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Der pensionierte Rauschgiftfahnder Gerd Sehling fliegt widerwillig mit seiner Frau Dörte in einen kulturellen Kurzurlaub nach Barcelona. Zeitgleich erhält Harry Goldutt, sein ehemaliger Chef und Leiter des Hamburger Rauschgiftdezernats, den Hinweis eines Informanten, dass mit einer größeren Lieferung von Kokain aus Spanien nach Hamburg zu rechnen ist. Als Gerd von dem Hinweis erfährt und zugleich der von der Untersuchungshaft verschonte Drogenhändler Steven Winter mit seiner Familie in der Abflughalle nach Barcelona auftaucht, treibt ihn die Neugier wiedermal in gefährliche Ermittlungen, welche sich mehr und mehr mit dem Hamburger Fall verstricken.
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Seitenzahl: 475
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Ben Westphal
Bulle bleibt Bulle
Ein Hamburg-Krimi
Texte: © Ben Westphal
vertreten durch
Rechtsanwalt Jan Ontjes Güldenzoph
Lübecker Straße 1
22087 Hamburg
Umschlaggestaltung: © Moritz Seifert
Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin
“für Holgi”
1
Missmutig blickt Gerd vom Beifahrersitz auf die Spitze des Hamburger Polizeipräsidiums, während seine Frau Dörte zum dritten Mal versucht, ihren Kleinwagen in eine ausreichend große Parklücke zu manövrieren. In den Fenstern des Gebäudes spiegelt sich das Orange der aufgehenden Sonne und taucht dessen dunkle Fassade in einen goldenen Schleier. Gerd versucht sich jegliche Kommentare zu verkneifen, weil er weiß, dass es Dörte nur noch nervöser machen würden. Er versteckt lieber den vom Bart umrandeten Mund und die knollige Nase hinter seiner kräftigen Hand und blickt traurig zum Präsidium. Dorthin, wo er die schönste Zeit seines Lebens verbracht hatte.
Inzwischen ist Gerd seit mehreren Monaten Pensionär. Er erinnert sich noch mit Vergnügen an den ersten Tag in Pension, als ein niederländischer Kurierfahrer mit einem Transporter und zehn Kilogramm Kokain gegen das Ortsschild von Dalldorf vor den Toren Hamburgs fuhr. Mit Hilfe der ehemaligen Kollegen konnte er an diesem Tag einen großen Dealerring in Hamburg sprengen und sogar den niederländischen Lieferanten festnehmen.
In Gedanken daran beginnt Gerd hinter der schützenden Hand zu lächeln, was sich umgehend in den tiefen Lachfalten seiner Augen widerspiegelt.
«Was gibt es da zu lachen?», schreit ihn Dörte fahrig von der Seite an. «Ich bin es nun einmal nicht gewohnt, in kleine Parklücken in der Stadt einzuparken. Bei uns in Dalldorf hab ich immer genug Platz. Wir hätten auch ein Taxi zum Flughafen oder einen Parkplatz am Terminal nehmen können.»
«Weißt du, was wir dafür zahlen müssten, Dörte? Die ganze Reise kostet uns bereits ein Vermögen», erwidert Gerd und muss dabei unwillkürlich an den Grund der Reise denken. Als er gleich wieder nach Verbrechern jagte, statt am nächsten Morgen die Reste seiner Pensionsfeier aufzuräumen und Dörte mit der gesamten Arbeit alleine ließ, bot er ihr nach der Rückkehr am späten Abend als Wiedergutmachung eine kurze Städtetour an. Er hatte eigentlich eine Fahrt ins schöne Lüneburg oder zum Schweriner Schloss im Kopf gehabt, aber Dörte ergriff die Chance beim Schopfe und buchte einen Trip nach Barcelona. Dabei setzte sie ihren Mann, der sich weder für warme Länder, die südländische Kultur, weltberühmte Museen noch die mediterrane Küche begeistern kann, vor vollendete Tatsachen.
Über die Wahl der Destination wurde zwar kurz gestritten, aber weil die Reise weder stornierbar war, noch Gerd die nächsten Wochen Schlechtwetterstimmung im Hause haben wollte, gab er klein bei.
So müssen sie nun hier in Alsterdorf auf seinen ehemaligen Kollegen Tim Dombrowski warten, der sie zum Flughafen fahren will. Dörte setzt bereits zum fünften Versuch an. Dieses Mal klappt es mit dem Einparken.
Beide atmen erleichtert auf, als Dörte endlich den Zündschlüssel aus dem Schloss zieht. Sie lösen die Anschnallgurte und steigen aus ihrem Fahrzeug. Dörte streckt sich einmal kräftig, als wäre sie Stunden unterwegs gewesen. Währenddessen zieht Gerd die Hose hoch und überprüft, ob das karierte Hemd noch darin steckt. Nachdem er die halblangen dunkelgrauen Haare zurückgestrichen hat, setzt er eine gestreifte Schiebermütze auf den Kopf und drückt die schwarze Hornbrille auf dem Nasenrücken nach oben.
«Wo bleibt denn dein Kollege, der uns fahren wollte?», fragt Dörte schnippisch, die am liebsten jeglichen Kontakt ihres Mannes zu denehemaligen Kollegen unterbinden würde. «Hat er dich vielleicht versetzt?»
«Dumbo vergisst mich nicht. Der ist immer für mich da.» Während Gerd sich leicht schmollend abwendet, schlendert Otto Kuhnert den Gehweg vom Präsidium hinunter direkt auf die beiden zu. «Der hat nur viel zu tun, aber wir kommen schon rechtzeitig zum Flughafen.»
Otto winkt den beiden zu. Gerd wedelt mit beiden Armen in der Luft zurück und beginnt, vor Freude breit lächelnd zu glucksen. Unterdessen wuchtet Dörte die beiden Koffer aus dem Kofferraum und stellt sie scheppernd auf dem Gehweg ab.
«Hallo, ihr Lieben. Dumbo hat leider einen Termin in der Untersuchungshaftanstalt. Ich fahre euch zum Flughafen. Ich habe den Dienstwagen am Ausgang abgestellt. Kommt, ich helfe euch bei dem Gepäck», erklärt Otto und kommt noch einen Schritt näher.
«Das kann Gerd auch alleine tragen», antwortet Dörte angesäuert und geht an Otto vorbei in Richtung Polizeipräsidium.
Gerd hebt kurz die Achseln und ergreift die Koffer, um sie hinter sich herzuziehen, nachdem er sein inzwischen rausgerutschtes Hemd wieder mühsam zwischen Bauch und Gürtel gestopft hat.
«Wie ihr wollt», sagt Otto irritiert, aber auch froh, dass er mit seinem schmerzenden Rücken verschont bleibt. «Wir fahren mit dem grauen Kombi dort vorne. Der ist schön groß und geräumig». Otto drückt auf den Knopf der Zentralverriegelung, so dass die Warnblinklichter des Fahrzeugs kurzzeitig aufleuchten.
Vor Gerd und Otto läuft Dörte mit schnellen kurzen Schritten auf den Wagen zu, dabei wippen ihre kleinen blonden Locken auf und ab. Sie ist extra noch einmal beim Friseur in Geesthacht gewesen, um sich auf die Kulturreise auch optisch perfekt vorzubereiten.
«Ist deiner Frau ‘ne Laus über die Leber gelaufen?» Otto starrt Gerd mit seinen kleinen Augen an, die von dunklen Ringen unterlaufen sind. Otto ist wie Tim Dombrowski, den alle nur Dumbo nennen, ein langjähriger Kollege von Gerd. Er ernährt sich vornehmlich von Kaffee, Keksen und Zigaretten, was sich an tiefen Augenringen, dem kugelförmigen Bauch und der kehligen Stimme zeigt. «Oder ist die immer so gelaunt?» Otto zieht eine silberne Schatulle mit selbstgestopften Zigaretten aus der Hemdtasche und entnimmt eine Zigarette.
«Überleg dir gut, was du jetzt antwortest, Gerhard», ertönt es streng von der Tür des Dienstwagens, an der Dörte bereits angelangt ist. «Ich durfte die letzten Tage den Haushalt schmeißen, einkaufen, die Koffer packen, die ganzen Reiseführer studieren, damit wir unseren Aufenthalt auch gescheit ausnutzen können. Gerd hing nur an seinem Moped und hat alles auseinander- und wieder zusammengeschraubt.» Dörtes Kopf läuft bei der Erinnerung daran rot an, während sich zwischen ihren Augenbrauen eine tiefe Furche bildet. Sie stemmt die Arme in die Hüfte und behält Gerd genau im Auge.
Otto bleibt mit offenem Mund stehen und steckt sich die Zigarette in den Mund.
«Du wirst jetzt ja wohl nicht im Auto rauchen?», entfährt es Dörte vorwurfsvoll.
«Äh, nein. Natürlich nicht», antwortet Otto irritiert und lässt das gezückte Feuerzeug sinken.
«Dann steck das Ding wieder ein. Wir müssen los. Unser Flieger geht bereits in vier Stunden. Außerdem ist Rauchen sowieso ungesund.» Ohne eine Antwort abzuwarten, öffnet Dörte die Tür, setzt sich auf die Rückbank und knallt die Tür hinter sich zu.
«Na, das kann ja was werden», entfährt es Otto. Er öffnet den Kofferraum und wuchtet schnaufend die Koffer hinein.
2
Mit einem gellenden Piepen schließen sich hinter Tim Dombrowski die Türen der silber-orangenen Hamburger U-Bahn. In Fahrtrichtung geht er direkt auf die lange Rolltreppe zu, deren Ende man selbst am Sockel kaum erkennen kann. Die U-Bahn nimmt währenddessen Fahrt auf und zieht einen kühlen Fahrtwind hinter sich her, der Dombrowskis braune Haare aufwehen lässt.
Er stellt sich auf die erste Stufe und blickt hinauf zum Ende der Treppe, das gemächlich auf ihn zukommt.
Er ist nicht in Eile, denn er ist pünktlich zu dem kurzfristig vereinbarten Termin mit der verkehrsunabhängigen Hochbahn losgefahren. Viel lieber würde er jetzt im Dienstwagen sitzen und seinen alten Kollegen Gerd Sehling zum Hamburger Flughafen bringen. Obwohl sie sich immer gut verstanden haben, sehen sie sich in letzter Zeit immer seltener. Gerd hält offenbar absichtlich Distanz zum alten Leben oder wird vielleicht von Dörte ferngehalten. Und die Arbeit hält ihn selbst auch stets in Atem. Kaum ein Arbeitstag an dem mal ein wenig Luft zum Verschnaufen bleibt. Der Tag müsste einfach mehr Stunden zur Verfügung haben oder die Woche ein paar mehr freie Tage.
Doch die Rauschgiftfahndung, bei der Dombrowski seit vielen Jahren arbeitet, kennt oft kein Wochenende oder einen Feierabend. Stattdessen orientiert man sich an seinen „Kunden“. Warten bis sie in den frühen Nachmittagsstunden aus ihrer Lethargie erwachen und dann eng dranbleiben, wenn sie ihrem illegalenHandel nachgehen.
Der Vormittag ist vollgestopft mit langatmigen Besprechungen, dem Anhören von aufgezeichneten Telefongesprächen und der ausführlichen Berichterstattung für die Staatsanwaltschaft, um Durchsuchungsbeschlüsse für Wohnungen oder Haftbefehle für die verfolgten Drogenhändler zu erlangen.
Und dann noch solch ein leidigerTermin wie er ihm jetzt bevorsteht. Langsam senkt sich sein Blick und Dombrowski schaut auf das Ende der Rolltreppe. Er macht einen großen Schritt und geht mit gemäßigtem Tempo in Richtung des Sievekingplatzes, von dem auch die Holstenglacisabgeht.
Direkt am prachtvollen Strafjustizgebäude befinden sich auch die in die Jahre gekommenen grauen, vergitterten Trakte der Untersuchungshaftanstalt. Hier tummeln sich in ihren Einzelzellen die Straftäter, die wegen Flucht- oder Verdunklungsgefahr im Gefängnis auf ihr Strafverfahren warten. Aber auch Kleinstkriminelle, die Ersatzfreiheitsstrafen verbüßen müssen, weil sie die erlassenen Geldstrafen nicht bezahlen können.
Dombrowski geht am Gebäude entlang, bis er zu einem grauen Metallzaun gelangt, durch dessen geöffnete Tür er hindurchgeht.
Nach mehreren Stufen bleibt er vor derschweren Metalltür mit einem schlichten weißen Klingelknopf daneben stehen. Dombrowskiklingelt undwartet dort wie vor einem verruchten Nachtclub. Das surrende Brummen erklingt, während sich die Stahltür ermüdend langsam nach innen öffnet. Dombrowski tritt in den Vorraum. Dort bleibt er vor einer Glastür stehen. Er atmet dabei den Geruch abgestandener Luft ein. Langsam schwingt die Metalltür wieder zu. Sie verschließt sich hinter ihm. Er zieht aus der Jackentasche seinen Dienstausweis, den er gegen die Scheibe der Glastür hält. Die Justizbeamten, die hinter der Tür in einem sicheren Glaskasten sitzen, nicken ihm freundlich zu. Sieöffnen die Tür per Knopfdruck, nachdem die schwere Eingangstür wieder komplett verschlossen ist. Dombrowski geht an dem Glaskasten vorbei durch eine weitere Tür, die ihm mit einem dumpfen Brummen geöffnet wird, um in den Glaskasten der Justizbeamten zu gelangen. Dort verschließt er sein Handy und die Dienstwaffe in einem kleinen Holzfach. Er legt im Anschluss den Dienstausweis vor, damit er in die Gästeliste eingetragen werden kann. «Ich bin hier für Faruk Simsek.»
Während der Justizbeamte in dem Computer mühevoll mittels Einfinger-Suchsystemden Nachnamen eingibt, blickt Dombrowski durch die grau gestrichenen Gänge des Traktes. Sie lassen den Besuch für die Verwandten und Bekannten der Insassen sicherlich noch trostloser und entmutigender erscheinen.
«Gut, Herr Dombrowski. Viel Spaß. Sie werden bereits sehnlichst erwartet», teilt der Justizbeamte mit und reicht Dombrowski den Dienstausweis zurück.
«Das habe ich befürchtet», erwidert Dombrowski «Bis nachher.»
Dombrowski geht über eine kurze Steintreppe in den Warteraum des Besucherzentrums. Die Gummisohlen seiner Turnschuhe quietschen auf dem frisch gewischten Boden. Mehrere Stuhlreihen sind im Wartebereich aufgebaut. Vereinzelt sitzen dort Frauen, zum Teil voll verschleiert, zum Teil aufgedonnert, als würden sie direkt im Anschluss feiern gehen und dabei der Männerwelt den Kopf verdrehen wollen.
In der hintersten Ecke sitzt die junge Frau, die unbedingt noch heute einen Besuchstermin haben wollte, weil sie dann ins Krankenhaus muss. Vorher wollte sie unbedingt noch einmal ihren Geliebten sehen. Sie konnte nicht sagen, wann sie wieder dazu in der Lage sein wird, ihn zu besuchen.
Mitgefühl machte sich bei ihrem Anruf im Herzen von Dombrowski breit und ließ ihn erweichen. Wer weiß, welch ein Leiden sie plagt, so kam er ihr entgegen und vereinbarte widerwillig für heute diesen Besuchstermin.
Sie trägt ein knappes Shirt mit Spaghettiträgern und eine weite, dunkle Jogginghose. Dazwischen drücken sich Bauch und Taille wulstig heraus. In den Ohrläppchen hängen bierdeckelgroße, goldene Ringe, die auf ihren schmalen Schultern aufliegen. Ihre ausgetretenen Turnschuhe hat sie nicht richtig zugebunden und so zieht sie die offenen Schnürsenkel mit jedem Schritt über den Boden, während sie auf Dombrowski zugeht.
«Moin, moin Frau Schulze, dann wollen wir mal. Sie kennen ja die Regeln. Keine Gespräche über das Verfahren. Keine Berührung, ansonsten muss ich leider direkt wieder abbrechen», erklärt Dombrowski freundlich, aber bestimmt gegenüber der unschuldig dreinschauenden jungen Frau.
Er versucht, sich seinen Groll nicht anmerken zu lassen, den er hegt, seitdem sie ihre Aussage gegen Cemal Sarikaya zurückgezogen hat. Dabei war diese ausschlaggebend, um ihn als Kopf der vor einigen Monaten festgenommenen Bande hinter Gitter bringen zu können. Inzwischen ist er gegen eine ansehnliche Kaution wieder auf freiem Fuß. Sein Anwalt hat dem gnädigen Haftrichter aufgezeigt, dass sich sein Mandant von der Betäubungsmittelszene abgewandt habe und ein gut laufendes Café in Harburg betreiben würde. Die als unglaubwürdig einzuschätzende Zeugin ließe zudem Zweifel am dringenden Tatverdacht aufkommen und bevor Dombrowski davon Wind bekam, war der Haftbefehl gegen Cemal auch bereits aufgehoben.
Charleen Schulze ist jedoch nicht wegen Cemal hierhergekommen, sondern wegen ihrer großen Liebe Faruk. Er sitzt auch weiterhin in Untersuchungshaft, nachdem er im letzten Herbst in einem Auto voller Marihuana und Kokain festgenommen wurde. Da half es ihm auch nicht, dass er inzwischen bei seiner Freundin amtlich gemeldet ist und sie ihm somit zu einem festen Wohnsitz verholfen hat.
Dombrowski und Charleen kommen an der Holztür zur Besucherzelle an. Sie wird ihnen durch einen dickbäuchigen Schließer mit langem Vollbart und Nickelbrille geöffnet.
Es ist ein kleiner, fensterloser Raum, dessen Wände weiß sind, jedoch lange nicht mehr gestrichen wurden. Je tiefer man an den Wänden herabschaut, desto mehr Verschmutzungen befinden sich an den matten Oberflächen.
Im Raum steht ein Tisch, der im Fußraum mit Holzplatten und auf der Tischfläche durch Plexiglasscheiben in der Mitte getrennt ist. Auf der gegenüberliegenden Seite sitzt Faruk Simsek. Seine langen, pomadigen Haare hängen ihm bis auf die Schultern. Der lange Bart ist grob gekämmt und an der Spitze verzwirbelt. Faruk sitzt breitbeinig in einem dunkelblauen Jogginganzug auf dem harten Holzstuhl und blickt geradezu durch Dombrowski hindurch zur Tür.
Dombrowski belehrt Faruk über die Regeln und lässt sich mit den letzten Worten auf einen Bürostuhl neben der Plexiglasscheibe am Kopf des Tisches fallen. Er verschränkt die Hände ineinander und blickt ein erstes Mal auf die Wanduhr, deren Sekundenzeiger quälend langsam vorwärts springt.
«Schaaatz, oh Schatz», ruft Charleen hysterisch zur Begrüßung und läuft an den Tisch heran, als würde sie durch die Scheibe hindurch springen wollen. «Schatz, ich vermisse dich so. Was machst du, wie geht es dir?», fragt sie sichtlich besorgt, wobei ihr erste Tränen in die dunkel geschminkten Augen treten. Sie rollen kurz darauf über die falschen Wimpern und fallen auf ihre mit Rouge verzierten Wangen.
«Baby, was soll ich sagen. Knast halt. Viel wichtiger: Hast du mir Geld hierein überwiesen? Morgen ist Einkauf. Dann erst wieder nächste Woche.» Faruk lehnt sich auf seinem Stuhl zurück. Er betrachtet seine Freundin mit gleichgültigem Gesichtsausdruck. Ein Kaugummi kaut er hektisch und lässt es immer wieder zwischen seinen Zähnen aufblitzen.
«Ja, Schatz. Ich habe gerade gestern Geld vom Amt bekommen. Eigentlich sollten hundert Euro auf deinem Konto eingegangen sein. Ich habe das nicht richtig verstanden, aber dein Anwalt ist voll korrekt. Der hat das für mich gemacht. Kriegst du sonst nichts zu essen hier?», antwortet Charleen mit besorgtem Gesichtsausdruck. Sie tupft sich mit einem Papiertaschentuch kurz die Tränen von den Wangen, so dass nur die dunklen Streifen von der verflossenen Wimperntusche zurückbleiben.
«Doch, Baby, aber was soll ich sagen, Baby. Das würdest du nicht einmal deinem Hund zu essen geben, was die einem hier geben. Das ist der letzte Dreck. Was ist mit Playstation, Baby. Hast du mir eine reingeschickt? Und hast du mir DVDs geschickt?», fragt Faruk mit Nachdruck und neigt sich dabei vor. Mit verschränkten Armen lehnt er sich auf den Tisch.
«Schatz, die muss man auch bezahlen können. Ich habe gerade erst Geld bekommen. Und Shakira und ich müssen auch den ganzen Monat noch davon leben. Die erste Kreditrate wird auch direkt nach der Operation nächste Woche fällig.» Dombrowski schaut irritiert zu Charleen. Hat sie gerade wirklich gesagt, dass sie für die Operation zahlen muss und hierfür einen Kredit aufgenommen hat? Ihm schwant, welche Art vonOperation geplant ist. Sein Ärger darüber, für diese Besuchsüberwachung Gerd abgesagt zu haben, steigt wieder in ihm auf und lässt das vorhandene Mitgefühl umgehend erlöschen.
«Die Kita hat mir auch gekündigt. Nur, weil ich ab und zu krank war und deswegen nicht zur Arbeit kommen konnte. Voll scheiße, Schatz», presst Charleen heraus, wirft Sorgesfalten auf ihre Stirn, lässt den Kopf leicht hängen und beginnt ihre aufgeklebten langen Fingernägel zu betrachten.
Faruk erhebt seinen Kopf und zieht die Augenbrauen so sehr zusammen, dass sich zwischen ihnen zwei Zornesfalten bilden. «Das interessiert mich nicht. Dann geh zu Hakan oder Musti. Die schulden mir noch Geld. Sollen sie dir geben. Weißt du, wie scheiße langweilig das hier drinnen ist? Dreiundzwanzig Stunden Einschluss am Tag. Nur Fernsehen und Schlafen. Eine Stunde darf ich mal raus und wie ein Affe im Kreis laufen. Digger. Auf meiner Station sind nur Junkies und Asoziale. Die schnorren mich immer nur an. Wollen Tabak oder so, Digger», schimpft Faruk mit gedämpfter Stimme. Dabei fuchtelt er zunächst gestikulierend mit den Händen durch die Luft und streicht anschließend die ins Gesicht fallenden Haarsträhnen zurück.
«Oh, Schatz. Ich kümmer mich, Schatz. Ich werde mir bei meiner Mutter Geld leihen», erzählt Charleen mit mitfühlendem Blick. «Aber vielleicht kommst du ja auch bald raus. Cemal ist ja auch draußen und treibt sich schon wieder mit komischen Gestalten herum», ergänzt sie unbekümmert. Dieser Name holt Dombrowski sogleich aus der Lethargie. Jetzt könnte es ja doch noch interessant werden.
«Baby, das ist was anderes. Rede nicht darüber», unterbricht Faruk seine Freundin mit stechendem Blick. «Ich komme hier nicht so schnell raus. Aber mein Anwalt macht das schon. Vielleicht vier, fünf Jahre, Baby.» Sofort beginnt Charleen kräftig aufzuschluchzen, während ihr noch größere Tränen in die Augen steigen. «Beruhig dich, Baby. Die nächsten Monate Untersuchungshaft sind hart, aber dann, nach dem Urteil, zwei, drei Monate, dann bin ich wieder draußen. Mein Anwalt regelt das, weißt du. Offener Vollzug, Baby. Dann muss ich nur noch im Knast schlafen und bin bei dir. Am Wochenende bin ich ganz zu Hause mit Hafturlaub. Dann können wir heiraten und eine Familie gründen», sagt Faruk schmalzig. Er ergreift das Revers seiner blauen Joggingjacke und rückt es kurz zurecht.
«Ich will ein kleines Baby von Dir, Schatz. Okay?», antwortet Charleen unter leichtem Schluchzen mit säuselnder Stimme. Dombrowski verdreht die Augen und lässt die Aufmerksamkeit wieder zunehmend sinken. Er kann das Gerede zwischen den beiden einfach nicht ertragen. Mit flehendem Blick schaut er auf den Sekundenzeiger der Wanduhr, den er nahezu anbettelt, doch endlich schneller zu laufen.
3
Am dunstigen Himmel lässt die aufsteigende Sonne mit ihren wärmenden Strahlen letzte dünne Wolken verschwinden und taucht den Himmel in ein tiefes Blau. Wabernde Nebelschwaden lösen sich langsam auf dem Gelände des Ohlsdorfer Friedhofs auf. Ein Parkfriedhof, der zu den größten Europas zählt. Sogar eine eigene Buslinie verkehrt auf dem Gelände. Breite Straßen durchziehen das Areal, das von vielen Hamburgern genutzt wird, um dem alltäglichen Stau des Berufsverkehrs auf den Hauptverkehrsadern auszuweichen. In einer langen Schlange stehen viele Fahrzeuge mit laufenden Motoren vor dem Ausgangstor des Friedhofs am westlichen Ende. Ihre Fahrer hoffen, dass sie möglichst eine der nächsten Ampelphasen nutzen können, um auf die Fuhlsbüttler Straße zu gelangen und so zum Arbeitsplatz zu kommen.
Durch das westliche Eingangstor fährt ein dunkler Mittelklassekombi. Am Steuer sitzt ein Mann mit grauem, schütterem Haar, der sich strecken muss, um über das Lenkrad zu schauen. Er umfasst es mit beiden Händen und lässt den Blick über die Wege entlang der Straße gleiten. Er schüttelt den Kopf über die Pietätlosigkeit der Autofahrer, einen Friedhof als Abkürzung zu missbrauchen. Auch schaut er den Fahrern entgegen, die in der Warteschlange stehen. Er taxiert ihre Aufmerksamkeit ihm gegenüber, doch die meisten sind mit ihrem Rückspiegel zum Schminken oder Rasieren beschäftigt, singen zu den alltäglich gleichen Liedern im Radio oder blicken suchend und lesend auf ihre Smartphones. Das Warten am Ausgang entschleunigt ihre Fahrt zur Arbeit für einen Moment. Zumindest bis sie aus dem Parkgelände hinausfahren.
Der Fahrer des dunklen Kombis braucht nicht zu warten. Er fährt den Berufspendlern entgegen und rauscht die Allee hinauf zur Kapelle Nummer 9, wo er in eine Sackgasse abbiegt und langsam in einer Haltebucht rückwärts einparkt. Er bleibt zunächst sitzen und beobachtet die Umgebung.
Einzelne Eichhörnchen jagen über die Rasenflächen und an den Baumstämmen der schattenspendenden Kastanien entlang. Vereinzelt lassen Lücken zwischen den großen Rhododendronbüschen einen Blick auf die Grabsteine der unmittelbaren Umgebung zu.
Ganz allein steht der Wagen auf der Parkfläche. Die weiteren Buchten sind noch nicht besetzt. Am frühen Morgen sind offenbar noch keine Bestattungen in der Kapelle und auch Verwandte und Angehörige treffen erst langsam auf dem weitläufigen Gelände ein, um die Gräber ihrer Angehörigen zu pflegen.
Harry Goldutt, der Chef des Hamburger Rauschgiftdezernats, stößt die Autotür auf, nachdem er den Schlüssel aus der Zündung gezogen hat. Ein anonymer Anruf am frühen Morgen hat ihn hierhergelockt. Der Anrufer habe ihm etwas Wichtiges mitzuteilen, sagte er mit einer flüsternden Stimme bei unterdrückter Rufnummer. Er sprach in gebrochenem Deutsch, die Sätze schienen nicht einstudiert. Sie wirkten glaubwürdig auf Harry. Nachfragen konnte er keine mehr stellen, so schnell hatte der Anrufer wieder aufgelegt. Es könnte auch ein Wichtigtuer oder Spinner gewesen sein, aber das Bauchgefühl rät ihm, dieses konspirative Treffen wahrzunehmen.
Harry steigt aus, stellt sich neben sein Fahrzeug und schließt die Tür. Er schaut sich aufmerksam um. Sein Blick fällt auf den vereinbarten Treffpunkt. Ein dunkler Stein ragt aus dem sattgrünen Rasen vor ihm. Eingraviert steht auf dem anthrazitfarbenen Marmor in goldener Schrift “Gott kennt kein Warum”.
Der Satz umgreift Harrys Herz und zieht ihn förmlich an.
Harry geht mit langsamen Schritten auf den Grabstein zu. Seine Absätze lassen die Schritte auf dem Asphalt erschallen. Unterschiedliche Vögel singen von den Bäumen herab ihr Lied, während ein leichter Wind die Blätter der Büsche rascheln lässt.
«Sind Sie alleine?», fragt eine tiefe Stimme aus einer dichten Hecke hervor.
«So, wie verabredet. Was kann ich für Sie tun?», erwidert Harry Goldutt mit seriösem, aber freundlichem Grundton, ohne in Richtung des Fragenden zu blicken.
Er hört, wie der Mann mit langsamen Schritten an ihn herantritt.
«Es kommt Laster nach Hamburg. Er hat viel Drogen geladen. Kokain. Viel Kokain. Aus Spanien. Sie müssen aufhalten», beginnt der Mann zu erzählen.
«Es kommen viele Laster nach Hamburg. Ein bisschen genauer bräuchte ich es schon», erwidert Harry Goldutt und blickt zu dem Mann, der sich seitlich neben ihn gestellt hat.
«Es ist deutscher Laster. Er hat Pinneberger Kennzeichen. Großer Laster. Er bringt Paletten mit Katzenstreu. Ist aber nicht nur Katzenstreu drin.» Er reicht Harry einen Zettel und nickt ihm einmal kräftig zu.
«Das ist Kennzeichen. Ich weiß nicht, wo er hinfährt. Jedes Mal eine andere Halle, aber immer bei Hamburg.» Sein rundliches Gesicht sieht dabei traurig aus, als würde er jetzt schon bereuen, was er gerade macht.
«Warum helfen Sie uns?», fragt Harry einfühlsam und nimmt dabei den Zettel entgegen, den er ungesehen in seine Jackentasche steckt. «Angst? Schulden? Rache?» Harry lässt zwischen jedem Wort eine bedeutsame Pause, betrachtet dabei das Gesicht des südländischen Informanten. Doch es bleibt traurig und verschlossen. «Alles. Leider alles», antwortet der dunkelhaarige Mann und beginnt sich rückwärts von Harry zu entfernen.
«Warten Sie. Für wen ist der Laster bestimmt? Wie kann ich Sie erreichen, wenn ich Fragen habe?», ruft Harry ihm nach, ohne ihm dabei zu folgen.
Der Südländer blickt sich noch einmal um. «Guckst Du auf Zettel in deiner Jacke.» Er deutet auf Harry Goldutt, der umgehend an sich hinabschaut. Langsam zieht er den übergebenen Zettel wieder aus der Jackentasche.
Er faltet ihn auf und sieht dort ein Pinneberger Kennzeichen. Harry blickt auf, sein Mund steht ihm offen, weil er umgehend noch einmal nach dem Mann rufen will. Doch der ist spurlos im Dickicht der Büsche und Hecken verschwunden. Harry blickt wieder auf den Zettel und wendet ihn. Auf der Rückseite des cremefarbenen Notizzettels steht in geschwungener Schrift Cemal Sarikaya.
4
In einer Eppendorfer Altbauwohnung ist große Aufregung. Emilia und ihr Vater sind dabei, die Koffer zu packen. Zwei große schwarze Hartschalenkoffer und ein etwas kleinerer Koffer mit einer großen goldenen Krone auf beiden Seiten liegen auf dem Bett im Schlafzimmer der Eltern. Am Fußende des Bettes sind die verschiedenen Kleidungsstücke aufgestapelt, die mitgenommen werden sollen und darauf warten, in den Koffern verstaut zu werden.
Auf dem Fußboden vor dem Bett türmt Emilia nach und nach ihre gesamten Kuscheltiere und Puppen auf, die sie allesamt mit auf Reisen nehmen möchte. Emilia liebt es zu verreisen, aber sie liebt mindestens ebenso sehr ihre Kuscheltiere.
«Emilia, Prinzessin. Alle kannst du aber wirklich nicht mitnehmen», ruft ihr Vater, als er mit den Kulturtaschen unter dem Arm aus dem Badezimmer ins Schlafzimmer kommt.
«Aber Papa, ich kann doch keinen zu Hause lassen», antwortet Emilia im liebsten bettelnden Tonfall und kommt mit einer Giraffe und einem pinken Schwein ins Schlafzimmer gelaufen, die sie ebenfalls auf den Haufen fallen lässt. Sie stellt sich mit empört verschränkten Armen vor ihrem Vater hin und schaut ihn mit großen, braunen Augen schmollend von unten herauf an.
«Versteh doch bitte, die kriegen wir nicht alle mit und die müssen hier aufpassen, dass niemand einfach so hereinkommt. Irgendjemand muss ja auf unsere schöne Wohnung achtgeben, wenn wir im Urlaub sind», versucht ihr Vater beschwichtigend zu erklären und bindet dabei seine langen Haare am Hinterkopf zu einem strengen Zopf zusammen, wodurch die kahlrasierten Seiten zum Vorschein kommen.
«Kommen wieder die Leute in unsere Wohnung?», fragt Emilia mit ängstlichem Blick. Dem kleinen Mädchen ist noch gut in Erinnerung geblieben, wie ihre Wohnung aussah, als sie vor ein paar Monaten mit ihrer Mutter nach Hause kam und die gesamte Wohnung auf den Kopf gestellt war. Das war das erste Mal, als ihr Vater spontan für ein paar Wochen auf Geschäftsreise musste und dann passierte gleich so etwas. Seitdem schläft Emilia immer zwischen ihren Eltern. In ihr Prinzessinnenbett wollte sie seitdem nicht mehr.
«Nein, mein Schatz. Die kommen nie wieder. Das verspreche ich dir. Aber sicherheitshalber bleibt deine Rasselbande hier und passt auf. Einen darfst du dir aber aussuchen, den du mitnehmen kannst. Einverstanden?», verspricht ihr Vater mit sanftem Ton und lächelt seine Tochter liebevoll an, während er sich hinkniet und ihr in die Augen schaut.
«Zwei, sonst fühlen sie sich alleine, wenn wir unterwegs sind», stellt Emilia ihre Bedingung mit forderndem Blick und hervorstehender Schmolllippe.
«Okay, zwei. Dein Verhandlungsgeschick hast du auf jeden Fall von der Mama», antwortet er und richtet sich wieder auf.
«Steven, packst du bitte auch mein Laptop ein? Ich muss im Hotel vielleicht noch ein wenig arbeiten. Im Büro geht es gerade drunter und drüber», fragt eine schlanke, attraktive Frau, die sich an den Türrahmen lehnt und sich ihre helle Bluse dabei zuknöpft.
«Klar, mache ich. Liegt hier schon bereit», antwortet Steven. «Lassen wir die Mama schön arbeiten, während wir am Strand ein großes Schloss bauen, oder?» Steven streckt die Hand zu seiner Tochter aus und zwinkert ihr verschwörerisch zu.
«Jawohl. So machen wir es», ruft Emilia freudig und schlägt in die Hand des Vaters ein.
Nachdem Steven die zusammengesuchten Sachen schnell in den Koffern verstaut hat und auch Herr Bär und Prinzessin Smilla ihren Platz gefunden haben, trägt er das Gepäck zu dem vor dem Haus parkenden schwarzen Mustang und legt es in den Kofferraum.
Auch seine Freundin und Emilia kommen nun die Treppen herunter und setzen sich in das Fahrzeug. Mit einem lauten Motorenbrummen startet Steven den Sportwagen und fährt auf die Straße, nachdem er sich versichert hat, dass Emilia auch ordentlich angeschnallt ist.
Nach wenigen Momenten halten sie noch einmal kurz in der Troplowitzstraße vor dem Polizeikommissariat an. Steven schaut zu dem weiß-blauen Gebäude und dreht sich zu seiner Tochter um. «Weißt du was, Emilia. Ich laufe jetzt schnell bei der Polizei rein und sage denen Bescheid, dass sie die nächsten fünf Tage gut auf unsere Wohnung achtgeben sollen. Was hältst du davon?»
«Super Idee, Papa. Ich komme mit», antwortet Emilia begeistert.
«Bleib mal lieber hier, Emilia. Papa ist schnell wieder da und wir wollen doch jetzt zum Flughafen fahren, oder?», interveniert Emilias Mutter streng und emotionslos.
«Na gut», antwortet Emilia traurig und lehnt sich schmollend zurück.
«Ach Quatsch. Komm doch mit», antwortet Steven und erntet umgehend einen skeptisch-wütenden Blick seiner Freundin, den er mit einem beschwichtigenden Augenzwinkern auflöst. «Alles gut. Vertrau mir. Cool bleiben.»
Steven steigt aus dem Wagen und nimmt Emilia an der Hand. Mit ihr zusammen geht er in Richtung des prächtigen Polizeikommissariats.
«Toll. Wir gehen auf eine richtige Polizeiwache», freut sich das vierjährige Mädchen, dessen Haare in geflochtenen Zöpfen am Hinterkopf zu einem kleinen Pferdeschwanz zusammengeführt sind. Mit strahlenden Augen geht sie in das Polizeigebäude hinein.
Unmittelbar vor dem Wachtresen bleiben sie stehen und Steven nimmt Emilia auf den Arm, damit sie besser den uniformierten Beamten bei der Arbeit zuschauen kann.
Ein Beamter kommt auf sie zu und beginnt zu lächeln bei den strahlenden Augen von Emilia, die seine dunkle Uniform von oben bis unten bewundert.
«Hallo Herr Winter, einmal zur Unterschrift? Ihr Arbeitgeber hat uns bereits bestätigt, dass Sie am Montag nicht erscheinen können, wegen eines auswärtigen Termins», begrüßt der Beamte Steven, legt ihm ein Dokument auf einem Klemmbrett vor und zwinkert dabei dem kleinen Mädchen zu.
«Ja, das ist richtig. Passen Sie bitte gut auf unsere Wohnung auf in meiner Abwesenheit. Emilia hat ein wenig Sorge, dass dort eingebrochen wird», bittet Steven freundlich und lächelt dem Polizeibeamten zu.
«Das machen wir. Wir halten die Augen offen, dass niemand in eurer Wohnung Unfug treibt. Ansonsten sperren wir ihn ein. Stimmt doch, Herr Winter?», antwortet der Beamte und blickt Steven dabei verschmitzt und eindringlich zugleich an.
«Da treibt niemand mehr Unfug. Aber halten Sie bitte die Augen offen. Tschüss. Bis nächste Woche», erwidert Steven und geht mit seiner Tochter aus der Wache, die er beim Verlassen wieder auf dem Boden absetzt und an die Hand nimmt.
«Papa, der kannte dich ja sogar. Dann wird der bestimmt gut aufpassen», sagt Emilia und schaut glücklich zu ihrer Mutter im schwarzen Fahrzeug, die erleichtert aufschaut, als ihre Tochter ihr fröhlich zuwinkt und munter hüpfend an der Hand von Steven auf sie zugelaufen kommt.
5
Über die Stadtautobahn am Helmut-Schmidt-Airport in Hamburg fährt ein grauer Kombi mit gemütlicher Geschwindigkeit die Rampe zu den Terminals hinauf. Hinter dem Fahrzeug klettert die Sonne über die Dächer von Hamburg empor und hüllt die Glasdächer der Abflughallen in einen goldenen Schimmer.
Während Otto mit konzentriertem Blick das Lenkrad mit beiden Händen umgreift, erzählt Gerd von alten Geschichten, die er in seinen Zeiten im Polizeidienst erlebt hat. Egal, ob mit der Bereitschaftspolizei oder in verdeckten Ermittlungen, Gerd galoppiert durch die Vergangenheit und lacht immer wieder laut auf vor Seligkeit. Seine Worte überschlagen sich leicht beim Erzählen, während sich Otto an den bereits mehrfach gehörten Geschichten erfreut und Dörte auf der Rückbank vor sich hingrollt.
Im eingeschränkten Halteverbot des Terminals bringt Otto das Fahrzeug langsam zum Stehen. Noch bevor der Wagen endgültig anhält, drückt Dörte ihre Tür auf und verlässt die Rückbank fluchtartig.
Gerd schaut auf die Uhr im Armaturenbrett und lässt die Mundwinkel sinken beim Gedanken daran, dass er fast vier Stunden am Terminal verbringen muss, bis der Flieger startet. Noch bevor Otto den Zündschlüssel ziehen kann, ertönt das Klingeln der aktivierten Freisprecheinrichtung. Auf dem Display erscheint in Großbuchstaben “CHEF 2”. Das laute Klingeln schallt aus der offenen Tür im Fahrzeugfond heraus und lässt Dörte vor Schreck zusammenzucken.
«Ist das deine Frau oder Harry?», fragt Gerd neugierig, als er auf das Display schaut.
«Das is’ Harry. Meine Frau ist CHEF 1», antwortet Otto grinsend.
«Dörte, mach mal die Tür zu. Wir müssen telefonieren», ruft Gerd salopp durch die Tür zu ihr hinaus.
«Unser Flieger geht gleich, Gerhard», erwidert Dörte, während ihre Gesichtshaut bereits wieder einen rötlichen Schimmer annimmt und sie nervös und zornig auf ihre schmale Armbanduhr blickt.
«Die zwei Minuten wird der Flieger noch auf uns warten können», antwortet Gerd mit spitzbübischem Gesichtsausdruck, aber auch bestimmendem Unterton in der Stimme.
Wortlos fliegt die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss, kurz bevor Dörte mit stechenden Schritten zu den Gepäckwagen marschiert, vor denen sie stehen bleibt, und beginnt in ihrer Handtasche nach einem Geldstück zu kramen, um einen Gepäckwagen auszulösen.
«Das kann dauern. Willst du nicht langsam mal abnehmen? Nicht, dass er noch auflegt», beginnt Gerd hektisch zu drängen. Ohne eine Antwort abzuwarten, drückt Gerd auf den grünen Hörer auf dem Display und lehnt sich wieder in seinem Sitz zurück.
«Moin Otto. Harry hier. Hast du den alten Mann am Flughafen abgegeben?», begrüßt die vertraute Stimme durch die versteckten Lautsprecher des Radios.
«Der alte Mann hört zu, du Sack», erwidert Gerd, bevor Otto auch nur Luft zum Antworten holen kann.
«Gerd, mein Lieber. Drängt es dich etwa gar nicht?»
«Hör bloß auf. Ich weiß gar nicht was ich da soll. Aber da muss ich jetzt durch. Oder brauchst du mal wieder die Hilfe eines Pensionärs? Alleine kriegt ihr es ansonsten ja nicht gebacken», antwortet Gerd grinsend, während er sich langsam nach vorne lehnt und mit offenem Mund und breitem Lächeln auf eine Antwort wartet.
«Passenderweise habe ich heute einen Hinweis erhalten. Cemal Sarikaya erwartet einen Laster mit Kokain aus Spanien, versteckt in Katzenstreupackungen. Otto, ich schicke dir gleich das Kennzeichen. Kümmer dich bitte darum, sobald du wieder im Büro bist. Den lassen wir uns nicht durch die Lappen gehen», berichtet Harry Goldutt.
«Und wo ist der Laster jetzt?», fragt Otto, der Gerd mit seiner Frage zuvorkommt, dem offenbar dieselben Worte auf den Lippen brennen. Neugierig lehnt sich Gerd dem Radio noch mehr entgegen, als würde Harry Goldutt hinter dem Display sitzen, während sich Otto einmal nervös über die Lippen leckt und sich im Anschluss mit der Hand über den Mund wischt.
«Irgendwas musst du ja auch noch machen. Also, schönen Urlaub Gerd! Otto muss jetzt an die Arbeit», erwidert Harry und beendet im Anschluss das Gespräch ohne eine weitere Verabschiedung. Auf dem Display erscheint wieder ein Hamburger Radiosender und aus den Lautsprechern tönt die hektische Stimme eines Zuhörers, der gerade versucht, schnelle Antworten auf Fragen des Moderators zu geben.
Gerd hört nicht auf das, was dort gesprochen wird, blickt auf und schaut zu Otto, der seinen Blick erwidert. «Ist jetzt nicht sein Ernst, oder?»
«Ich denke schon. Ich wünsch dir eine gute Reise. Dörte ist auch erfolgreich, wie ich sehe», sagt Otto und nickt über die Schulter von Gerd hinweg, wo Dörte mit strengem Blick durch die Beifahrerscheibe in das Fahrzeuginnere blickt. «Gute Reise, Gerd. Lass was von dir hören.»
«Haltet mich auf dem Laufenden. Und wehe ich höre nicht als Erster davon, wenn ihr den Laster kriegt», antwortet Gerd und fixiert Ottos Augen, bis dieser gnädig zu nicken beginnt.
Gerd wendet sich zögernd von Otto ab und schreckt zurück vor Dörtes Gesicht, das unmittelbar vor seiner Scheibe steht und ihn stechend anblickt.
Erst als Gerd den Türöffner betätigt, weicht sie zurück, und ihre Gesichtszüge entspannen sich zügig zu einer frohlockenden Vorfreude.
Gerd steigt mit leidvollem Stöhnen aus dem tiefen Sitz aus und geht zum Kofferraum, aus dem er die Koffer auf den bereitstehenden Gepäckwagen hebt.
Kaum schließt er die Heckklappe, startet Otto bereits den Motor und fährt mit zweifachem Hupen davon.
Traurig blickt Gerd dem eleganten Dienstwagen nach. Nur zu gerne wäre er sitzengeblieben und hätte die Jagd nach dem ominösen Laster begonnen.
«Kommst du, Gerhard?», schrillt Dörtes Stimme aus der großen Drehtür, in die sie in diesem Moment bereits den Gepäckwagen hineinschiebt und hinter einer mit Werbebanner beschlagenen Glastür verschwindet.
6
Die tosende Brandung schlägt lang auslaufend auf die Bucht von Canet-en-Roussillon. Von Süden her weht ein scharfer Wind, der den Geruch von Salzwasser und die Rufe der Seevögel an den Strand heranträgt. Dort liegen Touristen und Einheimische im hellen Sand und genießen den erfrischenden Wind, der die ansteigenden Temperaturen an der französischen Mittelmeerküste erträglich macht. Sie beobachten vereinzelte Surfer dabei, wie sie versuchen sich auf ihren Brettern zu halten und die wilden Wellenberge zu bezwingen.
In einem kleinen unscheinbaren Bistro am Ende der Strandpromenade, etwas abseits der Touristenpfade, sitzt Capitaine Lebrédonchel in einem geflochtenen Gartenstuhl. Er schaut auf die glänzende See und die sichelförmig an den Strand gebaute Uferpromenade. Gelegentlich wirft er einen Blick in die Karte des Bistros, in der die Meeresfrüchte als besondere Spezialitäten angepriesen werden.
Lebrédonchel trägt seine langen lockigen Haare mittig gescheitelt und lässt sie locker über die Ohren fallen. Nur, wenn der Wind die Haare zu sehr ergreift, streift er sie seitlich hinter die Ohren, so dass sie ein wenig Halt haben. Die sonnengebräunte Haut sowie die Lachfalten um die Augen herum verleihen ihm eine gesunde und ruhige Ausstrahlung. Unter dem Mund trägt er einen dünnen, leicht struppigen Bart, der kurz vor der Kinnspitze abschließt und wie ein Ausrufezeichen aussieht.
Das lockere weiße Hemd, das er über seiner blauen Leinenhose leicht geöffnet trägt, flattert im Wind und lässt die dunklen Brusthaare aus dem Revers hervorscheinen.
«Bonjour, Capitaine. Was darf ich Ihnen heute servieren?», fragt ein adrett gekleideter Kellner, der von rechts an den Tisch herantritt.
«Bonjour Francois. Bring mir bitte eine Bouillabaisse und einen Sauvignon Blanc», antwortet Lebrédonchel mit einem freundlichen Lächeln. Er reicht die Speisekarte an den Kellner, der sie sich unter den Arm klemmt, nachdem er dem Capitaine bestätigend zugenickt hat.
«Warum habe ich mir dieses Leben so lange Zeit aufgespart?», fragt sich Lebrédonchel in Gedanken. Er wendet den Blick wieder zum Meer, während er sich im Stuhl zurücklehnt.
Nach vielen zermürbenden Jahren bei der Police nationale in Paris ließ er sich vor wenigen Wochen zur Gendamerie nach Perpignon versetzen, um es ein wenig ruhiger anzugehen. Zurück in seinen Geburtsort im Südwesten Frankreichs unmittelbar vor der spanischen Grenze, den er damals eigentlich nie verlassen wollte. Doch dann ergriff ihn die Sucht nach Verbrechensbekämpfung und führte ihn in die französische Hauptstadt. In seiner Heimat läuft die Arbeit viel gemächlicher als in der pulsierenden Metropole. Niemand wird ihn hier in der wohlverdienten Mittagspause stören.
7
Mit einem lauten Rucken wird Dombrowski aus der Lethargie seiner ungeordneten Gedankenwelt gerissen.
«Die Zeit ist um», brüllt der Schließer in den kleinen Raum hinein. Er bleibt ohne erkennbare Gefühlsregung in der Tür stehen.
«Ist die Zeit etwa schon um? Das kann doch gar nicht sein», kreischt Charleen auf, während ihr umgehend Tränen in die Augen schießen, wie schon so oft in dieser für Dombrowski so ewig langen Stunde.
Dombrowski springt auf, während er dankend zur Uhr blickt, wo beide Zeiger direkt übereinanderstehen und sich der Sekundenzeiger zunehmend von ihnen entfernt.
«Ja, dann wollen wir mal, Frau Schulze. Tschüss, Herr Simsek. Bis die Tage.» Nachdrücklich blickt Dombrowski Charleen an, die ihre Blicke nicht von Faruk lösen kann. Widerwillig erhebt sie sich langsam von ihrem Stuhl, während ihr Tränen an den Wangen herablaufen.
«Bis bald, Baby. Ich liebe dich.»
«Denk an die Playstation, Baby. Ist wichtig», antwortet Faruk und schaut Charleen dabei bettelnd in die Augen. Doch schon schiebt sich Dombrowski dazwischen und streckt seinen Arm zur Tür hinaus. «Darf ich bitten? Ich hab’ heut’ auch noch etwas anderes zu tun», drängt er Charleen Schulze aus dem Raum, die noch versucht, einen letzten Blick auf ihren Geliebten zu erhaschen. Es gelingt ihr jedoch nicht, weil direkt hinter Dombrowski die Tür durch den Schließer geschlossen und mit einem Metallschieber verriegelt wird.
«Wenn Sie mal wieder Zeit haben und einen Termin brauchen, dann können Sie sich ja gerne bei uns melden. Bis dahin alles Gute für ihre Operation. Tschüss.» Ohne auf eine Reaktion zu warten schiebt Dombrowski die Metalltür zum Vorraum auf. Er geht schleunigst zum Wachraum im Eingangsbereich, wo er aus dem Schließfach sein Handy und die Dienstwaffe entnimmt. Er hebt die Hand, um sich von den Schließern zu verabschieden und nickt ihnen einmal freundlich zu.
«Bis nächstes Mal», rufen sie ihm noch mit süffisantem Grinsen hinterher, worauf Dombrowski mit leichtem Lachen in der Stimme ein «Ich hoff’ nicht so schnell wieder» antwortet.
Das durchdringende Surren der Tür verkündet Dombrowski, dass sich die schwere Metalltür zur Freiheit nun für ihn wieder öffnet. Er kann dieser leidigen Pflichtaufgabe endlich den Rücken zukehren.
Nach den ersten Schritten atmet er tief ein und genießt die frische Stadtluft, die seine Lungen mit Sauerstoff füllt. Kein billiges Parfüm, kein Geruch von Haarspray und vor allem nicht mehr diese leidigen Gesprächsinhalte, die sich immer nach fünf Minuten bereits wiederholen.
«Was finden diese Frauen bloß an solchen Kerlen?», fragt Dombrowski sich, während er den Fußgängerweg in Richtung der U-Bahnhaltestelle entlang schlendert. Er blickt in den mit kleinen weißen Wolken gesäumten blauen Himmel und kneift seine kleinen Augen zusammen. «Und was finden eigentlich solche Kerle an diesen Tussen?» Er schüttelt den Kopf und versucht die Erinnerung an die letzte Stunde gleich wieder zu verwerfen.
Anschließend aktiviert er sein Telefon und blickt auf das Display. Überrascht stellt er fest, dass sowohl Otto, als auch Harry bereits mehrfach versucht haben bei ihm anzurufen.
«Was da schon wieder los ist?», fragt er sich und wählt die Nummer von Harry Goldutt. Nach mehreren Klingelzeichen nimmt sein Chef das Telefonat an.
«Dumbo, ich kann gerade nicht, ich bin in einer Besprechung. Ruf Otto an, der weiß bereits Bescheid.» Bevor Dombrowski überhaupt ein Wort erwidern kann, piept sein Telefon einmal auf und das Telefonat ist bereits wieder unterbrochen. Er wählt die Büronummer von Otto, der sich wie gewohnt mit kehliger Stimme meldet: «Hallo Dumbo. Hast’ schon gehört?»
«Nee.»
«Wann bist du hier?»
«Bin gleich in der Bahn. 20 Minuten.»
«Beeil dich. Ich hab’ Fred am anderen Rohr. Bis gleich.»
Schon wieder beendet, ohne dass Dombrowski irgendetwas Erleuchtendes erfahren hat. Er schaut völlig irritiert auf sein Mobiltelefon und stolpert dabei über den Absatz der Rolltreppe, dem er keinerlei Beachtung geschenkt hatte. Dombrowski beginnt zu grübeln, aus welchem Anlass Otto wohl so dringend mit Fred, dem Leiter ihrer Observationsgruppe, sprechen wollte. Mit lautem Pfeifen und Quietschen fährt währenddessen die Bahn in den Bahnhof Messehallen ein, wo Dombrowski inzwischen angekommen ist. Er steckt sein Telefon in die Jackentasche, geht zu den Türen des hinteren Bahnwaggons und öffnet sie per Knopfdruck. Mit mehrfachem Piepen schließt sie sich hinter ihm. Er bleibt im Gang stehen und versucht sich in Geduld zu üben, während die Bahn langsam mit einem surrenden Brummen wieder anfährt.
8
Vor den Toren Barcelonas liegt der kleine und beschauliche Küstenort Castelldefels, der in Strandnähe und an seinen pittoresken Klippen mit repräsentativen Villen zeigt, dass hier die Schönen und Reichen von Barcelona am Wochenende ihre Ruhe suchen. Weiter im Landesinneren liegt das alte Stadtzentrum der kleinen Stadt. Es bietet eine Heimat für diejenigen, die sich keinen Wohnraum im Zentrum der lebendigen Mittelmeermetropole Barcelona leisten können. Steigende Mieten und die Umwandlung von Wohnraum zu Ferienwohnungen für die geldeinbringenden Touristen treiben die arbeitende Bevölkerung vor die Tore der Stadt. Direkt am Stadtzentrum liegt ein großes Industriegebiet mit Einkaufsmöglichkeiten, Fabriken, Lagerhallen und Speditionen. Es befindet sich direkt an der Autobahn, über die man in Richtung Süden nach Valencia und Malaga gelangt und nach Norden direkt auf die französische Grenze zusteuert.
Der Lärm vom durchfahrenden Verkehr dröhnt über das Gelände der Spedition Portador in dessen Lagerhallen sich durch Zubringertransporte die mit verschiedensten Gütern beladenen Paletten sammeln. Sie sollen mittels Zugmaschinen in Richtung Zentral- und Osteuropa transportiert werden.
Vor den Hallen parken Lastkraftwagen aus Skandinavien, den Niederlanden und Deutschland. Vereinzelt auch aus dem Baltikum und Polen.
Rückwärts eingeparkt stehen sie an den Hallen, wo emsige Arbeiter die Paletten mit Waschmaschinen, Fernsehern, spanischer Keramik oder anderweitigen Produkten mit surrenden elektronischen Hubwagen klappernd auf die Laster transportieren. Auf den Rampen stehen laut dirigierende Vorarbeiter, die auf ihren Klemmbrettern stets nachschauen, welche Paletten auf die jeweiligen Anhänger zu laden sind.
Bevor die Waren verladen werden, bestückt der Vorarbeiter sie mit Barcodeetiketten und scannt diese ein, um den Transport später verfolgen zu können.
Die Paletten werden an ihrem Ziel in den jeweiligen Ländern dann bei Partnerspeditionen abgeladen und erneut verladen, falls sie ihren Bestimmungsort noch nicht erreicht haben sollten.
Die bereits wärmende Frühjahrssonne brennt auf die Arbeiter nieder, lässt sie trotz der elektrischen Helfer ins Schwitzen kommen, während sie im Akkordtempo die verschiedenen Paletten in die aufgeheizten Laderäume der Aufleger fahren.
Gerade beladen sie an Luke Nummer vier eine blaue Zugmaschine mit weißem Anhänger. Auf dessen Wänden beidseitig mit orange-roter Farbe die Silhouette eines Eichhörnchens abgebildet ist.
Über die Zufahrt zum Grundstück der Spedition fahren immer wieder kleine und große Transporter, kleine Laster oder große Zugmaschinen, die zu transportierende Waren anliefern oder sich mit ihnen auf die weite Reise gen Europamachen.
Direkt gegenüber von der Spedition Portador, getrennt durch eine breite Straße, stehen auf einer weitläufigen Grünfläche drei blaue Vierzigfußcontainer aneinandergestellt. In die Stahlwände sind große Fenster geschnitten, die einen Blick auf das rege Treiben in ihnen zulassen. Die Ausschnitte sind als schattenspendende Vordächer an die Container geschweißt.
In ihnen arbeiten weiß gekleidete Köche, die durchgehend damit beschäftigt sind, Baguettebrötchen in schmackhafte Bocadillos zu verwandeln oder warme Speisen zu kochen.
Unter den vor den Kochcontainern als Sonnensegel aufgespannten, im Wind schwankenden Planen sitzen auf den verteilten Bänken die spanischen und ausländischen Lastwagenfahrer. An hellen Tischen lassen sie sich das spanische Essen schmecken. Ein letzter Genuss bevor sie wieder in ihre Fahrzeuge steigen, zum Teil für lange Zeit einsam in ihren Fahrerkabinen sitzen und alleine zu ihrem vorgegebenen Ziel fahren.
Hier tauscht man sich aus über Fahrtrouten und Baustellen, über Erlebnisse auf den Autobahnen Europas oder über jegliche Sportarten und ihre Ergebnisse.
An einem der Tische sitzt Pawel Kaminski, der vor sich eine große Schale mit einem Eintopf aus Kartoffeln, Paprika und Tomaten, Chorizo und mediterranen Kräutern stehen hat. Er rührt gemächlich mit einem hellen Brot durch die tiefrote, scharfe Soße. Gelegentlich beißt er aufschmatzend ein Stück von dem weichen, vollgesogenen Brot ab.
Auf der hohen Stirn, die von gräulichen, wilden Haaren umrandet ist, und auch auf der Oberlippe, stehen vereinzelte Schweißperlen, die er gelegentlich mit einem Stofftaschentuch abtupft. In die Stirn ragt ein schmaler Haarstrang hinein, dessen Spitzen feucht in den tiefen Falten kleben. Auf der Nase trägt Pawel eine Brille, die ihn seit vielen Jahren durchs Leben begleitet und seine blauen Augen mit einem dünnen grauen Stahlrahmen einfasst.
Unter der schlanken Nase lässt er sich einen schmalen Schnurrbart stehen, der kurz getrimmt ist und seitlich bis in die Mundwinkel reicht.
Der aufsteigende Dampf trägt den herrlich würzigen Geruch in seine Nase, während er die nächsten Bissen zerkaut.
Pawel sitzt etwas abseits der übrigen Gäste. Er mag die Einsamkeit, die ihm durch den Beruf des Fernfahrers täglich gegeben ist. Er scheut die Gesellschaft und genießt den Moment der Ruhe.
Immer wieder taucht er das Brot in die Soße, beißt ein Stück ab, bis der Eintopf spürbar abgekühlt ist, so dass er endlich zum Löffel greifen kann.
Ein leichter Bauchansatz drückt sich über den enggezogenen Gürtel der blauen Jeans, die lässig auf den dunklen Turnschuhen aufliegt.
Nach wenigen Minuten hat er die Schüssel leer gegessen. Er greift nach dem Bocadillo, das er sich vorsorglich für den Abend gekauft hat, und steht auf.
Sein Geschirr lässt er stehen, wischt sich noch einmal den Mund ab und wirft die benutzte Papierserviette in die Schale hinein.
Mit schnellen Schritten läuft Pawel über die Straße in die Einfahrt der Spedition und geht ein wenig langsamer, nachdem er das Gelände der Spedition Portador betreten hat.
Nach kurzer Zeit kommt er an der Luke vier an, wo er vor einer guten Stunde seine Zugmaschine geparkt hatte, um die zu transportieren Güter verladen zu lassen. Auf die Zusammenstellung der Paletten nimmt er hierbei keinen Einfluss. Er achtet nur darauf, dass er das Gesamtgewicht nicht überschreitet und die Ladefläche möglichst sinnvoll mit Europaletten genutzt wird.
Zufrieden blickt er in den Anhänger, der zwischenzeitlich voll beladen wurde. Der Vorarbeiter tritt an ihn heran und überreicht ihm das Klemmbrett mit den Ladepapieren. Pawel unterschreibt an der Stelle, die ihm der Vorarbeiter mit leichtem Brummen und einem blauen Kreuz markiert hat. Er reißt das Original für sich ab und übergibt den Durchschlag samt Klemmbrett an den Vorarbeiter.
«Gracias. Adios», sagt er mit ruhigem Tonfall. Die einzigen spanischen Worte, die er beherrscht. Seit Jahren fährt er immer wieder von Deutschland nach Spanien und zurück. Dennoch hat er es nie für nötig gehalten, sich ein paar mehr Wörter anzueignen, um sich auch hier mal verständigen zu können. Ihn freut es, dass er Polnisch und Deutsch sprechen kann. Das ist völlig ausreichend für sein Leben.
«Hasta luego», antwortet der Vorarbeiter und wendet sich von Pawel ab. Er widmet sich dem nächsten Fahrer, der eine Luke weiter steht und ebenfalls auf die entscheidenden Transportpapiere wartet.
Pawel schließt bereits die Ladetüren, um endlich aufbrechen zu können. Er steigt von der Rampe, geht zum Führerhaus, öffnet die Tür und steigt zum Sitz hinauf. Auf seinem Fernfahrerthron fühlt er sich wie ein kleiner König der Straßen Europas.
Mit lautem Brummen startet der Motor der Zugmaschine und er legt den ersten Gang ein. “Auf geht’s.” ruft er freudig und lässt die Kupplung langsam kommen. Allmählich setzt sich sein Sattelzug in Bewegung.
9
Direkt neben dem größten Einkaufszentrum südlich der Elbe in Hamburg verläuft die zweispurige Wilstorfer Straße. Der belebte Verkehr lässt die warme Luft im Sonnenschein nach Abgasen riechen. Die Motorengeräusche dröhnen in den Ohren der Gäste vom Café International. Sie sitzen vor den Milchglasscheiben vom Café an mehreren kleinen Holztischen und unterhalten sich lautstark miteinander.
Es wird gelacht, eher sogar laut aufgebrüllt vor Freude und Heiterkeit. Einige Besucher stehen um die sitzenden Gäste herum und beteiligen sich an dem Gerede, welches zum Teil in mehreren Sprachen gleichzeitig gestenreich geführt wird.
An einem der Tische sitzt auch Cemal Sarikaya. Seine frisch rasierte Glatze leuchtet im Sonnenschein. Das weiße Hemd lässt den Teint seiner Haut noch brauner erscheinen. Seine dunkle Stoffhose und die schwarzen Lederschuhe, die er trägt, lassen ihn zwischen seinen Freunden und Gästen deplatziert wirken. Sie selber tragen zumeist helle und dunkle Trainingshosen, Sportschuhe und luftig geschnittene T-Shirts.
Die Mehrzahl von ihnen hat einen mehr oder weniger langen Vollbart. Auch Cemal hat einen dunklen Bart, den er gerade erst am Morgen beim nebenan eröffneten Barbershop zurechtstutzen lassen hat.
«Cemal, Digger, das kannst du dir doch nicht gefallen lassen.»
«Die sollen dich endlich in Ruhe lassen.»
«Digger, was denken die eigentlich», sprechen seine Gäste auf Cemal ein. Er sitzt stoisch in seinem Stuhl, hat die Finger ineinander verfächert, wobei er die Zeigefinger ausgestreckt hält und mit den Fingerspitzen immer wieder gegen seine Nasenspitze tippt.
Grübelnd blickt er zu einem in Sichtweite geparkten Van, dessen Heckscheiben abgedunkelt sind.
«Du musst denen jetzt mal zeigen, dass sie nicht alles mit dir machen können. Du bist ein freier Mann.»
«Die können hier doch nicht ewig rumlungern», sprechen die nächsten beiden Gäste auf Cemal ein.
«Lasst sie doch im Kofferraum sitzend schwitzen. Irgendwann werden die schon die Lust an uns verlieren», erwidert Cemal mit ruhigem Tonfall. Er trinkt einen kleinen Schluck schwarzen Tee aus einer gläsernen Tasse, die er im Anschluss auf einem Blechtablett abstellt.
«Diggi, Bruder. Ich hänge hier nicht länger ab, wenn die hier immer sind, Digger. Das macht keinen Sinn.»
Mit jedem Kommentar der Anwesenden wird Cemal ruhiger und schaut mit gestochenem Blick zu dem Fahrzeug hinüber. Die Stirn wirft er dabei in Falten. Zwischen den Augenbrauen bildet sich eine tiefe Furche. Immer mehr baut sich eine Spannung in seinem Körper auf. Mit jeder weiteren Äußerung steigert sich in ihm die Aggression über die unerwünschten Beobachter.
«Bro, ich mach hier keine Geschäfte mehr. Ich geh' ab morgen wieder in Neugraben ins Café», äußert sich ein dickbäuchiger Südländer, der direkt neben Cemal sitzt.
Cemal beginnt zu blinzeln, als die Sonne hinter einer Wolke hervortritt, sich in dem Tablett vor ihm widerspiegelt und das Licht auf sein Gesicht wirft.
«Schluss jetzt», gibt er entschlossen von sich. Er steht von seinem Stuhl auf. Mit schnellen Schritten schreitet er in sein Café und geht unmittelbar auf seine Angestellte zu. Sie steht hinter dem Tresen und stellt gerade die Getränkewünsche der Gäste bereit.
Er greift hinter die Theke und spürt das kalte Metall an seinen Fingerspitzen, das er sogleich umfasst und hervorzieht.
«Was machst du da?», fragt Svetlana, die neue Angestellte von Cemal.
«Konzentrier’ dich auf deinen Kram», antwortet Cemal mit scharfem Tonfall und wendet sich von ihr ab.
Unweit vom Café sitzt im Kofferraum eines abgedunkelten Vans der Leiter der Observationsgruppe vom Rauschgiftdezernat. Trotz seiner Führungsposition in der Gruppe liebt er es, noch immer in erster Reihe zu stehen und möglichst gute Fotos und Videos von Treffen oder Übergaben zu fertigen. Immer wieder drückt er den Auslöser seiner Kamera und filmt die Bewegungen vor dem Café International. Das Hauptobjekt seiner Begierde hatte vor kurzem das Café betreten. So nutzt er den Moment, um mal die Kamera abzulegen und seine Brotdose zu öffnen. Er will sich kurz stärken für die nächsten Stunden der geplanten Observation.
In der Jackentasche von Fred vibriert plötzlich sein Handy. Auf dem Display erscheint der Name von Otto.
«Hallo, mein lieber Otto», antwortet Fred mit gedämpfter Stimme. «Wie geht's, wie steht's?»
«Bist du noch bei Cemal?», fragt Otto sogleich ohne eine Begrüßung oder die Frage nach dem Wohlbefinden.
«Mir geht es auch super. Und ja, ich sitze hier noch immer in meinem Backofen, schwitze wie ein Iltis und warte darauf, dass etwas Interessantes passiert. Bislang ist hier alles ruhig. Relativ viele Gäste sind anwesend, aber es wird nur herumgealbert. Ich konnte noch nichts Aufregendes feststellen», erzählt Fred mit vollem Mund, nachdem er kräftig von seinem Käsebrot abgebissen hat.
«Mmmh. Schade. Wir haben einen Hinweis auf Cemal bekommen. Wir müssen da dranbleiben. Er soll einen Laster mit Pinneberger Kennzeichen nutzen, um Kokain in Katzenstreupackungen nach Hamburg zu transportieren. Falls ihr also einen entsprechenden Lastkraftwagen oder Katzenstreupackungen seht, dann sagt mir bitte Bescheid», erklärt Otto sein Anliegen.
«Ja. Ich meld’ mich, wenn was passiert. Warte mal. Cemal kommt gerade aus dem Laden. Was hat der denn vor? Warte mal, Otto. Hier passiert vielleicht was. Ich glaube der, der kommt direkt auf mich zu.»
Mit entschlossenem Gang marschiert Cemal durch seine Freunde und Gäste hindurch. Erstaunt über diese Reaktion auf ihre Einflussnahme, blicken sie ihm nach.
Durch große, schnelle Schritte gelangt Cemal zu dem dunklen Van, den sie nun bereits seit mehreren Stunden im Auge behalten hatten. Nachdem Farid, der seit vielen Jahren in das Café International kommt, am Morgen beobachtet hatte, wie der Wagen in Sichtweite abgestellt wurde, jedoch keine Person ausstieg, war ihm gleich klar, was sich dort abspielt. Das Café war zu diesem Zeitpunkt noch nicht geöffnet, doch Farid wohnt direkt nebenan im zweiten Stock und schaute gerade aus seinem Fenster.
Cemal ergreift am Van angekommen den Griff der Schiebetür und reißt die Tür mit einem lauten Knallen auf. Aufgeschreckt blickt der im Kofferraum sitzende Fred zu Cemal auf, der ihm direkt in die Augen schaut und seine rechte Hand in Freds Richtung erhebt. Fred sieht es leicht aufblitzen in der Hand von Cemal, doch er schaut Cemal weiterhin gebannt von dessen Blick in die Augen.
«Wollen Sie vielleicht einen Tee, Herr Kommissar», fragt Cemal plötzlich aufgesetzt freundlich. Er wandelt die in seinem Gesicht stehende, furchteinflößende Strenge in ein verschmitztes Grinsen und schaut kurzzeitig auf das in seiner Hand befindliche Tablett. Ohne auf eine Antwort zu warten, stellt er es auf der Rückbank ab, zwinkert dem noch immer regungslos dasitzenden Fred zu und schließt die Seitentür vom Van mit einem metallischen Rauschen.
«Otto, ich glaube wir sind aufgeplatzt», spricht Fred emotionslos in sein Handy und beendet das Gespräch. Sein Blick bleibt bei Cemal, der selbstbewusst auf die johlende Gesellschaft vor seinem Café zuschreitet.
10
Am Flughafen in Hamburg sammeln sich nach und nach die Menschen, die an den Check-In-Schaltern warten und ihr Gepäck aufgeben oder aber ihre Familienangehörigen begleiten, um sich von ihnen zu verabschieden. Kinder laufen um die Gepäcktrolleys ihrer Eltern in Vorfreude auf einen bevorstehenden Urlaub. Andere Reisewillige stehen in den Duty-Free-Geschäften, um sich für die Reise mit Spirituosen, Zeitschriften, Süßigkeiten oder Zigaretten einzudecken. Jeder achtet vornehmlich auf sich selbst und seine Verwandten und Bekannten. Das wilde Treiben bewegt sich stumm voreinander her, weil die endlos hohen Dächer der Abflughalle die Stimmen und Geräusche schlucken.
«Seh’ ich etwa so aus, als würde ich ein Flugzeug entführen wollen?», raunzt Gerd seiner geliebten Ehefrau genervt zu, während sie sich von der Sicherheitsschleuse zu den Abfluggates entfernen. Mühsam pfriemelt er den Gürtel unter seinem leicht überstehenden Bauch in die Schlaufen an seiner Jeans. Dabei stopft er sein Hemd wieder in die Hose.
Weil er sein Kleingeld vergaß aus den Hosentaschen zu entnehmen und seine Halskette nicht abgenommen hatte, leuchtete der Scanner rot auf. Gerd durfte längere Zeit in einer Art Badekabine hinter dem Apparat verbringen. Dort musste er die Gegenstände dann erst einmal abnehmen und herauspuhlen. Im Anschluss durfte er sich in dem engen Raum von einem beleibten Sicherheitsbeamten per Hand abscannen lassen.
«Als ich damals noch beim Grenzschutz war, da hat es sowas noch nicht gegeben. Wir wussten genau, wen wir rausziehen mussten. Der hat mir sogar dreist an den Hintern gepackt. Selbst meine Schuhe musste ich ausziehen.» Noch immer läuft Gerd mit hochrotem Kopf hinter Dörte her, die ihm beim Meckern jedoch keinerlei Beachtung schenkt. Vielmehr bleibt sie mitten auf dem breiten Flur stehen und schaut mit freudigem Lächeln auf die große Anzeigetafel, um herauszufinden zu welchem Gate sie müssen. Dort will sie mit Gerd endlich ihren Flug in die Sonne antreten.
«Mannomann, Dörte. Du kannst mir Sachen antun. Mir ist jetzt schon warm. Wie soll das erst in Spanien werden. Die können ja alle auch gar kein Deutsch sprechen», mosert Gerd weiter herum, während er sein rotes Stofftaschentuch aus der Hosentasche zieht und sich die Stirn abtupft.
«Wir müssen zu Gate A42. Unser Flug geht schon in drei Stunden», erwidert Dörte, ohne den Worten von Gerd eine Beachtung zu schenken.
«Schon in drei Stunden. Man, man, watt soll’n wir denn die ganze Zeit machen? Ich muss erst einmal auf'n Pott», antwortet Gerd. Er geht ohne eine Antwort von Dörte abzuwarten auf einen Zugang zu, neben dem ein großes Männchen abgebildet ist.