Augenstern - Band 4: Vollendung - Susanne Roßbach - E-Book

Augenstern - Band 4: Vollendung E-Book

Susanne Roßbach

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Beschreibung

Band 4 "Vollendung": Jessis Albtraum wird Realität: Ihr größter Feind schlüpft in die Gestalt ihres Geliebten. Ausgerechnet jetzt verliert David seinen Kampfgeist, und Nassi verliebt sich in den Falschen. Entgegen ihrer Natur muss Jessi sich eine ruhige Hand aneignen, aber auch David lernt dazu und vertraut in letzter Minute seinem Gefühl. Doch am Ende muss sich Jessi ihrer größten Herausforderung stellen: Wird sie den Mann, den sie liebt, allein mit ihrem Herzen erkennen? Augenstern – Die Serie: Jessi steht kurz vor dem Abi, ist in Liebesdingen nicht gerade erfolgsverwöhnt und führt ein überschaubares Leben in Frankfurt, als plötzlich mehrere Männer in ihr Leben einbrechen. Nicht alle sind von dieser Welt, und einige bedrohen sogar den Fortbestand der Erde. Kann Jessi ihren Gefühlen trauen, und welches Wesen verbirgt sich hinter welcher Gestalt? Es beginnt ein Verwirrspiel um Emotionen und Fassaden, das Jessi nur gewinnen kann, wenn sie lernt zu kämpfen: für sich, für ihren Planeten und für ihre Liebe.

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Augenstern – Die Serie:

Jessi steht kurz vor dem Abi, ist in Liebesdingen nicht gerade erfolgsverwöhnt und führt ein überschaubares Leben in Frankfurt, als plötzlich mehrere Männer in ihr Leben einbrechen. Nicht alle sind von dieser Welt, und einige bedrohen sogar den Fortbestand der Erde. Kann Jessi ihren Gefühlen trauen, und welches Wesen verbirgt sich hinter welcher Gestalt? Es beginnt ein Verwirrspiel um Emotionen und Fassaden, das Jessi nur gewinnen kann, wenn sie lernt zu kämpfen: für sich, für ihren Planeten und für ihre Liebe.

Band 4 „Vollendung“:

Jessis Albtraum wird Realität: Ihr größter Feind schlüpft in die Gestalt ihres Geliebten. Ausgerechnet jetzt verliert David seinen Kampfgeist, und Nassi verliebt sich in den Falschen. Entgegen ihrer Natur muss Jessi sich eine ruhige Hand aneignen, aber auch David lernt dazu und vertraut in letzter Minute seinem Gefühl. Doch am Ende muss sich Jessi ihrer größten Herausforderung stellen: Wird sie den Mann, den sie liebt, allein mit ihrem Herzen erkennen?

Die Autorin

Susanne Roßbach ist 1966 in Frankfurt am Main geboren und lebt mit ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter im Süden Frankfurts. Sie ist Diplom Betriebswirtin (BA) und Diplom-Psychologin und arbeitet als Senior Business Analystin in der IT-Abteilung einer Großbank. In ihrer Freizeit widmet sie sich ihrem Pferd und ihrem Hobby als Romanautorin. Veröffentlichungen „Der Tote vom Odenwald“ (Ullstein Midnight 2017), „Schatten über dem Odenwald“ (Ullstein Midnight 2018). Die Serie „Augenstern“ in 4 Bänden (2018-2020) ist ihre erste Veröffentlichung bei mainbook.

eISBN 978-3-947612-79-6

Copyright © 2020 mainbook VerlagAlle Rechte vorbehalten

Lektorat: Gerd Fischer

Covergestaltung und -rechte: Nona Roßbach

Auf der Verlagshomepage finden Sie weitere spannendeTaschenbücher und E-Books www.mainbook.de

Susanne Roßbach

Augenstern

Band 4:

Vollendung

Fantasy-Romance-Serie

Inhaltsverzeichnis

KAPITEL 23 – Gefährliche Begierden

KAPITEL 24 – Sorgenkinder

KAPITEL 25 – Frauen an den Waffen

KAPITEL 26 – Zerplatzte Träume

KAPITEL 27 – Der Eine unter den Raben

KAPITEL 28 – Ein neues Spielzeug

KAPITEL 23 – Gefährliche Begierden

Er streckte die Arme aus, ähnlich wie die Invasorin, die sich mit Mordabsichten auf mich gestürzt hatte, und sein hasserfülltes Gesicht kam immer näher. Dann schlug er mich auf die Brust und packte meinen Oberarm.

„Nein!“ Ich schrie laut auf und wehrte seine Hände mit den meinen ab. „Nein!“

Er ließ nicht locker und griff mir nun ins Gesicht.

„Lass mich!“ Ich hatte furchtbare Angst und versuchte, ihn wegzudrücken.

„Wach auf, Jessi, du träumst!“ Er hielt fortwährend meinen Arm fest, aber seine andere Hand lag nun beruhigend auf meiner Wange. „Ich bin ja bei dir! Bitte wach auf!“

Meine Arme hielt ich immer noch abwehrbereit vor mir, aber allmählich verstand ich seine Worte. Ein Traum. Unter größter Mühe gelang es mir, die Augen zu öffnen, und in der Dunkelheit erkannte ich David, wie er sich besorgt über mich beugte. Auf seinem Gesicht erschien nun ein leichtes Lächeln.

„Du hast nur geträumt.“ Er strich mir erneut über die Wange.

Ich atmete tief ein und aus. Mein Schlafanzug fühlte sich leicht verschwitzt an. „Oh nein, das war vielleicht ein schrecklicher Albtraum! Du hast dich in einen Fremden verwandelt und wolltest mich umbringen.“ Ich schluckte, um die sich aufbäumende Erinnerung auszumerzen. „Beziehungsweise ein Fremder hatte zuvor deine Gestalt angenommen.“ Ich zog die Bettdecke ein wenig von mir herunter, um die Hitze meines Körpers zu verscheuchen.

„Du verarbeitest deine Angst, vom Verräter durch mein Aussehen getäuscht zu werden.“ David blickte mich ernst an. „Es tut mir sehr leid, dass ich dich in das alles mit reingezogen habe. Ich suche bereits fieberhaft nach einer Lösung, unseren Feind zu entlarven. Ich verspreche dir, …“

Ich legte rasch meinen Finger auf seinen Mund. „Wir werden auch das überstehen.“ Ich blickte ihm fest in die Augen. „Es ist unsere letzte Aufgabe, bevor wir endlich Frieden finden werden, nicht wahr?“

Er blickte mich bedeutungsvoll an und nickte. „Ja, so ist es.“

„Ich werde dich beschützen“, antwortete ich und schlang meine Arme um ihn.

Mein Albtraum lag bereits mehrere Wochen zurück, aber er ging mir nicht aus dem Kopf. Die Gefahr, von einem feindlich gesinnten Gestaltwandler in die Irre geführt und getötet zu werden, war allgegenwärtig. David schien immer trübseliger. Ganz offensichtlich war ihm noch keine zündende Idee gekommen, wie wir den Verräter hätten überführen können, und vermutlich war genau das der Grund für seine Niedergeschlagenheit.

Er hatte mir bereits mehrfach nahegelegt, mich im Notfall mit Hilfe des Wandlergeräts in ein Wesen seiner Spezies zu verwandeln und im Raumschiff zu seinem Heimatplaneten zu fliegen. Allerdings traute ich dem Teil nicht über den Weg. David hatte behauptet, es technisch genau überprüft zu haben, aber es hatte noch niemand ausprobiert. Und auch wenn mich Davids originäre Gestalt sehr faszinierte, so wollte ich sie doch nicht unbedingt am eigenen Leibe erfahren. Irgendwie fürchtete ich, mich in der Gestalt seiner Spezies hilflos zu fühlen. Keine Arme, keine Beine? Kein Gesicht? Nein, das war mir zu fremd, um es selber auszuprobieren.

Lars und Anne lebten weiterhin in München und behielten sich gegenseitig im Auge, aber wie lange noch würde das gut gehen? Der Spion könnte jederzeit seinen Partner verlassen, nach Frankfurt kommen und versuchen, David und wahrscheinlich auch mich zu töten. Und Herr Fries hatte niemanden, der auf ihn aufpasste, weil David ihm blind vertraute. Aber ganz wohl war mir dabei nicht. Wir lebten in einer Art Warteschleife, aber das Wissen, dass dieser Zustand sich früher oder später ändern würde, ließ uns nicht mehr ruhig schlafen, zumindest mich nicht.

Ich biss in mein Brötchen. Nassi und ich waren zum Shoppen verabredet, unserer Lieblingsbeschäftigung an den Samstagen, doch ich konnte mich noch nicht so richtig darüber freuen. David saß mir gegenüber und wirkte gedrückt und lustlos. Er hatte uns zwar heute früh die Brötchen beim Bäcker besorgt, aber es hatte mich gewundert, dass er sich überhaupt dazu hatte aufraffen können.

Ich nahm einen Schluck von meinem Kaffee. „Willst du uns vielleicht begleiten? Du siehst aus, als könntest du etwas frische Luft gebrauchen.“ Ich sah ihn kritisch an, während ich das letzte Stück von meinem Brötchen in den Mund steckte.

David machte eine abwehrende Handbewegung. „Ach, nein, das ist nett, aber geht ruhig ohne mich. Vielleicht können wir später zusammen spazieren gehen.“ Er bemühte sich um ein Lächeln.

„Wie du willst.“ Ich schluckte meinen letzten Bissen herunter und trank den Kaffee aus. „Dann mache ich mich jetzt mal auf den Weg.“ Ich stand auf und gab ihm einen Kuss.

„Viel Spaß“, sagte er leise, ohne mich anzublicken.

Ich zog mich an, verließ das Appartement und fuhr mit dem Aufzug hinunter. Draußen vor der Tür konnte ich bereits Stefan Meyer stehen sehen. Er war mir in letzter Zeit häufig als Personenschützer zugeteilt worden, was mir ganz angenehm war, denn mit seinen knapp über zwanzig Jahren war er mir vom Alter her am nächsten. Außerdem hatte ich meine Selbstverteidigungsstunden, die ich nach wie vor diszipliniert wahrnahm, meistens bei ihm, sodass ich ihn besser kannte als seine Kollegen.

Ich begrüßte ihn mit einem angedeuteten Kopfnicken, und er grüßte ähnlich unauffällig zurück. Wir fuhren mit der U-Bahn in die Innenstadt. Ich hatte mich mit Nassi vor H&M verabredet, und sie stand bereits dort, als ich mit Stefan im Schlepptau eintraf. Wir umarmten uns innig, und bevor Nassi mich losließ, flüsterte sie mir ins Ohr: „Na, hast du heute wieder den blonden Schrank dabei?“ Sie kicherte ein wenig.

Ich löste mich lachend aus der Umarmung. „Er heißt Stefan Meyer“, flüsterte ich ihr ebenfalls verschwörerisch zu. „Soll ich ihn nach seiner privaten Nummer fragen?“

Nassi zeigte mit dem Kopf zum Eingang. „Überleg ich mir noch. Gehen wir zuerst gleich hier rein?“

Ich nickte, und wir betraten das Geschäft. „Ich brauch eine warme Hose“, stellte ich ohne Umschweife fest. „Können wir gleich hier in der Etage bleiben? Guck mal, da drüben sehe ich schon was.“ Ich steuerte einen Ständer an, der mit Hosen vollgehängt war. Rasch waren drei Exemplare gefunden, mit denen ich in einer Umkleidekabine verschwand. Nassi wartete gewohnheitsmäßig davor, um bei Bedarf als Handlanger tätig zu werden. Wir waren ein eingespieltes Team. Ich zog mich um und trat vor den Spiegel. „Was meinst du?“ Ich drehte mich hin und her, und Nassi und ich schauten kritisch auf meinen Hintern.

„Nö“, meinte sie schließlich. „Die wirft so komische Falten unter dem Po.“

„Du hast recht.“ Ich verschwand wieder in der Kabine, zog den Vorhang vor und die nächste Hose an. Oha, hier passte ich kaum rein. Ich zog sie wieder aus und überprüfte noch einmal die Größenangabe. Tatsächlich, ich hatte zu sechsunddreißig statt achtunddreißig gegriffen. Ich öffnete den Vorhang halb, um die zu kleine Hose Nassi in die Hand zu drücken, und erhaschte gerade noch einen Blick auf ihr leises Lächeln, das sie in diesem Moment – meine Augen wanderten drei Kleiderständer weiter – Stefan Meyer zuwarf, der seinerseits ein wenig zurücklächelte. Aha! So unschlüssig in Bezug auf das Weiterreichen von Telefonnummern sah das gar nicht aus! „Äh, Nassi?“

Sie drehte sich rasch zu mir. „Ja?“ Ihre Augenbrauen waren nach oben gezogen, was sie erstaunt aussehen ließ, aber ich kannte diese Miene: ihr Pokerface.

„Kannst du mir diese Hose bitte umtauschen, falls sie die noch in achtunddreißig haben?“

Nassi schnappte sich die Hose und verschwand zwischen den Ständern, während ich mich grinsend der dritten Hose zuwandte. Nassi und Stefan Meyer? Warum nicht. Er machte einen ganz vernünftigen Eindruck, soweit ich ihn aus dem Selbstverteidigungstraining kannte. Vielleicht konnte ich ein bisschen nachhelfen.

Nassi begleitete mich noch mit zu mir nach Hause auf einen Kaffee. Ich öffnete die Appartement-Tür mit der Karte. „Hallo, wir sind …“ Ich stockte. David und zwei mir unbekannte junge Leute, eine Frau und ein Mann, beide schlank und hoch aufgeschossen, erhoben sich von ihren Sitzen. Neue Personenschützer? „… wieder da.“ Ich schloss hinter Nassi die Tür.

David kam mir entgegen und küsste mich. „Na, habt ihr was gefunden?“ Er sah mir intensiv in die Augen.

Seine Frage mutete mir zunächst seltsam an, da er unsere Einkäufe leicht durch die Taschen hindurch erkennen konnte, aber gleich darauf fiel mir ein, dass er natürlich vor anderen Menschen seine Fähigkeiten verborgen halten wollte, und nur Nassi, nicht aber diese neuen Personenschützer eingeweiht waren. „Ja, so eine Hose, wie ich sie gesucht habe. Aber wir mussten mehrere Geschäfte abklappern, bis ich im Esprit eine echt coole gefunden habe.“ Ich zeigte auf meine Begleiterin. „Und Nassi hat ein paar schöne Lederhandschuhe erstanden.“

Nassi stellte gerade ihre Tasche ab und zog sich die Schuhe aus.

„Darf ich euch zwei Bekannte von mir vorstellen?“ David ging zurück zur Sitzgruppe, wo die beiden Fremden, die etwa Davids Alter haben mussten, immer noch standen und uns anschauten. Nassi und ich folgten ihm. Erst jetzt im Näherkommen fiel mir auf, wie unglaublich ebenmäßig ihre beiden Gesichter waren. Der Mann stand David in seinen Topmodelqualitäten nicht im Geringsten nach; dunkelbraune Haare umrahmten ein fein geschnittenes, fast filigranes Gesicht mit ausdrucksstarken, hellblau leuchtenden Augen und langen, dichten Wimpern. Unwillkürlich versetzte ich seine Figur in einen Roman von Jane Austen, wo sich die Protagonistin unsterblich in diese nahezu überirdisch anmutende Person verliebte. Fast war ich versucht, um ihn herum zu laufen, um die Engelsflügel auf seinem Rücken betrachten zu können. Die Frau, die ihn begleitete, war elfenhaft schön, und während ich ihr perfekt symmetrisches Gesicht mit den mandelförmigen, braunen Augen bewunderte, die einen interessanten Kontrast zu ihren aschblonden Haaren bildeten, wurde mir klar, dass es sich hier nicht um zwei neue Personenschützer, sondern um die beiden anderen Gestaltwandler handeln musste.

Ich zwang mich, ruhig zu bleiben. Ich wusste, dass ich keine Angst zeigen durfte, und hatte diese Situation in Gedanken bereits mehrfach durchgespielt.

David machte eine Handbewegung in Richtung seiner Gäste. „Das sind Anne und Lars. Sie sind gerade beruflich nach Frankfurt gewechselt und werden uns zu meiner großen Freude nun öfter besuchen.“ Diese Information galt sicher Nassi, der David eine harmlose Erklärung für das Herbeibeordern seiner Untertanen liefern wollte. Hoffentlich spielte Nassi mit und zeigte keine Angst, die die Gestaltwandler entsprechend hätten interpretieren können.

Wir gaben uns gegenseitig die Hände. Ihre fühlten sich kühl und etwas schlabberig an. Als Nassi sich zu Lars vorbeugte, um seine Hand zu ergreifen, entdeckte ich ihre leicht geröteten Wangen. Hoppla, gefiel ihr dieser Lars etwa? Nun, ganz sicher machte Lars bei allen Frauen mächtig Eindruck.

Wir setzten uns, und David lief in die Küche, um Nassi und mir Kaffee zu holen. Ich betrachtete Nassi mit einem gewissen Argwohn. Sie wusste durch mich über Lars und Anne Bescheid und wäre doch hoffentlich nicht so dumm, ihre Aufmerksamkeit einem Mann zu schenken, der mit fünfzigprozentiger Wahrscheinlichkeit David und mir nach dem Leben trachtete?

„Danke.“ Ich nahm David die Kaffeetasse ab, dann wandte ich mich an unsere neuen Gäste. „Welche Art Job hat euch denn nach Frankfurt geführt?“

„Wir sind in der IT-Sicherheit“, antwortete Anne mit einem zarten Lächeln. „Wir überprüfen für Firmen die Widerstandskraft ihrer Sicherheitssysteme. Dabei versuchen wir, in ihr internes System einzubrechen und zeigen ihnen in der Folge ihre Schwachstellen auf.“

Nassi warf einen kurzen Blick auf Lars. „Hört sich voll spannend an. Ist ja eigentlich ganz praktisch, wenn ein Paar in der gleichen Branche arbeitet.“ Sie rührte, ohne hinzusehen, ihren Kaffee energisch um, und er schwappte leicht über den Rand der Tasse.

Lars lachte etwas hektisch, dann lehnte er sich zurück und legte einen Arm auf die Rückenlehne der Couch. „Wir sind kein Paar. Die Leute fragen uns das immer wieder. Wir haben in München in einer WG zusammengelebt, und dann hatten wir beide gleichzeitig Lust auf eine neue Stadt und haben beschlossen, die WG fortzusetzen. Es ist nicht so einfach, jemanden zu finden, der das schmutzige Geschirr auch mal wegräumt, statt es in der Küche bis zur Decke zu stapeln.“ Lars lachte erneut, und Nassi kicherte albern.

Oje, sie schien tatsächlich auf diesen Typen abzufahren! Ich warf David rasch einen Blick zu, aber er schaute ausdruckslos auf Lars.

„Woher kennt ihr zwei euch?“, fragte nun Anne.

„Von der Schule“, antwortete Nassi. „Wir beide und noch ein Klassenkamerad, Mike R., waren schon immer beste Freunde.“ Nassi schaute kurz auf Lars. „Also rein platonisch.“

Am liebsten hätte ich Nassi unter dem Tisch getreten, aber da die Gestaltwandler dies auch durch die Tischplatte hindurch hätten erkennen können, verkniff ich es mir. Stattdessen biss ich die Zähne zusammen und versuchte, zu einem harmlosen Thema überzuschwenken. „Wie gefällt es euch bisher in Frankfurt?“

„Soweit ganz gut“, antwortete Anne und blickte auf Lars.

Dieser senkte den Blick und zog die Mundwinkel leicht nach unten. „Aber wir haben noch gar nicht viel von der Stadt gesehen, finde ich. Wir müssen uns dringend mal umschauen. Aber wir waren zu sehr mit der Einrichtung der Wohnung beschäftigt.“

„Ihr müsst unbedingt den Römer und die neue Altstadt besuchen. Das absolute Muss für jeden Frankfurt-Touristen“, versicherte Nassi und lächelte Lars charmant zu.

Der Rest des Gesprächs drehte sich um unsere Stadt, ihre Sehenswürdigkeiten und die besten Locations zum Ausgehen. Ich beteiligte mich nur halbherzig, denn ich wollte mir Nassi so bald wie möglich unter vier Augen vorknöpfen.

Endlich fiel ihr ein, dass sie noch eine Verabredung mit Mike R. hatte.

„Okay, Leute, ich muss jetzt leider gehen. War schön, euch kennenzulernen.“ Nassi stand auf, und alle anderen erhoben sich ebenfalls. Lars und Anne schüttelten wieder Nassis Hand, wobei Nassi verlegen grinste, als sie Lars’ Hand ergriff.

Ich stöhnte innerlich auf. „Ich bringe dich noch runter.“

Wir verließen das Appartement und fuhren mit dem Aufzug hinunter. Ich wollte mit der Ansage warten, bis wir aus dem Gebäude heraus waren, aber Nassi kam mir zuvor.

„Mein Gott, was war das denn für ein unglaublich gutaussehender Typ! Hätte ich nur gewusst, dass ich ihn heute hier treffe, dann hätte ich mir was anderes angezogen!“ Sie griff sich in die Haare.

Wir schritten die Stufen zum Vorplatz hinunter. Draußen ging ein frischer Wind. „Ja, ja. So viel zum Thema ‚David sei viel zu alt für mich‘“, spottete ich.

„Nein, ich habe meine Meinung revidiert“, flötete sie. Ich finde ihn total …“

„Hör mal, Nassi“, unterbrach ich sie rüde und packte sie an beiden Oberarmen, „das ist kein Spaß. Du weißt, dass entweder Lars oder Anne sowohl David als auch mir nach dem Leben trachten. Was, wenn Lars der Verräter ist? Tu mir den Gefallen, und halte dich von ihm fern! Andernfalls schaufelst du mit an meinem Grab. Das kann nicht dein Ernst sein!“ Ich schüttelte leicht ihre Arme.

„Jetzt reg dich mal nicht so auf.“ Nassi wand sich aus meinem Griff. „Ich verrate ihm schon nichts.“ Ein Windstoß fegte durch Nassis Locken und legte ihr eine Strähne übers Gesicht. Sie wischte die Haare ungeduldig beiseite. Dann sah sie mich empört an. „Nein, ich verrate ihm garantiert nichts! Ein bisschen mehr Vertrauen könntest du schon in mich setzen! Wegen eines Flirts musst du nicht gleich ausrasten.“ Sie zog einen Schmollmund.

Ich streckte mich. „Nein, nicht wegen eines Flirts, aber du spielst in diesem Fall mit dem Feuer. Wie leicht hat man sich verplappert, und unser Leben hängt davon ab! Im Übrigen könnte auch dein Leben davon abhängen, wenn du zu erkennen gibst, was du weißt.“ Ich sah Nassi wütend an.

„Reg dich ab. Ich weiß, was ich tue.“ Sie setzte eine überlegene Miene auf. „Außerdem ist noch lang nicht gesagt, dass er sich auch für mich interessiert.“

Mir platzte bald der Kragen. „Nassi, er KANN sich nicht für dich interessieren. Sie haben eine eingeschränkte Gefühlswelt und empfinden keine individuelle Liebe.“

„Na, und?“, antwortete sie trotzig. Der Wind blies ihr erneut die Haare ins Gesicht, und sie schleuderte sie mit einer ungehaltenen Kopfdrehung zur Seite. „Bei dir und David hat’s doch auch funktioniert.“ Dann drehte sie sich grußlos um und ließ mich mit einer üblen Vorahnung stehen.

Ich fuhr nachdenklich wieder nach oben. Konnte ich Nassi noch trauen, oder würde ihr Verstand bei Lars’ Anblick aussetzen? Würde sie sich und uns in Gefahr bringen? Als ich mich meiner Etage näherte, mühte ich mich um Entspannung, damit die Gestaltwandler mir nichts anmerkten. Dann betrat ich das Appartement. Anne und Lars standen bereits an der Garderobe, als ich durch die Tür trat.

„Ah, gut, dass wir uns noch von dir verabschieden können.“ Lars reichte mir die Hand. Seine Zähne blitzten hell auf, und seine von einem langen, dichten Wimpernkranz umrahmten Augen strahlten. Natürlich fuhren alle Frauen auf das Biest ab. Ich lächelte gequält.

„War schön, dich kennenzulernen.“ Anne lächelte ebenfalls.

„Ja, ganz meinerseits“, antwortete ich höflich.

Sie zogen ihre Jacken an.

„Bis dann!“ David öffnete die Tür und schloss sie wieder hinter ihnen.

Wir liefen zur Sitzgruppe und setzten uns schweigend nebeneinander. David legte seinen Arm um mich, ich meine Hand auf sein Bein. Sein Blick kehrte sich nach innen. Ich wartete.

„Jetzt dürften sie unten angekommen sein“, sagte er und atmete hörbar ein.

„Hast du eine Ahnung, wer von den beiden …?“

„Nein.“ David schüttelte langsam den Kopf. „Sie sind sehr kontrolliert. Sie haben einige menschliche Emotionen, aber wenig ausgeprägt. Darüber hinaus könnten sie auch einiges vor mir verbergen.“ Er sah müde aus.

„Ist alles in Ordnung? Willst du dich etwas hinlegen?“ Ich nahm seine Hand.

„Nein, geht schon.“ Er sah mich nicht an. „Ich glaube, mich bedrückt die Tatsache, dass in meinem eigenen Volk ein Verräter steckt. Wir waren immer so friedfertig! Wir kannten keinen Neid … Dachte ich zumindest.“ David lächelte schwach. „Vielleicht war auch nur ich es, der zu naiv war.“

„Irgendetwas muss es doch geben, weshalb der Spion eben doch negative Gefühle gegen dich hegt. Oder denkst du, es gibt einen rationalen Grund?“

„Keinen, der mit Vernunft einherginge. Aber …“ David zögerte und rieb sich mit seiner freien Hand über die Stirn. „Mit menschlichen Augen betrachtet gäbe es Motive wie Neid oder verletzte Eitelkeit. Doch hielt ich dies lange Zeit nicht für möglich …“

„Was für Gründe? Kannst du das konkretisieren?“ Ich sah ihn gespannt an und drückte leicht seine Hand.

Er zuckte mit der Schulter. „Nun, wenn ich mich bemühe, wie ein Mensch zu denken, so könnte Lars mir gegenüber Neid empfinden, obwohl man objektiv sagen muss, dass dazu kein rationaler Grund besteht. Denn es war nicht meine Entscheidung, mich zum Ersten meines Volks zu bestimmen.“

„Wie meinst du das?“, horchte ich auf.

David schnaufte ein wenig. „Meine Vorgängerin hatte sich als Kundschafterin engagiert und war von ihrer Mission nicht zurückgekehrt. Wir mussten einen neuen, nennen wir die Funktion meinetwegen König, bestimmen. Dies geschieht zunächst nach objektiven Kriterien. Man könnte es mit euren Neuronenschaltungen vergleichen.“ David rieb seinen Daumen an Zeige- und Mittelfinger. „Wie wenn man bei euch das Gehirn untersuchen würde und denjenigen, der die meisten Neuronenverbindungen vorweisen könnte und dem damit das bestmögliche Denkvermögen zugeschrieben wird, zum Präsidenten ernennen würde. Analog dazu läuft unser Auswahlverfahren. Es kamen bei dieser Prüfung jedoch zwei Kandidaten in Frage …“

„Lars und du?“ Ich witterte ein triftiges Mordmotiv.