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Eine praktische Anleitung, die es ermöglicht, Don Juans Lehren nachzuvollziehen und im täglichen Leben anzuwenden. Das von Castaneda beschriebene spirituelle System wird in einen Gesamtzusammenhang mit anderen esoterischen Lehren gestellt, um so dessen Allgemeingültigkeit zu verdeutlichen. Dies gibt dem Buch eine Eigenständigkeit, die das Verständnis auch für den Leser ermöglicht, der mit den Arbeiten Castanedas nicht vertraut ist. Das Buch versteht sich in erster Linie als eine praktische Arbeitsanleitung zur Anwendung der Lehrinhalte im täglichen Leben. Es soll dazu beitragen, den Spuren Castanedas zu folgen und in die Welt der »praktischen Zauberei« einzudringen. Aus diesem Grund ist eine exakte Gliederung der einzelnen Lernschritte erarbeitet worden, die es ermöglicht, den systematischen Zusammenhang zu erkennen und einen Überblick über das ganze Lehrsystem zu verschaffen. Neben einer notwendigen kurzen Einführung in die theoretischen Grundlagen werden alle praktischen Lernschritte ausführlich dargestellt. Das Buch folgt in seinem strukturellen Aufbau streng der logischen und zeitlichen Abfolge, wie sie Castanedas Ausbildung zugrunde liegt. Für sich betrachtet, liefert es alle notwendigen Informationen, um Don Juans »Weg zum Wissen« in die Praxis umzusetzen.
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Seitenzahl: 159
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Lothar-Rüdiger Lütge
Carlos Castaneda und die Lehren des Don Juan
Eine praktische Anleitung, die es ermöglicht, Don Juans Lehren nachzuvollziehen und im täglichen Leben anzuwenden.
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Das Buch versteht sich in erster Linie als eine praktische Arbeitsanleitung zur Anwendung der Lehrinhalte im täglichen Leben. Es soll dazu beitragen, den Spuren Castanedas zu folgen und in die Welt der »praktischen Zauberei« einzudringen.
Aus diesem Grund ist eine exakte Gliederung der einzelnen Lernschritte erarbeitet worden, die es ermöglicht, den systematischen Zusammenhang zu erkennen und einen Überblick über das ganze Lehrsystem zu verschaffen.
Neben einer notwendigen kurzen Einführung in die theoretischen Grundlagen werden alle praktischen Lernschritte ausführlich dargestellt. Das Buch folgt in seinem strukturellen Aufbau streng der logischen und zeitlichen Abfolge, wie sie Castanedas Ausbildung zugrunde liegt. Für sich betrachtet, liefert es alle notwendigen Informationen, um Don Juans »Weg zum Wissen« in die Praxis umzusetzen.
Einführung
Carlos Castaneda und Don Juan Matus
Die Lehre
Der Weg
Kapitel I
Theoretische Grundlagen
Realität und Wirklichkeit
Vier Feinde auf dem Weg zum Wissen
Die Furcht
Die Klarheit
Die Macht
Das Alter
Kapitel II
Der Weg in der Praxis
A. Verhaltenskodex
Ein Jäger sein
Unerreichbar sein
Jede Handlung – »Die letzte Schlacht auf Erden«
Ein Krieger sein
Den Geist ins Gleichgewicht bringen
In Anspruchslosigkeit leben
Das Omen – der Kubikzentimeter Möglichkeit
Der Umgang mit den Mitmenschen
Das Tun der Strategie
Die kontrollierte Torheit
Krieger sein – eine Lebensaufgabe
B. Techniken
Handeln ohne Erwartung
Das richtige Gehen
Das Gaffen
Die persönliche Geschichte auslöschen
Die eigene Wichtigkeit verlieren
Verantwortung übernehmen
Den Tod als Ratgeber benutzen
Kapitel III
Zusammenfassung und weiterführende Techniken
Die Erklärung der Zauberer
Das Universum
Der Mensch – ein Akt der Wahrnehmung
Das »Tonal« und das »Nagual«
Die »Erste« und die »Zweite Aufmerksamkeit«
Die »Vollständigkeit des Selbst«
Die Initiation
Die Neuordnung des »Tonal«
Die Ablösung der »Ersten Aufmerksamkeit« vom »Tonal«
Die Fixierung der »Zweiten Aufmerksamkeit« im »Nagual«
Der Verlust der »Menschlichen Form«
Die Welt anhalten
Der Spalt zwischen den Welten
Das Träumen
Das Planen des Träumens
Die Hohe Kunst des Träumens
Die Routine unterbrechen
Die Gangart der Kraft
Das Nicht-Tun
Das Pirschen
Die sieben Prinzipien des Pirschens
Makellos handeln
Die vollständige Rekapitulation
Strukturelle Übersicht
Kapitel IV
Besondere Fragen
Die Bedeutung der Drogen
Der Adler
Don Juans Kriegertrupp
»Der Weg mit Herz« – Ein Nachwort
Quellennachweis
Bibliographie
Das vorliegende Buch ist im Herbst 1984 zum ersten Mal erschienen. Als Grundlage dienen die Arbeiten Carlos Castanedas, die bis zu diesem Zeitpunkt veröffentlicht worden sind. Mit der Herausgabe eines neuen Buches im Frühjahr 1985 hat der Autor die Darstellungen seiner inzwischen fünfundzwanzig Jahre währenden Lehr- und Ausbildungszeit um ein siebtes Werk erweitert. In der neuen Veröffentlichung rekapituliert Castaneda die wesentlichen Aspekte seiner Unterweisungen, stellt sie in einen neuen Zusammenhang und erweitert oder präzisiert den theoretischen Hintergrund der Lehre sowie deren praktische Umsetzung. Grundlegend neue Gedanken oder gar eine Revision seiner bisherigen Ausführungen sind nicht zu verzeichnen. Wie bereits mit der sechsten Veröffentlichung eingeleitet, handelt es sich auch bei seinem letzten Werk um eine erneute Aufarbeitung bereits zuvor beschriebener Inhalte – nun jedoch von einer neuen, erweiterten Erkenntnisebene ausgehend.
Vor diesem Hintergrund kann mit gutem Gewissen auf eine Überarbeitung oder Neugestaltung des hier vorliegenden Buchs verzichtet werden. Castanedas neue Veröffentlichung bestätigt die gewählte Darstellungsform der Lehre sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich der Zielsetzung. Abgesehen von wenigen, größtenteils theoretischen Erweiterungen des Lehrgebäudes und einigen neuen Termini, die erst im siebten Buch auftauchen und daher nicht berücksichtigt werden konnten, liegt nach wie vor eine größtmögliche Übereinstimmung dieser zusammenfassenden Darstellung mit den Lehren des Don Juan vor. Im weiteren zeigt sich erneut die Notwendigkeit einer praxisbezogenen Anleitung zur Umsetzung der Lehrinhalte ins tägliche Leben.
Der aufmerksame Leser Castanedas wird spätestens jetzt erkennen, wie wesentlich die allgemein übersehenen Techniken und Anleitungen zur praktischen Lebensgestaltung sind und welche entscheidende Rolle sie in Don Juans Lehre spielen. Sofern er sich ernsthaft mit den Lehrinhalten auseinandersetzen will, bleibt ihm keine andere Wahl, als die bisherige Veröffentlichungen Castanedas unter diesem Gesichtspunkt systematisch zu durchforsten – oder aber auf ein Buch wie dieses zurückgreifen.
Ich wünsche allen Lesern, daß es ihnen trotz innerer und äußerer Widrigkeiten gelingen möge, ihren Weg mit Herz in seiner gesamten Länge zu gehen.
Lothar-Rüdiger Lütge
Für Angelika
Meinen Dank an Olav, Stefan, Helga, Walter und all die Freunde, die es mir in vielen Stunden engagierter Gespräche und intensiven Zusammenseins ermöglicht haben, die grundlegenden Gedanken für dieses Buch zu entwickeln.
»Die persönliche Kraft entscheidet, wer von einer Offenbarung profitieren kann und wer nicht.
Meine Erfahrung mit meinen Mitmenschen hat mir gezeigt, daß nur sehr sehr wenige bereit sind zuzuhören, und von denen, die zuhören, sind noch weniger bereit, in ihrem Handeln zu befolgen, was sie gehört haben. Und von denjenigen, die bereit sind, entsprechend zu handeln, haben noch weniger genügend persönliche Kraft, um von ihren Handlungen zu profitieren.« Don Juan
Carlos Castaneda und Don Juan Matus
Carlos Castaneda ist Student der Anthropologie an der Universität von Los Angeles. Im Jahr 1960 reist er nach Mexiko, um dort für eine Examensarbeit Informationen über den Gebrauch von Heilpflanzen zu sammeln. Auf einer Busstation in Arizona vermittelt ihm ein Freund den Kontakt zu einem alten Yaqui-Indianer, der angeblich etwas vom Gebrauch halluzinogener Drogen versteht. Castaneda wird von dem Indianer, Juan Matus, nach Hause eingeladen. Er nimmt die Einladung an und kehrt einige Monate später nach Mexiko zurück, um ihn zu besuchen. Es entwickelt sich schnell eine Freundschaft. Seinen ursprünglichen Wunsch, Informationen über Heilpflanzen zu erhalten, gibt Castaneda recht bald auf. Er läßt sich von der besonderen Persönlichkeit des Indianers in Bann ziehen.
»Don Juan und ich wurden Freunde, und ein Jahr lang stattete ich ihm zahllose Besuche ab. Ich fand seine Art sehr beruhigend und seinen Humor ausgesprochen wohltuend; vor allem aber spürte ich in seinen Handlungen eine ruhige Folgerichtigkeit, die mich zutiefst verblüffte.
In seiner Gegenwart empfand ich ein eigenartiges Vergnügen, und gleichzeitig fühlte ich mich seltsam unbehaglich. Seine bloße Anwesenheit zwang mich zu einer gründlichen Revision meiner Verhaltensmuster. Ich war, wie wahrscheinlich jedermann, dazu erzogen worden, den Menschen als ein im wesentlichen schwaches und fehlbares Geschöpf anzusehen. Was mich bei Don Juan beeindruckte, war die Tatsache, daß er nicht im geringsten schwach und hilflos war, und schon unser Zusammensein führte garantiert zu einem unvorteilhaften Vergleich zwischen seinem Verhalten und dem meinen.1*
Im Jahr 1961, etwa ein Jahr nach ihrer ersten Begegnung, erklärt Don Juan, daß er ein »Geheimes Wissen« besitzt und daß er ein »Zauberer« ist. Hierdurch verändert sich ihre Beziehung. Carlos Castaneda wird zum Schüler Don Juans und durch ihn in die Geheimnisse der »Zauberei« eingeführt. Es folgt eine mehr als zehnjährige Lehrzeit.
Die Lehre
Castaneda hat über seine Lehre bei Don Juan in einem umfangreichen Werk ausführlich berichtet. Seine Aussagen sind nicht unterlegt. Es gibt keine Beweise dafür, daß die Lehre tatsächlich stattfand und daß Don Juan wirklich existiert. Darüber hinaus sind seine tagebuchähnlichen Aufzeichnungen von der Alltagswelt des modernen, zivilisierten Menschen so weit entfernt, daß die Frage nach der Autentizität der Veröffentlichungen bis heute nicht verstummt ist. Hierzu sagt Hellmut Coerper in einer tiefenpsychologischen Deutung der Literatur Castanedas:
»Bei denen, die diese Gerüchte verbreiten (gemeint ist die Behauptung, Castaneda habe seine Erlebnisse frei erfunden), liegt ein Veränderungsprozeß vor: Es ist nur zu verständlich, daß Menschen, die ohne jede Vorbereitung diese Berichte lesen, auf die Konfrontation mit der ›anderen Wirklichkeit‹, die bei uns Abendländern im Unbewußten gehalten und abgewehrt wird, mit Angst und Widerstand reagieren.«2
Tatsächlich ist die Lehre des Don Juan eine Einweihung in esoterisches Gedankengut. Castaneda wird Schritt für Schritt zu der Erkenntnis geführt, daß seine Wirklichkeit lediglich eine mögliche Interpretation der Realität ist. Das heißt, die Welt, in der wir leben und die wir als Wirklichkeit empfinden, ist lediglich das Resultat, der Ausdruck einer dahinterstehenden Ursache.
Um diese Ursachenebene und um den Weg zu dieser Realität geht es Don Juan. Es ist das Ziel seiner Lehre, dem Schüler das unmittelbare, vollständige und nicht interpretierte Erkennen und Erleben der Realität zu ermöglichen. Sowohl in der Prämisse als auch im Ziel befindet sich Don Juan in Übereinstimmung mit den bedeutenden esoterischen und spirituellen Lehren der Menschheit.
In allen Systemen, mögen sie in der östlichen oder westlichen Sphäre beheimatet sein, wird hinter der von uns als Wirklichkeit bezeichneten materiellen Welt mit ihren Gegebenheiten und Gesetzen die eigentliche, ursächliche Realität angenommen. Alle Systeme verfolgen daraufhin das Ziel, Zugang zu dieser ursächlichen Realität zu erlangen. Don Juan bezieht sich bei seinen Unterweisungen auf die Tradition der Tolteken als Quelle seines Wissens. Die esoterische Menschheitsgeschichte zählt das Volk der Tolteken zu den drei ursprünglich in Atlantis ansässigen Rassen. Von Atlantis wird angenommen, daß es dort einen unmittelbaren Zugang zum spirituellen Wissen gab.
So ist also nicht in erster Linie die Frage nach dem Wahrheitsgehalt der von Castaneda vorgelegten Aufzeichnungen von Bedeutung. Vielmehr geht es darum, ob sich unsere Welt im materiellen und energetischen Bereich erschöpft oder ob sie darüber hinaus geht. Intellektuell ist die Frage nicht befriedigend zu beantworten. Es ist ja gerade der Verstand, der unsere Wirklichkeit organisiert und uns von der ursächlichen Realität abschirmt. Dennis Timm schreibt in seiner Studie zu Carlos Castaneda:
»Der Verstand arbeitet, das heißt denkt, mit und in der Sprache in Richtung Erkenntnis. Seine Regeln weist ihm die Logik an. Mit den Mitteln der Logik, ob formaler oder dialektischer, scheint der ›anderen Realität‹ des Don Juan schwerlich nachzuspüren zu sein, denn ihr Anliegen (das der Logik) richtet sich ja gerade darauf, Ambivalenzen aufzulösen – wo es hier (bei Don Juan) darum geht, das Un-Aufgelöste möglichst stehenzulassen … Das ›Faßbar-Machen‹ der Realität geht für den Zauberer durch eine Erweiterung der Erkenntnismethoden vonstatten.
Damit sie (die Realität) sich nicht in der Grammatik verfängt und in der dualistischen Sprache hängenbleibt, muß sie erfahren werden. Um sie erfahren zu können, muß man das Denken des Verstands ›anhalten‹. Nur dann, so sagt der Brujo Don Juan, läßt sie sich blicken.«3
Der Weg
Don Juans Weg zur Realität bedingt eigene Erfahrungen und direktes Erleben. Es ist ein praktischer, systematisch aufgebauter Weg, der durch eigenes Tun zu neuem Sehen und ganzheitlichem Wissen führt. Wie kaum ein anderer zeigt uns Don Juan die Verstrickungen und Selbst-Beschränkungen, in denen wir gefangen sind, und bietet Mittel und Methoden, uns aus ihnen zu befreien. Dieser aktive, bewußtseinserweiternde Prozeß beinhaltet ein Gewahrwerden der im Unbewußten liegenden Strukturen des eigenen Selbst und zeigt Parallelen zum Individuationsprozeß, wie ihn C. G. Jung beschrieben hat.
Als Voraussetzung für die spirituellen Erfahrungen vermittelt Don Juan seinem Schüler einen umfangreichen Verhaltenskodex, um ihn zu einem selbstbestimmten, eigenverantworteten Leben zu erziehen. »Wissen« zu erlangen, ohne bereits eine in sich gefestigte, disziplinierte Persönlichkeit zu sein, betrachtet er als Gefahr, denn hieraus resultiert oft Weitabgewandtheit und Schwäche.
Carlos Castaneda ist den Weg zur Realität gegangen. Er hat über seine Erfahrungen und Eindrücke ausführlich berichtet. Stück für Stück beschreibt er seinen eigenen Initiationsprozeß. Er schreibt nicht im Nachhinein, aus der Position des »Wissenden«, zurückblickend auf die Stufen seiner Entwicklung. Er schreibt parallel zu dieser Entwicklung, kontinuierlich mit dem Geschehen. Diese Tatsache ist verantwortlich für die besondere Struktur seiner Bücher. Für uns jedoch ergibt sich hieraus eine Problematik.
So ist Castaneda zum Zeitpunkt seiner Aufzeichnungen in der Regel nicht in der Lage, größere Zusammenhänge und den systematischen Aufbau der Lehre zu verstehen und wiederzugeben. Sehr häufig unterlaufen ihm Fehlinterpretationen und falsche Gewichtungen, die erst im Nachhinein, nach weiterem Voranschreiten erkannt und revidiert werden. Castaneda läßt uns teilhaben an seinen Irrtümern und Zweifeln – er macht es uns jedoch sehr schwer, Don Juans Lehre als einen praktischen, systematisch aufgebauten Weg zu erkennen. Die genaue Kenntnis des Aufbaus und der Systematik ist jedoch erforderlich, wenn wir ein tieferes Verständnis der Lehre gewinnen wollen. Erst hieraus ergibt sich für uns auch die Möglichkeit, Castaneda auf seinem Weg zu folgen.
Es ist das Ziel dieser Arbeit, dem Leser eine praktische Anleitung zu geben, die es ihm ermöglicht, Don Juans Lehre nachzuvollziehen und anzuwenden. Die zu diesem Zweck geschaffene Gliederung der einzelnen Lernschritte ist dem Text als Diagramm nachgestellt. Sie findet sich wieder im strukturellen Aufbau des Buches und ermöglicht so ein schrittweises Eindringen in die fremdartige Weltanschauung Don Juans. Da sich dieses Buch in erster Linie als ein Wegweiser zum praktischen Handeln versteht, ist im weiteren eine Reduzierung der Lehrinhalte auf die wesentlichen Elemente vorgenommen worden.
Die Einteilung des Textes in die Kapitel I bis IV bedeutet eine Widerspiegelung der Bewußtseinsentwicklung, wie sie Castaneda durchlaufen hat – und wie sie von uns gefordert wird. Theoretische und philosophische Grundlagen, sofern sie für das tiefere Verständnis der praktischen Lernschritte notwendig sind, werden in Kapitel I behandelt. Kapitel II befaßt sich mit dem im täglichen Leben anzuwendenden Verhaltenskodex und mit einer Reihe praktischer Übungen, deren Ziel es ist, unsere Fixierung auf die kollektive Wirklichkeit zu unterbrechen. Im dritten Kapitel werden die theoretischen Ansätze noch einmal aufgegriffen und unter Einbeziehung der bisher gewonnenen Erkenntnisse in einem größeren Zusammenhang und in einer differenzierteren Form dargestellt. Die dort folgenden, praktischen Übungen vermitteln den bewußten Umgang mit den Realitätsbereichen jenseits unserer Wirklichkeit. Besondere Fragestellungen im System Don Juans, ohne unmittelbaren Zusammenhang mit der praktischen Anwendbarkeit, werden in Kapitel IV behandelt. Es wird im Rahmen dieses Buches, soweit es möglich ist, auf wörtliche Aussagen Castanedas und Don Juans zurückgegriffen, um eine Verfremdung durch subjektive Anschauungen und Interpretationen in Grenzen zu halten. Dennoch ergibt sich diese bereits zwangsläufig durch die ganz bewußt vorgenommene Reduzierung, Vereinfachung und Systematisierung der Lehre.
Es sei ferner hingewiesen auf die grundsätzliche Problematik der verbalen Darstellung spiritueller Inhalte und Erlebnisse. So ist es auch im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, ein geschlossenes System darzustellen, das keine offenen Fragen hinterläßt. Wir können der persönlichen Entwicklung des Carlos Castaneda nicht vorauseilen und sind auf seine bisher vorliegenden Veröffentlichungen angewiesen. In diesem Sinn handelt es sich bei der vorliegenden Arbeit um eine Momentaufnahme, wie sie sich dem Autor nach mehrjähriger theoretischer und praktischer Beschäftigung heute darstellt.
Es entspricht den Grundsätzen der esoterischen Tradition, das Leben als einen dynamischen, fließenden Prozeß zu definieren. Jeder Leser sei daher aufgefordert, seine persönliche Sehweise und sein individuelles Verständnis einzubringen und so in eine lebendige Auseinandersetzung mit dem Inhalt dieses Buches zu treten. Allen Lesern wird ein ausreichendes Maß an »Persönlicher Kraft« gewünscht, um Worte in Taten umzusetzen.
* Die hochstehenden Ziffern beziehen sich auf die Quellenangaben am Schluß des Buches auf Seite 169.
»Warum sollte die Welt ausschließlich so sein,
wie du sie dir vorstellst?
Wer gibt dir das Recht, das zu behaupten?«
Don Juan
Der Charakter unserer Realität ist seit Jahrhunderten ein Beschäftigungsfeld der Philosophie. In vielfältigen Variationen stehen sich die Anschauungen der Realisten und die der Idealisten gegenüber – oder sie lösen einander ab.
Es ist nicht beabsichtigt, mit diesem Buch philosophische oder erkenntnistheoretische Erörterungen zu beginnen –, im Gegenteil! Hier geht es um die praktische Anwendung eines Systems, mit dem wir auf direktem Weg zum »Wissen« gelangen. Doch unser Weg ist der Weg mit Herz; es ist nicht der Weg intellektuellen Verstehens. Dennoch bleiben uns einige kurze theoretische Überlegungen nicht erspart.
Wir müssen Klarheit über die Prämisse von Don Juans »Zauberei« gewinnen. Nur dann kann es uns gelingen, seine Lehre in ihrem gesamten Umfang zu verstehen und anzuwenden. Don Juans Lehre basiert auf einer besonderen Vorstellung von Welt und Wirklichkeit.
»Wir sind wahrnehmende Wesen. Die Welt, die wir wahrnehmen, ist jedoch eine Illusion. Sie ist entstanden durch eine Beschreibung, die man uns seit dem Augenblick unserer Geburt erzählt hat.«
Diese Auffassung steht in fundamentalem Widerspruch zum Realitätsverständnis unserer Zeit. Heutzutage betrachtet niemand die Welt als Illusion oder sieht sie abhängig von einer Beschreibung. Für uns ist diese Welt, wie wir sie sehen und erleben, eine unabänderliche Realität. Sie besitzt eine eigenständige Existenz, unabhängig von uns und unserem Dasein. Wir betreten die Welt mit der Geburt und wir verlassen sie wieder, wenn wir sterben. Wir, das Subjekt, stehen der Welt, dem Objekt, gegenüber.
Für Don Juan dagegen sind Subjekt und Objekt eine Einheit. Er sieht den einzelnen nicht einer bereits vorhandenen Welt gegenüberstehen, sondern er begreift diese Welt als von jedem einzelnen für sich selbst geschaffen. Für ihn ist die Welt und die Wirklichkeit ein subjektives Phänomen.
»Wenn wir die Welt anschauen und wenn wir sie hören, dann haben wir den Eindruck, daß sie da draußen ist und daß sie real ist. Wenn wir die Welt mit unserem ›Willen‹ erkennen, dann wissen wir, daß sie gar nicht so sehr ›da draußen‹ oder real ist, wie wir glauben.«
Wo aber befindet sich die Welt, wenn sie nicht »da draußen«, außerhalb von uns existiert? Ist sie ein Produkt unserer Phantasie? Dann wäre jeder einzelne der Schöpfer seiner Wirklichkeit! Wie können wir diesen Vorgang verstehen?
»Sieh mal, die Leute sagen uns von Geburt an, die Welt sei so und so beschaffen, und natürlich bleibt uns nichts andres übrig, als die Welt so zu sehen, wie die Leute sagen, daß sie sei… Wir sind leuchtende Wesen. Wir sind Wahrnehmung. Wir sind Bewußtsein. Wir sind keine Objekte, wir haben keine feste Konsistenz, wir sind grenzenlos. Die Welt der festen Objekte ist ein Mittel, unsere Wanderschaft auf Erden angenehm zu machen. Sie ist nur eine Beschreibung, geschaffen, um uns zu helfen.«
Gemäß Don Juan entsteht unsere Welt somit als Folge einer Beschreibung, die uns von unseren Mitmenschen geliefert wird und die wir schließlich akzeptieren. Er hatte große Mühe, Carlos Castaneda von diesem gedanklichen Ansatz zu überzeugen.
»Um diese Prämisse zu begründen, gab Don Juan sich alle Mühe, mich davon zu überzeugen, daß das, was in meinen Augen die wirklich vorhandene Welt war, nur eine Beschreibung der Welt sei; eine Beschreibung, die mir seit dem Augenblick meiner Geburt eingehämmert worden sei.
Jeder, der mit einem Kind in Kontakt komme, erklärte er, sei ein Lehrer, der unaufhörlich die Welt erkläre, bis zu dem Augenblick, wo das Kind die Welt so wahrnehmen könne, wie sie ihm erklärt wird. Nach Don Juan haben wir keine Erinnerung an diesen folgenschweren Augenblick, einfach weil wir keinen Bezugsrahmen hatten, in dem wir ihn mit etwas anderem hätten vergleichen können. Doch von diesem Augenblick an ist das Kind ein Mitglied. Es kennt die Beschreibung der Welt; und es erreicht, glaube ich, die volle Mitgliedschaft, wenn es in der Lage ist, alle seine Wahrnehmungen so zu deuten, daß sie mit dieser Beschreibung übereinstimmen und sie dadurch bestätigen.«