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Auf der MS Traumschiff Deluxe ist die Hölle los! Burkhard, ein pensionierter Elvis Presley Imitator mit Hang zu Dramatik, ist fest davon überzeugt, auf hoher See einen Mord beobachtet zu haben. Während er wild entschlossen ist, den vermeintlichen Mörder zu überführen, stolpert er von einer Katastrophe zur nächsten – und treibt Passagiere sowie Crew an den Rand des Wahnsinns. Seine vorlaute Nichte Barbara und der verfressene Cousin Dieter unterstützen ihn dabei auf ihre ganz eigene Art und Weise. Als Burkhard seinen Hauptverdächtigen, den charmanten Bordunterhalter Alex, ins Visier nimmt, gerät die Situation endgültig außer Kontrolle. Denn Burkhards Nichte Lisa findet großen Gefallen an Alex und lässt sich von ihrem tobenden Onkel keineswegs davon abhalten, die eine oder andere amouröse Stunde mit ihm zu verbringen. Wird Burkhard den wahren Täter finden – oder ist seine einzige Errungenschaft am Ende der Pokal zum Chaoten des Monats? Begleite Burkhard und seine schräge Familie auf einer Kreuzfahrt, die alles andere als ruhig verläuft – voller Missverständnisse, skurriler Zwischenfälle und amouröser Verwirrungen.
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Epilog
Zwei Jahre später
Impressum
Originalausgabe August 2024
(K)EIN MORD AN BORD
Verliebt, verpeilt und voll verdächtig
Tina Keller, Berlin, Deutschland
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder andere Verwertung
nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.
Cover: Nancy Salchow
unter Verwendung von
#92176803 © ComicVector, #708379843 © Chetra168 Alle Grafiken unter Standard-Lizenz erworben bei Adobe Stock: https://stock.adobe.com/
Tina Keller
c/o Internet Marketing
und Publikations-Service
Frank W. Werneburg
Philipp-Kühner-Str. 2
99817 Eisenach
Tina Keller
(K)EIN MORD
AN BORD
Verliebt, verpeilt
und voll verdächtig
Lustiger Urlaubsroman
Auf der MS Traumschiff Deluxe ist die Hölle los! Burkhard, ein pensionierter Elvis Presley Imitator mit Hang zu Dramatik, ist fest davon überzeugt, auf hoher See einen Mord beobachtet zu haben.
Während er wild entschlossen ist, den vermeintlichen Mörder zu überführen, stolpert er von einer Katastrophe zur nächsten – und treibt Passagiere sowie Crew an den Rand des Wahnsinns.
Seine vorlaute Nichte Barbara und der verfressene Cousin Dieter unterstützen ihn dabei auf ihre ganz eigene Art und Weise. Als Burkhard seinen Hauptverdächtigen, den charmanten Bordunterhalter Alex, ins Visier nimmt, gerät die Situation endgültig außer Kontrolle.
Denn Burkhards Nichte Lisa findet großen Gefallen an Alex und lässt sich von ihrem tobenden Onkel keineswegs davon abhalten, die eine oder andere amouröse Stunde mit ihm zu verbringen.
Wird Burkhard den wahren Täter finden – oder ist seine einzige Errungenschaft am Ende der Pokal zum Chaoten des Monats?
Begleite Burkhard und seine schräge Familie auf einer Kreuzfahrt, die alles andere als ruhig verläuft – voller Missverständnisse, skurriler Zwischenfälle und amouröser Verwirrungen.
„(K)ein Mord an Bord“ ist eine turbulente Komödie auf hoher See, die beweist, dass selbst in den ungewöhnlichsten Situationen die wahre Liebe lauern kann – und vieles nicht so ist, wie es anfangs erscheint.
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Ich habe soeben beschlossen, dass du uns bei unserer nächsten Kreuzfahrt begleiten wirst“, eröffnet mir meine Cousine Barbara und grinst mich verschmitzt an.
„So, hast du“, schmunzele ich und vertiefe mich in die Speisekarte. „Und ich habe da gar nicht mitzureden, nehme ich an?“
„Nein, natürlich nicht“, schmettert Barbara mich ab. „Du weißt doch, dass ich immer der Bestimmer bin. Du hast gar nichts zu sagen – genauso, wie alle anderen auch.“
„Typisch du“, seufze ich kann mich wie immer nicht zwischen all den leckeren Essens-Angeboten entscheiden.
„So warst du schon als Kind. Immer wurde nur das gespielt, was du spielen wolltest. Und wer nicht mitspielen wollte, musste eben abhauen. Yvonne aus der Nachbarschaft hast du jedes Mal zum Weinen gebracht.“
„Yvonne war eine Heulsuse und ein Weichei, und das hat sich auch nicht geändert“, winkt Barbara ab. „Die ist eine totale Diva geworden. Ihr Kind ist bis spätnachmittags in der Schule und danach meistens bei ihren Eltern. Sie hat eine Putzfrau und lässt sich ihre Einkäufe liefern. Trotzdem jammert sie die ganze Zeit herum, wieviel sie zu tun hat. Wenn ihr Mann abends völlig geschafft von der Arbeit nach Hause kommt, muss er den Haushalt schmeißen – und der Idiot macht das auch noch klaglos. Madame liegt den ganzen Tag faul auf der Couch, lackiert sich die Fingernägel und guckt Fernsehen. Ich wusste schon damals, dass sie sich so entwickeln würde. Wahrscheinlich bin ich jetzt auch noch schuld daran. Weil sie sich damals mir unterordnen musste, unterdrückt sie heute ihren Mann. Ach, sie ist einfach ein alter Giftzwerg.“
Ich muss lachen. Wie immer nimmt Barbara kein Blatt vor den Mund, aber genau das mag ich an ihr.
„Na gut, dann füge ich mich in mein Schicksal“, erwidere ich vergnügt. „Es gibt Schlimmeres, als mit dir eine Kreuzfahrt zu machen. Wohin geht es denn? Und wann stechen wir in See? Und wer ist überhaupt ‚wir‘?“
„Es geht in drei Monaten nach Island“, teilt Barbara mir meine bisher unbekannten Urlaubspläne mit. „Dabei ist die übliche Mischpoke – mein trinkfreudiger Onkel Burkhard und mein verfressener Cousin Dieter. Für beide ist eine Kreuzfahrt natürlich die reinste Offenbarung. Burkhard kann mit seiner dämlichen Saufkarte Tag und Nacht so viel trinken, bis er besoffen unter dem Tisch liegt. Dieter kann fünf Gänge in sich hinein schaufeln und danach noch ins Buffet-Restaurant gehen. Für die beiden ist es das Paradies, für alle anderen Mitreisenden ziemlich peinlich. Aber es macht trotzdem immer viel Spaß.“
„Kann ich mir vorstellen“, erwidere ich.
„Wir haben so viel auf diesen Kreuzfahrten erlebt“, schwärmt Barbara. „Es ist unglaublich, wo wir schon überall waren und was wir alles gesehen haben. Du wirst es bestimmt nicht bereuen, wenn du mitkommst.“
„Daran habe ich keinerlei Zweifel. Nach Island wollte ich sowieso immer schon mal“, verkünde ich. „Das ist wirklich ein faszinierendes Land mit den Wasserfällen, Geysiren, Vulkanen, Gletschern – und nicht zuletzt den niedlichen Papageientauchern und natürlich den Walen. Ich muss unbedingt in die Blaue Lagune! Dorthin gibt es doch sicher Ausflüge, oder?“
„Klar“, nickt Barbara. „Ausflüge werden in Massen angeboten. Wenn du jeden Tag einen buchst, sind sie teurer als die Kreuzfahrt. Wir haben oft alles auf eigene Faust gemacht. Aber manchmal sind wir ganz schön reingefallen, haben uns total abgehetzt und trotzdem nichts gesehen, zum Beispiel in Barcelona. Da muss man abwägen.“
„Okay, ich bin dabei“, entschließe ich mich spontan. „Ich habe seit der Trennung von Jonas keinen Urlaub mehr gemacht und könnte einen Tapetenwechsel gut gebrauchen.“
Barbara schüttelt den Kopf.Formularbeginn
„Sowas wie mit Jonas habe ich echt noch nie gehört“, sagt sie mitfühlend. „Haut zu einem Termin ab und kommt einfach nicht wieder. Wie kann man nur so feige sein nach fünf Jahren Beziehung? Er hätte wenigstens Bescheid sagen können.“
„Dieser Konfrontation wollte er aus dem Weg gehen“, erkläre ich. „Aber erinnere mich bloß nicht daran. Ich habe genug gelitten.“
Man liest oft von dem sprichwörtlichen Mann, der Zigaretten holen wollte und nie wieder auftaucht. So ähnlich war es bei Jonas. Er ist an einem Montagnachmittag zu einem Geschäftstermin verschwunden und einfach nicht zurück nach Hause gekommen. Nie wieder. Ich habe natürlich erst im Nachhinein festgestellt, dass er sämtliche Klamotten mitgenommen hatte. Es war alles von langer Hand geplant und er hatte sogar seinen Job gekündigt.
Jetzt lebt er in Bayern bei einer Frau, die 20 Jahre älter ist als er, aber immerhin viel Geld hat. Dass er mich mit ihr schon über ein Jahr lang betrogen hat, habe ich erst viel später von einem Bekannten erfahren. So ganz bin ich immer noch nicht über diese Kiste hinweg. Darum wird mir ein bisschen Ablenkung guttun.
☼☼☼
Ich stehe vor einem gigantischen Kreuzfahrtschiff und kriege den Mund gar nicht mehr zu, so hin und weg bin ich von der atemberaubenden Größe.
„Es sieht gar nicht aus wie ein Schiff, sondern eher wie ein riesiges Hotel“, sage ich zu Barbara, die neben mir steht. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich dieser Koloss überhaupt bewegen kann.“
„Das Ding sieht aus wie Dieter als Schiff“, sagt Barbara flapsig. „Bei Dieter kann ich mir auch nie vorstellen, dass er sich bewegen kann, aber dann rollt er plötzlich doch durch die Gegend. Im Grunde watschelt er wie eine dicke Ente und wankt immer total nach links und rechts. Das sieht echt lustig aus.“
„Sei bloß froh, dass er das nicht hört“, entgegne ich lachend. „Wo ist er überhaupt?“
„Er holt sich eine Übersicht von allen Restaurants“, antwortet Barbara und verdreht ihre Augen. „Neuerdings gibt es dafür Flyer. Dieses Schiff ist besonders groß und hat über 20 Restaurants. Da verliert man schon mal den Überblick. Ich bin sicher, Dieter wird sie alle testen. Und Burkhard besorgt sich schon mal seine Sauf-Flat, damit er sofort nach dem Betreten des Schiffes loslegen kann.“
„So hat eben jeder seine eigene Ansicht von Freizeitgestaltung“, grinse ich und sehe einem Typen zu, der einen Selfiestick in der Hand hält und versucht, die perfekte Aufnahme vom Schiff und gleichzeitig sich selbst zu machen, was ihm aber nicht gelingt.
„Wie viele Leute passen eigentlich auf dieses Schiff?“, frage ich.
„Sechstausend“, gibt Barbara Auskunft. „Und zweitausend an Besatzung. Und stell dir vor, die schlafen auch an Bord.“
Verwundert sehe ich meine Cousine an.
„Wo sollen sie denn sonst schlafen?“, erkundige ich mich.
Barbara beginnt zu kichern.
„Das hat eine Frau wirklich mal gefragt“, prustet sie los. „Wir wollten gerade zu dieser dämlichen Sicherheitsübung aufbrechen, mit der sie die Passagiere immer am Ankunftstag ärgern müssen. Da fragt diese Dame doch glatt: ‚Schläft das Personal auch an Bord?‘ Ich habe ihr geantwortet, dass das Personal nachts neben dem Schiff herschwimmt. Also, manche Leute haben wirklich schwer einen an der Waffel.“ Formularbeginn
Ich muss grinsen. Offenbar denken einige Menschen gar nicht nach, bevor sie den Mund aufmachen. Aber die Vorstellung, dass das Personal neben dem Kreuzfahrtschiff herschwimmt, ist schon irgendwie lustig.
Barbara und ich stehen in einer ellenlangen Schlange und müssen eine Weile warten, bis wir endlich zu einem Counter gehen können. Dort wird ein Bild von uns gemacht und wir bekommen unseren Bordpass ausgehändigt. Formularende
„Den musst du ständig bei dir tragen“, weist Barbara mich an. „Am besten hängst du ihn dir an einer Kette um den Hals, damit du ihn immer griffbereit hast. Du brauchst ihn beim Ein- und Auschecken und wenn du etwas auf dem Schiff bezahlen willst.“
„Was muss ich denn bezahlen?“, will ich wissen. „Die Getränke sind doch inklusive, oder?“
Barbara nickt. „Softdrinks, Bier und Wein zu den Mahlzeiten sind im Preis enthalten. Aber es könnte ja sein, dass du dem Souvenirshop einen Besuch abstattest oder dir einen Cocktail gönnst. Das musst du logischerweise bezahlen.“
„Klar. Und warum kauft sich Burkhard eine Getränke-Flatrate?“, frage ich verwundert.
Barbara grinst mich schelmisch an.
„Weil sich der Schluckspecht nicht nur zu den Mahlzeiten volllaufen lassen will“, erklärt sie. „Außerdem will er sich den einen oder anderen Cocktail gönnen. Sowas ist nicht inkludiert. Burkhard kriegt den Hals ja nie voll.“
Ich muss lachen. Es ist legendär, dass Burkhard bei Familienfeiern meistens völlig blau ist und anfängt zu singen, gern mit irgendeiner Frau, die sich heftig sträubt. Burkhard kennt da nichts. Er hat auch schon auf dem Tisch getanzt, ist aber leider das eine oder andere Mal runtergefallen.
Unsere Familie ist wirklich ziemlich schräg. Aber gerade darum liebe ich sie über alles.
Die wollen die Passagiere wohl abzocken, aber nicht mit mir!“, hören wir Burkhards erzürnte Stimme und drehen uns um. Und nicht nur wir. Ich habe den Eindruck, dass sich eigentlich alle Passagiere nach Burkhard umdrehen. Und das hat seinen Grund.
Unser Onkel hat nämlich ein sehr spezielles Outfit für seine Anreise gewählt: Er trägt einen weißen, hautengen Jumpsuit, der über und über mit funkelnden Strasssteinen besetzt ist. Der tiefe V-Ausschnitt gibt eine beharrte, aber erstaunlich gut ausgebildete Brust frei. Um seine Taille hat Burkhard einen breiten Gürtel mit einem riesigen Kreuz geschnallt. Seine weißen, hohen Lederstiefel reichen fast bis zu den Knien.
Das absolute Highlight seines Looks ist allerdings seine Frisur. Burkhard hat es tatsächlich geschafft, die legendäre Tolle von Elvis perfekt nachzubilden. Sie ist voluminös und glänzend und thront majestätisch auf seinem Kopf, als wäre sie das Ergebnis stundenlanger, sorgfältiger Arbeit – was sie vermutlich auch ist. Oder es ist eine Perücke.
Eine große, goldene Sonnenbrille vervollständigt den coolen Look. Ebenso zahlreiche, auffällige Ringe sowie eine schwere, goldene Kette in Gitarrenform. Kurz gesagt: Der King of Rock’n’Roll ist auferstanden.
„Hallo, Elvis“, begrüßt ihn ein junger Typ und schlägt ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Darf ich ein Selfie mit dir machen?“
„Jetzt nicht“, schnauzt Burkhard ihn ungehalten an. „Ich habe anderes zu tun. Die wollen mich hier verdursten lassen! 30 Dollar wollen sie haben für die Getränke-Flat. Das kommt ja überhaupt nicht in Frage. Gut, dass ich meine Thermoskannen mitgenommen habe. Da werde ich mir morgens immer schön Wein einfüllen, damit ich durch den Tag komme.“
„Morgens gibt es keine alkoholischen Getränke“, verkündet der Typ. „Da musst du bis mittags warten, Elvis.“
„Wieso Dollar?“, hake ich nach. „Wird hier alles in Dollar abgerechnet?“
„Quatsch“, blafft Burkhard mich an. „Ich war nur gerade in meiner Rolle drin gewesen.“
„Du warst in deiner Rolle – und nicht ‚war gewesen‘“, korrigiert Barbara ihn kopfschüttelnd.
„Hä?“, macht der Typ. „Was war hier gewesen?“
„Halt du dich mal raus und verschwinde endlich“, will Barbara den neuen Fan in die Flucht schlagen. „Elvis gibt heute keine Autogramme und lässt auch keine Bilder mit sich machen.“
„Sind das eigentlich deine echten Haare?“, erkundige ich mich und will an seine Tolle fassen, doch Burkhard hebt drohend seine Hände hoch.
„Fass bloß nicht an die Perücke, sonst war es das gewesen“, kichert Barbara albern los. „Dann steht er plötzlich oben ohne da.“
„Immer noch besser als unten ohne“, finde ich. „Hast du schon deine Bordkarte? Aber die bekommst du doch gar nicht mit der Perücke und der Sonnenbrille, oder?“
„Das haben sie auch zu mir gesagt“, grollt Burkhard. „Ich soll meine ‚Verkleidung‘ ablegen und mich erst danach fotografieren lassen. Sonst darf ich nicht aufs Schiff.“
„Es sei denn, du rennst immer so rum“, grinst Barbara. „Warum tauchst du überhaupt in so einem schrägen Outfit auf? Du weißt doch, dass ein Foto gemacht wird. Wenn sie dich jetzt knipsen und das Bild beim Ein- und Auschecken vergleichen, erkennen sie dich überhaupt nicht wieder.“
„Man erkennt mich immer“, widerspricht Burkhard hoheitsvoll. „Mit und ohne Perücke, mit und ohne Brille. Auf jeden Fall werde ich nicht diese Getränke-Flat kaufen. Obwohl Elvis natürlich genug Geld hat. Aber ich lasse mich nicht abzocken.“
„Es gibt sage und schreibe 22 Restaurants auf dem Schiff!“, ruft eine etwas heisere Stimme und wir entdecken Dieter, der freudig mit einem Flyer herum wedelt.
Dieter ist nicht ganz so schick gekleidet wie Burkhard. Er trägt eine beige, knielange Hose und ein kariertes Hemd, das aussieht wie eine Tischdecke.
„Da sind wir aber froh“, neckt Barbara ihn. „Wenigstens musst du jetzt nicht verhungern, was ja immer deine größte Angst ist.“
„Es gibt sogar einen Grill, der bis um drei Uhr morgens geöffnet hat“, begeistert sich Dieter. „Wenn sich nachts bei mir der kleine Hunger meldet, muss ich nicht in Panik verfallen. Denn leider gibt es keinen Kühlschrank auf der Kabine, in dem man seine Notration aufbewahren kann. Das macht mich schon ein bisschen unruhig.“
„Du hast wirklich Sorgen.“ Barbara tippt sich an die Stirn. „Auf einem Kreuzfahrtschiff kann man gar nicht verhungern. Du findest an jeder Ecke etwas zu essen.“
„Aber nichts zu trinken“, mosert Elvis ärgerlich. „Jedenfalls nicht zu akzeptablen Preisen.“
„Typisch deutsch“, sage ich und bewundere immer noch Burkhards geniale Haartolle. „Meckern, meckern, meckern. Seid doch froh, dass ihr euch so eine tolle Kreuzfahrt leisten könnt.“
„Bist du eigentlich gestern auf einem Kostümfest aufgetreten und hast dich nicht mehr umgezogen?“, will Barbara wissen. „Oder trittst du beim Seniorenkaffee in der Cafeteria auf?“
„Weder noch“, antwortet Burkhard und rückt seine Sonnenbrille zurecht. „Ich ziehe mich immer so an.“
„Du gehst in dieser Kluft zum Einkaufen zu Lidl?“, frage ich ihn. „Das glaubst du doch wohl selbst nicht.“
„Ich meine, zu besonderen Anlässen“, erklärt Burkhard. „Zum Beispiel beim Antritt einer Reise. Immerhin sehen mich 6.000 Menschen. Eigentlich hätte ich mir Flyer drucken lassen sollen. Die könnte ich jetzt verteilen. Ich habe nämlich einige Auftritte geplant, die ich demnächst absolvieren werde.“
Barbara stößt mich unsanft in die Seite.
„Sage ich doch: Seniorencafé im Altersheim“, frotzelt sie. „Da ist Burkhard noch der Sehende unter den Blinden. Immerhin kann er sich richtig jung fühlen, wenn die anderen an Krücken gehen oder im Rollstuhl sitzen.“
„Das ist schlimm genug, darüber macht man keine Witze“, schaltet Dieter sich ein und schüttelt mahnend den Kopf. „Aber so kennen wir Barbara: respektlos und immer einen unpassenden Spruch auf den Lippen. Ich frage mich, warum ich mit dir überhaupt in den Urlaub fahre.“
„Weil du ansonsten niemanden hast.“ Barbara zuckt mit den Schultern. „Und weil du mich im Grunde sehr gern hast und weißt, dass unter meiner harten Schale ein weicher Kern verborgen ist.“
Dieter zieht die Augenbrauen in die Höhe.
„Dieser Kern ist aber wirklich sehr verborgen. Hoffentlich geht es hier jetzt mal langsam weiter. Ich will endlich aufs Schiff und was essen. Aber die Restaurants haben alle noch geschlossen. Nur der Grill ist geöffnet. Da gibt es allerdings nur Currywurst und Burger.“
„Zum Überleben wird es reichen“, tröstet Barbara ihn. „Du kannst dir ja erstmal einen kleinen Snack gönnen und später richtig essen gehen. Ich schlage vor, du probierst heute mindestens drei Restaurants aus. Sonst schaffst du alle 22 gar nicht.“
„Die Restaurants, in denen man bezahlen muss, scheiden aus“, verkündet Dieter. „Und dann bleiben nur noch 15 übrig. Die schaffe ich locker.“
„Stimmt. Du gehst ja mindestens fünfmal am Tag essen“, erinnert Barbara sich. „Sag mal, wie kommst du in deinem Beruf als Steuerberater eigentlich zum Arbeiten, wenn du rund um die Uhr mit Essen beschäftigt bist?“
Dieter hält es nicht für nötig, darauf eine Antwort zu geben, sondern vertieft sich wieder in die Lektüre seines Flyers. Burkhard tritt an den nächsten freien Schalter und führt eine lange Konversation mit einem Crewmitglied, bevor er endlich seine Brille abnimmt und ein Foto gemacht wird.
„Jetzt musst du jeden Tag diese komische Haartolle tragen“, prustet Dieter los. „Sonst lassen sie dich nicht vom Schiff.“
„Null Problemo“, erwidert Burkhard und blickt verlangend einem jungen, hübschen Mädchen nach. „Ich werde mich hier als Sänger bewerben. Dann trete ich jeden Abend auf und kann die Kreuzfahrt umsonst machen. Und bestimmt kriege ich dann auch ein Getränkepaket dazu.“
„Das ist natürlich ein Anreiz“, finde ich und klopfe ihm auf den Rücken.
„Pass bloß auf, dass du mir nicht die Perlen runter klopfst“, fährt Burkhard mich an. „Die habe ich mühevoll in vielen Stunden drauf genäht.“
„Du hast die selbst genäht?“, frage ich erstaunt. „Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Du kannst doch gar nicht nähen.“
„Ich habe viele Talente, von denen du nicht die geringste Ahnung hast, mein Kind“, sagt Burkhard geheimnisvoll und zwinkert mir zu.
„Das wollen wir im Detail gar nicht wissen“, seufzt Barbara. „Hauptsache, wir können jetzt endlich aufs Schiff gehen. Dieter, hast du deine Bordkarte?“
Dieter nickt. „Klaro.“
„Dann lasst uns die MS Traumschiff Deluxe besteigen.“
Wow!“
Ich bin im wahrsten Sinne geblendet, als ich im Innern des riesigen Schiffs lande. Überall funkelt und blinkt es. In der Mitte des Saales befindet sich eine geschwungene Treppe, die in zwei Richtungen nach oben führt. Die Stufen sind mit Swarovski-Kristallen gefüllt, die bei jeder Bewegung im Licht funkeln. Säulen aus Marmor, ein Gewölbe mit Tausenden von Lämpchen, die aussehen wie ein Sternenhimmel, überall viel Gold und Silber – ich bin hin und weg. Es gibt gemütliche Sitzbereiche mit weichen Sofas und Sesseln, kleinen Tischen und eleganten Lampen. Weiter hinten kann ich sogar eine Bar entdecken. Auch Elvis ist sie natürlich nicht entgangen.
„Ich könnte jetzt so schön einen Cocktail trinken“, sagt er mürrisch und zupft an seiner Haartolle herum. „Aber nein, ich muss bis zum Abendessen warten, bis ich mir den billigen Wein und das dünne Bier genehmigen kann.“
„Du liebe Güte, dann gibst du eben 30 Euro pro Tag für diese dämliche Sauf-Flat aus“, stöhnt Barbara. „Ich habe keine Lust, mir eine Woche lang deine Jammerei anzuhören, dass du auf dem Trockenen sitzt.“
„Gönn dir ruhig mal etwas“, stimmt Dieter Barbara zu. „Wozu ist das Geld sonst da? Man soll sich ein schönes Leben damit machen, das ist der Sinn des Geldes.“
„Ob der Sinn darin besteht, den ganzen Tag volltrunken herumzuwanken, wage ich zu bezweifeln“, sagt Barbara spöttisch.
„Die 30 Euro rentieren sich locker“, prophezeit Dieter. „Ein paar Cocktails hier und einige Kaffeespezialitäten da… das ist überhaupt kein Problem.“
Wachsam sieht Burkhard Dieter an.
„Mir ist schon klar, was du von mir willst“, sagt er ungnädig. „Du willst auf meiner Getränkekarte mitsaufen. Du willst mich nur ausnutzen. Aber das kannst du knicken.“
Dieter verdreht die Augen.
„So ein Blödsinn. Ich habe es nur gut mit dir gemeint. Aber das wird heutzutage ja überhaupt nicht mehr geschätzt. Mach doch, was du willst. Mir doch egal.“
„Jetzt hört auf zu streiten“, schalte ich mich ein. „Lasst uns lieber zu unseren Kabinen gehen.“
„Die sind überall verstreut“, teilt Dieter uns mit. „Wir müssen uns trennen.“
Seit neuestem gibt es recht günstige Einzelkabinen und davon haben wir uns alle eine gegönnt. Bisher haben sich Dieter und Burkhard immer eine Doppelkabine geteilt, aber damit waren sie nicht mehr einverstanden. Jeder hat den anderen beschuldigt, so laut geschnarcht zu haben, dass er die ganze Nacht kein Auge zugetan hat.
Ich fahre mit dem gläsernen Aufzug auf Deck 11 und muss endlose Gänge entlanglaufen, bis ich vor meiner Kabine stehe. Aufgeregt halte ich meine Bordkarte an den Scanner und die Tür springt auf. Neugierig sehe ich mich um.
Die Kabine ist nicht besonders groß, aber äußerst gemütlich und gut durchdacht eingerichtet. Direkt vor mir befindet sich ein großes Bett mit einem bunten Baldachin.
Rechts vom Bett steht ein kleiner Schreibtisch mit einem Stuhl. Ein großer Spiegel darüber lässt den Raum größer erscheinen. Auf dem Schreibtisch steht ein Korb mit Obst und eine Flasche Wasser. Daneben entdecke ich die Informationsbroschüren über die Aktivitäten und Ausflüge, die auf uns warten.
Links vom Bett befindet sich der Eingang zum Badezimmer. Es ist zwar klein, aber funktional. Eine Dusche, ein Waschbecken, ein Regal und eine Toilette sind vorhanden – klein, aber mein. Die Handtücher sind ordentlich auf einem Regal gestapelt, und kleine Flaschen mit Pflegeprodukten stehen bereit.
Mein Blick wandert weiter zur Balkontür. Ich öffne die Glastür und trete hinaus. Der Balkon ist schmal, aber ausreichend, um zwei Stühle und einen kleinen Tisch zu beherbergen. Das ist auf jeden Fall das Highlight. Eine Einzelkabine mit Balkon! Diesen Luxus wollte ich mir auf meiner allerersten Kreuzfahrt auf jeden Fall gönnen.
Zurück in der Kabine entdecke ich den Kleiderschrank. Er ist klein, bietet aber genug Platz für meine Kleidung und Schuhe. Ich hänge einige meiner Lieblingsstücke auf und verstaue den Rest ordentlich.
Alles in allem bin ich begeistert von meiner Kabine. Sie mag klein sein, aber sie hat alles, was ich brauche. Die Aussicht vom Balkon ist atemberaubend und ich freue mich schon darauf, die nächsten Tage hier zu verbringen.
Als nächstes muss ich die Sicherheitsübung absolvieren, die neuerdings per Video abgehalten wird. Ein Comic-Männchen erklärt mir, wie man die Rettungsweste richtig anlegt, aber es ist nicht so einfach, wie es aussieht. Ich schaffe es jedenfalls nicht und stranguliere mich fast. Außerdem sitzt die Weste schief und fühlt sich unbequem an. Irgendwas muss ich nicht richtig verstanden haben.
Nach einigen Minuten des Ringens mit der Weste, die sich anfühlt, als würde sie ein Eigenleben führen, mache ich mich frustriert auf den Weg.