Bad Boy on Board - Tina Keller - E-Book
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Bad Boy on Board E-Book

Tina Keller

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Beschreibung

Anna freut sich nach einer herben Liebesenttäuschung auf eine absolute Traumreise. Fünf Wochen lang will sie mit ihrer Familie auf einem Kreuzfahrtschiff durch die USA und die Karibik schippern. Annas Freude steigt ins Unermessliche, als sie statt der gebuchten Balkonkabine eine luxuriöse Suite zugeteilt bekommt. Doch leider hat die Reederei die Suite doppelt vergeben – an einen eingebildeten, wenn auch unverschämt gutaussehenden Geschäftsmann. Da auf dem ganzen Schiff keine einzige Kabine mehr frei ist, müssen sich die zwei notgedrungen die luxuriöse Maisonette Suite teilen. Luca stellt deutlich klar, wie sehr ihm das gegen den Strich geht. Zwischen der vorlauten Anna und dem arroganten Business Guy fliegen ordentlich die Fetzen. Doch so ganz können die beiden nicht abstreiten, dass sie sich auch ungemein anziehend finden. Als Luca Anna ein unmoralisches und gleichzeitig verlockendes Angebot unterbreitet, wird die Reise nicht nur turbulent, sondern auch ausgesprochen prickelnd … Der Roman enthält detaillierte Liebesszenen.

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Seitenzahl: 286

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Anna

Kapitel 2

Anna

Kapitel 3

Anna

Kapitel 4

Anna

Kapitel 5

Anna

Kapitel 6

Anna

Kapitel 7

Anna

Kapitel 8

Anna

Kapitel 9

Anna

Kapitel 10

Anna

Kapitel 11

Anna

Kapitel 12

Luca

Kapitel 13

Anna

Kapitel 14

Anna

Kapitel 15

Anna

Kapitel 16

Anna

Kapitel 17

Anna

Kapitel 18

Anna

Kapitel 19

Luca

Kapitel 20

Anna

E P I L O G

Impressum

Tina Keller

Bad Boy on Board

Humorvoller Liebesroman

Anna freut sich nach einer herben Liebesenttäuschung auf eine absolute Traumreise. Fünf Wochen lang will sie mit ihrer Familie auf einem Kreuzfahrtschiff durch die USA und die Karibik schippern. Annas Freude steigt ins Unermessliche, als sie statt der gebuchten Balkonkabine eine luxuriöse Suite zugeteilt bekommt. Doch leider hat die Reederei die Suite doppelt vergeben – an einen arroganten, unfreundlichen, wenn auch unverschämt gutaussehenden Geschäftsmann. Da auf dem ganzen Schiff keine einzige Kabine mehr frei ist, müssen sich die zwei notgedrungen die luxuriöse Maisonette Suite teilen. Luca stellt deutlich klar, wie sehr ihm das gegen den Strich geht. Zwischen der vorlauten Anna und dem eingebildeten Business Guy fliegen ordentlich die Fetzen. Doch so ganz können die beiden nicht abstreiten, dass sie sich auch ungemein anziehend finden. Als Luca Anna ein unmoralisches und gleichzeitig verlockendes Angebot unterbreitet, wird die Reise nicht nur turbulent, sondern auch ausgesprochen prickelnd …

Kapitel 1

Anna

So ein verdammter Arsch! Das kann doch nicht sein Ernst sein! Mein Exfreund wagt es tatsächlich, mir ein Bild zu schicken, auf dem er freudestrahlend mit seiner Ehefrau und seinem neugeborenen Baby zu sehen ist.

Wir sind überglücklich und möchten dieses Glück gern mit euch teilen steht dort, und es ist wirklich nicht zu übersehen, wie happy die drei sind. Fassungslos starre ich auf die Karte. Die Schrift verschwimmt vor meinen tränenblinden Augen. Tim besitzt allen Ernstes die Frechheit, mich zur Taufe seines Kindes einzuladen. Mich. Die Frau, mit der er bis vor zwei Jahren noch selbst eine Familie gründen wollte. Eigentlich müsste ich die Frau neben ihm auf dem Foto sein.

Wir wollten das alles zusammen haben. Ein Haus im Grünen. Kinder. Tiere. Ein unbeschwertes, sorgloses Leben voller Liebe und Glück. Er und ich. Wir sind so lange eine Einheit gewesen. Schon in der Schule sind wir miteinander „gegangen“ und auch danach blieben wir unzertrennlich. Tim war meine erste große Liebe und ich seine. Es war für uns beide völlig klar, dass wir irgendwann heiraten und Kinder bekommen würden. Daran gab es überhaupt nichts zu rütteln.

Bis zu jenem folgenschweren Tag, an dem er zu einer Weiterbildung verschwand. Wie ich ist er Grafiker und wollte ein neues, revolutionäres Programm testen. Hätte er das bloß bleiben lassen! Als er nach diesem Wochenende zurückkam, war er merkwürdig verändert, sagte nicht viel und blickte mich dauernd irgendwie komisch an. Nach drei Tagen rückte er schließlich mit der Sprache heraus. Er hatte auf diesem Seminar eine Frau kennengelernt, die ihn „völlig umgehauen“ hatte.

„Als sie in den Raum kam und ich sie gesehen habe, wusste ich, dass sie die Frau meines Lebens ist“, erklärte er mir wenig feinfühlig. „Es war schon fast unheimlich.“

Das fand ich allerdings auch. 17 Jahre lang war ich nämlich die Frau seines Lebens gewesen, und es kam mir sehr suspekt vor, dass diese 17 Jahre innerhalb einer Minute überhaupt nicht mehr von Bedeutung waren. Wie konnte das sein? Man sah einen Menschen, hatte noch kein einziges Wort mit ihm gesprochen und wusste, dass man für eine Fremde die Frau verließ, mit der man sein halbes Leben verbracht hatte? War das nicht absolut verrückt?

Ja. Es war absolut verrückt. Tim zögerte nicht eine einzige Sekunde. Für ihn war völlig klar, dass er für Marlen alles stehen und liegen lassen würde, mich eingeschlossen. Mich und meine Träume, die ich für uns beide gehabt hatte. Von einem Tag zum anderen existierte das für ihn nicht mehr, und damit durfte es auch für mich nicht mehr existieren. Ich war am Boden zerstört.

Natürlich dachten alle, Tim durchlebe gerade eine etwas merkwürdige Phase und würde nach einigen Wochen reumütig zu mir zurückkehren. Auch ich glaubte das. Doch so war es leider nicht. Im Gegenteil. Tim zog sofort bei Marlen ein, sie verlobten sich und heirateten nur wenige Monate später. Und jetzt haben sie auch noch in Windeseile ein Kind fabriziert. Offenbar konnte ihnen alles nicht schnell genug gehen. Inzwischen sind sie in ein riesiges Haus gezogen und haben sich damit den Traum erfüllt, den ich so lange mit Tim geträumt habe. Aber wir sind nie über eine Mietwohnung hinausgekommen. Warum hat er das, wovon wir beide so viele Jahre lang geträumt haben, mit dieser Frau in so kurzer Zeit verwirklicht? War ich etwa doch nicht die Richtige für ihn?

Wieder starre ich auf das Bild. So strahlend habe ich Tim selten gesehen. Auch diese Marlen, die man echt nicht als hübsch bezeichnen kann, strahlt mit ihm um die Wette. In der Mitte der beiden prangt das Baby, bei dessen Anblick mir erneut Tränen in die Augen schießen. Es ist ein Mädchen und Tim wie aus dem Gesicht geschnitten. Das ertrage ich nicht. Wie unser Kind wohl ausgesehen hätte? Ich werde es nie erfahren.

Ich schleiche zum Küchenschrank und greife nach der dreihundert Gramm Tafel Nougat Schokolade für besondere Notfälle. Dies ist eindeutig ein Notfall. Am besten, ich verschlinge die ganze Tafel auf einmal, dann bin ich wenigstens betäubt von all dem Zucker. Oder ich löffele das angebrochene Nutellaglas leer. Mir ist jetzt alles egal. Für wen soll ich schlank sein?

Ich habe gerade die ersten beiden Riegel in mich hinein gestopft, als das Telefon klingelt. Eigentlich will ich mit niemandem reden. Trotzdem gehe ich ein paar Schritte in den Flur, damit ich zumindest hören kann, wer mit mir sprechen will. Vielleicht ruft mich Tim an, um zu fragen, ob ich seine Karte erhalten habe und mich für ihn freue, weil er jetzt so glücklich ist.

Wütend schiebe ich mir den dritten Riegel in den Mund. Ich hasse ihn. Ich hasse alle. Ich werde meine Schokolade essen und dann sterben. Sie sollen mich alle zufrieden lassen.

„Anna, Liebes, bist du zu Hause?“, ertönt die Stimme meiner Mutter. „Wenn du da bist, geh bitte ans Telefon. Wir müssen mit dir sprechen.“

Unschlüssig wanke ich ins Wohnzimmer. Eigentlich will ich mit niemandem reden, aber meine Mutter ist eine Ausnahme. Sie schafft es immer, mich aufzuheitern und in ihrer Gegenwart fühle ich mich einfach wohl.

„Hallo, Mama“, melde ich mich etwas verschnupft. „Ja, ich bin zu Hause. Was gibt es denn?“

Meine Mutter macht eine kurze Pause, was recht ungewöhnlich bei ihr ist. Normalerweise redet sie ohne Punkt und Komma.

„Hast du heute Post bekommen?“, erkundigt sie sich vorsichtig.

„Sag bloß, dieser Vollwichser hat euch auch eine Karte geschickt?“, rege ich mich sofort auf und schiele nach dem nächsten Riegel.

Meine Mutter seufzt auf.

„Allerdings. Ich nehme an, dass du mit Voll… äh … Tim meinst.“

„Tim und seine dämliche Karte, auf der er der ganzen Welt sein großes Glück präsentiert“, sage ich bitter und schiebe mir wütend den nächsten Riegel in den Mund.

„Wir fanden das auch eine ziemliche Unverschämtheit“, pflichtet meine Mutter mir bei.

Ihrer Stimme merke ich an, dass sie genauso sauer ist wie ich. Natürlich hasst sie meinen Exfreund. Schließlich hat er ihrer Tochter das Herz gebrochen und ihr vorerst die Aussicht auf Enkel genommen.

„Ist alles in Ordnung?“, höre ich ihre liebevolle Stimme, was mir erst recht Tränen in die Augen treibt.

„Natürlich ist alles in Ordnung“, schniefe ich. „Mein Freund hat mich nach 17 Jahren Knall auf Fall verlassen und konnte nicht schnell genug eine andere heiraten, mit der er sofort ein Kind gezeugt hat. Was sollte in meinem Leben nicht in Ordnung sein? Ich bin überglücklich, dass nun eine andere das hat, was Tim mit mir geplant hatte.“

„Ach, mein Kind, es tut mir so unendlich leid für dich.“

Ich kann die Besorgnis meiner Mutter förmlich spüren. Ich glaube, seit der Trennung lebt sie in ständiger Angst, ich könne mich aus dem Fenster stürzen. Zum Glück wohne ich im Erdgeschoss.

„Ich finde, du solltest mal auf andere Gedanken kommen“, fährt sie fort. „Darum rufe ich an. Dein Vater und ich haben uns etwas für dich überlegt.“

„So, was denn?“, frage ich argwöhnisch.

Wahrscheinlich haben sie sich im Bekanntenkreis nach schwer vermittelbaren Junggesellen erkundigt und wollen mich verkuppeln. Aber darauf lege ich absolut keinen Wert. Ich will alleine bleiben und für den Rest meines Lebens in meinem Schmerz baden.

„Dir würde ein Tapetenwechsel guttun“, findet meine Mutter. „Darum haben wir beschlossen, dir einen Urlaub zu schenken.“

Ich verziehe das Gesicht.

„Nein, danke. Ich habe absolut keine Lust, allein irgendwo rumzuhängen und mir all die verliebten Pärchen anzusehen. Das ist wirklich nichts für mich.“

„Du sollst nicht allein fahren“, informiert mich meine Mutter. „Kannst du dich daran erinnern, dass Maja an Weihnachten von ihrer Kreuzfahrt erzählt hat?“

„Ich erinnere mich dunkel“, knurre ich unwillig. „Aber ich will ganz bestimmt nicht mit Maja und ihrem Freund wegfahren und das fünfte Rad am Wagen sein.“

„Das sollst du ja auch gar nicht“, beruhigt mich meine Mutter. „Maja fährt gar nicht mit. Dein Onkel Burkhard, deine Cousine Barbara und dein Cousin x-ten Grades Dieter stechen in See. Das ist doch eine lustige Truppe. Wir haben gedacht, es wäre toll, wenn du dich ihnen anschließt.“

„Eine lustige Truppe?“, entgegne ich gedehnt. „Onkel Burkhard ist Schwerstalkoholiker und ein notorischer Frauenheld. Barbara ist die streitlustigste und unverschämteste Person, die ich kenne. Dieter ist eigentlich nur mit Essen beschäftigt. Glaubst du wirklich, mit denen könnte ich auf einer Reise viel Spaß haben?“

„Da bin ich mir absolut sicher“, verspricht meine Mutter. „Maja hatte damals auch viel Spaß. Du wärst mal eine Weile von Zuhause weg, würdest neue Eindrücke sammeln und neue Menschen kennenlernen. Das würde dir bestimmt guttun, Kind.“

„Ich weiß nicht“, erwidere ich zögernd. „Außerdem ändert eine Woche überhaupt nichts.“

„Die Reise dauert nicht nur eine Woche“, teilt mir meine Mutter mit. „Es ist eine sehr lange Reise, und du würdest dadurch wirklich Abstand von der Sache mit Tim bekommen. Bist du nicht neugierig, wohin die Reise geht?“

„Wohin geht die Reise?“, frage ich desinteressiert.

Mir ist es wirklich egal. Ich kann mir im Moment keinen Ort vorstellen, an dem ich mich wohl fühlen würde.

„Die drei schippern fünf Wochen lang durch die USA und die Karibik“, erwidert meine Mutter ganz aufgeregt. „Mexiko, Florida, New Orleans, Charleston, die kleinen Antillen – es ist eine absolute Traumreise.“

Ich spitze die Ohren. Nach Amerika will ich schon, seit ich mit 17 für ein Jahr als Austauschschülerin in Kalifornien war. Aber das ist mittlerweile 15 Jahre her und bisher habe ich es immer noch nicht geschafft, wieder in die Staaten zu fliegen. Aber es war immer mein Traum.

„Hört sich nicht schlecht an“, räume ich ein. „Aber das ist viel zu lange und zu teuer.“

„Der Vorteil einer Selbstständigkeit ist, dass man selbst entscheiden kann, wie lange und wie oft man arbeiten muss“, rezitiert meine Mutter.

„Wenn man nicht arbeitet, verdient man aber auch nichts“, hole ich sie auf den Boden der Tatsachen zurück.

Ich kann mich über einen Mangel an Aufträgen zwar nicht beklagen, aber ich kann mich nicht wochenlang ausruhen und gar nichts machen. Meine Fixkosten laufen weiter, und die Kranken- und Rentenversicherung will auch bezahlt werden.

„Du brauchst kaum Geld, wenn du Urlaub machst“, erklärt meine Mutter. „Wie schon gesagt, würden wir dir diese Reise gern schenken, weil du in der letzten Zeit so viel durchgemacht hast. Wir haben immer sparsam gelebt und uns ein hübsches Sümmchen zusammen gespart. Und davon möchten wir dir gern diesen Urlaub schenken, natürlich alles inklusive. Wir bezahlen nicht nur die Reise, sondern auch alles, was unterwegs anfällt wie Ausflüge, Trinkgelder, Getränke und so etwas.“

Ich schüttele den Kopf, obwohl meine Mutter das natürlich nicht sehen kann.

„Mama, das, was ihr euch vom Munde abgespart habt, sollt ihr für euch selbst ausgeben“, finde ich. „Ich möchte von euch nichts geschenkt bekommen. Warum macht ihr nicht selbst diese Reise?“

„Wir können Monty nicht allein lassen“, erwidert meine Mutter.

Monty ist ihr Golden Retriever, der sie seit über zehn Jahren durchs Leben begleitet. Sie hängen so sehr an ihm, dass sie niemals ohne ihn in den Urlaub fahren und ihn auf keinen Fall in eine Hundepension geben wollen. Nein, Monty reist immer mit. Dann geht es eben nur an die Ostsee oder nach Österreich. Hauptsache, der Hund ist dabei. Sie überlassen ihn nicht einmal mir.

„Außerdem geht es im Moment nicht um uns, sondern um dich. Du brauchst unbedingt Urlaub. Die Reise findet in zwei Monaten statt, so dass du genug Zeit hast, um deine Aufträge abzuarbeiten und deinen Kunden zu erklären, dass du fünf Wochen nicht erreichbar bist. Das wird ja wohl möglich sein.“

„Ich weiß nicht“, murmele ich unentschlossen

„Was gibt es da zu überlegen?“, erwidert meine Mutter entrüstet. „Es ist ein richtiger Traumurlaub, du brauchst nichts zu bezahlen, du kannst endlich mal richtig ausspannen, du fährst mit deinen Verwandten. Also, ich weiß wirklich nicht, worüber du noch nachdenken musst.“

Aber ich tue mich schwer damit, diesen Urlaub von meinen Eltern anzunehmen. Sie haben mir schon viel finanziert und ich würde ihnen lieber etwas zurückgeben, anstatt noch einmal einen so großen Batzen Geld anzunehmen.

„Ich muss mal meine Finanzen checken“, erwidere ich. „Ich will nicht, dass ihr mir das alles bezahlt. Das kann ich einfach nicht annehmen. Ich schaue mal, was ich auf dem Konto habe und dann entscheide ich, ob ich die Reise mache oder nicht.“

„Aber Anna, du bist unsere einzige Tochter“, sagt meine Mutter entsetzt. „Wenn wir dir das Geld nicht geben sollen, wem sonst? Außerdem erbst du sowieso alles.“

Darüber will ich nicht einmal nachdenken. Der Gedanke, dass meine Eltern irgendwann nicht mehr da sein werden, ist zu schrecklich, als dass ich ihn überhaupt zulassen könnte.

„Da ist es doch schöner, wenn wir dir jetzt das Geld mit warmen Händen geben können“, findet meine Mutter, womit sie zweifellos recht hat. Trotzdem möchte ich meine Eltern nicht ausnutzen. Ich arbeite schließlich und kann meinen Urlaub selbst finanzieren.

„Ich gucke mir das an“, sage ich. „Auf keinen Fall bezahlt ihr mir die ganze Reise, das steht schon mal fest.“

Die nächste Stunde verbringe ich damit, mir die Kreuzfahrt im Internet anzusehen. Sie startet in Hamburg und dann ist man erst mal neun Tage auf See. Danach führt sie nach St. Maarten, Ochos Rios, Cayman Islands, Mexiko, Cap Canaveral, New Orleans, Miami, Charleston, Oregon. Die Route hört sich wirklich toll an. Ich spüre, wie sich Vorfreude in mir ausbreitet. Ich habe noch nie eine Kreuzfahrt gemacht. Für mich war das immer etwas für Rentner. Auch jetzt weiß ich nicht, wie ich den Gedanken finden soll, fünf Wochen mit viertausend Leuten auf einem Schiff eingesperrt zu sein. Ich kann da ja überhaupt nicht weg, ich bin völlig ausgeliefert. Und was, wenn wir mitten auf dem Atlantik plötzlich in Seenot geraten? So richtig behagt mir diese Vorstellung nicht.

Andererseits ist es sehr verführerisch, dass man sich um nichts kümmern muss. Man kann zu jeder Tages- und Nachtzeit in verschiedenen Restaurants essen, es gibt diverse Diskotheken und Live-Bands sowie ein Theater und es werden viele Kurse angeboten. Langweilen muss man sich nicht. Die Vorstellung, auf einem der zahlreichen Decks zu liegen, mir die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen, umgeben vom tosenden Wasser des Atlantiks, ist schon sehr schön. Einfach relaxen, die Seele baumeln lassen, nichts tun und mich ausruhen. Ja, diese Idee könnte mir gefallen.

Tim war für diese Art Urlaub nie zu begeistern. Er war sehr sportlich und wollte immer aktiv sein. Nur am Strand herumzuhängen war ihm viel zu langweilig. Er wollte Fahrrad fahren, Ski laufen, klettern, laufen, schwimmen. Ich habe gezwungenerweise mitgemacht, aber manchmal hätte ich gern einfach nur gefaulenzt. Das kam für ihn jedoch überhaupt nicht infrage. Und dass wenigstens ich abhing, während er sich seinen Aktivitäten hingab, auch nicht. Er war der Meinung, wir müssten alles gemeinsam unternehmen. Vielleicht haben wir doch nicht so gut zusammen gepasst, wie ich immer dachte.

Seufzend schaue ich mir Bilder des Schiffs an. Eine Kreuzfahrt hätte Tim rigoros abgelehnt, das wäre für ihn gar nichts gewesen. Trotzig setze ich mich auf. Aber jetzt bin ich nicht mehr mit ihm zusammen, also kann ich ruhig eine Kreuzfahrt machen. Niemand wird mir Vorhaltungen machen, wenn ich mich von morgens bis abends faul auf einer Liege herum fläze und mir ein Getränk nach dem anderen servieren lasse. Ich werde nur aufstehen, um die Mahlzeiten einzunehmen oder mich zu duschen. Ansonsten werde ich mich erholen und dazu gehört für mich nicht zwingend, jeden Tag zwanzig Kilometer mit dem Rad zu fahren, was auf einem Schiff ja auch nur schwerlich möglich ist.

Je mehr ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Idee, diese Reise anzutreten. Es wäre mal etwas ganz anderes als die Urlaube, die ich bisher gemacht habe. Ich habe in den letzten Monaten besonders hart gearbeitet, um die Trennung zu vergessen und bin ziemlich erschöpft. Wahrscheinlich würde mir so ein Urlaub, bei dem ich absolut nichts tun muss, wirklich guttun.

Was meine Reisepartner angeht … nun ja. Da sie alle in Berlin wohnen, sehen wir uns nicht oft, nur gelegentlich zu Familienfeiern. Von meinem Onkel Burkhard weiß ich, dass er etwa Mitte 70 und einem Gläschen Alkohol niemals abgeneigt ist. Dieter ist um hundert Ecken mit uns verwandt und ein unauffälliger, ziemlich übergewichtiger Mann, der das Essen immer in sich hineinschlingt, als gebe es kein Morgen. Ich glaube, er hat noch nie eine Freundin gehabt. Also ein ziemlich schräger Geselle.

Meine Cousine Barbara ist mit äußerster Vorsicht zu genießen. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, sagt immer, was sie denkt und ist dabei manchmal sehr verletzend, ohne es zu merken.

Ich muss zugeben, dass ich mir eine charmantere Urlaubsbegleitung vorstellen kann, aber wahrscheinlich ist diese illustre Truppe immer noch besser, als allein zu verreisen. Wobei man mit viertausend Leuten an Bord nicht wirklich allein ist und es viele Veranstaltungen für Alleinreisende gibt. Aber das sieht dann irgendwie so aus, als trage man ein Schild mit der Aufschrift Bin einsam und suche Anschluss vor sich her, und das gefällt mir auch nicht.

Nachdem ich meinen Kontostand gecheckt und meine finanzielle Lage überprüft habe, steht der Reise nichts mehr im Weg. Ich kann sie durchaus selbst bezahlen und komme dabei nicht mal in die Miesen. Allerdings muss ich sofort wieder anfangen zu arbeiten, wenn ich nach fünf Wochen zurückkomme, aber das dürfte kein Problem sein. Jetzt muss ich nur noch meine Auftraggeber davon überzeugen, dass sie einige Wochen auf mich warten. Ich hoffe, sie sehen sich nicht anderweitig um.

Nachdem auch dieser Punkt geklärt ist – alle haben mir versichert, dass sie ausschließlich mich beauftragen werden, – rufe ich meine Mutter zwei Tage später an und teile ihr mit, dass ich die Reise antreten werde.

„Aber ich werde sie selbst bezahlen“, beharre ich. „Darauf bestehe ich.“

Ich kann das Lächeln meiner Mutter durch den Telefonhörer förmlich spüren.

„Ich weiß, dass du immer unabhängig sein willst“, sagt sie sanft. „Aber dann lass uns wenigstens einen Teil dieser Reise bezahlen. Welche Kabine möchtest du denn buchen?“

„Die billigste natürlich, eine Innenkabine“, antworte ich. „Das ist ja wohl klar.“

„Dann würde ich sagen, wir stocken sie zu einer Balkonkabine auf“, erklärt meine Mutter. „Dafür wirst du mir noch dankbar sein. Wir haben unsere erste Kreuzfahrt in einer Innenkabine gemacht, und das war schrecklich. Wir wussten nie, ob es Tag oder Nacht war, dunkel oder hell, und wie das Wetter war. Wenn es etwas zu sehen gab, mussten wir immer oben auf die Decks, aber wir wussten ja nicht mal, wann eine Sehenswürdigkeit an uns vorbeizog. Außerdem hast du die ganze Zeit keine frische Luft, das geht überhaupt nicht. Nein, eine Balkonkabine ist das einzig Wahre.“

„Die kostet aber locker das Dreifache“, wende ich ein. „Das ist die totale Geldverschwendung.“

„Nicht, wenn du den Unterschied kennst“, bleibt meine Mutter stur. „Anna, jetzt stell dich bitte nicht so an und lass dir dieses Upgrade bezahlen. Wir schenken es dir gern. Es ist uns eine Freude, verstehst du das nicht?“

Ich grummele noch eine Weile herum, bis ich mich auf das verlockende Angebot einlasse. Es ist lieb gemeint, aber ich habe trotzdem ein schlechtes Gewissen. Meine Eltern haben ihr Leben lang hart gearbeitet und ich finde, sie sollten sich lieber selbst etwas von ihrem Geld gönnen, anstatt mir eine völlig überteuerte Balkonkabine zu schenken. Aber sie lassen sich nicht beirren und drängen sie mir förmlich auf. Schließlich gebe ich mich geschlagen und willige ein. Dabei nehme ich mir fest vor, ihnen zum nächsten Hochzeitstag ebenfalls eine Reise zu schenken; am besten eine Kreuzfahrt in einer Suite. Aber dafür muss ich noch jede Menge arbeiten.

Als alles unter Dach und Fach ist, merke ich, wie sich eine zaghafte Freude in mir ausbreitet. Zum ersten Mal in meinem Leben werde ich allein Urlaub machen – wenn man von meiner schrägen Verwandtschaft absieht, aber mit der muss ich ja nicht dauernd zusammenhängen. Es ist eine echte Premiere und ich bin sehr gespannt, wie es wird. Ich freue mich riesig auf die fünf Wochen, die vor mir liegen! Ich werde alles dafür tun, damit sie richtig schön werden, denn die letzten Monate waren alles andere als das. Im Gegenteil – sie waren die schlimmsten meines Lebens.

Kapitel 2

Anna

Juhu, es ist so weit! Heute ist der große Tag gekommen, an dem meine erste Kreuzfahrt startet. Ich bin ganz aufgeregt und überprüfe ständig anhand meiner Reiseliste, ob ich irgendetwas vergessen habe. Fünf Wochen sind eine lange Zeit, und ich will nicht ständig etwas nachkaufen müssen. Immerhin habe ich in Erfahrung gebracht, dass man auf dem Schiff sogar seine Klamotten waschen kann. Was für ein Service!

Ich habe ein bisschen Angst, dass es mir zu stressig wird, ständig so viele Leute um mich herum zu haben. Ich bin manchmal ganz gern allein. Aber dann kann ich mich ja in meine Balkonkabine zurückziehen. Jetzt bin ich doch sehr froh, dass meine Eltern mich überredet haben, auf die Innenkabine zu verzichten, denn da würde ich mich wahrscheinlich wie in einem Gefängnis fühlen.

Ach, es wird schon alles gut gehen. Bestimmt werde ich die Zeit in vollen Zügen genießen und sie wird wie im Flug vergehen. Das ist doch immer so, wenn etwas schön ist. Ich freue mich wahnsinnig und habe diesen Urlaub auch bitter nötig.

Ich fahre mit dem Zug von Duisburg nach Hamburg und stehe dann aufgeregt an einer Haltestelle, von der die Passagiere abgeholt werden sollen. Mein Blick fällt auf eine bunte Kosmetiktasche und ich lächele. Die Tasche ist mit Bildern von New York, London, Paris, Rom und anderen Städten bestückt und sieht richtig toll aus. Plötzlich stutze ich. Verdammt! Ich habe doch auch eine Kosmetiktasche gepackt. Wo zum Teufel ist sie? Hektisch blicke ich mich um. Ich habe meinen knallroten Koffer dabei und meinen London-Rucksack auf dem Rücken – aber wo um alles in der Welt ist mein Beauty-Case? Habe ich das etwa im Zug vergessen? Oder habe ich es zu Hause gelassen?

Wo auch immer es ist – es ist jedenfalls nicht hier. Mir fehlen all meine Hygiene- und Kosmetik-Sachen inklusive elektrischer Zahnbürste und Zahnpasta. Ich stöhne auf. Die Reise fängt ja wirklich super an! Weit und breit ist kein Drogerie-Markt zu sehen, und ich habe auch keine Zeit, um erst noch stundenlang einen zu suchen. Ob ich das Nötigste an Bord kaufen kann? Schließlich sind wir jetzt erstmal neun Tage lang auf See, da brauche ich definitiv ein paar Dinge!

Aber was, wenn es an Bord nichts gibt? Ich kann doch nicht eine Woche lang mit ungeputzten Zähnen herumlaufen!

Es hilft alles nichts: Zusammen mit meinem voluminösen Koffer und dem schweren Rucksack trotte ich zurück zum Bahnhof und begebe mich in den ersten Stock, wo ich den größten Rossmann-Markt meines Lebens gesehen habe. Dort starte ich einen Rundumschlag und kaufe alles, was ich brauche – diverses Cremes, eine elektrische Zahnbürste, Zahnpasta, Shampoo, Spülung, Kur, Rasierer, Pinzette, Nagellack, Schminke und einiges mehr. Mit zwei vollen Tüten schleppe ich mich die Treppe hinunter und nehme den zweiten Anlauf zum Shuttle-Bus.

Eine freundliche Frau in einer blauen Uniform lächelt mich an.

„Hallo, waren Sie nicht vorhin schon mal hier?“

Ich nicke erschöpft.

„Ja, war ich. Ich musste noch etwas besorgen.“

„Gehört dieses Beauty-Case vielleicht Ihnen?“

Die Frau hält mir ein schwarzes Handköfferchen hin, das mir seltsam bekannt vorkommt.

„Wo haben Sie das denn her?“, frage ich mühsam beherrscht.

Die Frau zuckt mit den Achseln.

„Es stand hinter einem Mülleimer und jemand hat gesehen, wie Sie es dort abgestellt haben. Dann waren Sie plötzlich weg.“

Ich fasse mir an meinen schmerzenden Kopf. Bin ich jetzt völlig senil? Ich habe die Tasche abgestellt und weiß es nicht mehr? Und dann bin ich losgezogen und habe den ganzen Kram, der sich darin befindet, ein zweites Mal gekauft? Was soll ich denn jetzt mit all dem Zeug?

Ich werfe einen kurzen Blick auf meine Uhr. Die Zeit reicht nicht, um das alles zu Rossmann zurückzutragen, außerdem wäre mir das viel zu peinlich. Wie bescheuert sieht das denn aus, wenn ich zuerst den ganzen Laden leer kaufe und eine Viertelstunde später wieder alles zurückbringe? Die müssen mich doch für völlig bekloppt halten. Nein, diese Schmach werde ich mir ganz sicher nicht antun.

„Vielen Dank. Ja, das ist meine Tasche“, bestätige ich und nehme das Beauty-Case entgegen, das prall gefüllt ist mit all den Dingen, die sich jetzt ebenfalls in den umweltfreundlichen Papier- Tragetaschen von Rossmann befinden.

„Verraten Sie mir Ihren Namen?“, fragt die nette Frau und lächelt mich an.

„Anna Nass“, stelle ich mich vor und die Dame lässt ihren Blick über eine Liste schweifen, um meinen Namen abzuhaken. Sie ist so professionell, um nicht loszuprusten – so, wie ich das gewohnt bin. Meine Eltern haben wirklich einen seltsamen Sinn für Humor gehabt, als sie sich einen Namen für mich überlegten.

Zusammen mit meinem umfangreichen Gepäck wuchte ich mich in den bereitstehenden Bus und lasse mich erschöpft auf einen Sitzplatz niedersinken. Naja, nun kann ich mir wenigstens jeden Tag aussuchen, welche Zahnbürste ich benutzen möchte. Dasselbe gilt für alle anderen Utensilien. Ich bin wirklich eine Chaotin, aber das liegt bei uns in der Familie.

Nach einer 20-minütigen Fahrt hält der Bus an und wir steigen alle aus. Dann laufen wir ein paar Schritte, bis ich in einer Halle in einer endlosen Schlange stehe und ewig warten muss, bis ich an der Reihe bin. Meine Unterlagen werden geprüft und es wird ein Foto von mir gemacht, damit man mich beim Einchecken auf dem Schiff sofort erkennt. Dann werden meine Koffer durchleuchtet und verladen. Das Handgepäck darf ich mitnehmen.

Plötzlich strahlt mich die Schiffsstewardess an, als stünde Robbie Williams höchstpersönlich vor ihr.

„Ich habe noch eine Überraschung für Sie, Frau Nass. Die Reederei freut sich sehr, Ihnen mitteilen zu können, dass wir ein kostenloses Upgrade für Sie haben.“

Ich runzele die Stirn.

„Aber ich habe doch schon eine Balkonkabine gebucht“, erwidere ich.

Die Stewardess nickt.

„Das ist richtig. Das Upgrade bedeutet, dass Sie eine Suite bekommen, Frau Nass. Und nicht nur irgendeine Suite. Sie bekommen die Maisonette-Suite mit 75 Quadratmetern. Sie liegt auf Deck 11 in der Mitte, hat also beste Lage. Herzlichen Glückwunsch.“

Ich starre die Stewardess verständnislos an. Stecken meine Eltern etwa dahinter?

„Aber … wieso das denn?“, stammele ich. „Ich habe doch nicht Geburtstag oder sowas in der Art.“

Die Stewardess strahlt, als dürfe sie zusammen mit Robbie in die Suite einziehen.

„Das machen wir manchmal als Geschenk, wenn jemand zum ersten Mal mit unserer Reederei fährt“, erklärt sie. „Diesmal hat es Sie getroffen. Genießen Sie es, liebe Frau Nass.“

„Haben meine Eltern das arrangiert?“, will ich wissen. „Sie wollten mir unbedingt diese Reise bezahlen, aber ich habe das abgelehnt. Vielleicht haben sie nach einer Möglichkeit gesucht, mir doch noch etwas zu schenken.“

Die Stewardess sieht mich irritiert an.

„Nein, Ihre Eltern haben nichts damit zu tun. Das ist ein Geschenk von uns.“

Ob ich ihr glauben kann? Warum sollte die Reederei das machen? Schon die kleinste Suite kostet ein Vermögen. Ungläubig nehme ich meine Bordkarte entgegen. Eine Suite mit 75 Quadratmetern? Das ist ja größer als meine Wohnung!

Immer wieder blicke ich mich suchend um, aber bei den vielen Menschen habe ich natürlich keine Chance, meine Verwandten irgendwo zu sichten. Naja, ich werde sie noch lange genug am Hals haben.

Vollkommen geplättet stehe ich eine halbe Stunde später in der Princess Suite und kann nur noch staunen. Die Suite hat ein großes Schlafzimmer mit einem King Size Bett im unteren Deck und ein weiteres, kleineres Schlafzimmer mit einem schmalen Bett im oberen Deck. Eine Maisonette Suite auf einem Schiff, ich kann es gar nicht fassen. Unten gibt es ein großzügiges Wohnzimmer mit einer Couch, zwei Sesseln, einem Tisch sowie einem Schreibtisch und einem riesigen Fernseher. Auf beiden Decks gibt es jeweils ein Bad mit einem WC, unten mit einer Badewanne und oben mit einer Dusche. Das Highlight ist allerdings der gigantische Balkon, auf dem zwei Liegen sowie ein Tisch mit vier Stühlen stehen.

Dann schnalle ich wirklich ab, als ich einen Whirlpool auf dem Balkon erblicke. Wie abgefahren ist das denn? Ich kann einen Freudenschrei nicht unterdrücken. Das ist ja wohl der Hammer, dass ich baden und gleichzeitig aufs Meer hinausblicken kann. Was für ein absoluter Wahnsinn! Das muss ich sofort ausprobieren. Schnell streife ich mir meine Klamotten vom Leib und springe in den Pool, der praktischerweise bereits mit warmem Wasser gefüllt ist. Ich bin ganz benommen vor lauter Glück. Diese wahnsinnige Luxus-Suite habe ich fünf Wochen ganz allein für mich! Was bin ich nur für ein Glückspilz! Vergessen sind all die schrecklichen letzten Monate. Jetzt werde ich das Leben in vollen Zügen genießen und mich fünf Wochen lang nach Strich und Faden verwöhnen lassen.

Dankbar und völlig beseelt strecke ich mich in dem warmen Wasser aus und lehne meinen Kopf gegen ein Luftkissen. Das Leben ist schön. Das Leben ist sogar wunderschön. Diese Suite ist die ausgleichende Gerechtigkeit für das, was Tim mir angetan hat.

Ich zucke zusammen, als ich ein Geräusch höre, als ob jemand die Tür öffnet. Das kann nur der Kabinensteward sein. Ich finde es zwar etwas ungewöhnlich, dass er einfach hereinkommt, aber vielleicht ist das hier auf dem Schiff so üblich. Vielleicht weiß er gar nicht, dass ich in der Kabine bin.

Ich vernehme Schritte und rutsche weiter in die Wanne hinein. Zum Glück sprudelt das Wasser und verdeckt mich. Im Übrigen gehe ich davon aus, dass der Kabinensteward sofort wieder verschwindet, wenn er mich in der Wanne liegen sieht.

Im nächsten Moment stoße ich einen gellenden Schrei aus. Vor mir steht mitnichten ein Steward, sondern ein höchst attraktiver Mann, der mich genauso perplex anstarrt wie ich ihn.

„Was machen Sie denn hier?“, rufen wir wie aus einem Mund.

„Also, ich nehme gerade ein Bad“, gebe ich zitternd Auskunft und glotze den Mann an.

Himmel, sieht der gut aus! Er hat ein markantes Gesicht, einen Drei-Tage-Bart, fantastische grüne Augen, dunkle Haare und einen traumhaften, absolut durchtrainierten Körper. Er ist eine wahre Augenweide und könnte glatt als Model arbeiten.

„Das sehe ich, aber warum tun Sie das in meiner Suite? Sind Sie die Kabinenstewardess und wollten die Gunst der Stunde nutzen?“

Auf der Stirn dieses absoluten Traummannes erscheint eine steile Falte, was ihn seltsamerweise noch attraktiver macht.

„Ich bin kein Zimmermädchen“, empöre ich mich. „Ich bin genauso Gast wie Sie. Jedenfalls nehme ich an, dass Sie hier Gast sind.“

„Natürlich bin ich das. Und nicht nur das, ich habe diese Suite gebucht.“ Die Zornesfalte vertieft sich.

„Darum möchte ich Sie eindringlich bitten, sofort meine Räumlichkeiten zu verlassen. Da ich ein netter Mensch bin, werde ich davon absehen, Sie bei der Reederei anzuschwärzen.

---ENDE DER LESEPROBE---