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**Entdecke die Schattenseiten des Vampire-Glamours** Seit Holly mit der Band »Bloody Mary« auf Tour ist, lernt sie die Vorzüge der Welt des Glamours zu genießen, obwohl die intensive Nähe zu den vier Musikern ihre Gefühle vollkommen durcheinanderbringt. Denn die Tatsache, dass der attraktive Leadsänger Ray und seine Bandkollegen Vampire sind, jagt ihr immer noch Nacht für Nacht einen Schauer über den Rücken. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass sich dieses aufregende Prickeln gut anfühlen könnte. Aber das Rockstarleben hat auch seine Schattenseiten und die sind viel gefährlicher als ein paar aufdringliche Paparazzi. Vor allem, wenn man von Jahrhunderte alten Vampiren umgarnt wird, die eine tödliche Vergangenheit verbindet… »Grandios«, »wunderbar« und »einzigartig« sind nur einige Worte, die Leserinnen gefunden haben, um diese Fantasy-Reihe zu beschreiben. //Dies ist der zweite Band der außergewöhnlichen Vampirreihe. Alle Bände der Fantasy-Buchserie: -- Bloody Marry Me 1: Blut ist dicker als Whiskey -- Bloody Marry Me 2: Rache schmeckt süßer als Blut -- Bloody Marry Me 3: Böses Blut fließt selten allein -- Bloody Marry Me 4: Morgenstund hat Blut im Mund -- Bloody Marry Me 5: Abwarten und Blut trinken -- Bloody Marry Me 6: Ende gut, alles Blut -- Sammelband der Rockstar-Vampire-Romance »Bloody Marry Me«// Diese Reihe ist abgeschlossen.
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Seitenzahl: 328
Dark Diamonds
Jeder Roman ein Juwel.
Das digitale Imprint »Dark Diamonds« ist ein E-Book-Label des Carlsen Verlags und publiziert New Adult Fantasy.
Wer nach einer hochwertig geschliffenen Geschichte voller dunkler Romantik sucht, ist bei uns genau richtig. Im Mittelpunkt unserer Romane stehen starke weibliche Heldinnen, die ihre Teenagerjahre bereits hinter sich gelassen haben, aber noch nicht ganz in ihrer Zukunft angekommen sind. Mit viel Gefühl, einer Prise Gefahr und einem Hauch von Sinnlichkeit entführen sie uns in die grenzenlosen Weiten fantastischer Welten – genau dorthin, wo man die Realität vollkommen vergisst und sich selbst wiederfindet.
Das Dark-Diamonds-Programm wurde vom Lektorat des erfolgreichen Carlsen-Labels Impress handverlesen und enthält nur wahre Juwelen der romantischen Fantasyliteratur für junge Erwachsene.
M. D. Hirt
Bloody Marry Me 2: Rache schmeckt süßer als Blut
**Entdecke die Schattenseiten des Vampire-Glamours** Seit Holly mit der Band »Bloody Mary« auf Tour ist, lernt sie die Vorzüge der Welt des Glamours zu genießen, obwohl die intensive Nähe zu den vier Musikern ihre Gefühle vollkommen durcheinanderbringt. Denn die Tatsache, dass der attraktive Leadsänger Ray und seine Bandkollegen Vampire sind, jagt ihr immer noch Nacht für Nacht einen Schauer über den Rücken. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass sich dieses aufregende Prickeln gut anfühlen könnte. Aber das Rockstarleben hat auch seine Schattenseiten und die sind viel gefährlicher als ein paar aufdringliche Paparazzi. Vor allem, wenn man von Jahrhunderte alten Vampiren umgarnt wird, die eine tödliche Vergangenheit verbindet …
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Vita
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© Shattered Light Photography
M. D. Hirt wurde in Barcelona geboren und bereiste mit ihren Eltern die ganze Welt. Heute lebt und studiert sie in Berlin und liebt es, mittlerweile selbst Pläne zu schmieden, um ferne Länder zu erkunden. Ihre Freizeit verbringt sie entweder in ihrer Werkstatt, in der sie an allem herumtüftelt, was ihr in die Finger kommt, oder an ihrem Schreibtisch. Dort ist auch ihr vampirisch-schöner Debütroman entstanden.
Blitzlichtgewitter brach über uns herein. Jemand drückte mich auf einen Stuhl. Das Summen der Reporterfragen schwoll zunehmend an, wie ein Bienenschwarm, der sich zum Angriff formierte. Sie bombardierten uns mit Fragen und versuchten sich mit lautem Schreien gegenseitig zu übertrumpfen. Fast hätte ich mitgeschrien.
»Meine Damen und Herren, bitte beruhigen Sie sich … «, verlangte Damian mit ruhiger, klarer Stimme von den Reportern, ohne auf die Fragen einzugehen. Er informierte sie dann darüber, was wir bisher wussten, und bat darum, vor allem mich nach diesem Schock in Ruhe zu lassen und keine Polizeiarbeiten zu behindern.
Während er redete, driftete ich mit meinen Gedanken ab. Als wäre die Zeit eine Stunde zurückgedreht worden, sah ich noch immer das dunkle Rot des Blutes an meinen Fingern und spürte Rays Gewicht, das auf mir lastete. Desorientierte Menschen und hektische Sicherheitsleute, die schreiend herumgerannt waren. Die rasenden Kopfschmerzen, die mich vermutlich eine Weile nicht loslassen würden, nachdem die Notärztin eine leichte Gehirnerschütterung festgestellt hatte. Aber allem voran: Ray. Ray, der mich auf die Straße gedrückt hatte. Ray, der geknurrt hatte: »Bleib unten! Schusswaffen kann man mehrmals benutzen.« Ich kreischend: »O mein Gott! Ray, wir brauchen einen Rettungswagen! Du bist getroffen worden!«
Und dann war die Erkenntnis gekommen: Ray war ein ganzes Stück vorausgegangen, um die Aufmerksamkeit der Presse von mir abzulenken. Wenn er auf mir gelegen hatte und schwer verletzt war, konnte das nur eines bedeuten. Er hatte die Kugel für mich abgefangen.
Die Kugel, die mich hatte töten sollen.
Ich hatte erwartet, dass in solchen Situationen mein Leben an mir vorbeiziehen würde. Aber tatsächlich waren nur die wichtigsten Ereignisse der letzten Tage vor meinem inneren Auge aufgeflammt: die Flucht aus dem Fernsehstudio, Miss Natrisha, die quirlige Vampirin, James und Damians Lebensgeschichte. Die Preisverleihung, bei der mein Idol, Miroslav Nideka, mich eingeladen hatte ihm mein Blut zur Verfügung zu stellen. Rays wahnsinnige Frau Morgana und Jason Walkers, der aufdringliche Papparazzo. Alles untermalt von Rays ewiger Gedankenleserei und Taylors Manipulationen. Küsse mit Taylor, Küsse mit Ray und die halbe Million, die er mir geboten hatte, wenn ich seine Freundin spielte. Nicht zu vergessen, der absolute Gipfel meiner Angst, nur Minuten, bevor auf mich geschossen wurde, als ich zwischen zwei wütenden Vampiren eingekeilt gewesen war. Das waren ein paar Nahtoderfahrungen zu viel für meinen Geschmack.
Die schiere Fülle an Ereignissen führte mir immer mehr vor Augen, in was ich da hineingestolpert war, das so viel mehr beinhaltete als nur einen Trip zu den Atlantis Awards. Meine kleine heile Welt, die in den letzten Tagen schon angefangen hatte jede Menge Risse zu bekommen, löste sich immer mehr auf.
Ich umklammerte das Wasserglas vor mir, vermied es, in die Reportermenge zu blicken, deren Fragen zu einem einzigen Rauschen verschmolzen.
Ewigkeiten später war es endlich vorbei. Ich erhob mich von meinem Stuhl und schlurfte hinter Damian her. Meine Hände zu Fäusten geballt hielt ich nur mit Mühe die Tränen zurück, während mein Herz mir bis zum Hals schlug.
Ray. Immer wieder wanderten meine Gedanken zu ihm. Er war in dem Raum, dem wir uns näherten. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun oder sagen sollte.
Meine Gedanken wurden jäh unterbrochen als ich eine Stimme undeutlich durch die geschlossene Tür dringen hörte, die kurz danach aufschwang und zwei Polizisten vor uns in den Gang traten. Sie steuerten auf Damian zu und redeten eindringlich auf ihn ein.
Doch ich hatte nur Augen für den Vampir mit den schwarzen Haaren, der mit dem Rücken zu mir hinter ihnen im Türrahmen stand. Wie konnte ich ihm danken? Immerhin hatte er mein Leben gerettet. Was sagte man da? Danke, dass ich noch ein paar Jährchen älter werden darf? Mein nächster Geburtstag geht auf dich?
Er hatte seine blutdurchtränkten Klamotten mit einem blütenweißen Hemd getauscht und ich musste ein Würgen unterdrücken, als ich an das Einschussloch dachte, was auf seinem Rücken geprangt hatte. Noch immer war seine Haut beinahe durchsichtig weiß und verlieh ihm etwas Geisterhaftes.
Ray redete mit der Hotelchefin: »Ich brauch nur eine Flasche Blut oder eine Spenderin«, dann drehte er sich um.
Seine Augen waren nicht mehr blau mit einem roten Glimmen, sondern hatten ein sattes Bordeaux angenommen. Ein unmissverständliches Zeichen für einen hungrigen Vampir. Für einen Augenblick überlegte ich ihm mein Blut anzubieten, bis mir die Tragweite dieser Idee klar wurde: wochenlange Gedankenüberwachung. Dankbarkeit hatte auch ihre Grenzen.
Wortlos zog er mich in den Raum und ließ Damian mit den Polizisten auf dem Flur stehen, ehe er die Tür hinter mir schloss. Als ihm die angeforderte Flasche in die Hand gedrückt wurde, bekam ich gleich danach ein Glas Cognac zwischen die zittrigen Finger geschoben. »Für die Nerven«, sagte die Hotelmanagerin, als hätte sie gewusst, worüber ich eben noch gegrübelt hatte.
Während Ray die erste Flasche, und kurz darauf auch eine zweite, in einem Zug leerte, suchte ich nach Worten. Die dritte Flasche trank er bedeutend langsamer und ich war immer noch nicht fündig geworden. Die Hotelchefin verließ den Raum, um mit der Polizei noch ein abschließendes Gespräch zu führen. Ray hatte wieder mehr Farbe im Gesicht und ich konnte nicht anders, als ihn unverwandt anzustarren.
»Holly?«
»Ja?«, krächzte ich mit einer Stimme, die nicht mir zu gehören schien.
»Holly, alles ist gut! Die Gefahr ist vorbei, du bist unverletzt und auch mir geht es gut, beruhige dich! Das war eine ganz schön anstrengende Nacht für dich«, stellte er mit sanfter Stimme fest und hob die Hand, um mir über die Wange zu streichen.
Ich sah ihn prüfend an. Ob die Schusswunde bleibende Schäden hinterlassen hatte? War er wirklich okay?
»Schau mich nicht so an. Es geht mir wirklich gut, es ist alles okay«, versicherte er, als er meinen Blick bemerkte. »Das Einschussloch hat sich schon fast geschlossen. Willst du dich selbst davon überzeugen?«, fragte er und fing an sein Hemd aufzuknöpfen. Mit einem vehementen Kopfschütteln wandte ich mich ab. Mir liefen zum zweiten Mal in dieser Nacht Tränen über die Wangen. Ich hätte tot sein können. Oder … »Du hättest tot sein können!«, schluchzte ich und ergriff seine Hand.
»Da hat sie allerdings recht«, fauchte jemand hinter mir. James lehnte im Türrahmen und starrte uns grimmig an. »Ray, die Kugel hätte aus Holz sein können, du hättest sterben können! Geopfert für einen Menschen!« Seine Augen hatten einen gefährlichen dunklen Ton angenommen.
»War sie aber nicht. Holly wäre dagegen wirklich gestorben, wenn ich es nicht getan hätte. Außerdem habe ich die Kugel mit dem Rücken abgefangen, nicht mit der Brust. Eine Holzkugel hätte nie genug Durchschlagskraft besessen, um aus dem Winkel mein Herz zu erreichen«, erwiderte Ray und machte James mit einer Handbewegung klar, dass er keine weitere Diskussion führen wollte.
Doch dieser ließ sich nicht so leicht bremsen. »Ray, was geht in deinem Kopf vor! Wie kannst du so ein Risiko eingehen – für SIE? Hör auf mir solchen Blödsinn zu erzählen! Egal wie alt du bist, du kannst mir nicht weismachen, du hättest das berechnet! Du hast impulsiv gehandelt!« James raufte sich die roten Haare. Für einen Moment sah es so aus, als würde sein Kopf in Flammen stehen.
Ich blickte betreten zu Boden, unschlüssig, ob ich mich einmischen sollte oder nicht. Aber wozu? Die beiden sprachen ohnehin über mich, als wäre ich nicht anwesend.
»Ich erkläre es dir gerne noch mal«, zischte Ray James an. »Sie wäre durch die Kugel umgekommen, wenn ich sie nicht abgefangen hätte. Ich dagegen wäre nur ernsthaft verletzt worden, wenn sie überhaupt aus Holz gewesen und in meinem Herzen stecken geblieben wäre. Selbst ein Durchschuss mit einer Holzkugel hätte mich vermutlich nicht getötet. Also war die Chance, dass wir beide überleben, wenn ich mich in den Schuss schmeiße, einfach höher!«
»Das hast du dir schön im Nachhinein zurechtgelegt«, knurrte James, bevor er wutschnaubend den Raum verließ.
Gerade als ich ein wenig Mut zusammengekratzt hatte, um irgendetwas hervorzubringen, klopfe es sachte an der Tür, ehe Damian eintrat.
»Bring mich auf den neuesten Stand«, verlangte Ray.
»Taylor hat den Attentäter erwischt, wohl ein besessener Fan, der keine Menschen in unserer Nähe sehen wollte. Pure Eifersucht. Was wollte die Polizei hier? Mir haben sie gesagt, sie würden Holly nicht mehr belästigen.«
»Sie wollten nicht mal die Kugel mitnehmen.« Ray reichte ihm einen Beutel mit einem winzigen Metallstück aus Messing.
Ich musste mich zwingen nicht daran zu denken, dass dies vor Kurzem noch in seinem Körper gesteckt hatte. »Was?«, platzte es dennoch ungläubig aus mir heraus. »Aber das ist doch Beweismaterial?!«
»Danke, Damian, das war alles«, sagte Ray gebieterisch, ohne auf meinen Einwand einzugehen. Mit angestrengt zusammengepressten Kiefern verließ Damian den Raum.
»Dein blutdurchtränktes Shirt war auch Beweismaterial und trotzdem hast du es nicht ausgezogen. Ich glaube nicht, dass die Polizei großes Interesse daran hat, den Fall aufzuklären«, murrte er und ich sah ihn verwirrt an. »Vampirangelegenheiten übernimmt die Polizei nur sehr ungern, normalerweise begleichen wir unsere Rechnungen alleine.«
»Das ist Selbstjustiz«, erwiderte ich entsetzt, doch er zuckte nur mit den Schultern.
»Ja, das geht schon seit Jahrtausenden so. Die Polizei verfährt nach dem Prinzip: Warum etwas ändern, wenn es funktioniert? Offiziell sind wir natürlich genauso gerichtsbar wie alle anderen, aber in der Praxis sieht das anders aus.«
Ich suchte nach Gegenargumenten. Stille senkte sich über den kleinen Raum.
»Aber der Attentäter ist gefasst, oder?«, sagte ich schließlich. »Er hat doch gestanden? Die Polizei hat also keinen Grund mehr, weitere Nachforschungen anzustellen. Vielleicht sind sie deshalb so passiv.«
Ray runzelte die Stirn. »Ich habe einfach ein seltsames Gefühl bei der Sache. Das war viel zu einfach. Selbst ohne vampirische Geschwindigkeit hätte Taylor ihn leicht fangen können, obwohl der Täter ein Vampir ist. Ein Frischling, gerade mal ein paar Jahrzehnte alt. Es ist mehr als ungewöhnlich. Ich verstehe nicht, warum er es auf dich abgesehen hatte … Irgendwas sagt mir, dass das nur der Anfang war.«
»Aber es gibt keine Beweise dafür, oder? Wie würdest du weiter vorgehen?«, fragte ich und wunderte mich über meine ruhige Stimme, obwohl Ray mir gerade die Möglichkeit eröffnet hatte, dass da draußen immer noch eine nicht greifbare Gefahr lauerte, die mir nach dem Leben trachtete.
Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Du solltest nicht mehr alleine rumstromern, zumindest nicht bis zu den Atlantis Awards.«
»Als wäre ich, seit ihr mich aufgelesen habt, auch nur ein einziges Mal für längere Zeit alleine rumgestromert!«
»Dann fang jetzt auch nicht damit an!«
Bevor ich etwas erwidert konnte, wurde unsere Zweisamkeit abermals von einem neuen Besucher unterbrochen. Ein braunhaariger, jung wirkender Mann kam ins Zimmer geschlendert. Seine Augen blitzten neugierig zu mir, ehe er sich an Ray wandte. »Ray, mein Lieber, ich habe es gerade gehört, das war brillant!«, rief der Mann aus und ich sah, wie Ray mit den Augen rollte.
»Danke, Pete«, sagte er nur und wandte sich ab.
»Das ist also unser Täubchen? Ich habe mich ja etwas gewundert, dass du selbst die Hauptrolle in unserer kleinen PR-Aktion spielen willst. Ich dachte, dir sei das viel zu mühselig. Menschen und so … «
»Du wolltest ohnehin mit ihr reden, dann warte ich vor der Tür, aber schone sie ein bisschen«, erwiderte Ray, ohne auf Petes Worte einzugehen, und verließ eilig den Raum, als wolle er ihm entkommen. Alarmiert blickte ich ihm hinterher.
»Freut mich, dich kennen zu lernen. Ich bin Pete«, stellte er sich vor und streckte mir die Hand hin.
Ich ergriff sie und war überrascht. Sie war eiskalt. Also war Pete ein Vampir, auch wenn er sehr unscheinbar wirkte. Er wies nicht diese blendende Schönheit auf wie alle anderen Vampire, die ich bisher kennengelernt hatte. Auch seine Bewegungen waren nicht so grazil und elegant. Er war überraschend menschlich geblieben. Seine Haut war zwar aschfahl, aber er hatte nicht diese engelhaften Züge. Auch schien sein Haar matt und spröde. Das Auffälligste war jedoch das fehlende markante vampirische Leuchten in seinen Augen.
»Holly Bane«, murmelte ich und er lächelte freundlich.
»Ray hat mir schon erzählt, dass du in die Freundinnen-Vereinbarung eingewilligt hast. Große Klasse! Die ganze Situation! Ich habe ihm ja gesagt, einer von ihnen solle sich eine gewöhnliche und vor allem menschliche Freundin suchen, aber er hat das so gut aufgezogen, um ehrlich zu sein, so etwas hatte ich nicht erwartet. Diese Geschichte in der Live-Sendung mit den Atlantis Awards, jetzt diese rührende Aktion, dass er eine Kugel für dich abgefangen hat! Großartig!«, rief Pete begeistert und klatschte aufgeregt in die Hände.
Ich glaube, das war der Moment, in dem meine Gesichtszüge entgleisten. Das war also Bloody Marys PR-Manager und anscheinend kam ihm die Kugel, die auf mich abgefeuert worden war, sehr gelegen. Zumindest war er weder entsetzt noch in irgendeiner Weise besorgt, so wie es Damian und Ray waren. Er war auch nicht wütend wie James. Anscheinend nur zufrieden, weil sein Plan plötzlich besser aufging, als er zu träumen gewagt hatte. Offenbar waren seine kühnsten Managerträume in Erfüllung gegangen.
»Einem professionellen Model hätten wir so viel mehr zahlen müssen! Nicht nur Gage, sondern auch ein dickes Schweigegeld, du warst ein richtiges Schnäppchen! Nichts für ungut, Süße. Aber du bist besser als jedes Model, das wir hätten finden können. Weil du eben wirklich ein tollpatschiger, langweiliger kleiner Mensch bist!«, rief Pete begeistert aus. Danke. Man erlebt nicht alle Tage, wie seine Schwächen derart enthusiastisch hervorgehoben werden.
Wenn das Thema nicht so unglaublich beleidigend für mich gewesen wäre, wäre seine Begeisterung mit ziemlicher Sicherheit ansteckend gewesen. Wobei mir immer mehr der Sinn danach stand, den Deal angesichts der Lebensgefahr komplett abzublasen. Das hatte nicht in der Stellenbeschreibung gestanden. Außerdem gab es keine Gefahrenzulage. Verdammt, es gab noch nicht mal einen Nachtzuschlag. Deswegen machte ich nur »Aha« und »Hmhm«, wenn Pete mir irgendwelche Fragen stellte. Er legte ohnehin keinen Wert auf das, was ich sagte.
»Du weißt gar nicht, wie wichtig so was für die ganze Koexistenz zwischen Vampiren und Menschen ist, du und Ray, ihr werdet für alle ein Zeichen des Friedens und der Zusammenarbeit sein, brillant! Die Verkaufszahlen der neuen Single werden geradezu explodieren. Am besten macht ihr eure Beziehung sobald es geht öffentlich … Holly? Ähm … Holly?«, fragte er und riss mich aus meiner Gedankenspirale. Einer Spirale, die sich mit fataler Geschwindigkeit abwärts bewegte und mein Herz mit sich riss.
»Ja«, sagte ich tonlos. »Kann ich wieder auf mein Zimmer gehen?«
Pete nickte freundlich, bestand aber darauf, mich noch zum Fahrstuhl zu begleiten. Auf dem Weg dahin plapperte er ununterbrochen weiter, doch ich wollte und konnte ihm nicht eine Sekunde länger zuhören.
Ray wartete auf meinem Zimmer auf mich. Nervös biss ich mir auf die Unterlippe, ganz abgesehen von dem Mordanschlag gab es da noch ein anderes Thema, was mich diese Nacht beschäftigt hatte. Außerdem hatte ich noch nicht mal Danke gesagt. Nur mühselig kamen die Worte aus meinem Mund, als würde meine Zunge sich um jedes einzelne wie eine Schlange winden müssen.
»Der Kuss mit Taylor tut mir leid, ich habe es wirklich nur wegen der Information getan … nur, dass du das weißt«, schloss ich meine Erklärung, die angesichts der Ereignisse der letzten paar Stunden absolut lächerlich wirkte, aber mir aus unerfindlichen Gründen ungeheuer wichtig war.
Ray erwiderte zunächst nichts, während mir das Herz in die Hose sackte.
»Entschuldigung angenommen. Es tut mir leid, dass du heute so viel durchmachen musstest«, flüsterte er. »Ich lasse dich jetzt mal zur Ruhe kommen, wir sehen uns morgen Abend.«
Das war das Gegenteil von dem, was ich mir wünschte.
Ich versuchte Zeit zu schinden. Die starken negativen Gefühle und mein schmerzendes Herz ließen mich im unmöglichsten Moment albern werden. In meinem Kopf manifestierte sich einer der unpassendsten Gedanken, die ich in dieser Nacht gehabt hatte: »Sag mal, Ray, wenn Pete ein Vampir ist, warum sieht er dann nicht so gut aus wie der Rest von euch?«
Ray beäugte mich kritisch. »Das beschäftigt dich? Nun, sagen wir mal so, wenn jemand zum Vampir verwandelt wird, wird er zweifelsohne attraktiver, die ganze Gesichtssymmetrie verschiebt sich und wünschenswerte Merkmale werden hervorgehoben. Man hat Pete damit einen Gefallen getan, als man ihn verwandelte, du hättest sehen müssen, wie er vorher aussah.« Er wandte sich zum Gehen.
»Warte!«, rief ich aus und Ray hielt inne. »Kannst du noch bleiben, bis ich eingeschlafen bin?«, flüsterte ich.
Er lächelte schwach. »Wenn du willst, singe ich dir sogar ein Schlaflied.«
Ray setzte sich auf die Bettkante, nachdem ich unter die Decke geschlüpft war.
»Danke«, flüsterte ich und stockte, »danke, dass du mein Leben gerettet hast.«
»Keine Ursache.«
»James meinte–«
»Hör nicht auf den Stuss, den James erzählt«, erwiderte er sanft und streichelte mir über die Wange.
»Aber warum hast du es getan? Weil ich deine Fake-Freundin spielen soll?« In meiner Stimme schwang eine unbeabsichtigte Bitterkeit mit.
»Nein.« Er atmete scharf aus und wandte den Blick ab.
»Aber warum dann?«
»Weil du besonders bist, ich könnte dich nicht einfach sterben lassen. Aber genug davon, du musst jetzt schlafen, morgen ist auch noch ein Tag.«
Kaum hatte ich die Augen geschlossen, drang seine Stimme seidenweich an meine Ohren, als er in einem samtigen Bariton ein paar Zeilen anstimmte und ich langsam in einen tiefen, traumlosen Schlaf driftete.
Wie Adam es vorhergesehen hatte, hingen wir eine Weile in Florida fest, zumindest bis der Hurrikan vorbeigezogen war. Einerseits war ich dankbar, dass ich dieses Mal ein Hotelzimmer für mich alleine hatte, aber andererseits auch ein wenig traurig. Denn nachdem ich mich an seine kühle Körpertemperatur gewöhnt hatte, genoss ich es, neben Ray einzuschlafen. Um potenziellen Albträumen vorzubeugen, war es nur wichtig, tagsüber nicht versehentlich auf die Leiche neben mir zu schauen. In den letzten beiden Tagen hatte er angeblich keine Zeit gehabt, sich mit mir zu beschäftigen. Ich wusste nicht, ob ich froh darüber sein sollte.
Meine kleine Schwärmerei für ihn – Liebe konnte das keinesfalls sein – war dadurch jedenfalls nicht verschwunden. Ich dachte an ihn, zu oft, zu viel und auf jeden Fall eindeutig mehr, als ich wollte.
Zudem hatte ich ein 48-stündiges striktes Ausgehverbot. Mein Essen bekam ich durch den Zimmerservice und mein Telefon überschlug sich mit Nachrichten von besorgten Freunden. Nur meine Eltern ließen nichts von sich hören. Entweder hatten sie von alledem nichts mitbekommen oder sie teilten die Einstellung der Vampire, die das Ganze immer wieder mit »Ist ja nichts passiert« abtaten, wenn sie danach gefragt wurden. Alice hingegen musste ich in einem einstündigen Telefonat davon überzeugen, dass ich in Sicherheit war und mich nicht sofort auf den Heimweg machen würde, so wie sie es verlangte.
Abgesehen davon vergingen die Tage verhältnismäßig ruhig. Ich war froh darüber, dass ich, trotz Petes Drängen, noch keinen offiziellen Auftritt als Rays neue Freundin hatte.
Also hatte ich so gut wie gar nichts zu tun und war mit meinen Gedanken alleine.
Auch der Hotelpool reizte mich seit heute nicht mehr, da James gemeint hatte mich untertauchen zu müssen und dabei wohl vergaß, dass ich im Gegensatz zu ihm aufs Atmen angewiesen war. Außerdem fraß Taylor mich geradezu mit Blicken auf, wenn ich mich ihm im Bikini näherte.
***
Mein Tages- bzw. Nachtrhythmus verschob sich immer mehr, bis ich vier Tage später schon gegen drei Uhr nachmittags erwachte. Frustriert, weil ich nicht mehr einschlafen konnte, stand ich auf. Ich griff nach dem Taschengeld, welches mir Ray für den Zimmerservice oder Ähnliches gegeben hatte, und stopfte es in meine Hosentasche. Rays Idee von einem kleinen Taschengeld hätte vermutlich gereicht, um mir einen gebrauchten Kleinwagen zu kaufen. Bevor ich noch weiter Trübsal blies, beschloss ich mir etwas die Beine zu vertreten.
Meine Füße lenkten mich automatisch durch die Gartenanlage rund um den Pool zur Lobby. Auch wenn Damian und Taylor mir nach den ersten Tagen immer wieder erklärt hatten, dass ein weiterer Anschlag unwahrscheinlich war, hatte ich mich noch nicht auf die Straße getraut, obwohl das Ausgehverbot aufgehoben worden war. Aber es gab eigentlich auch keinen Grund, das Hotel zu verlassen, außer diese bohrende Langeweile. Ich konnte mich nicht ewig verkriechen. Damian hatte mir außerdem versichert, dass er mit der Rezeption etwas arrangiert hatte und tagsüber ein Bodyguard zu meiner Verfügung bereitstehen würde.
Spätestens wenn ich wieder zu Hause wäre, müsste ich täglich rausgehen. Ich musste meine Angst früher oder später verlieren.
Wenigstens ein einziges Mal wollte ich mir die herrliche Einkaufsstraße ansehen, in der das Hotel lag, bevor wir weiterreisten. Zu weit weg wollte ich mich nicht bewegen, falls doch etwas Unerwartetes geschah. Vorsichtig läutete ich die Glocke an der Rezeption und scheuchte einen genervt aussehenden Concierge aus dem Hinterzimmer auf. »Ja?«, fragte er und legte den Kopf leicht schräg.
»Ich bin, ähm … Holly Bane, die … Begleiterin von Bloody Mary. Ich würde gerne ein wenig einkaufen gehen, ich soll hier nach Begleitschutz fragen«, beantwortete ich seine Frage unsicher.
Er nickte und griff zum Telefonhörer. »Ja, eine Miss Bane … Genau … Du weißt Bescheid? … Ja, sie steht hier in der Lobby.« Er legte seine Hand auf die Sprechmuschel. »Gehören Sie zu Mr Grellaume oder zu Mr Sorin?«, fragte er und ich überlegte fieberhaft hin und her. Was für einen Unterschied würde meine Antwort machen?
»Ich gehöre zu Mr Sorin«, erwiderte ich, als der Concierge ungeduldig auf den Tresen klopfte.
»Gut, sag ich ihr.« Er legte auf und meinte dann an mich gewandt: »Mr Keith kommt gleich«, bevor er wieder im Hinterzimmer verschwand.
Geduldig wartete ich, bis ein drahtig wirkender Mitzwanziger auf mich zugeschlendert kam. Er trug ein weites Tanktop und eine zerrissene Jeans. Seine Haare waren verwuschelt, leicht gelockt und von einem schönen Blond mit karamelbraunen Strähnen. Außerdem war ich mir in einem Punkt sicher: Ich kannte ihn.
Es war Sam. Der Sam, der mit mir und Alice zur Uni ging und dasselbe Seminar in Kunstgeschichte belegt hatte wie ich. Der Sam, in dessen wilden Augen ich bei jeder Gruppenarbeit versunken war, und der Sam, der mir damals so sehr den Kopf verdreht hatte, dass ich kaum noch geradeaus denken konnte. Ich biss mir auf die Lippe.
»Ah, hey, Bane!«, rief er gut gelaunt mit seinem tiefen Bariton.
»Sam?«, fragte ich verwirrt, doch dann schenkte er mir ein freundliches und ehrliches Lächeln und ich konnte nicht anders, als zurückzulächeln.
Gerade als ich zu allen bekannten Göttern beten wollte, dass er sich nicht mehr an meinen freudschen Versprecher erinnerte, öffnete er erneut den Mund. »Du bist doch das Erbsen-und-Mösen-Mädchen? Weißt du noch? Als du mir sagen wolltest, was es an dem Tag in der Mensa gab, und du dich so lustig versprochen hast.« Ich wollte im Boden versinken. Natürlich erinnerte er sich.
»Holly, richtig?«
Peinlich berührt nickte ich. »Was machst du hier?«, fragte ich mit gespielter Gleichgültigkeit, um meine Verlegenheit zu vertuschen.
»Ich bin Rays Bodyguard. Seit einer halben Ewigkeit, genauer gesagt seit er aus Vistren raus ist«, antwortete er mit einem strahlenden Lächeln.
»Und ich dachte immer, du bist Kunststudent. Du siehst nicht wirklich aus wie ein Bodyguard. Müsstest du dann nicht auch die ganze Zeit mit Ray unterwegs sein?«, fragte ich skeptisch.
Er hob eine Augenbraue. »Das Studieren ist mehr mein Hobby. Sagen wir mal so, ich habe den Biss, der für den Job nötig ist, und Ray hat sich noch nie über meine Fähigkeiten beschwert. Er ruft mich nur sehr selten zu sich, deswegen habe ich genug Zeit, mich anderen Interessen zu widmen.«
Ich sah ihn immer noch stirnrunzelnd an. Das klang nach einer sehr seltsamen Geschichte. Fast zu unglaublich, um wahr zu sein. Rays Bodyguard ging mit mir zur Uni und war dann auch noch der bestaussehendste Student meines Jahrgangs? »Hör mal, ich glaube, wir hatten keinen so guten Start, lass uns noch mal neu anfangen. Also, ich bin Sam Keith und heute dein Bodyguard, freut mich dich kennenzulernen.« Er hielt mir grinsend die Hand hin.
Ich ergriff sie und antwortete trocken: »Holly Bane, Anhängsel von Bloody Mary und Jungfrau in Nöten.«
Er nickte wissend. »Jungfrau in Nöten? Soso …« Dann lachte er wieder sein herzliches Lachen.
»Wie kommst du eigentlich hierher?«
»Nun, Ray hat mich angerufen, nachdem sich der Anschlag auf dich ereignete, ich soll tagsüber ein Auge auf dich haben. Bin heute Vormittag erst angekommen und hatte noch keine Gelegenheit, mit ihm zu sprechen, aber der Concierge hat mir dieselben Anweisungen wie Damians Sicherheitspersonal weitergegeben.«
»Meinst du nicht, das sind ein paar Zufälle zu viel? Also, dass wir uns schon kannten und so?«
»Ja, aber ich kann es auch nicht ändern. Ich bin aus allen Wolken gefallen, als ich in den Nachrichten gesehen habe, dass ausgerechnet du plötzlich mit Bloody Mary rumreist. Die Welt ist scheinbar kleiner, als man denkt, und die Wege des Schicksals sind unergründlich.« Er zuckte mit den Schultern.
»Weiß Ray von unserer Bekanntschaft?«, fragte ich und rieb mir den Nacken.
»Ich denke nicht. Wollen wir los? Glücklicherweise soll das Wetter heute halbwegs angenehm bleiben und wir spüren hier nur noch die Ausläufer des Sturms«, verkündete er und ich lief skeptisch neben ihm her.
Wir traten durch die großen Flügeltüren nach draußen. Vor dem Hotel warteten einmal keine Paparazzi. Warum auch, es war ja Tag. Sie hatten keine Chance, einen der Vampire zu erwischen, und ich war bei Weitem noch nicht interessant genug, als dass sie mir auflauern würden. Mit einem Schaudern dachte ich daran, wie sich das spätestens dann ändern würde, wenn mein Status als Rays neue Freundin enthüllt wurde.
Wir schlenderten unbehelligt zum nächsten Block und folgten den vereinzelten Passanten bis zur belebten Einkaufsstraße. In meinen Ohren rauschte das Blut und ich konnte nicht umhin, nervös zu sein. Würde Sam mich überhaupt verteidigen können, sollte ein weiterer Angriff passieren? War er vielleicht selbst ein Attentäter? Nein, wenn das der Fall wäre, dann hätte er nichts über Damians Sicherheitspersonal gewusst und nie so auffällig agiert.
»Wir sollten Händchen halten«, schlug Sam vor, als er sah, dass ich ihn immer noch grüblerisch beäugte.
Ich lief dunkelrot an und riss die Augen auf. Er schien seinen Job nicht besonders ernst zu nehmen. Ich war schon drauf und dran umzudrehen und zurück zum Hotel zu laufen, bis er sich erklärte.
»Tarnung ist alles! Wir wirken dann unauffälliger.« Mit ernstem Gesicht deutete er unbemerkt auf die Menschen um uns herum. Es waren überraschend viele Paare. »Ich weiß ja nicht, woran du gerade gedacht hast, aber ich weiß von dem Deal mit Ray. Wir haben denselben Boss und ich würde sagen, Romanzen am Arbeitsplatz sind zumindest für uns eindeutig verboten.«
Etwas unwohl ließ ich zu, dass er nach meiner Hand griff. Sie war warm. Ich hatte schon ganz vergessen, wie sich eine warme, menschliche Hand anfühlte, da ich in letzter Zeit nur von Vampiren umgeben gewesen war.
Während wir an den prall gefüllten und schön dekorierten Schaufenstern vorbeigingen, blieb mein Blick an einem Buchladen hängen. Ein letztes Mal sah ich mich noch ängstlich um, ehe ich stehen blieb. Sam ließ seinen Blick durch die Umgebung schweifen und nickte dann, als ich ihn unsicher ansah.
Ich las für mein Leben gerne, es würde nicht schaden, ein oder zwei Bücher für die weitere Reise mitzunehmen. Immerhin hatte ich noch gut drei Wochen vor mir. Vielleicht sollte ich mir ein Buch über Vampire holen? Nur für den Fall natürlich.
»Ich würde gerne in den Bücherladen gehen«, flüsterte ich Sam zu und sah ihn fragend an.
Er hob abwehrend die freie Hand. »Beachte mich gar nicht, tu das, was du ohne mich auch tun würdest. Ich sorge nur dafür, dass dir nichts geschieht.«
Nun, es war durchaus schwierig, jemanden nicht zu beachten, der geradezu an einem klebte, aber ich gab mir größte Mühe, mir nichts anmerken zu lassen. Also betrat ich, dicht gefolgt von Sam, den teuer aussehenden Buchladen.
Ich wandelte zu den Sachbüchern, fand das Thema, das ich suchte, schlug ein Buch auf, aber nach kurzem Blättern auch schnell wieder zu. Keine Informationen über seltsame vampirische Schockmomente nach Küssen mit Menschen oder plötzlich einsetzendem Herzschlag. Außerdem keine Hinweise darauf, was für eine seltsame Verbindung ich mit Ray zu haben schien. Vermutlich hatte Taylor mich mit seinen Geheimnissen, für die ich teuer hatte bezahlen müssen, doch nur hinters Licht geführt.
Grummelnd scannte ich die Regale, doch meine Suche blieb erfolglos. Ich seufzte abgrundtief. Vielleicht lieber doch ein einfacher Schmöker, um mir die Zeit zu vertreiben? In der Romanabteilung fand ich auf Anhieb drei Bücher, die mein Interesse weckten. Umständlich klemmte ich sie mir unter den Arm, ehe mein Blick an einem eher düster anmutenden Titel hängen blieb.
Vampire Hearts stand in roten, verschnörkelten Buchstaben darauf und ein makelloser männlicher Oberkörper zierte das Cover. Es war mir zwar schon ein wenig peinlich, so ein Buch in der Nähe eines erwachsenen Mannes zu lesen, aber Sam hatte ja gesagt, ich solle ihn nicht weiter beachten. Ich nahm also meinen Mut zusammen und das Buch in die Hand. Neugierig blätterte ich ein wenig herum – oh … OH! Okay, es enthielt auf jeden Fall reichlich erotische Elemente.
»Lass mal sehen«, grinste Sam und klaute mir das Buch aus der Hand, nachdem er meinen verschüchterten Blick bemerkt hatte. »›Er strich mir über die Lenden und entfachte ein Feuer in mir, wie es noch nie ein Mann vor ihm geschafft hatte. Sein praller Lustspender …‹«, rezitierte er.
Peinlich berührt schnappte ich mir das Buch. »Lass das! Ich wollte da nur etwas nachschlagen! Recherche quasi!«, verteidigte ich mich.
»Was willst du darin denn recherchieren?«, fragte Sam und sah mich belustigt an.
»Über Vampire und Beziehungen«, nuschelte ich.
»Vampire und Beziehungen?«
Wortlos verkrümelte ich mich in eine Ecke, um an einer anderen Stelle weiterzulesen, und würdigte Sam keines Blickes.
Während ich in dem Taschenbuch herumblätterte, bemerkte ich die Verkäuferin erst, als sie direkt neben mir stand. Da Sam nicht reagierte, war sie wohl keine Bedrohung, aber ich musste dennoch einen erschrockenen Aufschrei unterdrücken. Ich war wohl immer noch nervös nach dem Vorfall.
Doch die Verkäuferin bemerkt meinen Schrecken nicht. »Das Buch hat eine echte Vampirin geschrieben«, verkündete sie strahlend und ihr graues Haar, welches zu einem Dutt hochgebunden war, wippte fröhlich hin und her.
»Oh«, machte ich und ließ meinen Blick wieder auf das Buch sinken. Gab’s für so etwas jetzt auch schon Gütesiegel? »Kann ich das schon mal für dich zur Kasse bringen oder hast du dich noch nicht entschieden?«, fragte die Verkäuferin und deutete auf den restlichen Stapel unter meinem Arm.
»Ja, bitte«, sagte ich und gab ihr die Bücher. Während die nette Verkäuferin also mit meinen neuen Schätzen davoneilte, hielt ich immer noch den echten, kitschtriefenden Vampirroman in Händen. Sam lehnte am Regal neben mir und war in sein Handy vertieft. Ich haderte, ob ich das Buch nun mitnehmen sollte oder nicht. Wenn es jedoch tatsächlich eine Vampirin geschrieben hatte, dann würde vermutlich zumindest ein Funken Wahrheit drinstecken. Dadurch, dass es eine Liebesgeschichte war, hatte ich vielleicht auch eine Chance rauszufinden, wie man eine vernünftige Fake-Freundin für einen Vampir abgab. Ich trug das Buch unter meinen verschränkten Armen, sorgsam darauf bedacht, den Titel zu verdecken, und ging in Richtung Kasse, wo auch schon die anderen Bücher auf mich warteten.
Sam war mir dicht auf den Fersen. Augenrollend wandte ich mich wieder zur Verkäuferin, die mir aufmunternd zunickte und das Buch einscannte. Sie reichte mir, nachdem ich bezahlt hatte, eine große Packpapiertüte über den Tresen.
Sam nahm mir wie selbstverständlich die Tüte aus den Armen und hielt mir gleich darauf die Tür auf: »Nach dir.«
Wir schlenderten noch eine Weile die Straße entlang und blieben vor einem Juwelier stehen. Sam hatte kein weiteres Wort mit mir gewechselt und schien es dabei zu belassen, still in sich hineinzugrinsen. Mein Blick wanderte wieder ins Schaufenster. Ein kleines silbernes Kreuz hing dort an einer schwarzen Büste und glänzte auffällig in der Sonne.
Hm, Ray hatte mir nie offenbart, ob Kreuze tatsächlich gegen Vampire wirksam waren. Silber war es insofern, dass es einen Blutsauger zwar nicht verletzte, aber festhalten konnte. Durch meine bisherige Erfahrung hatte ich mittlerweile folgende Dinge gelernt: Knoblauch schreckte nicht ab, denn James war überraschenderweise ein großer Fan von Aioli. Der klassische Holzpfahl funktionierte, sonst hätte James nicht so große Sorgen gehabt, dass die Kugel, die Ray für mich abgefangen hatte, aus Holz hätte sein können. Zwar hatte Adam mir eröffnet, dass Weihwasser ihnen schaden konnte, wenn es von einem gläubigen Priester geweiht worden war, von silbernen Kreuzen hatte er jedoch nichts erzählt.
Ich dachte zurück an Taylors versuchten Angriff auf mich nach dem Disneyland-Drama und entschied, dass es zumindest einen Versuch wert war, immerhin hatten Taylors Handschellen aus Silberlegierung es auf unangenehme Weise erfolgreich geschafft, Ray und mich aneinanderzuketten.
»Bist du wirklich so naiv zu glauben, dass das funktionieren könnte?«, fragte Sam mich.
»Ein Stück Silber um meinen Hals könnte mich vor Bissen schützen.«