Bellbook University 1: Ginger & Beast - Penny Juniper - E-Book

Bellbook University 1: Ginger & Beast E-Book

Penny Juniper

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Beschreibung

**Eine Hexe und ein Dämon als neues Power-Couple der Universität?**  Hexe Ginger steckt in einem magischen Schlamassel: Sie muss in die elitäre Studentenverbindung Aurora Star aufgenommen werden, damit sie nicht enterbt wird. Doch leider hat Ginger keinen allzu guten Ruf, da sie ihre Fähigkeiten nicht unter Kontrolle und durch ihre Feueraffinität schon mehr als einen Brand verursacht hat. Der charmante Halbdämon Colin kommt ihr da gerade recht. Als berühmt-berüchtigter Bad Boy und Schwarm der ganzen Uni wäre er der perfekte Fake-Boyfriend, um ihren Status zu verbessern – und außerdem ist er feuerfest. Eine praktische Eigenschaft, als zwischen ihnen die Funken fliegen. Denn Ginger verspricht Colin für jedes Fake-Date einen echten Kuss und stellt schnell fest, dass dieses Mal sie es sein könnte, die sich die Finger verbrennt ...  Besuche die magische Bellbook University, wo Fake Dating zwischen Grumpy und Sunshine heiße Konsequenzen hat.  //»Ginger & Beast« ist der erste Band der »Bellbook University«-Reihe, kann aber als Stand Alone gelesen werden. Alle Bände der knisternden RomCom bei Impress:  -- Ginger & Beast (Bellbook University 1) -- Honey & Trouble (Bellbook University 2) - erscheint im Oktober 2024 -- Sugar & Cane (Bellbook University 3) - erscheint im Januar 2025// 

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Penny Juniper

Bellbook University 1. Ginger & Beast

**Eine Hexe und ein Dämon als neues Power-Couple der Universität?**

Hexe Ginger steckt in einem magischen Schlamassel: Sie muss in die elitäre Studentenverbindung Aurora Star aufgenommen werden, damit sie nicht enterbt wird. Doch leider hat Ginger keinen allzu guten Ruf, da sie ihre Fähigkeiten nicht unter Kontrolle und durch ihre Feueraffinität schon mehr als einen Brand verursacht hat. Der charmante Halbdämon Colin kommt ihr da gerade recht. Als berühmt-berüchtigter Bad Boy und Schwarm der ganzen Uni wäre er der perfekte Fake-Boyfriend, um ihren Status zu verbessern – und außerdem ist er feuerfest. Eine praktische Eigenschaft, als zwischen ihnen die Funken fliegen. Denn Ginger verspricht Colin für jedes Fake-Date einen echten Kuss und stellt schnell fest, dass dieses Mal sie es sein könnte, die sich die Finger verbrennt …

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Vita

Playlist

Danksagung

© privat

Penny Juniper schreibt Geschichten seit sie einen Stift halten kann. Als sie tippen lernte, war es endgültig zu spät für einen anständigen Beruf. Seitdem taucht sie ab in fantastische Welten, und kommt nur ab und zu mal raus, um nach ihrer Familie zu sehen, einen Snack zu stibitzen, oder ihre Katzen zu kraulen. Ihre Stories handeln von chaotischen Hexen, scharfen Dämonen, sarkastischen Fae und unwiderstehlich hotten Orcs, die alle eines gemeinsam haben — ihr Liebesleben ist eine Katastrophe, und sie müssen ordentlich kämpfen für ihr Happy End. Dabei fliegen nicht nur magische Funken, es wird auch ganz schön heiß. Penny liebt Fantasy mit Humor und dem gewissen Etwas. Ihre Schreibvorbilder sind Roxie Noir, Leigh Bardugo, Rebecca Yarros, Terry Pratchett und Stephen King. Meist findet man sie mit einer Tasse Kaffee und ihrer Nase in irgendeinem Buch in ihrer Schreibhöhle, wo sie sich die nächste fantastische Geschichte ausdenkt.

Für die drei zauberhaften Ladies in meinem Leben, die Stories genau so sehr lieben wie ich.

Schon gehört?

Das neue Power-Couple der Bellbook University ist in diesem Semester ausgerechnet eine Hexe mit Magieproblem und ein schlecht gelaunter Halbdämon mit ramponiertem Image.

Das kann doch nicht echt sein.

Oder etwa doch?

Playlist

My Chemical Romance — Disenchanted

Blue Suede — Hooked on a Feeling

Queen — Bohemian Rhapsody

Billie Eilish — Happier Than Ever

Muse — Stockholm Syndrome

DJ Shadow, Run The Jewels — Nobody Speak

Imagine Dragons — Enemy

Hammerfall — Reign of the Hammer

Stars — Your Ex-Lover is Dead

Dua Lipa — Dance The Night

Queens of The Stone Age — No One Knows

Beck — Lost Cause

Mocheeba — Blood Like Lemonade

Slow Runner — Love and Doubt

Elvin Bishop — I Fooled Around and fell in Love

Kapitel1

Ginger

Der Bass dröhnt durch mich hindurch, als ich die Tür mit meiner Schulter aufstemme. Die blitzenden Lichter der Discokugel stechen in meinen Augen und die ohrenbetäubende Stimme des DJs donnert wie ein Erdbeben: »Welcome zur Party des Jahres! AURORA-STAR FOREVER!«

Der anschließende Jubel geht im wummernden Beat der Musik unter, als Werwölfe, Elfen, Fae, Vampire und Menschen die Tanzfläche stürmen und ein Konfettiregen im Saal herniedergeht wie ein Schneegestöber aus funkelnden Diamanten.

Gerade noch rechtzeitig.

Die Party ist nicht ohne uns losgegangen.

Honey neben mir schreit etwas in mein Ohr, was ich nicht verstehe. Man muss durch den Lärm schreien, sonst hat man keine Chance. Ich schüttele den Kopf und hebe die Schultern. Meine Mitbewohnerin runzelt die Stirn, zuckt irritiert mit ihren spitzen Ohren, holt dann Luft und versucht es noch einmal.

»Ich glaub, mein Schuh ist kaputt!«

»Oh«, schreie ich zurück, während hinter uns die Tür zum Notausgang wieder zufällt, das Rumsen der Stahltür übertönt dabei sogar kurz die Musik. »So ein Mist!«

Wir sind beide außer Atem. Und ich schwitze unter meinem schwarzen Partykleid. Wir mussten ganz schön rennen. Einmal um den kompletten Gebäudekomplex von Toftmore Castle herum, bis zum Lieferanteneingang, der ein bisschen versteckt hinter einem der Kräutergärten liegt. Eine längere Strecke als es auf der Karte ausgesehen hat. Aber die Tür war tatsächlich offen, genau wie Chester aus der Cafeteria — mein Informant für diese Operation — es mir gesagt hat. Honey und ich konnten unbemerkt hineinschlüpfen. Wie zwei aufgedonnerte Einbrecherinnen.

Ich habe mich noch nie auf eine Party geschlichen. Entsprechend rauscht das Adrenalin in meinen Ohren und meine unterdrückte Magie puckert in meinen Händen, als hätte ich gerade einen Bungeesprung absolviert. Ich fühle mich großartig.

Honey hingegen hat sich anscheinend wirklich den Absatz abgebrochen und schaut drein, als wäre sie am liebsten tausend Meilen weit weg.

»Guck, der wackelt total«, ruft sie durch den Lärm gegen meine Schulter, balanciert auf einem Bein und fummelt am Fünf-Zentimeter-Absatz, der tatsächlich wackelt wie ein Milchzahn. »Ich such mir mal ’ne Sitzgelegenheit.«

»Mach das«, rufe ich zurück, dann ist sie auch schon weg und ich stehe allein mitten im tobenden Sturm dieser Party.

Der Semesterbeginn der Aurora Star Girls ist über den Campus hinaus legendär. Die Leute kommen aus alle Teilen des Landes, aus Edinburgh und sogar London angereist, nur um mit den beliebtesten Mädels der legendären Bellbook U Party zu machen. Und ich habe es geschafft. Ich bin tatsächlich hier.

Auch ohne Einladung.

Ich pflücke mir ein Glas Champagner vom Tablett eines vorbeieilenden Kellners — trotz der tobenden Menge zirkeln eine Menge Server in schicken Smokings umher und versorgen die durstigen Gäste mit Getränken — nehme einen Schluck, der meine Kehle hinunter perlt und atme einmal tief durch.

Schritt eins meines Plans ist bereits ein voller Erfolg.

Jetzt muss nur noch der Rest klappen und zwar ohne dass ich etwas ansenge oder anfange, die Glühbirnen an der Decke in die Luft zu jagen.

Ich atme tief durch, beruhige die blubbernde Magie in meinem Inneren, die vor Aufregung schäumt wie kochende Milch. Als ich das Gefühl habe, sie halbwegs im Griff zu haben, scanne ich die Menge und finde Honey ein Stück weiter weg, die sich auf einem Stuhl an einem freien Tisch niedergelassen hat und ihren Absatz begutachtet. Ich marschiere los.

Es sind wirklich alle da, die auf dem Campus etwas auf sich halten. Die Aurora Stars haben für eine gute Mischung gesorgt. Fae tanzen mit Menschen, Orc-Boys mit Incubi und Fae, die sich dazu herablassen, mit ihnen gesehen zu werden.

Sogar die ganz hotten Vampire sind da, Jungs und Mädels in ihren besten Goth-Outfits, doch wie immer bleiben sie eher unter sich und schlürfen Blut aus Weingläsern.

Ich schiebe mich an ein paar Jungs aus dem Ruderclub vorbei — größtenteils Werwölfe, wenn auch in ihrer zivilen Form, denn Vollmond ist erst nächste Woche — und registriere aus dem Augenwinkel die Führungsriege der Aurora Star Sorority, eine der ältesten Studentinnenverbindungen auf dem Campus, die auf der oberen Tribune ihre VIP-Lounge aufgebaut haben, den Saal überblicken und sich mit knallbunten Cocktails zuprosten. Jen Beasley ist da und Isabelle Delacroix von den Delacroix Hexen. Und natürlich Gwenwhyfar Laetherion, Licht-Fae und Bienenkönigin der Aurora Stars. Blond und schön wie eine nordische Göttin wacht sie über ihr Werk.

Ich ducke mich hinter einem besonders breitschultrigen Orc entlang, während ich zu Honey hinüberschleiche. Wir sind erst fünf Minuten hier. Gwen muss mich nicht sofort entdecken. Nicht bevor ich nicht wenigstens ein paar Fotos gemacht habe.

»Geht’s?«, frage ich, als ich neben Honey auf den freien Stuhl plumpse.

Honey zieht eine Grimasse und streicht sich eine Strähne ihres honigblonden Haars hinter ein spitzes Ohr. Sie ist eine Licht-Fae, genau wie Gwen, und mindestens genauso hübsch. Aber wie ich ist sie auf dem Campus ein Niemand und auf dem untersten Rand der sozialen Nahrungskette unterwegs. Ich habe in dem halben Jahr, in dem wir zusammenwohnen, nicht den Grund herausfinden können, vermutlich liegt es aber daran, dass Honey so gut wie nie das Haus verlässt und einen für gewöhnlich ansieht, als hätte sie noch eine Rechnung mit einem offen.

»Für heute Abend wird es reichen«, sagt sie und schlüpft wieder in ihren Schuh. »Wir sind ja nicht zum Vergnügen hier.«

»Oooch. Wenn wir schon mal hier sind …«

Grinsend schnappe ich mir zwei neue Gläser von einem vorbeischwebenden Tablett und reiche ihr eins. Honey prostet mir zu und bedenkt mich mit einem Todesblick.

»Ich tue das nur für dich.«

»Cheers«, strahle ich sie an und stoße mein Glas gegen ihres, wohlwissend, dass sie am liebsten ihren Abend allein im Wohnzimmer unserer WG verbracht hätte. Eingerollt in eine kuschlige Decke, Eiscreme und mit Kater Blackbeard auf dem Schoß und irgendeine Seifenoper auf Netflix — bloß keine Gesellschaft! Dass sie mir bei meinem Plan hilft, bedeutet mir viel.

»Bringen wir es hinter uns«, seufzt sie, lacht aber, als ich sie wieder hochziehe und wir uns unseren Weg durch die tanzende Menge bahnen.

Unsere erste Station ist der massive Schwan aus Eis, der neben der Bar auf einem Buffet mit Häppchen thront. Das Motto des Abends scheint zu sein, möglichst dick aufzutragen, denn das Vieh ist in etwa so groß wie ein Laster.

»Die Rich Kids verstehen es zu feiern«, bemerkt Honey durch den Lärm und schaut zu dem gigantischen Schnabel aus Eis über uns auf. Ich drücke ihr mein Handy in die Hand.

»Los, los, wir müssen schnell sein«, sage ich und werfe mich im Schatten des Monsterschwans in Pose. Honey rollt mit den Augen und macht ein paar Fotos, wie ich mit Champagner vor dem Schwan posiere. Und dann noch ein paar Selfies von uns beiden, mit Champagner vor der Nase und fliegendem Glitzer im Hintergrund.

Ich sehe gut aus. Mein Lächeln sitzt wie eine Eins, ich trainiere es regelmäßig vor dem Spiegel. Selbst mein Haar tut mir heute einen Gefallen und spielt mit, meine roten Locken stehen fluffig um meinen Kopf, als hätte ich sie so gestylt. Mein Augen Make-up in sanften Orangetönen passt zu meinen blauen Augen und meine Sommersprossen tun mir den Gefallen, unter der Foundation versteckt zu bleiben.

Ich sehe nicht aus wie ich selbst, Ginger Swanson, unfähige Hexe im zweiten Semester und ein Chaos auf zwei Beinen. Ich sehe aus wie Ginger Swanson, die erfolgreiche Influencerin, populär und beliebt, die richtig Spaß hat auf der Party des Jahres.

Fake it until you make it, heißt es ja immer.

»Du könntest etwas weniger griesgrämig gucken«, sage ich, während ich durch die Fotos scrolle.

»Mehr bekomme ich nicht hin«, grummelt Honey.

»Keine Sorge, es wird funktionieren.«

Ich lade die Fotos in meine Story auf Instagram und Facebook hoch, versehe sie mit ein paar Stickern und schreibe »party hard« in pinken, fetten Buchstaben dazu. Dann lächle ich meine Freundin versöhnlich an und ziehe sie auf die Tanzfläche. Dort gehen gerade die tiefen, hämmernden Beats von Song Two von Blur los und Honey dreht eine Story, wie ich dazu vor der tanzenden Menge abgehe.

Man könnte mich jetzt für sehr oberflächlich halten. Und mein Plan ist wahrscheinlich auch sehr oberflächlich. Mich auf die Party einer Studentinnenverbindung schleichen und gestellte Fotos und Videos davon machen, wie ich Spaß habe. Tatsächlich würde ich lieber genau wie Honey zu Hause auf dem Sofa sitzen und Eis mit Cookie-Dough-Chunks in mich reinschaufeln.

Aber meine Accounts müssen wachsen. Dringend! Und dazu braucht es unter anderem guten Content. Die Aurora Star Party ist dazu wie geschaffen. Und ich versuche seit Monaten mein Profil zu schärfen.

Denn seit dem Desaster im ersten Semester ist das meine einzige Chance, doch noch in die Aurora Star Sorority reinzukommen. Mit einem florierenden Profil auf Social Media kann ich das Wohlwollen der Aurora Star Girls auf mich ziehen und sie dazu bringen, mich in ihren illustren und traditionsreichen Club aufzunehmen. Das ist der einzige Grund, warum ich mich heute Abend in einem kurzen, schwarzen Partykleid und Absätzen bis zum Mond auf der Tanzfläche zum Affen mache.

Ja, wahrscheinlich ist es sogar sehr oberflächlich. Aber man könnte es auch wohlwollend als zielorientiert bezeichnen.

Immerhin tue ich das alles nur für meine Familie. Sieben Hexengenerationen vor mir, inklusive meiner Grandma und meiner Mutter, waren alle Mitglieder bei Aurora Star. Nur ich bin das schwarze Schaf und habe es bisher nicht geschafft.

Ich darf nicht versagen.

»Boah, ich brauch mal ’ne Pause«, stöhnt Honey, als der Song vorbei ist und zieht mich von der Tanzfläche. Dass ihr einige Orcs aus der Powerball Mannschaft am Rand eindeutige Blicke zuwerfen, ist wohl auch ein Grund. Warum stehen Orcs eigentlich so auf Fae? Habe ich nie so wirklich verstanden.

Aber kaum sind wir an der Bar angekommen und haben jede ein Getränk in der Hand, lässt Honey fast ihr Glas fallen.

»Shit!«, zischt sie.

»Was?« Ich schaue mich alarmiert um. Sie scheint weiter hinten in der Menge jemanden erspäht zu haben. Tatsächlich schiebt sich ein großer, grüner Orc durch die Menge zielstrebig auf uns zu. Er ist einer aus der Powerball Mannschaft, glaube ich. Zumindest trägt er die entsprechende Trainingsjacke, die sich um seinen gigantischen Bizeps zu spannen scheint. Doch bevor ich Honey fragen kann, was los ist, wirbelt sie herum und ist weg.

»Ich muss aufs Klo!«, höre ich sie noch und dann stehe ich da, mit zwei Getränken in meinen Händen — und ohne mein Handy. Das ist noch in meiner Handtasche, die um Honeys schmale Schultern baumelt und hin- und her schlackert, als sie davonläuft.

»Warte doch mal«, rufe ich ihr hinterher. Der Orc schiebt sich derweil an mir vorbei und Honey hinterher, grüßt mich lässig im Vorbeistapfen, dann schließt sich die Menge tanzender Studenten hinter ihm wie ein Vorhang.

Ich starre ihnen nach.

»Ich muss doch noch Fotos machen«, murmele ich und ziehe einmal am Strohalm meines Himbeermojitos.

In diesem Moment legt sich eine Hand auf meine Schulter und dreht mich unsanft herum. Der Schluck Mojito bleibt mir im Hals stecken, als ich niemand anderem als Gwen Laetherion und zwei Türstehern gegenüberstehe. Und natürlich sind die Türsteher zwei Bergtrolle im Maßanzug mit Sonnenbrille. Und sehen sehr entschlossen aus. Ich schlucke.

»Cerinwhen Swanson!«, zischt Gwen und bringt es fertig, meinen Vornamen wie eine Krankheit klingen zu lassen. Niemand nennt mich Cerinwhen außer meiner Mutter, wenn ich was angestellt hab. Und Gwen, wenn sie mich erwischt, wie ich mich auf ihre Party schleiche.

»Hi«, versuche ich es, garniert mit einem harmlosen Lächeln.

Gwenhwyfar Laetherion, Campuschefin und augenscheinlich nebenberufliches Supermodel, guckt auf mich herunter, als wäre ich ein besonders hässlicher Käfer, den sie gleich unter ihrem Absatz zertritt.

»Du hast Hausverbot auf allen Aurora Star Events, schon vergessen?«, sagt sie kühl.

»Oh, ich äh …«, ich schwanke auf meinen Absätzen. »Ich meine, wegen der Sache mit dem Feuerball letztes Semester … Ich hab dir doch gesagt, es tut mir leid …«

Ihre eisblauen Augen verengen sich. Sie hat genauso wenig vergessen wie ich, dass meine versehentlich ausgelöste Explosion im Psycho-I-Seminar ihre wunderschönen, goldblonden Haare abgesengt hat. Für ein paar Tage waren wir beide das Gespött des Campus. Und eine solche Demütigung vergisst jemand wie Gwen nicht. O nein. Seitdem hat sie es auf mich abgesehen.

Alles nur, weil meine verdammte Magie ständig macht, was sie will.

»Schmeißt sie raus.« Gwen gibt den Troll-Türstehern ein Zeichen und ehe ich protestieren kann, legen sich links und rechts zwei fleischige Hände auf meine Schultern und ich werde davon geschoben.

»Nein, warte doch! Gwen!«, rufe ich noch, doch ich werde gnadenlos durch die Menge in Richtung Ausgang geschubst. Ich habe Mühe, auf meinen Absätzen nicht zu stolpern und lang hinzuschlagen. Die Leute machen uns Platz, ich fange abschätzige Blicke auf, einige Mädchen lachen und zeigen auf mich. Und im nächsten Moment stellen mich die Trolle vor dem Ausgang ab, einer rückt noch seine Sonnenbrille zurecht und dann geht die breite Flügeltür mit einem Knall vor meiner Nase zu.

Ich stehe fassungslos da, Himbeermojitos noch immer in meinen Händen.

Und mein Handy ist noch bei Honey, die keine Ahnung hat, wo ich stecke.

Und natürlich regnet es in Strömen.

Verdammt!

Das ging ja total nach hinten los.

Hatte ich erwähnt, dass ich ein Chaos auf zwei Beinen bin?

Ich stehe noch eine Weile unschlüssig vor dem Anwesen, das übrigens ein Schloss mitten in den schottischen Highlands ist. Die Fenster sind von der Party erleuchtet, doch die steinernen Mauern starren mich kalt, nass und abweisend an. Von drinnen höre ich das Wummern des Basses wie von einem fernen Planeten. Es kommen laufend neue Gäste an, die der Türsteher hereinwinkt. Und wie es aussieht, ist der Haupteingang nun der einzige Weg, um wieder zur Party zu kommen. Denn der Hintereingang — der mit einem Rumsen hinter Honey und mir ins Schloss fiel, als wir uns reingeschlichen haben — dürfte jetzt fest verschlossen sein.

Ohne mein Handy, das noch in meiner Handtasche ist — Honey hat sich mittlerweile wahrscheinlich auf dem Klo versteckt und wird wohl eine ganze Weile nicht rauskommen — kann ich mir nicht mal ein Taxi rufen.

Sieht so aus, als müsste ich über die nächtliche Landstraße den ganzen Weg von Toftmore Castle bis zur Uni heimlaufen. Im Regen.

Na großartig.

Ich stöhne und laufe los.

Kapitel2

Colin

Auf der Windschutzscheibe staut sich eine Wasserwand, die Scheibenwischer haben Mühe, die Fluten zu beseitigen und Bohemian Rhapsody von Queen heult mir aus den Boxen entgegen. Apokalypse pur, besser kann die Welt meine Laune nicht untermalen.

Und Alter, habe ich eine Scheißlaune!

Ich trete aufs Gas, der Motor meines Mustangs heult auf, als ich durch die Fluten brettere, die auf die schottische Landstraße niedergehen, als stünde das Ende der Welt bevor. In der Finsternis kann ich die beschissene Straße, die man kaum als solche bezeichnen mag, fast nicht mehr erkennen. Eine plötzliche Kollision würde ich wahrscheinlich erst mitbekommen, wenn es zu spät ist. Aber das ist mir egal. Mir wäre ein plötzlich auftauchender Baum recht, der meinem Leiden ein Ende setzt. Oder ein Steinschlag. Eine Invasion von Außerirdischen. Irgendwas, damit ich das beschissene Gespräch vergessen kann, das hinter mir liegt.

»Fuck you, Dad«, murmele ich zwischen zusammengebissenen Zähnen, obwohl niemand außer mir da ist, um es zu hören.

Mein Vater hat auf seiner Wahlkampftour einen Zwischenstopp in Edinburgh eingelegt. Viele seiner alten Dämonen-Kumpel leben aus irgendeinem Grund hier oben in den Highlands, deshalb muss er sich wenigstens ab und zu in ihrem Territorium blicken lassen. Und natürlich zitiert Pendragon McCleod, Minister für paranormale Angelegenheiten im Unterhaus, seinen einzigen Sohn ebenfalls für eine Audienz zu sich, wenn er schon mal in der Gegend ist. Vollkommener Schwachsinn, by the way. Es ist ihm nur um die übliche Predigt gegangen.

»Streng dich mehr an!« — »Deine arme Mutter, was die von dir denken würde, wenn sie dich heute sehen könnte.« — »Du hast eine Verantwortung zu tragen.« — »Denk auch mal an die Familie.«

Bla, fucking bla.

Der Trip zu ihm war die reinste Benzinverschwendung. Alles, was für den Alten zählt, ist sein Image und wie es sich auf die nächsten Wahlergebnisse auswirkt.

Ich verfluche noch meinen Erzeuger, als direkt vor mir auf der Straße wie aus dem Nichts ein bunter Schatten auftaucht. Eine kleine Person, verwaschen vom Regen wie ein Schemen. Ich schreie auf und reiße das Steuer herum, trete mit voller Wucht auf die Bremse. Die Reifen quietschen wie Banshees aus der Hölle. Der Mustang schlingert unter mir wie auf einer Achterbahn über die nasse Straße und kommt mit einer Hundertachtzig-Grad-Wendung zum Stehen.

Noch immer dröhnt Queen in voller Lautstärke aus den Lautsprecherboxen.

»Shit!«, grolle ich und löse vorsichtig meine Hände vom Lenkrad. Ich habe es so fest gepackt, dass ich befürchte, es aus der Halterung zu reißen. Meine Kräfte gehen manchmal mit mir durch, wenn ich nicht aufpasse. Meine Schläfen pochen, mein Puls rast, meine Kehle ist so eng, als würde sie jemand zusammendrücken.

Für eine grauenhaft lange Sekunde befinde ich mich wieder auf einer anderen Landstraße. Im Dunkeln. Im Regen. Im freien Fall. Und neben mir schreit Nate auf, krallt sich in den Sitzen fest, als es für uns unerbittlich und rasend schnell abwärts geht …

Ich schüttele mich. Starre keuchend auf meine zitternden Hände, die sich nur langsam, sehr langsam vom Leder des Lenkrades lösen, als wären sie dort festgeklebt.

Alles ist gut. Du bist hier. Das ist dein Mustang. Kein Ferrari. Und Nate sitzt nicht neben dir, der wird nie wieder neben dir sitzen.

Ich schüttele erneut meinen Kopf. Dann fällt mir die Person draußen auf der Straße ein und mein geschockter Verstand katapultiert mich zurück ins Hier und Jetzt. Fluchend trete ich die Tür auf und springe aus dem Wagen.

»Hey!«, rufe ich. »Alles okay?«

Ich scanne die Dunkelheit. Meine paranormale Nachtsicht kommt mir bei dem strömenden Regen nicht wirklich zugute. Wer um Himmels Willen ist bei diesem Mistwetter wahnsinnig genug, zu Fuß auf dieser beschissenen Straße entlangzulaufen?

»Alles okay«, piepst jemand und dann sehe ich im Kegel meiner Scheinwerfer zwei Beine, die neben der Straße in die Luft ragen. Zwei hübsche und ziemlich nackte Beine, mit Füßen, die in hellroten Pumps stecken.

Verdammt, ich habe eine Lady umgefahren! Fluchend stürze ich zu ihr und helfe ihr hoch.

Okay, keine Lady, stelle ich entnervt fest. Eher eine Mischung aus durchnässtem Eichhörnchen, wütendem Waschbär und einem Mädchen in einem schwarzen, schulterfreien Partykleid, das einen netten Blick auf ihr Dekolletee freigibt. Sie kommt schwankend auf die Füße, wischt sich mit einer Hand Regenwasser aus dem Gesicht und im nächsten Moment funkeln mich ein paar blaue Augen an.

»Bist du blind?« Sie reißt ihre Hand aus meiner los, mit der ich ihr aufgeholfen habe. »Du hast mich beinahe über den Haufen gefahren!«

»Bist du bescheuert, mitten in der Nacht im strömenden Regen auf der Landstraße herumzulaufen?«, gebe ich zurück.

»Ich hab gewunken wie eine Verrückte«, sagt sie. »Ich hab gerufen, du sollst anhalten!«

»Als ob ich das beim Fahren hören würde!«

»Bei dem Krach kein Wunder.«

Wir starren uns an, während die letzten dramatische Klavierakkorde von Bohemian Rhapsodie aus meinem offenen Wagen dröhnen.

Ich knurre abschätzig. Sie ist wahrscheinlich auf dieser unsäglich hirnlosen Aurora Star Party gewesen. Anders kann ich mir ihr Outfit nicht erklären. Toftmore Castle, wo der sogenannte Mega Event zum Semesterstart stattfindet — die Einladungsmail habe ich ohne mit der Wimper zu zucken gelöscht — ist nicht weit entfernt.

Aber warum ist die Kleine hier, nassgeregnet und angepisst, irgendwo in einer Kurve zwischen Edinburgh und St. Bellbook und nicht bei der zugedröhnten Partycrowd?

Ich hebe die Schultern. »Steig ein, ich nehm dich mit«, grunze ich.

»Was?«

»Bist du taub? Ich nehm dich mit.« Ich wende mich um und gehe zum Auto zurück. »Oder willst du auf den Absätzen zur Uni zurücklaufen? Du studierst doch auch an der Bellbook, oder nicht?«

Sie starrt mich noch immer an, doch Verwirrung kriecht in ihre Züge. »Du nimmst mich mit?«

»Wie oft noch?« Ich wische mir nun ebenfalls Wasser aus den Augen. Die paar Minuten hier draußen haben mich völlig durchgeweicht. Wenn auch nicht so schlimm wie die triefende kleine Rothaarige vor mir, die mittlerweile aussieht wie ein nasses Handtuch.

»Du bist kein Serienkiller, oder?«, fragt sie vorsichtig.

»Falls ja, würde ich es dir bestimmt nicht vorher sagen, oder?«, grunze ich und schwinge mich in meinen Fahrersitz zurück. »Aber hast du wirklich Lust, als Roadkill im Straßengraben zu enden? Die Wahrscheinlichkeit ist hier ziemlich hoch, wenn du deinen Weg zu Fuß fortsetzt.«

Sie zögert. Schlingt ihre Arme um ihren Torso.

»Du studierst auch an der Bellbook?«, fragt sie.

»Jahaa!« Mann, das Ganze ist doch absolut lächerlich. Aber einfach wegfahren kann ich auch nicht, oder? Immerhin habe ich sie beinahe überfahren. Ich hab ’ne gewisse Verantwortung für sie. Und wer weiß, was für schreckliche Typen sonst anhalten und sie mitnehmen würden. Typen, die schlimmer sind als ich, auch wenn sich das an heilen Welt unserer Spießer-Uni kaum einer vorstellen kann.

Sie kommt einen Schritt näher. »Welches Fach?«

»Alles mögliche. Hexologie«, lüge ich. Wobei, es ist nicht mal gelogen. Ich habe null Ahnung von Magie und Spells. Allerdings brauche ich lediglich noch ein paar lahme Credits, bis ich endlich meinen Abschluss beziehungsweise meine Freiheit erlangt habe und endlich hier abhauen kann. Also habe ich wahllos irgendwelche Seminare belegt. Und Hexo II ist tatsächlich dabei. Dienstags um neun. Viel zu fucking früh. Und schnarchlangweilig. Aber das passiert nun mal, wenn man sein Leben in den Sand setzt. Man kann sich nichts mehr aussuchen. »Bei Professor Stanton. Und Grundlagen der Psychologie II bei Professor Halvorsen.«

Noch so eine Schnarchveranstaltung. Aber als ich Psychologie sage, leuchten ihre Augen auf und sie kommt die letzten drei Schritte bis zu meiner offenen Fahrertür. Mit großen Augen schaut sie mich an.

»Da bin ich auch«, sagt sie. Immerhin ist das Misstrauen aus ihrer Stimme gewichen. Aber leider steht ihr ins runde Gesicht geschrieben, dass sie mich erkannt hat. Denn natürlich ist sie auch in der verdammten Veranstaltung. (Auch wenn ich sie wahrscheinlich übersehen oder ignoriert habe, wie alle anderen lebenden Personen auf dem Campus.)

»Du bist Beastmode«, sagt sie fast ehrfürchtig.

Argh! Diesen bescheuerten Spitznamen werde ich nie los!

Da verdient man sich einmal in ein paar halblegalen Underground Fightclubs was dazu und macht sich einen Namen und schon raunt jeder Depp auf dem Campus voller Ehrfurcht »Du bist Beastmode!«, als wär man der nordische Gott der Zerstörung oder so was. Dabei ist der Name nur einer von Nates vielen blöden Witzen gewesen …

»Für dich immer noch Mister Beastmode«, knurre ich. »Steigst du jetzt ein, oder nicht?«

Sie zögert noch einen Moment, dann klackert sie auf ihren Absätzen um mein Auto herum. Ich öffne ihr die Tür und dann sitzt sie plötzlich neben mir auf dem Beifahrersitz.

Jetzt im Licht erkenne ich sie auch. Sie sitzt tatsächlich in Psycho II. Sie ist die kleine Besserwisserhexe, die bereits in Woche eins alle Bücher von der Literaturliste komplett gelesen hat. Zumindest klang es so, als sie unseren Prof korrigiert hat.

Sie ist eigentlich ganz süß, wenn man auf drahtige kleine Rothaarige steht. Milchige Haut, süße Kurven. Ihre kleine Stupsnase ist mit Sommersprossen übersäht, genau wie ihre Schultern und Arme. Die schlingt sie gerade um sich und fängt an zu zittern.

»Bist du den ganzen Weg von der Party bis hierher gelaufen?«, frage ich.

»Wonach sieht's denn aus?«, schnieft sie und niest im nächsten Moment so laut, dass es in meinen Ohren klingelt.

»Verdammt, sorry«, murmelt sie.

Ich habe keinen Krümel Fürsorge in mir, da bin ich mir sicher. Trotzdem reiche ich ihr seufzend ein Taschentuch. Während sie ihre Nase putzt, lehne ich mich an ihr vorbei und taste auf dem Rücksitz herum.

»Hier.« Ich lasse meine Lederjacke auf sie fallen wie ein Tonnengewicht. Sie quietscht, aber ich starte den Motor, bevor sie irgendwelche Widerworte geben kann.

»Anschnallen«, grunze ich und dann trete ich aufs Gas und wir rasen weiter durch die Nacht.

Immerhin sind mein Dad und seine Scheißplattitüden mit einem Mal weit weg.

Kapitel3

Ginger

Heilige! Scheiße!

Ich sitze in einem Wagen mit Beastmode!

Dem Beastmode!

Dem Campus Bad Boy. Dem Boogeyman der Bellbook University. Derselbe Typ, der sich angeblich mit drei Orcs gleichzeitig geprügelt und nicht mal einen Kratzer davongetragen hat. Und gemessen daran, dass er ein Halbdämon ist, glaube ich das Gerücht sogar.

Es kursieren unzählige andere Stories über ihn, die harmlosesten sind, dass er ständig durch die Bars um den Campus zieht und keine Gelegenheit auslässt, irgendwelche Mädels abzuschleppen, die sich ihm reihenweise an den Hals werfen. Angeblich.

Schlimmere Storys beinhalten, dass er in illegalen Underground Fightclubs für Geld Kämpfe austrägt und dass seinetwegen beinahe die Bibliothek abgebrannt und er für die Überdosis seines besten Freundes verantwortlich sein soll. Laut Campus-Klatsch war er deswegen ein komplettes Jahr suspendiert.

Im letzten Semester tauchte er plötzlich wieder auf — dank seines Vaters, einem einflussreichen und reichen Dämon des Ersten Zirkels der Unterwelt, der als Minister für ich weiß nicht was im Unterhaus sitzt und der die richtigen Stellen in der Verwaltung mit der richtigen Menge Schmiergeld versehen haben soll, damit sein Sohn bloß an der Uni bleiben kann.

Das meiste von all dem passierte vor meiner Zeit an der Bellbook U. Aber wenn nur die Hälfte stimmt …

Fest steht jedenfalls, wenn irgendwer auf dem Campus den Namen Beastmode auch nur erwähnt, ziehen die Typen ein Gesicht wie kleine Häschen, wenn ein Raubtier in der Nähe ist. Und die Mädchen kriegen glasige Augen und sehen aus, als würden sie gleich ihre Höschen fallen lassen. Die Frage ist, ob er den Spitznamen aufgrund seiner Fähigkeiten beim örtlichen halblegalen Fightclub erworben hat oder aufgrund seiner vielen Eroberungen.

Und ja, technisch gesehen ist er heiß. Auf eine dämonische Art. Wenn man auf große, dunkle, grüblerische Typen mit violetter Haut, massiven Oberarmen und Hörnern an den Schläfen steht. Auch wenn ich wenig mit Rasern anfangen kann und der Junge mit seiner Art zu fahren offensichtlich eine Menge Aggressionen kompensiert. Gerade legt er den Mustang dermaßen sportlich in die Kurve, dass mir kurz schlecht wird.

Ich kralle mich mit einer Hand in das Polster meines Sitzes und ziehe mit der anderen seine Lederjacke enger um mich. Das Ding wiegt ’ne Tonne, aber wenigstens hilft sie, die Kälte ein wenig aus meinen Gliedern zu vertreiben.

Außerdem muss ich zugeben, dass sie einen angenehmen Duft verströmt. Irgendwas zwischen Leder und Holz und einer holzigen, erdigen Note, die ich nicht zuordnen kann. Doch bevor ich weiter drüber nachdenken kann, schleudern wir um die nächste Kurve wie bei der Rallye Monte Carlo. Ich werde in den Gurt geworfen, kralle mich im Sitz fest und kann ein erschrockenes Keuchen nicht unterdrücken.

»Alles okay?«, fragt er.

»Geht so«, quetsche ich hervor. »Mir ist ein bisschen übel.«

»Hast du bei den Aurora Stars zu viel Schampus gekippt?« Er grinst mich von der Seite an. Ich verziehe das Gesicht. Allerdings nimmt er den Fuß vom Gas und fährt ein wenig langsamer. Meine Finger lösen sich vom Sitzpolster und ich lasse den Atemzug gehen, den ich angehalten habe, ohne es zu merken.

»Schön wär's«, sage ich, bevor ich mich stoppen kann. »Sie haben mich rausgeworfen, bevor es interessant wurde.«

»Ach was.«

Er pfeift durch die Zähne und in sein Gesicht schleicht sich so etwas wie Respekt. Und aus dem Augenwinkel sehe ich außerdem etwas Weißes aufblitzen. Eine Andeutung von Fangzähnen. Stimmt ja, er ist Halb-Daemon. Ich kann verstehen, weshalb viele Mädels ihn heiß finden. Wenn man auf so animalische Jungs steht, die aussehen, als würden sie in ihrer Freizeit mit Traktorreifen jonglieren und einem nur zum Spaß in den Hals beißen, wenn sie auf einen stehen.

Warum finde ich diesen Gedanken eigentlich anziehend?

»Was hast du gemacht, dass die Party Girls dich von ihrem Event verbannen?«, fragt er jetzt.

»Na ja, erst mal hatte ich keine Einladung.«

Wieder pfeift er durch die Zähne. Ich krieche tiefer in seine Lederjacke hinein und hebe die Schultern. Keine Ahnung, warum ich ihm das überhaupt erzähle, aber der Abend kann eh nicht mehr schlimmer werden. Was für einen Unterschied macht es also, ob ich dem Campus Bad Boy mein Leid klage? Der wird mich morgen ohnehin vergessen haben.

»Und weiter?«

»Nichts und weiter. Gwen Laetherion hasst mich und hat mich erwischt. Meine Freundin war grad auf der Toilette und die hat meine Handtasche mit meinem Handy. Sie hat nicht mitbekommen, dass sie mich rausgeworfen haben.«

Ich reibe meine Hände gegeneinander, in dem vergeblichen Versuch, meine Finger aufzutauen. Technisch gesehen ist mein Magie-Streak Elektrizität. Damit kann ich auch — wenn ich es richtig mache — Feuer oder zumindest so etwas wie Wärme produzieren. Es sollte mir ein Leichtes sein, mich aufzuwärmen, meine Haare zu trocknen und die Feuchtigkeit auf meinem Körper verdampfen zu lassen. Allerdings macht meine Magie, was sie will. Und in letzter Zeit verschwindet sie auch einfach, wenn ich nervös oder gestresst bin.

Und das Uni-Leben hat sich als überraschend stressig erwiesen und sehr viel weniger glamourös, als ich es mir an der High-School noch vorgestellt habe.

»Deshalb der Fußmarsch durch den strömenden Regen?«

Ich nicke.

»Auf deine Freundin warten ging nicht?«, hakt er nach und lenkt den Wagen in die nächste Kurve. Erneut nimmt er netterweise den Fuß vom Gas.

»Die Party ist riesig. Bis sie mitbekommen hätte, dass ich draußen vor der Tür stehe, wäre mindestens eine Stunde vergangen«, seufze ich. »Eher zwei, denn so wie ich sie kenne, hat sie sich auf der nächsten Toilette versteckt. Bis sie rauskommt, kann es dauern. Und ich dachte, da bin ich schneller wieder zu Hause und kann sie vom Handy meiner Mitbewohnerin aus anrufen und ihr Bescheid sagen.«

»Klingt nach 'nem total brillanten Plan.«

»Hey, besser als harmlose Passanten über den Haufen zu fahren.«

Er ignoriert das. »Und warum hasst dich Gwen Laetherion? Was hast du der Eiskönigin von Bellbook getan, dass sie überhaupt weiß, wer du bist?«

Ich seufze.

»Na ja, letztes Semester in Psychologie ist eine Rollenspielübung ein wenig aus dem Ruder gelaufen.«

»Die Explosion im Westflügel letzten Herbst?« Jetzt blinzelt er mich überrascht an.

»Du warst das?«

»Es war eine Verpuffung«, sage ich hastig. »Keine Explosion.«

Er lacht auf. »Es sind sämtliche Fenster kaputt gegangen.«

»Aber abgesehen davon …«

»Es gab einen uniweiten Feueralarm.« Er grinst noch breiter. »Scheiße, das warst du, kleine Hexe? Wie hast du das bloß angestellt.«

Ich balle die Fäuste auf meinen Knien. »Ich war halt gestresst«, stoße ich hervor.

In dem besagten Seminar ließ uns der Prof ein Rollenspiel zum Thema Ängste durchspielen. Gwen sollte die Therapeutin mimen, die einem sehr persönliche Fragen stellen sollte. Und ich hatte das große Los gezogen, die Patientin auf der Couch zu sein. Und natürlich kam es wie es kommen musste. Alle Anwesenden im Seminar starrten mich erwartungsvoll an, ich bekam kein Wort heraus, meine Kehle war wie zugeschnürt, mein Puls war auf hundertachtzig und meine Hände liefen heiß, als Gwen eine Frage nach der anderen stellte. Und am Ende spuckte erst die Lampe über uns einen Funkenregen, im nächsten Moment platzten sämtliche Glühbirnen und ein Feuerball raste einmal quer durch den Raum und an Gwen Laetherions Ponyfransen vorbei und zum Fenster hinaus. Dann knallte es, dass man es wahrscheinlich bis nach Edinburgh hörte. Die Verpuffung warf alle Anwesenden im Seminar von den Stühlen, zerplatzte sämtliche Fensterscheiben, löste die Sprinkleranlage aus und den Feueralarm.

Und meinen sozialen Niedergang, wie sich im Nachhinein rausstellte.

»Gwen stand halt zu dicht vor mir. Ich konnte nicht vorbeizielen«, murmele ich jetzt und starre auf meine Fäuste auf meinen Knien.

Nachdem die Feuerwehr wieder abgerückt und die Sprinkleranlage endlich ausgeschaltet worden war, teilte Gwen mir mit einem Todesblick unter ihren abgesengten Haaren mit, dass ich mich auf sämtlichen Aurora Star Events besser nicht mehr blicken lassen sollte.

Mit nur einer durch Magie verursachten Stressreaktion — die unter anderem eine einwöchige Schließung und Reinigung des kompletten Westflügels zur Folge hatte, die netterweise Grandmas Versicherung gezahlt hat — hatte ich mir sämtliche Chancen verbaut, jemals in die wichtigste und traditionsreichste Verbindung der ganzen Uni hineinzukommen.

»Verdammt noch mal.« Beastmode lacht belustigt. Aus meinem Augenwinkel kann ich sehen, wie er leicht den Kopf schüttelt, während er geradeaus in die Dunkelheit schaut. »Nicht schlecht, kleine Hexe. Hätt ich dir gar nicht zugetraut.«

Ich krieche tiefer in den Sitz und seine Jacke hinein, deren Duft mich umhüllt und reibe meine eiskalten Hände aneinander.

»Du sagst das, als wäre es was Gutes, in seiner dritten Woche an der Uni ein Gebäude zu verwüsten und sich mit der wichtigsten Person auf dem Campus anzulegen«, sage ich.

»Darauf kannst du wetten.« Er grinst, wieder blitzen seine Fangzähne auf. Ich muss mich daran erinnern, dass er nur technisch gesehen attraktiv ist und ich eigentlich eher Angst vor ihm haben sollte.

Allerdings wirkt er nicht wirklich beängstigend, je länger ich hier sitze und mit ihm rede. Eigentlich wirkt er … nett. Oder zumindest nicht so gruselig, wie immer alle sagen. Okay, seine Punk-Rock-Attitüde und sein Fahrstil mögen auf manche Leute abschreckend wirken. Ich fühle mich komischerweise wohl neben ihm. Obwohl ich das wahrscheinlich nicht sollte.

Plötzlich fällt mir ein, dass ich keine Ahnung habe, wie sein richtiger Name ist. Doch ich behalte diese Frage für mich, während wir das Ortsschild zu St. Bellbook passieren und der beleuchtete Turm des Hauptgebäudes vor uns in der Finsternis aufragt, während sein Classic Rock leise aus den Lautsprechern dudelt. Irgendeine Band aus den Achtzigern, deren Namen ich immer vergesse.

Wir rollen schweigend durch den Ort, der sich wie ein verregneter Märchen-Film aus der Dunkelheit schält. St. Bellbook wurde vor über tausend Jahren von Mönchen und ein paar Hexen gegründet, die hier ihre Abteien bewirtschafteten und irgendwann die für das Mittelalter überraschend innovative Idee hatten, eine Universität zu gründen, weil das mehr Geld in die Highlands locken würden. Außerdem gab es hier irgendeinen superwichtigen Steinkreis zum Magie-Channeln.

Der ganze Ort sieht aus wie eine mittelalterliche Märchenlandschaft, mit uralten Steinmauern, Kirchtürmen und Zinnen, die in den Nachthimmel ragen. Jetzt, im 21. Jahrhundert, bevölkern bei gutem Wetter emsige Studenten mit ihren Laptops die Parks und Rasenflächen zwischen den altehrwürdigen Gebäuden, trinken Bier, werfen Frisbees oder hetzen zu ihrer nächsten Veranstaltung. Allerdings ist der komplette Ort stockdunkel und bei diesem Mistwetter natürlich wie leergefegt.

Beastmode fragt mich kurz, wo er mich absetzen kann und ich gebe ihm den Namen der Straße nebenan. Er muss ja nicht so genau wissen, wo ich wohne.

Schließlich erreichen wir die Kreuzung und er stoppt den Mustang, lässt den Motor laufen. Der Regen trommelt noch immer aufs Wagendach, aber die paar Meter nach Hause werde ich es schon schaffen. Mit klammen Fingern löse ich den Sicherheitsgurt und will mich gerade aus seiner Jacke schälen, als …

… er meine Hand nimmt.

Das Dankeschön, das ich auf den Lippen hatte, verpufft und wird zu einem verwirrten: »Äh …?«

»Wow, du hast eiskalte Hände.«

Beastmode ist plötzlich sehr viel näher als noch vor Sekunden. Sein Körper ragt vor mir auf wie ein Berg, schwarze Haarsträhnen fallen ihm ins Gesicht. Sein Grinsen ist verschwunden. Er schaut mich ernst aus dunklen Augen an und ich schaue schnell auf meine Hand. Die sieht in seiner großen Pranke geradezu winzig aus, meine weiße Haut auf seiner violetten noch käsiger als ohnehin schon.

»Es geht schon«, murmele ich, doch er schüttelt den Kopf.

Er runzelt die Stirn, nimmt auch meine andere Hand. »Sag das nächste Mal was. Dann mach ich dir die Heizung an.«

Ich will so etwas erwidern wie: Wovon redest du? Welches nächste Mal? Warum sollte ich noch mal mit dir Auto fahren und eine Heizung benötigen? Und warum benimmst du dich plötzlich so komisch? Doch ich kriege kein Wort heraus.

Und warum schlägt mir plötzlich das Herz bis zum Hals?

»Kleiner Pfadfindertrick«, murmelt er. Seine Stimme ist tief und klingt ein bisschen heiser. Ich bin zu perplex, um mich zu rühren. Er wickelt seine großen, rauen Hände um meine, bildet eine Höhle um sie herum. Und bevor ich protestieren kann, neigt er sich leicht vor und pustet warme Luft hinein.

Meine eiskalten Finger erwärmen sich in seinem Atem.

Meine Magie erwacht aus ihrem Schlaf, blubbert in meinem Inneren spiralförmig empor und fängt an zu flackern wie eine Wunderkerze. Mit jedem warmen Atemzug, den Beastmode auf meine Hände in seinen pustet ein bisschen mehr. Und damit nicht genug, er schaut mich an. Und ich kann nicht wegschauen. Wie in Trance starre ich zurück. Dichte Augenbrauen. Dunkle Augen, lange gerade Nase. Schwarze, lange Wimpern, so lang, dass ich mich frage, ob das normal ist oder etwas speziell Dämonisches. Seine Pupillen sind schlitzförmig, doch ich stelle fest, dass seine Iriden nicht schwarz sind, wie ich zunächst dachte.

Kakao, denke ich. Ein dunkles, sattes Braun, wie Erde. Wie Holz. Warm und sicher.

Meine Magie schwappt über. Es knallt. Beastmode lässt meine Hände los. Die Scheinwerfer seines Wagens flackern. Der Motor stottert und geht aus. Die Musik stoppt. Ich schreie erschrocken auf, als die Straßenlaterne direkt vor dem Wagen in tausend Stücke explodiert. Glühende Funken und Scherben regnen auf die Straße herab wie brennendes Gold.

»Wow …«, flüstert Beastmode in die Stille hinein. Im Dunkeln reflektieren seine Augen leicht violett und wieder blitzen seine Fangzähne auf.

Ich lasse meine Hände sinken und wage es, wieder Luft zu holen. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Und jetzt ist mir wirklich warm, bis in die Zehenspitzen hinein, als hätte ich gerade lange in der warmen Sommersonne gelegen und nicht durchgeweicht und zitternd in einem viel zu schnellen Auto gesessen.

Neben einem Halbdämon, der anscheinend in der Lage ist, meine Magie wieder einzuschalten.

Ich schlucke, starre abwechselnd auf ihn und auf meine Hände. Meine Handflächen sind heiß, summen wie eifrige Bienenschwärme wo er mich berührt hat.

Was zur Hölle war das?

»Nicht schlecht, kleine Hexe.« Er schaut mich an, sein Gesicht ein einziger Schatten mit schneeweißen Grinsen.

»Äh …«, krächze ich. »Danke.«

Ich löse hastig den Sicherheitsgurt, poppe die Tür auf und schäle mich auf dem Sitz. »Fürs Mitnehmen«, füge ich hinzu und schwinge ein Bein nach draußen. »Und für …«

Keine Ahnung, was ich eigentlich sagen will. In meinem Kopf schwirren die Gedanken wie in einem High-Speed Mixer. Jetzt stell dich nicht so an, weise ich mich selbst zurecht. Er hat nur deine Hand warm gepustet, nicht geküsst oder was auch immer. Warum denke ich da überhaupt an sowas?

Ich stolpere ins Freie und will gerade die Autotür schließen, als jemand meinen Namen ruft.

»Ginger?«

Es regnet nicht mehr so heftig, doch im Halbdunkel der kaputten Straßenlaterne muss ich trotzdem blinzeln, um zu erkennen, wer da den Bürgersteig entlang zu mir gelaufen kommt.

Es ist Sugar, meine andere Mitbewohnerin. Offensichtlich ist sie gerade auf dem Heimweg von ihrem späten Yogakurs. Ihre Sporttasche hat sie um die schmalen Schultern geschlungen. Unter der Kapuze ihres gelben Regenmantels schaut sie mir verwundert entgegen, streicht sich ein paar pinke Haarsträhnen aus den Augen. Im Schlepptau hat sie noch zwei weitere Mädels, Freundinnen von ihr, die ich beide aus irgendeinem Kurs kenne. Beide sind halb versteckt unter ihren Regenschirmen.

Sugar schiebt ihre Kapuze aus dem Gesicht, als sie vor mir steht. »Was machst du denn schon hier? Ist die Party schon vorbei? Und was …«

Ihr Blick wandert zu der Autotür, die noch immer in meiner Hand ist.

Beastmode grinst freundlich nach draußen. Winkt einmal mit seiner großen Pranke.

»Ladies.«

Sugar und ihre beiden Freundinnen — ich glaube, sie heißen Sarah und Kate, aber ich bin mir wirklich nicht sicher, nur dass ich sie beide fürchterlich nervig finde, weil sie in der Vorlesung ständig tuscheln und kichern wie zwei dämliche Teenager — reißen ungläubig die Augen auf.

»Was machst du in Colin McCleods Auto?« Sugar schaut mich aus ungläubigen Augen an und deutet mit dem Daumen auf den Mustang.

»Er hat mich heimgefahren«, sage ich lahm und Sugars Freundinnen saugen beide erschrocken Luft ein.

Währenddessen quiekt in meinem Kopf ein besonders peinlicher Alarm auf, der mir mitteilt: Er heißt Colin. Jetzt weißt du, wie er heißt!

»Entschuldigt, Ladies, wenn es euch nichts ausmacht, würdet ihr bitte die Tür schließen?« Beastmode — oder Colin — lehnt sich über den Beifahrersitz. »Ich hab noch einen Folgetermin.«

Seine dunklen Augen mit den Schlitzpupillen richten sich auf mich und wieder bleiben mir die Worte im Hals stecken. Sein Mund ist zu diesem schiefen Lächeln verzogen, das die Wärme in mir hochblubbern lässt und meine Hände kribbeln. Es hilft auch überhaupt nichts, dass ihm eine dunkle Haarsträhne wie aufs Stichwort lässig ins Gesicht fällt.

»Gib mir die Jacke einfach bei Gelegenheit zurück, kleine Hexe.«

Dann zwinkert er mir zu, langt nach vorn und zieht die Beifahrertür mit einem Knall zu. Er startet den Wagen, der Motor heult auf, die Reifen quietschen und dann rast der Mustang davon wie von einem Katapult geschossen. Mit offenem Mund starre ich ihm nach.

»Wieso gibt dir Beastmode seine Jacke?«, fragt Sugar perplex neben mir.

Ich starre sie an.

Dann starre ich an mir herunter.

Ich habe seine verdammte Lederjacke immer noch an.

Kapitel4

Ginger

Sonntagmorgen hat der Regen sich verzogen und unbarmherzige Sonnenstrahlen stechen direkt in meine Augen, als ich müde blinzele und nach meiner Kaffeetasse auf dem Wohnzimmertisch angele. Blackbeard miaut empört. Er hat sich mit seinen vollen fünf Kilo Kampfgewicht auf meinen gekreuzten Beinen niedergelassen und sieht es überhaupt nicht ein, dass ich mich bewege.

Ich sehe es ehrlich gesagt auch kritisch, dieses ganze Wachsein und Bewegen — ich habe auf der Party zwar nicht viel trinken können, aber ich habe vor lauter Stress nur zwei Stunden geschlafen und fühle mich, als hätte eine Dampfwalze meinen Kopf ausgerollt wie einen Keksteig.

Am liebsten würde ich bewegungslos im Schneidersitz auf dem Sofa verharren, eingewickelt in eine Decke und mit dickem, schwarzem Kater auf dem Schoß. Aber es hilft nichts, ich brauche Kaffee. Ich unternehme einen neuen Versuch und lehne mich vor. Blackbeard miaut noch einmal verärgert, bevor er auf die Sofalehne springt. Von dort funkelt er mich an, ein pechschwarzes Knäuel mit gelben Augen.

»Sorry, Kleiner. Ich brauche Kraftstoff«, murmele ich, schnappe mir die Tasse und trinke einen Schluck. Der Kaffee ist heiß und perfekt und vertreibt die Müdigkeit ein kleines bisschen.

»Du solltest wirklich lieber Tee trinken. Das ist besser für deine Organe«, sagt Sugar. Die befindet sich gerade auf dem Fußboden vor dem Wohnzimmertisch in Kopfstand-Position, die Ellbogen auf der Yogamatte abgestützt. Ihr Körper bildet eine perfekt gespannte, leichte gebogene Linie.

Ich wünschte, ich hätte nur annähernd die Disziplin mit der Sugar — die eigentlich Anna-Rose heißt, aber aufgrund ihrer rosa Stimmungshaare von allen Sugar genannt wird — ihr Leben lebt. Wahrscheinlich wäre ich dann schon längst Mitglied von Aurora Star und Grandma würde aufhören, mir ständig damit in den Ohren zu liegen.

»Tee kickt nicht.« Honey, noch im Schlafanzug, ihre langen blonden Haare wirr um den Kopf stehend, schlurft zur Tür herein und an uns vorbei in Richtung Küche. »Morgen.«

»Guten Morgen«, zwitschert Sugar.

»Morgen«, murmele ich in meine Tasse.

Blackbeard auf der Sofalehne fängt an zu schnurren. Honey ist sein Frauchen und er liebt sie abgöttisch. Den Rest von uns akzeptiert er zähneknirschend.

Ich bin wirklich froh, nicht mehr im Wohnheim zu leben. Vor knapp vier Monaten bin ich bei Honey — die eigentlich Alexandria heißt, uns aber allen verboten hat, sie so zu nennen — und Sugar eingezogen, weil ihre vorige Mitbewohnerin von heute auf morgen nach Kanada abgehauen ist. Vorher wohnte ich in einem gefühlt kühlschrankgroßen Zimmer mit zugigen Fenstern und ewig kaputtem Internet, das ich mir mit einer schnarchenden Mitbewohnerin teilen musste. Der Rest des Hauses wurde von lauten und partywütigen Sportstudenten bevölkert, die anscheinend keine Ahnung hatten, wie man einen Putzlappen benutzt.