Because It's True − Ein einziges Versprechen - Kira Mohn - E-Book
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Because It's True − Ein einziges Versprechen E-Book

Kira Mohn

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Beschreibung

Wenn aus etwas Vertrautem plötzlich etwas Neues wird … Eine emotionsgeladene Liebesgeschichte an der schottischen Westküste. Jack ist neunzehn Jahre alt. Neunzehn verdammte Jahre. Eigentlich sollte er gerade seine Zukunft planen. Stattdessen kümmert er sich fast allein um seinen vierjährigen Bruder Finlay und versucht parallel dazu, den Pub seines Vaters über Wasser zu halten. Der betäubt sich nach dem Tod der Mutter mit Alkohol, während Jacks älterer Bruder sich immer mehr zu einem verantwortungslosen Arsch entwickelt. Seine beste Freundin Vic hilft, wo sie kann, aber sie wird bald zum Studieren nach Edinburgh verschwinden – was vielleicht sogar gut ist, weil Jack bei jedem Treffen mit der Frage kämpft, ob er ihr die Wahrheit sagen soll. Darüber, was er fühlt. Er kann sich einfach nicht entscheiden. Lüge oder Wahrheit? Sicherheit oder Risiko? Freundschaft oder … Liebe? Dieses E-Book gehört zur «Because It's True»-Reihe. Darin erzählen die vier Bestsellerautorinnen Kelly Moran, Kira Mohn, Anya Omah und Nikola Hotel vier unabhängig lesbare Liebesgeschichten rund um eine Social-Media-Challenge: «Mach mit bei der Three-Things-Challenge. Erzähl jemandem drei Dinge über dich: eine Wahrheit, eine Lüge und etwas, von dem du dir wünschst, dass es wahr oder gelogen wäre. Findet dein Gegenüber heraus, was was ist?» Die «Because It's True»-Reihe als E-Books: Kelly Moran «Tausend Momente» Kira Mohn «Ein einziges Versprechen» Anya Omah «Tausend Gefühle» Nikola Hotel «Ein einziger Kuss»   Die Geschichten sind auch im Print erhältlich, zusammengefasst zu zwei Bänden: Kelly Moran, Kira Mohn «Tausend Momente und ein einziges Versprechen» Nikola Hotel, Anya Omah «Tausend Gefühle und ein einziger Kuss»

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Seitenzahl: 164

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Kira Mohn

Because It's True − Ein einziges Versprechen

 

 

 

Über dieses Buch

Wenn aus etwas Vertrautem plötzlich etwas Neues wird …

Jack ist neunzehn Jahre alt. Neunzehn verdammte Jahre. Eigentlich sollte er gerade seine Zukunft planen. Stattdessen kümmert er sich fast allein um seinen vierjährigen Bruder Finlay und versucht parallel dazu, den Pub seines Vaters über Wasser zu halten. Der betäubt sich nach dem Tod der Mutter mit Alkohol, während Jacks älterer Bruder sich immer mehr zu einem verantwortungslosen Arsch entwickelt. Seine beste Freundin Vic hilft, wo sie kann, aber sie wird bald zum Studieren nach Edinburgh verschwinden – was vielleicht sogar gut ist, weil Jack bei jedem Treffen mit der Frage kämpft, ob er ihr die Wahrheit sagen soll. Darüber, was er fühlt. Er kann sich einfach nicht entscheiden. Lüge oder Wahrheit? Sicherheit oder Risiko? Freundschaft oder … Liebe?

Eine emotionsgeladene Liebesgeschichte an der schottischen Westküste.

 

 

Dieses E-Book gehört zur «Because It’s True»-Reihe. Darin erzählen die vier Bestsellerautorinnen Kelly Moran, Kira Mohn, Anya Omah und Nikola Hotel vier unabhängig lesbare Liebesgeschichten rund um eine Social-Media-Challenge: «Mach mit bei der Three-Things-Challenge. Erzähl jemandem drei Dinge über dich: eine Wahrheit, eine Lüge und etwas, von dem du dir wünschst, dass es wahr oder gelogen wäre. Findet dein Gegenüber heraus, was was ist?»

 

Die «Because It’s True»-Reihe als E-Books:

Kelly Moran «Tausend Momente»

Kira Mohn «Ein einziges Versprechen»

Anya Omah «Tausend Gefühle»

Nikola Hotel «Ein einziger Kuss»

 

Die Geschichten sind auch im Print erhältlich, zusammengefasst zu zwei Bänden:

Kelly Moran, Kira Mohn «Tausend Momente und ein einziges Versprechen»

Nikola Hotel, Anya Omah «Tausend Gefühle und ein einziger Kuss»

Vita

Kira Mohn hat schon die unterschiedlichsten Dinge in ihrem Leben getan. Sie gründete eine Musikfachzeitschrift, studierte Pädagogik, lebte eine Zeit lang in New York, veröffentlichte Bücher in Eigenregie unter dem Namen Kira Minttu und hob zusammen mit vier Freundinnen das Autorinnen-Label Ink Rebels aus der Taufe. Mit der Leuchtturm-Trilogie erschien sie erstmals bei KYSS, mit der Kanada-Reihe gelang ihr der Einstieg auf die Spiegel-Bestsellerliste. Nach Island entführt sie ihre Leser:innen in ihrer neuen Reihe nun in die beeindruckende Landschaft Schottlands. «Because It’s True – Ein einziges Versprechen» ist der Auftakt zu dieser Reihe. Band 1 «Du irgendwo» wird Vics Geschichte erzählen, in Band 2 «Wir irgendwann» geht es um Emmeline.

Kira wohnt mit ihrer Familie in München, ist auf Instagram aktiv und tauscht sich dort gern mit Leser:innen aus.

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Januar 2023

Copyright © 2023 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

Redaktion Nadia Al Kureischi

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

Covergestaltung ZERO Werbeagentur, München

Coverabbildung PixxWerk

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-644-01452-7

www.rowohlt.de

 

Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

Kapitel 1

Ich habe keine Ahnung, wann aus Vic plötzlich VIC wurde. VIC in Großbuchstaben. Die VIC, um die sich ständig und damit viel zu oft meine Gedanken drehen, und zwar anders als früher. Früher, das war, als ich darauf brannte, endlich mit den Hausaufgaben fertig zu werden, weil ich mich mit Vic beim McCaig’s Tower verabredet hatte. Wir spielten dort oben einen ganzen Sommer lang, versehentlich in eine andere Wirklichkeit geraten und quasi ins alte Rom gefallen zu sein.

Jahre später ist es jetzt wohl tatsächlich passiert, und ich bin aus der Welt, in der Victoria und ich die besten Freunde sind, in eine Realität gerutscht, in der ich mir nicht mehr sicher bin, ob der Begriff Freundschaft noch dem gerecht wird, was ich für Vic empfinde.

Zu empfinden glaube.

Empfinde.

Es ist kompliziert.

Leise quietschende Türangeln reißen mich aus meinen Gedanken, und ich weiß genau, wer da gerade zum dritten Mal innerhalb der letzten halben Stunde im Türrahmen steht. «Jack?», höre ich eine helle Stimme.

«Fin», knurre ich. «Du sollst jetzt endlich schlafen. Morgen musst du früh aufstehen.» Genau genommen ist das gelogen. Ich muss früh aufstehen, aber wenn ich das muss, muss Finlay es ebenfalls.

Es quietscht erneut, als Fin sich jetzt in mein Zimmer drückt und an mein Bett tritt. «Jack …»

Ich kann meinen kleinen Bruder förmlich denken hören. Kann ich was trinken?, hat er schon durch, Ich muss aufs Klo ebenfalls. Was kommt jetzt?

«Ich hab Bauchweh.»

Innerlich seufze ich auf, und das aus gleich mehreren Gründen. Ich hab Bauchweh ist Finlays schärfste Waffe und wahrscheinlich auch seine traurigste. Dieser Satz vereint in sich alles, was einem kleinen, vierjährigen Jungen im Leben zu schaffen machen kann, und es gibt nichts, aber auch gar nichts, was sich dagegen tun ließe.

«Willst du zu mir kommen?», frage ich.

Statt zu antworten, krabbelt Fin unter die Decke, die ich etwas angehoben habe. Seine eiskalten Füße schieben sich zwischen meine Beine, während er sich an mich kuschelt und ich die Decke zurücksinken lasse. Sein schmaler Rücken presst sich gegen meinen Oberkörper, und seine verstrubbelten, dunkelblonden Haare befinden sich direkt unter meiner Nase. Ich rutsche ein wenig nach oben und frage mich, ob ich noch sehr stark nach dem Pub rieche. Ich habe extra nicht mehr geduscht, um Fin nicht zu wecken, doch diese Sorge hätte ich mir schenken können: Wie so oft hat er auf mich gewartet.

«Dolle Bauchschmerzen?», will ich wissen, nur so, für meine persönliche Statistik.

«Mittel», murmelt Fin, doch ich weiß, seine Bauchschmerzen werden sich unmittelbar verstärken, sollte ich ihm irgendwann den Vorschlag machen, heute Nacht noch einmal zurück in sein eigenes Bett zu gehen.

Der Kinderarzt hat Finlay im Laufe des letzten Jahres auf den Kopf gestellt, ohne etwas zu finden, wodurch sich seine Bauchschmerzen erklären ließen. Auf der einen Seite ist das natürlich beruhigend. Auf der anderen Seite macht es mich wütend, denn ich hasse es, hilflos zu sein. Und ich fühle mich nun mal hilflos, wenn Fins Stimme diesen zaghaften Ton bekommt, mit dem er sich direkt dafür zu entschuldigen scheint, Probleme zu verursachen. «Warum hab ich immer Bauchweh, Jack?» Das hat er mich schon mehr als einmal gefragt, und es gibt keine zufriedenstellende Antwort, die ich ihm darauf geben könnte. «Manchmal hat man eben Bauchweh, Fin», wiederhole ich dann in der Regel die Worte des Kinderarztes, und Finlay nickt, als sei das eine angemessene Erklärung.

Ein leises Schnarchen macht mir kurz darauf klar, dass er endlich eingeschlafen ist. Im Gegensatz zu mir, der ich nun zum tausendsten Mal darüber nachdenke, was man gegen diese verfluchten Bauchschmerzen ausrichten könnte. Wenigstens einer in dieser Familie muss das ja tun, auch wenn es sinnlos zu sein scheint. Offenbar müssen wir Finlays Bauchschmerzen einfach aushalten, er und ich, und können nur hoffen, dass sie irgendwann genauso plötzlich wieder verschwinden, wie sie eines Tages aufgetaucht sind.

Ich drücke mein Kopfkissen nach unten, um auf meinen Wecker sehen zu können. Kurz nach halb drei. In nicht einmal vier Stunden muss ich aufstehen, wenn ich Fin um Viertel vor acht unmittelbar nach dem Öffnen der Kindertagesstätte seiner Erzieherin Vika in die Arme drücken will, um dann selbst eine Viertelstunde später bei Alfie in der Reinigung auf der Matte zu stehen. Zweimal in der Woche versorge ich für ihn in Oban und im Umland kleinere Hotels, Pensionen und eine ganze Reihe an privaten Bed and Breakfasts mit frischen Handtüchern und Laken. Das Geld, das ich dabei verdiene, können wir gut brauchen. Der Pub allein wirft längst nicht mehr genug ab. Dad müsste endlich mal ein paar dringend fällige Reparaturen in die Wege leiten und vielleicht etwas mehr Geld in Werbung investieren, doch gegen beides sträubt er sich hartnäckig: Brauchen wir nicht. Läuft doch.

Keine Ahnung, wie es ihm gelingt, sich die Situation noch immer schönzureden. Vielleicht funktioniert es deshalb, weil er an den Abenden, an denen er im Pub hinter der Theke steht, mittlerweile selbst sein bester Kunde ist – was allerdings nicht unbedingt dafür sorgt, dass der Laden mehr abwirft. Das Merry Men. Mein Urgroßvater hat diesen Pub in den Fünfzigerjahren aufgebaut, und nach meinem Großvater hat Dad ihn vor ein paar Jahren übernommen, aber seit Mum nicht mehr da ist, geht der Schuppen genau wie alles andere vor die Hunde. Die lustigen Zeiten sind vorbei.

Ich würde mich gern auf die andere Seite drehen, doch dann wird mit großer Wahrscheinlichkeit Fin wach. Also lasse ich lieber zu, dass mein linker Arm langsam gefühllos wird – nur noch eine kleine Weile, bis er wirklich so tief schläft, dass nicht einmal Dads gelegentliches nächtliches Gepolter ihn zu wecken vermag, wenn der zu betrunken ist, um den Weg in sein Bett zu finden. In den letzten Monaten hat er bisweilen sogar auf der Klappliege in der Kammer hinter der Bar zwischen Flaschenträgern und den Kartons mit Erdnüssen geschlafen.

Meine Gedanken treiben zurück zu Vic. Sie war heute kurz im Pub, um mir zu erzählen, dass sie sich jetzt endgültig für das Edinburgh College of Art entschieden habe. Sie wird sich dort bewerben, und ich bin sicher, sie werden sie nehmen – wer würde das nicht tun? Seit wir vor knapp einem Jahr mit der Schule fertig geworden sind, arbeitet Vic an ihrer Bewerbungsmappe, während ich nur zunehmend häufiger im Merry Men hinter der Theke stehe.

«Oh Gott, Jack», hat Vic gesagt und mir am Tresen ihr leeres Glas entgegengeschubst. «Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, nicht mehr bei meinen Eltern zu leben. Oder dich nicht mehr jeden Tag zu sehen. Warum kommst du denn nicht mit? Wir könnten beide in Edinburgh studieren.»

Ich habe ihr Irn Bru nachgeschenkt und dabei beiläufig meinen Rang in ihrer Prioritätenliste registriert. Seit einiger Zeit fallen mir solche Kleinigkeiten auf. Ihre Frage habe ich ignoriert. Stattdessen habe ich Vic zum zehnten Mal versichert, dass sie sich in Edinburgh garantiert schnell wohlfühlen und unser Kontakt dadurch nicht abreißen wird. Man kann sich ja Nachrichten schreiben. Telefonieren. Skypen. Natürlich wird es nicht dasselbe sein, und wer weiß schon, ob Vic am College nicht einen Kerl kennenlernt, der kein Verständnis dafür aufbringt, dass sie so viel Zeit für den alten Freund aus Oban aufwendet.

Vielleicht wäre das sogar das Beste. Ein langsames Auseinanderdriften, statt dieses ziehende Gefühl, das sich immer häufiger bei mir einstellt. Wenn sie mit einer Haarsträhne spielt. Das Glas an ihre Lippen setzt. Mich zum Abschied umarmt.

Ohne nachzudenken, lasse ich mich auf den Rücken fallen, und Fin seufzt leise im Schlaf. Vorsichtig rücke ich etwas näher an ihn heran, spüre, wie die Anspannung, die ihn ergriffen hat, wieder aus seinem kleinen Körper weicht.

Wenn ich nicht bald mal müde werde, wird das morgen ein echter Scheißtag.

Und habe ich gerade allen Ernstes gedacht, ein langsames Auseinanderdriften zwischen Vic und mir wäre das Beste?

Verdammt, nein. Wäre es nicht.

Nur ist der aktuelle Zustand eindeutig auch nicht das Wahre.

Ich schließe die Augen.

Es ist kompliziert.

Kapitel 2

«Jack, machst du mir noch ein Ale?» Diese Frage kommt vom alten Hamish, einem der Urgesteine im Merry Men. Seit seine Frau ihn verlassen hat, ist er so gut wie jeden Abend hier – also seit über zwanzig Jahren. Sitzt er mal nicht an seinem Platz, mache ich mir Gedanken.

«Sicher.»

Eigentlich ist heute mein älterer Bruder dran. Callan dienstags und freitags, ich mittwochs und sonntags. Es wäre seine Aufgabe, am Tresen zu stehen und Bier zu zapfen. Erstens habe ich das schon gestern für Dad übernommen, und zweitens bin ich nach der miesen letzten Nacht echt alle, doch Callan hat mich mal wieder sitzenlassen und ist einfach nicht aufgetaucht. Wahrscheinlich hängt er mit Lewis und dessen idiotischen Freunden rum – auf jeden Fall werde ich ihm heute Nacht etwas dazu erzählen.

«Gibt’s auch noch was zu essen?»

«Die Tagessuppe.» Ich stelle Hamish sein Bier vor die Nase.

«Mit Rindfleisch?»

«Mit Zwiebeln.»

Hamishs Gesichtsausdruck skeptisch zu nennen, wäre eine Untertreibung. Ich kann ihm da nicht helfen. Rindfleisch ist teuer. Zwiebeln sind günstig.

«Gibt’s auch noch Chili Cheese Fries?»

«Heute nicht.» Die letzten Kartoffeln sind in der Suppe gelandet. Das wäre ebenfalls Callans Job gewesen: die Einkäufe zu erledigen. «Aber Brot zur Suppe kann ich dir anbieten.»

«Dann eben die Suppe.» Hamish seufzt es fast.

«Sie wird dir schmecken.»

Sogar Fin mochte sie, und dieser Knirps ist echt wählerisch, was Essen anbelangt.

Ich verschwinde in der Küche, um Hamish einen Teller Suppe zu holen. Bis vor Kurzem hat sich Cody um solche Dinge gekümmert. Wir schulden ihm jedoch mittlerweile das Gehalt der letzten zwei Monate – so geht das alles verflucht noch mal nicht weiter!

«Lass es dir schmecken.»

Während Hamish damit beginnt, in der Suppe herumzurühren, fahre ich mit einem Lappen über die Theke. Ist nicht so, dass ich dafür viele Gläser beiseiteschieben müsste, und auch die Tische sind überwiegend leer. So gesehen lohnt sich eine Aushilfe für die Küche nicht einmal, zumal unsere Speisekarte von Monat zu Monat schrumpft. Nicht zum ersten Mal denke ich darüber nach, wie es wäre, den ganzen Laden einfach zu verkaufen. Owen Cunningham will ein Hotel daraus machen, er würde einen halbwegs ordentlichen Preis zahlen. Und was sollen wir mit einem Pub, in dem sich nur noch die treuen Seelen einfinden, weil das Ding für alle anderen – insbesondere für die Touristen – etwas zu retro ist? Sofern man wackelnde Stühle, angestoßene Gläser und einen Boden, der seit Jahren mal wieder abgeschliffen und geölt gehört, überhaupt noch retro nennen kann. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Mit dieser Sicht stehe ich allerdings allein da – nicht nur Dad ist dagegen, sondern auch Callan. Mit dem Merry Men im Rücken kann er sich seiner Freundin Edie gegenüber als Barbesitzer aufspielen und ist nicht nur der Typ, der bei Tesco arbeitet.

Ich werfe den Lappen ins Spülbecken.

Dann soll er hier wenigstens auch seinen Job erledigen! Für heute Abend hatte ich Fin versprochen, ihm vor dem Schlafengehen weiter aus dem Buch vorzulesen, das er sich in der Bibliothek ausgesucht hat, und jetzt ist er einmal mehr ganz alleine. Also – Dad ist da. Aber für Fin macht das keinen Unterschied.

«Hey.» Als hätte ich ihn mit meinen letzten Gedanken herbeigerufen, schwingt sich Callan in dieser Sekunde auf einen der mit brüchigem Leder überzogenen Barhocker. Leider nicht nur er. Auch die unvermeidliche Hackfresse Lewis ist dabei, außerdem noch ein anderer Kerl, den ich nicht kenne, und irgendein Mädchen, das ich auch noch nie gesehen habe.

«Machst du uns vier Whisky?»

Der Blick, den Callan mir dabei zuwirft, ist unmissverständlich. Komm mir jetzt nicht blöd, scheint er zu sagen. Scheißegal. «Klar, wenn du im Voraus zahlst.»

Callan seufzt und rutscht vom Stuhl. Etwas ruppiger als nötig schiebt er mich zur Seite, um den Glenmorangie aus dem Regal zu nehmen – mit einem der günstigeren Whiskys gibt er sich natürlich nicht zufrieden.

Callan ist zwei Jahre älter als ich, doch die Zeiten sind vorbei, in denen er mir körperlich überlegen war. Ganz kurz überlege ich, ihm ebenfalls einen Stoß zu verpassen, doch nein. Es ist lange her, dass wir unsere Streitigkeiten auf diese Weise ausgetragen haben, und mit Sicherheit werde ich nicht ausgerechnet hier im Pub und vor seinen bescheuerten Freunden wieder damit anfangen, ganz egal, wie sauer ich auf ihn bin.

Sie verziehen sich mitsamt der Flasche, Gläsern und blöde grinsend an einen der Tische, und mir bleibt nichts anderes übrig, als ihnen hinterherzusehen. Warte nur, Callan, ich erwische dich heute auch noch mal alleine. Oder morgen. Wann auch immer. Noch wohnt er mit mir unter einem Dach, auch wenn er seit Neuestem häufiger über Nacht fortbleibt. Ich mag diesen Lewis nicht. Er hat komische Augen. Irgendwie fühle ich mich von seinem Blick eingesaugt.

Wenn ich bei Callans Erscheinen eine Zehntelsekunde lang die Hoffnung hatte, er würde mich doch noch ablösen, hat der Anblick von Lewis diesen Gedanken unmittelbar wieder zunichtegemacht, und obwohl ich dagegen ankämpfe, steigere ich mich mehr und mehr in meinen Groll hinein, je länger ich die vier an ihrem Tisch beobachte. Während ich mich um die wenigen Gäste kümmere, zwischendurch eine Einkaufsliste anfertige und irgendwann damit beginne, die Küche aufzuräumen – alles eigentlich Callans Job! –, hängen er und seine Freunde herum und scheinen jeden erdenklichen Scheiß geradezu unglaublich witzig zu finden. Das Mädchen sitzt neben Callan und himmelt ihn an – das tun die meisten Frauen. Mein Bruder weiß ganz genau, dass er gut aussieht, doch man muss ihm lassen, dass er nicht zu den Kerlen gehört, die das ausnutzen. Zumindest nicht mehr, seit er vor etwas über einem Jahr mit Edie zusammengekommen ist. Die Kleine am Tisch kann ihm noch so oft beiläufig die Hand auf den Arm legen, sie hat absolut keine Chance.

Das einzig Gute an dem ständigen Gelächter, das von ihrem Tisch kommt, ist wohl, dass das Merry Men ausnahmsweise einmal nicht verlassen und trostlos wirkt. Allerdings kommen keine Leute vorbei, um das zu bemerken.

Callan hat nicht noch einmal versucht, mich zu irgendetwas aufzufordern. Stattdessen ist er selbst hinter die Theke getreten, um gesalzene Erdnüsse zu holen; doch als er kurz vor eins ein weiteres Mal vorbeikommt und nach einer Flasche Gin greift, packe ich ihn am Arm. «Was soll das hier? Füllst du das morgen wieder auf?»

«Spiel dich nicht so auf, Kleiner.» Callan nennt mich so, seit er zwölf war und ich zehn. Damals hat diese Bezeichnung noch gestimmt. Mit einer schnellen Bewegung windet er sich jetzt aus meinem Griff. «Es sind nur ein paar Drinks. Hat den Glenmorangie irgendwer vermisst?» Er weiß genauso gut wie ich, dass unseren teuersten Whisky so gut wie nie jemand bestellt.

«Heute nicht. Aber vielleicht morgen. Oder übermorgen. Das Zeug steht auf der Karte, und die wird eh immer kürzer, also hör auf, es wie Dad zu machen!»

Callans Blick verengt sich. «Piss mich nicht an», sagt er und lässt mich einfach stehen.

«Callan!», zische ich halblaut, ohne eine Antwort zu erwarten. Es ist doch nicht zu fassen.

Ein Räuspern lässt mich zur Seite sehen. «Ich mach mich dann mal», sagt Hamish und legt ein paar Scheine auf den Tresen.

«Alles klar», erwidere ich. «Bis morgen. Und sorry.»

Hamish macht eine beschwichtigende Handbewegung. «Ist ja normal unter Jungs.»

Über diese Bemerkung muss ich trotz allem lächeln. Jungs. Na ja, aus Hamishs Perspektive sind wir das wohl. Keine Ahnung, wie alt genau er selbst ist, aber garantiert nicht unter siebzig.

Nachdem der dunkle Vorhang, der den Innenraum vor Zugluft schützen soll, hinter Hamish zurück an seinen Platz gefallen ist, drehe ich mich wieder zu Callan um. Er und seine Freunde sind jetzt die Einzigen hier, und es ist Zeit, alles dichtzumachen. Zumindest die Theke putzen könnte er später noch.

Ich krame in meiner Jeanstasche nach dem Schlüssel, und als die schwere Eingangstür verriegelt ist, trete ich an Callans Tisch.

«Die Tür ist zu, ich geh hoch. Kümmerst du dich noch um die Bar?»

«Na, aber sicher!»

Die Antwort meines Bruders ruft neue Lachsalven bei seinen Freunden hervor. Unfassbar komisch, wirklich.

«Ich meinte damit, machst du noch sauber?», erwidere ich scharf.

«Natürlich.» Callan grinst mich an. «Geh ruhig ins Bett, Kleiner, wir regeln das hier schon.»

Am liebsten würde ich Lewis und die beiden anderen rauswerfen und mir direkt im Anschluss Callan vornehmen, doch so, wie der gerade drauf ist, wäre das vollkommen zwecklos. Offenbar haben sie alle vier schon viel zu viel vom Glenmorangie getrunken.

Zähneknirschend wende ich mich ab, das Gelächter der Idioten im Rücken. Morgen früh, nehme ich mir vor, während ich hinter dem Tresen an der Küche vorbei auf die Treppe zugehe, die zu unserer Wohnung führt. Sobald Fin im Kindergarten ist. Und ich hoffe, ich komme in den Genuss, Callan für dieses Gespräch mit einem Zahnputzbecher eiskalten Wassers zu wecken.

Kapitel 3

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