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Unverschämt gut aussehende Vampire, eine Liebesgeschichte, die unter die Haut geht, und die berühmtesten Rockstars der Musikszene **Vampire-Glamour auf der großen Leinwand** Hollys und Rays Liebesgeschichte wird verfilmt! Seit der attraktive Leadsänger der berühmten Vampir-Band »Bloody Mary« Hollys Herz für sich erobert hat, ist ihr Leben ein Auf und Ab aus Gefahren und Gefühlen. Aber endlich scheint ihr Happy End ganz nah. Bis Holly bei den Dreharbeiten bemerkt, dass sie immer mehr Erinnerungslücken von ihrer gemeinsamen Zeit mit dem übersinnlich starken Nachtwesen hat. Und als wäre das nicht genug, muss sie gleichzeitig ihre beste Freundin aus den Fängen eines machthungrigen Vampirs retten. Ihre Liebe zu Ray wird erneut auf eine harte Probe gestellt ... »Grandios«, »wunderbar« und »einzigartig« sind nur einige Worte, die Leserinnen gefunden haben, um diese Fantasy-Reihe zu beschreiben. //Dies ist der fünfte Band der außergewöhnlichen Vampirreihe. Alle Bände der Fantasy-Buchserie: -- Bloody Marry Me 1: Blut ist dicker als Whiskey -- Bloody Marry Me 2: Rache schmeckt süßer als Blut -- Bloody Marry Me 3: Böses Blut fließt selten allein -- Bloody Marry Me 4: Morgenstund hat Blut im Mund -- Bloody Marry Me 5: Abwarten und Blut trinken -- Bloody Marry Me 6: Ende gut, alles Blut -- Sammelband der Rockstar-Vampire-Romance »Bloody Marry Me«// Diese Reihe ist abgeschlossen.
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Impress
Die Macht der Gefühle
Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.
Wer nach Geschichten zum Mitverlieben in den beliebten Genres Romantasy, Coming-of-Age oder New Adult Romance sucht, ist bei uns genau richtig. Mit viel Gefühl, bittersüßer Stimmung und starken Heldinnen entführen wir unsere Leser*innen in die grenzenlosen Weiten fesselnder Buchwelten.
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M. D. Hirt
Bloody Marry Me 5: Abwarten und Blut trinken
**Vampire-Glamour auf der großen Leinwand**Hollys und Rays Liebesgeschichte wird verfilmt! Seit der attraktive Leadsänger der berühmten Vampir-Band »Bloody Mary« Hollys Herz für sich erobert hat, ist ihr Leben ein Auf und Ab aus Gefahren und Gefühlen. Aber endlich scheint ihr Happy End ganz nah. Bis Holly bei den Dreharbeiten bemerkt, dass sie immer mehr Erinnerungslücken von ihrer gemeinsamen Zeit mit dem übersinnlich starken Nachtwesen hat. Und als wäre das nicht genug, muss sie gleichzeitig ihre beste Freundin aus den Fängen eines machthungrigen Vampirs retten. Ihre Liebe zu Ray wird erneut auf eine harte Probe gestellt …
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Vita
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© Shattered Light Photography
M. D. Hirt wurde in Barcelona geboren und bereiste mit ihren Eltern die ganze Welt. Heute lebt und studiert sie in Berlin und liebt es, mittlerweile selbst Pläne zu schmieden, um ferne Länder zu erkunden. Ihre Freizeit verbringt sie entweder in ihrer Werkstatt, in der sie an allem herumtüftelt, was ihr in die Finger kommt, oder an ihrem Schreibtisch. Dort ist auch ihr vampirisch-schöner Debütroman entstanden.
Die Vögel stellten das Zwitschern ein. Alle Straßenlaternen erwachten mit einem Surren zum Leben und die Sonne stand tief am Horizont. 3, 2, 1 … und da klingelte der Wecker. Jetzt würde es nur noch einen Augenblick dauern bis …
Ich legte im selben Moment das Buch weg, in dem die Tür aufgerissen wurde. Aus dem Nachbarzimmer stürmte ein silberner Wirbel zum Fenster und drückte sich dort die Nase platt. Vorausgesetzt man hätte tatsächlich eine Nase gesehen. Aber die Gestalt verbarg ihr Gesicht hinter einem verspiegelten Visier und steckte auch sonst in einem feuerfesten Anzug, von Kopf bis Fuß in glänzenden Stoff eingepackt, der fast wie zerknitterte Alufolie wirkte. Mein Ehemann sah aus wie eine überdimensionierte Ofenkartoffel.
Eine Ofenkartoffel, die den Sonnenuntergang betrachtete.
Eigentlich wäre das, mal abgesehen von der Schutzausrüstung, für die meisten etwas ziemlich Normales gewesen, aber Ray war ein Vampir.
Die Sonnenuntergänge, die er in den letzten paar Wochen gesehen hatte, waren die ersten seines langen Lebens gewesen. Wir hatten kurz nach unserer zweiten, vampirischen Hochzeit herausgefunden, dass unsere Seelenverwandtschaft eine besondere Wirkung auf Ray hatte: Solange er mit mir zusammen war, erwachte er jeden Tag den Bruchteil einer Sekunde früher.
Kurz nach dieser Erleuchtung hatte er angefangen auf den Tag hinzufiebern, an dem er das erste Mal sehen konnte, was er verpasst hatte. Das Glühen des Abendrots, den sanften lila Schimmer der Wolken und das sterbende Licht der Sonne.
Gut, zugegebenermaßen endeten die früheren Versuche damit, dass ich ihm mit einem Feuerlöscher schnellstmöglich auf den brennenden Leib rücken musste. Aber dann hatten wir uns diese Spezialausrüstung zugelegt, die verbrannten Flecken aus dem Teppich entfernen lassen und es war Schluss mit den spontanen Selbstentzündungen gewesen.
Ich fragte mich, ob er den Sonnenuntergang jemals sehen können würde, ohne auszusehen wie ein Gericht zum Mitnehmen von unserem asiatischen Lieblingslieferdienst, aber das stand noch in den Sternen.
Solaire, Rays Wissenschaftler-Bruder, hatte uns zwar nach weiteren Tests mitgeteilt, dass Ray es in meiner Lebenszeit nicht mehr schaffen würde, tatsächlich ein Mensch zu werden, aber er würde wohl zumindest menschliche Eigenschaften und Züge bekommen. Meine einhundert Prozent Mensch färbten quasi auf ihn ab. Das bedeute nicht nur, dass er früher aufwachte, sondern auch, dass er ein bisschen verletzlicher werden würde als andere Vampire seiner Altersklasse. Glücklicherweise gab es von seiner Sorte außerhalb Vistren nicht so viele, also war er nicht ernsthaft in Gefahr. Außerdem hielt ihn das auch nicht davon ab, sich wie ein Kind über die verblassenden Strahlen des für ihn tödlichen UV-Lichts zu freuen.
»Schau nur, Holly! Heute ist mehr Lila da!«
Ich seufzte und ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. Er hatte ja keine Ahnung, wie niedlich er dabei wirkte. Wobei ich mich natürlich hütete, ihm das zu sagen, denn niedlich war, glaube ich, das letzte Wort, mit dem Ray jemals beschrieben werden wollte. Wenn er mitbekam, was ich dachte, würde er dafür sorgen, dass sich das Niedlich ganz schnell in etwas anderes, weit weniger Unschuldiges verwandelte. Allerdings war er von den verblassenden Farben der Sonne abgelenkt, weshalb er meinen Gedankengang trotz des immer wieder aufgefrischten Blutlinks nicht mitbekam. Vorsichtshalber erhob ich mich von meinem Stuhl und machte ein paar Schritte auf ihn zu, bereit einzuschreiten, falls er sich doch noch spontan selbst entzündete.
»Weißt du noch? Du hast mir mal gesagt, Lila wäre die Farbe der sexuellen Frustration«, erwiderte ich und dachte an das Weihnachtsessen zurück, bei dem Ray meine Eltern kennengelernt hatte.
Damals hatte das in einem Desaster geendet. Sie hatten fast ein Jahr lang nicht mit mir geredet. Nicht mal zum Geburtstag oder zu Ostern. Allerdings hatte sich vor Kurzem mein Cousin Charlie zum neuen Schwarzen Schaf der Familie befördert, in dem er eine Prostituierte heiratete. Meine Eltern hatten deshalb zumindest wieder Kontakt zu mir gesucht, auch wenn vielleicht nur, um mir mitzuteilen, dass mir mit dieser Aktion der Rang als schlimmstes Familienmitglied abgelaufen worden war. Dennoch hatte ich sie in der Zeit ohne Kontakt so gut wie gar nicht vermisst. Ich hatte schließlich eine neue Familie – Ray.
»Bist du etwa nicht ausgelastet genug?« Ehe ich auch nur blinzeln konnte, stand Ray direkt vor mir. Den Helm ließ er achtlos an einem Finger baumeln, die Sonne war nun endgültig untergegangen und seine Nase war nur Millimeter von meiner entfernt. Er hatte sich in Vampirgeschwindigkeit bewegt. Vor einem Jahr hat mich das noch zum Schreien gebracht, aber heute zuckte ich – außer vielleicht bei Taylors Talent aus dem Nichts aufzutauchen, wenn man ihn am wenigsten erwartete – selten noch mit der Wimper. Rays Nähe jedoch … war da eine andere Sache.
Wie oft hatte ich geglaubt, dass mein rasender Puls und die Schmetterlinge im Bauch nur eine Folge des Frischverliebtseins waren. Oder sie irgendwann der wohligen Wärme der Gewohnheit weichen würden, aber die Monate vergingen und es hörte nicht auf.
»Das meinte ich damit nicht. Ich bin ausgelastet«, stammelte ich und das Herz schlug mir bis zum Hals. Jeder Tag mit Ray schob mich ein Stückchen näher an einen Herzinfarkt. Leben am Limit.
Bevor ich jedoch noch ein einziges Wort sagen konnte, küsste er mich unvermittelt und presste mich gegen die Wand. Sein Kuss wurde immer hungriger und er ließ seine spitzen Eckzähne über meine Unterlippe gleiten, was dafür sorgte, dass meine Knie ganz weich wurden. Wenn er mich nicht zwischen sich und der Wand eingeklemmt hätte, dann wäre ich zu Boden gesunken oder wie ein Stück Schokolade in der prallen Sonne geschmolzen. Ray küsste unglaublich gut. Gerade als er die Finger hob, um den ersten Knopf meiner Bluse zu öffnen, klingelte sein Handy.
»Himmel Herrgott nochmal«, fluchte Ray mit rauer Stimme und hielt sich das schmale Gerät ans Ohr. »Schlechter Zeitpunkt, du hast 30 Sekunden, worum geht’s?«, fragte er unfreundlich, wohl um der Person am anderen Ende der Leitung eindeutig klar zu machen, welche scharfzahnigen Konsequenzen eine Verschwendung seiner Zeit haben könnte.
Die Antwort fiel jedoch laut und vor allem hektisch aus, weshalb Ray das Gesicht verzog und sich das Telefon etwas weiter vom Ohr weghielt. Sein vampirisches Gehör war von der fortschreitenden Vermenschlichung noch nicht betroffen.
»Ist ja gut, ist ja gut!«, entgegnete er, rollte mit den Augen und legte auf, die 30 Sekunden waren schließlich um.
Ich hatte schon so eine Vermutung, wer das gewesen war. Es kamen nur zwei Personen in Frage. Markus ließ sich normalerweise etwas mehr Zeit nach Sonnenaufgang, also blieb nur noch einer übrig. »Lass mich raten: Pete?«
Ray war bereits wieder damit beschäftigt, eine Spur brennender Küsse meinen Hals entlang laufen zu lassen. »Hm«, machte er nur und strich mir eine Strähne hinters Ohr. Ein wohliger Schauer lief mir über den Nacken und ich spürte, wie sich seine Mundwinkel nach oben zogen. Er liebte meine Reaktionen auf seine Berührungen.
»Was wollte er?«, fragte ich heiser.
Ray seufzte und hob den Kopf. Ein Blick aus seinen eisblauen Augen trafen den meinen. »Er meint, wir wären mal wieder viel zu spät, Adam wartet unten auf uns und generell sollten wir unsere Ärsche ganz schnell Richtung Filmset bewegen.« Unterstützend ließ er dabei seine Hand über meinen Hintern wandern. Mein Hirn setzte so langsam aus. Aber dieser kleine Funken der Rechtschaffenheit glomm noch irgendwo in meinem Oberstübchen, auch wenn er an Rays Sexappeal zu ersticken drohte.
»Wir hatten einen Termin? Du bist doch grade erst ein paar Minuten wach?«, fragte ich leise zwischen gurrendem Stöhnen, als Ray sich wieder meinem Hals widmete.
»Ich glaube, das ist Pete egal, genauso wie mir seine Termine egal sind«, säuselte er und ich spürte, wie mich meine Körperspannung im Stich ließ. Ich war Wachs in seinen Händen. Zumindest solange bis –
Das Telefon schellte erneut, diesmal außerdem durch die Hausklingel unterstützt. Ray ließ seufzend von mir ab, drückte den Anruf direkt weg und sah mich mit Bedauern an. »Ich fürchte, wir müssen das auf später verschieben, aber merk dir dringend, wo wir aufgehört haben«, ermahnte er mich spielerisch.
Ich blinzelte und schüttelte leicht den Kopf, um mein Hirn wieder in Betriebsbereitschaft zu versetzen, strich meine Klamotten glatt, ehe ich nach meiner Tasche griff und Ray sich in Windeseile umzog.
Vor zweieinhalb Jahren hatte mein irrwitziges Abenteuer mit ihm begonnen. Eine Reise um die Welt, außerdem der Besuch bei meinen Schwiegereltern, mehrere Mordversuche und Rampenlicht in so vielen Varianten, dass ich aufgehört hatte zu zählen. Jeder Moment, der seit diesem einen bittersüßen Tag, an dem ich Ray kennengelernt hatte, vergangen war, fügte sich in die abgefahrene Geschichte ein, die ich jetzt mein Leben nannte.
Dieses Leben interessierte allerdings nicht nur mich selbst, sondern auch viele andere Menschen auf der Welt. Das war der Grund gewesen, warum Pete damals die Rechte an Rays und meiner Geschichte an eine große Filmproduktionsfirma aus Hollywood verkauft hatte. Es hatte über ein Jahr gedauert, bis das Drehbuch mit unserer Hilfe geschrieben und der Stein ins Rollen gebracht worden war. Aber jetzt waren wir mittendrin.
Auch wenn wir selbst keine Schauspieler waren, so waren wir doch sehr eng in den Prozess des Filmens involviert. Immerhin versuchten sie unsere Liebesgeschichte, die sich über Wochen erstreckt hatte, auf zwei Stunden zusammenzufassen, was schon schwer genug war, aber dann gab es da ja noch die Musik. Denn die Musik von Rays Band Bloody Mary sollte nicht nur mein Leben untermalen, sondern auch den Film.
Wir pendelten also zwischen Filmset, Studiotour, Talkshows und sonstigen roten Teppichen hin und her. Das war mein neues Leben und ich hatte mich daran gewöhnt, na ja, bis auf die kleinen Überraschungen halt.
Einige Minuten später standen wir vor der Haustür und ließen uns die warme Nachtluft von L. A. um die Nase wehen. Die Sterne lugten hinter den Wolken hervor und der Mond stand ebenfalls hoch am Himmel, doch nichts strahlte so hell wie das Lächeln des Mannes, der auf uns wartete.
»Adam!«, kreischte ich und fiel unserem Freund und Fahrer um den Hals und das nicht nur, weil er mir eine Tüte frischgebackener Croissants mitgebracht hatte.
»Oh, Vorsicht, Vorsicht! Immer mit der Ruhe!«, rief er wohlwollend und schwenkte die braune Packpapiertüte außer Reichweite, damit ich sie nicht zerquetschte. Durch die Umarmung bemerkte ich wieder einmal, dass er deutlich abgenommen hatte. Adam hatte früher eine Statur wie Hagrid gehabt, nach Miss Natrishas Tod wurde er jedoch zusehends dünner. Ray und ich hatten schon vor einem Jahr den begründeten Verdacht, dass Adam etwas mehr für die quirlige Stylisten-Vampirin übriggehabt hatte, als zunächst gedacht. Sein Zustand schien dies nur zu bestätigen. Dennoch ließ er sich abgesehen von purzelnden Kilos nur wenig anmerken und hatte stets das wärmste Lächeln aufgesetzt, mit dem wir ihn kannten.
»Na du alte Fledermaus, hast du heute wieder den Sonnenuntergang angeschmachtet?«, fragte Adam an Ray gewandt, der sich etwas im Hintergrund gehalten hatte. »Dir habe ich natürlich auch ein Frühstück mitgebracht.« Er hielt ihm eine Flasche geklontes Blut hin. »Sie haben hier beim Bäcker jetzt das mit Schokoladengeschmack«, verkündete Adam stolz und schwenkte die Flasche an ihrem Hals so heftig hin und her, dass der Inhalt wild umherschwappte und sich kleine Bläschen bildeten. Ich unterdrückte ein Würgen. Noch so eine Sache, an die man sich wohl nie gewöhnte.
Ray nahm Adam die Flasche aus der Hand und drehte uns murrend den Rücken zu, um sie hinunterzustürzen.
»Was ist denn mit dem los? Mit dem falschen Fuß aufgestanden? Hat er wieder angefangen zu brennen?«, fragte Adam mich flüsternd mit einem Stirnrunzeln.
Ich wischte mir unauffällig die schwitzigen Hände an der Hose ab. »Äh, nein, ich glaube, es ist nur … Petes Anruf kam im falschen Moment«, antwortete ich ausweichend.
Wenn man vom Teufel sprach. Rays Handy klingelte erneut, doch er schnaubte nur und machte keine Anstalten, es irgendwie aus seiner engen Lederhose zu fischen. Es sah sogar einen Moment so aus, als spielte er mit dem Gedanken, es einfach in die Büsche hinter unserem Haus zu werfen, zumindest warf er einen langen, prüfenden Blick in deren Richtung.
»Fahren wir, damit ich der Nervensäge endlich den Hals umdrehen kann?«, knurrte er, was Adam und mich dazu bewegte, schnellst möglichst in den schwarzen Audi zu springen. Nicht weil wir Angst hatten – Ray würde uns niemals etwas antun, aber ich konnte es kaum mehr erwarten, den Showdown zwischen ihm und Pete zu sehen, denn dieser hatte bereits in den letzten Tagen den Bogen ziemlich überspannt. Jetzt war das Maß anscheinend voll. Oder wie Sam vermutlich sagen würde: Das war der Blutstropfen, der den Vampir zum Überlaufen gebracht hatte.
Ein Seufzen entfuhr mir. Auch wenn Sam immer seltener als Rays Bodyguard fungierte, sahen wir ihn dennoch häufiger denn je. Die Produzentin des Bloody Mary Films, Mary Hayweather, war nach einem langen Castingtag in eine kleine Bar gestolpert, in der Sam zum selben Zeitpunkt seinem Nebenjob als Magic-Mike-Verschnitt nachgegangen war.
Seine Bauchmuskeln und einige Tequila Shots hatten sie offenbar zu dem unerschütterlichen Schluss gebracht, dass er der perfekte Mann war, um Taylor Lyse, den bandeigenen Vampirplayboy, für den Film zu verkörpern. Tja und so konnte Sam sich alsbald eines weiteren Berufs erfreuen. Werwolf-Bodyguard, Student, Stripper und Schauspieler.
Taylor war keineswegs begeistert gewesen von »einem Köter« verkörpert zu werden, doch Mary ließ sich nicht einmal dadurch erweichen, dass Taylor anbot sich selbst zu spielen. »Das würde nicht passen, alle anderen werden durch Schauspieler verkörpert!«
Das Einzige, was Taylor besänftigt hatte, war die Tatsache, dass Sam als Charakter kurzerhand aus dem Drehbuch gestrichen worden war, da der Fokus auf der Band liegen sollte. Auch die Mordanschläge und Taylors Racheakt waren unter den Teppich gekehrt und durch andere, ausgedachte Sequenzen ersetzt worden. Die Kreativität der Drehbuchschreiber und die der Vampire kannte keine Grenzen und produzierte eine Vertuschungsaktion sondergleichen mit der passenden Altersbeschränkung. Jeder Verschwörungstheoretiker hätte seine helle Freude gehabt.
Als wir die kurze Strecke zum Studio hinter uns gebracht hatten, waren bereits alle üblichen Verdächtigen dort und warteten auf uns. Die vampirischen Schauspieler und Mitarbeiter schliefen direkt auf dem Gelände in ihren pechschwarzen Hochsicherheitswohnmobilen und Pete … nun, wenn er kein Vampir wäre, der tagsüber einfach tot umfiel, hätte ich felsenfest behauptet, dass er das Wort Pause nicht mal kannte.
Sein Motto war: »Schlafen kann man auch noch, wenn man tot ist.« Ich hatte es nichts übers Herz gebracht, ihm zu sagen, dass dieses Sprichwort in seinem untoten Zustand keinen Sinn ergab.
Pete stand jedenfalls mit dem Rücken zu uns und war in ein Gespräch mit einem der Make-Up-Artists vertieft, weshalb er nicht mitbekam, dass wir hinter ihm, auf der Zufahrtsstraße vor dem Studio, vorbeirollten.
Adam hatte den Schalthebel jedoch nicht mal auf Parken stellen können, da war Ray bereits ausgestiegen. Erschrocken drückte Adam die Bremse voll durch, als Ray schon mit einem Fuß auf dem Asphalt war. Er hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, die Tür wieder zuzuschlagen, darum nahm ich seine eisige Stimme mehr als deutlich im Inneren des Wagens wahr.
»Pete«, grollte er, »ich dachte, wir hatten uns darüber unterhalten, was Anrufe von dir vor 22 Uhr angeht. Das war das dritte Mal diese Woche und ich schätze es nicht gerade, wenn sich meine Mitarbeiter nicht an die einfachsten Regeln halten.«
Pete schrumpfte augenblicklich zu einem zuckenden Häufchen Elend zusammen und wandte sich unter Rays Blick wie ein Aal. »Aber es ist wirklich wichtig. Mary …«, nuschelte er, bevor eine Frau hinter Pete aus dem Schatten trat und ihm zur Hilfe eilte.
»Ray, du alter Grummelbär«, rief Mary und Rays Miene verdüsterte sich, was sie jedoch nicht daran hinderte, sich bei ihm einzuhaken. Grummelbär war neben niedlich definitiv auch ein falsches Wort, um Ray zu beschreiben.
Ich stieg aus und knallte die Autotür hinter mir zu, was beide vermutlich absichtlich überhörten. Mary ignorierte auch Rays warnendes Knurren und plapperte wie ein Wasserfall. Ungeduldig zog sie ihn mit sich und ich war mir mit einer Sache sicher: Der einzige Grund, warum Ray ihr noch nicht den Kopf vom Hals abgetrennt hatte, war meine Anwesenheit.
»Der Regisseur ist sich unsicher mit der einen Szene und bevor wir mit dem Dreh anfangen, wollte er sichergehen, dass wir alles …« Ihre Stimme wurde immer leiser, je weiter sie sich von uns entfernten, und ich hoffte inständig, dass sie wusste, in welche Gefahr sie sich damit begab. Ich verdrehte die Augen. Sie war wie eine weibliche Version von Pete. Nur ließ Pete sich recht einfach von Ray oder den älteren Vampiren einschüchtern. Mary war deutlich charakterstärker und ließ sich trotz Knurren und Zähnefletschen nicht unterkriegen, auch wenn sie dabei regelmäßig im wahrsten Sinne des Wortes Kopf und Kragen riskierte.
Während ich den beiden hinterher sah und unschlüssig war, ob ich ihnen nacheilen sollte, schlang sich ein Paar kühle, starke Arme um mich. Gefolgt wurden die Arme von einem spitzen Kinn auf meiner Schulter und einem eiskalten Hauch an meinem Ohr, der mich zusammenzucken ließ. Ein Duft nach frischem Karamell umfing mich im nächsten Augenblick wie eine betörende Wolke. »Na, Prinzessin? Hat dich dein Liebster allein gelassen? Sollen wir ihn vielleicht eifersüchtig machen?«
»Taylor!«, keuchte ich und schubste ihn von mir. Auch wenn Taylor mittlerweile wusste, dass ich nicht seine Seelenverwandte und außerdem mit seinem älteren Cousin verheiratet war, dachte er nicht mal im Traum daran, mit seinen Avancen und Flirtereien aufzuhören. Auch daran würde ich mich in diesem Leben vermutlich nicht mehr gewöhnen. »Was machst du denn schon hier?«
»Meine Expertise wird mal wieder gefordert. Wollen wir schauen, was der räudige Wolf und die anderen so daraus machen?« Er legte mir den Arm um die Schultern und führte mich in die Richtung, in der Ray und Mary verschwunden waren. Ich gab es auf, ihn abzuschütteln.
Auch wenn ich das aktuelle Set mittlerweile kannte, war es doch immer noch atemberaubend zu sehen. Es war die Kulisse des Tourbusses. Na ja, zumindest Teile davon. Da der Bus an sich viel zu eng zum Drehen war, hatten sie Teile nachgebaut und teilweise deutlich verbreitert.
Die Szenen des Films wurden nicht chronologisch gedreht. Heute war laut den Zetteln, die an die Wände gepinnt waren, ein Teil der Sequenz dran, in der ich in Ohnmacht sank, nachdem ich das erste Mal sah, wie ein Vampir Blut trank. Na toll, nicht gerade eine meiner Glanzleistungen. Ich war mir sicher, dass Melissa, die Schauspielerin, die mich verkörperte, das mit der Ohnmacht in ihrer theatralischen Art hervorragend darstellte. Das Einzige, was Melissa nicht ganz so einfach fiel, war, meine angstvolle Miene hinzubekommen. Im Gegensatz zu meinem damaligen Ich war sie Vampiren nämlich eher zugetan, was auch die Bissspuren an ihrem Hals verdeutlichten. Aber dafür gab es ja Make-up.
Die ganze Filmerei hatte, neben frühabendlichen Störungen, allerdings auch ein paar gute Seiten – ich lernte sehr viel darüber, wie Ray, Taylor und die anderen mich damals wahrgenommen hatten. Außerdem erfuhr ich, dass Ray bereits bei unserer ersten Begegnung mein Blut intus gehabt hatte. Nachdem ich mir damals die Lippe vor Schreck blutig gebissen hatte, hatte er seine Chance genutzt und seinen Daumen zunächst über den leichten Blutfilm und anschließend unbemerkt in seinen Mund wandern lassen. Das hatte nachträglich zu unserem ersten richtigen Ehekrach geführt.
»Ich musste doch wissen, ob du vertrauenswürdig bist!«, hatte Ray versucht sich zu rechtfertigen, aber ich hatte erstmal nichts davon hören wollen, bis meine Wut etwas heruntergekocht war und mir das Porzellan zum Werfen ausging.
»Na, was braut sich da wieder in deinem schönen Köpfchen zusammen? Irgendwas Versautes?«, fragte Taylor und sah mich mit seinen goldenen Augen fragend an.
»Das wüsstest du wohl gern«, gab ich gereizt zurück, woraufhin er kurz auflachte.
»Einerseits ja, weil stille Wasser ja bekanntlich tief sind … aber andererseits … Ich glaube, meine Vorstellungskraft reicht sehr viel tiefer und es wäre schade rauszufinden, dass du immer noch prüder bist, als ich es erwarten würde. Egal, jetzt genießen wir erstmal die Show. Gleich geht es los.«
Ein Grinsen umspielte seine Lippen und er deutete in Richtung des Sets, das mittlerweile sehr belebt war. Die Lichtdouble, Kameraleute, Tontechniker und Co. brachten sich in Stellung, um die Einstellungen zu testen. Der Kamerakran wurde an uns vorbeigeschoben und ich trat nervös einen Schritt zurück, als die Kabelhilfe ihm hinterher schoss. Egal wo man stand, bei einem Filmdreh hatte man immer das Gefühl, im Weg zu sein.
Im nächsten Augenblick gingen die Scheinwerfer an und ich schirmte meine Augen vor dem grellen Licht ab. Die hellen Strahlen trieben mir Tränen in die Augen und ich wandte mich wieder Taylor zu.
»Wie läuft es eigentlich mit der Suche nach Emily?«, fragte ich vorsichtig, doch Taylors ersterbendes Lächeln war mir schon Antwort genug.
»Ich vermute, sie hat entweder einen kriminellen oder einen ziemlich wohlhabenden Hintergrund, anders kann ich mir das nicht erklären. Sie ist nicht auffindbar, wie ein Phantom.«
»Wer ist nicht zu finden?«, fragte eine vertraute Stimme hinter uns und ich wirbelte auf dem Absatz herum. Damian und James waren an uns herangetreten, beide hielten eine Flasche geklontes Blut in der Hand. Ich schluckte und zwang mich dazu, mich nicht hinter Taylor zu verstecken. Seit Damian vor etwa einem Jahr einen Rückfall seiner Blutsucht gehabt hatte, war er unberechenbar. Mal war er ganz der charmante, liebenswürdige Vampir, den ich kannte, mal war er … hungrig. Letzteres bekämpfte er meist mit einer Blutflasche nach der anderen, aber es veränderte ihn auch. Er war rücksichtsloser und kaltherziger geworden. Heute schien er sich allerdings halbwegs im Griff zu haben. Ich spürte, wie meine verkrampften Schultern sich wieder etwas entspannten.
»Emily, oder eher Samantha, wie sie jetzt heißt«, antwortete Taylor und gab Damian ein High Five zur Begrüßung.
»Immer noch nix außer ihrem Vornamen?«, mischte James sich ein, woraufhin Taylor nur den Kopf schüttelte.
Er bekam diese Frage sicherlich jede Woche von uns gestellt und jede Woche war die Antwort dieselbe. Ray meinte, es wäre nur noch eine Frage der Zeit, bis Taylor das Ganze nicht mehr so gelassen hinnahm und die Stimmung kippen würde. Auf der einen Seite hoffte ich inständig dann nicht in Taylors Nähe zu sein, andererseits waren wir vermutlich die Einzigen, die in der Lage wären, ihm zu helfen.
Melissa – mein filmisches Abbild –, Mary, Ray und Tom, der Schauspieler, der Ray verkörperte, kamen ans Set geeilt. Rays Miene hatte sich weiter verdüstert und er schüttelte Mary ab, die ihn immer noch zuquatschte, um sich zu uns zu gesellen.
»Das wird nix«, kommentierte er nur, als ich ihn fragend ansah.
»Was wird nix?«
Statt mir zu antworten, deutete er aufs Set, wo sich Tom und Melissa in Position gebracht hatten und Melissa damit begann, ihre Ohnmacht zu proben.
»Sie sieht nicht so aus, als hätte sie auch nur eine Spur Angst«, bemerkte ich, als Melissa den Handrücken an die Stirn drückte und sich rücklings auf die gepolsterte Bank hinter sich warf. Sie wirkte eher wie die Mittelstufen-Julia aus der Theater-AG meiner Schule bei der Sterbeszene, nicht wie eine hochkarätige Hollywoodschauspielerin.
»Hm …«, machte Damian. »Ich könnte ja hingehen und ihr ein bisschen Angst machen«, schlug er vor und die Härchen in meinem Nacken stellten sich auf, als James sich begeistert dem Vorschlag anschloss. »Gute Idee. Dann hätte Melissa nie wieder Probleme damit, Hollys Angst zu verkörpern.«
»Ich bin fast geneigt euch da freie Hand zu lassen. Dann hört sie vielleicht endlich damit auf, jeden Tag in einem anderen Sarg zu schlafen. Die Maske weiß schon gar nicht mehr, wie sie die ganzen Bissspuren verdecken soll«, murrte Sam und ich schrie erschrocken auf, als er plötzlich hinter mir stand. Mein Nervenkostüm war durch Damians neue Persönlichkeit deutlich angekratzt und ich war schreckhafter als sonst.
»Alles gut, Holly? Ich bin’s doch nur«, sagte Sam und sah mich mit seinen gelbgrünen Augen so tief besorgt an, dass Ray sich mit einem unterdrückten Grollen zwischen uns schob.
Er war immer noch übereifersüchtig – noch so eine Sache, die sich in den letzten zwei Jahren nicht verändert hatte.
Ein Vibrieren an meinem Hintern holte mich ins Hier und Jetzt zurück. Irritiert fischte ich mein Handy aus der Tasche. Der Name auf dem Display war mir so vertraut und doch hatte ich ihn seit Monaten nicht mehr gelesen. »Alice«, flüsterte ich und hielt mir das kleine schwarze Gerät ans Ohr.
»Hallo Holly-Mausi!«, begrüßte sie mich und klang ziemlich aufgedreht. »Ich habe gute Neuigkeiten! Ihr habt doch Ende der Woche ein paar Drehtage in New York, wo die Shopping Szene gedreht werden soll, richtig? Tobias und ich werden auch da sein! Tobias hat in seinem Terminplan eine Lücke gefunden und konnte es einrichten, nach New York zu fliegen, damit wir uns sehen können! Wir besuchen danach noch ein paar katholische Gemeinden, aber hey, ein paar Minuten mit meiner besten Freundin sind besser als nichts!«, rief sie so laut und fröhlich, dass ich das Telefon ein paar Zentimeter von meinem Ohr weghalten musste.
Dann vernahm ich eine tiefe Männerstimme. »Das reicht jetzt, Alice.«
Woraufhin sich meine beste Freundin wieder zu Wort meldete. »Alles klar, Holly, wir müssen weiter! Bis Ende der Woche!« Sie legte auf, ohne dass ich auch nur ein einziges Wort mit ihr hatte sprechen können. Doch ich steckte das Handy noch nicht weg. Wie erwartet vibrierte es kurze Zeit erneut, als eine Nachricht einging.
Sorry! Toby hat heute etwas schlechte Laune. Ich freu mich aber total dich zu sehen und mal wieder zu quatschen. Ray ist ja auch dabei, oder? Dann kann er sich vielleicht ein bisschen mit Tobias austauschen, damit wir unsere Ruhe haben, wie in den guten, alten Zeiten!
Ja … wie in den guten, alten Zeiten. Ich tippte schnell eine Antwort und drückte auf Senden.
Seit Alice mit Tobias zusammen war, war von den guten, alten Zeiten nicht mehr sonderlich viel zu spüren. Gespräche endeten abrupt, Schreiben war das höchste der Gefühle und auch das nur sehr unregelmäßig. Sie schien oft für mehrere Wochen wie vom Erdboden verschluckt zu sein und wenn sie sich meldete, dann meistens nur einige Minuten. Tobias nahm ihre komplette Aufmerksamkeit in Beschlag und überhäufte sie mit Geschenken. Jede wache Minute verbrachte sie mit ihm und wenn er schlief, war sie schlichtweg nicht erreichbar. Auch wenn mir das alles ziemlich seltsam vorkam, schob ich es einfach auf die anfängliche Verliebtheit und die rosarote Brille, die Alice offensichtlich trug, aber ich konnte nicht umhin mir einzugestehen, dass ich eifersüchtig war.
»Das ist doch erstmal was Gutes!«, versuchte Ray mich aufzumuntern. »Du siehst Alice wieder und dass schon Ende der Woche.«
Ich nickte und obwohl ich durch das etwas kurz ausfallende Gespräch ein wenig geknickt war, stahl sich ein breites Lächeln auf mein Gesicht, was sich nur dadurch trüben ließ, dass Damian die nächste Schokoblutflasche aufmachte und ich mein Croissant noch nicht angerührt hatte.
»Du hattest schon genug für heute. Schokoblut macht Vampire fett, steht auch so im Internet«, sagte Taylor und rollte mit den Augen, während er Damian die Flasche aus der Hand entwand. Vielleicht hatte er meinen Unmut bemerkt, vielleicht hatte er einfach Durst, aber nachdem er die Flasche in seine bleichen Finger bekommen hatte, kippte er sie in einem Zug hinunter.
»Hey!«, rief Damian aufgebracht, doch Taylor zuckte nur mit den Schultern. »Ohne ordentlich satt zu sein, schaff ich es einfach nicht, mir die Performance dieses Stümpers anzusehen, sonst wird die Mordlust in mir zu groß. Sam schafft es nicht, den Sexappeal von mir rüberzubringen. Ich bin ein Unikat und alles andere wirkt eben nur wie eine blasse, billige Kopie.«
»Du weißt schon, dass ich direkt neben dir stehe?«, fragte Sam und kassierte von Taylor einen Klapps auf den Hinterkopf.
»Jap und wenn ich mir das heftige Gefuchtel von Pete da hinten ansehe, dann solltest du eigentlich dort statt hier stehen. Komm Wolfi, ich zeig dir mal, wie man das richtig macht.« Die beiden schlenderten auf den aufgelöst wirkenden Pete zu.
»Geht das heute wieder so lange?«, murrte Damian, der seine nun leere Hand zur Faust geballt hatte. Ich hatte schnell gelernt, dass sich Filmproduktionen sehr in die Länge ziehen konnten. Es vergingen manchmal Tage, an denen nur einige Minuten brauchbares Material produziert wurden, an anderen Tagen jedoch war es wundersamerweise möglich, eine komplette Szene nach wenigen Stunden im Kasten zu haben.
»Was wollten Pete und Mary von dir?«, fragte ich Ray, um das Thema zu wechseln.
»Sie wollen immer noch wissen, was in den Tagen vor den Atlantis Awards passiert ist. Pete weiß das zwar genau, aber er kann es Mary nicht sagen und langsam gehen ihm die Ausreden aus. Du weißt ja, wie schlecht er im Lügen ist. Außerdem ging es da noch um die Darstellung einer Szene, die Melissa und Tom schlichtweg nicht hinbekommen.«
»Welche?«
»Als ich dich das erste Mal geküsst hatte, kurz nach der Preisverleihung in Paris«, säuselte Ray, grinste und ergriff meine Hand. »Auf dem Drehplan ist die Szene nach New York angesetzt und wir werden wohl in aller Ausgiebigkeit vormachen, was damals passiert ist, wenn sie es nicht ohne Anleitung hinbekommen sollten«, raunte er mir zu und seine samtene Stimme jagte mir einen wohligen Schauer über den Rücken.
»Wir können doch nicht einfach … hier vor allen Leuten …«, stammelte ich und spürte, wir mir das Blut heiß in den Kopf schoss.
»Ach, können wir nicht? Was hast du gegen ein paar Küsse?« Rays kühler Atem schien auf meiner warmen Haut zu brennen und mich beinahe zum Schmelzen zu bringen. Er wusste ganz genau, dass ich nicht nur die paar harmlosen Küsse meinte, sondern eher wie er küsste und wozu das der Regel nach führte. Lächelnd legte er seine Lippen zart auf meine, entzog sich aber sogleich meiner Nähe. »War das so schlimm?«, raunte er.
Nein, war es nicht. Schlimm war nur, dass er aufgehört hatte, nachdem er mir diesmal nur ein winziges Küsschen gegeben hatte. Er erwiderte meinen irritierten Blick aus seinen eisblauen Augen und das Grinsen, was seine Lippen umspielte, wurde immer breiter, als er meine Gedanken las. »Wird die Dame etwa gierig?«
Ich versank in diesen wunderschönen Augen und schmolz dahin, weshalb ich mir einen heiseren Kommentar nicht verkneifen konnte. »Als deine Frau wird man wohl ein bisschen gierig sein dürfen, oder?«
»Woah, ich kotz gleich«, kommentierte James nur, verdrehte die Augen und zog mit Damian von dannen. Ich hatte ihre Anwesenheit ganz vergessen und spürte jetzt, wie mir die Röte in die Wangen schoss. Normalerweise hätte ich so etwas vielleicht nicht vor anderen gesagt, aber Ray hatte mich derart eingelullt …
Ja, auf den ersten Blick war wirklich alles harmonisch, fast schon ein bisschen wie das kitschige Happy End, was ich mir immer gewünscht hatte.
Das Ende der Woche konnte gar nicht schnell genug kommen. Als wir den Privat-Jet nach New York bestiegen, war ich mehr als hibbelig. Selbst die aufsteigende Flugangst konnte meine Begeisterung nicht dämpfen.
Als ich mich neben Ray auf die Lederpolster sinken ließ, seufzte ich und legte den Kopf an seine Schulter.
»Erinnerst du dich noch an unseren ersten Flug mit dem Jet?«
Die Röte stieg mir in die Wangen, ja, ich erinnerte mich. »Ich hatte eine Menge Whiskey intus …«
»Versuchst du etwa wieder alles auf den Alkohol zu schieben?«, fragte er und hob mein Kinn mit zwei Fingern an, sodass ich in seine Augen sehen musste. Sie funkelten frech und hielten mich geradezu gefangen – Widerstand oder Lügen zwecklos.
»Nein«, flüsterte ich mit rauer Stimme.
»Du bist auch immer noch nicht im Mile High Club, das hat sich seit damals nicht geändert«, säuselte er verführerisch und sein Blick senkte sich auf meine Lippen. Ich spürte schon den kalten und doch so wohligen Hauch seines Atems auf meinem Gesicht und meine Augenlider schlossen sich flatternd, voller Erwartung, seinen Mund auf meinem zu spüren.
»Mile High Club? Ich bin da Mitglied seit 1940«, rief eine Stimme vom anderen Ende des Flugzeugs und sorgte dafür, dass ich erschrocken zurückschreckte.
»Taylor!«
»Ja, das hat die Flugbegleiterin damals auch geschrien, sie klang nur begeisterter«, erwiderte Taylor und grinste breit.
Das war definitiv ein großer Unterschied zu unserem ersten Flug mit dem Privat-Jet: unsere Reisebegleiter. Taylor und der Rest der Band hatten beschlossen ihre Termine so zu legen, dass sie uns begleiten konnten. Auch wenn Ray deshalb mehrmals die Abflugzeit verändert hatte, er hatte es nicht geschafft, die drei abzuschütteln.
»Nehmt verdammt nochmal euren eigenen Jet und gönnt uns etwas Privatsphäre«, grummelte Ray. Da der Jet mittlerweile jedoch beschleunigte, war es wohl etwas zu spät, die anderen Vampire jetzt noch rauszuwerfen … oder? Rays Blick zur fest verschlossenen Tür sagte mir, dass er es zumindest einen Wimpernschlag lang in Erwägung zog.
»Ray, du denkst viel zu unökologisch! Klimawandel, rettet die Umwelt! Wenn jeder Promi immer nur seinen eigenen Jet nimmt, dann sehe ich schwarz für unsere CO2-Bilanz«, erwiderte Taylor ironisch.
»Ihr könnt auch gerne nach New York laufen, das wäre wirklich ökologisch und ebenfalls sehr schonend für mein Nervenkostüm«, knurrte Ray, während James ein Glas Whiskey auf den Tisch neben ihm knallte.
»Zu spät. Entspann dich. Trink ’nen Schluck.«
Irgendwie hatte ich das Gefühl, dieser fünf Stunden Flug würde sich länger ziehen als Kaugummi. Nervös schielte ich zu Damian, der auf seinem liebsten Fensterplatz saß und nachdenklich den Wolken beim Vorbeiziehen zusah.
»Was hast du in New York zu tun?«, fragte ich ihn vorsichtig, um Konversation zu betreiben und seine Laune zu testen.
»Covershoot für Men’s Health«, antwortete er knapp, ohne sich mir zuzuwenden. »Es wird einen Artikel über meine Zeit beim Militär und das damit verbundene Training geben. Raphael wird ebenfalls da sein.«
»Ah«, machte ich nur. Ein Thema, zu dem ich wirklich nicht viel beitragen konnte. Das war es dann auch schon wieder mit der Konversation. Vielleicht würde ihm das ganz guttun, eines seiner Vampirkinder wiederzusehen. Abgesehen von der Band reagierten andere Vampire mittlerweile ziemlich angespannt, wenn sie Damian begegneten. Ich hatte zunächst gedacht, es würde nur an seiner Blutsucht liegen, aber Ray erklärte mir, dass andere Vampire auch viel von Dorian, Damians Bruder, in ihm sahen.
Dorian hatte vor einem Jahr versucht die Macht über Vistrens Vampirhäuser zu erlangen und es war ihm teilweise gelungen, bevor ihm das Handwerk gelegt wurde. Unterschwellig brodelte es allerdings immer noch in Vistren und obwohl Dorian eingemauert im Vistren Gefängnis vor sich hin vertrocknete, gab es nicht wenige Vampire, die nichts dagegen hätten, die Saat der Revolution, die er gesät hatte, wieder zu bewässern.
Die Vampire jedoch, die Dorians Wege ablehnten, sahen in Damian die potentielle Gefahr, dass er das Werk seines Bruders fortsetzen könnte.
Ich spürte, wie Ray seine Finger zwischen meine schob. Zweifelsfrei hatte er meine Gedanken gelesen und versuchte mich mit dieser Geste zu beruhigen. Allerdings sorgte das bei mir nur für die automatisierte Aktivierung meiner üblichen Schutzreaktion und ich sang in meinem Kopf die Titelmelodie von Bibi Blocksberg.
»Arg«, machte Ray und drückte sich die freie Hand gegen die Schläfe.
»Sorry«, erwiderte ich schulterzuckend, »war nur so ein Reflex.«
»Muss es denn ausgerechnet Bibi Blocksberg sein?«
»Wäre dir Benjamin Blümchen lieber?«, entgegnete ich mit Unschuldsmiene und Taylor grinste erneut, ehe er sich in seinen Sessel sinken ließ und die nietenbesetzten Converse auf den freien Sitz gegenüber legte. Er kannte Rays Reaktionen auf mein Blutlink-Radio zur Genüge.
»Hm, Holly, du bringst mich auf Ideen … Ich hab Sabrina schon ewig keinen Besuch mehr abgestattet, aber wenn ich jetzt ohnehin mal wieder in New York bin«, sagte Taylor zu niemand Bestimmten und verschränkte die Hände hinter seinem Kopf.
»Bist du verrückt? Bändelst du etwa immer noch mit dieser Hexe an?«, fragte James in ungläubigem Ton.
»Du kennst eine Hexe?«, fragte ich dazwischen und meine Augen wurden groß.
»Klar.«
Ich wusste zwar mittlerweile über die Existenz von Hexen Bescheid, hatte aber noch nie eine getroffen und Ray vermied das Thema grundsätzlich. Er murmelte dann immer nur, dass sich mit Hexen einzulassen nur Unglück bringe würde, und wechselte das Thema. Taylor schien allerdings deutlich lockerer damit umzugehen und ich witterte meine Chance, endlich mehr über die dritte magische Gattung zu lernen, die anscheinend unsere Welt bevölkerte. Aber allein der Name Sabrina weckte gewisse vermutlich unrealistische Erwartungen in mir, die unleugbar durch eine bestimmte Fernsehshow verursacht worden waren.
»Nein, sie ist nicht wie die Sabrina aus Sabrina The Teenage Witch«, sagte Taylor schmunzelnd, bevor ich auch nur den Mund aufmachen konnte. Irritiert blinzelte ich, hatte er etwa irgendwie mein Blut in die Finger bekommen?
»Keine Sorge, ich hab kein Blut von dir getrunken, aber dein Pokerface ist mies. Außerdem, hey, mich in die Gedanken von Frauen hineinzuversetzen, war schon immer meine Spezialität«, versuchte Taylor mich zu beruhigen, aber bewies damit eigentlich nur noch einmal, dass ich ihm keinen Zentimeter weit trauen würde. Wütend schnappte ich nach Luft.
»Ich glaube, Holly mag es nicht, wenn du dich in irgendeiner Weise in sie hineinversetzt, sei es nun geistig oder körperlich«, nahm James mir die Worte angesichts von Taylors Zweideutigkeiten aus dem Mund.
Taylors Dauergrinsen blieb trotz meines Misstrauens jedoch unerschütterlich bestehen. »Aber warum bist du so überrascht, dass ich eine Hexe kenne? Ray hat doch …«
Ich glaubte, aus dem Augenwinkel zu sehen, wie Ray sich mit einem Zeigefinger über die Kehle strich und anschließend wild mit der Hand herumfuchtelte, doch als ich zu ihm rüber sah, schien er nur desinteressiert aus dem Fenster zu sehen. Ich wandte mich wieder Taylor zu und meine Stimme nahm einen drohenden Ton an.
»Ray hat was?«
Taylors Grinsen wurde breiter, aber er schien ein wenig unschlüssig zu sein, ob er nun Ray in den Rücken fallen sollte oder nicht. Vermutlich wog er gerade ab, was ihm mehr Spaß bereiten würde.
Ich verfinsterte meinen Blick.
»Ray hatte einen One-Night-Stand mit einer Hexe aus New Orleans, die ihm daraufhin einen Fluch auferlegt hat. Er hatte drei Monate lang mehr Pickel im Gesicht, als Sterne am Himmel standen, und er konnte nicht singen, weil seine Zähne so stark gewachsen waren, dass er nur noch lispeln konnte«, erklärte Taylor jedoch und warf einen belustigt-besorgten Blick zu Ray. Ich dagegen sah meinen Ehemann mit einer hochgezogenen Augenbraue an.
»Das war Ewigkeiten, bevor ich dich kennenlernte!«, rechtfertigte er sich und verschränkte die Arme vor der Brust. Er starrte immer noch aus dem Fenster und ich glaubte seine bleichen Wangen etwas erröten zu sehen.
»Joa, etwa ein halbes Jahr? Oder doch ein Ganzes? Zwei? Auf jeden Fall während unserer ersten Immortals Tour«, half Taylor etwas nach und zuckte mit den Schultern, ehe er sich vorbeugte, um meine Reaktion besser studieren zu können. Meine Stirn zog sich in Falten, während ich nachhakte.
»Ich dachte immer, Hexen können keine Vampire verhexen … oder verfluchen, wie auch immer man das in diesem Falle nennen will?«
»Allgemeine Zauber wie Hexenmale und so’n Kram wirken schon auf uns und solange sie das Blut des betreffenden Vampirs haben, können sie uns mit individuellen Zaubern belegen«, erklärte Taylor geduldig.
Eine Sekunde lang schoss mir die Frage durch den Kopf, wie die Hexe wohl an Rays Blut gekommen war, dann entschied ich, dass ich das gar nicht so genau wissen wollte.
In Taylors goldenen, strahlenden Augen lag nur ein Wort, er brauchte es nicht aussprechen: »Sicher?« Er forschte in meinem Blick nach dem Wunsch einer Antwort oder einem Hauch Unsicherheit. Als ich nicht darauf einging, lehnte er sich enttäuscht zurück und seufzte, ehe er weiterredete. »Unsere gute Roxy hat es wirklich in sich, würde mich nicht wundern, wenn sie nicht immer noch eine Phiole von Rays Blut aufbewahrt. Er kann froh sein, dass sie nicht mächtig genug ist, um ihm mehr anzutun.«
In meinem Kopf drehte sich alles. »Hexen sind doch angeblich so gut wie ausgestorben?«
»Das war vor vielen Jahrhunderten, sie sind zwar immer noch selten, aber ein paar trifft man schon mal in einem langen Leben«, mischte James sich ein und schien sich bei dem Thema sichtlich unwohl zu fühlen.
»Wie ist das damals eigentlich passiert? Wie sind die Hexen fast ausgestorben?«, fragte ich zögerlich mit einem Seitenblick auf Ray, der mir diese Frage nie beantwortet hatte.
»Die besonders alten Vampire haben es noch mitbekommen, aber ich war zu der Zeit nicht mal geboren«, erhob Damian die Stimme und gesellte sich zu uns ins Gespräch. »Ich hab aber in Versailles viel über den Hexenkrieg gelesen.«
»Na dann, leg los, Märchenonkel«, sagte Taylor und gab Damian einen Klaps auf den Oberschenkel, ehe er sich erhob, um zur Bar zu gehen. Damian seufzte und sah hilfesuchend zu Ray, wie um Erlaubnis zu fragen.
Ray stöhnte gequält und sah mich flehentlich an. »Warum willst du immer alles wissen? Das war wirklich keine Glanzleistung der Vampire.« Als ich ihn jedoch weiter mit meinem schönsten Dackelblick bedachte, schnaubte er auf. »Na schön!«, lenkte er ein und erhob sich, um Taylor an der Bar Gesellschaft zu leisten.
»Also, wie war das, was ist passiert?«, fragte ich begierig und ignorierte das gedämpfte Gezeter der beiden Altvampire an der Bar hinter uns.
»Zunächst einmal musst du wissen, wie es vor der Ausrottung der Hexen war«, erklärte Damian ruhig und kratzte sich am Kopf. »Werwölfe, Vampire und Hexen lebten einst in einer Art Machtgleichgewicht.« Er malte mit seinem Finger ein unsichtbares Dreieck auf den Tisch und fuhr die Linien nach. »Werwölfe waren stärker als Vampire, denn sie konnten uns mit einem einzigen Biss töten.« Er fuhr eine Seite des Dreiecks entlang. »Vampire waren Hexen aufgrund ihrer Magieresistenz überlegen und damit nur tagsüber überhaupt für sie verwundbar.« Er fuhr die nächste Seite entlang. »Aber Hexen hatten Macht über Werwölfe, indem sie sie verzaubern konnten wie jeden anderen Menschen.« Damit war das Dreieck komplett. »Man könnte meinen, so ein Kräftedreieck würde hervorragend funktionieren, aber die Hexen nutzten ihre Macht, um die Werwölfe geradezu zu versklaven, und konnten so auch die Vampire in Schach halten – ganz ohne direkt Magie gegen sie anwenden zu müssen.«
Ich zog die Stirn kraus. »Also waren früher die Hexen an der Macht und nicht die Vampire?«
»Ganz genau und das, obwohl sie den Menschen am ähnlichsten sind«, grollte James dazwischen.
»Okay und wie ist das Ganze dann zerfallen?«
Damian hob beschwichtigend die Hände. »Immer mit der Ruhe. Es ist außerdem wichtig klarzustellen, dass Hexen Blutphiolen von jedem frisch geborenen Vampir aufbewahrten, damit sie im Notfall die Kontrolle über sie behalten konnten.«
Ich schluckte. Das klang gar nicht gut.
»Tja, aber dann kam Morganas Großvater, Tomás de Torquemada, und der hat das ganze System zu Fall gebracht.«
»Aber wie?« Ich hing begierig an Damians Lippen, es war so schwer, ihn nicht zu unterbrechen, um Fragen zu stellen.
»Er war ziemlich listig und brachte die Hexen dazu, den Werwölfen zu misstrauen. Er hob Fälle hervor, in denen die unterdrückten Werwölfe sich gegen ihre hexerischen Herren wandten, und schürte so die Angst, während er sich hinten herum mit den rebellischen Werwölfen verbrüderte.«
Damian machte eine Kunstpause und holte tief Luft, auch wenn er die zum Atmen eigentlich gar nicht brauchte. »Letztendlich überzeugte er die Hexen und Hexenmeister die Kräfte der Werwölfe zu blockieren. Es war einer der größten Zauber, den die Hexenclans jemals gewirkt hatten. Alle zwölf großen Zodiac-Zirkel mussten den Zauber mitweben, damit er gelang. Als Resultat waren die Werwölfe deutlich geschwächt und konnten den Hexen nicht mehr so viel anhaben – aber den Vampiren eben auch nicht mehr.«
Damian fuhr mit dem Finger über eine der unsichtbaren Dreiecklinien. »Gleichzeitig ging Tomás einen Pakt mit den Werwölfen ein, die sich mit der Rückendeckung der Vampire aus der Sklaverei befreiten und alle Phiolen des Vampirblutes, die sie finden konnten, zerstörten.«
»Und so sind die Vampire an die Poleposition der übernatürlichen Herrschaft gerückt«, schloss James die Erzählung von Damian, ehe er sich erhob und ebenfalls zur Bar ging.
»Das klingt aber ziemlich fragil. Hätten die Hexen nicht einfach den Zauber, der auf den Werwölfen lag, rückgängig machen können?«, fragte ich misstrauisch. »Wären dann die Werwölfe an die Spitze der Macht gerutscht?«
»Ja, die Befürchtung hatte Morganas Opa auch, deswegen hat er alle Hexen und Hexenmeister, die er finden konnte, aus dem Weg geräumt.« James war so schnell wieder zu uns gestoßen, dass mir ein Schrei in der Kehle stecken blieb. Vampirgeschwindigkeit überraschte mich manchmal dann doch noch. Er fuhr sich ungerührt mit dem Finger über die Kehle, damit kein Zweifel mehr bestand, wie er das aus dem Weg geräumt meinte. »Die Hexenverbrennungen und Hexenprozesse sind auf seinem Mist gewachsen, aber er hatte jede Menge Glück, dass ihr Menschen so wunderbar mitgezogen habt, egal in welchem Jahrhundert.«
Er lachte freudlos auf und schüttelte den Kopf. Seine roten Haare kitzelten mich am Handgelenk, als er mir ein Glas voll mit hellroter Flüssigkeit zwischen die Finger schob. Kritisch ließ ich die Eiswürfel darin zusammenklacken, aber war mir eigentlich sicher, dass es kein Blut war, dafür sah es zu … künstlich aus.
»Wie kann es sein, dass die Menschen so etwas nicht mitbekommen haben? So viele historische Persönlichkeiten und Ereignisse fußen auf irgendwelchem übernatürlichem Quatsch und dennoch war vor eurer Enthüllung nicht ein einziges Wort davon in den Geschichtsbüchern. Ein Großteil der Menschheit weiß noch nicht mal, dass es Werwölfe und Hexen gibt!«, brüstete ich mich und nahm einen Schluck von dem viel zu starken Getränk in meiner Hand. Es war, als hätte ich Batteriesäure getrunken. Ich hustete und prustete. »Wäh! Was … ist … das?« Meine Kehle brannte so sehr, dass ich der Auffassung war, sie wäre einfach weggeätzt worden.
»Domestos Kirsch.«
»Das Putzmittel?!« Ich spuckte etwaige Reste des Drinks in eine Serviette, während mir Tränen in die Augen stiegen.
»Nein, so hab ich es getauft. Es ist Wodka, Gin, Kirschwasser, Rum und drei Tropfen Grenadine«, rief Taylor von der Bar aus und prustete seinerseits vor Lachen los. »Ich wollte die Flaschen leer machen und hab es James gegeben, ich hatte ja keine Ahnung, dass er versucht damit unsere Prinzessin abzufüllen, sonst hätte ich was Subtileres gemixt.«
»Was fällt dir ein, mir so etwas einzuflö-«