Brief nach Deutschland - Thomas Mann - E-Book

Brief nach Deutschland E-Book

Thomas Mann

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Beschreibung

Im August 1945 forderte der Schriftsteller Walter von Molo Thomas Mann in einem offenen Brief auf, nach Deutschland zurückzukehren. In seinem Antwortbrief lehnt Thomas Mann dieses Ansinnen ab: Das durch Ausbürgerung erlittene Unrecht sei nicht einfach vom Tisch zu wischen – er spricht vom »Herzasthma des Exils« und vom »nervösen Schrecken der Heimatlosigkeit«, doch ebenso von den »unzerreißbaren Banden«, die ihn an Deutschland binden, und von seiner Verwurzelung in der deutschen Tradition. Entschieden distanzierte sich Thomas Mann von den Schriftstellern der sog. ›Inneren Emigration‹, die den ins Exil getriebenen Schriftstellern eine bequeme Flucht vorwarfen. Thomas Manns Brief schließt gleichwohl mit dem Wunsch nach einem Besuch Deutschlands.

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Seitenzahl: 22

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Thomas Mann

Brief nach Deutschland

[Warum ich nicht nach Deutschland zurückgehe]

Essay/s

Fischer e-books

In der Textfassung derGroßen kommentierten Frankfurter Ausgabe(GKFA)Mit Daten zu Leben und Werk

{72}Brief nach Deutschland

[Warum ich nicht nach Deutschland zurückgehe]

Lieber Herr von Molo,

ich habe Ihnen zu danken für einen sehr freundlichen Geburtstagsgruß, dazu für den Offenen Brief an mich, den Sie der deutschen Presse übergaben, und der auszugsweise auch in die amerikanische gelangt ist. Darin kommt noch stärker und dringlicher, als in dem privaten Schreiben, der Wunsch, ja die verpflichtende Forderung zum Ausdruck, ich möchte nach Deutschland zurückkehren und wieder dort leben: »zu Rat und Tat«. Sie sind nicht der Einzige, der diesen Ruf an mich richtet; das russisch kontrollierte Berliner Radio und das Organ der vereinigten demokratischen Parteien Deutschlands haben ihn auch erhoben, wie man mir berichtet, mit der stark aufgetragenen Begründung, ich hätte »ein historisches Werk zu leisten in Deutschland«.

Nun muß es mich ja freuen, daß Deutschland mich wieder haben will, – nicht nur meine Bücher, sondern mich selbst als Mensch und Person. Aber etwas Beunruhigendes, Bedrückendes haben diese Appelle doch auch für mich, und etwas Unlogisches, sogar Ungerechtes, nicht Wohlüberlegtes spricht mich daraus an. Sie wissen nur zu gut, lieber Herr von Molo, wie teuer »Rat und Tat« heute in Deutschland sind, bei der fast heillosen Lage, in die unser unglückliches Volk sich gebracht hat; und ob ein schon alter Mann, an dessen Herzmuskel die abenteuerliche Zeit doch auch ihre Anforderungen gestellt hat, direkt, persönlich, im Fleische noch viel dazu beitragen kann, die Menschen dort aus ihrer tiefen Gebeugtheit, die Sie so ergreifend schildern, aufzurichten, scheint mir recht zweifel{73}haft. Dies nur nebenbei. Nicht recht überlegt aber scheinen mir bei jenen Aufforderungen auch die technischen, bürgerlichen, seelischen Schwierigkeiten, die meiner »Rückwanderung« entgegenstehen.