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Ignatius von Loyola hat rund 7000 Briefe verfasst. Sie dienten ihm, praktische Aufgaben zu regeln. Vor allem aber waren sie ein wichtiges Mittel, das ihm half, sein geistliches Profil zu finden. Es gibt kaum ein Thema seines Lebens, das nicht in Briefen seinen Niederschlag gefunden hätte. Je nach Adressaten sind sie im Ton angepasst und verschieden, bei aller Sachlichkeit jedoch immer liebevoll. Sie alle stehen im Dienste der Seelsorge. Auf diese Weise sind sie beste Quelle, um seine Person und seine Spiritualität kennenzulernen.
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Seitenzahl: 72
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Hans Schaller
Aus Rom – euer Ignatius!
Person und Spiritualität im Spiegelseiner Briefe
Ignatianische Impulse
Herausgegeben von Stefan Kiechle SJ, Willi Lambert SJ und Stefan Hofmann SJ
Band 83
Ignatianische Impulse gründen in der Spiritualität des Ignatius von Loyola. Diese wird heute von vielen Menschen neu entdeckt.
Ignatianische Impulse greifen aktuelle und existentielle Fragen wie auch umstrittene Themen auf. Weltoffen und konkret, lebensnah und nach vorne gerichtet, gut lesbar und persönlich anregend sprechen sie suchende Menschen an und helfen ihnen, das alltägliche Leben spirituell zu deuten und zu gestalten.
Ignatianische Impulse werden begleitet durch den Jesuitenorden, der von Ignatius gegründet wurde. Ihre Themen orientieren sich an dem, was Jesuiten heute als ihre Leitlinien gewählt haben: Christlicher Glaube – soziale Gerechtigkeit – interreligiöser Dialog – moderne Kultur.
Hans Schaller
Aus Rom –euer Ignatius!
Person und Spiritualität im Spiegelseiner Briefe
echter
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
© 2019 Echter Verlag GmbH, Würzburg
www.echter.de
E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
ISBN
978-3-429-05376-5
978-3-429-05029-0 (PDF)
978-3-429-06439-6 (ePub)
Inhalt
Vorwort
Einführung
1. Aura schreibender Menschen
Ein Griffel in der Hand
Ein Stift am Mund
Ein Wort auf der Zunge
2. Ignatius: Im Banne von Geschriebenem
Wie es mit dem Schreiben anfing
Wie Geschriebenes Autorität hat
Blasse Tinte ist stärker als das beste Gedächtnis
3. Ignatius über die Schulter geschaut
Gut schreibt, wer verbessert
Nicht elegant, dafür sachlich
Ignatianische Briefe im Vergleich
4. Briefe – Band geistlicher Freundschaft
Vom Gespräch zum Briefwechsel
Schriftlich im Herzen verbunden bleiben
5. Das hohe Ideal regelmäßiger Korrespondenz
Wie ein Ideal organisiert wird
Der Hauptbrief: Rapportieren und werben
Persönlicher Brief: Erzählen und unterhalten
6. Wie Briefe beginnen
Auf andere zugehen
Mit Wohlwollen empfangen
Für das Reich Gottes gewinnen
7. Was in die Briefe kommt
Die ganze Welt auf dem Schreibtisch
Schriftlich Gott Großes zutrauen
Nebensächliches ernst genommen
8. Was am Ende steht
Als Gruß ein Gebet
Nüchtern und demütig bis zum Schluss
9. Der handgeschriebene Brief in der digitalen Welt
Handgeschriebenes auf dem Prüfstand
Wenn Ignatius in unsere Zeit käme
»Nicht das Vielwissen sättigt die Seele, sondern das innere Verkosten«
Das innere Verkosten
Anmerkungen
Vorwort
Ein Buch über das Briefschreiben! Das ist heute ein Unternehmen, das unausweichlich in eine strittige und kontroverse Thematik führt. Es ist nicht zu vermeiden, dass man mit solcher Absicht in einen digitalen Gegenwind gerät, vor allem dann, wenn es um handgeschriebene Briefe gehen soll. Um anderes kann es sich nicht handeln, wenn ein großer Briefschreiber aus dem 16. Jahrhundert zu Wort kommen soll, einer, der Tausende von Briefen geschrieben und diktiert hat, der deshalb um Größe und Elend solcher Korrespondenz weiß: Ignatius von Loyola.
Ein Buch, das quer in der heutigen geistigen Landschaft steht. Für den Schreibenden, für mich, ergab sich folgender Konflikt. Während ich mich mit diesem großen geistlichen Briefschreiber ins Gespräch einließ, kamen mir ständig die gängigen Einwände unserer Zeit zu Ohren: Mit der Hand Briefe schreiben, das sei vorbei, sei zeitraubend, nicht effektiv. Ich hörte diese Zwischenrufe, wollte mich aber dadurch nicht davon abbringen lassen, Sinn und Inhalt ignatianischer Briefe darzustellen. Er ist es schließlich, Ignatius von Loyola, der hier zu Wort kommen soll, den ich reden, ja ausreden lassen wollte, ohne ihn mit modernen Einwänden vorschnell zu unterbrechen. – Deshalb die Entscheidung, das Problem, wie ignatianische Erfahrungen in einer digitalen Zeit gehört und aufgenommen werden können, erst am Schluss, im 9. Kapitel, aufzunehmen. Allerdings andeutungsweise nur, in wenigen Hinweisen.
Es bedarf keiner großen Erklärung, warum das Briefschreiben des heiligen Ignatius Thema für die »Ignatianischen Impulse« sein kann. Die große Dokumentation von 7.000 Briefen ist ein immenser Reichtum und ein guter und direkter Weg, um die Person und die Spiritualität dieses Heiligen kennenzulernen. Briefe sind Selbstmitteilungen und verraten vieles und Wesentliches von ihren Verfassern. Durch das Handschreiben hat Ignatius nicht nur Probleme seines Aufgabenfeldes geregelt, sondern auch sein geistliches Profil gefunden. Es gibt kaum ein Thema seines Lebens, das nicht seinen Niederschlag in Briefen gefunden hätte. Deshalb sind diese ein guter Weg, um das Gesicht dieses Heiligen besser kennenzulernen.
Ich schreibe diese letzten Sätze in der extremen Sommerhitze von Basel, am Vortag des Festes des heiligen Ignatius, am 30. Juli. Dies nicht ohne großen Dank an viele Mitbrüder, die mich immer wieder zum Schreiben ermutigt haben.
P. Hans Schaller SJ
30. Juli 2018
Einführung
Briefe sind Selbstmitteilungen. Sie erzählen von dem, was jemand erlebt, auch von dem, was einer glaubt und hofft. Sie tun dies durch die Worte, die aufs Papier kommen, aber auch durch all das, was zwischen den Zeilen schwingt. Durch die Art und Weise, wie geschrieben wird, ob sorgfältig oder schludrig, nicht zuletzt auch durch das, was nicht gesagt ist. Briefe sind in diesem Sinne gesprächig, hin und wieder schwatzhaft, mehr, als dem Schreibenden bewusst ist, unter Umständen auch mehr, als ihm lieb ist.
Briefe können schweigen und können reden, vor allem die handgeschriebenen. Sie erzählen von dem, was man ihnen anvertraut. Es ist dies nicht wenig. Papier nimmt alles auf, errötet nicht, hat keine Angst und schämt sich für nichts.1 Alles, was zum Leben gehört, findet Aufnahme: kleinste Bagatellen, Banalitäten des Alltags, das Wetter, Blumen, Verdauung, aber auch all das, was über den Alltag hinausgeht: Karriere, Zweifel und Sehnsüchte, bis hin zu der alles beherrschenden Frage nach dem Sinn des Lebens. Vielleicht sind die Briefe gerade dafür ein geeignetes Gefäß. Sie sind ein gutes Mittel, um mit nahen und fernen Menschen über solche letzten Fragen in Kontakt zu kommen.
Vielleicht ist uns gerade das Geheimnis des Lebens in Briefform übermittelt! Rilke vergleicht in seinem Brief an einen jungen Dichter jene Menschen, die nie erfahren haben, was ihr Leben im Innersten soll, mit solchen, die zwar einen Brief mit dem Geheimnis ihres Lebens empfangen haben, ihn aber nicht öffnen. Aus Unachtsamkeit, Interesselosigkeit oder auch aus Angst. Sie haben ihn verlegt, werden deshalb nie zu wissen bekommen, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen. »Dass viele Menschen das Geheimnis des Lebens empfangen wie einen Brief, den sie nicht öffnen, den sie verschlossen lassen, dessen Botschaft sie nie lesen und so verlieren für sich selbst, den sie aber immerhin verschlossen weiterreichen, ohne zu wissen … Vielleicht kommt dieser Brief so zu jemandem, der mutig genug ist, ihn zu öffnen, der es wagt, sich der Botschaft zu stellen …«2
Der ungeöffnete Brief des Lebens! In der Alltagssprache ist dies bekannt als »Annahme verweigert«. Rilke lässt durchblicken, dass dies häufig vorkommt, dass es »viele Menschen« gibt, die dadurch, dass sie ihren Lebensbrief verlegt haben, nie zum Geheimnis ihres Lebens durchdringen. Es sind viele, die ihren Brief nie richtig in die Hand genommen haben, gar nicht zu reden davon, ihn zu lesen und zu durchforschen. – Wer denkt dabei nicht an den bekannten Satz des heiligen Ignatius: »Wenige Menschen ahnen, was Gott aus ihnen machen würde, wenn sie sich seiner Führung rückhaltlos anvertrauten.«
Nun lässt sich der Gedanke von Rilke leicht in die Welt des Glaubens verlängern und übersetzen. Auch hier geht es darum, das Geheimnis des Lebens zu finden. Dass dies uns in Briefform mitgeteilt wird, ist auch hier nicht fremd. Im zweiten Brief an die Korinther stehen die deutlichen Worte: »Unverkennbar seid ihr ein Brief Christi, angefertigt durch unseren Dienst, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf Tafeln aus Stein, sondern – wie auf Tafeln – in Herzen von Fleisch« (2 Kor 3,3).
Wenn wir diese Worte in unseren Zusammenhang übersetzen, kann dies Folgendes heißen: »Ihr seid ein Brief Christi.« Bei euch in Korinth, in eurem Verhalten kann man sehen, dass ihr einen Brief erhalten habt, der euch das Geheimnis des Lebens klarmachte, ja man sieht, dass ihr diesen Brief geöffnet und aufmerksam gelesen habt. Ihr habt euch seine Botschaft zu Herzen genommen. Man erkennt sogar die Spuren des Absenders. Wenn man auf euch schaut, weiß man, wer euch geschrieben hat, und zwar so deutlich, dass es allen bekannt wird. Dieser Brief, der ihr seid, verdient, verbreitet und weitergereicht zu werden. Ihr seid glaubwürdige Empfänger einer guten Botschaft, seid ein Empfehlungsbrief.