Briefe aus Deutschland II - Thomas Mann - E-Book

Briefe aus Deutschland II E-Book

Thomas Mann

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Beschreibung

Nicht nur in künstlerischer, sondern auch in praktischer Hinsicht war der Austausch Thomas Manns mit dem österreichischen Dramatiker Arthur Schnitzler fruchtbar – entstand daraus doch der Kontakt zu dem Herausgeber der New Yorker Zeitschrift The Dial, wo Mann zwischen 1922 und 1928 insgesamt acht ›German Letters‹ veröffentlichte. Ein Auftrag, der sich auch in Anbetracht der in Deutschland grassierenden Inflation als besonders vorteilhaft erwies. Dieser zweite Brief erschien in der Juniausgabe des Jahres 1923, verfasst hatte Mann ihn laut Datierung im Februar. Trotz der widrigen Umstände, in welchen die deutsche Wirtschaft sich zu jener Zeit befand, erscheint hier zumindest die Situation des Literaturmarktes in einem sehr positiven Licht. Der Text wurde erst 1974 auf Deutsch veröffentlicht, in ›Dokumente und Untersuchungen‹ (hrsg. von Hans Wysling).

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Seitenzahl: 18

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Thomas Mann

Briefe aus Deutschland [II]

Essay/s

Fischer e-books

In der Textfassung derGroßen kommentierten Frankfurter Ausgabe(GKFA)Mit Daten zu Leben und Werk

{653}Briefe aus Deutschland [II]

München, Februar 1923.

Während einiger Wochen vor und nach dem Christfest war die meinem Schreibtisch benachbarte Chaiselongue ihrem natürlichen Zweck entzogen, da sie hochauf mit frischen Druckwerken bedeckt war, Erscheinungen unseres Weihnachtsbüchermarktes, die der zuständige Postbote Tag für Tag in Paketform heranschleppte, sodaß ich den geplagten Mann durch eine größere Auswahl unserer nichtsnutzigen Assignaten zu versöhnen suchte, und die, da sie an gehörigem Orte einfach nicht unterzubringen waren, mich hinderten, die oft so zuträgliche horizontale Lage einzunehmen. Hieß ich mir das doch eine Messe! (Ich bitte den Herrn Übersetzer, diesen Ausruf auf Deutsch stehen zu lassen, da er dem »Faust« von Goethe entlehnt ist.) Wahrhaftig, ich verzichtete gern auf meine Bequemlichkeit aus Freude an einem Überfluß, der manches – Überflüssige mit sich führen mag, der aber zum Mindesten beweist, daß, widrigster Umstände ungeachtet, von eigentlicher Kopfhängerei hierzulande nicht die Rede sein kann.

Romane, Gedichtbücher, Tagebücher, Anthologien, Monographien, kritische Essayistik, philosophische Zeit- und Weltergründungen, historische Briefsammlungen, illustrierte Ausgaben klassischer Autoren, – es fehlte an nichts. Die Meister waren da und die Jugend, die sie nachahmt, oder sich unter einander nachahmt, oder sich völlig absolut und absurd gebärdet, – auch das ist amüsant. Die Ausstattung war vorzüglich zum Teil. Ich rede nicht von den Luxusausgaben, künstlerisch geschmückten Kostbarkeiten, die in beschränkter Auflage, numeriert und signiert, erscheinen und erfahrungsgemäß ein sicheres Geschäft abgeben: sie sind sofort in festen Händen. Aber {654}auch das einer weiteren Oeffentlichkeit zugedachte Buch zeigt in der Regel ein schmuckes Gewand, – daran hat sich durch unsere Verarmung nichts geändert, wenn es auch freilich heute gilt, die Wirkung mit bescheideneren Mitteln zu erreichen, als zur Zeit unserer Wirtschaftspracht. Seit ich jung war (und die stärksten literarischen Eindrücke meines Lebens durch Zwanzig Pfennig-Heftchen gewann) haben die Geschmacksansprüche des deutschen Publikums in Dingen der Buchausstattung sich außerordentlich gehoben, und solche kulturellen Gewöhnungen eines Volkes sind nicht rückgängig zu machen, sie setzen sich selbst unter sehr heruntergekommenen oekonomischen Verhältnissen irgendwie durch.