, träumt Klinsanthor, der Magnortöter. Weckt ihn und ruft ihn, aber achtet darauf, dass sein schrecklicher Schatten nicht auf euch fällt.

1.

Orbanaschol III. starrte auf die große Bildwand und bemühte sich, die von Andeutungen und geheimnisvollen Umschreibungen gespickten Projektionen zu durchschauen. Es gelang ihm nicht, und er wandte sich ärgerlich ab.

»Gibt es denn nicht wenigstens einen Bericht über Klinsanthor, der aus jüngerer Zeit stammt und verständlich ist?«, keifte er mit seiner Fistelstimme, die zu dem massigen, aufgeschwemmten Körper des Imperators einen geradezu lächerlichen Kontrast bildete.

Konph El Trajn hütete sich, seine wahren Gefühle zu zeigen. Es war lange her, seit sich zum letzten Mal eine ähnlich hochgestellte Persönlichkeit in diesen Teil des Archivs verirrt hatte.

»Verzeiht, Erhabener«, sagte er. »Klinsanthor ist eine Gestalt aus der Mythologie unseres Volkes. Vielleicht gibt es ihn gar nicht. Die Überlieferungen sind alt, und im Laufe der Zeit wurden sie immer ungenauer.«

»Das merke ich auch!«, zischte der Imperator wütend. Er bemühte sich um eine imponierende Körperhaltung, denn dieser uralte Mann, der die Mythologien des arkonidischen Volkes ständig um sich hatte, flößte ihm beinahe so etwas wie Angst ein.

»Darf ich jetzt einen anderen Text einblenden?«, fragte Konph.

Orbanaschol III. zuckte ein wenig zusammen, als ihm die Unverschämtheit des alten Mannes bewusst wurde. Niemand sonst wagte es, den Herrscher über das Große Imperium so respektlos anzusprechen. Aber Konph El Trajn besaß zum Leidwesen des Imperators eine gewisse Bedeutung – wenigstens vorläufig noch. Wenn alles vorbei war, würde er dafür sorgen, dass El Trajn die nötige Achtung vor seinem Imperator lernte!

»Also gut«, fistelte er. »Schauen wir uns das nächste Ammenmärchen einmal an.«

Der Alte hantierte geschickt an einem Schaltpult herum.

»Das ist der einzige Bericht über das letzte Eingreifen Klinsanthors«, ließ er sich vernehmen und deutete auf die Bildwand.

Der positronische Bibliothekar hatte das Original projiziert. Die altmodischen, verschlungenen Buchstaben ließen sich kaum mehr entziffern. Obwohl Orbanaschol nur einen Teil des Textes lesen konnte, erfasste eine irrationale Angst den Imperator. Er hatte das unangenehme Gefühl, als strahle allein dieses Schriftstück eine unfassbare Drohung aus.

Ohne auf einen direkten Befehl zu warten, begann Konph El Trajn, den alten Text zu übersetzen.

»Und das Volk von Arkon erhob sich gegen die, die es in seiner Freiheit unterdrückten. So wie das wilde Xarph sich nach der Entwöhnung selbst gegen die Mutter stellt und kämpft, bäumte Arkon sich gegen Bevormundung und Unfreiheit auf. Aber der Krieg dauerte lange, und die Opfer waren schwer. Das junge Arkon bemühte sich, die Fesseln seiner Kindheit abzustreifen, aber die Ketten wurden immer schwerer. Als die Kraft der Arkoniden fast erloschen war, bäumte das Volk sich ein letztes Mal auf und schrie nach Hilfe. Der Ruf fand Gehör. Ein gewaltiger Sturm erhob sich zwischen den Welten und zerbrach die Bande. Klinsanthor in seiner unfassbaren, unschaubaren Gestalt warf seinen Schatten über die, die im Unrecht waren, und sie wichen angstvoll zurück. Die Vernichtung folgte ihnen und trieb sie vor sich her, und Klinsanthors Schlachtruf klang schauerlich zwischen den Sonnen. Als die Feinde, geschlagen und von Furcht erfüllt, in ein Versteck zurückwichen, aus dem es für sie kein Entkommen mehr geben würde, jubelte das Volk von Arkon laut. Von Freude und Dankbarkeit erfüllt, eilte es dem Magnortöter entgegen. Aber Klinsanthor wandte sein Gesicht von ihnen und eilte zurück in die Skärgoth, und ein Teil seines Schattens überzog die, die ihm danken wollten. Wen der Schatten berührt hatte, der welkte dahin wie eine Blume. Unzählige starben, und das Volk der Arkoniden erstarrte in Furcht und Trauer, bis der mächtige Klinsanthor in die Ruhe der Grüfte zurückgekehrt war. Dann erst verlor auch der Schatten seine Macht.«

Der Bericht, den der Alte in leierndem Singsang vorgetragen hatte, versetzte Orbanaschol in eine seltsam befangene Stimmung.

»Wann geschah das ungefähr?«, fragte er.

»Zur Zeit der Unabhängigkeitskriege. Die Arkoniden waren fast geschlagen, als eine rätselhafte Macht eingriff und die Schlacht beendete. Allerdings waren die Opfer auf der Seite unseres Volkes vermutlich genauso hoch wie bei den Gegnern.«

»Es gibt Geschichtsforscher, die daran zweifeln, dass eben diese Auseinandersetzungen jemals stattgefunden haben«, wandte Orbanaschol unwillig ein.

»Vielleicht haben sie sogar recht«, murmelte Konph El Trajn. »Es ist alles so lange her. Aber es ist nicht meine Aufgabe, dem nachzuforschen. Ich hüte diese Überlieferungen. Ein Urteil über den Wahrheitsgehalt der Mythologien steht mir nicht zu.«

»Du zweifelst daran, dass Klinsanthor existiert?«, fragte Orbanaschol drohend.

»Ich weiß es nicht, Erhabener. Niemand hat ihn je gesehen. Wenn wirklich er es war, der den Arkoniden zur Freiheit verhalf, dann müsste er inzwischen längst gestorben sein. Es sei denn, es handelt sich bei dem Magnortöter um ein Wesen, auf das die Naturgesetze nicht zutreffen.«

»Es heißt, dass nur der Imperator selbst Klinsanthor rufen kann. Wer weckte ihn damals?«

»Der Name wurde nicht überliefert.«

Orbanaschol starrte den Alten an.

»Niemand hätte es gewagt, den Namen eines solchen Helden zu verschweigen«, stieß er endlich hervor. »Du lügst, Alter! Nenne mir den Namen dessen, der Klinsanthor rief!«

»Ich bin ein sehr alter Mann, Erhabener«, seufzte Konph. »Ihr braucht mir nicht zu drohen. Mein Wissen steht jedem zur Verfügung, aber diesen Namen kenne ich nicht. Ich weiß, was das bedeutet. Man hat den Erwecker Klinsanthors absichtlich vergessen und ihm damit das Schlimmste angetan, was einem Arkoniden zustoßen kann.«

»Aber warum?«

»Viele aus unserem Volk mussten sterben, und die Schuld daran gab man offensichtlich dem, der den Unheimlichen rief. Auch ohne sein Eingreifen wäre die Entscheidung irgendwann gefallen. Die Opfer waren unnötig. Nur in der allerletzten Not, wenn alle anderen Mittel versagen und die Existenz des Imperiums einer übermächtigen Drohung ausgesetzt ist, sollte man Kräfte wie diese rufen. Sonst beschwört man Gefahren herauf, die sich mit Hilfe von Impulskanonen ganz gewiss nicht beseitigen lassen.«

In den Augen des Imperators erschien ein gefährliches Glitzern. Er trat drohend auf den dürren, alten Arkoniden zu.

»Ich brauche deinen Rat nicht!«, fauchte er Konph an. »Klinsanthor wird kommen. Nur er kann mir helfen.«

Fast hätte er dem Alten gesagt, worum es sich handelte, aber dann ließ sein Misstrauen ihn doch schweigen. Natürlich ließ es sich auf die Dauer nicht geheim halten, dass Gonozal wieder aufgetaucht war. Er und dieser Atlan bildeten eine so große Gefahr für Orbanaschol, dass er selbst die Geister der Toten um Hilfe gebeten hätte, wäre es ihm möglich gewesen. Orbanaschol III. war entschlossen, die Gefahr, die von dem jungen Kristallprinzen ausging, für alle Zeiten zu bannen. Er war bereit, die optimale Waffe der Imperatoren einzusetzen.

»Ammenmärchen!«, zischte er wütend und deutete auf die Bildwand. »Geschwätz, mit dem die Wahrheit vernebelt wurde. Klinsanthor ist ein Werkzeug, die absolute Macht zu erringen. Er wird sich nicht gegen den stellen, der ihn ruft. Er sollte dankbar sein, wenn er überhaupt geweckt wird!«

Konph zuckte die Schultern.

»Meine Zeit ist bald abgelaufen«, sagte er gelassen. »Ob ich durch den Schatten des Magnortöters sterbe oder nicht, das kann mir ziemlich gleichgültig sein. Aber es geht um Arkon, Imperator!«

»Genug!«, schrie Orbanaschol mit überschnappender Stimme. »Behalte deine Weisheiten für dich. Im Übrigen ist die Entscheidung längst gefallen. Ich habe Kommandos ausgesandt, die die Unwelt aufspüren und Klinsanthor benachrichtigen werden. Die Unterlagen sind zwar ungenau, aber es sollte doch wohl möglich sein, den richtigen Planeten zu finden. Mit Hilfe des Magnortöters werde ich in diesem Imperium aufräumen, wie man es noch nie zuvor gesehen hat, und ich versichere dir, dass man meinen Namen nicht vergessen wird!«

Um das zu erreichen, dachte Konph El Trajn, hättest du aufgeblasener Kerl nicht erst die Mythologien zu bemühen brauchen. Du wirst ewig im Bewusstsein der Arkoniden bleiben – in Form von Flüchen und Verwünschungen. Aber er hütete sich selbstverständlich, diese Gedanken laut zu formulieren.

Eine Bemerkung konnte er sich allerdings doch nicht verkneifen.

»Wenn es so ist, dann kann ich nur hoffen, dass wirklich alles nur ein Märchen ist«, sagte er.

Orbanaschol III. schnappte nach Luft. Aus hervorquellenden Augen stierte er den zerbrechlichen Alten an. Dann drehte er sich jedoch nach wenigen Sekunden um und verließ ohne ein weiteres Wort das Archiv.

Konph El Trajn sah ihm nach und lächelte spöttisch. Er wusste, dass Orbanaschol manche seiner Untertanen schon wegen weitaus harmloserer Bemerkungen hatte hinrichten lassen. Hätte es Zeugen bei diesem Gespräch gegeben, so wäre Konph jetzt bereits so gut wie tot. Aber der alte Mann kannte seinen Wert genau. Er hatte keine Angst.

Nachdenklich ließ er die Angaben über die Skärgoth

2.

Die PROTALKH hing wie ein riesiger, silberner Ball zwischen den Sternen. Der größte Teil der Besatzung ruhte sich aus. Sie alle waren erprobte Raumfahrer, und sie wussten, dass die Zeit der Ruhe ein Geschenk war, das man nur zu schnell wieder verlor. Sie hatten es aufgegeben, die Transitionen zu zählen. Die Offiziere warfen ab und zu besorgte Blicke auf die Kursschreiber, aber sie brauchten den Männern und Frauen der PROTALKH nicht zu sagen, dass man sich durch ein Gebiet bewegte, über das kaum Berichte vorlagen.

Natürlich kursierten alle möglichen Gerüchte über das Ziel dieser Reise. Es ging um irgendeinen Planeten, auf dem Zenkoorten und Lenth Toschmol etwas finden sollten. Etwas, das sehr wertvoll, aber auch sehr gefährlich war.

Zenkoorten war der Kommandant der PROTALKH, ein eisenharter Mann, der bedingungslose Disziplin forderte. Es gab niemanden an Bord, der ihn als seinen Freund hätte bezeichnen können, aber er wurde allgemein geachtet und war in gewisser Weise sogar beliebt. Seine Gerechtigkeit war sprichwörtlich.

Lenth Toschmol war fremd im Schiff und wurde schon deswegen mit Misstrauen angesehen. Er war Wissenschaftler und beschäftigte sich mit Mythologien, und das ließ ihn als etwas unheimlich erscheinen. Fast alle Raumfahrer sind anfällig für Aberglauben. Die Besatzung der PROTALKH bildete da keine Ausnahme. Fast jeder war im Grund genommen davon überzeugt, dass ein Mann wie Toschmol dem Schiff nichts Gutes einbringen konnte. Toschmol selbst schien alles zu tun, um dieses Misstrauen zu stärken. Dass er abgrundhässlich war, hätte man ihm noch verziehen. Aber sein Benehmen, vor allem seine Arroganz, führte dazu, dass er auch den letzten Rest von Sympathie bei der Besatzung verlor.

Zenkoorten kannte die Abneigung, die seine Untergebenen diesem Mann entgegenbrachten. Offiziell benahm er sich Toschmol gegenüber neutral – privat dagegen stimmte er seinen Leuten voll und ganz zu.

»Wir müssen endlich zu einer Entscheidung gelangen«, seufzte er und legte in einer Geste, die Müdigkeit und unterdrückten Ärger ausdrückte, die Hände flach auf den Tisch.

»Nichts leichter als das«, konterte Lenth Toschmol. Er sprach langsam, und Zenkoorten hatte sich daran noch immer nicht gewöhnt. Auch nicht an die Angewohnheit Toschmols, während des Sprechens mit seinen hageren Händen kreisende Bewegungen vor der Brust zu vollführen. Alles an diesem Mann machte Zenkoorten nervös. Selbst wenn man Toschmol gesagt hätte, dass seine Kabine ausbrannte, hätte dieser Kerl sein Sprechtempo vermutlich nicht erhöht.

»Wir setzen den Kurs auf diese dunkle Sonne«, erklärte Toschmol schleppend. Er streckte die Hand aus und deutete auf einen Punkt auf der Sternkarte. Zenkoorten zuckte unwillkürlich zurück, als er die Schmutzränder unter den Fingernägel erblickte.

»Die Sonne existiert nicht«, sagte er schärfer als beabsichtigt. »Ich habe es Ihnen schon mindestens zehnmal gesagt. Die Karte taugt nichts.«

»Das bezweifle ich«, versetzte Toschmol spöttisch. »Wenn Ihre Leute die Sonne nicht finden, dann liegt das wohl eher daran, dass sie gar nicht richtig nach ihr suchen. Die Karte beweist, dass wir in der richtigen Gegend sind. Diesen gelb-roten Doppelstern haben Sie doch ausgemacht!«

»Es gibt unzählige von seiner Sorte in der Galaxis!«

»Aber bestimmt nicht viele, die von sechs roten Zwergsonnen in so geometrischer Anordnung umgeben sind.«

»Es sind nur fünf«, korrigierte Zenkoorten ärgerlich. »Die sechste existiert nur in Ihrer Phantasie.«

»Wir müssen nur etwas näher heran«, widersprach Toschmol, kratzte sich ungeniert den Kopf und gähnte ausgiebig. Zenkoorten beobachtete ihn in einer Mischung von Widerwillen und Faszination. Im hellen Licht der Kabinenlampe wirkte Toschmols langes, strähniges Haar noch unordentlicher als sonst. Hinzu kam die Farbe – rot! Was für eine Sorte Arkonide mochte der Wissenschaftler wohl sein? Und dann diese Nase! Sie ragte wie ein gebogener Haken aus dem langen Gesicht heraus und reichte bis über die Lippen.

»Wenn wir den Doppelstern erreichen, sind wir in einer wesentlich besseren Position«, fuhr Toschmol gelassen fort. »Ich bin mir meiner Sache absolut sicher. Wir befinden uns in direkter Nähe der Unwelt. Der Schlüssel ist die rote Sonne. Wir müssen sie finden, und wir werden sie auch entdecken. Schließlich kann sie sich nicht aufgelöst haben!«

Zenkoorten seufzte. Er war diese Streitereien leid. Toschmol war völlig der fixen Idee verfallen, er und kein anderer könne den Weg zu diesem geheimnisumwitterten Ort entdecken, an dem Klinsanthor angeblich zu finden war. Der Kommandant kannte sich im Umgang mit Wissenschaftlern aus und kam normalerweise gut mit ihnen zurecht. Aber bei Toschmol war es anders. Das lag zum großen Teil daran, dass dieser Mann weitreichende Vollmachten besaß. Zenkoorten war zwar der Kommandant, aber den Kurs der PROTALKH bestimmte Toschmol.

»Bestehen berechtigte Bedenken in Bezug auf die Sicherheit des Schiffes?«, bohrte Toschmol unbarmherzig nach. »Haben Sie Beweise dafür, dass die Mission der PROTALKH gefährdet ist, wenn wir diesen Stern ansteuern?«

»Nein«, gab Zenkoorten widerwillig zu. »Aber wir verlieren Zeit. Fünfzig Lichtjahre entfernt gibt es eine ähnliche Konstellation. Vielleicht finden wir dort eine Spur.«

»Der Zeitverlust sollte Ihnen gleichgültig sein, Kommandant«, sagte Toschmol eisig. »Meine Berechnungen sagen mir, dass die Skärgoth hier zu finden ist – nicht fünfzig Lichtjahre weiter. Sollten Sie dennoch darauf bestehen, das andere System zuerst zu untersuchen, so müssen Sie die volle Verantwortung dafür übernehmen.«

»Sie sind ein verdammt hartnäckiger Mann«, knurrte Zenkoorten. »Aber gut. Sie sollen Ihren Willen haben. Hoffentlich kommen Sie dabei nicht in Konflikte mit Ihrem Verantwortungsbewusstsein!«

Toschmol lächelte spöttisch, während er dem Kommandanten folgte. Sie überquerten den Ringkorridor und betraten die Kommandozentrale. Die wenigen Leute, die dort zur Routineüberwachung während der Ruhezeit gebraucht wurden, sahen den beiden ungleichen Männern neugierig entgegen. Zenkoorten war groß und hielt sich sehr gerade. Seine Uniform saß perfekt. Das etwas kantige, ausdrucksvolle Gesicht war von halblangem, silberhellem Haar umrahmt, und die rötlichen Augen streiften mit einem kühlen, aufmerksamen Blick die Anwesenden. Toschmol, etwas über mittelgroß, mager und leicht gebeugt, wirkte neben dem Kommandanten wie eine Vogelscheuche.

»Pilot!«

»Alle Systeme in Ordnung!«, meldete Varka, ein noch junger Mann.

»Ordnen Sie Startbereitschaft an!«, befahl Zenkoorten. »Ich erwarte alle diensthabenden Offiziere zu einer Einsatzbesprechung im Kartenraum. Ausführung sofort!«

Varka wandte sich kommentarlos seinen Instrumenten zu. Zenkoorten sah ihn auf Knöpfe drücken und dachte mit leichtem Mitleid an die über dreihundert Leute der Freiwache, die jetzt aus dem Schlaf gerissen wurden. Toschmol folgte ihm wie ein Schatten.

»Ist eine Besprechung notwendig?«, fragte er herausfordernd, als sie durch die durchsichtigen Wände des Kartenraums vor den neugierigen Ohren der Besatzung geschützt waren.

»Jetzt passen Sie mal auf, Toschmol«, erwiderte Zenkoorten gereizt. »Zweifellos stellen Sie eine Kapazität auf Ihrem Gebiet dar, sonst hätten Sie nicht den Auftrag erhalten, an der Suche nach der Unwelt teilzunehmen. Aber von der Raumfahrt haben Sie so wenig Ahnung, wie ich von den arkonidischen Mythologien. Hören Sie auf, mir in meine Arbeit hineinzureden, und konzentrieren Sie sich auf die Ihrige. Wir befinden uns in einem praktisch unerforschten Raumsektor. Wenn wir die