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KÜSS MICH, VERRÄTER von MICHELLE CELMER Grace Winchester wollte nie wieder ein Wort mit Roman Slater wechseln. Er hat ihr Herz gebrochen und versucht, ihre Familie zu ruinieren. Doch jetzt verlangt ihr Vater, dass Grace mit dem Verräter zusammenarbeitet … und der attraktive Privatdetektiv hat noch immer dieselbe Wirkung auf sie wie damals. DER MILLIONÄR IN MEINEM BETT von YVONNE LINDSAY Niemand hat Erin davor gewarnt, wie attraktiv ihr neuer Hotelgast sein würde, der Millionär Sam Thornton. Ihr erster Kuss ist ein einziges erotisches Feuerwerk! Als Sam sich danach sofort zurückzieht, ahnt sie, dass er irgendetwas vor ihr verbirgt. Und tatsächlich hütet er ein Geheimnis, das ihr Leben auf den Kopf stellen wird … STARKÖCHIN GESUCHT, LIEBE GEFUNDEN von ELISABETH BEVARLY Dank seinem unverhofften Millionenerbe könnte Mechaniker Hogan Dempsey plötzlich jede Frau haben. Aber er verliebt sich ausgerechnet in die kratzbürstige Köchin Chloe! Obwohl sie sich ihm in heißen Nächten hingibt, scheint ihr Herz für immer einem anderen zu gehören …
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Seitenzahl: 598
Michelle Celmer, Yvonne Lindsay, Elizabeth Bevarly
BACCARA EXKLUSIV BAND 251
IMPRESSUM
BACCARA EXKLUSIV erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
Neuauflage 2024 in der Reihe BACCARA EXKLUSIV, Band 251
© 2016 by Harlequin Enterprises ULC Originaltitel: „Back in the Enemy‘s Bed“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Victoria Werner Deutsche Erstausgabe 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1999
© 2012 by Dolce Vita Trust Originaltitel: „A Father‘s Secret“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Nina Hawranke Deutsche Erstausgabe 2015 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1859
© 2017 by Elizabeth Bevarly Originaltitel: „A Beauty for the Billionaire“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Brigitte Marliani-Hörnlein Deutsche Erstausgabe 2018 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg,in der Reihe BACCARA COLLECTION, Band 391
Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 10/2024 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751523288
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Michelle Celmer
Grace bewahrte Ruhe.
Als die jüngste der Winchester-Töchter hatte sie vielleicht eine privilegierte und behütete Kindheit genossen, aber als Erwachsene war sie durchaus keine verwöhnte Erbin. Sie hatte hart dafür gearbeitet, sich als Modedesignerin einen Namen zu machen. Außerdem war sie bekannt und geachtet, weil sie sich für die Rechte von Frauen einsetzte. In einer von Männern dominierten Welt war sie über die Jahre zu der Überzeugung gelangt, dass es absolut nichts gab, was sie nicht auch tun konnte.
Von einer Sache vielleicht abgesehen: Sie konnte ihrem Vater keinen Wunsch abschlagen.
Sutton Lazarus Winchester, der unangefochtene König des Chicagoer Immobiliengeschäfts, war kein Mann, der ein Nein akzeptierte. Ein strenger Blick aus seinen durchdringenden grünen Augen, und die Menschen taten, was er wollte. Aber der Skandal, in dessen Mittelpunkt die Familie seit einigen Monaten stand, hatte seinen Tribut ebenso gefordert wie die schwere Krankheit.
Grace spürte, dass seine Kraft nachließ, und hoffte, dass ihr Vater Erbarmen mit ihr hatte. Nur dieses eine Mal. Das, was er von ihr verlangte, war wirklich ihr schlimmster Albtraum.
„Daddy, ich möchte das nicht.“
Ihr Vater thronte hinter dem großen Schreibtisch in seinem Büro in der Winchester-Villa und wandte den Blick nicht vom Bildschirm. Er war schon seit Monaten krank. Meistens war er zu schwach, um das Bett zu verlassen, aber heute hatte er einen guten Tag. Es war sogar ein Hauch Farbe auf den eingefallenen Wangen zu erkennen.
„Wir müssen alle manchmal tun, was wir eigentlich nicht möchten, Prinzessin. So ist das Leben.“
Am liebsten hätte Grace wie ein maulender Teenager mit dem Fuß aufgestampft, so wie früher, wenn die Eltern ihr etwas verweigert hatten, was zugegebenermaßen nicht sehr oft vorgekommen war. Sie war das Baby der Familie, und sie brauchte nur einmal mit den langen dunklen Wimpern zu klimpern, schon bekam sie, was sie wollte. Aber was er jetzt von ihr verlangte? Seine Bitte hatte sie zutiefst erschüttert.
Roman Slater kommt, um mit mir zu sprechen. Ich möchte, dass du dabei bist.
Roman Slater war ein angesehener Privatdetektiv. Seine Firma Slater Investigation Services war im ganzen Mittelwesten bekannt. Und er war der einzige Mann auf der Welt, mit dem Grace nie wieder ein Wort wechseln wollte, das hatte sie sich geschworen.
Roman Slater war der Mann, der ihr Herz erobert und geschworen hatte, sie für immer zu lieben. Der Mann, der sie und ihre Familie auf übelste Weise hintergangen hatte. Und das nicht nur einmal, sondern gleich zweimal.
Solange Grace denken konnte, hatten Menschen sie benutzt, um über sie Zugang zu ihrem Vater zu bekommen, aber sie hatte gedacht, Roman sei anders. Sie hatte geglaubt, dass er sie wirklich liebte und ihr vertraute. So wie sie ihm vertraut hatte.
Ein großer Fehler.
„Ich verstehe nicht, was ich bei diesem Treffen soll“, sagte sie zu ihrem Vater. Falls sie auf eine Erklärung gehofft hatte, dann wartete sie vergebens. Sutton Winchester war darüber erhaben, seine Wünsche zu begründen. Das hatte er noch nie getan.
„Du bleibst.“ Sein Ton war leicht gereizt. Es war der Tonfall, den sie kannte, wenn sie seine Geduld zu sehr auf die Probe stellte.
Langsam drang die grauenvolle Wahrheit in ihr Bewusstsein. In wenigen Minuten würde Roman hier sein. In Fleisch und Blut. Hier, im Büro ihres Vaters.
Eine Woge der widersprüchlichsten Gefühle erfüllte Grace, sodass ihr fast schwindelig wurde. Der Instinkt riet ihr, auf der Stelle zu verschwinden und sich zu verstecken. Sie wusste, dass es rein körperlich unmöglich war, aber dennoch überkam sie das Gefühl, als würde sich ihr Herz ganz klein zusammenkrampfen.
Bevor ihr Vater sie zu sich bestellt hatte, war der Tag rundum gut gewesen. Ihre neue Taschenkollektion war der Renner in den Boutiquen der USA, und ihre neue Mode-App lief auf Smartphones und Tablets auf der ganzen Welt. Abgesehen davon, dass sie kaum Zeit für sich hatte und sich gelegentlich ein wenig einsam fühlte, hatte sie keinen Grund, sich zu beklagen. Und nun schien ihr Leben plötzlich völlig aus dem Ruder zu laufen.
Warum sie? Warum konnte nicht ihre Schwester Eve an dem Meeting teilnehmen? Eve war die Geschäftsführerin des Familienunternehmens Elite Industries, das Sutton vor vielen Jahren gegründet und zu einem Milliarden-Dollar-Imperium gemacht hatte.
Roman hatte im Auftrag von Brooks Newport versucht, ihrem Vater und über ihn auch Elite Industries zu schaden. Es war ein Skandal epischen Ausmaßes gewesen.
Falls es in Chicago eine Familie auf Augenhöhe mit den Winchesters gab, dann waren es die Newports – genauer gesagt die drei Brüder Brooks, Graham und Carson. Sie waren ebenfalls in der Immobilienbranche tätig und hatten es im Laufe weniger Jahre zu Selfmade-Millionären gebracht.
Besonders Brooks hatte es sich zum Ziel gesetzt, Sutton Winchester zu vernichten. Sutton, seine Firma und seine Töchter Eve, Nora und Grace. Das hätte die heiße Affäre zwischen Eve und Graham Newport fast scheitern lassen, aber nur fast, denn inzwischen stand fest, dass die beiden heiraten würden.
Roman Slater hatte Brooks geholfen, die Schmutzkampagne gegen die Winchesters zu organisieren. Als ob er ihrer Familie nicht schon genug geschadet hätte! Sieben Jahre nach dem ersten Skandal, den er inszeniert hatte und bei dem die Winchesters schließlich von aller Schuld freigesprochen worden waren, war er nun also zurück. Und wieder waren furchtbare Gerüchte in Umlauf gebracht worden, die jeder Grundlage entbehrten. Letztlich hatte nicht Sutton den Schaden davon, sondern Brooks, weil er nun als widerwärtiger, machthungriger Intrigant dastand.
„Wieso triffst du dich überhaupt mit Roman nach all den Lügen, die er mit Brooks über uns verbreitet hat?“, fragte Grace ihren Vater. „Hast du schon vergessen, wie er unseren Namen durch den Schmutz gezogen hat? Zweimal! Und all die schrecklichen Dinge, die sie dir unterstellt haben!“
Falls sie darauf gesetzt hatte, seinen Zorn zu wecken, wurde sie enttäuscht. Sutton zuckte nicht mit der Wimper.
„Nichts ist vergessen“, versicherte er ihr ruhig.
Grace bewunderte ihren Vater, aber sie kannte auch seine Fehler. Und davon besaß er mehr als genug.
Sutton Winchester hatte sein Leben lang aus dem Vollen gelebt. Er liebte die Frauen und den Alkohol, war egoistisch und arrogant, aber niemals wäre er so tief gesunken, eine Frau zu vergewaltigen. Und für vier der fünf unehelichen Kinder, die Brooks ihm unterstellte, hatte sich der DNA-Test als negativ erwiesen. Bei Brooks’ Bruder Carson war das Testergebnis allerdings eindeutig positiv gewesen.
Grace und ihre Schwestern mussten sich noch an den Gedanken gewöhnen, dass sie einen Halbbruder hatten. Suttons zahllose Affären waren kein Geheimnis, aber Grace hatte den Eindruck, dass seine Beziehung zu Cynthia Newport mehr als eine Affäre gewesen war. Sie wusste, dass die Ehe ihrer Eltern ein rein finanzielles Arrangement gewesen war, aber der Gedanke tat weh, dass Sutton eine andere Frau als ihre Mutter geliebt haben sollte.
Genug davon. Grace war die ganzen Gerüchte und Vermutungen leid. Sutton würde an Krebs sterben, und sie wollte einfach nur, dass er in Frieden gehen konnte.
Nicht nur, dass der Skandal abträglich war für die Gesundheit ihres Vaters, er war auch riskant für die Firma. Wenn die Angriffe auf Suttons Ruf nicht aufhörten, lief das Unternehmen Gefahr, einige seiner größten Auftraggeber zu verlieren. Es war Eve bisher gelungen, die Firma sehr erfolgreich zu führen, aber nachdem sie nun von Graham Newport schwanger war, wurde alles noch komplizierter.
Und das hatten sie nur Roman Slater zu verdanken und seinen zweifelhaften Fähigkeiten als Privatdetektiv. Wenn Grace an den Schmerz dachte, an das Leid und die Demütigungen, denen er ihre Familie ausgesetzt hatte, dann stieg Zorn in ihr auf.
Und Zorn war ihr im Moment allemal lieber als ein flatterndes Nervenkostüm.
„Was ist, wenn Brooks ihn hierher geschickt hat, um noch mehr Geheimnisse auszugraben?“ Sie hoffte, ihren Vater mit Argumenten zur Vernunft zu bringen. „Dann kann er unserem Ruf den Rest geben.“
Sutton wandte den Blick vom Bildschirm und sah sie mit den gleichen grünen Augen an, die ihr jeden Morgen aus dem Spiegel entgegenschauten. Für einen Fünfundsechzigjährigen war er in hervorragender körperlicher Verfassung gewesen, bis Anfang des Jahres Lungenkrebs bei ihm festgestellt worden war. Inzwischen hatte die Krankheit unverkennbar ihre Spuren hinterlassen. Obwohl er eine Kämpfernatur war, hatte sich der Krebs auf die Lymphknoten ausgebreitet. Seine Ärzte konnten nur noch wenig für ihn tun.
„Nicht Roman hat um dieses Treffen gebeten“, erklärte ihr Vater. „Ich habe ihn eingeladen.“
Grace brauchte einen Moment, um diese Information zu verarbeiten. Und dann tat sie etwas, was sie sonst noch nie getan hatte: Sie wurde laut.
„Was sollte denn das, Daddy? Nach allem, was die Familie hinter sich hat? Wie konntest du auch nur erwägen, den Mann in unser Haus zu holen?“
„Ich muss es tun“, erklärte er fest.
Sein Blick enthielt dabei eine Spur Resignation, was Grace fast das Herz brach. Sutton zeigte sonst nie Schwäche. Kaum jemals hatte sie Tränen bei ihm gesehen oder erlebt, wie er die Fassung verlor. Ebenso selten hatte sie ihn wirklich zornig erlebt. Aber dieses stumme Eingeständnis einer Niederlage war mehr, als sie ertragen konnte.
Sie spürte, wie ihr Zorn verflog. Sie musste daran denken, dass ihrem Vater nur noch eine begrenzte Zeit blieb. Wochen, vielleicht wenige Monate. Niemand konnte es genau sagen. Falls das Treffen mit Roman ihm so wichtig war, dann musste sie seinen Wunsch respektieren. Zum Teufel mit ihrem Stolz – und mit ihren Nerven. Es ließ sich nicht leugnen, dass ihr bei der Vorstellung, Roman wiederzusehen, die Hände feucht wurden.
Das unvermittelte Klopfen an der Tür ließ sie zusammenfahren. Unwillkürlich kontrollierte sie den Sitz ihrer Frisur. Plötzlich wünschte sie sich, ihr Haar offen statt im Knoten zu tragen. Sie wusste selbst nicht, wieso.
Als die Assistentin ihres Vaters die Tür öffnete, strich Grace sich nervös den Versace-Rock glatt und verschränkte die Hände dann hinter dem Rücken, damit niemand sah, dass sie zitterten.
„Roman Slater, Sir.“
Grace hatte den Eindruck, als würde sich der Raum plötzlich um sie drehen. Ihr Puls raste, und sie verspürte das dringende Bedürfnis, die Flucht zu ergreifen. Aber ihre Knie waren so weich, dass sie es wohl nicht einmal bis zur Tür geschafft hätte.
„Bitten Sie ihn herein“, sagte Sutton.
Grace stand wie erstarrt da. Sie hielt den Atem an, als der Fluch ihres Lebens mit einer Lässigkeit eintrat, als sei es die natürlichste Sache der Welt, wieder bei ihr aufzutauchen.
Er trug eine schwarze Hose, ein am Hals offen stehendes weißes Hemd und eine Sportjacke, die seine breiten Schultern, die kräftigen Arme und die schmalen Hüften betonte. Alles Designerstücke.
Es war unverkennbar nicht mehr der Roman, der als Collegestudent Jeans und T-Shirts getragen und sich nicht um irgendwelche Modetrends gekümmert hatte. Jetzt, als Inhaber einer angesehenen Firma, kleidete er sich seiner Rolle entsprechend. Nur sein Haar passte nicht dazu. Es war eine Spur zu lang und etwas zu zerzaust, aber dennoch blieb der Eindruck eines erfolgreichen Geschäftsmanns.
Grace erwartete, Zorn zu verspüren, aber stattdessen empfand sie etwas, das sie selbst zutiefst überraschte: Erleichterung.
Einige Jahre, nachdem Roman sie das erste Mal hintergangen hatte, war er bei einem Militäreinsatz verschollen gewesen, und es hieß, er sei umgekommen. Grace war am Boden zerstört, trotz allem, was zwischen ihnen gewesen war. Zu der Zeit hätte sie alles dafür gegeben, ihn zurückzubekommen. Alles, um das Geschehene rückgängig zu machen. Er war zum Militär gegangen, nachdem sie ihn verlassen hatte. Hätte sie ihm verziehen und wären sie zusammengeblieben, würde er vielleicht noch leben, das dachte sie damals.
Die Schuldgefühle hatten ihr über viele Monate zugesetzt, bis sie aus den Nachrichten erfuhr, dass Roman zusammen mit einigen anderen Soldaten überlebt hatte und sich im Mittleren Osten als Gefangener bei einem Ableger von Al Quaida aufhielt. Wahrscheinlich wurde er dort gefoltert. War dieses Schicksal vielleicht noch schlimmer als der Tod? Würden sie ihn zuerst foltern, um ihn dann umzubringen?
Grace grübelte jede Nacht. Sie verlor den Appetit und nahm in einer Woche vier Kilo ab, und sie fühlte sich so müde und deprimiert, dass sie sich kaum um ihre Arbeit kümmern konnte. Sie hörte auf, sich die Nachrichtensendungen anzusehen oder die Zeitungen zu lesen. Sie verdrängte Roman, so gut es eben ging, aus ihren Gedanken, auch wenn es keinen Tag gab, an dem sie nicht wenigstens einmal an ihn dachte.
Irgendwann waren Roman und seine Kameraden aus dem Lager befreit worden. Als sie wusste, dass er wieder in den USA war, überkam sie ein Gefühl wohltuenden Friedens. Sie konnte den Zorn auf ihn jetzt loslassen. Irgendwie waren sie quitt.
Doch das war eine schreckliche Art, die Situation zu betrachten. Ihr gebrochenes Herz und der beschmutzte Ruf ihrer Familie waren nichts, verglichen mit Wochen der Gefangenschaft und Folter. Das hätte sie selbst ihrem ärgsten Feind nicht gewünscht.
Bei Licht betrachtet, war er allerdings genau das.
Denn dann hatte Brooks Newport mit Romans Hilfe eine Medienkampagne gestartet, die nicht nur ihren Vater vernichten sollte, sondern auch sie selbst und ihre Schwestern. Der Gedanke daran entfachte wieder den alten Zorn in Grace.
Und doch war sie jetzt erleichtert, Roman zu sehen?
Was zum Teufel war los mit ihr?
„Roman.“ Sutton erhob sich langsam und reichte seinem Gegner die Hand.
Romans kurzes Zögern schien seine Feindseligkeit noch zu unterstreichen. „Sutton.“ Die Verachtung in seinem Ton war unmissverständlich.
„Sie erinnern sich an meine Tochter Grace“, fuhr Sutton fort.
Roman war immer attraktiv gewesen. Jetzt wirkte er wie ein griechischer Gott mit seinem markanten Kinn und den breiten Schultern. Seine Nase war offenbar gebrochen worden, und er hatte einige Narben im Gesicht. Eine begann an der Schläfe und lief hinüber zur linken Braue, um gefährlich nahe am Auge zu enden. Eine zweite Narbe lief über die Stirn und verschwand unter dem Haaransatz. Einige Frauen ließen sich davon vielleicht abschrecken, aber in Graces Augen erhöhte das nur seinen Sex-Appeal.
Dann musste sie daran denken, wie er diese Narben bekommen hatte, und dass es wahrscheinlich weitere gab, die sie nicht sehen konnte. Prompt überkamen sie wieder die alten Schuldgefühle.
„Grace.“
Der Klang seiner tiefen Stimme löste aus unerfindlichen Gründen einen Schauer prickelnder Erregung in ihr aus.
Oh nein! Ausgeschlossen!
Keine normale Frau würde sich hingezogen fühlen zu einem Mann, der versucht hatte, sie zu ruinieren.
Er reichte ihr die Hand, und sie ergriff sie spontan. Sie bedauerte die Geste augenblicklich, aber es war zu spät. Er schüttelte ihre Hand kräftig, und sie tat es ihm gleich. Es war, als hätten sie einander etwas zu beweisen.
Roman schien sie reizen zu wollen, damit sie etwas sagte oder die Hand zuerst zurückzog. Den Gefallen würde sie ihm jedoch nicht tun.
Sie atmete erleichtert auf, als er ihre Hand schließlich mit dem Hauch eines Lächelns freigab.
Roman wandte sich an ihren Vater. Seine Miene verriet nun gereizte Ungeduld. Es war ganz eindeutig nicht seine Idee gewesen herzukommen.
„Wir wollen gleich zum Punkt kommen, Sutton. Wieso bin ich hier?“
Sutton ließ sich langsam wieder in seinen Sessel sinken und deutete auf die zwei Stühle vor seinem Tisch. „Entspannen Sie sich. Nehmen Sie Platz.“
Roman verschränkte die Arme vor der Brust. „Sagen Sie einfach, was los ist. Sie meinten, Sie hätten wichtige Informationen für einen meiner Mandanten. Für wen?“
Grace war nun auch neugierig. Was hatte ihr Vater vor? Und wieso hatte er es ihr nicht schon vorher gesagt, damit sie nicht so im Dunkeln tappte? War es vielleicht nichts Geschäftliches? Etwas Persönliches?
„Soweit ich weiß, suchen Sie immer noch nach dem Vater von Graham und Brooks Newport“, bemerkte Sutton.
Roman zuckte die Schultern. „Das tue ich. Ja, und?“
„Ich kann Ihnen vielleicht helfen.“
„Sie wollen mir helfen?“ Roman lachte ungläubig. „Ist das ein Witz? Sie haben mich bei meinen Nachforschungen immer wieder behindert, und nun wollen Sie mir helfen? Das kaufe ich Ihnen nicht ab.“
„Das kann ich Ihnen nicht verübeln, Roman, aber im Interesse Ihres Mandanten sollten Sie mich anhören. Ich habe Informationen, die ihnen helfen könnten.“
Roman kniff die Augen zusammen. „Okay. Was für Informationen sind das?“
„Das kann ich Ihnen nicht sagen.“
Roman schüttelte den Kopf. „Ich habe Ihre Spielchen satt, Sutton.“
„Es ist kein Spielchen. Ich kann Ihnen helfen, aber ich muss mit den Newports selbst sprechen. Ich habe viel darüber nachgedacht, seit sie mit Carson bei mir waren.“
„Und wieso bin ich dann hier?“
„Ich möchte, dass Sie ein Treffen arrangieren. Sobald die Zwillinge Zeit haben. Mit beiden.“
Grace sah ihn überrascht an. Er wollte seine Gegner hierher einladen? Zu sich nach Hause? Und sie hatten sich schon einmal getroffen? Griff der Krebs jetzt auch sein Gehirn an?
„Graham und Brooks stehen im Moment nicht sehr gut zueinander“, sagte Roman. „Als Grahams zukünftiger Schwiegervater sollten Sie sich das vorstellen können.“
„Das kann ich. Deswegen habe ich ja Sie eingeschaltet. Ich bin überzeugt, dass Sie die beiden zur Vernunft bringen können.“
Roman schien sich da nicht so sicher zu sein. Grace teilte seine Skepsis.
Grahams heimliche Affäre mit ihrer Schwester Eve hatte das Verhältnis der Brüder sehr belastet. Da Graham jetzt ein Kind mit Eve erwartete, hatte seine Aversion gegen die Winchesters sich gelegt, aber Brooks setzte seinen Feldzug fort. Das führte natürlich zu Auseinandersetzungen zwischen den Brüdern. Gerade versuchte Brooks, seinen Halbbruder Carson – Suttons unehelichen Sohn – mit in seine Vendetta hineinzuziehen, indem er darauf bestand, dass Carson für das kämpfen sollte, was von Rechts wegen ihm gehörte, nämlich ein Viertel des Winchester-Vermögens.
Aber wenn Graham und Brooks jetzt erfuhren, dass Sutton bereit war, über ihren leiblichen Vater zu sprechen, den sie schon so lange suchten, dann würden sie ihre Differenzen vielleicht vergessen.
„Wieso sagen Sie es nicht Graham und lassen ihn die Information an seinen Bruder weitergeben“, schlug Roman vor. „Brooks wird vielleicht auf ihn hören.“
„Nein“, sagte Sutton. „Es muss hier sein, in meinem Büro mit den Zwillingen.“
„Aber wieso, Daddy?“ Grace hatte es gar nicht laut sagen wollen und war selbst überrascht über ihre Frage. Auch Roman sah erstaunt in ihre Richtung.
„Ich muss es einfach tun“, sagte Sutton leise und betrachtete sie mit einem Ausdruck, der nur als Zärtlichkeit zu bezeichnen war.
Die Verletzlichkeit in seinem Blick ließ sie weich werden. Sie fühlte sich gezwungen, etwas zu tun, was sie nie wieder hatte tun wollen – mit Roman reden.
Sie hielt Romans eisigen Blick ruhig stand und versuchte, den Zorn wiederzufinden, den sie verspürt hatte, als er hereinkam. Musste er so hart und kalt und abweisend blicken? Vielleicht hatte er das beim Militär gelernt. Denn der Roman, den sie kannte, hatte sie nie so angesehen. Sie konnte sich nicht einmal erinnern, dass er die Stimme gehoben hatte, wenn sie sich einmal stritten, was sie nur sehr selten getan hatten, wenn sie es recht bedachte.
Ihre Beziehung war sehr entspannt gewesen. Bis zu dem Moment, als sie erfuhr, dass er sie hintergangen hatte.
Dann hatte sie ihn angeschrien. Und das Schlimmste war gewesen, dass er nicht zurückschrie. Er hatte einfach nur dagestanden und stumm die Verantwortung für das übernommen, was er getan hatte.
Obwohl er sich nie mit Worten entschuldigt hatte, war das Bedauern ihm deutlich anzumerken gewesen. Es hätte jedoch keinen Unterschied gemacht, wenn er es gesagt hätte. Keine Entschuldigung konnte sein Verhalten wiedergutmachen und den Schmerz ungeschehen machen, den er verursacht hatte. Aber wenn ihr Vater dieses Treffen wollte, dann sollte er es bekommen.
Grace konnte bissig sein, aber sie kannte Roman gut genug, um zu wissen, dass sie damit nichts erreichen würde. Also schluckte sie ihren Stolz hinunter. Sie tat es für ihren Vater.
„Du weißt, dass es meinem Vater nicht gut geht. Wenn er dieses Treffen möchte, dann sollte es dazu kommen. Was müssen wir tun, um dich dazu zu bringen, uns zu helfen?“
Ihr Vater berührte sie leicht am Arm und sagte fest: „Vielen Dank, Prinzessin, aber lass mich das machen.“
Prinzessin?
Roman widerstand der Versuchung, die Augenbrauen hochzuziehen. Es überraschte ihn nicht, dass Gracie für ihren Vater eintrat. Sie war schon immer Suttons kleines Mädchen gewesen. Das hatte er vor langer Zeit am eigenen Leibe erfahren müssen. Wenn es um ihre Loyalität ging, dann standen ihr Vater und ihre beiden Schwestern ganz vorn.
Roman hatte den Eindruck, dass dem alten Mann nicht mehr viel Zeit blieb. Der Gewichtsverlust und auch die fahle Haut sprachen Bände. Roman hatte es bei seinem eigenen Vater erlebt, als er fünfzehn Jahre alt war, und dann fünf Jahre später bei seiner Mutter.
Sutton Winchester hatte exzessiv gelebt, er hatte die Frauen und den Alkohol geliebt und im Beruf viel Stress gehabt. Das alles rächte sich jetzt.
Roman konnte kein Mitleid mit dem Mann aufbringen.
Sutton wandte sich ihm wieder zu. „Werden Sie das Treffen arrangieren?“
Was bildete der Mensch sich eigentlich ein? Wie kam er dazu, etwas von ihm zu fordern? Er schuldete Sutton Winchester absolut gar nichts. „Äh … nein. Das werde ich nicht.“
„Ich werde Sie gut dafür bezahlen.“
Suttons Angebot brachte Roman nur noch mehr auf. Er schüttelte den Kopf. „Vergessen Sie es.“
„Was wollen Sie? Nennen Sie Ihren Preis.“
Er öffnete den Mund, um dem alten Kerl zu sagen, dass er nichts besaß, womit er ihn locken könne, als er plötzlich innehielt.
Er sah zu Gracie hinüber, die seinem Blick auswich. Er dachte an die vielen Male, als Sutton versucht hatte, seine Beziehung zu Gracie zu sabotieren, weil Roman als Sohn eines Soldaten in seinen Augen nicht gut genug war für seine Tochter. Aber Roman hatte seither einen langen Weg hinter sich. Jetzt brauchte Sutton ihn, und er hatte eindeutig nichts zu verlieren.
Er sah wieder zu Gracie hin und ließ seinen Blick betont an ihr hinauf- und hinunterwandern. „Wie wäre es mit einer Stunde allein mit Ihrer Tochter?“
Gracie sah ihn einen Moment fassungslos an, bevor sie frostig fragte: „Um was genau zu tun?“
Er lächelte spöttisch. „Was auch immer mir in den Sinn kommt.“
Sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Es hatte ihr tatsächlich die Sprache verschlagen. Das war eine Premiere. Es überraschte ihn selbst, welche Genugtuung er bei dem Gedanken empfand.
„Das war ein Scherz“, ergänzte er trocken. „Ich möchte nur reden.“
„Ich habe nichts mit dir zu reden“, konterte sie und warf dabei einen nervösen Blick zu ihrem Vater hin.
Würde Sutton sie dazu zwingen? Er wusste, was zwischen seiner Tochter und Roman vorgefallen war. Würde er sie jetzt wirklich zwingen, mit ihm zu sprechen?
„Ich gebe Ihnen fünfzehn Minuten mit ihr“, erklärte Sutton kühl.
Roman schluckte eine Bemerkung hinunter, die ihm auf der Zunge lag. Der Bastard war bereit, seine eigene Tochter zu verkaufen!
„Daddy!“ Gracie sah ihren Vater entsetzt an.
„Fünfundvierzig Minuten.“ Roman ignorierte ihren flehenden Blick.
„Zwanzig.“
Es war unfassbar!
Das Geschacher musste Grace wie ein schlechter Traum vorkommen – als würde sie verkauft wie ein Stück Vieh.
„Dreißig Minuten und keine weniger“, sagte Roman. „Das ist mein letztes Wort. Sonst können Sie selbst sehen, wie Sie klarkommen, alter Mann.“
Sutton war eitel. Die Bezeichnung alter Mann musste ihn verletzen, aber er ließ sich nichts anmerken. „Deal“, sagte er trocken.
Der Mann besaß wirklich weder Skrupel noch Moral. Gracie hatte ihm ihre Hilfe angeboten, aber wenn Roman ihre fassungslose Miene betrachtete, dann bezweifelte er, dass sie an eine solche Situation gedacht hatte. Die Frage war: Würde sie sich darauf einlassen?
Sutton mochte keine Skrupel haben, aber Roman hatte sie. „Was meinst du, Gracie? Dreißig Minuten, um über alte Zeiten zu reden?“
Roman sah, dass sie am liebsten abgelehnt hätte. In diesem Moment bekam Sutton einen Hustenanfall, der ihn nach Luft ringen ließ.
Grace legte ihm die Hand auf die Schulter, bis der Anfall vorüber war. Dann sagte sie beschwichtigend: „Natürlich mache ich es.“
„Ich werde sehen, was ich tun kann“, versicherte Roman nun Sutton. „Aber ich kann nicht versprechen, dass Graham und Brooks einverstanden sind herzukommen.“
„Falls jemand sie dazu bringen kann, dann Sie“, sagte Sutton.
Ein Kompliment? Das grenzte doch wirklich an ein Wunder.
Roman wandte sich an Gracie und lächelte. Das Mitgefühl, das sie ihrem Vater gezeigt hatte, verpuffte vor seinen Augen. Er spürte ihre Anspannung. Spürte ihren Hass auf ihn. Er hatte es nicht besser verdient, aber wenn dies die einzige Möglichkeit war, Gracie zu einem Gespräch zu bewegen, dann war es in Ordnung.
„Wann willst du deine dreißig Minuten?“ Ihr Blick sprach Bände.
„Gleich jetzt.“ Er grinste. Er hatte sich nicht gefreut auf diese Begegnung mit Sutton. Hatte ursprünglich sogar abgelehnt. Der Alte hatte seine ganzen Überredungskünste aufwenden müssen, aber nun war Roman froh, dass er zugestimmt hatte. Falls Sutton geglaubt hatte, die Anwesenheit seiner Tochter würde ihn weich werden lassen, hatte er sich geirrt.
Na ja, vielleicht nicht ganz.
Roman hatte mehr oder weniger erwartet, dass der alte Mann mit einem Trick dieser Art kommen würde, aber als er Gracie im Büro ihres Vaters gesehen hatte, war es doch ein Schock für ihn gewesen.
„Wir können in die Bibliothek gehen“, erklärte Grace steif. Ohne seine Zustimmung abzuwarten, ging sie hinüber.
Wer konnte ihr für ihren Hass Vorwürfe machen, wenn man bedachte, was ihre Familie in der letzten Zeit durchgemacht hatte? Aber sie hatte diesmal alles falsch verstanden. Und sie schuldete ihm eine Chance, seine Rolle in dem Skandal um ihre Familie zu erklären. Weder war es seine Schuld noch seine Absicht gewesen, dass die Winchesters derart an den Pranger gestellt worden waren.
Zumindest nicht diesmal.
Ihre Absätze klackten auf dem Marmorboden, als sie ihn über den Korridor in die Bibliothek führte. Dort hatten sie manchen Sonntagmorgen zusammen auf dem Sofa verbracht und die Zeitung gelesen. Damals, als sie zusammen gewesen waren. Gracie war noch auf dem College gewesen und lebte in der Villa ihres Vaters. Roman hatte das College bereits hinter sich und seinen ersten Job als Privatdetektiv ergattert. Er war dann rasch in den Rängen der Firma aufgestiegen.
Aber er war zu selbstsicher und zu draufgängerisch gewesen. Das hatte ihn zu dem größten Fehler seines Lebens verleitet. Er hatte Nachforschungen über Prominente und Politiker angestellt, denen Verbindungen zur Mafia nachgesagt wurden, und dabei war auch Suttons Name aufgekommen.
Gracie machte zu der Zeit ein Praktikum bei Elite Industries. Sie wurde verdächtigt, Dateien gelöscht und Sutton damit geholfen zu haben, Geld zu waschen. Roman hatte sie mit den Vorwürfen konfrontiert. Sie hatte geschworen, dass nichts davon wahr war. Nie würde ihr Vater sich mit der Mafia einlassen, und sie selbst würde nichts Illegales tun.
Er hatte ihr glauben wollen, aber er war jung und unerfahren gewesen, und die Beweise wirkten so erdrückend, dass er ihr nicht vertraut hatte. Als er seinen Fehler dann endlich begriff, war es zu spät gewesen.
Und er hatte dafür bezahlt.
Der Schmerz in ihrem Blick, als sie ihm Vorwürfe für sein Verhalten gemacht hatte, war fast mehr gewesen, als er ertragen konnte. Aber jeder ihrer Vorwürfe war berechtigt gewesen. Er hätte alles getan, um es rückgängig machen zu können. Aber da er wusste, dass sie ihm niemals verzeihen würde, hatte er nicht einmal versucht, sich zu entschuldigen. Er hatte kein Mitgefühl verdient.
Er hatte seine Karriere in den Sand gesetzt und sich mehr als einen Feind bei der Mafia geschaffen. Im Interesse seiner eigenen Sicherheit verließ er die Stadt.
Er hatte keine andere Alternative gesehen, als zur Army zu gehen und ein neues Leben zu beginnen. Doch dieses neue Leben endete sehr bald mit Gefangenschaft und Folter. Die posttraumatische Belastungsstörung hatte ihn dann gezwungen, auch dieses Kapitel seines Lebens zu beenden.
Wieder hatte er einen Neuanfang gemacht, wieder überzeugt, dass er Erfolg haben würde. Seine Militärausbildung in verdeckten Operationen und sein Status als Kriegsheld brachten ihm die ersten Aufträge ein. Seine gute Arbeit und die Erfolge bei der Lösung auch schwierigster Fälle führten dann dazu, dass immer neue Aufträge kamen. Seine Firma hatte sich in einem Maße entwickelt, wie er selbst es nie für möglich gehalten hätte.
Und diesmal hatte er sich nichts zuschulden kommen lassen, was Gracie und ihre Familie betraf. Er hatte nur seinen Job gemacht. Hatte ihn gut gemacht.
Gracie schloss die Tür zur Bibliothek hinter ihm. Es sah hier genauso aus wie vor sieben Jahren. Überhaupt schien sich in der Villa nichts verändert zu haben.
Roman trat an das große Fenster, das einen Blick über das Grundstück gewährte. Die fast entlaubten Bäume bewegten sich leicht im Wind, der vom Lake Michigan herüberwehte. Der Gärtner war dabei, das Laub zusammenzuharken.
„Was soll das alles?“, fuhr Gracie ihn an.
Er drehte sich zu ihr herum. Sie wirkte alles andere als glücklich mit der Situation, und daran würde sich sicher nichts ändern.
„Wie schon gesagt, ich möchte einfach nur reden.“
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Und was ist, wenn ich es nicht möchte?“
Sie hatte keine Wahl. Langsam ging er zu ihr, ohne ihrem Blick dabei auszuweichen. Er blieb so dicht vor ihr stehen, dass sie den Kopf in den Nacken legen musste, um zu ihm aufzusehen – trotz ihrer High Heels.
„Du musst nur zuhören, Sweetheart.“
Es gehörte einiges dazu, um Grace Winchester aus der Fassung zu bringen, aber er war sicher, dass sie im Moment Mühe hatte, sich nichts anmerken zu lassen. Ihr Selbstvertrauen und ihre Fähigkeiten hatten Roman vom ersten Moment an fasziniert, als ein gemeinsamer Freund am College sie miteinander bekannt gemacht hatte. Grace war jung und hübsch gewesen, besaß einen scharfen Verstand und war höchst motiviert. Er hatte sich sofort zu ihr hingezogen gefühlt. Als er sich mit ihr unterhalten hatte, merkte er, dass sie es auch spürte – diese Anziehungskraft zwischen ihnen.
Er war immer ein sehr praktisch denkender, logischer Mensch gewesen, aber an seinen Gefühlen für diese Frau war nichts Logisches. Sie hatte seine ganze Welt auf den Kopf gestellt. Er begehrte sie. Sehr.
Er hatte keine Ahnung gehabt, wer sie war, bis er Wochen später in der Zeitung ein Foto gesehen hatte, das Gracie und ihre Schwestern mit Sutton bei irgendeiner Spendengala zeigte. Sein Vater war bei der Navy gewesen, und er hatte auf Militärbasen in der ganzen Welt gelebt. Er hatte keine Ahnung gehabt von den höheren Kreisen Chicagos.
Sie waren sich zu dem Zeitpunkt schon sehr nah gekommen, und der Gedanke, dass sie ihm diese Information über ihre Familie vorenthalten hatte, verletzte ihn und ließ ihn ihre Freundschaft infrage stellen.
Er konfrontierte sie mit seinen Vorwürfen, und ihre Erklärung hatte ihm fast das Herz gebrochen.
Sie hatte die Schultern gezuckt, als sei es keine große Sache, und gesagt: „Die Menschen benutzen mich immer, um an meinen Vater heranzukommen. Wenn jemand Interesse an mir zeigt, versuche ich zuerst herauszufinden, ob er ist, wofür er sich ausgibt.“
„Und? Habe ich bestanden?“
Sie lächelte. „Hast du. Vielen Dank dafür, dass du wirklich ein Freund bist.“
In dem Moment begriff er, dass sie nie ein Paar werden würden. Doch genau das hatte er sich gewünscht. Mehr, als sie es sich je würde vorstellen können. Aber sie wollte nur Freundschaft von ihm. Jemanden, der zu ihr stand und ihr half, die Menschen loszuwerden, die versuchten, sie auszunutzen. Es war schockierend gewesen zu sehen, wie viele es waren.
Roman begann, ihre Vorsicht zu verstehen – und Gracie schien sich noch mehr auf ihre Freundschaft zu verlassen. Sollten sie in eine romantische Beziehung schliddern, die schief ging, wäre auch ihre Freundschaft beendet. Und wer würde dann auf Gracie aufpassen? Wer wäre dann ein echter Freund für sie?
Das Risiko wollte er nicht eingehen. Zumindest nicht zu dem Zeitpunkt. Später, nachdem er das College abgeschlossen hatte, war das anders geworden, aber dann war es zu spät gewesen, von der Freundschaft zu etwas anderem überzugehen. Das hatte er jedenfalls zunächst gedacht.
„Ich möchte dir erklären, was passiert ist“, sagte er nun.
„Du meinst, wie du zum zweiten Mal versucht hast, meine Familie zu vernichten?“, konterte sie kühl.
Es war dieses zum zweiten Mal, das ihm an die Nieren ging, und er hörte die Andeutung von Schmerz heraus, die unter dem Zorn in ihrem Tonfall mitschwang.
„Brooks hat mir den Auftrag gegeben, und ich habe meinen Job gemacht.“
„Natürlich!“, höhnte sie. „Indem du Lügen erfunden und Gerüchte über uns gestreut hast. Genau wie beim ersten Mal. Ich weiß, mein Vater ist nicht perfekt, aber ihn der Vergewaltigung zu beschuldigen?“
„Das war nicht ich. Ich hatte nicht die Absicht, Sutton irgendetwas vorzuwerfen, solange ich nicht alle Fakten kannte. Doch Brooks drängte auf Informationen, also habe ich ihm erzählt, was ich zu dem Zeitpunkt hatte. Ich habe gleich dazu gesagt, dass nichts davon abgesichert war, und dass ich mehr Zeit brauchte, um es zu überprüfen. Aber Brooks wollte nicht länger warten. Ich war genauso schockiert wie alle anderen, als er mit dem Material an die Öffentlichkeit gegangen ist.“
Roman hatte nicht gewusst, dass Brooks seine ungesicherten Informationen an die Presse geben würde, und als er es begriff, war es zu spät. Leider hatte auch Graham Newport nicht geahnt, dass Brooks nur noch ein Ziel kannte, nämlich Sutton Winchester und seine Familie zu vernichten, auch wenn die Informationen nur auf Gerüchten und Lügen basierten. Roman konnte nichts mehr gegen die Flut von Spekulationen und Unterstellungen unternehmen, die nach dem Artikel losbrach. Der Schaden war angerichtet.
Es war eindeutig nicht sein Fehler gewesen.
„Es ist ja nicht so, als ob du das erste Mal in so etwas verwickelt wärst.“ Gracie sah ihn herausfordernd an.
„Ich habe schreckliche Fehler gemacht“, sagte er, und seine Offenheit überraschte sie sichtlich. Aber er war fest entschlossen, die Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen, ganz gleich, wie schwer es ihm fiel. „Ich weiß, ich habe dich und deine Familie sehr verletzt. Damit muss ich leben. Aber ich schwöre dir, dass ich nichts von Brooks’ Plan wusste, und dass ich nichts damit zu tun hatte. Ich habe wirklich nur meinen Job gemacht.“
„Nenn mir auch nur einen einzigen Grund, wieso ich dir glauben sollte.“
„Es gibt keinen.“ An ihrer Stelle hätte er es wahrscheinlich auch nicht geglaubt.
Grace schien nicht zu wissen, was sie darauf sagen sollte, während sie in der Vergangenheit immer sehr schnell mit ihrem Urteil gewesen war.
„Ich möchte dich etwas fragen“, sagte er.
Sie schüttelte den Kopf. „Vergiss es. Das war nicht Teil des Deals. Ich soll dir nur zuhören. Es ist doch wieder typisch, dass du dich nicht an dein Wort hältst.“
Der Treffer saß. Sie hatte eindeutig nicht die Absicht, ihm etwas durchgehen zu lassen. Das war die Gracie, die er von früher kannte.
„Du kannst mir eine Antwort geben oder es sein lassen, das liegt bei dir“, erklärte er. „Ich möchte einfach nur wissen, wieso du zugelassen hast, dass Sutton dir das antut.“
Sie runzelte verwirrt die Stirn. Dann siegte ihre Neugier. „Was soll er mir angetan haben?“
„Er macht dich klein und zeigt dir keine Achtung.“
„Das tut er nicht!“, empörte sie sich. „Er liebt mich.“
„Du hast dich so daran gewöhnt, dass du es schon gar nicht mehr registrierst.“ Roman schüttelte den Kopf. Sutton war ein klassischer Soziopath. Roman bezweifelte, dass er überhaupt echte Liebe empfinden konnte. Dazu war er zu sehr von sich selbst eingenommen.
„Was registriere ich nicht?“, fuhr sie ihn an.
„Lass es mich so sagen: Du hast einen Namen, und der lautet nicht Prinzessin.“
Grace verdrehte die Augen. „Das ist ein Kosename, keine Kränkung.“
„Nicht bei einem Meeting“, entgegnete Roman.
Ihre Entschlossenheit geriet ins Wanken. Sie musste zugeben, dass es sie manches Mal störte, wenn ihr Vater sie in gewissen Situationen Prinzessin nannte. Besonders bei geschäftlichen Besprechungen. Aber so war er nun einmal.
„Und noch viel schlimmer ist, dass er dich versteigert hat wie ein Möbelstück, um seinen Willen zu bekommen“, setzte Roman hinzu.
Autsch! Damit hatte er einen wunden Punkt getroffen. Grace musste an sich halten, um nicht das Gesicht zu verziehen. Roman hatte recht. Was ihr Vater ihr heute angetan hatte, war mehr als demütigend gewesen. Unentschuldbar. Aber sie ging nicht davon aus, dass er sie bewusst missachtete. Er war es einfach gewohnt, stets seinen Willen zu bekommen.
Aber wieso rechtfertigt das irgendetwas, fragte eine Stimme in ihrem Innern.
Ganz einfach: Es rechtfertigte nichts. Die Art, wie er sie behandelte, war nicht in Ordnung.
Wieso reagierte sie dann nicht? Niemals hätte er sich gegenüber Nora oder Eve so verhalten. Aber sie hätten es sich auch nicht gefallen lassen. War sie so ein rückgratloses Mäuschen, dass sie alles mit sich machen ließ? Nutzte er ihre Liebe absichtlich aus?
Die Vorstellung verursachte ihr Übelkeit.
Sie konnte es seiner Krankheit zuschreiben, aber damit würde sie sich nur etwas vormachen.
„Niemand hat es verdient, so klein gemacht zu werden“, sagte Roman.
Sie erkannte den Tonfall. Er hatte ihn oft gegen Ende ihrer Beziehung benutzt. Er war wütend. Nicht auf sie, sondern für sie.
Sie hatte keine Ahnung, was das bedeutete, oder wie sie damit umgehen sollte. Wieso spielte es überhaupt eine Rolle für ihn? War das irgendein Trick? Ein Versuch, sie zu manipulieren? Benutzte er sie, um so ihren Vater zu verletzen?
„Du hättest uns beide zum Teufel schicken sollen!“ Roman klang nun wirklich zornig.
Und er hatte recht. Sie hätte es tun sollen. Wieso hatte sie es nicht gemacht? Wieso hatte sie …
Ihr Gedankengang endete jäh. Moment mal! Roman war doch derjenige gewesen, der den Handel vorgeschlagen hatte. War das nicht auch Missachtung gewesen? Wer war er, sich zum Richter über ihren Vater aufzuschwingen? Oder zu ihrem?
Nun war es vorbei mit ihrer Zurückhaltung. „Du bist doch scheinheilig! Hast du vergessen, dass du damit angefangen hast? Du hast mich doch erst in diese Situation gebracht.“
„Das stimmt“, räumte er ein. „Und es war falsch. Aber ich habe nicht erwartet, dass Sutton darauf eingeht. Ich dachte, er würde mich achtkantig vor die Tür setzen. Ich hätte es getan, wenn es meine Tochter gewesen wäre.“
Noch ein Treffer! Verdammt. Und Roman hatte recht. Sollte sie je ein Kind haben, würde sie es niemals einer derart entwürdigenden Situation aussetzen.
„Also wieso bist du nicht einfach gegangen?“, wollte Grace wissen. „Du wolltest ihm doch von vornherein nicht helfen. Es hätte dir doch Spaß gemacht, erst herzukommen und ihn dann hängen zu lassen.“
„Das stimmt, aber jetzt ist es mir wichtiger, mit dir gesprochen zu haben und zu wissen, dass du zugehört hast. Mehr wollte ich nicht.“
„Wieso?“ Sie bedauerte die spontane Frage sofort. Vielleicht war es besser, seine Beweggründe nicht zu kennen. Denn sein Blick …
So hatte er sie immer angesehen, bevor er sie geküsst hatte. Und sie waren sich im Moment so nah, dass er sich nur vorbeugen müsste …
„Offen gestanden will ich es gar nicht wissen“, sagte sie hastig und wich einen kleinen Schritt zurück in der Hoffnung, dass er es nicht bemerkte. Aber das tat er natürlich.
In seinen Augen blitzte ein Lachen auf. „Hast du Angst, dir könnte gefallen, was ich zu sagen habe? Oder hast du ganz allgemein Angst vor mir?“
Es war sicher von beidem etwas. Sie wollte gar nicht weiter darüber nachdenken, aber als er etwas näher kam, konnte sie sich nicht rühren.
„Ich habe keinen Grund, Angst vor dir zu haben.“ Sie hasste es, dass ihre Stimme leicht bebte.
„Ich bin der Bitte deines Vaters nur aus einem einzigen Grund nachgekommen …“ Er beugte sich ein wenig zu ihr herab. Sie wappnete sich für das, was jetzt kommen würde. „Ich hatte gehofft, dich zu sehen.“
Genau das hatte sie befürchtet.
Sein Lächeln verriet, dass es ihm Spaß machte, sie zu quälen. Denn es war in der Tat eine Qual, ihm so nah zu sein und ihn nicht berühren zu können. Wie konnte das sein, wenn sie ihn noch vor wenigen Minuten gehasst hatte?
Nun, vielleicht nicht gehasst. Das war ein sehr starkes Wort. Sie mochten Probleme gehabt haben, aber fehlende sexuelle Anziehungskraft hatte nie dazugehört. Nicht einmal am Ende.
Und offensichtlich auch jetzt nicht.
Im ersten Jahr ihrer Bekanntschaft war ihre Beziehung fest auf der Freundschaftsebene verwurzelt gewesen. Und er war wirklich ihr bester Freund gewesen. Das hatte nichts daran geändert, dass sie heimlich glühend in ihn verliebt gewesen war. Aber er hatte nie ein weitergehendes Interesse an ihr gezeigt, sodass sie irgendwann zu dem Schluss gekommen war, dass sie wohl nicht sein Typ war. Bis sie sich eines Abends nach einem Marathon an Horrorfilmen an der Tür voneinander verabschiedet hatten.
Sie hatte sich auf die Zehenspitzen gestellt, um Roman einen Kuss auf die Wange zu hauchen, und er hatte sich im selben Moment mit der gleichen Absicht vorgebeugt. Irgendwie waren ihre Lippen aufeinander gelandet.
Es hatte die Wirkung eines Urknalls gehabt.
Innerhalb von Bruchteilen von Sekunden starteten sie von null auf hundert durch. Roman hatte gestöhnt und seine Finger in ihr Haar geschoben. Er hatte sie an sich gezogen, und dann konnten sie überhaupt nicht mehr aufhören, sich zu küssen. Ehe sie sichs versah, hatte er sie hochgehoben und trug sie in sein Schlafzimmer. Sie rissen sich gegenseitig die Kleidung vom Leib und fielen eng umschlungen auf das ungemachte Bett.
Der Sex war noch besser gewesen als in ihren kühnsten Träumen, und sie hatte wirklich viele Träume gehabt …
Sie hatten sich die halbe Nacht geliebt und waren schließlich eng umschlungen eingeschlafen. Sie war sicher gewesen, dass der kommende Morgen die Ernüchterung bringen würde. Er würde alles der Flasche Wein zuschreiben, die sie geteilt hatten, und würde sie bitten, dass sie wieder einfach nur Freunde sein sollten. Sie hatte gewusst, es würde ihr das Herz brechen. Allein die Vorstellung, ihn mit einer anderen Frau zu sehen, war ihr unerträglich. Aber sie wollte auf seine Freundschaft nicht verzichten.
Stattdessen hatte er ihr seine Liebe gestanden. Hatte ihr gestanden, dass er sie schon immer geliebt und begehrt habe, und sie hatte vor Erleichterung fast geweint. Danach waren sie unzertrennlich gewesen. Sie hatte ihn von ganzem Herzen geliebt.
Bis er sie hintergangen hatte.
Die Erinnerungen an schöne Tage – und heiße Nächte – verblassten und gefroren zu Eis. Grace überlegte fieberhaft. War Roman hier, um zu erklären, was damals passiert war, oder wollte er sie nur gegen ihren Vater aufhetzen? Diesmal waren nicht Lügen und Beschuldigungen seine Waffe, sondern die Wahrheit. Und die Wahrheit tat weh. Sehr.
Aber wieso sollte sie irgendetwas glauben, das er sagte?
Etwas in Romans Ausdruck veränderte sich. „Hat jemand ein Fenster aufgemacht? Es ist plötzlich ganz frostig geworden.“
„Ich begreife jetzt, was du tust.“ Grace wich vor ihm zurück. „Du versuchst, mich gegen meinen Vater aufzubringen.“
Ein Schatten glitt über seine Züge, und die Temperatur fiel gefühlt nochmals um zehn Grad. „Glaubst du das wirklich?“
Sie hatte ihn verletzt. Pech für ihn. „Du hast es schon einmal versucht.“
„Als jemand, der beide Eltern früh verloren hat, würde ich niemals bewusst einen Keil zwischen Eltern und ihr Kind treiben wollen.“
„Du hast behauptet, mein Vater arbeite mit der Mafia zusammen! Was glaubst du wohl, wie ich mich da gefühlt habe?“
„Ich habe gesagt, ich hätte ihn in Verdacht. Und ich habe es dir nur gesagt, um dir zu helfen. Du hast mir ja ohnehin nicht geglaubt.“
„Womit ich recht gehabt habe. Es hat keinerlei Verbindungen zur Mafia gegeben, oder?“
Roman schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Und ich habe auch kein Geld für ihn gewaschen. Oder Beweise vernichtet. Richtig?“
„Richtig.“ Er hatte den Anstand, Anzeichen von Unbehagen zu zeigen.
„Nach all dieser Zeit kann ich immer noch nicht glauben, dass du das wirklich für möglich gehalten hast. Ich hätte gedacht, dass du mich besser kennst.“
„Es war keine Behauptung, sondern nur eine Vermutung.“
„Du hast es für möglich gehalten, und das ist genauso schlimm …“ Ihr versagte die Stimme.
Sie hatte gedacht, diese Gefühle vergessen zu haben, aber mit einem Schlag war alles wieder da.
„Ich habe einen Fehler gemacht“, bekannte er. „Und es ist seither kein Tag vergangen, an dem ich es nicht bereut hätte.“
Er machte alles nur noch schlimmer, wenn er sich so vernünftig gab. Wenn er zugab, dass er sich geirrt hatte. Wenn sie sich nicht bald in den Griff bekam, würde sie sich hier vor ihm in Tränen auflösen. Sie hatte an sich nicht nahe am Wasser gebaut. Wohl das letzte Mal, dass sie eine Träne vergossen hatte, war gewesen, als Sutton seine Krebsdiagnose bekommen hatte. Und hier versuchte sie nun, einen ganzen Wasserfall zurückzuhalten!
Er musste unbedingt gehen. Sofort.
„Deine Zeit ist um.“ Sie sah nicht einmal auf die Uhr, um zu schauen, ob die dreißig Minuten vorbei waren. Oder hatten es zwanzig sein sollen? Sie konnte sich schon nicht mehr erinnern. Sie hasste es, dass er ihr unter die Haut ging. Dass es ihr etwas ausmachte. „Du musst gehen.“
Er nickte. „Ich finde den Weg hinaus allein.“
Vielleicht ahnte er, dass sie kurz davor war, die Fassung zu verlieren, und wollte ihr diese Szene ersparen.
Sie sah ihm nach, als er zur Tür ging. Dabei bemerkte sie, dass er das linke Bein leicht nachzog. Auf der Schwelle blieb er stehen und drehte sich noch einmal zu ihr herum.
„Vor sieben Jahren dachte ich, ich könnte es vor dir verbergen, dass ich gegen deinen Vater ermittle. Das allein war schon ein Fehler. Und als du es herausgefunden hast, hätte ich dir vertrauen sollen, als du sagtest, es sei nichts dran an diesen Verdächtigungen. Aber ich war jung und arrogant, und ich habe alles falsch gemacht. Ich weiß, ich habe mich nie dafür entschuldigt, aber nur, weil ich nicht erwartet habe, dass du die Entschuldigung angenommen hättest. Oder dass ich deine Vergebung auch nur verdient hätte. Aber ich sage es jetzt: Es tut mir leid, Gracie.“
Ihr Herz schmolz dahin. Am liebsten wäre sie zu ihm gelaufen und hätte sich in seine Arme geworfen, um ihm zu sagen, dass sie ihm verzieh. Dass sie ihm immer verzeihen würde. Aber sie musste einen klaren Kopf bewahren. Sie war bewegt von seiner Aufrichtigkeit, aber sie wusste, sie würde es später bedauern, wenn sie ihn so einfach davonkommen ließ.
Was war außerdem mit dem jüngsten Skandal? Hatte er wirklich nichts damit zu tun? Sie wusste nicht, was sie glauben sollte, also wählte sie ihre Worte mit Bedacht.
„Ich weiß deine Ehrlichkeit zu schätzen.“
Ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Ich verstehe. Du wirst mir verzeihen, wenn du so weit bist. Das ist in Ordnung. Ich habe es nicht eilig.“
Sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte, aber es spielte auch keine Rolle, weil er sich abwandte und ging.
Grace ließ sich in einen Ledersessel sinken und atmete tief durch. Sie war erleichtert, dankbar und gleichzeitig aus irgendeinem Grund merkwürdig enttäuscht. Sie erwartete, dass die Tränen jetzt fließen würden. Erlaubte es ihnen sogar. Aber sie blieben aus.
Was war los mit ihr?
Seit sieben Jahren hatte sie sich diese Begegnung mit Roman ausgemalt, und nun war sie so ganz anders verlaufen als erwartet. Sie hatte ihn sich im Geiste immer selbstsicher und uneinsichtig vorgestellt – ein Mann, den sie nur zu gern gehasst hätte, den sie immer hassen würde. Aber so?
Was sie jetzt empfand, war weit schlimmer als Zorn. Oder Hass.
Sie dachte an das, was Roman gesagt hatte, dass ihr Vater sie kleinmachte.
Sie hasste es, dass er recht hatte. Und hasste sich selbst dafür, dass sie zu Suttons Verhalten schwieg und schon viel zu lange geschwiegen hatte.
Sie hatte seine Achtung verdient. Vielleicht war ihrem Vater gar nicht bewusst, wie sehr sein Verhalten sie verletzte. Statt herumzulaufen und sich zu ärgern, konnte sie Sutton doch einfach sagen, wie sie dazu stand. Vielleicht sah er es ein und entschuldigte sich. Das wäre eine erstaunliche Geste, denn der große Sutton Winchester entschuldigte sich niemals. Für nichts.
Er war in einem kritischen Zustand. Wollte sie es riskieren, ihn aufzuregen oder vielleicht sogar einen Keil in ihre Beziehung treiben?
Nein, sie musste etwas sagen. Das war sie sich selbst schuldig.
Grace ging zurück in das Büro ihres Vaters. Sutton saß immer noch am Schreibtisch. Er war blass und wirkte erschöpft. Er sollte sich im Bett erholen, aber es sah ihm ähnlich, dass er sich bis an die Grenzen trieb.
„Daddy, kann ich dich kurz sprechen?“
„Was ist?“ Er sah nicht auf.
Sie seufzte stumm. Das war kein gutes Zeichen. Er hatte in letzter Zeit ziemliche Stimmungsschwankungen gehabt. „Ich möchte mit dir über das Treffen mit Roman sprechen.“
Er hielt den Blick auf den Bildschirm geheftet, so, als sei sie seine Zeit gar nicht wert. Es tat weh. Sehr weh.
„Was ist damit?“
Als ihre Hände zu zittern begannen, wurde ihr klar, dass das Gespräch schwerer werden würde als angenommen. Sie musste ihren ganzen Mut zusammennehmen.
„Was du getan hast, war falsch.“ Sie konnte sich nicht erinnern, ihn je kritisiert zu haben, und es war offensichtlich, dass es ihm nicht gefiel.
Er sah auf, und sein Blick hätte nicht kälter sein können. „Und was habe ich getan?“
Die Frage war wohl eher: Was hatte sie gerade getan? Er fühlte sich scheinbar nicht gut. Er war so blass. Vielleicht hätte sie einfach den Mund halten sollen.
Aber nun gab es kein Zurück mehr. „Ich wollte nicht mit Roman sprechen, und du hättest mich nicht dazu zwingen sollen.“
„Wir bringen alle Opfer, Prinzessin.“
„Du hast mich nicht einmal gefragt, ob es für mich in Ordnung ist. Du hast mich als Person missachtet. Das war grausam.“
Er fluchte unterdrückt. Er war wütend auf sie, und sie spürte förmlich, wie sie zurückwich, so, wie sie es immer getan hatte.
„Ich hatte einen langen Tag, und ich bin müde.“ Er seufzte. „Ich habe keine Zeit für diesen Unsinn.“
Für ihn waren ihre Gefühle Unsinn? War das sein Ernst?
Es geht ihm nicht gut, sagte sie sich und schwieg. Er starb. Siechte dahin. Für einen Mann wie Sutton musste es die höchste Form der Demütigung sein, seine Kraft zu verlieren.
Und welche Entschuldigung hat er in den sechsundzwanzig Jahren vor Ausbruch seiner Krankheit gehabt, fragte die tückische Stimme in ihrem Innern.
Doch nach allem, was sie heute mit Roman erlebt hatte, konnte sie weder die Kraft noch den Willen aufbringen, diesen Streit durchzufechten. Hätte sie nicht einen Stapel Designzeichnungen auf ihrem Tisch im Büro liegen, wäre sie jetzt nach Hause gefahren und hätte sich ins Bett verkrochen, bis ihr Gefühl der Würde wiederhergestellt war.
Aber das würde sie nicht tun. Sie war eine Kämpfernatur.
„Ich lasse dich allein.“ Sie wollte gehen.
„Ich bin noch nicht fertig mit dir“, knurrte er. Dann schloss er die Augen und rieb sich die Schläfen.
Sie schluckte ihren Stolz hinunter. „Und?“
„Du musst etwas für mich tun.“ Er sah sie an, und jetzt hatte sein Blick wieder etwas Weiches. „Bitte.“
Dieses eine Wort ließ allen Widerspruchsgeist verpuffen. „Natürlich. Was auch immer du möchtest.“
„Ich möchte, dass du dich wieder mit Roman triffst.“
Es dauerte einen Moment, bevor sie begriff. Es konnte nicht sein, dass er das meinte, was sie gehört zu haben glaubte! Nach allem, was sie ihm gerade gesagt hatte? „Wo soll ich ihn treffen?“
„Du sollst Dates mit ihm haben.“ Es war ein Befehl, keine Bitte.
Grace war so entsetzt, dass sie kein Wort über die Lippen brachte. „Was ist, wenn er das nicht will?“, fragte sie schließlich.
„Er will immer noch etwas von dir, das ist deutlich. Ich muss wissen, was er vorhat.“
Roman sollte sich noch für sie interessieren? Schlug ihr Vater etwa vor …
Sutton sah auf und erschrak anscheinend. Offenbar war ihr das Entsetzen deutlich ins Gesicht geschrieben.
„Ich zwinge dich ja nicht, mit ihm zu schlafen“, meinte er, wobei sein Ton jedoch sagte, dass er das durchaus erwarten würde, wäre es für seine Pläne nützlich.
Oder war sie einfach nur überempfindlich? Vielleicht war er nicht ganz bei sich.
„Geh einfach ein paar Mal mit ihm aus. Ihr wart doch gute Freunde. Er wird dir gegenüber offen sein“, bemerkte Sutton.
Wofür hielt er sie? Für einen weiblichen James Bond?
Grace konnte nicht leugnen, dass die Aussicht, Roman zu treffen, durchaus etwas Verlockendes hatte. Rein aus Neugier natürlich. Einfach nur, um zu sehen, wie er sich verändert hatte. Aber das Ganze war doch verrückt.
„Ich weiß nicht, ob ich das tun kann, Daddy. Du weißt, lügen liegt mir nicht.“
„Dann lüg nicht“, sagte er trocken. „Ich habe nicht mehr viel Zeit, Prinzessin, und ich möchte nicht noch einen Skandal um unsere Familie erleben. Brooks ist immer noch entschlossen, uns zu ruinieren, und ich glaube, Roman hilft ihm dabei.“
„Er bestreitet das.“
„Und du glaubst ihm?“
Sie seufzte. Natürlich nicht. Wieso sollte sie? „Nein, das tue ich nicht.“
„Ich muss wissen, was auf mich zukommt, Prinzessin. Du bist die Einzige, der ich vertraue. Du musst es für mich tun.“
Es war wie immer: Sie konnte nicht Nein sagen. „Okay, ich mache es.“
„Hast du ein Date für die Welcome-Home-Gala an diesem Wochenende?“
Roman hatte Benefizveranstaltungen immer gehasst, aber in diesem Fall würde er vielleicht eine Ausnahme machen. Welcome Home war eine Organisation, die sich um verwundete Veteranen und ihre Familien kümmerte.
„Ich werde ihn bitten, mich zu begleiten“, sagte sie und setzte gleich hinzu: „Nur als Freund. Ich will ihm nichts vormachen. Falls er Nein sagt, ist es damit erledigt. Ich werde ihn kein zweites Mal fragen.“
„Vertrau mir, Prinzessin, er wird nicht Nein sagen.“
Wie zum Teufel war er hier gelandet?
Roman saß auf dem Rücksitz der Limousine und sah draußen die Lichter Chicagos an den getönten Scheiben vorbeiziehen. Aber es war das, was es hier drinnen im Wagen zu sehen gab, das ihm die Hitze zu Kopf steigen ließ.
Gracie saß ihm gegenüber. Durch den seitlichen Schlitz in ihrem langen Abendkleid sah er ein wohlgeformtes Bein. Sie hatte immer schöne Beine gehabt, nicht durch schweißtreibendes Training, sondern als Gabe der Natur. Sie unterhielt sich gerade per Handy mit jemandem auf Französisch.
Roman sprach die Sprache gut genug, um zu verstehen, dass es um Geschäftliches ging. Nach einigen Minuten verabschiedete sie sich und ließ das Handy in ihrer Clutch verschwinden.
„Tut mir leid“, sagte sie.
„Das ist schon in Ordnung.“ Sein Blick glitt unwillkürlich wieder zu ihrem Bein. „Ich habe einfach die Aussicht genossen.“
Sie verdrehte die Augen. „Also wirklich!“
Er grinste und deutete auf die Scheiben. „Die Aussicht auf die Stadt natürlich.“
Sie wusste sehr wohl, was er gemeint hatte. Ihm fiel auf, dass sie keinen Versuch machte, ihr Bein zu bedecken.
Es gefiel ihr also, dass er sie ansah. Und ihm gefiel, dass es ihr gefiel. Die vergangenen sieben Jahre hatten sein Verlangen nach ihr in keinster Weise gemindert. Ganz offensichtlich trug sie noch dasselbe Parfum wie damals. Der Duft umgab ihn und löste ein angenehmes Kribbeln in seinem ganzen Körper aus. Sie hatte sich das seidige Haar zu einer Masse blonder Locken frisiert. Darunter erahnte er ihren langen, schlanken Hals, den er gern geküsst hätte.
Als junge Frau war sie süß und vorwitzig gewesen mit einem verschmitzten Lächeln im Blick. Jetzt, mit siebenundzwanzig, war sie einfach umwerfend. Und trotz der Zeit, die vergangen war, und trotz der Probleme zwischen ihnen fühlte er immer noch eine Vertrautheit und eine Nähe zu ihr, die ihn verwirrte.
„Sagst du mir jetzt endlich, worum es hier geht?“
„Was meinst du?“ Sie heuchelte Unverständnis.
„Heute Abend. Deine SMS hat mich überrascht.“
„Ich war selbst überrascht, dass ich sie dir geschickt habe.“
„Du hast neulich nicht genug von mir bekommen, was?“ Er grinste. „Oder du hast kein anderes Date gefunden.“
„Um das klarzustellen: Dies ist kein Date. Zwei Bekannte teilen sich einen Wagen auf dem Weg zu einer Gala. Da es eine Benefizveranstaltung zugunsten verwundeter Veteranen ist, dachte ich, es könnte dich interessieren.“
„Wenn du meinst.“
„Einige der einflussreichsten Köpfe des Landes werden da sein. Du kannst neue Verbindungen knüpfen.“
„Bist du sicher, dass dieses Date, das keines ist, nicht etwas damit zu tun hat, dass du in der Bibliothek darauf gewartet hast, dass ich dich küsse?“
Sie sah ihn verblüfft an. „Wann habe ich das denn gesagt?“
Er grinste. „Das war nicht nötig, Sweetheart. Es ist sieben Jahre her, aber ich kann immer noch in dir lesen wie in einem offenen Buch.“
„Das wage ich zu bezweifeln. Ich bin nicht mehr das vertrauensselige Wesen von damals. Und nenn mich nicht Sweetheart.“
„Wie wäre es mit Prinzessin?“
Sie funkelte ihn nur empört an.
Er zuckte die Schultern. „Tut mir leid, Gracie. Ich dachte, du magst Kosenamen.“
„Und deswegen hast du mich gerade Prinzessin genannt? Roman, du bist nicht halb so charmant, wie du glaubst.“
„Aber immerhin ein bisschen charmant“, sagte er zufrieden und erwartete ernsthaft einen Tritt vors Schienenbein.
Sie verdrehte wieder die Augen. „Ich weiß, dass du dich für charmant hältst.“
„Honey, ich weiß, dass ich es bin.“
Sie ließ das Honey unkommentiert. „Komisch, ich habe dich gar nicht so arrogant in Erinnerung.“
„Und du bist genauso halsstarrig wie immer. Genau wie meine Schwester.“
„Wie geht es April? Wollte sie nicht heiraten?“
Richtig, und Gracie hatte ihn zu der Hochzeit begleiten sollen. Aber dazu war es nicht mehr gekommen. „Sie lebt mit ihrem Mann in Kalifornien. Sie haben Zwillinge, Aaron und Adam.“
Gracie bekam sofort den butterweichen Gesichtsausdruck, den Frauen seiner Erfahrung nach annahmen, wenn es um Kinder ging. „Oh, mein Gott! Zwillinge?“
„Sie hat alle Hände voll zu tun.“
„Wie alt?“
„Am ersten Weihnachtstag ein Jahr.“ Roman hörte den Stolz in seinem Tonfall. Er verwöhnte seine Neffen nach Strich und Faden. Er hatte sie wenige Minuten nach ihrer Geburt auf dem Arm gehalten, und das hatte ein enges Band entstehen lassen. Er würde sein Leben geben für die beiden. Und für April. Nicht dass sie seinen Schutz gebraucht hätte. Sie war eine der stärksten Frauen, die er kannte.
„Ich war gerade zu Besuch, als sie die Wehen bekam. Ihr Mann war zu der Zeit im Einsatz, also habe ich die Geburt mit ihr durchgestanden. Seither habe ich einen ganz neuen Respekt vor Müttern.“
„Siehst du sie oft?“
„Wir skypen einmal die Woche.“
„Sie war immer eine tolle Frau.“ Gracies Ton verriet aufrichtige Bewunderung.
April war nur ein Jahr jünger als Grace, und sie waren beide starke, fähige Frauen, auch wenn sie nicht unterschiedlicher hätten sein können, was ihre Interessen betraf.
April war eher der burschikose Typ. Sie konnte jeden Mann unter den Tisch trinken. Statt das College zu besuchen, hatte sie sich für eine Laufbahn bei der Navy entschieden und jung geheiratet.
Gracie hatte sich dagegen nie für die Ehe interessiert, zumindest nicht bis zum Abschluss des Colleges. Über Kinder oder Familie hatten sie eigentlich nie gesprochen. Roman fragte sich jetzt, ob sie sich je darüber Gedanken gemacht hatte. Aber ihr Wunsch, Designerin zu werden, hatte für sie immer im Mittelpunkt gestanden. Nach allem, was er aus den Medien wusste, war sie äußerst erfolgreich, und ihre Bereitschaft, sich für einen guten Zweck einzusetzen und zu spenden, war legendär.
„Ist April immer noch in der Navy?“, wollte Grace wissen.
„Ja, sie und auch ihr Mann. Im Moment sind sie beide im Inland stationiert, aber wer weiß, was noch kommt.“