Biblische Geschichten lebendig erzählen - Jochem Westhof - E-Book

Biblische Geschichten lebendig erzählen E-Book

Jochem Westhof

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Beschreibung

Fesselnd und spannend erzählen lernen – eine Praxishilfe

- Ein »Pocket«-Buch für die Gemeinde, Schule und Familie

- Mit zahlreichen Beispielen und Übungsvorschlägen

Die Geschichten der Bibel sind zu uns gekommen, auch weil sie von Generation zu Generation weitererzählt wurden. Noch heute ist eine frei erzählte biblische Geschichte im Kindergottesdienst, im Religionsunterricht, im Konfi-Kurs und manchmal auch zu Hause ein echter Höhepunkt.

Viele haben jedoch Angst: Ich kann doch gar nicht erzählen! – Aber das stimmt nicht: Erzählen ist keine geheimnisvolle Kunst. Erzählen kann man lernen.

Dabei hilft dieses kleine Buch. Es stellt zunächst zwei Regeln vor, die schon alles sind, um gut erzählen zu können. Ergänzt werden diese Regeln dann um einige Tipps zur Praxis des Erzählens. Mit zahlreichen Beispielen und Übungsvorschlägen ist dieses Buch ein wertvoller Begleiter für alle, die fesselnd und spannend erzählen wollen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 74

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Gütersloher Verlagshaus. Dem Leben vertrauen

Inhaltsverzeichnis

1. - ERZÄHLT GESCHICHTEN!DIE GRUNDREGELN DES ERZÄHLENS
2. - DIE ERSTE REGEL – DAS INNERE BILD3. - DIE ZWEITE REGEL: BENUTZE WÖRTLICHE REDE!
ZUR ERZÄHLPRAXIS - BESONDERHEITEN UND TIPPS
4. - WÄHREND DES ERZÄHLENS – BESONDERHEITEN UND TIPPS5. - DIE ZUHÖRENDEN6. - … UND NACH DEM ERZÄHLEN?7. - BESONDERE GESCHICHTEN8. - BEISPIELE GELUNGENER ERZÄHLKULTUR
Copyright

1.

ERZÄHLT GESCHICHTEN!

Erzählt die wunderbaren und heilsamen Geschichten der Bibel, die spannenden, tröstenden, aufrührenden Geschichten, die den Menschen seit Tausenden von Jahren erzählt werden, Geschichten voller Geheimnisse, Wunder und Wahrheiten.

Erzählt auch die alten und neuen Weisheiten der Menschen, die Legenden und Märchen, die dramatischen oder die lustigen Lebenserfahrungen von Generationen, zeitlos gültig.

Erzählt von eurem Leben, die anrührenden Momente–nicht die Belanglosigkeiten – die schrecklichen Zeiten, die kämpferischen, die Momente des Glücks.

Erzählt Geschichten!

Es ist die älteste Menschheitskunst. Seit Menschen reden können, haben sie sich erzählt, was sie erlebt, gedacht, geträumt haben. Manche Geschichte war so tröstlich, so lehrreich oder auch so lustig, dass sie weiter erzählt wurde, wieder und wieder, über Generationen hinweg. So sind viele Geschichten alter Zeiten zu uns gekommen, weil sie erzählt wurden. Dabei wurden sie auch verändert, ausgeschmückt oder zugespitzt.

Alle Religionen haben ihre heiligen Geschichten, die erzählt wurden, und auch die Geschichten der Bibel sind durch das Erzählen zu uns gekommen. Jahrhundertelang wurden sie erzählt, an den Lagerfeuern der Nomaden, in den Hütten der einfachen Leute, in den Häusern der Urgemeinde oder wo immer man es sich vorstellen mag.

Irgendwann aber begann man die Geschichten aufzuschreiben. Etwa um das Jahr 1000 v. Chr. wurden, vermutlich am Königshof in Jerusalem, die ersten Erzählungen der Bibel schriftlich festgehalten.

Die schriftliche Fassung hat die Geschichten bis in unsere Zeit bewahrt und damit wohl vor dem Vergessen gerettet. Aber sie hat sie auch eingezwängt in eine Form, in einen »richtigen« Ablauf, in eine Absicht und Zielrichtung, letztlich in ein dogmatisches Lehrgebäude.

Heute erleben wir, wie das Bild die schriftliche Fassung der Geschichten verdrängt, wie Filme, Fernsehen und DVDs die häufigsten Übermittler von Geschichten werden. Das Erzählen selbst scheint in Vergessenheit zu geraten. Nein, nicht ganz!

Biblische Geschichten werden noch relativ oft erzählt, in den Kindergottesdiensten, im Religionsunterricht, und aus Kinderbibeln wird viel vorgelesen. Auch sonst gibt es zunehmend wieder professionelle Geschichtenerzählerinnen und -erzähler, besonders für Märchen. Es ist ja auch keineswegs so, dass Erzählen nur etwas für Kinder sei. So denken nur Menschen, die keine Erzählungen mehr kennen. Nein, zunehmend entdecken auch erwachsene Menschen den Reiz der frei erzählten Geschichte, erleben auch fernsehgewohnte und »moderne« Menschen den Reichtum an Fantasie und inneren Bildern, der durch das Erzählen freigesetzt wird. Darum: Erzählt Geschichten!

Wunderbares passiert beim Erzählen: Ich komme in Welten, die ich »real« nie erreichen kann, ich bin im Königshof in Jerusalem, im Zelt der Nomaden in der Wüste, ich kämpfe mit David gegen die Philister, ich gehe mit Jesus und sehe ihn Blinde heilen. Ich höre den Lobgesang der Hanna, als ihr Kind geboren ist, und ich höre die Worte Gottes am brennenden Dornbusch. Tiere können reden, ein Engel spricht, und ich bin dabei.

Im Erzählen überspringe ich Zeiten und Grenzen, sehe Gefahren und Bedrohungen, Hoffnungen und Erlösung. Ich schlüpfe in verschiedene Personen, ich möchte werden wie …, ich bilde mein Wertesystem aus meinen Geschichten.

Ihr Pfarrerinnen und Pastoren, hört auf, die Dogmatik zu lehren, begrenzt eure Ansprachen und Predigten und erzählt! Die tausend Geschichten der Bibel wollen erzählt und nicht nur analysiert werden. All das, was in euren Ansprachen eigentlich gesagt sein soll, kommt in der Erzählung bis in das Herz der Zuhörer.

Ihr Lehrerinnen und Lehrer, es gibt sogar ein Schulfach »Geschichte«. Nehmt es beim Wort! Bei einer Erzählung sind eure Zuhörer plötzlich im 17. Jahrhundert, erleben Prunk oder bittere Armut, erschrecken über Ungerechtigkeit und Krieg und empören sich über die Herrschsucht der Fürsten – »Lernen durch Identifikation« heißt das auf pädagogisch.

Ihr Eltern, unbegrenzt ist die Fantasie für Geschichten, und unbegrenzt ist damit auch das, was ihr euren Kindern an Gedanken, Ideen und Idealen mitgeben könnt. Mit euren Geschichten gebt ihr Wertmaßstäbe an eure Kinder weiter.

Es gab eine Generation, die hörte Geschichten von den Heldenschlachten in den Kriegen, von der Größe der Nation und der Tapferkeit im Waffengang. Diese Menschen zogen in den Krieg und alle verloren. Erzählt Geschichten vom Frieden, von den Helden der Gewaltlosigkeit, von der Zärtlichkeit und Buntheit und Vielfalt des Lebens.

Und erzählt wieder die Geschichten der Bibel, neben all den anderen schönen Erzählungen, die es sonst auch gibt. Denn die biblischen Texte sind zumeist nicht erzählt, sondern erklärt, moralisiert, analysiert und dogmatisiert worden und nur selten wurde ihr Witz, ihre Spannung, ihre Dramatik und ihre Zärtlichkeit erzählt. Welch einen Schatz an tröstlichen, aufrüttelnden und heilsamen Geschichten hat dieses Buch – und wie wenig davon wird lebendig erzählt.

Denn gute Geschichten wollen erzählt sein. Wer einmal einer Erzählung zugehört hat, der weiß um ihren Wert, der spürt die Vielzahl der inneren Bilder und den Erlebnisreichtum des nur scheinbar passiven Zuhörens.

Manche Leute erzählen Geschichten, um sich gleichzeitig über sie lustig zu machen. Gerade bei religiösen Geschichten ist das ein häufiges Phänomen. Ich empfinde es als unwürdigen Umgang mit Geschichten. Ich erzähle, um die Schönheit und Würde der Geschichten zu betonen und ein Blick auf ihre Wahrheiten werfen zu können. Auch kritische und fragende Gedanken sind hilfreich. Aber wenn ich mich lustig machen will, sollte ich lieber zum Kabarett gehen.

Doch viele Leute sagen: Ich kann doch gar nicht erzählen! Ich fange an zu stottern. Ich verliere den Faden. Keiner hört zu. Hilfe, wo ist das Buch, aus dem ich vorlesen kann? Ich kann nicht frei erzählen!

Dieser weit verbreitete Irrtum hindert uns daran, es einfach einmal zu versuchen. Denn erzählen können wir alle. Was hast du im letzten Urlaub Interessantes erlebt? Erzähl doch mal!

Wie kommen wir zu der Vermutung, wir könnten nicht erzählen? Oft hindert uns nur die Vorstellung, perfekt sein zu müssen. Und besonders bei biblischen Geschichten haben wir die Vorstellung, sie dürften auf keinen Fall »falsch« erzählt werden. Außerdem ist die Geschichte ja so lang. Wie ging es doch weiter? Hilfe, ich bin ganz durcheinander – ich lese doch lieber vor. Besonders Menschen, die beruflich mit Kindern arbeiten, fürchten ein falsches Erzählen. Aber Angst ist ein schlechter Ratgeber.

Manch einer möchte lieber vorlesen, um sich dem »Stress« des Erzählens nicht auszusetzen,wo doch das Buch griffbereit daliegt. »Vorlesen ist besser als gar nichts« argumentiert er, »und die Kinder hören doch gerne zu!«

Ja, auch das Vorlesen hat seine Zeit und ist für manche Situation und für manche Geschichte sinnvoller als die freie Erzählung. Vorlesestunden sind kostbare Momente.

Doch manches Mal ist das Vorlesen einer Geschichte nicht so eindrücklich wie das Erzählen. Es ist wie ein Lied ohne Musik, es fehlt das Wesentliche, das Spielerische, das Lebendige, das spontane Reagieren, der Augenkontakt. Und so suchen viele wieder einen Weg, das Erzählen zu lernen.

Dazu möchte ich sagen: Erzählen kann man lernen.

Es ist nicht eine geheimnisvolle Kunst, die nur einigen begabten Menschen vorbehalten ist.

Sicherlich, auch Erzählen braucht Regeln, braucht Vorbereitung und Übung. Wer eine Geschichte schnell aus dem Ärmel schütteln will, wird seine Zuhörer selten faszinieren. Nur manchmal, wenn ich von eigenen Erfahrungen berichte, wenn ich selber etwas erlebt habe, dann kann ich davon spontan erzählen. Aber die fremden Geschichten, die großen Geschichten des Lebens, besonders die biblischen Geschichten kann ich erst erzählen, wenn ich sie mir vertraut gemacht habe.

Doch es gilt: Erzählen kann man lernen. Dazu will dieses Buch helfen.

Zwei Regeln will ich darin beschreiben, die mir helfen, in die Erzählung zu kommen. Nur zwei Regeln – das ist eine überschaubare Größe. Wenn du sie im Kopf, im Herzen und auf der Zunge hast, wirst du immer besser erzählen können und alle Zuhörer und Zuhörerinnen folgen deiner Erzählung mit großen Augen und offenem Mund.

Schau sie dir an! Sie sind »ganz Ohr«. Sie sind mittendrin in deiner Geschichte, in allen Höhen und Tiefen, erleben Gefahr und Erlösung. Du brauchst keine Bilder und Puppen, keine Tücher und keine Bastelarbeiten, du brauchst vor allem keine Erklärungen, was es bedeutet – du brauchst nur deine Geschichte.

Erzähle!

DIE GRUNDREGELN DES ERZÄHLENS

2.

DIE ERSTE REGEL – DAS INNERE BILD

Die erste Regel für das Erzählen lautet: Mache dir ein Bild davon, wie es am Ort deiner Geschichte aussieht. Stelle dir vor, du stehst dort, du kannst zuschauen. Du greifst nicht ein in die Geschichte, aber du bist dabei.

WAS SIEHST DU?

Wie sieht es dort aus?

Schau dich um! Sieh dir die Häuser an (wenn deine Geschichte in einer Ortschaft spielt). Sind sie solide und vornehm oder ärmlich und windschief? Stehen sie eng gedrängt oder vereinzelt? Wenn du biblische Geschichten erzählst: bedenke, dass sie zu einer anderen Zeit und in einem anderen Kulturkreis spielen. Stelle keine Hochhäuser nach Bethlehem und lass keine Kirchenglocken läuten.