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Wer sich Neufundland und die maritimen Provinzen Kanadas erschließen will, sollte auch im Sommer auf einen wärmenden Anorak zurückgreifen können. Jeder regenfreie Tag ist ein Geschenk am Rande des Labradorstromes. Ebenfalls sind Gummistiefel und gute Regenbekleidung unerlässlich. Es kann auf der Insel im Norden noch im Juni/Juli zu Kontakt mit Eisbergen aus Grönland kommen und die kleinen Häfen sind oftmals weit in den Sommer hinein mit Eisschollen dekoriert. Bricht jedoch die Sonne durch, erschließt sich diese Region Kanadas in ihrer mannigfaltigen Vielfalt und Dramatik. Im Norden zeugt eine ehemalige Wikingersiedlung von der frühesten Besiedelung, noch bevor die Europäer Amerika „entdeckten“ und sich später niederließen. Kleine malerische Fischerdörfer erzählen von einem harten Existenzkampf – früher wie heute. Einsame Landstriche geben Flora und Fauna die Möglichkeit, sich der rauen Witterung zu stellen. Die Hauptstadt St. John’s überzeugt mit bunten Holzhäusern und einer lebendigen Kneipenkultur. Der kauzige Humor der Bevölkerung ist einzigartig und alle lieben sie ihr musikalisches Erbe. Carpe diem! Nutze den Tag…
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Seitenzahl: 388
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Carpe Diem?
Wer sich Neufundland und die maritimen Provinzen Kanadas erschließen will, sollte auch im Sommer auf einen wärmenden Anorak zurückgreifen können. Jeder regenfreie Tag ist ein Geschenk am Rande des Labradorstromes. Ebenfalls sind Gummistiefel und gute Regenbekleidung unerlässlich. Es kann auf der Insel im Norden noch im Juni/Juli zu Kontakt mit Eisbergen aus Grönland kommen und die kleinen Häfen sind oftmals weit in den Sommer hinein mit Eisschollen dekoriert.
Bricht jedoch die Sonne durch, erschließt sich diese Region Kanadas in ihrer mannigfaltigen Vielfalt und Dramatik. Im Norden zeugt eine ehemalige Wikingersiedlung von der frühesten Besiedelung, noch bevor die Europäer Amerika „entdeckten“ und sich später niederließen. Kleine malerische Fischerdörfer erzählen von einem harten Existenzkampf – früher wie heute. Einsame Landstriche geben Flora und Fauna die Möglichkeit, sich der rauen Witterung zu stellen.
Die Hauptstadt St. John’s überzeugt mit bunten Holzhäusern und einer lebendigen Kneipenkultur. Der kauzige Humor der Bevölkerung ist einzigartig und alle lieben sie ihr musikalisches Erbe. Carpe diem! Nutze den Tag …
Monika von Borthwick gehört der älteren Generation an und lebt im kulturell reichen Oberbayern. Neben ihrer beruflichen Tätigkeit betreute sie Busreisende als Reiseleiterin im europäischen Raum. Schon damals schrieb sie ihre Erlebnisse mit Land und Leute mehr oder weniger ausführlich nieder.
Nach dem Tod ihres Mannes verlegte sie sich auf das alleinige Reisen und erforschte auf eigene Faust mit ihrem neu erworbenen Wohnmobil und ihren beiden Hunden zahlreiche Gebiete in Europa und Nordamerika. Dabei hat sie die Liebe zum Erzählen entdeckt und ausführliche Berichte per Email nach Hause gesandt. Diese Dokumente bilden die Basis zu ihren persönlichen Geschichten aus dem Gastland.
… morgen kann es wieder regnen.
Mit dem Wohnmobil durch
Neufundland und die
maritimen Provinzen Ostkanadas
(PEI, Nova Scotia, New Brunswick)
Das unterhaltsame Tagebuch der
MoWuKnuffels
Ich reise niemals ohne
mein Tagebuch.
Man sollte immer etwas
Aufregendes zu lesen
bei sich haben.
(Oscar Wild 1854 – 1900)
Jede Vorbereitung verläuft anders
Ein wenig Theorie zum Anfang
Zu Beginn des Jahres 2013 hatte ich noch einmal das Glück, auf meinem Konto unerwartet eine angenehme Summe zu entdecken, welche es mir mit Sicherheit ermöglichte, mich mit meinen beiden Hunden zum letzten Mal auf große Fahrt zu begeben. Immerhin hatte ich nun bereits um einige Jahre die Sechzig überschritten und wer wusste schon, wie lange mir noch die Energie und die Gesundheit vergönnt sein würden, ein größeres Projekt in Angriff zu nehmen.
Meine letzte Tour musste ich 2010 in Toronto abbrechen, da ich beim Tanken über einen Schlauch stolperte und mir einen Splitterbruch am linken Knöchel zuzog. Somit war zum damaligen Zeitpunkt die Tour nach Neufundland gelaufen. Hier wollte ich wieder anknüpfen und meinen nächsten Reisetraum verwirklichen.
Inzwischen hatte sich unsere „familiäre“ Situation ein wenig gewandelt: Meine reiseerfahrene Wuschel musste uns leider aus gesundheitlichen Gründen verlassen, dafür kam der aufgeweckte Spitz Wurschtel in unser Rudel. Er war ein Heimkind und sammelte nun mit seiner neuen Globetrotterfamilie die ersten Reiseerfahrungen. Um dieses abwechslungsreiche Leben zu trainieren, verbrachten wir den Winter mit dem Wohnmobil in Spanien auf einem Campingplatz. Bereits diese Zeit war ungeheuerlich aufregend und neu für den kleinen Hund. (Siehe „Chorizo & Co“, BoD Verlag Norderstedt!)
Große Unternehmungen werfen ihre Schatten voraus und so ging ich bereits im Frühjahr 2013 in die erste Planungsphase. Ich durchforstete täglich und stundenlang das Internet nach einem günstigen, gebrauchten kanadischen Wohnmobil. Dabei entdeckte ich die größte Plattform dafür bei „Kijiji.com“.
Warum Kanada als Startpunkt? Ein Hauptgrund war die chronologische Abfolge und Planung der Reise und mein zeitlich begrenztes Generalvisum für die USA. Es lief im Herbst 2015 aus. Der zweite ausschlaggebende Grund war die Angelegenheit des Führerscheins. Kanada schrieb das deutsche Dokument angeblich anstandslos in ein kanadisches um, welches Voraussetzung für den Abschluss einer nationalen Kfz-Versicherung war.
Internationale Führerscheine wurden zwar vom kanadischen Verkehrsgesetz für ein halbes Jahr als Fahrerlaubnis akzeptiert, jedoch nicht bei Versicherungsgesellschaften. Meine Planungen beliefen sich auf achtzehn Monate. Die Regeln in den USA erforderten in den meisten Staaten zur Umschreibung zwar keine praktische Prüfung, doch hatte man (frau) ein theoretisches Examen zu absolvieren. Das war mir mit 63 Jahren und vierzig Jahren straffreiem Führerschein nun doch zu albern.
Als dritter Grund waren meine wohnmobilerfahrenen Freunde zwischen Toronto und Montreal zu erwähnen, welche mir beim Erwerb eines gebrauchten Wohnmobils behilflich sein würden und deren Adresse ich als kanadischen Stützpunkt angeben konnte. Eine gültige permanente Anschrift war für ein derartiges Unterfangen unerlässlich. Wie wichtig und hilfreich dies war, sollte sich später herausstelle.
Nun gut! Nach ausgiebiger Suche kamen im Sommer 2013 einige Fahrzeuge in Frage. Mein Freund Richard und seine Frau besuchten die Objekte und nahmen ihren Generalzustand in Augenschein. Immer wieder musste ich hören: „Lass‘ die Finger davon!“ Dann plötzlich ein Anruf über Skype: „I have bought an RV for you!“ Ich hatte mir im Netz ein weiteres Fahrzeug ausgesucht, für ca. 8500.- CAD. Richard hatte den Anbieter auf 7500.- CAD heruntergehandelt. Ok! Das Auto hatte ein paar Jahre auf dem Buckel, war nach Prüfung in einem guten Zustand und hatte angeblich nur 76 000 Kilometer auf seinem Tacho. Das konnte interessant werden …
So buchte ich einen günstigen Flug für Oktober nach Montreal (was wiederum etliche Zeit am PC in Anspruch nahm), um mein neues Vehikel zu begutachten und alle verwaltungstechnischen Angelegenheiten vor Ort und persönlich zu erledigen. Vorher hatte ich jedoch eine geeignete günstige Versicherung ausfindig zu machen. Das war leichter gesagt als getan. Mehr als fünfundzwanzig Versicherungsgesellschaften wurden von mir über Internet kontaktiert, um ein akzeptables Angebot einzuholen. Viele waren gar nicht interessiert und antworteten nicht einmal, einige hatten ein unverschämt hohes Preisniveau. Nur ein „Broker“ war in der Lage, mir ein brauchbares Angebot zu unterbreiten. Seinem Engagement war es letztendlich zu verdanken, dass wir ins Geschäft kamen. Somit konnte Phase zwei beginnen.
Geldbörse auf! Geldbörse zu!
Überraschungen garantiert!
Mein Zehntage-Aufenthalt in der Provinz Ontario war nahezu überfüllt mit Aktivitäten. Dazwischen lagen unnötiger Weise etliche Feiertage, wie zum Beispiel Thanksgiving, an denen uns die Hände gebunden waren, weil kein Büro arbeitete.
Um überhaupt an irgendwelche Papiere zu gelangen, mussten wir erst einmal die Verkaufssteuer berappen. Da wir den Kaufpreis insgeheim für das Amt auf 4500.-CAD dezimierten, fiel sie dementsprechend gering aus („nur“ rund 600.-CAD). Wir erhielten dafür die sogenannte „History“ des Gefährtes. Darin waren alle Vorbesitzer und Kilometerleistungen des Autos aufgelistet. Beim detaillierten Studium entdeckte ich mit Verwunderung, dass aus den geworbenen 76 000 Kilometern plötzlich 125 000 Kilometer geworden waren. Hatte uns der Vorbesitzer gelinkt? War der Tachometer manipuliert gewesen? Wir baten ihn um ein Gespräch. Es stellte sich heraus, dass er in der Annonce Meilen angegeben hatte, sich jedoch in der Bezeichnung geirrt hatte. Auf Grund der daraus resultierenden Wertminderung handelten wir weitere tausend Dollar herunter. Noch freute ich mich darüber.
Die nächsten Schritte waren der Sicherheits- und der Emissionstest. Sie sind bei jedem Kauf oder Verkauf eines Fahrzeuges zu tätigen – entweder vom Vorbesitzer oder vom Käufer. Also ab in die Werkstatt! Nach einer kurzen Prüfung eröffnete man mir, dass umfangreichere Reparaturen als angenommen notwendig wären. Kostenpunkt 2500.- CAD! Plus der erforderliche Abgastest mit …. Ich hatte keine Wahl! Zähneknirschend unterschrieb ich den Werkstattauftrag.
Deshalb ging der Profit der beiden Reduzierungen komplett flöten. Verkehrstechnisch war mein neues rollendes Heim jedoch nun absolut sicher. Als geringe Gegenleistung wollten wir vom Händler eine Bestätigung, dass der Propangastest in Ordnung gehen würde. Wir hofften, wenigstens hier eine Kleinigkeit einsparen zu können. Dies wurde auf der Rechnung wunschgemäß vermerkt. Der Gas-Sicherheitstest wurde einzig von der Versicherung verlangt.
Somit marschierten wir erneut mit den vorhandenen Dokumenten ins staatliche Verkehrsamt um den Aufkleber für die Kfz-Steuer zu erwerben. Die Dame am Schalter war nicht von der einnehmenden Seite und machte uns darauf aufmerksam, dass die Steuer des Wohnmobils noch bis zum Jahresende beglichen sei. Da das Gefährt sowieso bis Mai 2014 in der Scheune stehen würde, könnten wir uns die Ausgaben sparen und erst bei meiner Rückkehr nach Kanada die Forderungen begleichen. Herzlichen Dank!
Endlich konnte ich mein Wohnmobil in sein ummauertes Winterquartier bringen und war für seinen sechsmonatigen Schlafplatz 450.-CAD leichter.
Ohne die fahrtechnische Hilfe meiner Freunde wäre ich bei diesem ständigen Hin und Her total aufgeschmissen gewesen und würde heute noch von Büro zu Büro unterwegs sein. Es war mir nämlich aus versicherungstechnischen Gründen nicht erlaubt, mein eigenes Fahrzeug zu lenken, da ich noch keinen kanadischen Führerschein besaß. Ich benötigte aber meine deutsche Fahrerlaubnis noch für die Winterreise nach Spanien. Daher wollte ich ihn nicht bereits jetzt umschreiben lassen. So wurde zwar ich als Besitzer des Autos mit allen Rechten und Pflichten bei der Agentur geführt, doch Richard war als mein Fahrer mit kanadischem Schein verpflichtet worden.
Diese Regelung empfand ich als absolut grotesk, denn mit dem internationalen Führerschein konnte ich ein halbes Jahr überall in Kanada herumkurven und mir jedes Leihauto nehmen. Nur nicht mit dem eigenen kanadischen Vehikel! Es lebe der Bürokratismus.
Wir glaubten, nun endlich alles unter Dach und Fach für den großen Trip zu haben. Zufrieden kletterte ich nach getaner Arbeit in meinen Flieger zurück nach München, nicht ohne einen Kanutrip auf dem See vor Richards Haus unternommen zu haben – an einem wunderschönen Tag des beginnenden Indian Summers.
Schock bei der Rückkehr: Mein Versicherungsmakler teilte mir über Email mit, dass die Versicherung einen offiziellen Gastest wünsche und die Anmerkung der Werkstatt auf der Reparaturbescheinigung nicht genüge. Die Frist für die vorläufige Versicherung würde jedoch in den nächsten Tagen ablaufen. Somit musste Richard das Vehikel wieder aus dem begonnenen Winterschlaf erwecken, eiligst einen Mechanikertermin vereinbaren und die Bestätigung der erfolgreichen Überprüfung an den Agenten weiterleiten – und das alles im Eilverfahren! Weiterer Kostenpunkt 64.- CAD. Ein Dank den technischen Möglichkeiten des Internets, da ich sonst vollkommen aufgeschmissen gewesen wäre. Konnte ich mich nun endlich beruhigt zurücklehnen und den spanischen Winter genießen? Noch traute ich dem Frieden nicht. Doch als ich auf dem Visabeleg sah, dass die Versicherung die Summe rund 500.-CAD (350.-Euro) für das erste Jahr abgebucht hatte, schloss ich für mich die Aktivitäten von Phase zwei ab!
Ankunft Mitte Mai 2014
Kanadische Fahrerlaubnis
Nicht so simpel wie angenommen
Mai 2014 – wir sind nach acht Stunden Flug auf dem Nachbarkontinent in Toronto angekommen! Knuffi überstand den Flug ruhig und ohne Protest. Für Wurschtel, meinen freiheitsliebenden Wegbegleiter war es anstrengender. Eingesperrt zu sein, war gleichbedeutend mit Gefängnis für ihn. Richard stand bereits abholbereit am Ausgang. Diesmal war die gesamte Logistik einfacher als die vorhergehenden Male, weil ich auf Hilfe zählen konnte.
Die Einreise nach Kanada war absolut problemlos. Ich bekam meinen Stempel in den Pass und viele gute Wünsche mit auf den Weg. Für die Hunde musste ich 40.- CAD Eintrittsgebühr begleichen. Der europäische Hundepass wurde anstandslos akzeptiert, obwohl er aus Spanien stammte. Meine alten Pässe hatte ich irgendwo „verschustert“, die Hunde jedoch termingerecht impfen lassen. Somit stand nur eine Impfung im Pass. Vorsichthalber hatte ich jedoch die Kopien der ehemaligen Ausweise in Griffnähe.
Toronto empfing uns mit Stoßverkehr. Wir waren zu einer äußerst verkehrstechnisch ungünstigen Zeit gelandet. Es lagen zweihundertachtzig Kilometer vor uns und wir mussten durch die Stadt und die stark besiedelten Außenbezirke. „Stopp and Go“ war daher angesagt und es gab keine Haltemöglichkeiten, um die Hunde endlich rauslassen zu können. Sie hielten ihre Blase weiterhin tapfer zugebunden und waren glücklich, endlich wieder Frauchen in ihrer Nähe zu wissen. An Aussteigen war auch wegen des Regens nicht zu denken. Es regnete nicht nur, es pisste! Pardon!
Auf halber Strecke konnten wir endlich bei einem „Tim Horten“-Schnellimbiss halten, den Wuffis zu trinken geben und uns selbst mit einer Kleinigkeit versorgen. Tja, man glaubte nicht, wie elastisch Hundeblasen sein konnten! Gegen halb neun Uhr erreichten wir endlich unser Ziel, mitten im kanadischen Busch, an Bob’s Lake. Wir fielen alle drei baldmöglichst in die Federn, denn immerhin war ich durch die Zeitverschiebung heute dreiundzwanzig Stunden auf den Beinen. Morgen würden wir mein neues rollendes Heim in Augenschein nehmen und hierher verfrachten.
Das Wohnmobil sprang problemlos an! Es hatte den kanadischen Winter in seinem festen Quartier gut überstanden. Wir brachten es zur Wohnung meiner Freunde am See, mitten im Wald, sorgsam darauf bedacht, dass die Polizei nicht erkennen konnte, dass wir noch keine Steuermarke geklebt hatten. Das kam später an die Reihe. Zu unserem Weg ins Abenteuer fehlte vorerst noch der gültige Führerschein. Nichts leichter als das – dachten wir.
Deshalb bemühten wir uns sofort am nächsten Tag zur Führerscheinstelle, bewaffnet mit den nötigen Papieren, dem Pass, dem Führerschein und wie wir dachten, dem internationalen Dokument. Schließlich beinhaltete letzteres Papier die notwendige Übersetzung in mehreren Sprachen. Die Dame am Schalter eröffnete uns, dass selbiges nicht zugelassen sei und wir eine autorisierte Übersetzung vorzuweisen hätten. So bekamen wir eine Telefonnummer und eine Adresse in Kingston.
Wir sprachen beim Service für Immigration vor und man erklärte uns, dass es eine Woche in Anspruch nehmen würde, die notwendige Übersetzung zu erhalten. Kostenpunkt achtzig Dollar – allerdings mit einer zusätzlichen beglaubigter Kopie! Selbst wenn ich eine autorisierte Übersetzung aus Deutschland vorweisen hätte können, wäre sie nicht akzeptiert worden und das Geld zum Fenster hinausgeworfen.
Richard war derartig aufgebracht über diese unlogische Regelung, dass er nahezu explodierte. Nur langsam konnte ich ihn wieder auf ein normales Niveau zurückbringen. Es war wie es war, ich brauchte das Papier und hatte keine andere Wahl. Hätten wir einen Kostenvoranschlag beantragt, hätte sich die Wartezeit noch einmal um acht Tage verlängert. So hofften wir, dass Ende dieser Woche das Dokument in unseren Händen war, verzögert durch den Labour Day (Feiertag), und wir endlich alle bürokratischen Hürden überwunden hätten.
Seinen Platz für die nächsten Tage fand das „neue“ Wohnmobil mitten im Wald, neben Richards Boot. Nachdem er sein Wasserfahrzeug über den holprigen Waldpfad geschleppt hatte, verschwanden meine Zweifel bezüglich der Größe des Wohnmobils. Wenn wir hier durchkamen, konnte ich mich auch in die Wildnis Kanadas damit wagen!
In der Zwischenzeit wollte ich mich der inneren Organisation unserer Drittwohnung widmen. Alle Koffer von der ersten Reise und etliche überdimensionale Plastiktüten lagen dekorativ verstreut auf dem Bett – Chaos hoch drei! Wo beginnen? Ein Behälter nach dem anderen, schön gemütlich! Schließlich brachte ich die Erfahrungen der vergangenen Wochen mit, in denen ich mein heimatliches Mobil auf Hochglanz brachte.
Es wurde nun sortiert, gesichtet, geputzt und geschrubbt. Etliche Ausrüstung hatten die Vorbesitzer auf Wunsch an Bord gelassen. So gab es neben einem Toaster und einem kleinen Heißlüfter auch einen Staubsauger, eine Kaffeemaschine und eine elektrische Einzelplatte zu verbuchen. Die Küche musste mit einigen Utensilien aufgestockt werden. Die Vorgänger schienen keine besonders aktiven Köche gewesen zu sein. Es lebe die Mikrowelle und abwaschfreies Fastfood!
Karens Schränke leerten sich, meine füllten sich! Trotz allem war intensives Shopping angesagt, zuerst bei „Dollarstore“ für Massenware, später bei „Walmart“ für Spezielles. Ein Lob der Kreditkarte! An was man nicht alles denken musste, von der Warnweste bis zum Schraubenzieher! Vom Topflappen bis zu Gewürzgläsern. Von Wäscheklammern bis Überwurfdecken. Die Liste war endlos und wir verbrachten an einem Folgetag fast neun Stunden mit Einkauf von Geschäft zu Geschäft. Somit begann die Sortierarbeit von neuem. Am Ende kam ein ansehnliches Wohnmobil für unsere Ansprüche heraus. Überleben garantiert!
Thema Führerschein:
Schneller als erwartet erreichte uns der Anruf vom Immigrationsbüro, wir könnten die Übersetzung abholen, 62,21 CAD mit Steuern, für den gleichen Inhalt wie im internationalen Führerschein, allerdings auf DIN A4 und mit Prägestempel für die Beglaubigung. Nicht ärgern, nur wundern! Nun schnell zur Führerscheinstelle. Diesmal lief es wie geschmiert: 80.- CAD, Pass, deutsche Fahrerlaubnis, Übersetzung, Sehtest und Foto vor Ort – ich hatte meinen vorläufigen Zettel, gültig neunzig Tage. In drei Wochen würde der richtige Führerschein bei Richard auftauchen. Gültig fünf Jahre! Meine deutsche Fahrerlaubnis wurde eingezogen und angeblich nach Deutschland zurückgesandt. Mal sehen, welche Lösung mir am Ende unseres Abenteuers einfiel.
Bereits am nächsten Tag setzte ich mich mit dem Versicherungsagenten in Verbindung, übermittelte ihm die Führerscheinnummer und war von dem Augenblick an die Verantwortliche für meinen BSLA-920 (Eselsbrücke: Bullshit/Los Angeles – 920) Nichts einfacher als das!
Es fehlte noch die Steuermarke. Kostenpunkt für zwei Jahre: 180.- CAD. Wichtig: ein Duplikat der Steuermarke hatte im Fahrzeugschein eingeklebt zu werden. Wo hatte ich nur dieses wichtige Papier? Panik! Zuhause durchsuchte ich hundert Mal meine Dokumente, schrieb nch Deutschland eine SMS an meinen Nachbarn, doch bitte im Kopierer nachzusehen, machte meine beiden Gastgeber verrückt … und entdeckte den grünen Wisch letztendlich in einem Umschlag mit gesammelten alten und neuen Rechnungen! Alzheimer ließ grüßen!
Eigentlich konnten wir aufbrechen, wenn das Bett nicht so miserabel gewesen wäre. Man spürte jede Sprungfeder. So entschloss ich mich, noch einmal in die Tasche zu greifen und mir eine gute Schaumstoffauflage zu beschaffen. Leicht gesagt! Überall Lieferzeiten bis zu zehn Tagen und Probleme mit Preis und Größen. Karen hing sich ans Telefon und ans Internet. Zuschneiden könnten wir das Ding sicher selbst. Ihrer Geduld und Hartnäckigkeit waren es zu verdanken, dass wir am nächsten Morgen noch einmal nach Kingston düsten und so ein Objekt für 212.- CAD erstanden! Nicht einfach eine Auflage, nein, ordentlich mit festem Stoff bezogen. Mit dem Truck war der Transport einfach, denn das Ding besaß zwar Maße von 1,40 m x 1,90 m, doch das Gewicht war leicht zu bewältigen.
Zuhause trennten wir den Überzug auf und schnitten den Schaumstoff passend fürs Wohnmobil zu. Die schwierigere Arbeit begann nachher: Wir mussten den festen Überzug wieder zusammenflicken. Dies bei meinen handwerklichen Talenten! Gott sei Dank besaß Karen für uns beide ausreichende Fähigkeiten. Die Küche war zum Glück groß genug, dass wir diese Arbeit bewerkstelligen konnten. Ich werde mir gut überlegen müssen, in welche Hände ich nach meiner Tour mein Wohnmobil geben werde, gemessen an den verbogenen Fingern und Nadelstiche bei dieser Sch…-Arbeit!
Ich hatte das Gefühl, dass wir in den nächsten Tagen „Lebewohl“ sagen würden. Langsam wurde ich ungeduldig. Erstens war ich als langjähriger Single nicht mehr daran gewöhnt, mich so absolut in eine familiäre Gemeinschaft einzufügen. Es blieb mir in dieser Woche nicht eine Minute Freiraum – außer zum Berichteschreiben. Beide Gastgeber meinten es in allem nur zu gut und bemutterten mich wie einen Säugling, stopften mich voll mit Ratschlägen und überhäuften mich mit unzähligen Fragen. Hundemüde vom Tagesgeschehen und der ständig präsenten Fremdsprache schwang ich des Öfteren am Abend noch den Kochlöffel, um mich ein wenig für die Hilfsbereitschaft meiner Gastgeber revanchieren zu können.
Unser rollendes Eigenheim für die nächsten 18 Monate: Jahrgang 1991 125 000 km, Benziner 8 m Länge … und sehr durstig
Knuffi (w) und Wurschtel (m), meine beiden Reisegefährten - jeweils zehn Jahre
Einleitung
Neufundland
Kingston, ON – Sydney NS
Nördliche Peninsula – Wikingersiedlung – St. Anthony – erste Eisberge
Von West nach Ost Twillingate und Insel Fogo
Burin Peninsula
Grand Bank bis St. John’s
Rund um St. John’s
Irish Loop – Avalin Wildnis – Cape Shore
Cape Race – St. Mary’s - Holyrood
Baccalieu Trail
Halbinsel Bonavista – Cabot Trail – Random Passage
Road to the Beaches
Road to the Shores
Nova Scotia NS
Louisbourg – Baddeck – Iona – Chéticamp
Cabot Trail – Cape Breton
Eastern Shore – Marine Drive
Lighthouse Route
Acadian Shore – Evangeline Trail
Bay of Fundy – Minas Basin
Nova Scotia – Ausklang
Prince- Edward-Island oder P.E.I. oder PEI
East costal Drive - Charlottetown
Red Sand Shore – Cape North
Abschied mit Musik
New Brunswick – Küstenbereiche
Moncton – Kouchibouguac National Park
Acadian Shore – Fredericton
St. John – St. Andrew – Grenze USA
Gesamt Kanada
Auf direktem Weg nach Neufundland
Kingston (ON) – Sydney (NS)
1800 km – 10 Tage
Ende Mai – Aufbruchsstimmung
Noch einmal verzögerte sich unsere Abfahrt um einen weiteren Tag. Wir hatten bei einem Rundumcheck entdeckt, dass weder Heizung noch Kühlschrank auf Propan funktionierten. So versuchte sich Richard an allen Möglichkeiten, um die beiden Geräte in Gang zu bringen. Wahrscheinlich nur eine Kleinigkeit, doch gewusst wie? Seine gesamten Versuche waren von Misserfolg gekrönt. Dafür versuchte er sich erfolgreicher als Fahrlehrer. Er ließ mich den engen Waldweg zu seinem Cottage fahren, plagte mich mit Rückwärtssetzen und Drehen, ließ mich den Generator in der Wildnis starten und testete mit mir alle Hebel und Schalter. Ich hatte mich an die anderen Dimensionen des Vehikels zu gewöhnen, in Länge sowie in Breite und auch Höhe. Die Automatik war ebenfalls gewöhnungsbedürftig. An Abzweigungen versuchte ich ständig die Gangschaltung zu betätigen. Fehlalarm! Da war nichts! Mein linkes Bein versteckte ich vorsorglich unter dem Sitz, damit es wirklich nicht durch Zuckungen störte. Man glaubt nicht, wie automatisiert manche Handlungen waren. Nach einer knappen Stunde war mein Lehrer mit mir zufrieden und ich musste mich als letzte Prüfung wieder in das Loch vor der Hütte quetschen. Geschafft! Ich hatte bestanden!
Meine Wuffis genossen noch einmal den zusätzlichen Tag in absoluter Freiheit. Hier im Busch herrschte kein Leinenzwang. Sie konnten nach Lust und Laune jeweils erfolglos Eichhörnchen jagen, Chip Monkeys aufstöbern und wilde Truthähne verfolgen. Brav kamen sie immer wieder über kurz oder lang auf meinen Pfiff zurück zur Hütte. Knuffi nahm ab und zu ein erfrischendes Bad im Waldbach, sah anschließend aus wie ein Ferkel und musste zum Abtrocknen vor der Türe warten. Nasse Hunde wurden in dem ordentlichen Haushalt von Karen nicht gerne gesehen.
Wir testeten zwei Nächte unser Bett im Wald, denn Karens Sohn kam zu Besuch und beanspruchte meine Unterkunft. Ich hatte nichts dagegen, etwas kopfüber wegen der Schräglage zu schlafen. Dafür hatte ich einen gewissen Rückzugsbereich für unser Trio und einen Vorgeschmack auf unsere zukünftige Freiheit.
Endlich konnte es losgehen. Wir fuhren an diesem ersten Tag nur hundertfünfzig Kilometer und ließen alle Sightseeing Punkte hinter uns liegen. In Gananoque versuchten wir uns mit 50% Erfolg bei einem RV Händler zwecks Reparaturen. Der Kühlschrank konnte in Gang gebracht werden (… wie vermutet nur eine Kleinigkeit!), doch die Heizung würde einen längeren Check beanspruchen – Wartezeit für einen Termin eine Woche! Das war mir zu lange. Insgeheim beschloss ich, mir das Geld vorerst zu sparen, denn ich fuhr ja dem Sommer entgegen. Schön naiv! Bis zum Herbst war die Heizung vielleicht schon wieder hinüber, wenn ich sie nicht benötigte. Also verschob ich die Werkstatt auf einen späteren Zeitpunkt. Außerdem: Wenn es kälter werden würde, hatte ich immer noch meine beiden lebendigen Wärmflaschen, welche ich um mich wickeln konnte.
Großeinkauf bei Walmart in Brockville. Ich hatte meinen Kühlschrank zu füllen und benötigte noch diverse andere Sachen für mehr Annehmlichkeiten in meinem neuen Zuhause. Gut, dass die Handelskette über große Einkaufswägen verfügte. Die Preise für Lebensmittel und andere tägliche Verbrauchsprodukte in Kanada waren gesalzen! Ich schätzte, sie lagen gut ein Drittel höher als bei uns in Deutschland, wenn nicht sogar um die Hälfte. Mein Budget bedurfte mit Sicherheit einiger Aufstockungen, da das Benzin nicht mehr so günstig war wie auf der vergangenen Reise 2010 – umgerechnet „nur“ 1,00 Euro pro Liter.
Der städtische Campingplatz in Iroquois war mit ein paar kleineren Abweichungen und Drehungen schnell gefunden. Im Normalfall waren die kommunalen Plätze günstiger als die kommerziellen. Für diese Nacht hatte ich den Stellplatz nötig, denn ich musste entsorgen und meine Leitungen vom restlichen Frostschutzmittel befreien: 30.- CAD (gut 21.-€) mit starkem Strom. Wie so oft in Nordamerika war ich mit meinen acht Metern ein Winzling unter den großen Trailern. Neid kam trotzdem keiner auf, denn ich war die beweglichere Schwester der großen Brüder! Wir übernachteten in einer grünen Umgebung, anschließendem Parkgelände und einem Segelflieger-Flugplatz. Ideal für Hundebesitzer! Doch an diesem Abend kam es nur zu einer kleinen Entsorgungsrunde, denn die Einkäufe musste verstaut werden. Außerdem wollte ich endlich eine Kleinigkeit zum Essen, denn seit dem Frühstück hatte ich nichts mehr intus und ohne Siesta war ich in der Regel um neun Uhr abends geschafft.
Den zweiten Reisetag ließen wir in aller Ruhe angehen. Ich wollte vom Stromanschluss profitieren und den Reisebericht des vergangenen Tages in den PC tippen, sowie kurz mit dem Staubsauger durch unsere kleine Wohnung düsen. Der Abend vorher war für mich zu schnell gelaufen. In der Regel war auf den Campingplätzen in Nordamerika die Abreisezeit erst am frühen Nachmittag. Das gab Freiraum für diverse Unternehmungen. Wir starteten gegen Mittag.
Dreihundert Kilometer lagen vor uns. Ich kalkulierte dafür mehr als vier Stunden ein, da Montreal dazwischen lag. Es reichte die Zeit dazwischen für eine kurze Siesta – dachte ich mir. Kurz vor Montreal ging es über die „Grenze“ in die französischsprachige Provinz Quebec. Im Willkommenscenter deckte man mich mit mehr als ausreichendem Informationsmaterial über die gesamte Provinz ein. Gar nicht so einfach, nach dem vielen Englisch den Schalter im Gehirn plötzlich auf Französisch umzulegen! Es klappte überraschend gut und mit zwei Plastiktüten bewaffnet marschierte ich zum WoMo. Halbe Strecke hinter uns, da konnte ich schnell noch den kostenlosen WiFi Service von „Tim Horten“ in Anspruch nehmen und ein kleines Schläfchen halten. Um 15.30 Uhr war ich fit für neue Überraschungen.
Diese ließen nicht lange auf sich warten. Im Schritttempo ging es vierspurig durch die Millionenstadt Montreal (vier Millionen Einwohner mit den Randgebieten und zweitgrößte Stadt Kanadas nach Toronto). Ständig kamen neue Autobahnkreuzungen. Mir war das GPS eine wahre Hilfe, durch den Großstadtdschungel ans andere Ende zu finden. Ich brauchte mehr als zwei Stunden für die Durchquerung, hatte die Nase voll vom konzentrierten Fahren und steuerte geschafft in Trois Rivères einen Walmart an. Zu allem Überfluss begann es aus allen Schleusen zu gießen und defensives Fahren war angesagt. Die großen Trucks nahmen wenig Rücksicht und brausten an mir als Winzling vorbei wie eine Wasserschleuder. Wie fühlte man sich wohl in einem Pkw?
Gegen 19.00 Uhr stand ich vor besagtem Discounter und war geschafft: dreieinhalb Stunden für knapp zweihundert Kilometer. Es gab Essen für alle Insassen, eine sehr kleine Gassirunde und einen Kurzeinkauf beim Gastgeber. Hui, blies der Wind eisig! Schon bereute ich meinen Entschluss, auf die Reparatur der Heizung verzichtet zu haben. Ich hatte meine Genossen im Visier und kam mit einem heißen Tee gut über die Runden. Wurschtel fühlte sich sowieso in meinem Bett am wohlsten. Wenn es sein musste, kam Knuffi gegen Mitternacht oder frühmorgens dazu. Dann lag ich eingequetscht zwischen beiden Herrschaften, ich unter der Bettdecke, sie oben drauf.
Das war bei kühler Witterung von Vorteil, wirkte sich allerdings nachteilig aus, wenn die Temperaturen über zwanzig Grad kletterten.
Wir wechseln die Seite
Um unserem Ziel Neufundland wieder ein Stückchen näher zu kommen, schafften wir an diesem Tag dreihundertzwanzig Kilometer – diesmal ohne Stress. Gemächlich ging es mit Tempo 80km/h weiter auf dem TC #20 Richtung Nordost. Warum so langsam? Mit Erschrecken hatte ich in den vergangenen Tagen festgestellt, dass mein „Baby“ unter enormen Durst litt. 24 Liter Normalbenzin auf hundert Kilometer. Ich konnte mich nicht entsinnen, dass mein vorheriges Gefährt, gleichen Jahrgangs derartig viel soff. Lag das am Diesel und jetzt am Benziner? Keine Ahnung! Nun versuchte ich zu testen, bei welcher Durchschnittsgeschwindigkeit ich am meisten sparen würde. Um mein Gewissen zu beruhigen, legte ich mit folgender Milchmädchenrechnung los:
Kleines Kalkulationsexempel: Bisher war ich im Schnitt etwa 100 km/ h schnell gefahren.
Benzinkosten: 74 Liter Normalbenzin kosteten zu dieser Zeit im Schnitt 68.- € umgerechnet (Visaabrechnung).Also „π mal Daumen“ ein Liter/knapp 1.-€. (Diesel ist um etliches teurer) Damit kam ich 300 Kilometer. Hundert Kilometer kosteten mich demnach mit meiner großen Kutsche nicht ganz 23.- €
Vergleich zum WoMo daheim: In den Tank passen 80 Liter. Angenommener Preis zu dieser Zeit circa 1,35 € der Liter Diesel, macht rund 110.- €. Damit fahre ich gut 500 Kilometer. So kosten mich 100 Kilometer zuhause in etwa 22,00 €. Nimmt man den höheren Benzinpreis bei uns zur Grundlage, dürfte sich der Differenzbetrag noch weiter angleichen. Mit dieser abendlichen Vergleichsrechnung hatte sich mein Schock etwas gelegt. Immerhin war ich um schwerer und größer als mein deutsches Wuschelmobil, was wiederum zuhause den Kilometerpreis hochtreiben würde. Also akzeptierte ich den Durst meines „Babys“. … Ich hatte sowieso keine Wahl!
Das schlechte Wetter hatte sich zwischenzeitlich gelegt. Die Temperaturen bewegten sich allerdings nicht über der Zehngradgrenze. So war auf der Reise auch im WoMo die Heizung angesagt. Die Sonne kam immer mehr zum Vorschein und ab Quebec war der Himmel blank geputzt. Wir wechselten nach der Großstadt, welche wir diesmal problemlos umfuhren, auf die Südseite des St. Lorenz Stromes, da es weiter nördlich nur noch Fährverbindungen gab. Das Gewässer wurde immer breiter und machte scheinbar Brückenbauten zu kostspielig oder gar unmöglich. (Gesamtlänge mit Mündungstrichter 2900 Kilometer – größte Flussmündung der Welt)
Entlang der Strecke wurde viel Landwirtschaft betrieben und immer wieder verschwanden die kleinen Farmhäuser hinter den mächtigen Silos, deren Rundtürme wie die Finger einer Hand alles überragten. Mal führte der TC #1 direkt am Wasser entlang, mal verschlug es ihn mehr ins Landesinnere und außer Felder oder Wald gab es wenig Abwechslungsreiches zu sehen.
Wir lagen gut in der Zeit und so entschloss ich mich für einen Tag Ruhepause im städtischen Camping von Rivièredu-Loup. Nicht zuletzt deshalb, weil uns anschließend unser direkter Weg zur Fähre nach NF von hier aus ins Landesinnere führen würde. Die Preise waren annehmbar, mit allem „Drum und Dran“ 65.- CAD für zwei Nächte (44.-€) und sehr schön mit Blick auf den Strom gelegen. Was ich an den nordamerikanischen Plätzen so liebte, war deren Infrastruktur: Wasseranschluss ans städtische Trinkwassersystem, eigenes Abwasser gleich hinterm Haus und eine Stromstärke von 30 bis 50 Ampere. Das reichte sogar für die ausfahrbaren vier Wände der großen Trailer und deren hochkarätige Klimaanlagen. Davon gab es hier eine Menge. Außerdem verfügte so gut wie jeder Platz über eine Picknickbank und einen Feuerring.
Morgen sollte sich laut Wetterbericht die Sonne zeigen, für übermorgen war Regen angesagt. Carpe diem!
Abendessen, Mittagessen und Kaffee fasste ich am Spätnachmittag zu einer Mahlzeit zusammen und genoss meine Schinkennudeln mit Salat im Freien. Nach dem Abendspaziergang rief die Pflicht und ich setzte mich auf meine vier Buchstaben, um die beiden letzten Tage in den Laptop zu tippen, sowie notwendige Emails abzuschicken. Die nächsten tausend Kilometer würden uns fast ans Ende der Welt führen!
Ruhetag in Riviér-du-Loup
Wir hatten eine fantastische geruhsame Nacht und krabbelten gemeinsam erst um acht Uhr aus unserem breiten Seniorenbett. Wenn ich schreibe gemeinsam, dann meine ich gemeinsam. Wurschtel hielt mich die ganze Nacht warm und Knuffi war es gegen sechs Uhr morgens alleine zu langweilig geworden. Durch die zweite Matratzenauflage hatte sich eine komfortable Höhe für meine alten Knochen eingestellt und erinnerte mich fast an mein Bett zuhause. Es gab am Vormittag etliche Handgriffe zu erledigen und bestimmte Dinge auszuprobieren. Mit Körperpflege und Haushaltspflichten wurde es schnell Mittag. Jetzt aber raus mit meiner Bande zu einem längeren Spaziergang! Noch lachte die Frühlingssonne. Hier war es Ende Mai tatsächlich erst Frühling geworden. Das Grün der Laubbäume leuchtete ausgesprochen frisch und viele entfalteten jetzt erst ihre Blätter. Der Waldbestand vermittelte einen nordischen Eindruck mit vielen schlanken und hohen Nadelbäumen, jedoch kaum ausladend.
Unser kommunaler Campingplatz lag drei Kilometer abseits des Ortskerns in der Nähe der Fähre nach St. Siméon zum anderen Ufer. Wir spazierten ein wenig ans Wasser. Dabei entdeckten wir einen weiteren Campingplatz in der Ebene, höher im Preisniveau und längst nicht so gemütlich wie unsere Parkanlage. Dafür lag er gegenüber eines kleinen Abklatschschlösschens von Neuschwanstein mit permanenter Weihnachtsausstellung, ähnlich wie Käthe Wohlfahrt in Oberammergau ….
Den Ortskern würde ich mir morgen kurz ansehen, wenn wir zum Shoppen beim WM anhielten. Keiner meiner Reiseführer berichtete viel über dieses Städtchen, scheinbar ein ganz normales gewöhnliches „Nest“. Der Spaziergang kostete mich einige Nerven. Besonders Wurschtel war außer Rand und Band. Meine beiden Begleiter mussten sich erst wieder an die Leine gewöhnen. Die zehn Tage absoluter Freiheit in der Wildnis von Karen und Richard hatten sie den Gehorsam total vergessen lassen. Tja, ab und zu musste wieder der andere Wind wehen!
Man hat uns eine Stunde gestohlen …
Früh waren wir heute auf den Beinen! Die erste Helligkeit lockte uns gegen halb sechs Uhr aus dem Bett. Kein Wunder, wenn man am Vorabend bereits um zehn Uhr die Klappen dicht macht. Ich fühlte mich ausgeschlafen. Warum also die kostbare Zeit totschlagen? So standen wir bereits um acht Uhr vor den noch versperrten Türen unseres Lieblingsdiscounters namens WALMART. Wie gewöhnlich war mir einiges eingefallen, was ich zur Verbesserung bzw. Verschönerung meines Haushaltes benötigen konnte.
Halb zehn Uhr Abfahrt Richtung Landesinnere. Der veranschlagte Regen hielt sich mächtig zurück. Er hing zwar drohend in den Hügeln – von Bergen möchte ich nicht sprechen – doch auf die Straße kam wenig Nass. Es ging durch eine freundliche Landschaft, in der das Auge an grünen Kuppen seinen Halt fand. Amüsiert beobachtete ich am Straßenrand immer wieder die Kollisionswarnungen mit Elchen, besonders in der Dämmerung.
Leider hielten sich diese mächtigen Urviecher am Vormittag in ihren sicheren Wäldern verborgen. Bis zur Provinzgrenze von Quebec war die #185 größtenteils wegen Bauarbeiten einspurig, doch man werkelte fleißig am vierspurigen Ausbau dieser Verbindung zur Nachbarprovinz New Brunswick.
Ein großzügiges Informationszentrum hieß uns willkommen und ich deckte mich ordentlich mit Material ein. Freundlicherweise sprach man mich darauf an, dass wir nun zur Atlantikzeit gewechselt waren und somit eine Stunde des Tages verloren hatten. Das kostete mich meine geliebte Siesta.
Edmundston war die nächste größere, im Augenblick, nichtssagende Stadt. Wichtig war mir der nächste größere Walmart zum freien Übernachten.
Mein GPS gab mir für Woodstock eine befriedigende Auskunft. Das war weiter als geplant, lag aber im Rahmen des Machbaren. Ab der Provinzgrenze von „Neu Braunschweig“ kamen wir wieder auf den TC #2 und konnten vierspurig düsen, unterbrochen von einem obligatorischen Tankstopp für mein versoffenes Baby. An den Entfernungen der Tankstellen gemessen, musste ich mir wohl wieder angewöhnen, nach der halben Tankfüllung aufzustocken, denn man wusste ja nie … Die Situation war nicht so gefährlich wie im Yukon, doch Vorsicht war die Mutter … Bei diesem Durst!
Etliche Aufenthalte hätten mich gereizt, wie zum Beispiel Florenceville als selbst ernannte Kapitale der Pommes frites im Kartoffelland, oder Hartland mit der längsten „covered bridge“ der Welt. Sicher wäre auch die Scenic Route durch die Appalachen nicht zu verachten gewesen, oder die Straße entlang des St. John Rivers. Ich riss mich jedoch am Riemen und vertröstete meine Neugier auf den frühen Herbst, wenn ich unseren Weg von rückwärts aufzurollen plante. Mein direktes Ziel hieß nach wie vor Neufundland und ich wollte mich nicht verzetteln.
Der WALMART in Woodstock nahm uns nach zweihundertneunzig Kilometer freundlich auf, wir fanden einen ruhigen Schlafplatz und auch etliche Grünflächen für meine beiden Rabauken. Sogar WiFi konnte ich im WoMo empfangen, doch ich musste mit der hauseigenen Laptopenergie sparsam umgehen. Mit meinem Netbook konnte ich jedoch arbeiten, da ich mit dem Winzling über 2 x 5 Stunden Batterie verfügte. Das reichte allemal bis zum nächsten Camping. Zur Not musste ich den Generator anwerfen, doch der machte zu viel Lärm auf einem öffentlichen Parkplatz.
Wieder ein Stück dem Ziel entgegen
Wenig zu berichten vom heutigen Tag. Wir radelten knapp dreihundert Kilometer, bei herrlichstem Sonnenschein, vierspurig und ständig von Wald umgeben. Eigentlich war es langweilig, weil sich der gesamte Verkehr auf zwei Autos vor mir reduzierte, ein Pkw hinter mir hing und ab und zu mal ein Truck zum Überholen vorbeikam.
Wurschtel begrüßte meinen „cruise controler“ und die Automatik des Fahrzeuges. Somit blieb meine rechte Hand zum Streicheln frei. Das nützte der Lauser zur gegebenen Zeit aus und drückte sich mit aller Kraft gegen meinen Fahrersitz auf der rechten Seite. Weiter kam er nicht, da ich beide Hunde gut gesichert hatte. Knuffi war zufriedener. Sie pennte die meiste Zeit auf dem Beifahrersitz, mal eingerollt, mal den Kopf auf dem Türgriff, damit er nicht runterfällt, mal genussvoll auf der Armlehne. Man merkte allmählich ihre (fast) zehn Lebensjahre. Wir waren alle drei nicht mehr die Jüngsten.
Nach zweimaligen Fehlschlägen verschob ich das Auffüllen meines Propangastankes vorerst auf die nächstgrößere Stadt. Ich wusste von früher, dass diese Beschaffung nicht immer einfach war. Mein Tank mit mehr als vierzig Liter war im WoMo integriert, Gasflaschen daher fehl am Platz. Somit hatte ich zwar mehr Kapazität, doch waren nicht alle Tankstellen mit derartigen Füllanlagen bestückt. Da mein Display leider die Füllmenge nicht anzeigte (kleiner Fehler des WoMo-Alters!), war ich gezwungen, den bisherigen Verbrauch zu schätzen. Soviel ich mich erinnern konnte, hatte ich das Behältnis vor dem Winterschlaf voll aufgefüllt. Seit meinem Start war der Kühlschrank fast durchgehend gelaufen und etliches wurde gekocht. Beim Fahren schwenkte meine alte Dame leider nicht auf Batterie um – dieser Fortschritt war Zukunftsmusik für sie.
Mein Bauchgefühl schickte mich zu einer Ausfahrt, an der ich eine große Tankstelle sichtete und ihr gegenüber einen RV Händler. Spätestens letzterer musste wissen, wo ich gesuchtes Objekt ergattern könnte. Und siehe da! Er hatte einen Propantank vor Ort! Vierzig Liter hatten Platz! Gar nicht so schlecht kalkuliert. Das gab mir Vorrat für mehr als zwei Wochen!
Reichlich müde und gelangweilt trafen wir auf dem Parkplatz vom Walmart in Moncton ein. Nein, ich hatte keinen Bock mehr weiterzufahren. Wir würden auf jeden Fall noch zwei Tage bis Sydney (Nova Scotia) zur Fähre benötigen. Also verbummelten wir den späten Nachmittag mit einigen Verschönerungsarbeiten. Der Abend gehörte dem Literaturstudium und den Reiseberichten. Nicht idyllisch, aber kostengünstig …
Monat Juni
Rote Nase, roter Kopf
Himmel! War das heute Morgen kalt, als wir aus den Federn krabbelten! Magere elf Grad Celsius im WoMo und draußen. Meine Nase fühlte sich dementsprechend rot an. Alles andere war pudelwarm an mir, denn ich lag fest eingepackt unter meiner warmen Decke, beidseitig von der Kälte abgeschirmt durch Knuffi und Wurschtel. Eigentlich hasste ich es, wie in einem Schlafsack eingepfercht zu sein, doch für heute war das ok. Es kostete mich gegen sieben Uhr eine gehörige Portion Überwindung, mich aus meinem warmen Nest zu bewegen, doch die Hunde mussten raus … Gelobt sei, was hart macht! Nach einer großen heißen Tasse Tee ging es langsam aufwärts – mit mir und den Temperaturen.
Ich erinnerte mich an einen Isoliertrick des Vorbesitzers vom ersten amerikanischen Wuschelmobil. Dafür brauchte ich allerdings einen Baumarkt für das Isoliermaterial. Heute, am Sonntag hatte nur WALMART geöffnet. Das konnte später gegen Kälte und Hitze helfen. Auf eine Nachfrage bei WM bezüglich eines passablen Radiators teilte man mir mit, man habe alle entsprechenden Regale modifiziert und nur Ventilatoren für den Sommer im Angebot. Na, dann eben nicht!
Wir hatten einen blinden Passagier an Bord. Zum zweiten Mal hat sich in meinen vier Wänden eine Maus breit gemacht. Schließlich war es hier wärmer als draußen! Zerrupftes Toilettenpapier galt mir als Anwesenheitsalibi! Ich versuchte mich als „Mousetrap“ mit wertvollem Mozarella. Irgendwann in der Nacht schnalzte es, der Käse war verschwunden, aber keine Mäuseleiche zu sichten. Das Mäuschen hatte hoffentlich einen gehörigen Schreck davongetragen und die Flucht ergriffen! Ich jedoch bekam etliche Schläge ab, als ich ohne Brille versuchte, die Mausefalle wieder neu zu aktivieren. Konnte mir überhaupt nicht vorstellen, dass das Vieh nichts abbekommen hatte. Oder war ich dämlicher als eine Maus? Der Köder für die kommende Nacht war erneut ausgelegt.
Sonst hatten meine beiden Pappnasen ständig ihr Riechorgan in irgendwelchen Mauselöchern auf der Wiese. Im Wohnmobil versagte anscheinend dieser Jagdinstinkt …
Am frühen Nachmittag trat während der Siesta ein unerwünschter Nebeneffekt ein. Wie üblich kuschelte sich Wurschtel eng an mich, was mich diesmal zu Schweißausbrüchen veranlasste. Mit rotem Kopf beendete ich meine Verschnaufpause. Inzwischen war es nämlich angenehm warm geworden. Das Wetter meinte es ausgesprochen gut mit uns. Strahlend blau …
Nach knappen sechzig Kilometern überquerten wir die „Grenze“ zur nächsten kanadischen Provinz: Nova Scotia.
Ein freundliches und im Grünen gelegenes Besucherzentrum nahm uns in Empfang. Natürlich gab es wie üblich die kostenlosen Landkarten und Informationsbroschüren zur Region. Sogar einen Abfahrtsplan für die Fähre nach Neufundland hatte man parat.
Hundertsiebzig Kilometer bis New Glasgow – schlechte Straßenverhältnisse, teilweise viele Frostaufbrüche. Auf dem dortigen WM gab es verspätete Mittagspause mit Pancakes und Frühstückswürstel. Ich entschloss mich zu weiteren sechzig Kilometern nach Antigonish. Sie würden uns morgen zugutekommen. Strom, Wasser und Tankkapazität hatten wir ausreichend, also musste und konnte auch für die dritte Nacht ein WM herhalten. Mein Geld sparte ich mir lieber für die National Parks auf Neufundland.
Irgendwann endete der vierspurige TC-Highway und wurde ausgebaut zweispurig. Es war direkt Erholung, wieder „richtig“ fahren zu können, Kurven zu „erleben“ und die Geschwindigkeit zu variieren.
Im Grunde genommen bewegte ich mich jetzt bereits auf meinem Langzeitprojekt für den Sommer 2015. Der Transkanada Highway zieht sich von St. John auf Neufundland quer durch den gesamten Kontinent bis Vancouver, ändert aber immer wieder seine Nummer. Diesen Teilabschnitt würde ich, so die Grobplanung, bei meiner Kehrtwende in fünf Wochen mit Abstechern ausführlich bereisen.
Kurz vor dem Ziel – Fährhafen North Sydney
Auch heute Morgen war es frostig, doch innerhalb kürzester Zeit wärmte uns die Sonne angenehm auf. Zwei Möglichkeiten standen uns bei dieser Witterung zur Verfügung.
Top 1: Wir härteten uns ab und scheuten das Aufstehen nicht. Top 2: Wir bleiben bis um acht Uhr liegen, dann waren die Temperaturen im zweistelligen Bereich. Ich entschied mich für Top 1, denn das Vorwärtskommen war wichtiger. Im Schnitt musste ich zweieinhalb Stunden rechnen, bis wir alle drei startklar waren. Als Single war man für alle Arbeiten selbst verantwortlich, vom Fensterputzen bis zum Hundefüttern und Aufräumen. Das dauerte einfach seine Zeit – wobei Fenster nur sehr selten geputzt wurden!.
Heute lagen die letzten zweihundert Kilometer vor uns. Insgesamt waren wir seit Kingston, ON, eintausendachthundert Kilometer auf der Straße gewesen. Tja, Kanada ist weitläufig!
Es war dieses Mal eine abwechslungsreiche Fahrt, denn wir kamen in Kontakt mit der Insel- und Fjordwelt von NS. Wie immer ein blank geputzter Himmel und frühlingshafte Temperaturen. Die Ortsnamen muteten entweder indianisch an oder gälisch/schottisch. Von Aberdeen über Inverness, Iona und Inverary waren viele typische Ortsnamen aus den schottischen Highlands importiert. Diesmal gab es sogar einige Aussichtspunkte und ich zückte zum ersten Mal touristisch meine Kamera. Wir genossen den ersten Blick aufs sagenhafte Cape Breton und seinem spektakulären Nationalpark!
Nova Scotia – Blick zum Cape Breton
Campingplatz „Arm of Gold“ bei Sydney, NS
Der Highway führte uns auf direktem Weg zur Fähre. Keine Chance für morgen oder übermorgen, einen Platz zu ergattern. Donnerstag wäre die nächste Gelegenheit für 214.- CAD und sechs Stunden Überfahrt. Die Hunde waren frei, solange sie sich im WoMo aufhielten. Das schafften sie allemal!
Kein Problem, dann blieben wir eben vorerst auf dieser Seite des „Kanals“ und ruhten uns jetzt aus, was ich sonst für Neufundland geplant hatte. Ich konnte auch hier meine weiteren Pläne schmieden. Wir kamen auf einem sehr ruhigen Campingplatz unter („Arm of Gold“), für 30.- CAD die Nacht mit allem Service, freiem Internetzugang und Blick aufs Wasser. Hier ließen wir es nun bis zur Abfahrt gemütlich angehen.
Blick zum Cape Breton, NS
Kanadische Provinz Neufundland und Labrador (NL)
Neufundland: 111 390 qkm – 500 000 Einwohner – knapp 10 000 km Küstenlinie – Hauptstadt St. John’s – älteste Stadt Nordamerikas in vergangener Zeit das Armenhaus Kanadas heute: Fischerei, Tourismus und Ölförderung
Von Channel-Port aux Basques zur
Vikingersiedlung L’Anse aux Meadows (700 km)
Wir haben es tatsächlich geschafft! Nach sechs Stunden Überfahrt konnten wir neufundländischen Boden betreten. Ich sage es immer wieder: Gib deine Träume nicht auf! Bleib deinen Vorsätzen treu!
Niemals hätte ich nach meinem Unfall bei Toronto 2010 gedacht, jemals meine Reise in diese entfernte Ecke unserer Welt fortsetzen zu können. Für mich waren damals der Ostteil Kanadas und die maritimen Provinzen aus finanziellen Gründen gestorben. Immerhin war ich auch Jahre älter geworden!
Und nun das! Ich konnte es noch nicht richtig begreifen, als unsere Fähre in Channel-Port-au-Basques einlief. Wir hatten über eine Stunde Verspätung, denn das Schiff konnte wegen des zu niedrigen Gezeitenstandes erst sehr viel später den Hafen in Nord-Sydney verlassen. Das kanadische Festland weinte uns etliche Tränen nach und hüllte sich in Trauerflor, sprich Nebel. Erst bei der Abfahrt lichtete sich der Schleier. Für die Hunde war es wieder eine lange Zeit meiner Abwesenheit, doch sie konnten sich im Mobil frei bewegen, hatten zu essen und zu trinken, sowie ausreichend Wärme und Luft. Sie waren jedenfalls nicht so eingesperrt wie im Flugkäfig. Trotzdem war die Freude überschwänglich, als sie mich nach der langen Zeit wieder erblickten! So eine Liebe und Treue ist einfach herrlich!
Unsere beiden Wartetage auf dem Camping mit dem goldenen Arm hatten wir gut über die Runden gebracht. Der erste Tag war von Faulenzen nach der langen Anfahrt gekrönt, von einem langen Spazierweg rund um den Campingplatz und von Planungen für NF. Am zweiten Tag saß ich den ganzen Vormittag am PC und reservierte einen Provincial Park nach dem anderen für unseren Rundtrip. Es war gerade noch rechtzeitig für die meisten Campgrounds, bei einigen für Ende Juni hatte ich bereits das Nachsehen! Ich suchte mir WALMARTS heraus und begutachtete kommerzielle Plätze im Internet. Auch der „Gros Morne NP“ verlangte eine vorausschauende Reservierung.
Bei all meinen Recherchen wurde mir mehr und mehr bewusst, dass ich mit einem Monat Aufenthalt absolut nicht über die Runden kam – außer mit Stress. Das sah ich nicht ein. Deshalb ließ ich die Planung bis Ende Juli laufen. Ich wollte mir diese Zeit nehmen, denn mit Sicherheit kam ich nicht mehr in diesem Leben hierher, um Versäumtes aufzuholen.
Channel-Port aux Basques begrüßte uns, wie es sich für Neufundland gehörte: Eisig kalt und im Nebel, mit restlichem Schnee auf den niedrigen Hügeln. Wohlgemerkt: Wir schrieben Anfang Juni! Es war inzwischen acht Uhr geworden (viereinhalb Stunden Zeitdifferenz zu Bayern) und die Hunde mussten dringend raus. Also hielten wir kurz am Informationszentrum am TCH #1 auf dem Weg zum „Cheeseman PP“. Ich deckte mich vorsorglich mit Material ein, führte die Hunde eine erquickliche Runde – wie einige andere Fährengäste auch – und machte mich auf die Socken zum Übernachtungsplatz. Hier konnte ich mich sogar mit Strom versorgen, was nicht überall der Fall war.
Nach der Abfütterung lagen meine beiden Begleiter zufrieden und satt auf diversen Sesseln und Teppichen. Wenn sie nur ahnen könnten, dass sie zu den Hunden mit der meisten Reiseerfahrung und den weitesten Entfernungen Bayerns gehörten! Sie würden vor Stolz platzen …
Ich versuchte noch kurze Zeit die Elektrizität zu nutzen und meine Berichte zu verfassen. Im Grunde genommen war ich so schläfrig wie meine beiden Mäuse und begab mich nach dem Bildereinfügen ebenfalls in die Waagrechte.
Fähren in Sydney, NS mit Rückblick auf die Stadt
Ankunft auf Neufundland (NL) Channel-Port aux Basques
Neufundland ist nicht Spanien!
Das war mir heute Morgen klar geworden, als ich die Augen aufschlug! Schon heute Nacht hörte ich den Regen auf unser Dach plätschern, doch als ich gegen sieben Uhr aus dem Fenster blickte, sah ich überhaupt nichts mehr – nur noch dichtesten Nebel … Dazu kam ein eisiger und kräftiger Wind. So etwas kannte ich doch aus Schottland, oder nicht? Da konnte ich mir jede Besichtigungstour abschminken. Es stand ohnehin einiges Organisatorisches auf dem Plan. Drei Stunden „Morgengymnastik“ und wir waren gegen elf Uhr startklar.
Es folgte ein kühner Sprung von mir ins gestrige Besucherzentrum, um nicht auf einen Schlag durchweicht zu werden. Ich wollte dort meine Mails einsehen, da wider Erwarten im Provincial Park kein Empfang war und mir gleichzeitig noch meine Reservierungsbestätigungen der nächsten Tage abrufen, denn mir fehlten zwei Übernachtungen in meiner Planung.