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Der Journalist Luke kann sein Unglück kaum fassen: Kurz vor Weihnachten wird er dazu verdonnert, eine Artikelserie über „die magischen Weihnachtsplätze Londons“ zu schreiben. Luke kann sich nichts Schlimmeres vorstellen, als durch festlich geschmückte Straßen zu stapfen, denn für ihn ist Weihnachten nichts als Kitsch und Kommerz. Höchst widerwillig nimmt er zu Recherche-Zwecken an einer Weihnachts-Tour durch London teil. Diese wird von der quirligen Holly durchgeführt, einer Reiseleiterin mit einer Schwäche für alles Festliche. Missmutig lässt Luke sich auf das Abenteuer ein. Holly zeigt „dem Grinch“ die festlichen Schönheiten Londons und erinnert ihn daran, was er längst vergessen hat: das Staunen und die Freude, die die Feiertage mit sich bringen. Luke erlebt ein Weihnachtswunder, das ihn nicht nur verzaubert, sondern auch sein Herz berührt. Mit jedem neuen Schneeflockenwirbel und jeder festlichen Station kommen sich die beiden näher. Doch wird Luke bereit sein, sein Herz für eine Liebe zu öffnen, die so unwiderstehlich ist wie der Zauber eines ersten Schneekusses?
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Luke
Kapitel 2
Holly
Kapitel 3
Luke
Kapitel 4
Holly
Kapitel 5
Luke
Kapitel 6
Holly
Kapitel 7
Luke
Kapitel 8
Holly
Kapitel 9
Luke
Kapitel 10
Holly
Kapitel 11
Luke
Kapitel 12
Holly
Kapitel 13
Luke
Kapitel 14
Holly
Kapitel 15
Luke
Kapitel 16
Luke
Kapitel 17
Holly
Kapitel 18
Luke
Kapitel 19
Holly
Kapitel 20
Luke
Kapitel 21
Luke
Kapitel 22
Holly
Impressum
Zuckersüße Winterküsse
Originalausgabe Dezember 2024
Tina Keller, Berlin, Deutschland
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder andere Verwertung
nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.
Cover: © Tina Keller
unter Verwendung von KI DALL-E
Tina Keller
c/o Internet Marketing
und Publikations-Service
Frank W. Werneburg
Philipp-Kühner-Str. 2
99817 Eisenach
Tina Keller
Zuckersüße
Winterküsse
Liebesroman
Der Journalist Luke kann sein Unglück kaum fassen: Kurz vor Weihnachten wird er dazu verdonnert, eine Artikelserie über „die magischen Weihnachtsplätze Londons“ zu schreiben.
Luke kann sich nichts Schlimmeres vorstellen, als durch festlich geschmückte Straßen zu stapfen, denn für ihn ist Weihnachten nichts als Kitsch und Kommerz.
Höchst widerwillig nimmt er zu Recherche-Zwecken an einer Weihnachts-Tour durch London teil. Diese wird von der quirligen Holly durchgeführt, einer Reiseleiterin mit einer Schwäche für alles Festliche.
Missmutig lässt Luke sich auf das Abenteuer ein. Holly zeigt „dem Grinch“ die festlichen Schönheiten Londons und erinnert ihn daran, was er längst vergessen hat: das Staunen und die Freude, die die Feiertage mit sich bringen. Luke erlebt ein Weihnachtswunder, das ihn nicht nur verzaubert, sondern auch sein Herz berührt.
Mit jedem neuen Schneeflockenwirbel und jeder festlichen Station kommen sich die beiden näher. Wird Luke bereit sein, sein Herz für eine Liebe zu öffnen, die so unwiderstehlich ist wie der Zauber eines ersten Schneekusses?
Luke, du wirst dieses Jahr den Bericht über die schönsten Weihnachtsplätze Londons übernehmen.“
Mein Chefredakteur Nathan grinst mich an. Ich erstarre zur Salzsäule, als hätte er gerade angeordnet, ich müsse den Weihnachtsmann spielen und höchstpersönlich Geschenke ausliefern.
„Was… warum… wieso ausgerechnet ich?“, stammele ich verstört.
Nathan lehnt sich zurück und verschränkt die Hände hinter dem Kopf.
„Alex hat sich mit einem hartnäckigen Virus ins Bett gelegt, und wir können nicht warten, bis er wieder fit ist. Das heißt, du bist ab sofort unser neuer Weihnachtsreporter.“
Ich schüttele den Kopf.
„Weihnachten ist nicht gerade mein Fachgebiet, wie du weißt“, teile ich Nathan mit. „Ich bin sicher, jemand anders wäre viel geeigneter für diese Aufgabe.“
Der Gedanke, durch überfüllte Straßen voller Weihnachtsenthusiasten zu ziehen, um über Glühweinstände und Schneeflocken zu berichten, fühlt sich an wie ein Alptraum.
Nathan lächelt schief.
„Es ist aber niemand sonst frei, und es wird langsam knapp mit der Deadline.“
Ich schnaube leise und lasse mich in meinem Stuhl zurücksinken.
„Während meine Kollegen an spannenden Reportagen arbeiten, stapfe ausgerechnet ich über die Weihnachtsmärkte?“, rege ich mich auf. „Ich fange den ‚Zauber der Weihnacht‘ in Worten ein und vermittele den Lesern, wie herrlich es ist, von blinkenden Rentieren und Zimtduft umgeben zu sein?“
„Das trifft es ziemlich genau“, erwidert Nathan ungerührt und schiebt mir einen Ordner zu.
„Hier hast du ein paar Ideen, die dich vielleicht in Weihnachtsstimmung bringen.“
Weihnachtsstimmung… Ich spüre, wie sich mein Magen zusammenzieht. Für mich ist das alles nur ein überzuckertes Spektakel. Kitsch und Kommerz in reinster Form zu einer Jahreszeit, in der ohnehin alle viel Stress haben. Aber Nathans Blick verrät mir, dass er keine Widerrede duldet.
„Komm schon, Luke.“
Seine Stimme nimmt einen sanfteren Ton an.
„Sieh es mal so: Vielleicht entdeckst du etwas an Weihnachten, das dir gefällt.“
„Das kann ich mir kaum vorstellen“, murre ich. „Was ist mit Sarah? Sie hat eine Schwäche für Weihnachten. Sie könnte locker darüber schreiben, wie zauberhaft die festlichen Lichter in der Oxford Street funkeln und wie himmlisch der Glühwein duftet.“
Ich schiebe den Ordner von mir weg.
Nathan schüttelt den Kopf.
„Sarah ist mitten in einer Reportage über die Londoner Immobilienkrise. Unabkömmlich.“
„Okay, dann vielleicht Matt?“
Matt ist ein Ass, wenn es um diese Art von Geschichten geht. Es fällt ihm leicht, Emotionen einzufangen, und er hat einen charmanten Stil, der perfekt zu Weihnachten passt.
„Matt hat gerade die Story über das geplante Recyclingprojekt übernommen. Deadlines bis zum Hals“, entgegnet Nathan trocken.
Ich lehne mich weiter vor.
„Was ist mit Liz? Die hat vor zwei Jahren diese preisgekrönte Reportage über den Weihnachtsmarkt in Edinburgh gemacht.“
Nathan schüttelt erneut den Kopf.
„Liz ist ab morgen in Indien unterwegs. Außerdem könnte ich dir auch sagen, dass es nicht nur darum geht, wer gerade frei ist. Ich habe dir diesen Auftrag anvertraut, weil ich glaube, dass er in deinen Händen zu etwas ganz Besonderem wird.“
„Zu etwas ganz Besonderem“, wiederhole ich genervt. „Nathan, wie wäre es mit einem Tausch? Ich übernehme Matts Recyclingprojekt und er das ‚Weihnachtswunder London‘.“
„Nein, Luke. So läuft das nicht“.
Nathan sieht mich entschieden an.
„Der Auftrag ist dir zugedacht. Punkt.“
Ich seufze theatralisch und versuche irgendwie, meinen Chef zu hypnotisieren. Nathan weicht meinem Blick nicht aus. In seinen Augen liegt eine Beharrlichkeit, die er manchmal aufbringt, wenn er davon überzeugt ist, dass seine Entscheidung genau richtig ist. Ich ziehe meine Augenbrauen hoch.
„Also gut, Nathan. Aber beschwer dich hinterher nicht, wenn ich einen Artikel schreibe, der die Schattenseiten von Weihnachten beleuchtet. Ein bisschen Realität könnte den Lesern nicht schaden. Dass die ganzen Lichter den Verkehr lahmlegen oder Weihnachten nur noch aus Kitsch und überteuerten Geschenken besteht.“
Nathan lacht, doch sein Blick bleibt gelassen.
„Du kannst schreiben, was du willst, Luke. Aber ich habe das Gefühl, dass dich der Weihnachtszauber trotzdem packen wird. Früher oder später.“
Ich schnaube. Weihnachtszauber… niemals!
Nathan klopft mit einem Grinsen auf den Ordner, der zwischen uns auf dem Tisch liegt.
„Nimm dir einfach ein bisschen Zeit und sieh dir die Stadt mit offenen Augen an. Vielleicht gibt es ja ein Weihnachtswunder, das selbst dich überrascht.“
„Darauf würde ich nicht wetten“, antworte ich und greife widerwillig nach dem Ordner.
„Zu deiner unermesslichen Freude handelt es sich nicht nur um einen einzelnen Artikel“, fährt Nathan fort.
Er scheint das Entsetzen in meinem Blick förmlich zu genießen.
„Es wird eine ganze Serie. Jede Woche soll ein Bericht über ein neues weihnachtliches Highlight in London erscheinen. Vier Wochen lang.“
„Eine Serie?“
Ich starre ihn an, als hätte er den Verstand verloren.
„Du willst wirklich, dass ich die nächsten Wochen durch sämtliche Weihnachts-Veranstaltungen stapfe und jede verdammte Lichterkette beschreibe?“
„Genau das“, bestätigt Nathan, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Vom Winter-Wonderland bis zur Weihnachts-Beleuchtung in Covent Garden und den Eislaufbahnen am Somerset House – alles. Wir wollen unseren Lesern ein umfassendes Bild der magischsten Weihnachts-Traditionen geben.“
Mir entfährt ein Stöhnen.
„Klingt entsetzlich“, knurre ich und schlage den Ordner missmutig auf.
Die Seiten sind voll mit Ideen für „winterliche Must-Sees“ und „herzerwärmende Festivitäten“, und bei jeder einzelnen wächst mein Widerstand gegen dieses Projekt. Während ich auf die Liste starre, kann ich nur daran denken, wie ironisch es ist, dass ausgerechnet der größte Weihnachtsmuffel die Stadt durch die rosarote Brille eines Festtagsfans sehen soll. Ich habe echt die Arschkarte gezogen.
Ich lasse den Ordner sinken und blicke gedankenverloren auf die Kaffeeflecken, die sich auf Nathans Schreibtisch wie kleine, chaotische Landkarten ausbreiten.
Seit wie vielen Jahren arbeite ich schon hier? Zehn, zwölf? Nathan hat mich als frischen, jungen Reporter eingestellt, als ich gerade mit meinem Journalismus-Studium fertig war. Er hat mir eine Chance gegeben, die ich damals kaum fassen konnte. Ich habe mich in die Arbeit reingekniet und jede Herausforderung angenommen, die mir vor die Füße fiel.
Mit der Zeit wurden aus kleinen Artikeln größere Berichte. Ich habe über alles geschrieben – von Londons besten Restaurants über kulturelle Insidertipps bis hin zu investigativen Reportagen, bei denen ich monatelang recherchiert habe. Manchmal habe ich mich so tief in meinem Job vergraben, dass ich kaum noch wusste, wie Tageslicht aussieht.
Aber das war es wert. Ich lebe für das Schreiben, das Eintauchen in neue Themen, die Spannung, die Recherche und das Gefühl, den Lesern etwas zu geben, das sie zum Nachdenken bringt.
Und ich fühle mich in der Redaktion wie zu Hause. Das Team ist großartig und der trubelige Alltag hat etwas Vertrautes. Hier weiß ich, was ich kann und was von mir erwartet wird Dieses Büro mit seinen halbleeren Kaffeetassen und Papierstapeln bis zur Decke ist ein Ort, an dem ich gern bin.
Aber jetzt … Weihnachten? Eine Serie über die schönsten Weihnachtsplätze? Ich bin doch kein Kitsch-Journalist! Und erst recht bin ich kein Romantiker, der darüber schreiben kann, wie wunderbar es ist, durch festlich geschmückte Straßen zu schlendern und das Glitzern der Weihnachtslichter zu bestaunen. Das ist einfach nicht mein Terrain.
Ich bin eher der Typ, der hinter die Kulissen schaut und kritische Fragen stellt. Und jetzt soll ich mich durch Glühweinstände kämpfen und über festliche Deko-Highlights berichten? Das ist doch völlig absurd!
„Nathan“, setze ich erneut an. „Wenn du dir einen Anti-Weihnachts-Artikel wünschst, in dem ich zeige, dass alles völlig übertrieben und reiner Kommerz ist, dann bin ich dabei.“
Doch Nathan bleibt stur, und leider ist er mein Vorgesetzter. Ich werde diese verdammte Serie also schreiben müssen.
Etwas Schlimmeres hätte mir gar nicht passieren können.
Es ist die Zeit im Jahr, die ich am meisten liebe. Die Lichter, die Farben, der Duft von frisch gebackenen Mince Pies. Ganz London verwandelt sich in ein Winter-Wunder-Land, und ich habe die Ehre, Menschen genau das zu zeigen. Die Weihnachtszeit ist für mich der absolute Höhepunkt des Jahres, und meine Touren, mit denen ich heute beginne, sind wie das Sahnehäubchen auf der Torte.
Normalerweise bin ich als Reiseleiterin unterwegs und führe Touristen durch historische Viertel und die berühmtesten Sehenswürdigkeiten. Aber in den letzten Jahren habe ich mich auf saisonale Touren spezialisiert. Ich liebe es, die Leute mit Geschichten zu fesseln und ihnen Seiten von London zu zeigen, die sie noch nicht kennen.
Die Weihnachtstour ist etwas ganz Besonderes, mein absolutes Herzensprojekt. Seit drei Jahren leite ich sie, und jedes Mal ist es einfach magisch. Ich freue mich wie ein Kind darauf, wenn ich die Touren plane. Von Covent Garden bis zum Winter-Wonderland, von geheimen Weihnachtsmärkten in verwinkelten Straßen bis zur eindrucksvollen Lichtershow auf dem Trafalgar Square. Ich liebe es, wenn ich den Menschen ein kleines bisschen von meiner Weihnachtsfreude mitgeben kann.
Heute starte ich voller Vorfreude. Meine Gäste sind in ein paar Stunden da, und ich habe schon alles bis ins Detail vorbereitet. Die besten Orte, die spannendsten Geschichten und eine kleine Überraschung am Ende der Tour. Wenn alles glattgeht, werde ich ihre Augen zum Leuchten bringen, wie es nur in der Weihnachtszeit geschehen kann.
Mit einem großen Schild, auf dem Holly’s Weihnachtstraum steht, finde ich mich überpünktlich am Trafalger Square ein. Die ersten Gäste stehen bereits fröhlich plaudernd beisammen. Einige von ihnen haben Rentiergeweihe oder blinkende Weihnachtsmützen auf dem Kopf. Mein Herz macht einen kleinen Sprung, als ich die Gruppe sehe. Die Leute sind definitiv in Weihnachtsstimmung.
„Willkommen, willkommen! Ich bin Holly, und ihr seid meine wunderbaren Weihnachtsentdecker für heute!“, rufe ich fröhlich und breite die Arme aus, während ich meine Gäste herzlich begrüße.
„Und die bestgekleidete Teilnehmerin des Abends sind definitiv... Sie!“
Ich deute auf eine Frau in einem Pullover, der ein Rentier mit einer roten, blinkenden Nase zeigt. Sie lacht und verbeugt sich scherzhaft.
Natürlich bin auch ich standesgemäß gekleidet. Ich trage einen knallroten Mantel, der mit weißem Kunstpelz an Kragen und Ärmeln verziert ist. Er ist ein echter Hingucker, ganz im Stil des klassischen Weihnachtsmann-Looks, nur eben stilvoller. Darunter trage ich meinen smaragdgrünen Pullover mit einem Rentiermotiv. Dazu habe ich mir eine rote Mütze mit kleinen Schneeflocken aufgesetzt und meine glitzernde Mistelzweig-Brosche am Schal befestigt.
Meine kuscheligen Handschuhe sind mit Schneeflocken bestickt. Meine Stiefel haben Glöckchen, die bei jedem Schritt klingeln. Ich liebe es!
„Hallo, hallo! Wie ich sehe, sind wir hier alle bereit für die Feiertage.“
Ich zwinkere einem Mann zu, der ein Rentiergeweih auf dem Kopf trägt, das bei jedem Schritt wackelt.
„Wenn das kein Hingucker ist! Sie könnten glatt als mein persönlicher Assistent durchgehen.“
„Das mache ich doch gerne, Miss Holly“, lacht er dröhnend.
Ich verteile Beutel mit Lebkuchen und Plätzchen, die ich selbst gebacken habe.
„Für euch, ihr Lieben. Eine süße Einstimmung auf den Abend. Schließlich kann man auf einer Weihnachtsmission nicht ohne Proviant losziehen.“
Alle lachen und sind bester Laune. Nur einer bleibt ungerührt und mustert die Umgebung mit einem Gesichtsausdruck voller Skepsis und Widerwillen. Es ist ein attraktiver Mann in meinem Alter mit ernstem Blick. Er hat die Hände tief in den Taschen vergraben und sieht aus, als wäre er nicht ganz freiwillig hier. Er trägt keinen Weihnachtspulli, keine blinkende Mütze, nichts Festliches. Das muss wohl Mister Grinch persönlich sein.
„Ein herzliches Willkommen auch an unseren Weihnachtskritiker!“
Ich gehe grinsend auf ihn zu und reiche ihm ebenfalls einen Beutel.
„Wir bringen Sie schon noch in Stimmung, versprochen.“
Er sieht mich kurz an, nimmt den Beutel und murmelt ein unwirsches „Danke“. Keine Spur von Begeisterung.
„Na, dann. Weihnachten kann jetzt offiziell starten“, rufe ich fröhlich in die Runde.
Mister Grinch alias Mister Ich-hab-keinen-Spaß-an-Weihnachten verschränkt griesgrämig seine Arme und guckt muffig in die Gegend. Aber er wird schon noch auftauen, davon bin ich überzeugt.
Vor uns steht ein gewaltiger Weihnachtsbaum, und ich kann das vertraute Staunen in den Gesichtern meiner Gäste sehen. Der Baum ist wirklich beeindruckend: Er ist 25 Meter hoch und nimmt fast den ganzen Platz ein mit seinen ausladenden Zweigen. Seine unzähligen Lichter sind wie funkelnde Sterne, einfach wunderschön.
„Wow!“, ruft eine Frau mit einem blinkenden Rentiergeweih und klatscht begeistert in die Hände.
„Der ist ja noch größer, als ich ihn in Erinnerung hatte.“
Ein Paar stimmt zu, und ich sehe, wie alle ihre Handys zücken, um Fotos zu machen.
„Ist der Baum nicht spektakulär?“
Ich stoße dem Grinch freundlich in die Seite, doch er verzieht keine Miene.
„Und wisst ihr, das hier ist nicht nur irgendein Weihnachtsbaum“, erkläre ich. „Dieser Baum wird seit den 40er-Jahren jedes Jahr von Norwegen gespendet. Es ist ein Dankeschön an Großbritannien für die Unterstützung im Zweiten Weltkrieg.“
Ein Raunen geht durch die Menge.
„Das wusste ich gar nicht … irgendwie macht es das Ganze noch besonderer“, murmelt ein älterer Herr mit einem weißen Nikolaus-Bart.
Ich nicke und trete einen Schritt zurück, um allen eine bessere Sicht zu geben.
„Dieser Baum ist nicht nur schön anzusehen, sondern er ist auch ein Symbol für Freundschaft und Verbundenheit. Seine Zweige erstrecken sich fast zehn Meter zur Seite. Er ist ein wahrer Riese, der hier mitten auf dem Platz steht und uns an Zusammenhalt erinnert“, verkünde ich strahlend.
Die Gruppe ist begeistert, als die Lichter aufleuchten und der Baum in goldenem Schein erstrahlt. Ich sehe in die Runde, und die Freude in den Gesichtern ist einfach ansteckend. Nur einer freut sich natürlich nicht, klar. Hat er eine Wette verloren und muss deshalb an der Tour teilnehmen? Der Typ vermiest uns ja alles.
„Und das ist erst der Anfang“, sage ich lachend. „Wir machen einen kleinen Rundgang, damit ihr die festliche Stimmung in vollen Zügen genießen könnt.“
Ich lade die Gäste ein näherzukommen. Sie folgen mir, während wir um den Baum herumgehen und die Dekorationen von allen Seiten bewundern.
„Es fühlt sich an, als ob man mitten in einer Weihnachtskarte steht“, ruft eine Stimme.
Ein Mann mit einem Weihnachtsmannhut nickt zustimmend. Alle sind begeistert – bis auf den Typen mit dem mürrischen Gesichtsausdruck. Ich stelle mich direkt neben ihn.
„Imposant, oder?“, frage ich und deute auf den Baum, der im goldenen Glanz der Lichter strahlt.
Er hebt nur leicht eine Augenbraue und seufzt.
„Ja, sicher. Ich frage mich nur, wie viele Steuergelder hier in blinkende Lichter gesteckt werden.“
Einige der anderen Gäste schauen ihn verwundert an. Ich schenke ihm ein Lächeln und lasse mir die Laune nicht verderben.
„Nun, manche Dinge sind ihren Preis wert“, erwidere ich mit einem Augenzwinkern.
„Gerade zu Weihnachten darf es auch mal etwas mehr sein, finden Sie nicht?“
Er schnaubt und schüttelt den Kopf.
„Wenn man auf Glitzern und Blinken steht, klar. Aber ich hätte nichts gegen ein paar zusätzliche Straßenlaternen, die das ganze Jahr über leuchten. In manchen Ecken ist es nachts ziemlich finster. Aber Hauptsache, hier explodieren hunderttausend Volt.“
Ich lasse mich von seinem Kommentar nicht beeindrucken.
„Sehen Sie es doch so: Weihnachten ist einmal im Jahr. Da darf es ruhig ein bisschen glitzern und funkeln, oder? Das hebt doch die Laune.“
Er zieht die Mundwinkel herab.
„Das mit der Laune ist wohl Geschmackssache. Ich finde, Weihnachten wird von Jahr zu Jahr teurer und aufwendiger. Da fragt man sich, ob das Ganze wirklich nötig ist.“
Ich beuge mich etwas näher zu ihm.
„Dann sind Sie hier genau richtig. Ein bisschen Weihnachtszauber schadet nie, und wie sagt man so schön? Die besten Dinge im Leben kann man nicht kaufen. Die muss man fühlen.“
Ich zeige wieder auf den leuchtenden Baum.
„Vielleicht trifft der Zauber Sie ja auch noch. Ansonsten – keine Sorge – ich habe noch ein paar andere Tricks auf Lager.“
Einige der anderen Gäste kichern, und einer ruft: „Ein bisschen Weihnachtsfreude würde uns allen guttun. Lassen Sie sich einfach mal drauf ein.“
Doch der Typ sieht nicht so aus, als würde er sich hier auf irgendwas einlassen wollen. Warum ist er überhaupt mitgekommen? Das muss er mir auch mal erklären. Er soll uns bloß nicht unsere schöne Tour verderben.
Ich starre auf die E-Mail meines Chefredakteurs, als hätte er mich beauftragt, an einem Wochenende sämtliche Museen Londons zu katalogisieren.
„Für eine authentische Berichterstattung empfehle ich, eine der offiziellen Weihnachtstouren Londons zu buchen.“
Authentisch, klar. Als ob ich mitten im Weihnachts-Wahnsinn stecken müsste, um festzustellen, dass London zur Weihnachtszeit einem blinkenden Jahrmarkt gleicht.
Seufzend lehne ich mich zurück. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich gehofft, dass Nathan mir das volle Erlebnis ersparen und mir erlauben würde, den Kitsch aus sicherer Distanz zu beschreiben. Aber nein.
„Nur wenn du es selbst erlebst, kannst du es überzeugend rüberbringen, Luke.“
Das Grinsen auf seinem Gesicht hat nur zu gut gezeigt, dass er genau weiß, wie sehr ich das hasse.
Ich klicke auf den Buchungslink und werde sofort von einer Website begrüßt, die nur so überquillt vor Weihnachtsfreude. Menschen in hässlichen Rentier-Pullovern lächeln mich an.