Blut und Blümchen - Mord hat immer Saison - Christian Humberg - E-Book
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Blut und Blümchen - Mord hat immer Saison E-Book

Christian Humberg

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  • Herausgeber: beTHRILLED
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2025
Beschreibung

Willkommen im Kleingartenverein Hortensia - Mord gedeiht hier prächtig!

Nele Blum wagt einen Neubeginn: Im Dörfchen Schönrath im Bergischen Land weckt sie das Gartenlokal "Stiefmütterchens Rast" aus dem Dornröschenschlaf. Der idyllische Garten ihrer Großeltern, an den sie wunderschöne Kindheitserinnerungen hat, erweist sich als die richtige Wahl: Von der ebenso liebenswerten wie schrulligen Stammbelegschaft der Hortensia wird sie mit offenen Armen empfangen. Und Nele entdeckt schnell, dass sie nicht nur ein unerwartetes Talent als Gastronomin, sondern auch als Detektivin hat. Erik Gertner freut’s - der einzige Polizist des Ortes ist zwar ein lieber Kerl (und gutaussehend), aber nicht unbedingt mit einer Spürnase gesegnet.

Über diese Folge:

Nele Blum ist voller Vorfreude: Endlich wird sie das alte Gartenlokal ihrer geliebten Großeltern wiederbeleben! Nur leider liegt eine Leiche darin: Der Wandergeselle Marvin Bär wurde in der Nacht vor ihrer Ankunft ermordet. Klar, dass Nele ein Interesse an der schnellen Aufklärung des Verbrechens hat - schon allein, um die Eröffnung des Lokals nicht zu gefährden. Und so beginnt sie, sich umzuhören. Der Dorfpolizist, Erik Gertner, ist froh über ihre Hilfe. Denn Mord ist nicht so sein Hobby ...

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über diese Folge

Blut und Blümchen – die Serie

Titel

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

In der nächsten Folge

Über den Autor

Weitere Titel des Autors

Impressum

 

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Über diese Folge

Nele Blum ist voller Vorfreude: Endlich wird sie das alte Gartenlokal ihrer geliebten Großeltern wiederbeleben! Nur leider liegt eine Leiche darin: Der Wandergeselle Marvin Bär wurde in der Nacht vor ihrer Ankunft ermordet. Klar, dass Nele ein Interesse an der schnellen Aufklärung des Verbrechens hat – schon allein, um die Eröffnung des Lokals nicht zu gefährden. Und so beginnt sie, sich umzuhören. Der Dorfpolizist, Erik Gertner, ist froh über ihre Hilfe. Denn Mord ist nicht so sein Hobby …

Blut und Blümchen – die Serie

Willkommen im Kleingartenverein Hortensia – Mord gedeiht hier prächtig!

Nele Blum wagt einen Neubeginn: Im Dörfchen Schönrath im Bergischen Land weckt sie das Gartenlokal »Stiefmütterchens Rast« aus dem Dornröschenschlaf. Der idyllische Garten ihrer Großeltern, an den sie wunderschöne Kindheitserinnerungen hat, erweist sich als die richtige Wahl: Von der ebenso liebenswerten wie schrulligen Stammbelegschaft der Hortensia wird sie mit offenen Armen empfangen. Und Nele entdeckt schnell, dass sie nicht nur ein unerwartetes Talent als Gastronomin, sondern auch als Detektivin hat. Erik Gertner freut’s – der einzige Polizist des Ortes ist zwar ein lieber Kerl (und gutaussehend), aber nicht unbedingt mit einer Spürnase gesegnet.

CHRISTIAN HUMBERG

MORD HAT IMMER SAISON

KAPITEL 1

Die Radieschen von unten

»Uff, das Wetter ist ja mörderisch!« Uschi Gabinsky fuhr sich mit der reich beringten Hand über die schweißfeuchte Stirn. Dann fuhr sie fort, mit ihr auf alles Mögliche zu zeigen. »Aber davon lassen wir uns nicht beirren, oder? Dreiunddreißig Grad, pah. Muss auch mal sein. Da freut sich der Boden nach dem ganzen Regen. Da hinten sehen Sie übrigens die Parzelle der Schultzes, das sind ganz liebe Leute. Und …«

Nele Blum hörte kaum noch zu. Immer wieder ließ die Einunddreißigjährige mit den rotblonden Haaren ihren Blick und ihre Gedanken schweifen. Sie war hier, tatsächlich hier. Und es begann. Ganz so, wie sie es sich gewünscht hatte.

Die Kleingartenanlage Hortensia lag vor den Toren von Schönrath, einem angemessen betitelten Dorf irgendwo im Bergischen Land. Sie hatte einen bezaubernden See im Rücken, in dem man angeln und schwimmen konnte, und einen Wald an ihrer Flanke, der zu ausgiebigen Spaziergängen einlud. Doch auch sie selbst konnte sich sehen lassen. Schließlich zählte die über einhundert Jahre alte Hortensia zu den größten und traditionsreichsten Kleingartenanlagen des gesamten Bundeslandes. Ihre Mitglieder galten als engagiert, wenn auch schrullig, ihre Gärten als Zierden. Von beidem konnte Nele sich aktuell selbst ein Bild machen: Hinter jedem Gartenzaun, den sie an diesem heißen Sommermorgen passierte, sah sie herrliche Blütenpracht, und eine engagiertere Person als Hortensia-Präsidentin Gabinsky war ihr ohnehin noch nie begegnet.

»Wir freuen uns riesig, dass Sie da sind«, verkündete die blonde Mittvierzigerin gerade. Sie war direkt von der Arbeit gekommen, um Nele vom Bahnhof abzuholen, und trug noch immer ihren Kittel. Sparkauf G. Lömmel stand in blauen Lettern auf ihrem Rücken, der Name des örtlichen Dorfladens. »Geht das mit den Koffern? Oder soll ich Ihnen tragen helfen?«

Nele sah zu den beiden Gepäckstücken, dem wuchtigen Reisekoffer in ihrer Hand und der schwarzen Stofftasche mit Reißverschluss an ihrer Schulter. »Wird schon werden«, erwiderte sie. »Wir sind ja gleich da, wenn ich mich richtig erinnere.«

»Ach ja.« Gabinsky winkte ab. »Sie kennen sich ja aus, das vergesse ich immer wieder.«

Das tat sie wirklich. Seit Jahrzehnten war die Hortensia so etwas wie ein Sehnsuchtsort für Nele. Als Kind hatte sie schon auf den nur zum Teil gepflasterten Wegen zwischen den Parzellen gespielt, hatte frisches Gemüse aus den hiesigen Beeten genossen und ihre Füße im klaren Wasser des Sees gekühlt. All das, so hoffte sie, würde sie sich nun zurück ins Leben holen. All das und mehr. Denn es war dringend nötig.

»Ihre Großeltern waren wirklich zwei herrliche Menschen«, betonte Gabinsky. Ihre Frisur fiel allmählich in sich zusammen, die Hitze war zu viel für den Haarfestiger. Doch sie bemerkte es gar nicht. »Und dass Sie das Stiefmütterchen wieder eröffnen wollen … Nein, wie schön! Ah, da sind wir ja schon.«

Sie waren gerade um eine weitere Ecke gebogen und erreichten das alte Vereinshaus. Es lag am Rand der Gartenanlage. Der See, an dessen Ufer Libellen und Schmetterlinge kreisten, grenzte direkt an seine Rückseite. Zwei Tretboote lagen dort an einem hölzernen Steg, der schon bessere Zeiten gesehen hatte. Das Haus selbst war nicht allzu groß, aber urgemütlich. Es hatte zwei kleine Stockwerke, ein spitzes Dach und dunkle Fenster. Im unteren Bereich lagen der Schankraum, die Küche und die Toiletten, das Obergeschoss mit den Dachschrägen war der winzigen Pächterwohnung und dem Krempelspeicher vorbehalten. Drei der vier Außenwände waren im Fachwerkstil gehalten, die vierte mit Schiefer bedeckt. Vor der Eingangstür, in deren Butzenfenstern sich das Sonnenlicht brach, standen einige Tische und Stühle achtlos im Gras, das hier kniehoch gewachsen war – seit Jahren ungenutzt und vergessen. Über der Tür hing das Schild aus Neles Kindertagen, das seit Wochen wieder durch ihre Träume und Erinnerungen spukte: Willkommen in Stiefmütterchens Rast. Sie beschloss, es als gutes Omen zu nehmen.

»Ein Verein, das sage ich ja immer«, sagte Gabinsky gerade und zum ersten Mal, »ist nichts ohne ein gutes Vereinslokal. Und mit Ihnen, liebe Frau Blum, haben wir ja die perfekte neue Betreiberin für das unsrige gefunden, oder? Bleibt alles in der Familie.«

In der Tat, dachte Nele.

Sie stellte ihr Gepäck ab, stemmte die schwer gewordenen Hände an die Hüfte und ließ den Anblick auf sich wirken. Das Haus schien in akzeptablem Zustand zu sein, das war schon mal gut. Die Außenwände konnten ein wenig Farbe vertragen, der Putz ebenso wie das Holz, und die Fenster hatte seit Jahren niemand mehr gereinigt. Das Schild über der Tür hing leicht schief, und die Tische im alten Biergarten wirkten zum Teil halb vermodert. Das ließ sich ersetzen, da genügte eine Fahrt zum Baumarkt. Große Reparaturen, etwa an Dach oder Fenstern, schienen erst einmal unnötig zu sein.

Ich schaffe das, sagte sie sich. Wenn ich es will.

Gabinsky begann, in ihren Kitteltaschen zu wühlen. »So, wenn ich jetzt noch den Schlüssel finde, kann ich Sie auch in das Haus führen. Da dürfte es deutlich kühler sein und …«

Sie kam nicht dazu, den Satz zu beenden. Ein älterer Herr, der gerade den Weg entlanggekommen war, blieb neben dem Stiefmütterchen stehen und stemmte die Hände in die weiten Taschen seiner Latzhose.

»Morgen, Gaby«, grüßte er, wobei sein Blick auf Nele haften blieb. »Wasn los? So früh schon auf der Hortensia? Hast du frei heute?«

Die Angesprochene lachte. »Schön wär’s, Karl. Aber du weißt doch: Präsidentinnen haben nie frei.«

»Irgendwas ist immer«, nickte der Alte.

Er hatte weißgraues Haar, das ihm in wilden Büscheln vom Kopf abstand, und einen zotteligen Vollbart. Unter buschigen Brauen warteten neugierige Augen, und sein breites Lächeln sprach seiner schmächtigen Statur Hohn. Da die Latzhose so ziemlich alles zu sein schien, was er trug, konnte Nele seine knochigen Schultern sehen, die langen Arme und sogar die Zehen. Nele schätzte ihn auf um die siebzig, ahnte aber, dass sein Aussehen trog. Vielleicht war er jünger.

»Kennst du Nele noch, Karl?«, fragte Gabinsky. »Die Enkelin von Gitte und Johann?«

Das saß. Karl hob die Brauen, und seine Kinnlade fiel eine Etage tief. »Von den Blums?«

»Genau, von denen.« Gabinsky, die noch immer in ihren Taschen suchte, sah zu Nele. »Karl Paschulke alias Bohnen-Karl ist eines unserer eifrigsten und ältesten Vereinsmitglieder. Vielleicht erinnern Sie sich noch an ihn? Er war schon vor Jahrzehnten hier draußen und hat seine Bohnen gezüchtet. Das stimmt doch, Karl. Oder?«

Paschulke nickte stolz. »Die besten Bohnen im gesamten Landkreis – mindestens. Gartenbohnen, Ackerbohnen, Dubletten, Juttas … Alles dabei.«

»Ja, der Karl und seine Bohnen.« Gabinsky schüttelte den Kopf, wirkte belustigt. »Das ist echt eine Liebe fürs Leben. Wir haben viele Originale auf der Hortensia, Frau Blum. Die werden Sie alle noch kennenlernen. Und lieben, darauf wette ich.«

»Und die reißt den Schuppen jetzt ab?«, fragte Paschulke gerade. Er sprach noch immer mit seiner Vereinspräsidentin, fast so, als wage er es nicht, sich direkt an Nele zu wenden. Dabei sah er Nele die ganze Zeit an. »Die Enkelin? Oder was ist los?«

»Abreißen, nein, wo denkst du hin?« Gabinsky zog triumphierend – und sichtlich erleichtert – einen Schlüsselbund aus der Kitteltasche. Er bestand aus etwa zwei Dutzend Schlüsseln unterschiedlichster Art und einem pinkfarbenen Hello-Kitty-Etui. »Sie will ihn neu eröffnen. Ihn aus seinem Dornröschenschlaf wecken. Verstehst du? Die Hortensia bekommt ihr Gasthaus wieder.«

Bohnen-Karl wirkte ehrlich erfreut. Der Blick, mit dem er Nele studiert hatte, als sei sie ein Weltwunder, wurde sanfter. »Mein lieber Scholli! Das ist ja mal was.«

»Und ob«, bekräftigte die Präsidentin. »Das ist was. So, Frau Blum, kommen Sie.«

Sie steckte den Schlüssel ins Schloss der Haustür und musste mehrmals an selbiger ruckeln, bevor er sich endlich umdrehen ließ. Die Tür glitt nur quietschend auf, und eine Duftwolke aus abgestandenem Tabak und modriger Kühle schlug Nele entgegen.

Lässt sich alles reparieren, sagte sie sich. Nur keine Angst. Alles kein Problem.

Trotzdem konnte sie sich eine Nachfrage nicht verkneifen. »Wie lange steht das Stiefmütterchen jetzt leer?«

»Nun, mal sehen.« Gabinsky dachte nach. »Gitte machte weiter, so lange sie konnte. Und dann der Schlaganfall … Karl, weißt du das noch? Wie lange ist das her, drei Jahre?«

»Zwei«, korrigierte er sie. Paschulke trat wieder näher. »Zwei Jahre, sogar ziemlich genau. Das hat hier mitten in der Hauptsaison aufgehört.«

Nele nickte. Auch sie erinnerte sich gut. Zu der Zeit hatte sie ihre Großmutter schon eine ganze Weile lang nicht mehr gesehen gehabt, doch die Nachricht war ein echter Schock gewesen – erst recht so kurz nach dem Tod von Opa Johann. Und tatsächlich hatte in all der Zeit niemand anderes den Laden übernommen.

»Aber wenn ihr das Ding aus dem Dornröschenschlaf wecken wollt«, fuhr Karl gerade fort. Er zog einen Grashalm aus dem Boden und begann, darauf herumzukauen. Mit der anderen Hand deutete er an der Hausfassade entlang gen Obergeschoss. »Dann müsst ihr vermutlich erst den Typen da oben wecken.«

»Hm?« Gabinsky war gerade über die Schwelle des Stiefmütterchens Rast getreten. Verwundert drehte sie sich um. »Was redest du denn da? Was für ein Typ?«

Nele trat ebenfalls in den Schankraum. Sofort fluteten weitere Erinnerungen ihren Geist. Sie sah sich selbst, kaum mehr als ein Dreikäsehoch, spielend zwischen den noch immer sehr passabel wirkenden Tischen und Stühlen. Sie roch den Duft von Oma Gittes Frikadellen wieder, ganz würzig und frisch gebraten. Und sie sah ihren Opa hinter dem schmalen Tresen, eine Hand am Zapfhahn und eine an der Reval. Wie hatte er noch gleich gesagt? »Ungefiltert, Mädchen. Alles andere ist Kinderkram.« Andere Zeiten, weiß Gott.

Das Innere des Vereinslokals wirkte tatsächlich, als wäre die Uhr damals einfach stehen geblieben. Nur die Leute von einst waren verschwunden, alles andere stand noch immer da. Selbst der Wimpel des Schönrather Fußballclubs auf dem Tisch in der Ecke und der Automat auf der Fensterbank, aus dem Nele sich als Kind kandierte Nüsschen hatte ziehen dürfen, für fünfzig Pfennig pro Portion.

Erst dann merkte sie, dass eines der Fenster einen kleinen Spalt offen stand.

»Was weiß ich«, antwortete Paschulke gerade. Seine nackten Füße machten platschende Geräusche auf den staubig gewordenen Bodendielen. »Irgendwer halt. Ich hab letzte Nacht Licht gesehen, da oben in der Wohnung. Nicht lange, sonst hätte ich mich gemeldet. Ehrlich gesagt, hab ich gedacht, das wärst du oder dein Göttergatte.«

Die Präsidentin sah ihn an, als spräche er eine ihr unbekannte Fremdsprache. »Licht?«

Neles Blick ging in Richtung Treppe. Sie war schmal und aus Holz, dunkle Stufen und ein wackliges Geländer der Marke Eigenbau. Die Treppe lag rechts des Tresens und führte nach oben. Wer zur Toilette wollte oder in die Küche, musste sich an ihr vorbeiquetschen. Und wer nach oben wollte, wo Opa Johann und Oma Gitte gewohnt hatten, musste sie besteigen.

»Da war kein Licht«, beharrte Gabinsky so fest, als müsse sich die Realität auch im Nachhinein noch nach ihren Wünschen richten. »Garantiert nicht. Niemand darf auf dem Gelände der Hortensia campieren, das weißt du genau, Karl. Erst recht nicht über Nacht.«

Der Angesprochene hob die knochigen Hände. Sein Grashalm wechselte den Mundwinkel. »Ich sag nur, was ich gesehen hab. Ich hab nicht da oben geschlafen.«

Abermals schüttelte die Präsidentin ihre Betonfrisur – und den dazugehörigen Schädel. »Kein Mensch schläft da …«

Dennoch ging sie zur Treppe, um nachzusehen. Nele blieb im Schankraum zurück, gemeinsam mit Karl Paschulke.

»Gittes Enkelin, hm?«, murmelte der Alte. Seine Mundwinkel zuckten. »Du hast meine Bohnen auch immer gemocht. Weißt du das noch?«

Sie wusste so einiges nicht mehr, unter anderem, was sie ihm darauf antworten sollte. Längst nicht jedes Detail der Vergangenheit war so unauslöschlich geblieben wie Johann Blums Reval. Zum Glück ersparte das Schicksal ihr eine Erwiderung. Denn just als Nele zu einer bedauernden Verneinung ansetzen wollte, hallte ein gellender Schrei über die Kleingartenanlage Hortensia – und er kam direkt aus dem Obergeschoss!

Den ersten Kuss vergaß man nie. Nele Blum hatte diese Wahrheit schon verstanden, als sie noch klein war und auf dem Schulhof mit ihren Freundinnen darüber in purer Theorie gesprochen hatte. Darüber, wie es wohl sein würde und vor allem: wer. Seit ihrer Ankunft auf der Kleingartenanlage Hortensia wusste sie aber noch etwas, das man wohl nie wieder vergaß: die erste Leiche.

Die Bilder gingen einfach nicht aus ihrem Kopf. Wo sie auch hinschaute, was sie auch tat – der Mann in der Blutlache war immer vor ihrem geistigen Auge, schlich sich in jeden anderen Anblick. Wie ein Wasserzeichen auf ihrer Netzhaut.

Er war reglos gewesen, richtig? Bäuchlings am Boden liegend und mausetot. Dunkelblondes, blutverklebtes Haar und ein Rücken, den kein Atemzug je wieder heben oder senken würde.

Natürlich war er reglos, tadelte sie sich innerlich. Was denkst du denn? Tote atmen nicht.

Nein. Das taten sie definitiv nicht mehr. Das … und alles andere.

»Schöner Mist, hm?«, erklang eine Stimme neben ihr.

Sie riss sie aus ihren trüben Gedanken und zurück ins Hier und Jetzt, wenigstens für den Moment. Fast schon dankbar sah Nele zu Karl Paschulke.

»Und ob«, murmelte sie. »Genug Mist, um die gesamte Hortensia zu düngen.«

Sie saßen im Schankraum, der Hobbygärtner und sie. Uschi Gabinsky war erneut nach oben gestiegen. Um »den Tatort zu bewachen«, wie sie es nannte. Und damit niemand ihre vor Schock zitternden Hände kommentierte, wie Nele weit eher glaubte. Der Fund des toten Mannes hatte auch der Präsidentin zugesetzt.

»Die Polizei kommt sicher gleich«, meinte Bohnen-Karl. Er lehnte sich in seinem Sitz zurück, schlug gelassen die Beine übereinander. Nele sah getrocknetes Erdreich zwischen seinen nackten Zehen kleben. Mutterboden. »Die kennt den Weg ganz gut.«

Es klang beinahe, als käme sie öfter auf das Gelände der Gartenfreunde. Verwundert runzelte Nele die Stirn.

»Erwarten Sie aber nicht zu viel, ja?«, fuhr ihr Nebenmann fort. Paschulke senkte verschwörerisch die Stimme und sah zur noch immer offenen Haustür, als wolle er unliebsame Zuhörer vermeiden. »Der Gertner ist’n feiner Kerl, wirklich. Aber nicht der Hellste, wenn’s um solche Sachen geht.«

»Gärtner?«, wiederholte Nele. »Was denn jetzt für ein Gärt…?«

»Karl?«, kam eine zweite Männerstimme von draußen. Sie unterbrach Neles Frage auf halber Strecke. »Bist du da drin?«

Der Stimme folgte ein Mann mit aschgrauem Haar, akkuratem Seitenscheitel und kurzer Hose. Er trug ein Kurzarmhemd, dessen wildes Blümchenmuster seinen Bauchumfang nur sehr bedingt kaschierte, und eine beigefarbene kurze Hose. Außerdem trug er eine kleine Harke.

»Ah«, sagte er, kaum dass er über die Schwelle war. »Ich dachte mir doch, ich hätte dich hier murmeln hören. Sag mal, was machst du im Stiefmütterchen? Ich suche dich überall. Du wolltest mir deinen neuen Biodünger zeigen und … Oh.«

Erst jetzt bemerkte der Fremde Nele, obwohl sie direkt neben Paschulke saß. Peinlich berührt, sah er kurz zu Boden, als müsse er sich sammeln oder Mut aufbauen, dann wieder hoch.