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Hinter Gerhard Polts unvergleichlicher Bühnenpräsenz, in der er seine Figuren scheinbar nur so dahinreden lässt, verbergen sich fein ziselierte und facettenreiche Blicke auf die Menschen und unsere Welt. Es sind seine genauen Beobachtungen, sein Durchdringen unterschiedlichster Charaktere, die elliptischen Satzkonstruktionen, die exakte Wortwahl und sein wohlwollendes Interesse am Menschen, die Gerhard Polts große Kunst ausmachen. Die aktualisierte Werkausgabe in vier chronologischen Bänden versammelt sein bis zum heutigen Tag geschaffenes Werk. Einige der Stücke, Dialoge und Monologe sind in Zusammenarbeit mit Hanns Christian Müller entstanden.
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Seitenzahl: 229
INHALT
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ÜBER DEN AUTOR
Gerhard Polt, geboren 1942 in München, aufgewachsen im Wallfahrtsort Altötting, studierte in Göteborg und München. Seit 1975 brilliert Polt als Kabarettist, Schauspieler, Poet und Philosoph auf deutschen und internationalen Bühnen. 2001 wurde er mit dem Bayerischen Staatspreis für Literatur (»Jean-Paul-Preis«) ausgezeichnet, 2019 folgte der Kulturelle Ehrenpreis der Landeshauptstadt München. Polt lebt und schreibt in Schliersee, München und Terracina. Sein Gesamtwerk ist bei Kein & Aber erschienen.
ÜBER DAS BUCH
Hinter Gerhard Polts unvergleichlicher Bühnenpräsenz, in der er seine Figuren scheinbar nur so dahinreden lässt, verbergen sich fein ziselierte und facettenreiche Blicke auf die Menschen und unsere Welt. Es sind seine genauen Beobachtungen, sein Durchdringen unterschiedlichster Charaktere, die elliptischen Satzkonstruktionen, die exakte Wortwahl und sein wohlwollendes Interesse am Menschen, die Gerhard Polts große Kunst ausmachen.
Die aktualisierte Werkausgabe in vier chronologischen Bänden versammelt sein bis zum heutigen Tag geschaffenes Werk. Einige der Stücke, Dialoge und Monologe sind in Zusammenarbeit mit Hanns Christian Müller entstanden.
GRUNDWERTE – FUNDAMENTALE RÜCKBESINNUNG
Historische Dimension
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir, dass ich, dem Anlass entsprechend, noch ein paar Anmerkungen machen möchte. Obwohl mein sehr verehrter Herr Vorredner bereits Substantielles von sich gegeben hat, so möchte ich dem heutigen Abend und dem Anlass, der uns ja heute zusammengeführt hat, doch noch ein paar Punkte vielleicht noch hinzufügen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Allerdings in der mir gebotenen Kürze, denn ich weiß, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Buffet wird demnächst eröffnet werden, und ich weiß auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass mit kurzen Anmerkungen wir den Dingen vielleicht gerechter werden können, als wir es mit langatmigen und sonstigen Erzählungen … vermöchten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, als Pharao Cheops seine Pyramide in Giseh errichtet hat, da war es kein anderer als sein Nachfolger Chephren, oder wie er unterägyptisch auch heißt: Chafran, der eine zweite Pyramide gebaut hatte – und da hätten wir schon den dualistischen Gedanken. Pyramide zu Pyramide, aber obwohl der Satz da lautet: ein Terzium non datur, kommt der dritte hinzu, und es ist Men-Chaophre oder Men-Hahare, oder in Oberägypten auch Megreh genannt, nicht wahr, die Griechen sagen einfach Mykerinos, und er baut die dritte Pyramide, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und das gibt doch zu denken. Und das lässt uns doch dazu reflektieren – diese drei Pyramiden, das ist kein Zufall, meine sehr verehrten Damen und Herren. Aber wir wollen uns jetzt nicht in Giseh aufhalten, meine sehr verehrten Damen und Herren, sondern unser Blick geht schon hinüber ins Zweistromland, wir sind am Euphrat, am Tigris, und schon spüren wir, nicht wahr, Nebukadnezar, ein Nabuchodonosor, der berühmte Menetekel ufarsin, kann man es deutlicher sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht wahr – und das Ganze mit den Türmen von Babylon und so, aber das schenken wir uns jetzt. Wir gehen nun rüber nach Latium, wobei ich jetzt ausgelassen habe die schöngeistigen Griechen mit allem, nicht wahr? Schliemann hat sie ja so bunt beschrieben, Sokrates und so weiter … Nein, wir sind in Latium. Latium, das blutgetränkte Land, die Erde von Latium, gehen wir mal hinein ins 5. Jahrhundert vor Christi, oder das 4., das spielt jetzt gar keine Rolle, nicht wahr – meine sehr verehrten Damen und Herren, das 4. Jahrhundert war ein Bonbon unter den Jahrhunderten in Latium, und da kommen sie, nicht wahr, die bedeutenden Leute – nicht underdogs –, wie sie genannt wurden: die Gracchen, Gracchus der Jüngere – jünger als Gracchus der Ältere –, nicht wahr, total vergracht, und haben versucht, das Ihrige zu leisten. Sie wussten, sie sind ja Zeitgenossen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und wir gehen weiter, das Mittelalter, eine Renaissance fließt an uns vorüber. Große Namen. Ein Tiepolo, nicht wahr, der in Würzburg gemalt hat und sich gewehrt hat, in Friedrichshafen auch nur ein Bild zu malen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren – die großen Namen! Sie spüren doch selber: Es schmeckt nach Abendland! Sie spüren doch selbst, wie der Hauch der Geschichte hier ein bisschen hereinweht … Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Metternich, der ließ nicht einfach so alles aus der Reihe tanzen – ich weiß nicht –, aber die großen Namen, die Leonardo da Vincis, die Michelangelos, die stehen doch nicht einfach vor sich. Und sie sind’s: die Heroen unserer europäischen … unserer Epoche, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und da sind wir eben schon, ein Napoleon, ein Gaius Julius Caesar – und, meine sehr verehrten Damen und Herren, und das veranlasst mich, den heutigen Abend noch einmal … Und lassen Sie es uns gebührend erwähnen: Er sitzt heute unter uns! Und wir sind gekommen, unser Haupt zu verneigen – vor ihm und seinem Gesamtwerk –, und wir sagen: Vielen Dank, Alfons Pröbstl, dem Mitbegründer der Bayerischen Landesboden-Kreditanstalt und sämtlicher Filialen! Ich danke Ihnen.
1705
Sehr verehrter Herr Ministerpräsident – ich darf Sie sowie Sie, Exzellenz Landesbischof Waller, aufs Allerherzlichste begrüßen –, selbstverständlich auch unseren Landrat Dr. Batz, Herrn Oberstleutnant Freiherr von Epp und auch unseren Pfarrer Monsignore Dobler, unseren Bürgermeister Hans Steindl, Ihnen allen ein herzliches Grüß Gott im Namen der Gebirgsschützen, die heute hier angetreten sind.
Kameraden!
Am heutigen Patronatstag, der unter der Schirmherrschaft unseres verehrten Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber steht, haben wir bayrischen Gebirgsschützen uns heute hier versammelt, um der Opfer zu gedenken, die bereit waren, unter Einsatz ihres Lebens unsere geliebte Heimat zu verteidigen. Wir gedenken der Gefallenen von 1705. Heldenmütig haben die Oberlandler versucht, die österreichischen Panduren, welche in Horden unser Land im Würgegriff hielten, hinauszuschmeißen, aber leider, durch den Verrat, wie so oft in der Geschichte von einem Weiberts, wurde die Sache abgeschmettert, und so kam es zur Mordweihnacht von Sendling.
Auch heute stehen wir wieder vor schwierigen Aufgaben, die sehr schwierig sind, weil nicht nur der äußere Feind uns bedroht, sondern der innere Feind, der wo aber auch von außen kommt, aber bereits schon bei uns herin ist. Es ist zwar nur eine Minderheit, aber die ist es, welche die Mehrheit terrorisieren will, und deshalb erkennt man sehr schnell, dass diese Minderheit der innere Feind ist. Überall sitzt er drin, wie zum Beispiel im Fernsehen, wo man der Mehrheit unserer Bürger faule Fleischreste zeigt, mit Würmern und Trichinen, und das tut man, damit uns der Appetit vergeht und mia Kerndl fressen und unsere Landwirte kein Fleisch mehr verkaufen. Diese Kerndlfresser sind nur ein Beispiel, wie eine Minderheit uns schikaniert und man zum Psychiater gehen muss, damit einem beim Anblick von einem Schnitzel nicht schlecht wird. Und genau dieselben sind es auch, welche die Biergärten schließen wollen, weil es ihnen nicht passt, dass die Mehrheit am Bier eine Freud hat, obwohl man in diesem Land sich aus Tradition zum Bier bekennt und es weit über tausend Jahre aus kultureller Verantwortung trinkt.
Jeder bei uns weiß, dass das Bier mit unserem Glauben aufs Engste verbunden ist, weil, wie wir von den Klöstern her wissen, die katholische Religion das Bier nicht nur empfiehlt, sondern sogar selbst braut.
Immer mehr so Einzelgänger, Individuen und Singles, manche haben die Frechheit, sich als Künstler zu bezeichnen, wollen unser Land verschandeln, ja sie schrecken nicht zurück, selbst unseren Glauben zu verhunzen. Die heilige Muttergottes wird in Wolfratshausen im Minirock auf eine Brücke hingestellt, sodass die einzige Antwort auf solch ein Schandwerk ist, dass man es in den Fluss schmeißt.
Dieselbe Bagage ist es auch, die sich immer mehr in den Straßenverkehr mischt und überall Geschwindigkeit dreißig fordert, aber das glangt ihnen nicht, dann wollen sie lauter Verkehrsinseln und Stolperschwellen errichten, um alles zu verhindern. Dass es aber auch bei uns viele Menschen gibt, denen es pressiert, ist ihnen gleich.
Der Schaden, wo diese Minderheit anrichtet, geht in die Milliarden.
Sie sind gegen alles – jeden Tunnel, und wenn er noch so vernünftig ist, feinden sie an. Will man eine Zugtrasse errichten, sind sie schon dagegen, vom Atom will ich gar nicht reden, weil wenn es nach ihnen geht, sollen wir wieder in Höhlen wohnen. Tschernobyl ist aber nicht in Bayern, und Kitzbühel ist in Tirol, das weiß ein jeder, aber man will uns für blöd verkaufen. Heute schaut es so aus, dass alles möglich ist. Diese Preußen behaupten, dass sie Münchner sind, und die Neger geben sich zunehmend als Deutsche aus, immer mehr drücken in unser Land hinein und behaupten frech, sie wären mir.
Kameraden – wir Gebirgsschützen sind aufgerufen, diese Zustände genau zu beobachten. Große Namen verbinden sich mit unserer Tradition, wie Graf Arco, der dem Spiel dieser Schlawiner, die unser Land an die Bolschewisten ausliefern wollten, ein Ende gemacht hat.
Auch ziehen wir den Hut vor Persönlichkeiten und sagen Reschpekt, wenn sich einer heute noch traut, sich öffentlich hinzustellen, obwohl er dadurch beruflich große Nachteile riskiert und Verfolgungen bis hin zu Ehrabschneidung, wenn er sagt, jawohl, ich sympathisiere mit der CSU.
Wir in Bayern sind doch eine Demokratie, wo kein Mensch gezwungen wird, eine Minderheit zu werden, jeder hat das Recht, sich zur Mehrheit zu bekennen und sich anständig zu benehmen, und wenn er das tut, dann braucht er kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn er in aller Ruhe einen Schweinsbraten isst und einige Bier dazu trinkt, dann waren auch die Opfer von 1705 nicht umsonst.
Ich danke Ihnen!
Bad Hausen
Liebe Kurgäste, liebe Freunde aus nah und fern, es freut mich, Sie alle hier in unserer schönen neuen Mehrzweckhalle in Bad Hausen begrüßen zu dürfen. Ein herzliches Grüßgott auch unserem Pfarrer Seybold, der auch heute unter uns dabei ist, wenn amal wieder ein Heimatabend bei uns stattfindet. Bevor aber wir dann die Treuenadeln für dreißigjähriges Urlaubmachen in Bad Hausen verteilen mit anschließender Tombola – lassen Sie mich uns Ihnen, die erst neu zu uns gekommen sind, amal vorstellen.
Bad Hausen liegt auf einer Höhe von 763 Höhenmetern über dem Meer, umrankt von Bergen wie dem Biegelstein, dem Bürstling und der Führerspitze, welche mit 1722 Metern beachtlich in den Himmel ragt.
Gegründet wurde Bad Hausen im Jahre 1009 von Heinrich dem Flötzer, ein Neffe von Heinrich VI. Heinrich der Flötzer, so erzählt die Geschichte, trennte sich von seiner Gemahlin Algunda, indem er diese aus dem Hause trieb und diese sich dann auf eigenen Wunsch – oder Verlangen – hin, sich eine Zelle, oder ein Haus – Haus – Hausen errichtet hat, in der Hoffnung, fürderhin mehr alleine zu sein. Algunda wurde kurz nach ihrem Einzug in das Haus erschlagen und sehr bald danach heiliggesprochen, um dem bereits internationalen Reliquienhandel Aufschwung zu geben. Der Unterkiefer der heiligen Algunda befindet sich in Privatbesitz – ein Konsortium in New York ist der Eigentümer.
Aber Gott sei Dank ist unser Ort ebenfalls Bewahrer eine Reliquie der heiligen Algunda. Das gesamte Schlüsselbein von ihr ist in unserer Pfarrkirche und zieht Wallfahrer aus aller Herren Länder an. Ansonsten war es in Hausen das Mittelalter über und während der Renaissance ruhig. Hausen war jahrhundertelang eine beliebte Viehweide.
Auch das 18. Jahrhundert war ebenfalls ein stilles Jahrhundert, nur noch zweimal trat die Cholera auf, was wiederum der Reliquie der heiligen Algunda zu noch mehr Popularität verhalf.
Schließlich kam dann nach einer langen Odyssee der Kunstmaler Nepomuk Pröpstl zu uns nach Hausen, wo er dann in Öl den historischen Saustall malte. Der Saustall selbst wurde vor zwei Jahren abgerissen, und an seiner Statt entstand das schöne Feuerwehrhaus, was einen jeden, der sich für Architektur interessiert, zu Diskussionen einlädt.
Das Ölbild von Nepomuk Pröpstl kann im Heimatmuseum besichtigt werden, und zwar jeden Donnerstag von fünfzehn bis sechzehn Uhr, und jeder Gast, der über eine gültige Kurkarte verfügt, erhält fünf Prozent Ermäßigung auf den vollen Eintrittspreis.
Ja, liebe Gäste, sonst wäre noch anzumerken, auch über Bad Hausen brauten sich von 1936 bis 45 diese dunklen Wolken zusammen, aber Gott sei Dank hat sie der Wind dann doch bald wieder weggeblasen.
Weltberühmte Leute haben unserem Ort die Ehre erwiesen. Zum Beispiel Hermann Göring weilte hier gerne zur Jagd und hat persönlich mehrmals zum Halali geblasen. Zu dem angeblichen Skandal, dass man ihm erst vor drei Wochen die Ehrenbürgerschaft aberkannte, möchte ich jetzt keine Stellung nehmen, aber ich bin sicher, Sie zeigen dafür Verständnis.
Auch andere illustre Gäste kann Bad Hausen aufweisen. Der aus Presse, Funk und Fernsehen bekannte Konsul Weyer oder der Schlagersänger Gus Backus gaben sich bei uns ein Stelldichein. Schalck-Golodkowski schätzt die Bad Hausener Gastronomie, aber vor allem, meine Damen und Herren, kein Geringerer als unser allseits verehrter Franz Josef Strauß hat hier seine Zelte aufgeschlagen, wenngleich auch nur für einen Nachmittag, aber es bleibt unvergessen, wie er in der Gaststätte Zum Wiesenschmatzer eine ausgiebige Brotzeit zu sich genommen hat. Der Anlass seines Aufenthaltes war eine defekte Benzinpumpe seines Motorrads, mit dem er unterwegs war – er wartete fieberhaft auf eine Ersatzbenzinpumpe, die extra mit dem Hubschrauber aus München eingeflogen wurde.
Noch heute weist ein Hinweisschild auf die inzwischen historische Begebenheit hin, dass unser Ministerpräsident in Bad Hausen bei bester Stimmung einen Wurstsalat, einen Obatztn sowie mehrere Glas Bier zu sich genommen hat.
Erst vor kurzem hat der Gemeinderat von Bad Hausen beschlossen, und zwar einstimmig, dass gegenüber unserem Rathaus eine Skulptur aufgestellt wird, die ein lokaler Künstler modelliert, und zwar eine Benzinpumpe aus Bronze, circa zwei Meter hoch. Ja, liebe Gäste, Sie merken, ich bin bei dem, was ich Ihnen da erzähle, ein bisserl gerührt. Aber man darf doch stolz sein auf eine Heimat, wo ma sagt, Herrgott, so a Hoamatl, is des schee.
Aber jetzt noch ein paar facts und informations über Bad Hausen. Bad Hausen liegt wie gesagt 763 Meter über dem Meeresspiegel, und es hat derzeit 682 Einwohner und verfügt über eine Bettenkapazität von 8421 Betten. Es wird daran gedacht, die Bettenkapazität noch in diesem Jahrtausend um circa vierzig Prozent zu erhöhen, sodass wir mit ungefähr 12000 Betten ins nächste Jahrtausend hineingehen. Bei einer Bettenauslastung von, sagen wir, neunzig Prozent wären das ungefähr 12800 Übernachtungen pro Höhenmeter – damit lägen wir um sechsundzwanzig Prozent unter dem Kilimandscharo. Selbst Orte wir St. Moritz oder St. Anton kommen da in Bedrängnis, wenn wir von 682 Einwohnern ausgehen.
Aber zum Schluss noch: Was erwartet den Gast in Bad Hausen – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt natürlich – mountain climbing – mountain biking – river rafting –, aber wer will kann auch hiking und bird watching machen – mushroom searching – freebenching – freshair snapping,original candlelight brotzeiting, Schmei sniffing oder, wenn’s beliebt, auch nur amal unforced time passing und televisioning.
Bad Hausen empfiehlt sich besonders auch für Senioren, weil es besonders ruhig ist bei uns, die ruhigsten 763 Meter Mitteleuropas, weil durch unsere Entwicklung unser Ort besonders kinder- und jugendfrei ist. Also, herzlich willkommen in Bad Hausen. Heartly welcome to Bath Housen.
DAS GEMEINSAME HAUS EUROPA
Anlässlich der Grenzen
Liebe Mitbürgerinnen und liebe Mitbürger, liebe Landsleute!
Jetzt heißt es den Kopf klar behalten in dieser historischen Stunde. Wir alle sind gefordert, unseren gemeinsamen patriotischen Empfindungen und Gefühlen Mäßigung aufzuerlegen. Der Gedanke an die lange Trennung, die unsere gemeinsame Geschichte gemeinhin als Gemeinheit empfindet, bewegt uns zutiefst.
Wir gedenken heute des 13. Mai 1779. Der Vertrag von Tetschen hat unser bayerisches Vaterland in zwei Teile geteilt. Wir hier im Westen unseres weiß-blauen Vaterlandes denken an unsere Brüder und Schwestern jenseits des Inns, dieses unseres Schicksalsflusses, die im Innviertel, von uns seit mehr als zweihundert Jahren getrennt, dem Einfluss Österreichs hilflos ausgeliefert sind.
Länger schon als zweihundert Jahre gilt sie jetzt, die Grenze, die über Generationen hin Tausenden und Abertausenden von Zöllnern und Zollbeamten Brot und Zuversicht gegeben hat.
Und hier stehen wir nun, hoffend, dass auch im nächsten Jahrtausend die alte Frage weiterhin frohgemut erschallen wird, die Frage von wahrhaft abendländischer Dimension, welche dort an der Grenze die Herzen von uns so tief bewegt. Die Frage nämlich: »Haben Sie etwas zu verzollen?«
Diese Frage ist die Grundvoraussetzung für die Absicherung der Existenz tausender Familien diesseits wie auch jenseits der Grenze. Liebe Landsleute, wir merken auf – wer Zöllner will, der braucht auch Grenzen.
Ja, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ich schäme mich heute an diesem Tage meiner Rührung nicht, und ich weiß, dass nicht ich alleine es bin, der hier bewegt ist, aber als stolzer Bürger zu wissen, dass wir mit dem Landkreis Tölz, auch mit dem Landkreis Rosenheim, eine gemeinsame Landkreisgrenze haben, erfüllt uns mit Genugtuung, Begeisterung, um nicht zu sagen: Enthusiasmus.
Aus heutiger historischer Sicht würde ich durchaus sagen – einmal mit dem Fahrrad oder auch mit dem Auto hinüber in den anderen Landkreis fahren? –, ich würde sagen: Ja, warum nicht?
Oder gar ständige Besuche der Biergärten und Wirtshäuser im anderen Landkreis?
Ich sage hierzu entschieden: Jawohl. Das ist eine Kollaboration, die ich gelten lasse, aber eine Abschaffung der real existierenden Landkreisgrenze Miesbach – nicht mit uns – niemals –, Finger weg von unserer Landkreisgrenze!
Liebe Mitbürgerinnen und liebe Mitbürger, liebe Landsleute – eine Grenze, was ist denn das? Eine Grenze, liebe Landsleute, ist ein fließender Übergang – ein Übergang, langsam vom einen ins andere –, der Übergang bleibt im Ungefähren. Eine Grenze also ist das Gegenteil von einer Front. Also die Grenze zwischen Orient und Okzident ist in Tscheljabinsk im Ural links neben dem Salatbeet.
Prinz Eugen hat es nicht einmal verhindern können, dass das Wiener Schnitzel, welches eine osmanische Erfindung ist, die Grenzn des Orients überschritten hat, das Wiener Schnitzel findet seine Grenzn erst seit der Erfindung der Friteuse.
Liebe Landsleute, vergessen wir nicht, wo Werte sind, da sind auch Grenzen; also, es lebe hoch der niedrige Grenzwert bei Cäsium und Dezibel. Es lebe hoch die Grenzn des Machbaren, die Grenzn des Zumutbaren, es lebe hoch die Grenzn der Begrenztheit, der Toleranz, die Grenze lebe hoch.
Ja, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Landsleute – wo kein Horizont ist, da braucht man doch Grenzen. Ich danke Ihnen.
Europa und Bier
Dreißigtausend Menschen klatschen, stampfen, schreien ekstatisch, rhythmisch: »Bier her, Bier her, Bier her, oder i fall um«, dann: »Ein Prosit der Gemütlichkeit«! Das Bierzelt ist zum Brechen voll, es dampft, es qualmt, es ist für den, der neu kommt, wie ein Hexenkessel. Ohrenbetäubend der Lärm. Bier – Rausch – Gewoge!
Die da schreien, kommen von überall her und sind durstig, und sie zahlen jeden Preis, um da zu sein. Ein Liter Benzin DM 1.40, ein Liter Bier DM 8.–. Das ist nichts. In Schweden kann der Liter Bier auch DM 20.– kosten. Wasserblaue riesige Augen widerspiegeln tiefes, unendlich tiefes Erstaunen. Die Dame aus dem Norden ist Alkoholentzugstherapeutin. Fast gewalttätig wird ihr zugeprostet. – Gemütlichkeit heißt die Parole! Da gibt’s kein Widerstand. Das Bier muss hinein!
Europa – ein Oktoberfest! Nach zehn Maß Bier geht man heim. Es war grandios! Die Alkoholleichen kommen von überall her. Aus Frankreich, Spanien, England, Italien. Der unter dem Tisch kommt direkt vom Oktoberfest aus Carrara.
So viel Bier in sich zu haben, vollgesogen zu sein wie ein Schwamm, muss etwas Großartiges sein. Die Kinder werden eingesammelt und so lange aufbewahrt, bis ihre Besitzer, schon im Bus heim nach Verona, Reims oder Lüttich, zurückkommen, um sie abzuholen. Bier! Bockbier! Weißbierbock! Doppelbock! Jeder Schluck eine Persönlichkeit. Europäische Bierwallfahrten werden organisiert. Von Altötting nach Lourdes. Von Fatima nach Tschechenstochau zum Bier. Und als Proviant Fässer Bier. Wunder machen durstig. Bier und Marienerscheinungen!
Sie kommen aus den Fjorden des Nordens ans sonnendurchgleißte Mittelmeer zum Weißbier. Was heißt da Reinheitsgebot? Wer Durst hat, trinkt Bier. Ganz einfach Bier. Der Biergarten? Ja, das wäre etwas. Er brächte Ruhe ins Biertrinken. Keine deutschen Eichen – Rosskastanienwälder überzögen Europa. Herrliche Schattenspender beschützten uns vor dem Ozonloch, wir tränken unser tägliches Bier, sauften nicht, grölten nicht – bedächtig genössen wir unser Bier.
Am Atlantik oder an der Wolga! Nur so dasitzen. Leise fächelt der Wind.
Wir Europäer trinken uns zu. Von fern ertönt feine Blechmusik. Ohne Verstärker, versteht sich.
Wir Europäer verstehen uns.
Und wer das Bier alkoholfrei will, kann sich ja einen Schnaps dazubestellen!
Stille Hilfe
Liabe Leitl – ’s isch mir eine Freid, dass mir heit z’ enk auf Bsuach kemman können. Weil mir denkt ham, ’s ischt Zeit, ins zu bedanken für die stille und lautlose Hilfe, die z’ös habts ins angedeihen lassen. Dieser Bsuach soll als eine Demonstration gwertet werden, dass mir mit dem Herrn Bletschacher durchaus verbunden sein, auch wenn immer a bissl ebbs von dem Wezi von derer Summe, die z’ös habts z’ ins einigschickt, gfehlt hat. Aber des mit seine Kasschachtelen muaß ma aa verstehn, es war halt amal sein Steckenpferd. Aber was sich die Jurischten da ausdenkt ham, dass sie eahm glei hinter schwedische Gardinen an Hefn neigsteckt ham, dös is unmenschlich.
Und inser persönlicher Dank gilt natürlich auch enkan ehemaligen Burgermoaster, dem Kiesl Erich, hoffentlich bleibt er no a bissele krank, weil sinscht muaß er wahrscheinlich aa gleich zum Bletschacher eini. Aber selbst wenn er a paar Jahrl da drein verbringen muaß – mir mechten eahm sagen, er braucht koa Angscht ham, mir passen schon auf sein Anwesen auf – welches er so günschtig bei ins erworben hat. Wann’s sein muaß, bewachen mir sei Häusl rund um die Uhr, und am Journalisten, der do sei Nasn reisteckt, dem dean mir oane aufibrennen, dass eahm des Törggelen vergeht und er koa Marenden nimmer braucht, der Siach. Sinscht noch amal herzlichen Dank für die Zuwendungen und vor allem für die Hilfe, dass mir so günstig über eich den tschechischen Sprengstoff ins haben besorgen können. Mit Sprengstoff samma jetza eideckt, aber mir werdn mit enk jedes Gramm, was mir verbrauchen, genau abrechnen – nit, dass ös glaubts mir gengan leichtfertig damit um. No ja, ös kennts ja den Spruch – Mander ans Gewehr, wo der Feind isch, da isch Ehr. Bevor mir aber mit enk des Liadl – zu Stacklheim in Banden – singen, möchten mir enk noch a Freid machen. Mir ham a Kassettn mitbracht, de kennts dann nach Stadlheim am Bletschacher überreichen, dass er in stillen Stunden sich erquicken kann mit unserer Gebirgsschützenmeditation – i spiel’s enk amal vor. Da, das isch das Berg-Isl-Gedenkschiaßn im Sommer 1973 – und jetza das Andreas-Hofer-Schiaßn im Herbst 1960, und jetza a Schmankerl, das große Tiroler Freitheitsschiaß auf der Muattnalm im Februar 1949 … Halt, ich glaub, der Ton, da war ebbas nit ganz perfekt – machma’s no mal. Herrlich – also, da is das Kassettale, und sagts eahm im Gfängnis drein ein scheana Gruaß – und isch der Weg ano so steil, a bissle ebbs geaht allerweil.
Alles über den Russen
Mit schwerwiegender Stimme Mein Gott, wissen Sie, ich war drüben, sicherlich, und ich muss sagen, ich habe mir gedacht, na ja, dann schaust du dir die Sache halt noch einmal an, nicht wahr? Auf den alten Spuren, nicht wahr? Privat, individuell – darum habe ich auch diese Pauschalreise gemacht und muss sagen, es sind Impressionen, nicht wahr, die man da kriegt, das ist natürlich … äh … schon … äh, dass man sagen muss … äh … Aha, nicht wahr? Wissen Sie, weil … »der Russe«, sagen wir mal, nicht? Der Russe, man hat ihn ja damals zu dieser Zeit, man hat ihn ja praktisch privat, in dem Sinne, gar nicht kennengelernt! Man hat ihn ja damals mehr erschossen, nicht wahr? Und drum hab ich mir gedacht, na ja, schaust ihn dir noch amal an, nicht wahr? Denn, wie gesagt, der Russe ist ja meines Erachtens … ähm, ja … wie soll man ihn im Grunde beschreiben? Er ist, äh … eigentlich … durchaus, dass man sagen könnte … also in dem Sinn … irgendwie … ja doch, dass man meint … ja – warum nicht? Net wahr? Er ist auch … äh … irgendwie … ein, ein … sagen wir mal … verstehen Sie? Nein? Der Russe ist, sagen wir mal … ähm … ja … schon vom Ding her gesehen, nicht war, er ist genauso maskulin vorhanden, nicht wahr, also männlich, nicht wahr, weiblich is er genauso da wie sächlich anzutreffen, nicht wahr? Also auch farblich, er is durchaus, keineswegs, dass man sagt, jetzt … äh … net? Also er ist farblich … äh – rot, net wahr, fuchsert, net wahr; er ist blond, semmelbond, schwarz, grau, gräulich, net wahr, hellgelb, wie Sie wollen, net wahr? Also in diesem Sinn macht der Russe gar keine Sperenzchen, der Russe ist, äh … ja, sagen wir mal … Wie soll ich Ihnen denn das jetzt amal wirklich nahebringen? Folgendes Beispiel: Sagen wir mal, wenn es in Russland kühl ist, verstehen Sie, es zieht, nein? Feuchtigkeit, net? Kälte, net? Brr, nein? Ja, was macht er da, der Russe? Net, was tut er da? Net wahr, da greift der Russe zu einem Jackerl, zu einem Pullover, zu Hut, Schal, sogar Mantel, das ist alles im Bereich des Möglichen. Oder auch das Gegenteil: Sagen wir mal Hitze, Schwüle, man schwitzt, net? Da kann man dann durchaus erleben, dass der Russe dann shirtmäßig unterwegs ist, nicht wahr? Schaun Sie, ein Beispiel, nicht, im Zentrum dieser Riesenstadt dieses Riesenreiches, net wahr? Ich steh in etwa hier, ganz in der Nähe, wo er mumifiziert worden ist, approximativ circa vier bis fünf Meter vis-à-vis steht plötzlich, in dieser Stadt, neben mir ein Russe! Das muss man sich amal vorstellen, nein? In der Hand ein etwa wurstbrotartiges Gebilde haltend. Die Sache macht mich natürlich neugierig, und ich sehe, wie dieser Russe dieses wurstbrotartige Gebilde langsam, bedächtig zum Munde führt, einen Moment innehält, um dann plötzlich, wie von der Tarantel gestochen, hineinzubeißen. Und ich hatte durchaus den Eindruck, es hat dem Mann geschmeckt. Sehen Sie, das sind die Sachen, da legt man die Ohrwaschl an, nicht wahr? Aufgrund solcher Erfahrungen bin ich heute bereit zu sagen, der Russe, wenn er grinst, i würd sogar sagen, wenn er lacht, nein, wenn er – hihi – er klatscht in die Hände –, kann man durchaus davon ausgehen, dass er eine Gaudi hat. Jetzt passen Sie mal auf, jetzt werd ich Ihnen mal was erzählen, nicht wahr – folgende Situation: Nicht wahr, auf diesem riesigen Boulevard dieser Riesenstadt, nicht wahr, ein Riesenboulevard, der Russe ameist vor sich hin, nicht wahr, er schwappt hin und her, nicht wahr, in diesem Gewoge sehe ich plötzlich einen Russen weiblicher Herkunft, einen kleinen Russen mit sich führend, so a ganz a kleiner Russe noch, nein – seine Stimme wird immer zärtlicher –, a Pelzmütze hat er aufghabt, net, so a ganz a kleiner Russe, nein, so a gewindelter Russe noch, nein, und beugt sich herab, um diesem kleinen Russen etwas mitzuteilen. Ich muss natürlich hinzufügen, ich selber bin des Russischen ja kaum mehr mächtig, außer »rucki-werch«, also »Hände hoch«, bin ich mir nicht mehr … ist mir nicht mehr viel geblieben, nicht wahr. Und ich höre, wie dieser Russe zu dem kleinen Russen sagt: »Kuckuck, dada da dada«, irgend so was, nicht wahr – da, also, da hätten Sie den kleinen Russen erleben sollen, nicht wahr, der war begeistert, der war außer sich vor Begeisterung, der hat gelacht, der hat sich gefreut, der kleine Kerl – immer begeisterter und mit kindlichem Klang –, der war enthusiasmiert, nicht wahr, der … also der … das kleine Gsicht is auseinandergegangen, der Diezl is ihm aus dem Mund gefallen, net wahr, der hat gelacht, nicht wahr, und seitdem frag ich mich – Stimme wird argwöhnisch –, was lacht der Russe so? Und drum sag ich Ihnen mal das eine: Wenn der Russe in dieser Formation zu uns hierherkommt, wissen Sie, was dann los ist? Ja, wissen Sie, was dann los ist? Dann ist er da!
Convertibilität
Wissen Sie, ich meine – Gott sei Dank sind mir convertible – also kann ich mir was kaufen für mein Geld –, Sie wissen schon, weil drüben sinds alle nicht convertible, drum kriegens nur bei sich was, aber bei uns nichts – weil hinter dem Geld muss eine Arbeit stehen oder eine Leistung –, und die drüben können sich nichts leisten, weil s’ nix leisten.