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Nach Jahren im hektischen Berlin sehnt sich Alina nach einem Neuanfang – und der bietet sich überraschend, als sie die Pension ihrer Großmutter an der Ostsee erbt. Zurück in ihrer alten Heimat möchte sie die heruntergekommene „Seebrise“ wieder zum Leben erwecken. Doch die Renovierung erweist sich als größere Herausforderung als gedacht. Als David, Alinas unerfüllte Jugendliebe, aus Hamburg anreist, um eine Auszeit zu nehmen, kreuzen sich ihre Wege unerwartet. Alina kann kaum glauben, dass der Junge, für den sie einst schwärmte, nun als Mann vor ihr steht und seine Hilfe anbietet. Während sie gemeinsam an der Pension arbeiten, flammen alte Gefühle wieder auf – und plötzlich ist mehr als nur die „Seebrise“ in Bewegung. Die Ruhe wird zusätzlich auf die Probe gestellt, als Alinas frühere beste Freundin - und Davids damalige Flamme - plötzlich an der Ostsee auftaucht. Ihr unerwartetes Wiedersehen wirbelt alte Erinnerungen und Unsicherheiten auf, und Alina muss sich fragen, was sie wirklich will – und ob sie bereit ist, sich der Vergangenheit zu stellen.
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 19
Epilog
Impressum
Originalausgabe August 2024 Küstenchaos und Liebesglück © Tina Keller, Berlin, Deutschland
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder andere Verwertung nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.
Cover Gestaltung: Nancy Salchow
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Tina Keller
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Frank W. Werneburg
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99817 Eisenach
Tina Keller
Küstenchaos und Liebesglück
Liebesroman
Nach Jahren im hektischen Berlin sehnt sich Alina nach einem Neuanfang – und der bietet sich überraschend, als sie die Pension ihrer Großmutter an der Ostsee erbt. Zurück in ihrer alten Heimat möchte sie die heruntergekommene „Seebrise“ wieder zum Leben erwecken. Doch die Renovierung erweist sich als größere Herausforderung als gedacht.
Als David, Alinas unerfüllte Jugendliebe, aus Hamburg anreist, um eine Auszeit zu nehmen, kreuzen sich ihre Wege unerwartet. Alina kann kaum glauben, dass der Junge, für den sie einst schwärmte, nun als Mann vor ihr steht und seine Hilfe anbietet. Während sie gemeinsam an der Pension arbeiten, flammen alte Gefühle wieder auf – und plötzlich ist mehr als nur die „Seebrise“ in Bewegung.
Die Ruhe wird zusätzlich auf die Probe gestellt, als Vivien, Alinas frühere beste Freundin und Davids damalige Flamme, plötzlich an der Ostsee auftaucht. Ihr unerwartetes Wiedersehen wirbelt alte Erinnerungen und Unsicherheiten auf, und Alina muss sich fragen, was sie wirklich will – und ob sie bereit ist, sich der Vergangenheit zu stellen, um ihre Zukunft zu gestalten.
Inmitten von Meeresrauschen und Sonnenuntergängen müssen Alina und David herausfinden, ob sie bereit sind, gemeinsam einen neuen Weg zu beschreiten – oder ob die Vergangenheit sie erneut trennen wird.
Nein!“
Meine beste Freundin Sophie reißt ihre Augen weit auf und lässt vor lauter Schreck fast ihre Kuchengabel fallen.
„Du hast wirklich die Pension deiner Oma an der Ostsee geerbt? Das ist ja ein Ding. Ich bin immer davon ausgegangen, dass deine Oma sie einem ihrer Kinder hinterlässt, zum Beispiel deiner Mutter.“
Ich schüttele den Kopf und nehme einen Schluck von meinem Cappuccino. Ich bin ja selbst noch völlig überrascht von dieser Botschaft, die ich erst gestern erhalten habe. Damit hätte ich nie im Leben gerechnet.
„Meine Oma hatte kein besonders gutes Verhältnis zu meiner Mutter, genauso wenig wie ich selbst“, erkläre ich. „Und ihr Sohn, mein Onkel Markus, ist frühzeitig nach Amerika ausgewandert. Der könnte die Pension gar nicht führen.“
„Aber das kannst du doch auch nicht“, wirft Sophie ein. „Wie willst du das machen, wenn du in Berlin wohnst? Oder willst du in dieses Nest an der Ostsee ziehen? Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Du hast dir schließlich hier einiges aufgebaut – eine schöne Wohnung, dein Job, dein Freundeskreis… Das gibt man nicht so ohne Weiteres auf.“
„Nein, das gibt man nicht so ohne weiteres auf“, murmele ich. „Und dennoch…“
Die Sonne scheint durch die großen Fenster des kleinen Cafés, in dem wir sitzen. Es ist eines dieser gemütlichen Cafés mit Holzvertäfelungen und warmen Farben, die sofort ein Gefühl von Geborgenheit vermitteln. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee und süßem Gebäck erfüllt die Luft. Sophie und ich kommen hierher, seit ich denken kann. Es ist unser Stammcafé und wir lieben es heiß und innig.
Ich schiebe meinen Cappuccino mit dem kleinen Schaumherz hin und her.
„Ich habe gestern eine ganze Weile darüber nachgedacht“, gestehe ich. „Und ich halte das gar nicht mehr für so abwegig. Ich glaube, ich könnte es mir inzwischen tatsächlich vorstellen.“
Sophie blickt mich schockiert an und vergisst vorübergehend ihren Kuchen.
„Meinst du das ernst? Du, die Berlin immer geliebt hat? Die Großstadt, die niemals schläft? Das pulsierende Leben, das du so sehr genossen hast? Du machst jetzt Witze, oder?“
Ich lächele schwach und sehe durch das große Fenster hinaus auf die belebte Straße, wo das Leben tobt. Menschen eilen aneinander vorbei, Autos hupen, irgendwo in der Ferne ruft jemand einen Namen.
„Ich habe es immer geliebt“, bestätige ich. „Vor allem, als ich ganz neu hierher gekommen bin. Ich konnte das Nachtleben gar nicht genug ausschöpfen und musste alles entdecken. Aber das ist lange her. Heute empfinde ich die Stadt manchmal als zu viel. Verstehst du das? So viel Lärm, so viel Trubel. Manchmal fühlt es sich an, als würde ich in all dem verschwinden.“
Nachdenklich spiele ich mit dem Löffel in meiner Tasse.
„Ja, das hast du in der letzten Zeit öfter mal gesagt“, nickt Sophie. „Aber wenn es dir in Kreuzberg zu hektisch geworden ist, kannst du doch einfach in einen anderen Bezirk umziehen. Das ist ja das Schöne an Berlin: Jeder Bezirk ist eine eigene kleine Welt für sich. Du kannst alles haben. Wenn dir nach mehr Ruhe ist, dann ziehst du eben in einen ländlichen Bezirk. Das ist doch überhaupt kein Problem.“
Ich zucke mit den Schultern.
„Nein, so einfach ist das nicht. Ich habe das Gefühl, dass Berlin mir nicht mehr das gibt, was ich brauche. Früher war das anders. Früher war die Stadt mein Lebenselixier. Aber jetzt… jetzt fühle ich mich manchmal verloren in der Menge. Die Leute hier sind auch nicht unbedingt die Freundlichkeit in Person. Diese ruppige Art geht mir schon seit einiger Zeit gehörig auf die Nerven.“
„Stimmt, die Berliner sind ziemlich bärbeißig“, grinst Sophie. „Das muss man mögen. Du hast es immer gemocht. Es entbehrt nicht einer gewissen Komik.“
„Ich habe ja auch noch keine Entscheidung getroffen“, rudere ich zurück. „Aber in jedem Fall werde ich nach Sanddorn fahren und mir alles dort ansehen. Ich war einige Jahre nicht da und habe keine Ahnung, was mich erwartet. Meine Oma hat die Pension schon lange nicht mehr geführt. Irgendwann war sie dazu zu alt und hatte nicht mehr genug Energie. Sie hat in Lübeck in einer kleinen Wohnung gelebt, in der ich sie oft besucht habe. Die Pension steht schon lang leer, aber verkaufen wollte sie sie auch nicht. Naja, es wäre ein riesiger Schritt für mich. Mein ganzes Leben ist in Berlin. Natürlich habe ich hier Wurzeln geschlagen. Und überhaupt weiß ich gar nicht, ob ich eine Pension führen könnte und wollte.“
Sophie nickt und legt ihre Hand auf meine.
„Du muss diese Entscheidung nicht übers Knie brechen. Aber ich wundere mich, dass du überhaupt darüber nachdenkst. Du hast ewig nicht von dieser Pension gesprochen. Ich hätte niemals in Erwägung gezogen, dass du aus Berlin weggehen könntest.“
„Ich auch nicht“, seufze ich. „Aber nachdem mich der Notar gestern angerufen hat, denke ich unablässig darüber nach. Vielleicht ist das ein Wink des Schicksals. Ich habe mich vor langer Zeit für Berlin entschieden, aber das bedeutet nicht, dass ich für immer hierbleiben muss.“
„Da hast du recht“, stimmt Sophie mir zu. „Menschen verändern sich. Und manchmal brauchen sie eine Veränderung ihrer Umgebung, um glücklich zu sein. Manchmal muss man loslassen, um Platz für Neues zu schaffen. Vielleicht musst du wirklich darüber nachdenken, was dich glücklich macht – und nicht nur, was bequem für dich ist. Du hast immer gesagt, dass das Leben ein Abenteuer ist. Vielleicht ist es an der Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen.“
Ich starre in meine Tasse. Meine Gedanken schweifen zu all den Erlebnissen zurück, die Sophie und ich in dieser Stadt geteilt haben. Berlin war unser gemeinsamer Spielplatz, unsere Bühne, auf der wir viele unvergessliche Szenen gespielt haben.
Ich erinnere mich an die ersten Jahre nach dem Studium, als wir beide frisch in die Stadt gezogen sind – voller Träume und Pläne, die uns fast überwältigten. Wir waren zwei Abenteurerinnen, die sich in den Großstadt-Dschungel stürzten, neugierig und furchtlos. Wir hatten eine kleine, viel zu teure Hinterhof-Wohnung in Kreuzberg, die zwar winzig und schäbig, aber trotzdem unser ganzer Stolz war. Unvergessen sind die Abende, in denen wir in der Küche saßen, Billigwein tranken und uns darüber unterhielten, wie wir die Welt erobern würden.
Und dann waren da die unzähligen Nächte in den Clubs, in denen wir uns von der Musik treiben ließen, als gäbe es kein Morgen. Wir tanzten bis zum Sonnenaufgang, verschwanden in der Menge all der Menschen und fühlten uns lebendig wie nie zuvor. Das waren diese Nächte, in denen die Stadt uns gehörte, in denen alles möglich schien. Ich erinnere mich daran, wie wir nach dem Feiern an irgendeiner Straßenecke lachend zusammen standen, völlig erschöpft, aber glücklich, und die ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages begrüßten.
Und natürlich die zahllosen Sonntage, wo wir auf Flohmärkten stöberten, an jeder Ecke einen anderen exotischen Snack probierten und uns bei Straßenmusikern niederließen, um der Welt beim Vorbeiziehen zuzusehen. Wir haben uns in diese Stadt verliebt, immer wieder, und jedes Mal auf eine neue Art und Weise.
Ich sehe uns in den schicken Bars bei After-Work-Partys, wo wir uns gegenseitig versprachen, dass wir es in dieser riesigen, überwältigenden Stadt schaffen würden. Und wir schafften es. Wir gründeten unsere eigene Agentur, die großartig lief, bis zum heutigen Tage. Wir haben alles erreicht, wovon wir jemals geträumt haben. Statt der Hinterhof-Wohnung hat jede von uns ein eigenes, schickes, großes Apartment und muss sich um Geld keine Sorgen mehr machen.
Unsere ersten Schritte in die Welt der Kunst und des Entertainments waren wackelig, fast schon naiv. Wir waren jung, voller Ideen und Tatendrang, aber ohne den Hauch einer Ahnung. Ich erinnere mich an die langen Nächte, in denen wir in unserer winzigen Küche saßen, Pläne schmiedeten und uns gegenseitig Mut machten. Die Wände waren tapeziert mit Post-its, die mehr chaotisch als organisiert wirkten, und unsere Köpfe schwirrten vor Ideen. Es gab Momente, in denen ich mich fragte, ob wir uns übernommen hatten, ob unsere Träume nicht zu groß waren. Aber Sophie und ich haben uns nie unterkriegen lassen.
Ich sehe uns, wie wir durch die Straßen Berlins hasteten, auf der Suche nach Künstlern, die bereit waren, uns eine Chance zu geben. Jeder Termin, jeder Anruf fühlte sich wie eine Prüfung an. Doch mit jedem kleinen Erfolg wuchs unser Selbstvertrauen, und bald schon begannen die Dinge, ins Rollen zu kommen. Die ersten Künstler, die wir unter Vertrag nahmen, waren aufstrebende Talente, die niemand kannte. Aber wir glaubten an sie – genauso, wie sie an uns glaubten. Und es hat sich ausgezahlt.
Unsere Agentur begann zu wachsen, und mit ihr unser Ruf. Es war ein unglaubliches Gefühl, die Früchte unserer harten Arbeit zu sehen. Künstler, die wir von Anfang an begleitet hatten, schafften den Durchbruch. Plötzlich war unsere Agentur ein Name, den man kannte. Die Anfragen kamen herein – mehr, als wir uns erträumt hatten. Obwohl es manchmal stressig war, fühlte sich jeder Erfolg wie ein weiterer Baustein an, den wir auf unser gemeinsames Fundament setzten.
Sophie und ich sind ein unschlagbares Team. Während ich mich um das Organisatorische kümmere, Verträge aushandle und dafür sorge, dass alles reibungslos läuft, ist Sophie das kreative Genie. Sie hat ein Gespür für Talente und sieht das Potenzial in Künstlern, bevor es jemand anderes tut. Ihre Fähigkeit, Menschen zu inspirieren und zu motivieren, ist unglaublich.
Natürlich war nicht alles ein Spaziergang. Es gab Rückschläge, Enttäuschungen und Entscheidungen, die uns den Schlaf raubten. Künstler, die ihre eigenen Wege gingen und Projekte, die nicht so verliefen, wie wir es erhofft hatten. Aber jedes Mal, wenn wir am Boden waren, haben wir uns gegenseitig aufgerichtet und weitergemacht. Denn eines wussten wir immer: Aufgeben war keine Option.
Heute, wenn ich auf unser gemeinsames Werk blicke, erfüllt mich das mit einem Stolz, den ich kaum in Worte fassen kann. Unsere Künstler-Agentur läuft besser, als wir es uns jemals erträumt haben. Wir vertreten nicht mehr nur aufstrebende Talente, sondern richtig bekannte Künstler. Aber trotz des Erfolgs haben Sophie und ich nie vergessen, wo wir herkommen. Unsere Freundschaft bleibt das Herzstück von allem, was wir tun.
Jetzt sitze ich in unserem kleinen Café, und während all diese Erinnerungen in mir hochsteigen, spüre ich eine bittersüße Nostalgie. Berlin war nicht nur ein Ort für uns; es war unsere Geschichte, unsere gemeinsame Leinwand. Die Idee, all das hinter mir zu lassen, fühlt sich an, als würde ich ein Kapitel meines Lebensbuchs abschließen.
„Weißt du“, seufze ich. „Es ist schwer, darüber nachzudenken, Berlin zu verlassen. All das, was wir hier erlebt haben… Es fühlt sich an, als würde ich einen Teil von mir selbst aufgeben.“
Sophie legt ihre Hand beruhigend auf meine.
„All diese Erinnerungen werden immer bei dir sein. Egal, wo du bist“, sagt sie leise.
Ich drücke ihre Hand.
„Ich weiß. Aber es ist trotzdem nicht einfach. Wir haben hier viel erlebt. Berlin ist so sehr ein Teil von mir geworden, dass ich gar nicht mehr weiß, wer ich ohne diese Stadt bin.“
„Vor allem: Was soll unsere Agentur ohne dich sein?“, murmelt Sophie. „Niemand könnte dich ersetzen. Ich darf gar nicht darüber nachdenken, wie Stardust ohne dich laufen sollte.“
„Musst du ja auch nicht“, beruhige ich meine Freundin. „Notfalls könnte ich auch von Sanddorn aus arbeiten. Ich weiß ja gar nicht, ob ich die Pension überhaupt führen kann. Ich habe keine Ahnung, in welchem Zustand sie sich befindet. Und du kennst mein handwerkliches Geschick, das gegen Null tendiert.“
Sophie lacht schallend.
„Ich kann mich noch gut an deine zahlreichen Versuche erinnern, einen Nagel in die Wand zu hauen, um ein Bild aufzuhängen. Du hast dir die ganze Zeit mit dem Hammer auf die Finger geschlagen.“
„Eben“, sage ich düster. „So gesehen müsste ich die Pension eigentlich verkaufen.“
Bloß: Kann ich das? Es ist schließlich die Pension meiner Großmutter. Und die verkauft man nicht so ohne weiteres. Schließlich wird sie sich etwas dabei gedacht haben, sie mir zu vererben. Komischerweise haben wir nie darüber gesprochen, was aus der Pension einmal werden sollte. Ich habe auch keinen Brief gefunden. Das alles ist schon ein bisschen merkwürdig.
Aber wie dem auch sei: Auf jeden Fall muss ich nach Sanddorn fahren und mir alles ansehen.
Je schneller, desto besser.
Meine Großmutter. Die Erinnerung an sie lässt mein Herz einen Schlag aussetzen. Sie war mein Fels in der Brandung; die Frau, die mich mit ihren Geschichten und ihrer unendlichen Liebe großgezogen hat. Der Gedanke an ihren Verlust ist schmerzhaft frisch.
Nachdem mein Vater meine Mutter verlassen hatte, als ich noch ein Baby war, bin ich bei ihr aufgewachsen. Meine Mutter hatte keine Zeit für mich, weil sie arbeiten gehen musste – und sie hatte auch keine Lust, mich zu versorgen. Sie war ungewollt schwanger geworden und wollte eigentlich gar keine Mutter sein. Das ließ sie mich auch oft genug spüren. Insofern war ich immer froh, wenn ich bei meiner Oma sein konnte.
Meine Gedanken schweifen zurück zu den endlosen Sommern, die ich in Sanddorn verbracht habe. Die warmen Sonnenstrahlen auf meiner Haut, das Rauschen der Wellen und das Lachen meiner Großmutter, das wie Musik in meinen Ohren klang. Sie war immer für mich da und hatte stets ein offenes Ohr und ein liebevolles Lächeln. Ganz anders als meine Mutter, für die ich nur nutzloser Ballast war.
Ich erinnere mich an die Tage, an denen wir gemeinsam in der Küche standen und Kuchen backten. Der süße Duft von frischem Gebäck erfüllte die Luft, und wir lachten, als ich versuchte, den Teig zu kneten. Ihre Hände führten meine, und ihre Stimme erzählte mir Geschichten von früher. Diese Erinnerungen sind wie kostbare Schätze, die ich tief in meinem Herzen bewahre.
Ich blättere durch alte Fotoalben und sehe Bilder von glücklichen Zeiten in der Pension; von mir als Kind, das mit Sandburgen spielt, und von meiner Großmutter, die immer ein Lächeln auf den Lippen hat. Tränen steigen mir in die Augen, als ich an die vielen schönen Momente denke, die wir geteilt haben.
Ich erinnere mich an einen besonderen Sommer, als ich zehn Jahre alt war. Meine Großmutter hatte mir das Schwimmen beigebracht. Jeden Morgen gingen wir an den Strand, und sie zeigte mir geduldig, wie ich meine Arme und Beine bewegen sollte. Ich war so stolz, als ich es schließlich schaffte, ohne ihre Hilfe zu schwimmen. Ihr Lächeln an diesem Tag werde ich nie vergessen.
Sie hat mir so viel gegeben, so viel beigebracht und mich mit ihrer Liebe überschüttet. Dabei hatte sie es selbst nicht leicht, denn ihr Mann blieb im Krieg und sie stand mit der Pension und ihrer kleinen Tochter völlig allein da. Doch meine Oma war eine Kämpferin und sie schaffte es, die Pension zu führen und ihr Kind allein großzuziehen. Und dann hat sie auch noch ihre Enkelin großgezogen.
In tiefer Dankbarkeit denke ich an sie zurück. Meine Oma hat mir einen guten Start ins Leben ermöglicht, aber irgendwann wollte ich etwas anderes sehen als das kleine beschauliche Dorf an der Ostsee und bin nach Berlin gegangen. Und dort hat es mir auch ziemlich lange gut gefallen. Aber in der letzten Zeit merke ich immer öfter, dass die Großstadt mich erschlägt und ich mich nach etwas anderem sehne. Vielleicht ist es tatsächlich Zeit, zu meinen Wurzeln zurückzukehren.
☼♥☼
Die Fahrt nach Sanddorn ist lang, aber ich genieße jeden Moment. Die Landschaft verändert sich, je näher ich der Küste komme. Die frische Luft, die Wiesen und Felder, die sich im Wind wiegen, und schließlich der erste Blick auf das Meer – das alles ist einfach unbezahlbar. Es fühlt sich an, als ob ich nach Hause komme. Und es ist ja auch mein Zuhause, das ich allerdings in den letzten Jahren kaum noch besucht habe.
Während der Fahrt denke ich an all die Abenteuer, die ich als Kind an der Ostsee erlebt habe. Die Tage, an denen ich mit anderen Kindern am Strand spielte, Muscheln sammelte und Sandburgen baute. Die Sommerabende, an denen meine Großmutter und ich zusammen saßen und sie mir Geschichten aus ihrer Jugend erzählte. Ihre Augen leuchteten, wenn sie von früher sprach, und ich liebte es, ihren Erzählungen zu lauschen.
Einmal erzählte sie mir die Geschichte, wie sie die Pension aufgebaut hatte. Es war kurz nach dem Krieg, und sie hatte wenig Geld, aber eine Menge Entschlossenheit und Träume. Mit harter Arbeit und viel Liebe zum Detail hat sie die Pension Stück für Stück errichtet.