Süße Sommertage am Meer - Tina Keller - E-Book

Süße Sommertage am Meer E-Book

Tina Keller

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Beschreibung

Lena ist am Boden zerstört, nachdem ihr Freund sie verlassen hat. Da kommt es ihr gerade recht, dass sie in einem kleinen Café an der Ostsee aushelfen soll. Sonne, Sommer und viele Eisbecher sind jetzt genau das, was sie braucht! Leider währt die Freude nicht lange: Direkt nebenan eröffnet ein aufgeblasener Muskelprotz seinen Laden Fit for Life. Er dreht genau vor dem Café selbstverliebte Videos und verscheucht damit die Gäste. Außerdem wird er nicht müde, zu behaupten, dass die köstlichen Eiscafé-Kreationen für ein vorzeitiges Dahinsiechen sorgen. Dem wird Lena es jetzt aber mal zeigen! Lena läuft zur Höchstform auf und die Fetzen zwischen ihr und Tom fliegen gewaltig. Es wäre doch gelacht, wenn sie diesem arroganten Schnösel nicht die Stirn bieten könnte! Doch als sie Tom näher kennenlernt, erscheint vieles in einem ganz anderen Licht. Und dann stellt Lena zu ihrer Überraschung fest, dass Tom auch höchst verführerisch sein kann ....

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Epilog

Drei Jahre später

Impressum

Originalausgabe Juni 2024 Süße Sommertage am Meer © Tina Keller, Berlin, Deutschland, 2024

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder andere Verwertung nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

Cover: © Nancy Salchow

Tina Keller

c/o Internet Marketing

und Publikations-Service

Frank W. Werneburg

Philipp-Kühner-Str. 2

99817 Eisenach

[email protected]

Tina Keller

Süße Sommertage

am Meer

Humorvoller Liebesroman

 

Lena ist am Boden zerstört, nachdem ihr Freund sie verlassen hat. Da kommt es ihr gerade recht, dass sie in einem kleinen Café an der Ostsee aushelfen soll. Sonne, Sommer und viele Eisbecher sind jetzt genau das, was sie braucht!

Leider währt die Freude nicht lange: Direkt nebenan eröffnet ein aufgeblasener Muskelprotz seinen Laden Fit for Life. Er dreht genau vor dem Café selbstverliebte Videos und verscheucht damit die Gäste. Außerdem wird er nicht müde, zu behaupten, dass die köstlichen Eiscafé-Kreationen für ein vorzeitiges Dahinsiechen sorgen. Dem wird Lena es jetzt aber mal zeigen!

Lena läuft zur Höchstform auf und die Fetzen zwischen ihr und Tom fliegen gewaltig. Es wäre doch gelacht, wenn sie diesem arroganten Schnösel nicht die Stirn bieten könnte!

Doch als sie Tom näher kennenlernt, erscheint vieles in einem ganz anderen Licht. Und dann stellt Lena zu ihrer Überraschung fest, dass Tom auch höchst verführerisch sein kann ....

Kapitel 1

Es gibt Dinge, die versteht man auch nach Monaten nicht, weil sie so ungeheuerlich sind, dass man sie einfach nicht verstehen kann.

Ich hätte es vielleicht noch nachvollziehen können, wenn mich mein Freund mit meiner besten Freundin betrogen hätte. Es wäre schlimm gewesen, aber immerhin im Bereich des Möglichen.

Aber nein, es war viel schräger. Mein Freund Sebastian hat mich mit meinem besten Freund Ben betrogen. Der Mann, mit dem ich fünf Jahre lang zusammen war, ist schwul. Und das mehr oder weniger schon von Anfang an. Er hat mich all die Jahre an der Nase herumgeführt.

„Ich kann das immer noch nicht glauben“, murmele ich, als ich mit meiner Cousine Barbara in einem schnuckeligen Café sitze und an meinem köstlichen Cappuccino schlürfe.

„Es ist jetzt ein dreiviertel Jahr her – und es kommt mir immer noch total surreal vor. Vor allem kapiere ich nicht, dass ich überhaupt nichts gemerkt habe. Ich meine, mir hätte doch irgendwas auffallen müssen!“

Barbara schüttelt ihren Kopf mit den feuerroten Haaren und den lustigen Giraffen-Ohrringen.

„Was hätte dir denn auffallen sollen?“, gibt sie zurück. „Mit sowas rechnet doch niemand. Und wenn du nicht damit rechnest, achtest du auch nicht auf verdächtige Zeichen.“

„Aber Sebastian hat sich ein halbes Jahr lang mit irgendwelchen dubiosen Kerlen getroffen!“, rufe ich mit überschnappender Stimme. „Das hätte ich doch merken müssen! Irgendwie, irgendwann, an irgendwas!“

„Aber wie denn, Süße?“, fragt Barbara und runzelt die Stirn. „Er hat diese dubiosen Kerle, wie du sie nennst, auf Parkplätzen in der Mittagspause oder nach Feierabend getroffen. Wie hättest du das mitkriegen sollen? Du hast gedacht, er sei im Büro.“

Stöhnend vergrabe ich mein Gesicht zwischen den Händen.

„Das kommt noch erschwerend hinzu“, jammere ich. „Dieses ganze Drumherum, das ich so widerwärtig finde. Wenn er sich wenigstens verliebt hätte! Aber nein. Sebastian hat kein Klischee ausgelassen. Er hat sich in Darkrooms herumgetrieben. Er hat wildfremde Männer, deren Namen er nicht mal kannte, an merkwürdigen Orten getroffen, um schnellen und unverbindlichen Sex zu haben. Das ist so eklig. Und mich hat er nur benutzt. Ich war lediglich seine Vorzeige-Freundin, weil er sich nicht outen wollte.“

„Das tut er meines Wissens immer noch nicht, dieser Feigling“, erwidert Barbara. „Es könnte schließlich seiner Karriere als hochangesehener Anwalt schaden. Wahrscheinlich sucht er sich demnächst eine andere Frau und spielt dieses miese Spiel weiter, anstatt zu sich selbst zu stehen.“

Ich rühre in meinem Cappuccino herum.

„Er ist eben stockkonservativ erzogen worden“, erkläre ich. „Ich möchte mir gar nicht erst ausmalen, was sein Vater sagt, wenn er erfährt, dass Sebastian auf Männer steht. Ich könnte mir vorstellen, dass er ihn enterbt, den Kontakt abbricht und ihm selbstverständlich nicht seine Kanzlei übergibt. Und ich kann verstehen, dass Sebastian große Angst davor hat.“

„Aber deshalb muss er dich noch lange nicht von vorne bis hinten verarschen“, sagt Barbara empört. Ihre Augen funkeln. „Das ist wirklich sowas von gemein! Er hätte sich jemanden suchen können, den er einweiht und der dieses Spiel mitspielt. Oder er hätte Single bleiben können. Es hätte verschiedene Möglichkeiten gegeben. Aber er hat die mieseste aller Möglichkeiten gewählt: Er hat dich nach Strich und Faden belogen. Er hat dich und deine Liebe missbraucht. Und da gibt es überhaupt nichts schönzureden.“

„Nein, das gibt es wohl nicht“, sage ich leise und fühle wieder diesen höllischen Schmerz in der Brust. Wann wird es endlich aufhören wehzutun? Wie lange muss ich diesen Schmerz aushalten? Sollte ich nach neun Monaten nicht endlich über meine Beziehung hinweg sein?

Das offensichtlich sehr verliebte, schwule Pärchen zwei Tische weiter hat mich getriggert und alle Wunden wieder aufgerissen. Plötzlich habe ich Bilder vor Augen, die ich nicht sehen möchte, die mich aber manchmal bis in den Schlaf hinein verfolgen.

Es war die klassische Situation, von der man so oft liest und sich nie vorstellen kann, dass man sie selbst einmal erlebt. Diese absolut blöde Situation, in der man seinen Partner in flagranti erwischt, weil man früher nach Hause kommt.

Ich arbeitete auch damals schon als Architektin in einem Büro mit zwölf Kollegen. An diesem Tag hatten wir eine wichtige Verhandlung mit einem Auftraggeber geführt. Darum hatte ich mich ausnahmsweise schick gemacht und in ein Kostüm geworfen. Nachdem die Besprechung sehr gut verlaufen war, beschlossen wir, frühzeitig Feierabend zu machen und feiern zu gehen. Zu diesem Zweck wollte ich mich umziehen und mein Kostüm gegen eine bequeme Jeans und ein T-Shirt tauschen. Also sprang ich in mein Auto und fuhr nach Hause.

Natürlich informierte ich Sebastian nicht darüber, denn schließlich wähnte ich ihn in seiner Kanzlei. Wir arbeiteten beide immer recht lange und sahen uns unterhalb der Woche selten vor 21 Uhr. Er war beruflich genauso eingespannt wie ich, und für uns war es normal, den Großteil unseres Lebens an unserer Arbeitsstätte zu verbringen. Darüber dachten wir gar nicht weiter nach.

Ich weiß es noch wie heute, wie ich den Schlüssel ins Türschloss steckte und die Haustür aufschloss. Als ich im Flur stand, war irgendetwas anders als sonst, aber ich konnte nicht sagen, was es war.

Dann sah ich eine Lederjacke an der Garderobe hängen, die mir seltsam bekannt vorkam. Ich war sicher, sie schon einmal gesehen zu haben, kam aber nicht darauf, dass sie meinem besten Freund Ben gehörte. Ben war so ungefähr der letzte, den ich in meiner Abwesenheit in unserer Wohnung vermutete. Was sollte er hier, wenn ich nicht da war?

Jedenfalls spürte ich eine merkwürdige Atmosphäre und ging intuitiv auf Zehenspitzen durch die Wohnung. Und dann erstarrte ich. Aus dem Schlafzimmer erklangen Laute, die eindeutig waren. Sehr eindeutig. Und trotzdem war irgendetwas merkwürdig. Es dauerte ein paar Sekunden, bis mir klar wurde, was genau seltsam war.

Ich hörte nicht das Stöhnen einer Frau. Und es war auch nicht nur ein Mann, der seiner Lust durch lautes Stöhnen Ausdruck verlieh. Dann hätte es immer noch Sebastian sein können, der gerade genussvolle Momente mit sich selbst erlebte.

Nein, es waren eindeutig zwei Männer, die sich die Seele aus dem Leib stöhnten. Laut, ungehemmt und animalisch, offenbar völlig entfesselt.

Meine Ohren nahmen diese Laute zwar wahr, aber mein Gehirn weigerte sich, die richtige Schlussfolgerung daraus zu ziehen. Es weigerte sich auch dann noch standhaft, als ich durch den Türspalt blinzelte.

Das erste, das ich in aller Deutlichkeit wahrnahm, war Sebastians hoch aufgerichteter Schwanz – den ich in dieser prallen Form übrigens schon lange nicht mehr gesehen hatte. Das zweite war sein vor Erregung verzerrtes Gesicht.

Und das Dritte war Ben, dessen Ständer ich heute zum ersten Mal kennenlernte. Die beiden Männer rieben sich ekstatisch gegeneinander und waren offenbar völlig im Delirium, in ihrer ganz eigenen Welt.

Ich war wie erstarrt. Ich konnte nicht mehr denken, nicht fühlen, mich nicht bewegen. Wie festgenagelt stand ich im Flur und blickte wie betäubt auf dieses ungeheuerliche Szenario. Es war, als hätte ich mich von mir selbst gelöst und wäre gar nicht mehr da, weil ich die Wahrheit nicht ertragen konnte.

Irgendwann hielt Sebastian inne und starrte zur Tür. Als er mich sah, war das leidenschaftliche Liebesspiel sofort beendet.

„Lena!“, rief er entgeistert und aus seinem beachtlichen Ständer wurde in Sekundenschnelle ein trauriger Hänger. Dieser Anblick war mir durchaus bekannt.

„Lena, was machst du denn hier?“

Endlich kam wieder Leben in mich. Mein Verstand schaltete sich ein und erfasste in aller Deutlichkeit, was gerade passiert war. Der Schmerz fuhr mir wie ein Dolchstoß zwischen die Brust. Und mit dem Schmerz kam eine unbändige Wut. Ich schoss auf Sebastian zu und knallte ihm mit aller Wucht links und rechts eine. Und dann Ben. Einerseits war ich über mich selbst geschockt, denn ich hatte noch nie in meinem Leben jemanden geschlagen. Andererseits fand ich diese Ohrfeigen verdammt angebracht.

„Was ich hier mache?“, schrie ich. „Das sollte wohl eher ich dich fragen! Du vögelst ernsthaft mit meinem besten Freund? Pardon, ich korrigiere mich: Du vögelst ernsthaft mit meinem ehemaligen besten Freund? Kannst du mir das bitte mal erklären?“

Sebastian und Ben wechselten einen merkwürdigen Blick, der mich erst recht auf die Palme brachte. Sie hatten Geheimnisse vor mir. Nicht nur, dass sie miteinander ins Bett gingen. Da war noch viel mehr. Ben wusste mit Sicherheit Dinge über Sebastian, von denen ich nicht die leiseste Ahnung hatte. Er wusste viel mehr über Sebastian als ich selbst. Dabei hatte ich immer gedacht, dass Sebastian mir alles erzählen würde. Und nun musste ich erkennen, dass er mir die wichtigsten Dinge über sich verschwiegen hatte. Die elementarsten Dinge.

Die beiden Männer griffen nach ihren Klamotten, die auf dem Boden lagen und zogen sich in Windeseile an. Ich sah ihnen mit verschränkten Armen dabei zu.

„Willst du jetzt nicht den Spruch bringen, den man üblicherweise in so einer Situation sagt?“, höhnte ich. „Dass es nicht so ist, wie es aussieht und du mir alles erklären kannst?“

Sebastian schüttelte den Kopf und sah plötzlich sehr müde aus. Er blickte mir direkt in die Augen und sein Schmerz spiegelte meinen wider.

„Nein, das will ich nicht“, sagte er leise. „Es ist genauso, wie es aussieht.“

Das war irgendwie noch schlimmer.

„Wie lange geht das schon zwischen euch?“, keifte ich hysterisch. „Hast du plötzlich festgestellt, dass du es auch mit Männern geil findest?“

Die beiden wechselten wieder einen Blick, der mich rasend machte, weil ich spürte, dass sie etwas miteinander verband, das zwischen Sebastian und mir niemals stattgefunden hatte. Dass sie eine ganz eigene Welt miteinander hatten, zu der ich niemals Zugang haben würde.

„Lass uns miteinander reden“, schlug Sebastian vor. „Ich muss dir vieles erklären. Sehr vieles.“

Kapitel 2

Sebastian musste mir tatsächlich eine Menge erklären. Und das tat er auch. Es wurde ein sehr langes Gespräch und ich sagte meinen Kollegen ab. Nach Feiern war mir jetzt wahrlich nicht zumute.

Sebastian erzählte mir seine ganze Lebensgeschichte. Er hatte sich schon als Jugendlicher zu anderen Jungs hingezogen gefühlt, das aber als pubertäre Phase abgetan. Viele Jungs experimentierten in dieser Zeit sexuell mit ihren Freunden, masturbierten gemeinsam oder fassten sich auch mal an. Das war kein Grund zur Sorge.

Aber als er älter wurde, merkte er, dass ihn Männer immer noch stärker interessierten als Frauen. Das versetzte ihn in Angst und Schrecken. Sein Elternhaus war sehr konservativ und sein Vater wetterte regelmäßig gegen „die perversen Schwulen“.

Wenn Sebastian schüchtern einwandte, es sei doch eigentlich egal, wen man liebte, explodierte sein Vater. Das sei gegen die Natur und widerwärtig und unnormal. Er brachte sogar den furchtbaren Satz, dass er sich erschießen würde, wenn Sebastian ihm jemals eröffnen würde, dass er homosexuell sei.

„Es war für mich die Hölle“, gestand Sebastian unter Tränen. „Kannst du dir vorstellen, wie zerrissen ich innerlich war? Mir war längst klar, dass ich stockschwul war und natürlich wollte ich das auch ausleben. Aber andererseits hatte ich furchtbare Angst, dass mich mein Vater verstoßen würde. Und glaub mir, diese Angst war verdammt berechtigt. Mein Vater hätte nie wieder ein Wort mit mir gesprochen.“

Ich saß ganz still da und sah den Mann an, den ich so sehr geliebt hatte und immer noch liebte. Meine Gefühle fuhren Achterbahn. Natürlich verstand ich seine desolate Situation. Ich kannte seinen Vater und wusste, wie unbarmherzig und hart Markus sein konnte.

„Und da hast du dir dann überlegt, dass du dir eine Fake-Freundin zulegst“, warf ich ein. „Du hast dir gedacht, du spielst deinem Vater und der ganzen Welt etwas vor, während du in Wirklichkeit durch die Darkrooms von Berlin ziehst. Aber hast du dir auch mal überlegt, dass da ein Mensch drinhängt, nämlich ich? Findest du wirklich, dass ich das verdient habe?“

Sebastian schloss die Augen und schüttelte den Kopf.

„Nein, so war es nicht“, beteuerte er. „Es war völlig anders. Erstens habe ich meine Neigung niemals ausgelebt, jedenfalls nicht mit realen Männern. Da mussten halt Pornos herhalten. Und dann …“

In seinen Augen glitzerten Tränen, als er mich mit einem Blick ansah, der mir durch und durch ging.

„Und dann habe ich dich kennengelernt, Lena. Du warst so süß und witzig und charmant. Ich war hin und weg von dir. Ich habe mich wirklich Hals über Kopf in dich verliebt. Und ich war glücklich, so wahnsinnig glücklich. Ich dachte, endlich bin ich normal. Endlich kann ich eine Frau lieben. Und verdammt, das habe ich auch getan. Ich habe dich mit Haut und Haaren geliebt. Im Grunde tue ich das immer doch. Ich war glücklich mit dir und dachte, es wird doch noch alles gut.“

Mir saß ein dicker Kloß im Hals.

„Und dann?“, wollte ich mit rauer Stimme wissen. „Was ist passiert, dass das irgendwann offenbar nicht mehr so war?“

„In unserer Kanzlei hatte ein Kollege angefangen, der ganz offen schwul lebte“, berichtete Sebastian. „Bei einer Feier habe ich auch seinen Freund kennengelernt. Ich war fasziniert, wie offen unsere Kollegen mit diesem Männerpaar umgingen. Das lag aber auch daran, dass es für die beiden völlig normal war. Und darum war es auch für alle anderen normal. Und da kam plötzlich eine riesige Sehnsucht in mir hoch, die mich fast umgebracht hat. Ich konnte an gar nichts anderes mehr denken und spürte wieder diese Zerrissenheit, die ich von früher her kannte.“

Stöhnend fuhr er sich mit beiden Händen durchs Gesicht. Ich konnte mich immer noch nicht bewegen. Ich konnte einfach nicht glauben, dass es Sebastian war, der mir diese Geschichte erzählte. Natürlich tat er mir leid und es brach mir fast das Herz. Aber es wäre mir lieber gewesen, wenn mir irgendjemand anders diese Geschichte erzählt hätte. Aber doch nicht der Mann, den ich über alles liebte und mit dem ich seit fünf Jahren zusammen war!

„Und dann… Ich musste es einfach ausprobieren“, fuhr Sebastian sichtlich mitgenommen fort. „So viele Jahre hatte ich davon geträumt und es immer wieder verdrängt. In den Jahren mit dir war das Bedürfnis wirklich weg, aber jetzt kam es mit aller Macht wieder hoch. Und verdammt – ja, ich habe es endlich ausgelebt.“

Ich schluckte schwer. Seine Worte trafen mich mitten in die Magengrube. Schließlich waren es nicht nur Worte. Dahinter steckten Taten und Handlungen, die ich mir gar nicht vorstellen wollte.

„Und ich habe es exzessiv ausgelebt“, berichtete Sebastian heiser. „Ich habe mich auf Parkplätzen mit Männern zum schnellen Sex getroffen. Ich war in Dark Rooms und in der Schwulensauna, wo es auch nur um Sex geht. Ich habe alles ausprobiert.“

Der Schmerz zerriss mich fast. Mir liefen Tränen die Wangen hinunter. Musste er mir das so detailliert erzählen? Eigentlich wollte ich es nicht hören. Mir reichte, was ich heute in unserem Schlafzimmer gesehen hatte. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was das genau bedeutete. Ehrlich gesagt konnte ich es auch nicht.

Der Mann, der mich so oft zärtlich im Arm gehalten und mir versichert hatte, wie sehr er mich liebte, hatte mit namenlosen Männern gevögelt? Das überstieg mein Vorstellungsvermögen bei weitem.

„Es war wirklich nur das letzte halbe Jahr“, beteuerte Sebastian. „Ich bin nicht zweigleisig gefahren. Du hast ja selbst gemerkt, dass wir schon ein halbes Jahr nicht mehr miteinander geschlafen haben. Ich konnte das einfach nicht – du und gleichzeitig irgendwelche Kerle. Nein, das ging nicht.“

Ich räusperte mich. Mir lag eine Frage auf der Zunge, die ich ihm einfach stellen musste. Auch auf die Gefahr hin, dass mir die Antwort wehtun würde.

„Und wie war es?“, fragte ich mit zitternder Stimme. „Wie war der Sex mit Männern – ich meine, im Vergleich zu mir? War es das, was du immer gewollt hast? War es für dich die Erfüllung und Erlösung? Sei bitte ehrlich.“

Sebastian stöhnte auf und presste die Lippen aufeinander. Herzklopfend wartete ich auf seine Antwort.

„Ich fand den Sex mit dir immer schön“, sagte er vorsichtig. „Aber ich kannte ja auch nichts anderes. Ich kannte nur Sex mit Frauen und hatte demzufolge keinen Vergleich. Aber dann… ja, es war eine Offenbarung und etwas völlig Neues für mich. Im Nachhinein habe ich ganz deutlich erkannt, dass ich mich immer verbogen habe. Der Sex mit Frauen war schön, aber einfach nicht meins. Es fühlte sich nicht richtig an. Das weiß ich aber erst, seitdem ich mit Männern zusammen war.“

Ich nickte und holte tief Luft.

„Jetzt, wo ich deinen Hintergrund kenne, wird mir einiges klar“, sagte ich leise. „Du warst nie richtig wild auf mich. Es war nie so, als ob du es gar nicht erwarten konntest, über mich herzufallen. Du warst immer etwas scheu. Du hast zwar alles Mögliche mit mir gemacht, aber ich hatte immer den Eindruck, dass du dich erst dazu überwinden musstest. Ich dachte, es läge daran, dass du nicht so viel Erfahrung hattest und etwas verklemmt bist.“

Wenn ich ganz ehrlich war, war der Sex mit Sebastian nie die große Erfüllung. Er war okay, aber er hat mich nicht in ungeahnte Sphären katapultiert. Allerdings war mir Sex in einer Beziehung auch nie besonders wichtig. Ich fand es wichtiger, dass man ein Gefühl der Zusammengehörigkeit hatte und sich blind miteinander verstand. Und das taten wir. Ich hatte mich noch nie mit jemandem so wunderbar verstanden wie mit Sebastian. Aber vielleicht war es eher eine tiefe Freundschaft und keine richtige Liebesbeziehung. Das geht ja oft ineinander über.

„Ich war scheu, weil es nicht das Richtige für mich war“, gestand Sebastian. „Aber das habe ich immer verdrängt, obwohl es offensichtlich war. Es tut mir so leid, Lena. Ich war einfach feige. Und das mit Ben hätte wirklich nicht sein müssen. Eigentlich wollte ich nur mit ihm reden und ihm mein Herz ausschütten. Ich habe nicht vorgehabt, dass wir miteinander im Bett landen. Lena, es tut mir von Herzen leid. Jetzt habe ich auch noch deine Freundschaft zu ihm auf dem Gewissen.“

Ich war wie betäubt. Der Boden öffnete sich unter mir und ich fiel in eine endlose Dunkelheit. Auch Ben hatte ich immer vertraut. Ich kannte ihn seit über zehn Jahren. Und nun verlor ich auf einen Schlag die beiden wichtigsten Männer in meinem Leben. Ich konnte das alles einfach nicht glauben. Meine ganze Welt stürzte in sich zusammen.

„Und wie soll es jetzt weitergehen?“, fragte ich kraftlos. „Wie hast du dir deine Zukunft vorgestellt? Willst du mit mir zusammenbleiben und dir nebenbei deinen Spaß gönnen?“

Sebastian schüttelte wie in Zeitlupe den Kopf.

„Nein, das kann und will ich nicht mehr“, sagte er fest.

„Lena, es bricht mir das Herz, aber ich werde mich von dir trennen. Ich weiß nicht, ob ich den Mut habe, offen schwul zu leben, aber der erste Schritt ist unsere Trennung. Ich kann und will dich nicht weiter betrügen. Das ist dir gegenüber nicht fair. Und so schräg es sich für dich auch anhören mag: Ich liebe dich. Ich liebe dich wirklich. Liebe ist so viel mehr als nur Sex. Andererseits gehört Sex auch dazu, und ich möchte nicht mehr darauf verzichten. Und beides gleichzeitig geht nicht. Ich muss mich entscheiden.“

Meine Augen brannten und jegliche Energie wich aus meinem Körper.

„Das ist das also das Ende“, flüsterte ich benommen. „Ich habe dich verloren.“

„Vielleicht finden wir uns irgendwann wieder“, sagte Sebastian mit Tränen in den Augen. „Vielleicht können wir irgendwann richtig gute Freunde werden. Ich weiß, dieser Spruch ist ziemlich abgedroschen, aber wenn die Verletzungen geheilt sind, ist das vielleicht wirklich möglich, Lena. Ich wäre jedenfalls sehr glücklich darüber.“

Mit leerem Blick starrte ich ihn an. In diesem Moment konnte ich mir wahrlich nicht vorstellen, dass das jemals der Fall sein würde.

Schlimmer noch: Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, dass ich irgendwann in meinem Leben wieder mit einem Mann glücklich werden würde.

Kapitel 3

Eigentlich wollte ich mich mit dir treffen, um dir einen Vorschlag zu machen“, holt Barbara mich in die Gegenwart zurück. „Und wenn ich sehe, wie sehr du immer noch unter der Trennung von Sebastian leidest, ist das genau das Richtige für dich.“

„Ich kann mir ehrlich gesagt wenig vorstellen, das mich aus diesem emotionalen Loch herausholt“, erwidere ich trübe. „Ganz egal, was ich auch tue – dieser Schmerz ist immer da. Er lauert nur darauf, dass irgendetwas passiert, das ihn wieder an die Oberfläche bringt. Und dieses schwule Pärchen da vorne gibt mir den Rest. Ich weiß ja, dass Sebastian nichts dafür kann, dass er auf Männer steht. Aber das wusste er doch vorher. Er hätte sich gar nicht erst auf eine Beziehung mit mir einlassen dürfen. Er hat zwar gesagt, dass er sich in mich verliebt hat, aber unterschwellig wusste er doch ganz genau, dass es für ihn nicht die Erfüllung war. Er hat sich die ganze Zeit selbst was vorgemacht – und mir auch.“

Meine Lippen zittern. Ich vermisse ihn wahnsinnig. Immerhin hatten wir fünf wunderschöne Jahre, die ich in vollen Zügen genossen habe. Und ich dachte die ganze Zeit, es würden noch viele Jahre folgen. Tatsächlich habe ich Sebastian als den Vater meiner zukünftigen Kinder gesehen. Er war meine Zukunft. Und jetzt ist alles aus. Mist, ich komme einfach nicht darüber hinweg, auch nach all den Monaten nicht.

Barbara greift nach meiner Hand und drückt sie.

„Es tut mir unglaublich leid für dich“, sagt sie mitfühlend. „Ich habe ja gesehen, wie glücklich du mit ihm warst. Auch nach all den Jahren noch. Ihr wart immer so süß zusammen. Ich kann es manchmal selbst kaum glauben. Es ist wie ein böser Traum.“

Sie schüttelt den Kopf.

„Meiner Meinung nach würde dir eine Luftveränderung guttun“, findet sie. „Du musst mal raus aus Berlin und was anderes sehen. Es tut dir nicht gut, immer noch in der Wohnung zu wohnen, in der du mit Sebastian gelebt hast. Dort erinnert dich alles an ihn.“

„Das stimmt“, nicke ich. „Aber es ist fast unmöglich, in Berlin eine bezahlbare Wohnung zu finden. Ich suche ja schon die ganze Zeit. Aber ich kann nicht mein ganzes Gehalt für die Miete ausgeben.“

„Das Problem kenne ich. Eine Wohnung kann ich dir leider nicht besorgen, aber zumindest eine kleine Auszeit.“

„Und an was hattest du gedacht?“, erkundige ich mich, nun doch ein klein wenig interessiert.

„Wir fahren alle zusammen an die Ostsee“, fällt Barbara mit der Tür ins Haus und blinzelt mich vergnügt an. „Du, ich, Onkel Burkhard und Cousin Dieter – auch bekannt als das unverwüstliche Chaos-Team. Wir haben schon viele Reisen miteinander gemacht und viel zusammen erlebt. Eins war es jedenfalls immer: lustig. Wo das Chaos-Team auftaucht, bleibt kein Auge trocken.“

Ich muss trotz allem lachen. Barbara hat mir schon viel von ihren diversen Kreuzfahrten und Ostsee-Urlauben erzählt. Es war immer eine Menge los und es scheint immer sehr lustig gewesen zu sein. Onkel Burkhard und unser weitläufiger Cousin Dieter sind sehr speziell, aber auch sehr liebenswert. Jedenfalls hat man mit ihnen immer eine Menge Spaß.

„Fahrt ihr wieder nach Seelingsdorf zu Nina und hütet ihre Pension?“, erkundige ich mich.

Barbara schüttelt den Kopf.

„Nein, wir fahren nicht nach Seelingsdorf. Diesmal geht es in einen malerischen Ferienort auf Rügen namens Merlingsberg. Dort hat eine Freundin von mir letztes Jahr ein Eiscafé eröffnet. Du kennst sie – es ist Claudia. Leider hat sie sich den Fuß verknackst und kann nicht richtig auftreten. Und die Saison beginnt jetzt. Claudia kann es sich finanziell nicht leisten, das Café zu schließen. Und sie kann auch niemanden bezahlen. Aber das muss sie auch nicht. Sie lässt sich das Eis liefern, und wir bedienen die Gäste. Da wir sicher viel zu tun haben werden und ich Burkhard und Dieter die Lauferei nicht zutraue, habe ich gedacht, ich frage dich mal. Es wird ja wohl nicht so schwer sein, mit dem einen oder anderen Eisbecher herumzulaufen, oder?“

Ich grinse meine Cousine an.

„Nein, das ist nicht besonders schwierig“, bestätige ich. „Ich habe während meiner Studienzeit oft gekellnert, auch in einem Eiscafé. Das ist überhaupt kein Problem.

---ENDE DER LESEPROBE---