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"Heut ist ein ganz besonderer Tag in deinem Leben" - das hat Anjas alte Vermieterin Ursel dem schönen Dirndl schon am frühen Morgen gesagt. "Dein Liebeshoroskop klingt heut ausgesprochen verheißungsvoll." Anja hat nur gelacht, sie glaubt nicht an Sterndeutungen und Wahrsagungen.
Aber als Anja an diesem Tag zuerst ihrem Juniorchef, dem feschesten Junggesellen weit und breit, dann seinem Spezl, dem größten Hallodri aus ganz Bergdorf, und zuletzt dem schönen, aber rätselhaften Jean Mohue begegnet, da beginnt sie zu ahnen, dass an den Deutungen der alten Ursel doch etwas dran ist ...
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Seitenzahl: 124
Cover
Impressum
Adieu, ihr Berge und Täler
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Bastei Verlag/Anne von Sarosdy
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-5080-7
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Adieu, ihr Berge und Täler
Warum die schöne Anja ihre Heimat verließ
Von Christian Seiler
„Heut ist ein ganz besonderer Tag in deinem Leben“ – das hat Anjas alte Vermieterin Ursel dem schönen Dirndl schon am frühen Morgen gesagt. „Dein Liebeshoroskop klingt heut ausgesprochen verheißungsvoll.“ Anja hat nur gelacht, sie glaubt nicht an Sterndeutungen und Wahrsagungen.
Aber als Anja an diesem Tag zuerst ihrem Juniorchef, dem feschesten Junggesellen weit und breit, dann seinem Spezl, dem größten Hallodri aus ganz Bergdorf, und zuletzt dem schönen, aber rätselhaften Jean Mohue begegnet, da beginnt sie zu ahnen, dass an den Deutungen der alten Ursel doch etwas dran ist …
Der Tag begann für Anja Kranzler wie jeder andere. Sobald der Wecker klingelte, stand sie flott aus dem Bett auf und trat ans Fenster. Noch schien die Sonne nicht ins Tal, aber die Bergspitzen leuchteten bereits prächtig in den morgendlichen Strahlen.
Unten in der Küche rumorte bereits die Witwe Langer, während Anja von dem gemieteten Zimmer aus ins Bad eilte, um sich auf die Arbeit vorzubereiten. Als sie eine halbe Stunde später fertig angezogen und die langen blonden Haare zum Pferdeschwanz gebunden nach unten kam, duftete es schon nach Kaffee und frischen Brötchen.
„Guten Morgen, Ursel“, grüßte Anja und ging der alleinstehenden Rentnerin zur Hand.
„Guten Morgen, Kind“, erwiderte Ursel Langer freundlich und gut gelaunt. „Ist das net wieder ein schöner Tag?“
„Ein sehr schöner“, versicherte Anja und überzeugte sich davon, dass alles fürs Frühstück auf dem Küchentisch stand.
„Und ein ganz besonderer noch dazu, nämlich für dich“, fuhr die Witwe Langer fort, setzte sich zu Anja und zeigte auf die Zeitung, die sie stets schon bei Sonnenaufgang las. „Hier steht es: Heut geschieht etwas, das dein ganzes Leben verändern wird.“
„Geh weiter, Ursel!“ Anja lachte herzlich, doch ihre Vermieterin nahm ihr das nicht übel. Trotz oder gerade wegen des großen Altersunterschieds von fast fünfzig Jahren kamen sie großartig miteinander aus. Die kinderlose Witwe betrachtete ihre junge Untermieterin wie eine Enkeltochter. „Du und dein Horoskop, das stimmt doch nie.“
Ursel Langer machte ein bedeutungsvolles Gesicht und hob mahnend den Zeigefinger.
„Glaub mir, heut ist was dran an der Prophezeiung. Ich hab nämlich geträumt, dass was geschehen wird, viel sogar, und es wird sehr aufregend sein.“
„Ach ja?“ Anja machte sich mit gutem Appetit an ihr Frühstück. „Und was wird geschehen?“
„Weißt du, das ist so“, erwiderte die alte Ursel zögernd, „ich bin halt eine alte Frau, und ich merk mir schlecht was, wenn ich wach bin. Umso schlechter bleibt mir im Gedächtnis, was ich im Schlaf erlebt hab.“
„Mit anderen Worten, du reimst dir alles nur zusammen, gelt, Ursel?“ Anja stärkte sich mit einem Schluck Kaffee und sah auf die Uhr. „Ich muss gleich los.“
„Denk an meine Worte!“, rief die Vermieterin ihr nach, als Anja schon zur Tür ging und nach ihrer Tasche griff. „Und pass genau auf, was sich heut alles ereignen wird. Im Horoskop steht net, dass sich heut schon alles verändert, nur, dass es ausgelöst wird. Und in meinem Traum ist es auch net gleich drunter und drüber gegangen.“
„Ist schon recht!“, rief Anja, winkte und verließ das kleine Haus am Rand von Bergdorf, um zu Fuß zur Baufirma „Großberger“ zu gehen, wo sie vor einiger Zeit eine Anstellung als Sekretärin gefunden hatte.
Die Frau des Besitzers hatte bis vor Kurzem alle Büroarbeiten selbst erledigt, aber allmählich zog sie sich mehr ins Privatleben zurück. Dadurch wuchsen zwar Anjas Aufgaben, doch das störte sie nicht.
Längst hatte sich Anja daran gewöhnt, dass sie nicht auf der Sonnenseite des Lebens geboren worden und aufgewachsen war. Und bis heute war ihr diese Sonnenseite verschlossen geblieben. Sie hatte jedoch von klein auf gelernt, zufrieden zu sein und nicht zu klagen. Es war eben, wie es war.
Normalerweise dachte sie gar nicht darüber nach, doch die Worte der Witwe Langer gingen ihr durch den Kopf, während sie an den zahlreichen Fremdenpensionen, Hotels und Gästehäusern des vorwiegend vom Fremdenverkehr lebenden Ortes vorbeiging.
Vielleicht lag es in ihrer Familie, dass nichts so recht gelang. Schon ihre Urgroßeltern hatten nicht mehr vom eigenen Hof leben können. Ihre Großeltern hatten zwar noch im alten Bauernhaus gewohnt, aber bei anderen Leuten in der Landwirtschaft arbeiten müssen. Ihre Eltern hatten schließlich auch das Haus mitsamt dem letzten verbliebenen Grundstück verkauft, eine Wohnung in Bergdorf gemietet und Arbeiten angenommen, über die ihre bäuerlichen Vorfahren nur die Nase gerümpft hätten. Letztendlich waren sie vor einigen Jahren ganz von Bergdorf weggezogen.
Als Anja das Haus der Familie Großberger erreichte, fiel ihr die Ermahnung der alten Ursel ein. Sie sollte sich alles merken, was sich heute ereignete.
Anja schüttelte den Kopf und lächelte vor sich hin. Der Tag fing ja gut an!
Lukas Großberger kam soeben aus dem Haus, der Sohn des größten Bauunternehmers in der ganzen Gegend, und Lukas war der Traummann aller Frauen im ganzen Tal. Mochten sie es zugeben oder nicht, mochten sie verheiratet sein oder nicht, jung oder alt sein – alle schwärmten insgeheim von dem attraktivsten Junggesellen von Bergdorf und Umgebung.
Wie der Lukas es geschafft hatte, bis zu seinem sechsundzwanzigsten Lebensjahr ungebunden zu bleiben, verstand niemand. Seine dichten Haare waren eigentlich dunkel, wurden im Sommer jedoch von der Sonne gebleicht und bekamen immer hellere Strähnen. Die Frauen von Bergdorf waren sich einig, dass er besser aussah als alle Filmschauspieler, die sie kannten, und die Männer beneideten ihn um sein Aussehen und die sportliche Figur, die sie nicht einmal in dem vor einiger Zeit in Bergdorf eröffneten Fitnessstudio erzielten.
Anja hatte an fast jedem Arbeitstag mit Lukas, dem Juniorchef des Bauunternehmens, zu tun, und sie konnte sich ganz gut erklären, wieso ihn noch keine eingefangen hatte. Es mangelte ihm zwar nie an Affären, vor allem mit Urlauberinnen, aber keiner konnte so verschlossen, zugeknöpft und abweisend sein wie Lukas Großberger. Davon konnte Anja ein Lied singen. Ihr gegenüber war er zwar stets höflich und freundlich, aber er nahm sie nie wirklich zur Kenntnis. Gespräche drehten sich nur ums Geschäftliche.
Na schön, dachte sie amüsiert, als sie den Anbau des prächtigen Hauses betrat, in dem die Büros untergebracht waren. Das war also der erste Mensch, der mein Leben auf den Kopf stellen wird.
„Grüß dich, Anja“, sagte Waltraud Großberger, die schon im Vorraum an ihrem Schreibtisch saß. „Heut bist du aber besonders fröhlich.“
Erst jetzt merkte Anja, dass sie lächelte, weil sie nichts von Ursel Langers Vorliebe für Horoskope und ihrem Traum hielt.
„Guten Morgen, Frau Großberger“, erwiderte sie und betrat ihr eigenes Büro, von dem aus sie den großen Parkplatz für die firmeneigenen Fahrzeuge überblickte.
Auf eine Erklärung für ihr Lächeln verzichtete sie. Frau Großberger interessierte sich nicht wirklich für sie, sondern machte nur ab und zu eine freundliche Bemerkung. Alle Großbergers interessierten sich mehr oder weniger nur für sich selbst. Auch das hatte Anja im Lauf der Zeit herausgefunden.
Mit den täglich gleichen Handbewegungen schaltete sie den Anrufbeantworter aus und den Computer ein. Wie überall auf der Welt hatte auch in Bergdorf die moderne Technik längst Einzug gehalten, mochten die hohen Bergketten das Tal auch noch so sehr isolieren.
Anja verstaute ihre Tasche im Schreibtisch, setzte sich und warf vor Arbeitsbeginn einen Blick aus dem Fenster. Prompt musste sie wieder lächeln, weil laut Witwe Langer heute jeder Mensch eine wichtige Rolle in ihrem Leben spielen konnte. Das traf mit Sicherheit nicht auf den Arbeiter und Fahrer zu, der soeben in einen der Lastwagen stieg.
Jean Mohue war ein Außenseiter im Tal, allein schon deshalb, weil seine Mutter von hier und sein Vater aus Afrika stammte. Seine Eltern lebten zwar längst nicht mehr in Bergdorf, aber er war geblieben, hielt sich jedoch von allen fern. Die Leute sahen ihn eigentlich nur, wenn er seiner Arbeit für die Baufirma „Großberger“ nachging.
Sonst achtete Anja nie auf ihn, auch, wenn sie einander bei einer zufälligen Begegnung grüßten. Heute sah sie etwas genauer hin und wunderte sich, warum er so isoliert lebte. Aus den Personalunterlagen wusste sie, dass er dreißig Jahre alt war und gleich nach der Schule zu den Großbergers gekommen war. Was war bloß die Ursache für seine zurückhaltende Lebensweise?
Vom Aussehen her unterschied er sich nicht stark von anderen dunkelhaarigen Männern der Gegend, wenn sie sich im Sommer in der Sonne oder im Winter im Sonnenstudio eine kräftige Bräune zugelegt hatten.
Mit einem leisen Seufzer wandte sich Anja dem Bildschirm zu. Es reichte, wenn sie sich um ihr eigenes Leben kümmerte. Nur, weil Ursel Langer etwas geträumt und in der Zeitung ein ungewöhnliches Horoskop gefunden hatte, brauchte sie selbst sich nicht ins Leben ihrer Mitmenschen einzumischen.
Dann ging es auch schon mit der meistens ziemlich hektischen Arbeit los. Das Telefon klingelte in der nächsten Stunde fast pausenlos. Waltraud Großberger und Anja teilten sich diese Arbeit. Anja nahm Bestellungen auf, beantwortete Anfragen und vereinbarte Termine. Zwischendurch musste sie Fahrern die Pläne für den Tag aushändigen, Krankmeldungen entgegennehmen und andere Personalfragen erledigen.
Erst kurz vor der Mittagspause bekam sie etwas Luft und hatte Zeit, sich am Computer um die Buchhaltung zu kümmern. Auch diesen Arbeitsbereich übertrug Frau Großberger ihr in immer größerem Umfang, und Anja musste sich damit erst vertraut machen.
Wahrscheinlich lag es an ihrer Unerfahrenheit, dass sie mit einigen Eintragungen in den Büchern der Firma nicht klarkam. Sie verstand einiges nicht, und unter dem Strich fehlte ihr am Ende sehr viel Geld.
Mit diesem Problem wollte sie sich allerdings erst später beschäftigen, weil es sich um Zahlungen handelte, die schon einige Zeit zurücklagen und im Moment nicht wichtig waren. Um andere Dinge musste sie sich dagegen gleich kümmern.
„Mittagspause, Anja!“, rief Waltraud Großberger zu ihr herein.
Das musste Anja ihr lassen: Waltraud Großberger, ihr Mann und der Sohn Lukas waren insofern angenehme Arbeitgeber, als sie nie zu viel verlangten. Sie zahlten gut und achteten darauf, dass ihre Mitarbeiter die vereinbarten Pausen einhielten.
„Ja, ich hör gleich auf, Frau Großberger“, erwiderte Anja durch die offen stehende Tür, griff nach ihrer Tasche und schloss ihr Büro ab.
Als sie vors Haus trat, um heimzugehen und eine Kleinigkeit zu essen, hielt soeben mit quietschenden Reifen der zweite begehrte Junggeselle von Bergdorf neben dem Wohnhaus.
Ferdl Traubinger sollte, wenn man der Witwe Langer glauben durfte, auch eine Rolle in ihrem Leben spielen? Anja verzog das Gesicht.
Ferdl war wie Lukas Großberger sechsundzwanzig, und sein Vater war Bürgermeister von Bergdorf und Besitzer des größten Hotels. Ferdl kam also nicht nur aus einer reichen Familie, sondern konnte sich auch einen teuren Sportwagen leisten und sah mit seinen blonden Haaren und blauen Augen fast so gut wie Lukas aus. Trotzdem mochte Anja ihn nicht. Während Lukas sie einfach übersah, betrachtete Ferdl Traubinger jede einigermaßen hübsche Frau mit Blicken, die Anja geradezu als Beleidigung betrachtete. Nein, mit dem Burschen wollte sie ganz bestimmt nichts zu tun haben!
Ursel Langer hatte ihr – wie jeden Tag – schon eine einfache Mahlzeit vorbereitet, für die Anja genau wie für das Zimmer einen bescheidenen Preis zahlte. Und sie leistete Anja beim Essen Gesellschaft.
Anja war froh, dass die Witwe nicht mehr auf den Traum und das Horoskop zurückkam und sich nicht nach den Leuten erkundigte, mit denen sie bisher zusammengetroffen war.
Anja wollte nicht darüber reden, dass sie Lukas Großberger hinreißend fand, seine Eltern für ziemlich eingebildet hielt, den Ferdl Traubinger nicht mochte und sich darüber wunderte, dass ein Mann wie Jean Mohue, der hier geboren worden war, das Leben eines Außenseiters führte.
Seltsam, dachte Anja, während sie schweigend aß. In gewisser Weise war sie wie Jean eine Außenseiterin. Sie war hübsch. Das hatten ihr schon zahlreiche junge Männer gesagt, die in Bergdorf Urlaub machten. Trotzdem war sie allein, weil sie sich nicht unter die Leute von Bergdorf mischte. Sie blieb für sich, genau wie Jean. Und sie sprach mit anderen nicht über ihre Gedanken und Gefühle, Wünsche und Träume. Das traf wohl ebenfalls auf Jean zu.
„Schmeckt es dir net?“, fragte Ursel Langer.
Anja schreckte aus ihren Gedanken hoch. „Doch, doch“, versicherte sie und aß hastig weiter.
Am Nachmittag gab es keine besonderen Ereignisse und auch keine Begegnungen, die bei Anja einen bleibenden Eindruck hinterlassen hätten.
Lukas Großberger zeigte sich nicht mehr. Ferdl Traubinger war mitsamt seinem teuren Sportwagen verschwunden. Vielleicht waren die beiden Freunde gemeinsam unterwegs und suchten sich hübsche Urlauberinnen. Anja war es gleichgültig.
Jean Mohue sah sie auch nicht mehr, und sie wusste auch nicht, wo er zurzeit eingesetzt wurde, weil seinen Arbeitsplan in Frau Großbergers Zuständigkeit fiel. Aber letztlich ging Anja das alles ohnedies nichts an.
Den Fehler in der Buchhaltung fand sie bis zum Feierabend zwar nicht, doch das war nicht weiter schlimm. Es war eben ein altes Problem, und irgendwann kam sie bestimmt dahinter, was da nicht stimmte.
***
Die nächsten Arbeitstage verliefen für Anja völlig ereignislos. Ihr einziges Problem blieben die Unstimmigkeiten in alten Abrechnungen. Noch wollte sie keinen von der Familie Großberger fragen, um nicht als unfähig dazustehen. Das hatte Zeit.
Dann kam das Wochenende. Anja verabschiedete sich von Lukas und seinen Eltern. Herbert und Waltraud Großberger nickten ihr zu. Lukas wünschte ihr ein schönes Wochenende, ohne sie dabei anzusehen.
Am Freitagabend half das Dirndl der Witwe Langer im Haus, und am Samstagmorgen ging sie ins Dorf zum Einkaufen. Ihre Vermieterin hatte ihren Mann schon vor Jahren verloren, und diese kleinen Hilfen gehörten zur Bezahlung der Miete.
„Nix da“, entschied Ursel Langer jedoch, als Anja sich auch an der Vorbereitung des Mittagessens beteiligen wollte. „Heut ist ein so schönes Wetter, dass du was unternehmen solltest. Du hockst die ganze Woche im Büro. Setz dich auf dein Fahrrad. Während du dich umziehst, mach ich dir ein paar belegte Brote für den Mittag, und heut Abend essen wir dann richtig.“
Anja ließ sich das nicht zweimal sagen. Der Tag war sehr heiß und eignete sich perfekt zum Baden. Während die Urlaubsgäste und die Einwohner von Bergdorf ins kombinierte Hallen-und Freibad gingen, zog sie den See vor, der in einem ehemaligen Baggerloch entstanden war.
Dieser See, der eigentlich mehr ein großer Teich war, verdankte seine Existenz der Familie Großberger. Dort hatte der Bauunternehmer früher Kies gegraben. Mittlerweile war die Kiesgrube aber verlegt worden und wurde in der Nähe des Sees betrieben. Die Ufer der alten, mit Wasser gefüllten Grube waren zugewachsen, und weil es dort keine Attraktionen gab, herrschten Einsamkeit und Stille vor.
Nicht still war es in der Kiesgrube, an der Anja vorbeiradelte. Auch am Samstag war ein schwerer Bulldozer im Einsatz. Anja warf einen kurzen Blick hin und hielt unwillkürlich an, als sie Jean Mohue erkannte. Er konzentrierte sich auf das Führen des Großgeräts und bemerkte sie nicht.