Briefe an Dezember - Holly Alberich - E-Book
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Briefe an Dezember E-Book

Holly Alberich

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Beschreibung

Als die junge Loretta mit ihm verheiratet wird, wünscht sie sich nichts sehnlicher, als einen Freund. Stattdessen findet sie die Einsamkeit. Um ihre Zeit in dem großen Herrenhaus totzuschlagen, streift sie durch dessen endlose Flure und Zimmer, wo sie einen Schädel und ein Schmuckstück entdeckt, die nicht nur sie selbst in ihren Bann ziehen, sondern auch eine kleine, pechschwarze Ratte, die Loretta alles in Frage stellen lässt. Alles geht seinen geordneten Weg. Bis Loretta sie kennenlernt.

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Seitenzahl: 48

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Holly Alberich

Briefe an Dezember

Für alle, die an ihren Schreibkünsten zweifeln,lasst uns gemeinsam weiter schreiben.

Bitte achte gut auf dich selbst. Sollten Themen wie Mord oder Selbstmord negative Gefühle in dir auslösen, überlege bitte gut, ob du hier weiterlesen möchtest.

Briefe an Dezember

Vorwort

Diese Geschichte handelt von mir.

Handelt von ihm und auch ihr.

Handelt von dem, was sie mir gab,

was er mir nahm.

Handelt von allem, was ich danach bekam.

I

Brief von Fräulein Loretta Schneideran Frau D. E. Fuchs

18. Oktober

Liebste Dezember,

nun ist es geschehen. Vater meinte nur: ‚Endlich ist die Sache erledigt‘. ‚Die Sache’. Ist ihm meine Zukunft denn so unwichtig, dass er sie simpel als Sache bezeichnet? Ist meine Verlobung solch eine Nichtigkeit für ihn? Bedeute ich ihm so wenig? Glaube mir, ich würde ihn so etwas niemals fragen. Er würde mich zurückweisen. Würde sagen, ich solle nicht so viel nachdenken. Das mache mich unschön. ‚Was fällt dir ein, meine Entscheidung in Frage zu stellen‘, würde er sagen. Dafür kenne ich ihn zu gut.

Weißt du

Manchmal wünschte ich, ich könnte bei dir sein. Einmal meintest du in deinem Brief, das Herrenhaus sei wie ein Gefängnis. Aber ist ein Gefängnis nicht besser, als eine Leine? Sollte es dir gelingen auszubrechen, bist du frei. Meine Leine wird von Besitzer zu Besitzer weitergereicht. Jedes Mal, wenn ich mit Frau August im Park spazieren gehe und die alten Damen, mit ihren Hunden sehe, muss ich daran denken, dass ich auch so ein Halsband trage. Und obwohl meines aus Samt und Spitzenborde ist, ist es dennoch ein Halsband.

Meine Leine wird niemals reißen. Die werte Frau August gibt meine Leine an meinen Vater, wenn ich im Hause bin. Er reicht sie von Hauslehrer zu Hauslehrer, zu Frau August. Bald reicht er sie an…

O Dezember, ich weiß nicht einmal seinen Namen. Was, wenn er mich nicht ausstehen kann? Was, wenn ich ihn nicht ausstehen kann? Was würde es schon ändern? Vater hat meine Leine ja bereits verkauft.

Dennoch brennt in mir dieser kleine Funke an Hoffnung. Dieses kleine, unscheinbare Flämmchen hält noch immer an dem Traum fest, dass derjenige, den Vater für mich aussuchte, ein guter Mann ist. Einer, den ich lieben kann. Einer, der mich liebt. Der mich versteht und mit mir träumt und mich herausholt aus diesemaus dieser

Du musst mich für töricht halten. Verzeih mein verworrenes Schreiben. Da klopft auch schon Frau August an meine Tür. Ich muss aufhören.

Bitte pass gut auf dich auf. Versprichst du es mir? Ich werde von dir träumen.

In Liebe,

Lore

II

Brief von Fräulein Loretta Schneider an Frau D. E. Fuchs

20. Oktober

Liebste Dezember,

heute sah ich ihn zum ersten Mal. Erinnerst du dich an den schönen Mann im Park, den wir vor einigen Jahren gesehen hatten? Er fütterte einen Schwan mit Brot, mit bloßen Händen. Wir waren beide so erstaunt und fasziniert, dass wir alle Höflichkeit und Etikette vergaßen und ihn einfach beobachteten, als wäre er der einzige Mensch auf der Welt. Nur er und die Schwäne.

Genau so sieht er auch aus.

Er ist groß und stattlich. Mit Haaren, die so dunkel sind wie die Kohle im Kamin. Seine Nase ist schön geschwungen und seine Augen sind gräulich-grün. Er erinnert mich an die schwarze Katze von Frau Berthold. Gelächelt hat er kein einziges Mal. Ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll. Ich denke, Vater wird wohl die richtige Entscheidung für mich getroffen haben. Zu-mindest sage ich mir das immer und immer wieder, denn die Entscheidung ist nun eine Tatsache und ich kann nichts dagegen tun. Nichts daran ändern.

Außer zu beten.

Ich bete, dass er ein guter Mensch ist. Dass er gut zu Tieren ist, wie der Schwanenmann. Dass er sich um mich kümmern wird und dass ich ihm eine gute Ehefrau sein kann. Eine Ehefrau. Die Worte zu schreiben erscheint mir so surreal. Bin ich denn schon bereit für solch eine Verpflichtung? Ich weiß es nicht. Und es tut auch nichts zur Sache. Das ist nun mein Weg.

Wie war es denn für dich, als du geheiratet hast?

Verzeih die Frage.

Ich erinnere mich nun wieder.

In Liebe,

Lore

III

Brief von Frau Loretta Stahl an Frau D. E. Fuchs

29. Oktober

Liebste Dezember,

siehst du den Briefkopf? Frau. Nicht mehr Fräulein. Wie seltsam, findest du nicht auch? Hat es sich bei dir auch so seltsam angefühlt, als du deine Anrede ändern musstest? Als du vom Fräulein zur Frau wurdest? War es genauso… beängstigend? Die ganze Hochzeitsfeier lang dachte ich, ich würde ohnmächtig werden. Ich kam mir so töricht vor. Meine Hände waren ganz verschwitzt und ich zerdrückte beinahe die Blumen, die Frau August mir reichte. Es war eine kleine Feier. Fünfzehn Leute insgesamt. Auf meiner Seite Vater und Frau August. Auf seiner Seite Männer und Frauen und Kinder, die ich nicht kannte und die sich mir auch nicht vorstellten. Der Priester erklärte uns zu Mann und Frau. Dann aßen wir gemeinsam. Er hielt eine Rede. Sprach von Gott und guten Zeiten. Sprach von Wohlstand und erfolgreicher Arbeit. Ich schwieg, denn niemand erteilte mir das Wort. Eine seiner Tanten (ich weiß nicht, ob es wirklich seine Tante war), kommentierte mein gutes Benehmen und dass ich schönes Haar hätte. Ich lächelte sie an. Mein Vater entgegnete nur, dass meine Mutter dasselbe Haar gehabt hatte.

Ich erinnere mich nicht an sie.

Weder an ihr Lächeln, noch an ihre Haarfarbe.

Ob sie mich wohl gemocht hätte?

Er tanzte mit mir. Ein kurzer Tanz. Aber es war der schönste Moment, den ich je erlebt hatte. Das Gefühl in meinem Magen. Seine Hand an meiner Taille, die andere hielt meine Hand fest. Ich schwebte. Dezember, ich schwebte und sah nichts außer seine