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Thomas Mann strebte mit seinem Werk einen Rang als Nationaldichter an und der Themenkomplex um Friedrich II. von Preußen stellte einen bedeutsamen Mosaikstein dieses Weges dar. Zwar kam ein ursprünglich geplanter Roman nicht zustande, Mann setzte sich aber insbesondere im Rahmen des Essays ›Friedrich und die große Koalition‹ von 1915 ausführlich mit dem preußischen Monarchen auseinander. Das umfassende Werk Thomas Carlyles stieß bei ihm folglich auf großes Interesse, und er verfasste anlässlich der Neuauflage der ungekürzten Fassung diese ausführliche Rezension, die am 24. Dezember 1916 in der Frankfurter Zeitung abgedruckt wurde. Seine Intention macht Mann am Ende der längeren Abhandlung noch einmal deutlich: »Habe ich sein Buch nun hinlänglich empfohlen? Es war nämlich meine Absicht, es sehr zu empfehlen!« Dazu ist nichts weiter zu sagen.
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Seitenzahl: 14
Thomas Mann
[Carlyles »Friedrich« in vollständiger deutscher Ausgabe]
Essay/s
Fischer e-books
In der Textfassung derGroßen kommentierten Frankfurter Ausgabe(GKFA)Mit Daten zu Leben und Werk
Im Jahre 1915 ließ ich mich dazu hinreißen, auf wenigen Blättern das Leben des Königs zu erzählen, von dem Goethe gesagt hat, daß durch seine Taten »der erste wahre und höhere eigentliche Lebensgehalt in die deutsche Poesie gekommen« sei. Ich nannte die Schrift einen »Abriß für den Tag und die Stunde« – was sie auch war; und zwar nicht nur ein Abriß der Geschichte, sondern auch eigener, lange gehegter Träume und Entwürfe, die eigentlich dichterischer Natur gewesen waren, und deren geistigen Kern als Aufsatz herauszustellen ich in jenen Tagen selbstvergessen und unökonomisch genug war. So wirkte das aktuelle Erlebnis, welches, an und für sich das stärkste in unser aller Leben, durch die historisch-dichterische Wegbereitung doppelte Gewalt über mein Gemüt erhielt. Ich erschwerte es aber meinen Lesern sehr, sich von dieser Gewalt, von der Erschütterung, welche die Wechselwirkung von historisch-poetischer Vorbereitung und aktuellem Erlebnis in mir hervorbrachte, ein richtiges Bild zu machen, – indem ich nämlich auf eine Art erzählte, daß ich bestimmt keinen Adlerorden dafür zu erwarten hatte: mit einer ziemlich gebrochenen und hinterhältigen Begeisterung, kann ich wohl sagen, – kurz, ich machte meinen Helden so naturalistisch schlecht, daß die Arbeit patriotischen Freunden im ersten Augenblick für unpublizierbar galt und wirklich in weniger disponierten Köpfen eine zornige Verwirrung anzurichten nicht verfehlte. Nichts nun freilich, weder eine gewisse nachweisbare Legitimität meines Verhältnisses zu dem historischen Gegenstand, noch auch die wenig rednerisch-herzerhebende Art der Behandlung, die ich ihm angedeihen ließ, hat »den Geist« – was man so »den {178}