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Transformieren Sie Ihre Organisation mit Geschwindigkeit und Effizienz! Schrittweise Verbesserungen reichen nicht mehr aus, um Organisationen dabei zu helfen, die Komplexität, Unsicherheit und Volatilität der heutigen Welt zu bewältigen. In "Change" erforschen die Autoren John P. Kotter, Vanessa Akhtar und Gaurav Gupta, wie Sie nicht-lineare, dramatische Veränderungen in Ihrer Organisation meistern können. Sie werden die aufkommende "Wissenschaft des Wandels" entdecken, die uns lehrt, wie man Organisationen aufbaut - von Unternehmen bis hin zu Regierungen -, die sich schnell verändern und anpassen können. Im Buch erfahren Sie: - warum die Fähigkeit von Organisationen, mit Bedrohungen umzugehen und Chancen angesichts immer größerer Komplexität und Unsicherheit zu nutzen, ernsthaft in Frage gestellt wird. - detaillierte, evidenzbasierte und umsetzbare Lösungen für den Umgang mit institutionellem Widerstand gegen Veränderungen. - Fallstudien und Erfolgsgeschichten von Organisationen, die die Fähigkeit, sich schnell zu verändern, erfolgreich in ihre DNA eingebaut haben. - einen allgemeingültigen Ansatz, um die Ergebnisse verschiedener Veränderungsbemühungen dramatisch zu verbessern, einschließlich: Strategieumsetzung, digitale Transformation, Umstrukturierung und mehr. Kotters neuestes Buch ist perfekt für Manager, Führungskräfte und Leiter in Unternehmen aller Arten und Größen. Nicht nur für sie, sondern auch für andere Fachleute, die diese Organisationen betreuen, wird sich "Change" als wertvolle Bereicherung erweisen. Das Buch ist ideal für alle, die einen bewährten Ansatz für die Erreichung von schnellen, nachhaltigen und umfassenden Ergebnissen suchen.
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Seitenzahl: 287
Das englische Original erschien 2021 unter dem Titel Change. How Organizations Achieve Hard-to-Imagine Results in Uncertain and Volatile Times bei John Wiley & Sons, Inc., Hoboken, New Jersey.
Copyright © 2021 by Kotter International, Inc.
All rights reserved. This translation published under license with the original publisher “John Wiley & Sons, Inc.”
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Print ISBN: 978-3-527-51098-6
ePub ISBN: 978-3-527-83775-5
Umschlaggestaltung: Susan Bauer, Mannheim (Inspiriert vom Originalcover von John Wiley & Sons, Inc.)
Cover
Titelblatt
Impressum
Vorwort
Teil I: EINFÜHRUNG
1 Bedrohungen und Chancen in einer sehr unbeständigen Welt
»Der Sturm geht jetzt erst los«
Die Herausforderung: Die Welt wird immer unberechenbarer, unsicherer und unbeständiger
Veränderung: Problem und Lösung
Der Einsatz
Notes
2 Die neue Wissenschaft der Veränderung
Die menschliche Natur: Das System von Überleben und Entfaltung
Die »moderne« Organisation
Change-Leadership: Erfolg und Scheitern
Die drei Strömungen
Teil II: ES GIBT EINE BESSERE ART DER BESCHLEUNIGUNG
3 »Strategische Planung«, die
Ergebnisse
liefert
Eine allzu normale Geschichte über Strategie
Die bei Formulierung und Ausführung von Strategien vorherrschende Veränderungsmethode
Warum diese Methode?
Unzulänglichkeiten in der Methodologie
Strategie als Triebkraft einer Mobilisierung, die
Ergebnisse
schafft
Eine bessere Methode in einer unbeständigen Welt
Wenn wir unsere Herangehensweise an die Strategie nicht ändern
4 Digitale Transformation, die wirklich transformatorisch wirkt
Die digitale Revolution
Welche Herausforderung stellt die digitale Transformation für Organisationen dar?
Das Problem mit den Daten
Eine gelungene SAP-Einführung
So gelingt die digitale Transformation
5 Restrukturierung, die weder die Innovation noch die Zukunft vernichtet
Erreichen Sie zunächst kaum vorstellbare Resultate
Die Herausforderung bei Restrukturierungen
Das wachsende Problem mit der traditionellen Methode
Kraft Heinz: Ein warnendes Beispiel
Eine Methode, die mit der menschlichen Natur, der modernen Organisation und einem rasant veränderlichen Kontext vereinbar ist
Aktuelle Situation im Gegensatz zur möglichen Situation
6 Ein Kulturwandel, der Anpassungen unterstützt
Was ist »Kultur«?
Unternehmenskultur und Leistung
Die Kultur verändern
Was führt zu Fehlschlägen?
Veränderung einer eingegrabenen Kultur zur Erreichung besserer Ergebnisse
Unternehmenskultur groß geschrieben
7 Fusionen und Übernahmen, die echten Wert schaffen
Die derzeitige Erfahrungsbilanz von Fusionen und Übernahmen
Integration nach Fusionen und Übernahmen: Die üblichen Fehler
Das Problem mit der Integration und seine Lösung
Wert freisetzen: Das Problem mit Entfusionierungen
8 Agile Methodologien, die nachhaltige und skalierbare Agilität aufbauen
Warum Agile Methoden weder nachhaltige noch skalierbare Agilität hervorbringen
Die Methode mit den zwei Systemen
Es geht nicht nur um Softwareentwicklung
Aufbau eines dualen Systems: Ein Beispiel
Notes
9 Soziale Initiativen, die vielen Milliarden Menschen helfen können
Lektionen aus der Forschung in Organisationen
Soziale Veränderungen auf breiter Ebene sind wunderbar – und enttäuschend
Eine »soziale Bewegung«
Eine soziale Bewegung rund um Führung
Teil III: AM ENDE KOMMT ES VOR ALLEM AUF EINES AN
10 Mehr Führung von mehr Menschen
Management ist keine Führung
Achtung: Warten Sie nicht auf Lincoln!
Eine dramatische Erweiterung der Führung in Aktion
Die richtige Umgebung und Kultur schaffen
Methoden zur Beruhigung des überhitzten Survive-Systems und zur Aktivierung des schlummernden Thrive-Systems
11 Der neue Normalzustand (New Normal)
Lektionen aus der Krise
Die Nutzung der Erkenntnisse über die menschliche Natur für den Umgang mit wachsender Unsicherheit und Komplexität
Die Rekonstruktion der modernen Organisation
Weckung von mehr Führungsinitiative bei mehr Menschen zur Herbeiführung der erforderlichen Veränderungen
Was steht auf dem Spiel?
Anmerkungen und Hinweise
Danksagung
Die Autoren
Stichwortverzeichnis
End User License Agreement
Kapitel 1
Abbildung 1.1: World Uncertainty Index
Abbildung 1.2: Das Veränderungsproblem (und seine Chance)
Abbildung 1.3: Die Veränderungslösung
Kapitel 2
Abbildung 2.1: So wirken die natürlichen Anlagen positiv
Abbildung 2.2: Grundsätze der Veränderung
Abbildung 2.3: Es gibt eine Wissenschaft der Veränderung
Kapitel 3
Abbildung 3.1: Ein besserer Strategieansatz in einer Zeit des rasanten Wande...
Kapitel 4
Abbildung 4.1: Tempo des Wandels
Abbildung 4.2: Es gibt eine bessere Methode der Beschleunigung
Kapitel 5
Abbildung 5.1: Restrukturierung, die Innovation nicht abwürgt.
Kapitel 6
Abbildung 6.1: Veränderung der Kultur
Kapitel 7
Abbildung 7.1: Das Problem der Integration nach einer Fusion oder Übernahme...
Kapitel 8
Abbildung 8.1: Ein duales Betriebssystem als Voraussetzung für Agile Prinzip...
Kapitel 10
Abbildung 10.1: Mehr Führungsinitiative von mehr Leuten fördern: Überhitzte ...
Cover Page
Titelblatt
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Fangen Sie an zu lesen
Anmerkungen und Hinweise
Danksagung
Die Autoren
Stichwortverzeichnis
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von John Kotter
Dieser einleitende Abschnitt wendet sich an Interessierte, die gern mehr über die Entwicklungsgeschichte der in diesem Buch dargelegten Gedanken sowie über die sie stützenden Belege erfahren möchten. Wenn Sie nicht zu diesem Personenkreis gehören, schlage ich vor, dass Sie dieses Vorwort überspringen und direkt bei Kapitel 1 einsteigen.
Die Wurzeln der Arbeit, die zu Change führte, liegen mehrere Jahrzehnte in der Vergangenheit. Damals war ich nicht auf das Thema der Veränderung konzentriert, sondern mein Interesse galt anfangs der Leistung im weitesten Sinne – und so ist es auch heute noch. Warum leisten einige Organisationen mehr als andere? Warum produzieren einige einzelne Manager und leitende Führungskräfte so viel mehr und wertvollere Ergebnisse? Was ermöglicht es einzelnen Personen und Unternehmen, über längere Zeiträume hinweg ein hohes Leistungsniveau aufrechtzuerhalten? Diese Forschungen waren es, die meine Aufmerksamkeit auf die Themen Change und Leadership lenkten. Sie lieferten immer wieder zwingende Hinweise darauf, dass sich die Welt schneller bewegte. Die Fähigkeit, mit der Realität dieser Beschleunigung fertig zu werden, war ein entscheidender Faktor, der direkt den Kern dieser Leistungsfähigkeit bildete.
Im Lauf von beinahe 50 Jahren haben meine Kollegen an der Harvard Business School und in letzter Zeit auch meine Partner in der von mir mitbegründeten Beratungsfirma Kotter International insgesamt 16 mehrjährige Forschungsprojekte durchgeführt. Ich schätze, dass wir mehr als 600 Organisationen sehr gründlich studiert haben. Die meisten von ihnen waren Unternehmen, aber bei Weitem nicht alle. Wir forschten ebenfalls in Einrichtungen im Gesundheits- und Bildungssektor, in Regierungsbehörden, religiösen Einrichtungen und anderen Nonprofit-Sektoren. Wir beobachteten und befragten zahllose einzelne Fachkräfte, Manager und Vorstandsmitglieder aus nächster Nähe – auch hier hauptsächlich, aber bei Weitem nicht nur in Unternehmen. Die allererste Studie dieses Programms betraf sogar 20 Bürgermeister in Großstädten, die während der unruhigen 1960er-Jahre im Amt waren.
Innerhalb der einzelnen Projekte sammelten wir unsere Informationen zwar auf jeweils unterschiedliche Art und Weise, aber allen war gemeinsam, dass wir durch Beobachtung und Interviews so viele Einzelheiten zusammentrugen, wie es für Fallstudien erforderlich gewesen wäre. Bei keinem der Projekte verließen wir uns lediglich auf Umfragen oder anderweitig erzeugte Datensätze. Die Methode, mit der wir diese Informationen zu einem sinnvollen Ganzen ordneten, könnte man als qualitative Musteranalyse bezeichnen. Die Fokussierung lag unablässig darauf, die Folge von Handlungen zu ergründen, die schließlich zu Erfolgen oder, im Gegenteil, zu Misserfolgen führten.
Ich denke, dass dieses Forschungsprogramm, bei dem wir aus nächster Nähe die Siege und Kämpfe von Organisationen in einer immer unbeständigeren Welt untersuchten, in dieser Form das größte ist, das je unternommen wurde.
Darüber hinaus nutzten wir im Rahmen der Beratungsorganisation Kotter International in den letzten zehn Jahren die Möglichkeit, die Forschungsergebnisse in leicht zugängliche Playbooks zu verwandeln. Wenn wir dann mit Personen arbeiteten, die diese Playbooks umsetzten, beobachteten wir im Detail, welch großen Unterschied unser erweitertes Verständnis von Veränderungen in der Praxis ausmachen kann. Das Ergebnis: In einem Projekt nach dem anderen kam es dazu, dass Vorstände zu irgendeinem Zeitpunkt etwas in der folgenden Art aussagten: »Was wir erreicht haben, hätten die meisten der hier Beschäftigten noch vor zwei oder drei Jahren kaum für möglich gehalten.«
Wir publizieren die Berichte über unsere Arbeit auf vielfältige Weise, beispielsweise über Bildungsprogramme, Artikel in der Harvard Business Review, Vorträge, Blogs und die wichtigsten Presseorgane, aber unser wichtigstes Medium sind Bücher. Es wurden 21 Titel veröffentlicht und zwölf von ihnen waren Bestseller. Das Pinguin-Prinzip und Das Prinzip Dringlichkeit erreichten die Bestsellerliste der New York Times und das Pinguin-Prinzip stand außerdem ein Jahr lang auf Platz eins der Wirtschaftssachbücher in Deutschland und mehr als ein Jahr lang in den Niederlanden.
Dreizehn dieser Bücher wurde die Ehre zuteil, in Listen der besten Sachbücher des Jahres zum Thema Wirtschaft oder Management aufgenommen zu werden. Accelerate (2014) wurde beispielsweise von der Zeitschrift Inc., dem Sankt Petersburger Wirtschaftsforum, von strategy+business und dem Chartered Management Institute zum besten Buch des Jahres gekürt. Leading Change (1996) ist das wohl bekannteste dieser Bücher. Es wurde in 26 Sprachen übersetzt und vom Time-Magazin zu einem der 25 einflussreichsten Managementbücher aller Zeiten gewählt.
Das jüngste Projekt, aus dem dieses Manuskript entstand, nahm formal vor vier Jahren seinen Ausgang. Damals bildeten wir bei Kotter International eine Forschungsgruppe, die sich auf die jüngsten Erkenntnisse der Gehirnforschung konzentrierte. Wir kamen rasch zu dem Schluss, dass sich dieser Forschungszweig in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten sehr stark weiterentwickelt hatte. Zudem stellten wir fest, dass er sehr große Übereinstimmungen mit unseren eigenen Beobachtungen über die »menschliche Natur« und ihre Rolle bei der Erleichterung oder Blockierung von Veränderung und Innovation aufwies.
Uns schien, als habe die Kombination aus Erkenntnissen der Gehirnforschung, unserem jahrzehntelangen Forschungsprogramm, der wachsenden Liste wichtiger Beratungserfahrungen und einigen Pionierergebnissen aus den Bereichen der Unternehmensgeschichte, der Organisationsforschung, Leadership und sozialen Anthropologie zahlreiche bedeutende Implikationen für die Frage, warum uns Menschen Veränderungen so schwerfallen und was Führungskräfte tun können, damit wir auf Bedrohungen und Gelegenheiten erfolgreicher reagieren. Durch diese Perspektive erhielten wir auch neue Einsichten in die kausale Dynamik der Entstehung von Beobachtungen, die wir immer und immer wieder machten – in die Ursachen, warum manche Unternehmen viel mehr leisten als andere.
Mehr denn je bestätigte diese letzte Runde der Forschungsarbeiten nicht nur die Belege für einige unserer Thesen, sondern sie erweiterte und ergänzte auch unsere frühere Arbeit auf neue und vielversprechende Weise.
Auf den folgenden Seiten werden wir nun unter anderem die folgenden Themen näher untersuchen:
Eine Umgebung, die sich immer schneller und auf immer komplexere Art und Weise verändert, beispielsweise auch durch sogenannte »disruptive« Neuerungen, ist womöglich nicht mehr nur ein Faktor, sondern
die
zentrale Kraft, die die Herausforderungen formt, denen Organisationen und Individuen heute gegenüberstehen.
Weder die menschliche Natur noch die häufigste Form der modernen Organisation sind für die Bewältigung derart umfassender und schneller Veränderungen geschaffen. Im Gegenteil: Unser stärkster unwillkürlicher Impuls richtet sich auf Stabilität, Effizienz, Verlässlichkeit, eine schnelle Ausmerzung von Bedrohungen und vor allem auf das kurzfristige Überleben.
Aus diesem Grund klaffen die Geschwindigkeit, Stärke und Komplexität der Veränderungen im Umfeld der Organisationen und die Fähigkeit eines fest verdrahteten Unternehmens sowie der Menschen, mit ihnen Schritt zu halten, immer weiter auseinander. Diese breiter werdende Kluft ist Gefahr und Chance zugleich, denn die Organisationen sind bemüht, sich agil an die Realitäten in der äußeren Umgebung anzupassen und ihnen, wenn möglich, sogar vorauszueilen.
Nichtsdestotrotz lassen sich zumindest einige (oder auch viele) Unternehmen so führen, dass diese Lücke sich schließt oder wenigstens verringert. Diese Unternehmen kommen mit schnellen Veränderungen wesentlich besser zurecht, als es die Norm ist, und sogar erstaunlich viel besser als die Unternehmen, die am meisten zu kämpfen haben. Sie lassen sich in die Lage versetzen, relevante externe Veränderungen frühzeitig zu erkennen und ebenso rasch geeignete Reaktionen zu konzipieren oder anzupassen. So erzielen sie Ergebnisse, die sich sogar die eigenen Beschäftigten kaum vorstellen konnten.
Die bewusste und wohldurchdachte Verbesserung der Reaktionsfähigkeit und Schnelligkeit von Individuen, Teams und Organisationen, und sei sie noch so gering, könnte sich auf das Leben von sehr vielen Millionen Menschen auf der ganzen Welt sehr stark positiv auswirken.
Im Lauf der vergangenen Jahrzehnte, und vor allem in den letzten vier Jahren, haben wir vieles gelernt, das erst noch in breitem Umfang eingesetzt werden muss. Unsere jüngsten Forschungen und Beratungserfahrungen bestätigen zum ersten Mal die Existenz eines wachsenden Forschungsfelds, das sich mit Veränderung – und hier vor allem mit Veränderungen in großem Maßstab – beschäftigt und das wir unbedingt möglichst schnell begreifen und umsetzen müssen.
Wir wollen in diesem Buch auf konkrete und umsetzbare Weise aufzeigen, wie diese neue Wissenschaft – mit Wurzeln in der Neurologie, Organisationsforschung, Geschichte des Unternehmertums, Leadership und anderen Bereichen – begreifbar und anwendbar gemacht werden kann, damit sie die so dringend notwendigen Fortschritte ermöglicht.
Die Liste der Personen, die zu dieser Arbeit beitrugen, ist sehr lang. Sie beginnt mit meinen Kollegen in Harvard und erstreckt sich bis hin zu meinen Partnern und Klienten bei Kotter International. Es ist mir gelungen, einige dieser Danksagungen am Ende des Buches unterzubringen. An dieser Stelle möchte ich zunächst allen zusammen meinen tief empfundenen Dank aussprechen.
John Kotter im März 2021
Während wir dies niederschreiben, durchleben wir gerade einen außergewöhnlichen Höhepunkt der Unsicherheit, Veränderung und Volatilität, der durch die Covid-19-Pandemie verursacht wird. Viel wird darüber diskutiert, wie wohl in Zukunft der »neue Normalzustand« aussehen wird. Diese Diskussion ist zwar interessant und oft auch provokativ, aber ebenso häufig führt sie uns weit in die Irre. Wenn wir diese Pandemie als einmaliges Phänomen betrachten, bleiben wir womöglich passiv und übersehen die wichtigste Lektion: Diese Krise ist keine Ausnahmeerscheinung, sondern ein vorläufiger Höhepunkt in einem Trend, der bereits seit Langem anhält und tiefgreifende Wurzeln hat.
Genauer gesagt ist es so, dass sich, allgemein betrachtet, die Stärke, Komplexität und Unberechenbarkeit der Veränderungen in unserer Umwelt in Wellen erweitert, und zwar schon seit der Zeit vor der Industriellen Revolution. So gut wie alle verfügbaren Daten deuten zudem darauf hin, dass sich dieser Trend auf vielfältige Weise fortsetzen wird, auch nachdem sich die gegenwärtige Covid-19-Krise wieder gelegt haben wird. Die Kräfte potenzieller Transformationen beschränken sich nicht auf eine weitere Pandemie, sondern es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Möglichkeiten: Künstliche Intelligenz, andere disruptive Technologien, globale Integration oder soziale und politische Bewegungen, die heute weltweite Wirkungen entfalten.
Darüber hinaus wächst unzweifelhaft die Kluft zwischen dem riesigen Ausmaß der Veränderungen, die um uns herum geschehen, und den eher bescheidenen Veränderungen, die wir erfolgreich und auf sinnvolle Weise in den meisten Organisationen und in unserem Leben umsetzen können. Wie wir Ihnen in den folgenden Kapiteln zeigen werden, wird die Trennung dieser beiden Entwicklungen immer gefährlicher – vor allem dann, wenn die Menschen davon überzeugt sind, dass ihre derzeitigen schrittweisen Verbesserungen völlig ausreichen.
Die Risiken, die wir eingehen, werden dagegen immer unnötiger, weil die aktuell im Entstehen begriffene Wissenschaft der Veränderungen, die wir im folgenden Kapitel näher darstellen werden, Schritte zur Dämpfung ungünstiger Auswirkungen anbietet. Diese Informationen sind sowohl verfügbar als auch umsetzbar. Sie gründen auf der Neurologie, Wirtschaftsgeschichte, Organisationsforschung, Leadership und weiteren Bereichen. Wir stellen fest, dass es möglich ist, die Erkenntnisse dieser Wissenschaft in reproduzierbare, erlernbare Methodologien umzuwandeln und sie in Playbooks zu fassen, die in spezifischen Situationen anwendbar sind.
Einige Unternehmen haben diesen Grundstock an Wissen bereits angezapft. Sie mobilisieren ihre Leute und erzielen kaum vorstellbare Ergebnisse, indem sie die Gelegenheiten ergreifen, die ihnen die zunehmende Veränderung bietet. Diese Chancen haben das Potenzial, auch der Gesellschaft insgesamt großen Wert zu liefern.
Am 16. Januar 2020 sagte der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG, Herbert Diess, in seiner Rede vor den leitenden Managern des Konzerns: »Wenn wir in unserem jetzigen Tempo weitermachen, wird es sehr eng. … Der Sturm geht jetzt erst los. … Die Zeit klassischer Automobilhersteller ist vorbei.«1
Wir würden dem nur hinzufügen, dass sowohl unsere formale Forschung als auch unsere Beratungstätigkeit nahelegen, dass der langfristige Trend des Wandels an einen Punkt gelangt ist, an dem das Zeitalter klassischer Unternehmen und Regierungen möglicherweise (bald) vorbei ist.
Ob im Umgang mit niedrigpreisiger Konkurrenz oder mit Wachstumschancen aufgrund von innovativen Produkten oder Übernahmen: Die heutigen Organisationen brauchen mehr Tempo und Flexibilität – in einigen Fällen sogar sehr viel mehr –, damit sie nicht nur mit außergewöhnlichen Ereignissen wie Covid-19 fertig werden, sondern auch mit der unbeständigen Realität unserer Gegenwart und Zukunft. Die Notwendigkeit rascher Anpassungen rückt im weiteren Sinn auch für die ganze Gesellschaft in den Vordergrund. Die Menschheit muss Bedrohungen wie den Klimawandel und die gesicherte Versorgung mit Nahrungsmitteln ebenso in den Griff bekommen wie den Fortschritt hin zu mehr Gleichheit und Wohlstand auf der ganzen Welt.
Einige Unternehmen haben gelernt, den Herausforderungen zu begegnen. Sie identifizieren Trends sehr früh, verändern sich rasch und manövrieren auch bei gefühlten Geschwindigkeiten um etwa 160 km/h noch sehr geschickt. Auf den folgenden Seiten werden wir einige Geschichten von solchen Organisationen erzählen. Wir sind davon überzeugt, dass sie stimmen, weil wir in den meisten Fällen die Entwicklung der Ereignisse persönlich während unserer beratenden Tätigkeit beobachten konnten. Diese führenden Unternehmen sind Vorreiter, von denen alle viel lernen können. Und wir müssen lernen, denn die weitaus meisten Organisationen haben schon zu kämpfen, wenn sie sich bei halbwegs gemäßigten Geschwindigkeiten anpassen sollen.
Die Notwendigkeit der Anpassung ist keineswegs etwas Neues. Schon Benjamin Franklin sagte: »Wenn wir aufhören, uns zu verändern, sind wir am Ende.«2 Neu ist jedoch, wie oft wir uns verändern müssen, wie unglaublich schnell wir uns dabei bewegen sollen und wie komplex und unberechenbar der Kontext ist, in dem wir operieren.
Schon seit Jahrhunderten nimmt das Tempo der Entwicklungen stetig zu. Die Welt verändert sich immer häufiger und auf immer komplexere Weise. Dieser Trend beschleunigt sich nun, da wir aus dem Industriezeitalter ins Informationszeitalter übergegangen sind.
Beispiele für erhöhte Geschwindigkeit und Komplexität lassen sich sehr leicht finden. Die Gesamtzahl der Patente, die vom United States Patent and Trademark Office vergeben wurden, verdoppelte sich von 1960 bis 1990, aber in den letzten drei Jahrzehnten hat sie sich nun vervierfacht. Und während das Telefon 75 Jahre brauchte, um 50 Millionen Anwender zu finden, hatten Mobiltelefone diesen Meilenstein innerhalb von 12 Jahren erreicht und das iPhone sogar schon nach drei Jahren. Eine Studie von IBM aus dem Jahr 2018 gelangte zu der Einschätzung, dass 90 Prozent aller Daten im Internet in den vorhergegangenen zwei Jahren produziert worden waren.
Im Jahr 1965 betrug die durchschnittliche Verweildauer von Unternehmen im S&P-500-Ranking noch 33 Jahre. Heute ist sie um die Hälfte kürzer. Risiken für eine gute Reputation lassen sich zwar schwer quantifizieren, aber sie steigen mit zunehmender Nutzung der sozialen Medien. Es gibt immer mehr laufende Nachrichtenmeldungen und Orte, an denen Mitarbeiter in aller Öffentlichkeit ihr Feedback abgeben können. Glassdoor verzeichnet 32 Millionen individuelle Besucher pro Monat. Diese Beispiele stehen hier repräsentativ für Veränderungen, die sich auch in zahlreichen anderen Zusammenhängen feststellen lassen.
Der zunehmende Wandel um uns herum treibt innerhalb der Organisationen, die uns beschäftigen, die uns mit notwendigen Waren und Dienstleistungen versorgen und die uns regieren, immer umfangreichere Change-Initiativen an. Je nach Branche, Sektor und Region nehmen diese Projekte ein jeweils anderes Gesicht an, aber im Allgemeinen gibt es heute eine viel, viel größere Zahl von Initiativen, die in den Organisationen Veränderungen herbeiführen sollen, als noch vor 30 Jahren. Vor 50 Jahren war bei praktisch keiner Organisation die Rede davon, dass die eigene Kultur verändert werden sollte. Heute dagegen ist das überall der Fall. Die wachsende Zahl der Anstrengungen führt dazu, dass immer mehr Unternehmen eigene Projektmanagementbüros (Project Management Offices, PMO) einrichten.
Abbildung 1.1: World Uncertainty Index
Quelle: Angepasst aus H. Ahir, N. Bloom und H. Furceri (2018) »World Uncertainty Index«, Stanford mimeo. Der WUI errechnet sich aus dem Prozentanteil des Vorkommens des Wortes »uncertain« (»unsicher«) – oder seiner Variationen – in den Länderberichten der Economist Intelligence Unit.
Gemeinsam und in direktem Zusammenhang mit der Erhöhung der Geschwindigkeit und Komplexität der Veränderungen erleben wir in den letzten beiden Jahrzehnten einen steilen Anstieg des Unsicherheitsniveaus. Er ist die direkte Folge komplexer Veränderungen. Die hohe wirtschaftliche und politische Unsicherheit macht es oft schwer, genau festzulegen, welche Initiativen erforderlich sein werden, um die Wettbewerbsfähigkeit erhalten und neue Gelegenheiten ausschöpfen zu können.
Wie wir an den im weiteren Verlauf des Buches beschriebenen Beispielen leider sehen werden, kann die interne Veränderung in den Organisationen mit dem externen Wandel und der Unbeständigkeit nicht Schritt halten. Diese Schwierigkeit hat Auswirkungen auf alles: auf die Qualität und Verfügbarkeit der Gesundheitsversorgung, den Aktienmarkt, die Umwelt, die Erschwinglichkeit von Produkten, die das Leben leichter, interessanter oder zufriedener machen, die Wirtschaft, die Reaktionsfähigkeit der Regierung, die Armut, die Fähigkeit zur Bewältigung medizinischer Notsituationen (einschließlich Pandemien), die Anzahl der Menschen, die ein angenehmes und erfüllendes Leben führen können, und sogar auf die Zahl derjenigen, die unnötigerweise sterben werden. Die Liste ließe sich endlos weiterführen.
In diesem Buch werden wir tief in diese zunehmende Unsicherheit, Unbeständigkeit und Veränderung eindringen. Wir behandeln ihre Implikationen – so, wie wir sie bisher verstehen –, für Menschen, die versuchen, die Unternehmen (und die Gesellschaft) zu verbessern. Wir argumentieren, dass wir ein äußerst großes und unnötiges Risiko eingehen, wenn wir weiterhin nur unsere Fähigkeit zu schrittweisen Anpassungen und Veränderungen verbessern.
Die gute Nachricht lautet, dass wir im Lauf der letzten paar Jahrzehnte sehr viel darüber gelernt haben, warum so viele Menschen und Organisationen so schwer mit Veränderungen zu kämpfen haben, warum eine Minderheit damit sehr gut zurechtkommt und warum mehr als nur einige wenige Menschen wortwörtlich daran zugrunde gehen. Wie Sie sehen werden, wird ein großer Teil dieser Erkenntnisse aus zwar sehr verständlichen, aber auch korrigierbaren Gründen in den meisten Organisationen noch nicht angewandt.
Unser gemeinsames Ringen mit dem Wandel scheint häufig die Schuld von einigen schlecht vorbereiteten, scheinbar inkompetenten oder stur kurzsichtigen Personen zu sein. Geschichten von Unternehmen wie Kodak, Blockbuster oder Borders werden oft als Fallstudien über arrogante, eigensinnige Führungskräfte herangezogen, die sich stur weigern, das Offensichtliche einzugestehen. Im Nachhinein stellen wir infrage, ob sie überhaupt versucht haben, etwas zu verändern. Bis zu einem gewissen Grad treffen diese Vorwürfe zu, aber sie sind nicht die ganze Geschichte und daher teilweise irreführend.
Der große Zusammenhang ist, dass weder die menschliche Natur in ihrem Kern, der schon vor vielen Jahrtausenden in uns angelegt wurde, noch das zentrale Design der modernen Organisationen, das zu großen Teilen eine Erfindung des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts war, für schnelle, flexible und intelligente Veränderungen eingerichtet sind. Sowohl Menschen als auch Organisationen sind so gestaltet, dass sie möglichst effizient und zuverlässig so funktionieren, dass ihr Überleben gesichert ist. Wir sind zwar in der Lage, Dinge zu erfinden und neue Gewohnheiten oder Produkte zu erschaffen, aber diese Fähigkeit ist nicht unsere stärkste Triebkraft – außer bei jungen Menschen und Organisationen. Mit der Reife stellen sich alle möglichen Mechanismen ein, die eher für Stabilität und kurzfristige Sicherheit sorgen. Daher kommt es, dass sich Unternehmen, selbst wenn sie neue Bedrohungen erkennen, oft nicht schnell oder umfassend genug verändern können, um die Probleme zu überwinden.
Heute, im komplexen und sich rasch weiterentwickelnden 21. Jahrhundert, erleben wir angesichts der wachsenden Unsicherheit regelmäßig viel zu langsame Veränderungen, wenn wir Menschen, die für eine längst vergangene Welt »entworfen« wurden, in Organisationen stecken, die ebenfalls nicht für dieses Jahrhundert geschaffen sind. Wir beobachten, dass der Prozess, mit dem Individuen und Organisationen mit den unvermeidlichen Herausforderungen einer Transformation zurechtzukommen versuchen, viel zu schmerzhaft ist. Wir erhalten zu wenig von den erforderlichen Ergebnissen und das auch noch viel zu langsam, selbst wenn dieses Defizit nicht immer sofort offensichtlich ist.
Abbildung 1.2: Das Veränderungsproblem (und seine Chance)
Dieser Kampf ist heute schon die Realität und morgen vielleicht die Katastrophe. Aber das muss nicht so sein. Möglich ist sehr viel mehr.
Wir wissen, dass es so ist, weil wir Beispiele für Erfolge beobachtet haben, bei denen sich die Lücke zwischen der äußeren und inneren Veränderung minimiert oder ganz geschlossen hat. Wenn Unternehmen diese Korrektur gelingt, können sie in eine neue, bessere Zukunft springen, von deren Vorteilen eine breite Masse von Menschen profitiert.
Herausragende Erfolge werden oft einigen wenigen, überlebensgroßen Führungspersönlichkeiten zugeschrieben. Es liegt ein Körnchen Wahrheit in der Behauptung, dass ein einzelner Mensch in bestimmten Situationen eine übergroße Wirkung entfalten kann. Doch sowohl wissenschaftliche Forschungen als auch unsere Beratungserfahrungen ergeben ziemlich eindeutig, dass sich die erfolgreichsten Veränderungen einstellen, wenn die Führungsstärke einer viel größeren Zahl von Menschen mobilisiert wird. Drei Forschungsstränge, auf die wir im folgenden Kapitel näher eingehen werden, erscheinen uns besonders vielversprechend. Sie liefern Erkenntnisse darüber, wie sich dieses erweiterte Konzept von Leadership entfesseln lässt. Die erste Strömung geht aus der Hirnforschung hervor und befasst sich mit der menschlichen Grundnatur und unseren Reaktionen auf Bedrohungen und Chancen. Die zweite kommt aus den Organisationswissenschaften und der Geschichte der Unternehmen und untersucht die Grenzen und Beschränkungen der modernen, »managementzentrierten« Organisation sowie Möglichkeiten zu ihrer Überwindung. Und bei der dritten handelt es sich um einen Zweig der Erforschung von Führungskompetenzen, der sich speziell mit den allzu häufigen Problemen des Change-Leadership beschäftigt.
Abbildung 1.3: Die Veränderungslösung
Zusammengenommen liefern diese drei Forschungsstränge machtvolle Erkenntnisse darüber, wie sich realistisch betrachtet wesentlich mehr Führungsstärke bei einer größeren Anzahl Menschen mobilisieren lässt, sodass sie Veränderungen schneller und intelligenter vorantreiben und damit die Lücke zwischen der externen und internen Realität schließen können.
Am meisten ermutigt uns hier die feste Zuversicht, dass diese knospende Wissenschaft der Veränderung das Stadium der akademischen Analyse bereits hinter sich gelassen hat und echte, häufig dramatische Wirkungen in der realen Welt entfaltet. Im gesamten Verlauf dieses Buches liefern wir Beispiele dafür, dass Organisationen einen stark von der Norm abweichenden Weg wählten und die Methoden und Erkenntnisse dieser neuen Wissenschaft einsetzten. Ebenso ermutigend ist, dass am Erfolg dieser Beispiele keinerlei Zaubertränke oder unmöglich replizierbare Situationen beteiligt waren. Wir beobachten immer wieder aus nächster Nähe, dass Menschen so angeleitet, ausgebildet und motiviert werden können, dass sie auf neue Weise denken und arbeiten, und wenn sie dann gelernt haben, ihre Handlungsweisen agiler anzupassen, hat dies manchmal sehr erstaunliche Auswirkungen auf das Unternehmen und seine Mission.
Die von uns beschriebenen Unternehmen (und noch zahlreiche weitere, auf die wir nicht eingehen) vollbrachten oft wahrhaft unglaubliche Dinge. Sie implementierten völlig neue Strategien, mit denen sie triumphierend aus finanziellen Krisen hervorgingen. In nur 90 Tagen vollzogen sie einen Wandel mit wirtschaftlichen Ergebnissen, die sie zuvor selbst innerhalb von ein oder zwei Jahren noch für unmöglich gehalten hätten – ganz zu schweigen von einem derart kurzen Zeitraum. Diese Unternehmen verbesserten das Engagement ihrer Mitarbeiter und diese Anstrengungen spiegeln sich nun in Auszeichnungen als »Bester Arbeitsplatz« wider. Große, ältere Unternehmen, die mit Innovation zu kämpfen hatten, entwickeln heute bemerkenswert erfolgreiche Innovationen an ihren Produkten, Arbeitsweisen und Strategien. Einigen gelang die intelligente und rasche Veränderung so gut, dass sich ihr Aktienkurs innerhalb von zwei bis drei Jahren, manchmal gar in noch kürzerer Zeit, verdoppelte oder verdreifachte.
Addiert man nun die Zahl der Menschen, auf die sich solche Anstrengungen auswirken, wächst sie sehr schnell. Derartige Verbesserungen bilden den Kern der Vision von Kotter International, die da lautet: »Millions leading, billions benefiting« (»Millionen führen, Milliarden profitieren«). Echte Resultate wie diese sind nicht das Produkt von einfacher Forschung, sondern von praktisch angewandter Forschung. Aus diesem Grund haben wir das Buch so aufgebaut, dass Sie es unmittelbar für spezifische Veränderungen nutzen können, die Sie vielleicht gerade durchmachen oder in Betracht ziehen.
In einer Welt, in der weiterhin mehrere Milliarden Menschen ein Leben führen, das sich nur wenige von uns überhaupt vorstellen wollen, in der wir zunehmenden Umweltproblemen gegenüberstehen, die unsere Kinder und Enkelkinder mit katastrophalen Folgen bedrohen, in der neue Technologien in den falschen Händen, oder für den falschen Zweck eingesetzt, schreckliche Auswirkungen hätten, in der sich Bakterien und Viren in enormer Geschwindigkeit ausbreiten können und in der die herrschende Ungleichheit ernsthaft an der Tauglichkeit der Demokratien zweifeln lässt, brauchen wir sehr viel mehr erstaunliche Veränderungen (und wir können sie auch erschaffen).
Erfahrungen, nach denen Menschen enttäuscht, pessimistisch oder gar zynisch zurückblieben, lassen diese Behauptung vielleicht fraglich erscheinen. Aber es gibt ausreichende Beweise in der Forschung, und hier vor allem in den Erfolgsgeschichten, die den Optimismus stützen.
Diese Beweise stammen aus Fällen, in denen mutige neue Strategien nicht nur teilweise, sondern vollständig in beschleunigten Zeitrahmen umgesetzt werden; bei denen eine digitale Transformation nicht disruptiv verläuft, kein Vermögen kostet und auch nicht ewig dauert; in denen Restrukturierungen große Effizienzen erzeugen, ohne die Produktivität, die Moral und die Innovation abzuwürgen; in denen bemerkenswert rasch und glatt durchgeführte Fusionen oder Übernahmen einen Zusammenprall der Kulturen und die damit verbundenen Probleme gar nicht erst aufkommen lassen und – vielleicht das Schwerste überhaupt – in denen echte, substanzielle Kulturveränderungen Unternehmen voranbringen, sodass sie in eine wesentlich bessere Zukunft vorstoßen können.
Eine Denkschule, die gemeinhin auf den großen Ökonomen Joseph Schumpeter zurückgeführt wird, legt nahe, dass es für das Problem der Veränderung eine bessere Lösung gibt als die, die wir hier anbieten. Schumpeters Lösung heißt »schöpferische Zerstörung«. Wenn eine Regierung beispielsweise größere und ältere Unternehmen nicht mehr schützte und stattdessen jungen Unternehmern Erleichterungen böte, würden die nicht zur Anpassung fähigen Dinosaurier aussterben und durch innovative Jungunternehmen ersetzt. Dann müssten wir die langsamen, wirklichkeitsfremden Unternehmen nicht mehr zur Agilität erziehen, sondern würden sie einfach zurücklassen, sobald sie nicht mehr Schritt halten können.
Selbstverständlich findet schöpferische Zerstörung auch in der heutigen Welt statt, jedoch nicht in ihrer reinen Form, die von einigen befürwortet wird. Diese Reinform ist unrealistisch, weil die Kapital- und Produktmärkte sich nur sehr schwer an eine solche konstante Dynamik aus Geburt und Sterben anpassen könnten – und die Arbeitsmärkte wahrscheinlich überhaupt nicht. Ihnen gelänge es sicherlich nicht, Massen von Arbeitslosen an andere Arbeitsplätze mit ganz neuen Aufgaben zu verschieben, die sehr unterschiedliche Fähigkeiten erfordern und zudem noch an anderen Orten des Landes oder der Welt angesiedelt sind. Wenn Arbeitslosigkeit über einen bestimmten Punkt hinaus immer weiter ansteigt, schafft sie nicht nur massives Leid für den Einzelnen und für Familien, sondern untergräbt auch den Glauben an den Kapitalismus und die Demokratie – vielleicht sogar den Glauben an jegliche Form der Regierung oder jegliches Wirtschaftssystem.
Die Uhr tickt. Die Kluft zwischen dem, was erforderlich ist, und dem, was die meisten Organisationen leisten können, wird immer breiter. Wenn sich eine Organisation, die bisher schlechte Leistungen erbrachte, zur Norm hin entwickelt, ist das selbstverständlich nützlich und wahrscheinlich profitieren auch viele Menschen davon. Aber eine Verbesserung von Note 4 oder 5 auf eine 2 reicht in unserer Welt nicht mehr aus. Gut ist heute nicht mehr gut genug. Für eine riesige Zahl von Unternehmen steht »gut« weiterhin für verschwendete Ressourcen, zu spät eintreffende Ergebnisse, unrealisierten Wohlstand und letztendlich Menschen, die leiden. Und auch ein Aufstieg von der Norm in die obersten zehn Prozent, der sich aber über einen Zeitraum von 20 Jahren hinzieht, ist keine Lösung. Zu vieles bewegt sich viel zu schnell, als dass wir heute noch in Zeiträumen von zwei Jahrzehnten denken könnten.