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Wer Pferde liebt und mit ihnen umgehen möchte, sollte über die besonderen Eigenschaften und Bedürfnisse des Lebewesens Pferd Bescheid wissen. Dazu gehören Kenntnisse über die Entwicklungsgeschichte des vor 6000 Jahren domestizierten Partners des Menschen ebenso wie ein grundlegendes Wissen zur Anatomie, den Haltungsbedürfnissen, der Fütterung und Pflege des Pferdes. Nur ein fundiertes Wissen ermöglicht den sicheren Umgang mit dem Pferd und die Vermeidung von Unfällen und Missverständnissen zwischen Mensch und Tier. Deshalb ist die von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung ausgearbeitete Prüfung zum Basispass Pferdekunde die Grundlage für alle weiterführenden Leistungsabzeichen, bei denen dann die reitsportlichen Disziplinen mehr in den Vordergrund rücken.
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Seitenzahl: 88
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Copyright © 2006 by Cadmos Verlag GmbH, Brunsbek
Gestaltung: Ravenstein + Partner, Verden
Titelfoto: Christina Krumm
Innenfotos: Anneke Bosse, Heimo Bruhns, Helmut Ende, Kai Kreling, Cornelia Koller, Christina Krumm, Peter Prohn, Angelika Schmelzer, Hans J. Schmidtke, Christiane Slawik, Zoologischer Garten (Marwell)
Zeichnungen: Esther von Hacht, Anne-Katrin Hagen, Christina Krumm, Cornelia Koller, Carole Vincer
Konvertierung: S4Carlisle Publishing Services
Alle Rechte vorbehalten.
Abdrucke oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.
eISBN 978-3-8404-6247-4
Inhalt
Was ist der Basispass?
Wer prüft wo?
Entwicklungsgeschichte des Pferdes
Das Wesen des Pferdes
Herdentier
Fluchttier
Lauftier
Verhalten des Pferdes
Gesichtsausdruck
Lautäußerungen
Körperhaltung
Bewegung als Ausdrucksform
Vertrauen heißt Sicherheit
Wie stellt man Vertrauen her?
Pferdehaltung
Aufhalftern, Anbinden und Führen
Aufhalftern
Anbinden
Führen
Pferde aneinander vorbeiführen
Freilassen auf die Koppel oder in den Paddock
Pferdepflege
Fellpflege
Pflege des Langhaares
Hufpflege
Pflege des Pferdes nach der Arbeit
Versorgen der Box
Satteln und Auftrensen
Satteln
Aufbau eines Sattels
Satteltypen
Auftrensen
Die Trense
Das Gebiss
Lederpflege
Gamaschen und Bandagen
Verladen und Transportieren
Fütterung
Was und wie wird gefüttert?
Vorsicht: giftig!
Die Beurteilung des Pferdes
Körperbau
Das harmonische Reitpferd
Pferderassen
Brandzeichen
Farben und Abzeichen
Altersbestimmung
Pferdepass
Was tun, wenn das Pferd krank ist?
Vorbeugung
Die häufigsten Krankheiten
Kolik
Durchfall
Husten
Lahmheit
Nageltritt
Ballentritt
Strahlfäule
Mauke
Hufrehe
Schlundverstopfung
Kreuzverschlag
Haupt- oder Gewährsmängel
Sicherheit und Unfallschutz
Sicherheit im Stall
Sicherheit beim Führen
Sicherheit für den Reiter
Sicherheit für das Pferd
Sicherheit beim Verladen
Erste Hilfe im Notfall
AHA-Regel
ABC-Regel
Stabile Seitenlage
Schocklage
Erste Hilfe bei sonstigen Verletzungen
Versicherungsfragen
Verantwortung gegenüber dem Pferd
Tierschutzgesetz
Ethische Grundsätze der FN
Was ist der
Basispass?
Beim Basispass geht es um das elementare Wissen rund um das Wesen und die Bedürfnisse des Pferdes und den Umgang mit dem Pferd. Der Basispass ist die Grundlage für alle weiterführenden Leistungsabzeichen, also Reit- oder Westernreitabzeichen, Voltigierabzeichen, Longierabzeichen oder Fahrabzeichen, bei denen auch immer wieder Fragen zu den grundlegenden Themen aus dem Basispass eine Rolle spielen. In der Prüfung zum Basispass werden diese Grundkenntnisse abgefragt und praktisch überprüft. Die Prüfung richtet sich an alle, die Pferde lieben und möglichst sicher und gefahrlos mit ihnen umgehen möchten. Reitkenntnisse sind für die Prüfung zum Basispass nicht erforderlich!
Jeder, der keine bedeutenden körperlichen Gebrechen hat, über ein gesundes Maß an Körperbeherrschung verfügt, nervlich einigermaßen stark ist und groß genug, um einen Huf zu heben oder einen Führstrick zu halten, kann die Prüfung zum Basispass machen. Auch eine Altersbeschränkung nach oben gibt es nicht. Es ist nicht nötig, einem Reitverein anzugehören. Die Vorbereitung gelingt am besten in einem Lehrgang, in dem alle Fragen durchgenommen werden und der praktische Teil geübt wird.
Wer prüft wo?
Die Prüfung besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Sie wird von zwei FN-Richtern abgenommen, also von Richtern der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (französisch „Fédération Equestre Nationale“, Abkürzung FN), die auch auf Turnieren richten. Die Prüfung findet in einem Reiterverein oder einer Reitschule statt. Es gibt keine Wertnoten, sondern nur das Urteil „bestanden“ oder „nicht bestanden“. Ist die Prüfung bestanden, wird dem Prüfling von den Richtern die FNPrüfungsurkunde „Basispass Pferdekunde“ überreicht. Hat es beim ersten Mal nicht geklappt, ist das nicht allzu schlimm: Die Prüfung kann jederzeit wiederholt werden.
Entwicklungsgeschichte
des Pferdes
So muss man sich die Urform des Pferdes vor rund 70 Millionen Jahren, den Eohippus, vorstellen. Zeichnung: von Hacht
Die Entwicklungsgeschichte des Pferdes reicht ungefähr 70 Millionen Jahre zurück! Seit etwa 8000 Jahren begleitet es den Menschen als Haustier, also eine vergleichsweise kurze Zeit.
Die Urform des Pferdes, der Eohippus, war ein katzen- bis fuchsgroßes Tier mit schlanken Gliedmaßen. Ganz am Anfang hatte er noch fünf Zehen wie eine Katze. Im Laufe der Evolution wurde der Eohippus allmählich größer, und es verkümmerten erst die beiden äußeren Zehen und später nochmals zwei weitere Außenzehen. So wurde das Pferd zum Einhufer. Unsere Pferde laufen also auf der mittleren Zehe.
Als Vorfahren unserer modernen Pferde gelten die Przewalskipferde. Die letzten dieser echten Wildpferde wurden im 19. Jahrhundert zum ersten Mal am Rande der Wüste Gobi entdeckt. Heute kann man sie nur noch im Zoo bewundern.
So sieht das Przewalskipferd aus. Es gilt als Vorfahre unserer modernen Pferde.Foto: Zoologischer Garten, Marwell
Das Wesen des Pferdes
Unsere Pferde sind in ihrem Wesen bis auf den heutigen Tag mehr oder weniger vom Wildpferd geprägt. Sie haben Bedürfnisse, die man nur aus der Entwicklungsgeschichte heraus verstehen und respektieren kann.
Herdentier
Die Urpferde lebten in der Steppe in Herden mit einer Leitstute als „Chefin“. Auch für unsere Pferde ist Kontakt zu Artgenossen ganz wichtig! Ähnlich wie wir Menschen schließen sie Freundschaften und hegen Abneigungen. Gegenseitige Fellpflege, Laufspiele und ständige Kommunikation gehören zu ihrem sozialen Verhalten. Der Mensch vermag dieses Bedürfnis nicht ganz zu befriedigen. Er ist nur Ergänzung und kein Ersatz für den Kontakt mit Artgenossen. Fehlt der Sozialkontakt, können Langeweile und Einsamkeit zu Verhaltensstörungen führen, zum Beispiel zum Koppen oder Weben. Deshalb sollten Pferde so oft wie möglich auf die Weide und im Winter in den Paddock. Aber niemals sollte ein Pferd allein auf der Weide stehen! Nur sehr wenige Pferde können das aushalten. Als Herdentier fühlt es sich ausgegrenzt, es fängt an, hin und her zu rennen und bricht unter Umständen aus der Weide oder dem Paddock aus. Auch wenn man sein Pferd von der Koppel holt, muss man darauf achten, dass nicht ein anderes allein zurück bleibt!
In der Herde der Wildpferde herrschte eine eindeutige Rangordnung. Die Leitstute achtete streng auf die Einhaltung der Regeln, die für das einzelne Tier auch Sicherheit und Geborgenheit boten. Das ist in abgeschwächter Form bei unseren Weidepferden heute noch genau so.
Für den Reiter bedeutet dies, dass er die Rolle der Leitstute übernehmen muss. Es ist enorm wichtig, dass der Mensch unter allen Umständen vom Pferd respektiert wird. Ist das nicht der Fall, kann es zu schweren Unfällen kommen. Um sich Respekt zu verschaffen, sollte man klar und deutlich in seinen Anweisungen sein und konsequent auf deren Ausführung bestehen. Man sollte auf keinen Fall grob werden, obwohl Pferde untereinander auch nicht zimperlich sind. Es ist nicht richtig, die Pferde zu vermenschlichen! Das Pferd bleibt ein Pferd, es denkt und handelt wie ein Pferd! Dann kann der Mensch Freund und Chef zugleich sein.
Fluchttier
Ihr Überleben verdanken die Pferde ihrem Fluchtinstinkt. Bei der geringsten Gefahr – sei sie nur als eine solche empfunden oder tatsächlich vorhanden - stürmt die ganze Herde davon. Pferde stellen sich nur dann zum Kampf, wenn sie keinen anderen Ausweg sehen. Der Fluchtinstinkt ist bei den heutigen Pferden noch stark ausgeprägt: „Erst weglaufen, dann hinschauen“ lautet die Devise.
Das Pferd nimmt seine Umwelt ganz anders wahr als wir Menschen. Seine großen Augen mit den ovalen Pupillen liegen seitlich am Kopf. Es sieht seine Umgebung auf andere Weise und es kann viel besser hören und riechen als wir. Deshalb nimmt es überall vermeintliche „Gespenster“ wahr, vor denen es flüchten möchte. Die Aufgabe des Menschen ist es, seinen Vierbeiner mit der Umwelt vertraut zu machen. Er muss das Pferd an ungewohnte Anblicke ebenso gewöhnen wie an fremde Geräusche und Gerüche. Es wäre grundfalsch, das Pferd zu bestrafen, wenn es sich erschrickt und scheut - dieses Verhalten ist ihm angeboren! Das Pferd verbindet bei einer Bestrafung die „Gefahr“ mit dem Schmerz und man erreicht das Gegenteil. Hier hilft nur, Vertrauen herzustellen.
Lauftier
Als Steppentier war das Pferd rund 16 Stunden am Tag wandernd damit beschäftigt, Futter zu suchen. Seine Tagesration verteilte sich dadurch über den ganzen Tag. Nur auf der Flucht wurde getrabt oder galoppiert.
Um dem noch immer genauso ausgeprägten Bewegungsbedürfnis der heutigen Pferde nachzukommen, ist es nötig, sie täglich zu bewegen und zusätzlich für genügend Auslauf auf der Koppel oder im Paddock zu sorgen. Bewegungsmangel und Übermut sind oft Ursache für Krankheiten und Schäden am Bewegungsapparat. Stehtage müssen vermieden werden! Sie sind nur für das Stallpersonal gut!
Wenn das Steppenpferd früher als Dauerfresser ständig kleine Mengen Futter zu sich nahm, so sollten unsere heutigen Pferde, um Erkrankungen und Mangelzustände zu vermeiden, ihre Futterration in möglichst vielen, kleinen Portionen bekommen: Das Kraftfutter muss auf mindestens drei Mahlzeiten täglich verteilt werden und die Raufuttergaben sind so zu planen, dass sie auch für Beschäftigung sorgen. Damit immer frisches Wasser zur Verfügung steht, ist eine Selbsttränke am besten geeignet.
In der Steppe war das Pferd das ganze Jahr über Wind und Wetter, Kälte und Hitze ausgesetzt und hatte sich mit seinem Körper darauf eingerichtet. Es wurde nicht geputzt, sodass Hautfett und Dreck eine dicke Isolierschicht bildeten. Für unsere Pferde bedeutet das: Wenn sie nicht robust gehalten werden, müssen sie wenigstens viel frische Luft und möglichst viel Licht in ihrem Stall haben. Die Temperatur sollte der jeweiligen Außentemperatur angeglichen sein, nur extreme Temperaturen sollten abgemildert werden.
Verhalten
des Pferdes
Dösende Pferde müssen erst geweckt, das heißt angesprochen werden, bevor man sich ihnen nähert. Foto: Schmelzer
So sieht ein freundliches, aufmerksames Pferd aus. Die Ohren sind gespitzt, das Auge groß und klar, das Maul entspannt
Dieses Pferd zeigt leichte Unruhe. Es spielt mit den Ohren und das Maul ist leicht gespitzt.
Das Pferd hat die Ohren flach zurückgelegt, das Auge zeigt einen weißen Ring, die Nüstern sind zusammengezogen, die Zähne sind gebleckt – es droht! Hier ist äußerste Vorsicht geboten! Zeichnungen: Christina Krumm
Ihrem Rang in der Herde entsprechend zeigen Pferde verschiedene Ausdrucksformen. Sie sind bei Stuten und Hengsten unterschiedlich. Man sollte sie erkennen, um Missverständnisse und damit Unfälle zu vermeiden.
Gesichtsausdruck
Ein dösendes Pferd, gekennzeichnet durch die halb geschlossenen Augen und die entspannte Ohren- und Maulpartie, schläft fast im Stehen. Man muss es unbedingt ansprechen, bevor man sich ihm nähert, damit es nicht erschrickt.
Wenn Pferden ein besonderer Geruch in die Nase steigt, flehmen sie. Foto: Schmelzer
Mit vorgeschobener Unterlippe und seitlich gestellten Ohren – dem typischen Putzgesicht – zeigt das Pferd deutlich, dass es das Kraulen an der Mähne genießt. Foto: Keller
Das Fohlen, das in dieser Situation dem erwachsenen Pferd nicht ausweichen kann, signalisiert seine Unterlegenheit durch das Kauen. Foto: Ettl
Ein gähnendes Pferd zeigt an, dass es müde ist oder dass es sich sehr wohl fühlt. Das Gähnen kann allerdings auch ein Anzeichen für Magenschmerzen sein.