Bergkristall - Folge 283 - Christian Seiler - E-Book

Bergkristall - Folge 283 E-Book

Christian Seiler

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Beschreibung

Seit Jahren gilt Mirjas heimliches Sehnen ihrem verwitweten Schwager Ludwig Sarbacher. Aber Erziehung und Tradition verbieten es Mirja, den ersten Schritt zu wagen und ihm ihre Gefühle zu gestehen. Sie schweigt eisern und hält das Geheimnis tief in ihrem Herzen verschlossen.

Doch als Ludwig die blutjunge Egner-Rosl auf seinen Hof holt, weil er mit ihr einen zweiten Frühling zu erleben glaubt, ändert sich plötzlich alles ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Warum schweigst du, Bäuerin?

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag/Blume

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4593-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Warum schweigst du, Bäuerin?

Roman um das Geheimnis der schönen Mirja

Von Christian Seiler

Seit Jahren gilt Mirjas heimliches Sehnen ihrem verwitweten Schwager Ludwig Sarbacher. Aber Erziehung und Tradition verbieten es Mirja, den ersten Schritt zu wagen und ihm ihre Gefühle zu gestehen. Sie schweigt eisern und hält das Geheimnis tief in ihrem Herzen verschlossen.

Doch als Ludwig die blutjunge Egner-Rosl auf seinen Hof holt, weil er mit ihr einen zweiten Frühling zu erleben glaubt, ändert sich plötzlich alles …

Ludwig Sarbacher sah aus zusammengekniffenen Augen zu dem alten Bauernhaus hinüber, aus dem sich gerade eine lachende und schwatzende Besucherschar ergoss.

Eine Schande ist’s, dass es mit dem Egner so weit gekommen ist. Seit Generationen war der Hof im Besitz der Familie, und jetzt kommt alles unter den Hammer. Die Nachbarn machen sich über alles her und schleifen heraus, was net niet- und nagelfest ist, dachte er abschätzig.

Es lag ihm fern, sich an dem Treiben zu beteiligen, doch obwohl er ihr Tun missbilligte, grüßte er ein paar Bauern, die kleinere Möbelstücke heraustrugen, mit der Freundlichkeit, die der Gewohnheit entsprang. Schließlich waren sie Nachbarn, und das galt vor allem.

Langsam schlenderte er über den Hofplatz, auf dem verschiedene landwirtschaftliche Gerätschaften zur Besichtigung bereitstanden.

Jeder hat gewusst, dass der Egner auf großem Fuß lebt und mehr in der Stadt zu Haus war als auf dem Hof. Aber dass es so schlimm ist, hätt keiner gedacht, ging es ihm durch den Sinn.

Nun ist er tot, von einem Augenblick auf den anderen, schnell gelebt und schnell gestorben. Und jetzt kann seine Tochter, das arme Madel, zuschauen, wie sie zurechtkommt. Wahrscheinlich bleibt ihr bloß das Hemd auf dem Leib bei den Schulden, die ihr Vater gemacht hat.

Er empfand Bedauern, doch dann fiel ihm ein, dass Rosl Egner mit dem Nachbarsohn versprochen war und auf diese Weise versorgt sein würde.

Sarbacher lenkte seine Schritte zu dem Garten hinter dem Haus, der im Gegensatz zu dem übrigen Anwesen sorgfältig gepflegt war und keine Spuren der Vernachlässigung aufwies.

Plötzlich war ihm, als höre er ein Geräusch, wie das Weinen eines Kindes. Beunruhigt sah er sich um, doch der rückwärtige Teil des Gartens war dicht verwuchert und den Blicken unzugänglich. Dennoch entdeckte Sarbacher einen schmalen Weg und stand gleich darauf vor einer halb zugewachsenen Holzlaube, in der eine schmale Gestalt zusammengekauert auf einer Bank saß.

Rosl Egner hatte das Gesicht in den Händen verborgen und war so in ihr Leid versunken, dass sie ihn nicht bemerkte.

„Rosl!“

Sie schrak zusammen und blickte zu ihm auf, aus Augen, die vom Weinen verschwollen waren. Angst und Verzweiflung spiegelten sich in ihnen. Sie machte Anstalten aufzuspringen und wegzulaufen, doch Sarbacher hob beschwichtigend die Hand, und Rosl ließ sich wieder zurücksinken.

„Es tut mir leid, dass alles so gekommen ist“, sagte er steif und nahm neben ihr Platz.

Sie nickte stumm und rückte unmerklich ein wenig von ihm ab.

„Warum bist du net bei deinem Verlobten? Es wär doch besser …“

„Ich bin nimmer verlobt!“, brach es heftig aus ihr hervor, und Ludwig kam jäh zu Bewusstsein, wie plump er vorgegangen war.

Er schwieg und wartete, bis sie sich wieder etwas beruhigt hatte. Doch sie schien Vertrauen zu ihm gefasst zu haben – vielleicht gerade wegen seiner Offenheit.

„Von Kind an haben wir uns gekannt, und es war uns schon immer klar, dass wir mal heiraten werden, ganz wie die Väter es abgesprochen hatten. Aber danach – danach hat er gesagt, so eine Betteldirn wie mich dürft er net auf den Hof bringen. Am Altar hab ich stehen wollen, und dann hab ich am Grab vom Vater gestanden, und alles ist aus“, schloss sie tonlos.

„Was hast du jetzt vor?“, fragte Sarbacher nach einer Weile.

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich muss erst mal warten, bis alles abgewickelt ist.“ Sie stieß das Wort „abgewickelt“ verächtlich hervor. „Dann wird mir nichts anderes übrigbleiben, als in die Stadt zu gehen. Ich hab ja die Schule für Hauswirtschaft besucht, da werd ich schon eine Stell finden. Aber es wird mich hart ankommen, denn hier …“ Sie brach wieder in Schluchzen aus, so sehr sie sich auch bemühte, es zu unterdrücken.

Sarbacher fasste einen Entschluss, der ihm von seinem Mitleid für dieses Mädchen eingegeben wurde.

„Ich mach dir einen Vorschlag, Madel. Meine Wirtschafterin tät Hilfe brauchen. Wenn du willst, kannst du auf meinen Hof kommen, am besten gleich.“

„Aber ich muss doch hier alles …“

„Ich kümmere mich schon darum“, fiel er ihr ins Wort. „Du musst jetzt erst mal zur Ruh kommen, dann schauen wir weiter.“

Zaghafte Hoffnung glomm in ihren Augen auf. „Du meinst das also wirklich?“, fragte sie.

„Wenn ich das net so meinen tät, dann würd ich es net sagen“, erwiderte er in gespielter Barschheit.

Rosl verstummte, aber ihr Weinen verebbte, und man merkte ihr an, dass sie versuchte, die Fassung wiederzuerlangen.

„Der ärgste Andrang ist gleich vorbei, dann kannst du ins Haus und deine Sachen holen“, schlug Ludwig vor.

„Ich nehm net viel mit“, entgegnete sie kurz, und es lag etwas Abschließendes in diesen Worten.

Er blieb neben ihr sitzen, während sie auf das Ende der Versteigerung warteten, beide gefangen in einem Wirrwarr von Gedanken und Überlegungen. Doch im Gegensatz zu Rosl, über die zu viel Unglück hereingebrochen war, empfand Sarbacher in der verwunschenen Abgeschiedenheit der kleinen Laube einen gewissen Frieden.

Er dachte mit leiser Wehmut, dass ihm solche Augenblicke der Ruhe und Besinnung nur selten beschieden waren. Gleichzeitig war er sich der Nähe des Mädchens bewusst, die ihn in seiner Einsamkeit tröstete, obgleich doch sie es war, die des Trostes bedurfte.

Die Aufgaben als Besitzer eines großen Hofes, dazu noch Gemeindearbeit, brachten ihm nur selten zu Bewusstsein, wie einsam er in Wirklichkeit war. Seit einigen Jahren war er Witwer, und obwohl es keine Liebesheirat gewesen war, vermisste er seine Frau immer noch und weigerte sich, eine zweite Ehe einzugehen.

Sein einziger Sohn besuchte eine landwirtschaftliche Fachschule in der Stadt, und Ludwig sehnte den Tag herbei, an dem Fabian wieder auf den Hof zurückkehren würde. Er hatte nur noch entfernte und angeheiratete Verwandte, allen voran seine um einiges jüngere Schwägerin Mirja.

Nachdem kein Laut mehr zu ihnen hinüberdrang, entschloss sich Rosl, ins Haus zu gehen und die wenigen Habseligkeiten, die sie mitnehmen wollte, zusammenzupacken.

Ludwig trennte sich nur ungern von diesem Ort des Friedens und stand beinahe widerwillig auf, um auf dem Hofplatz, der nun verödet dalag, auf sie zu warten.

***

„Jessas, der Ludwig! Wen schleppt er denn da an! Das ist doch die Egner-Rosl, die jetzt mit nichts dasteht, weil ihr Vater alles durchgebracht hat!“, rief Mirja Kerner aus.

Anna Hofstetter, die Wirtschafterin, gesellte sich zu ihr ans Fenster.

„Der Bauer wird sie doch net ins Haus holen. Reicht es net, dass er streunende Köter aufliest, die als Hofhunde überhaupt nichts taugen und nur faul in der Sonne liegen.“ Ihr Blick schweifte düster zu Hasso hinüber, der mitten auf dem Hof lag und sich friedlichem Schlummer hingab.

„Was denkt er sich nur dabei? Das spillrige Madel kann doch net zupacken, und als ehemalige Hoftochter hat sie Ansprüch und ist sich sicher für die Arbeit zu schad“, fuhr Anna jammernd fort.

„Dann bleibt sie auch net lang“, meinte Mirja nüchtern und trat vom Fenster zurück.

„Dafür werd ich schon sorgen“, ergänzte die Anna giftig.

Sie ging hinaus, um das Geschirr für den Kaffeetisch zu holen, und Mirja breitete geschickt die Leinendecke auf dem großen Tisch, der im Mittelpunkt der Stube stand, aus.

Man merkte ihr an, dass ihr alles auf dem Hof vertraut war und dass sie sich hier zu Hause fühlte. Sie war noch ein Kind gewesen, als ihre ältere Schwester den Sarbacher geheiratet hatte, und da diese an ihr Mutterstelle vertreten hatte, hatte sich Mirja mehr auf dem Sarbacher-Hof aufgehalten als bei ihrem Vater.

Auch nach dem Tod der Schwester war das so geblieben, zumal sich Mirja ihrerseits gemeinsam mit Anna um Fabian kümmerte, was sie untrennbar mit der Familie verband. Nun hatte sie die Mitte dreißig überschritten und kümmerte sich um ihren hinfälligen Vater, der seinen Hof inzwischen verkauft hatte. Von dem Erlös hatte sich Mirja im Dorf ein kleines Geschäft eingerichtet, das sie mit großem Geschick führte.

Man wunderte sich allgemein, dass sie nicht verheiratet war, denn Mirja war nicht nur tüchtig, sondern auch ausnehmend hübsch mit ihrem dichten dunkelblonden Haar, das sie zu einem dicken Zopf geflochten trug, und den schönen Augen.

Doch Mirja hatte jeden Bewerber zurückgewiesen, was Anlass zu allerhand Gerüchten gab, die jedoch allmählich verstummt waren. Denn ihr Lebenswandel war über jeden Zweifel erhaben, und manche Frauen, die in ihrer Ehe nicht das erhoffte Glück gefunden hatten, fanden sogar, dass Mirja das bessere Teil gewählt hätte.

Ludwig Sarbacher hatte jetzt mit dem Mädchen die Stube betreten, und die Worte, die er an die beiden Frauen richtete, bestätigten deren Mutmaßungen.

„Die Rosl soll dir in Zukunft zur Hand gehen, Anna. Du hast dich ja schon immer beklagt, dass du keine Hilfe hast. Sei so gut und zeig ihr eine Kammer, damit sie ihre Sachen hinbringen kann, dann trinken wir Kaffee zusammen“, wies er Anna an und wandte sich dann seiner Schwägerin zu, um sie herzlich zu begrüßen.

„Ich hab noch in der Kuchel zu tun. Das Madel kann dort später etwas essen, wenn’s ausgepackt hat, es bleibt ja sicher was übrig“, stellte Anna barsch klar, wo Rosls Platz in diesem Haus sein würde.

Ludwig Sarbacher erhob keine Einwände, doch Mirja sah mit scharfem Blick, dass ihm diese Regelung nicht gefiel.

„Eine harte Zeit für ein Madel, das Hoferbin war und sich jetzt sein Brot selber verdienen muss. Gelernt hat sie wohl nichts?“, fügte Mirja ohne Bosheit hinzu.

„Du weißt ja, wie die meisten hier denken“, entgegnete Ludwig knapp. „Ein Madel hat zu heiraten und sonst nichts. Aber Rosl hat eine hauswirtschaftliche Schule besucht, deswegen hab ich sie auch eingestellt. Die Anna braucht wirklich Hilfe, sie ist nimmer die Jüngste.“

„Dann kann die Anna ja nur froh sein“, gab Mirja mit gespieltem Gleichmut zur Antwort.

Da sich Anna gemäß ihrer Ankündigung nicht mehr blicken ließ, goss Mirja nun den Kaffee ein und schnitt den Obstkuchen an.

Sie unterhielten sich, so wie Verwandte es tun, die vertraut miteinander sind und sich verstehen. Ludwig lauschte geduldig Mirjas Bericht über den Gesundheitszustand ihres Vaters, der sich verschlechtert hatte.

„Es wird mich hart ankommen, wenn der Vater mal nimmer ist“, schloss sie.

„Warum hast du eigentlich nie geheiratet, Mirja, eine fesche Frau wie du?“, fragte Ludwig unbedacht.

Sie errötete, und etwas wie Zorn glomm in ihren Augen auf, verflog aber so schnell wieder, dass er glaubte, sich geirrt zu haben.

„Ich hab das Geschäft. Und du würdest dich wundern, wie viele Frauen im Dorf gern mit mir tauschen würden“, antwortete sie mit einem spöttischen Auflachen.

„Die Anna hat sich mal wieder selbst übertroffen mit dem Kuchen“, lenkte er das Gespräch schnell in eine andere Richtung und ließ sich noch ein Stück auf den Teller heben.

„Ja, sie ist nimmer die Jüngste, da hast du recht, aber eine Bessere als sie kannst du net finden. Die sollst du dir besser net vergrämen“, meinte Mirja bedeutungsvoll.

„Das hab ich auch net vor. Mir graut heut schon vor dem Tag, wenn sie beschließt, in den Ruhestand zu gehen.“

„Die Anna doch net! Die schafft bis zum letzten Atemzug.“

Sie unterhielten sich, bis es für Sarbacher Zeit zum Aufbruch für die Gemeinderatssitzung war. Da räumte Mirja mit flinken Bewegungen den Tisch ab. Ludwig stellte dabei fest, dass sie heute besonders reizvoll aussah, was ihm noch nie in diesem Maße aufgefallen war. Sie wirkte immer noch mädchenhaft, gleichzeitig aber war ihre Schönheit voll erblüht und verlieh ihr eine große Anziehungskraft.

„Ich hol mir noch ein paar Blumen. Schad, dass ich keinen Garten mehr hab“, meinte sie mit einem wehmütigen Seufzer.

„Das ist doch auch dein Garten“, äußerte er, ohne zu ahnen, wie glücklich er sie mit diesen Worten machte. „Also, grüß den Vater von mir, ich hoff, es geht ihm bald wieder besser.“

Früher hatte er sie dann immer umfasst und sie fast väterlich auf die Wange geküsst, doch etwas hielt ihn seit einiger Zeit davon zurück …

Bevor Mirja in den Garten hinausging, gesellte sie sich noch eine Weile zu Anna und half ihr in der Küche. Annas gewöhnlich nicht allzu freundliche Miene hellte sich in Mirjas Gegenwart auf, und sie verlor die abweisende Strenge, die sie sonst an den Tag legte.

Obgleich zwischen ihnen ein so großer Altersunterschied bestand, schwatzten sie munter darauf los; darin und auch in vielen kleinen Gesten wurde spürbar, dass sie einander zugetan waren.