Chronik der Gemeinde Schloßborn - Christoph Klomann - E-Book

Chronik der Gemeinde Schloßborn E-Book

Christoph Klomann

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Beschreibung

Die Chronik der Gemeinde Schloßborn nach Johann Friedrich Marx beschreibt die Entwicklung eines Taunusdorfes von den frühesten Zeiten bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Als langjähriger Bürgermeister von Schloßborn, sammelte Marx alle ihm zur Verfügung stehenden Dokumente, Urkunden, Gemeinderechnungen und Informationen vergangener Zeiten und schrieb diese in 2 Bänden, handschriftlich in Sütterlin, auf über 300 Seiten, in den Jahren 1946/47 mit Ergänzungen bis 1952 nieder. So entstand eine Zeitkapsel, die nicht nur für Schloßborn, sondern auch für viele andere Taunusdörfer stellvertretend steht. Dem Heimat- und Geschichtsverein Schloßborn ist es nun gelungen, nach 77 Jahren, zu seinem 25-jährigen Jubiläum, diese beiden, geschichtsträchtigen Bände zu transkribieren und in Form eines 372-seitigen Buches zu veröffentlichen.

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Herausgegeben vom Heimat- und Geschichtsverein Schloßborn 1999 e.V. zum 25-jährigen Jubiläum

Johann Friedrich Marx *3.11.1881 †im Mai 1955 Bürgermeister der Gemeinde Schloßborn Verfasser dieser Chronik

Vorwort

Als ich 2015 dem Heimat- und Geschichtsverein beitrat, war eine meiner damit verbundenen Absichten, die sogenannte „Marx´sche Chronik“ zu veröffentlichen. Ich hatte schon viel von ihr gehört, in vielen Publikationen Schloßborner Heimatforscher wie Anton Horn, Alwin Klomann, Friedel Conrady oder Hermann Gossenauer, auch Auszüge oder Zitate gelesen, und sie doch nie als Ganzes zu Gesicht bekommen. Sofort nach meinem Eintritt begann ich also, Joachim Frankenbach, den damaligen Vorsitzenden des Heimat- und Geschichtsvereins für mein Vorhaben zu gewinnen. Joachim gründete auch gleich eine Kommission zur Aufarbeitung der Schloßborner Geschichte, der ich beitrat. Jedoch ging Joachim das Thema in einer etwas anderen Art und Weise an, als ich es mir gewünscht hätte. Er sammelte alle möglichen Beiträge zur Schloßborner Geschichte von den unterschiedlichsten Personen, aber auch überörtliche Beiträge und wissenschaftliche Publikationen, die mit der reinen Ortsgeschichte Schloßborns oder der Marx´schen Chronik wenig gemein hatten. Da ich auf dieses Vorgehen nur wenig Einfluss hatte, ging ich 2017 mit der Veröffentlichung eines Buches über die Mainzer Erzbischöfe Willigis und Bardo und ihrer engen Verknüpfung mit der Schloßborner Frühgeschichte, eigene Wege. Aufbauend auf dem Erfolg des Buches, der zu vielen Kontakten und Korrespondenzen mit Historikern und Heimatfreunden führte, war der Beschluss ein zweites Buch - das kleine Schloßborner Hausbuch - zu schreiben, schnell gefasst. Gleichzeitig aber kam ich durch glückliche berufliche Umstände, in meiner Funktion als selbständiger Schreinermeister, mit den Erben des Johann Friedrich Marx in Kontakt. Herr Dieter Geisbüsch aus Worms, dessen Frau eine geborene Marx und im Besitz des Hauses des Altbürgermeisters Marx ist, bestellte bei mir eine Massivholzküche und versprach mir im Gegenzug für die Herstellung u.a., den Einblick und die Nutzung der Marx´schen Chronik. An einem Abend im Jahr 2018 traf sich Herr Geisbüsch mit Joachim Frankenbach, Friedel Conrady und mir im Haus des Altbürgermeisters in der Weiherstraße und zeigte uns die Originalchronik von Johann Friedrich Marx. So dachten wir jedenfalls! Insgesamt waren es allerdings 3 Bücher, was uns irritierte, denn eigentlich war immer von 2 „Bänden“ die Rede gewesen. Alle Bücher waren in handschriftlichem Sütterlin verfasst. Dieter Geisbüsch überließ uns die Bücher vorerst zwar nicht, versprach aber unserem Vorsitzenden Joachim Frankenbach Kopien in Form eines Datensticks. Leider kamen diese Kopien, trotz mehrerer Nachfragen, bis auf ein paar Seiten, nie bei mir persönlich an. Ich möchte aber meinem Freund Joachim an dieser Stelle keinen Vorwurf machen, er war gesundheitlich zu diesem Zeitpunkt schon angeschlagen und war auch mit seinem eigenen Projekt, der „Außendokumentation Schloßborner Ringmauer“, die ihn tagtäglich in Anspruch nahm, vollauf beschäftigt. Was ich nicht wusste, war, dass Benno Hofmann, der ehemalige Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins, Band 1 der Marx´schen Chronik bereits 2008 transkribiert hatte, d.h. von Sütterlin in lateinische Schrift übersetzt und danach den Originalband an Familie Marx zurückgegeben, Band 2 jedoch im Original behalten hatte. Wahrscheinlich wollte er Band 2 zu einem späteren Zeitpunkt transkribieren. Ob es dazu kam, weiß ich nicht. Die Bücher, die uns Dieter Geisbüsch an jenem Abend zeigte, waren Band 1 der Chronik und zwei weitere von Marx verfasste Abschriften von Kirchenbüchern, aber nicht Band 2 der Chronik. Jedenfalls wurde Band 2 im Original, nach Bennos Tod, dem Heimatverein übergeben und ich bekam ihn im Jahr 2023 erstmals zu Gesicht. Band 1 lag in analoger Form, als 239-seitiger Ausdruck, in DIN A4, aber nicht redigiert, bei. Joachim Frankenbach verstarb 2023 und seine, den Heimatverein betreffenden Unterlagen, wurden mir übergeben. Darin entdeckte ich ein Schreiben aus dem Jahr 2012, welches die bis dahin getätigten Bemühungen, die Chronik zu veröffentlichen, beschreibt. Danach beauftragte Benno Hofmann, im Jahr 2008, Frau Ute Jope, die damalige Leiterin der Grundschule Schloßborn, mit der Transkription von Band 1, d.h. sie sprach das Gelesene in ein Diktiergerät und Frau Jana-Lynn Freudl brachte das Gehörte zu Papier. Jedoch waren beide Frauen keine gebürtigen Schloßbornerinnen und auch mit der Schloßborner Historie nicht vertraut, was doch zu einigen Fehlinterpretationen des Textes führte. Benno Hofmann war bewusst, dass die Chronik so nicht veröffentlicht werden konnte und es gelang ihm leider nicht, die Arbeiten fortzuführen oder jemanden mit der Fortführung zu beauftragen. Das sollte dann ab Dezember 2023 meine Aufgabe werden. Endlich, 77 Jahre nach der Niederschrift, konnte die bereits begonnene Arbeit, die Marx´sche Chronik zu veröffentlichen, zielstrebig weitergeführt werden. Während Band 1 also eingescannt und von einer Bilddatei in ein bearbeitbares Word-Dokument verwandelt werden musste, transkribierte ich Band 2 von Sütterlin in heute lesbare Schrift. Freundlicherweise stellte mir Dieter Geisbüsch Band 1 nun auch im Original zur Verfügung, was zur Bewältigung meiner Arbeit unerlässlich war. Vorher hatte ich bereits einen Antrag auf finanzielle Unterstützung bei der Naspa-Stiftung gestellt, der im Aprli 2024 positiv beschieden wurde.

Die vorliegende Marx´sche Chronik wurde nicht von einem Historiker erstellt oder redigiert, sondern von einem geschichtsinteressierten Bürgermeister über einen längeren Zeitraum in Sütterlinschrift niedergeschrieben. Das bedeutet auch, dass z.B. Quellenangaben nicht bzw. nicht immer fach- und sachgerecht vorgenommen wurden, Wertungen einflossen, die dem damaligen Zeitgeist entsprachen und heute so nicht mehr vertretbar sind. Auch fehlen häufig zu speziellen Bezeichnungen oder altertümlichen Formulierungen, Erklärungen und Hintergrundinformationen, die ich versucht habe in eckiger Klammer […] hinzuzufügen. Marx war, wie er selbst schreibt, Mitglied der NSDAP, wehrt sich aber gegen die Behauptung, dass dies freiwillig geschehen sei. Er verweist auf den Zwang und die Notwendigkeit Mitglied in der Partei gewesen zu sein, um das Amt des Bürgermeisters, das er ja schon von 1908-1919 und weiter ab 1924 innehatte, ausführen zu können. Auch sind aus dieser dunklen Zeit für Schloßborn, keinerlei Verfehlungen oder menschenverachtende Handlungen, Verfolgungen oder Misshandlungen z.B. auch der hier im Buch beschriebenen Kriegsgefangenen, bekannt. Vielmehr verhinderte Marx, durch sein umsichtiges Handeln in den letzten Kriegstagen, durch die Anweisung zum frühzeitigen Entfernen der Panzersperren und Straßenschilder und durch sein beherztes, für sein eigenes Leben bedrohliches Eingreifen, dass Schloßborn und seinen Bewohnern Schaden zugefügt wurde. Die Schloßborner dankten es ihm, durch ihr bedrohliches Auftreten gegenüber dem Erschießungskommando.

Mit der Veröffentlichung der Marx´schen Chronik geht für den Heimat- und Geschichtsverein und für mich ein lang ersehnter Traum in Erfüllung. 1000 Jahre Schloßborner Geschichte endlich einem breiten Publikum zugänglich zu machen, war immer unser Ziel. Ergänzt wurden die Aufzeichnungen von Marx durch neue Forschungsergebnisse, Eintragungen aus der Kirchenchronik sowie Augenzeugenberichte, wenn ich es aus gegebenem Anlass für nötig und unerlässlich erachtete. Diese Nachträge wurden durch eckige Klammern kenntlich gemacht. Nicht nur für Schloßborn ist dieses Buch von Bedeutung, andere Dörfer des Taunus wurden in ähnlicher Weise verwaltet und durch die Katastrophen und Kriege der Jahrhunderte geführt. Johann Friedrich Marx lieferte somit einen überregional wichtigen Beitrag, deutsche Ortsgeschichte für kommende Generationen zu bewahren.

Schloßborn, im Juli 2024 Christoph Klomann

[Bild zweier Seiten der Original-Chronik Band 1 von J.F. Marx, in Sütterlin verfasst]

Vorwort von Benno Hofmann

Die vorliegende Marx'sche Chronik war für viele Heimatforscher Grundlage ihrer Nachforschungen. Dankenswerterweise hat uns nun die Familie Marx die beiden Bücher der Chronik zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Der erste Band dieser Chronik wurde von dem 1902 verstorbenen Lehrer Johannes Frankenbach angelegt und die Titelseite beschriftet. Sein Amtsnachfolger Wilhelm Wagner versah das Buch mit Gedicht und Widmung, kam aber durch seinen Tod 1908, im Alter von 46 Jahren, auch nicht zur Ausfüllung dieser Chronik. Das Buch kam an die Zivilgemeinde zurück und der damalige Bürgermeister Johann Friedrich Marx entschloss sich 1909 zur Übernahme dieser Aufgabe. In seinen Vorbemerkungen vom Januar 1946 begründet er die späte Ausfüllung des Buches. Johann Friedrich Marx war von 1908 bis zu seinem Einrücken im 1. Weltkrieg und dann ab 1924 bis 1945 Bürgermeister dieser Gemeinde. Seine Wertschätzung in der Bevölkerung ist durch die Benennung der Johann-Marx-Straße nach ihm dokumentiert. Wir legen unseren Lesern die ungekürzte Originalfassung vor, die in vielfältiger Weise das Bild einer Dorfgeschichte mit all seinen Facetten aufzeigt. Akribische Nachforschungen, auch sicher durch das Amt von Johann Friedrich Marx begünstigt, geben uns heute einen einmaligen Einblick in unsere Vergangenheit. Wir haben uns soweit als möglich an die ursprüngliche Schreibweise gehalten und erfüllen damit nicht die Anforderungen des neuen Duden.

Nutzen wir diese Erkenntnisse, um in der Gegenwart eine gute Zukunft mitzugestalten. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viele neue Erkenntnisse.

Schloßborn, im Oktober 2008 Benno Hofmann, †13.12.2021

Vorwort von Wilhelm Wagner

Chronik, Zeitgeschichtenbuch, hat den Zweck, wichtige Momente in einem bestimmten, engeren oder weiteren Kreise mit treuen und festen Burgen als Denkmal für die Nachwelt aufzubewahren. Bei der Eigentümlichkeit des Menschen, dem Hang zum Wechsel würde gar manches Treffliche spurlos in dem großen Meere der Vergangenheit verschwinden; denn was heute mit leidenschaftlicher Glut erfasst wird, wird morgen als veraltet bei Seite geschoben, wenn nicht die Schrift zu Hilfe käme und den Ereignissen und Meinungen eines Zeitabschnittes ein bleibendes Denkmal setzte.

In dieser Chronik nun sollen die Ereignisse festgelegt werden, welche in besondere Beziehung zu unserem Gemeindeleben stehen.

Wilhelm Wagner, †1908

So stürmet die Geschichte, Nachtumschleiert! Unzählige Geschlechter haben laut Das Fest des Lebens an dem Licht gefeiert Und Werke für die Ewigkeit gebaut; Die Sonne steht noch an dem Firmamente Die allerfreuend ihren Tag erhellt; Doch jene Menschen, jene Monumente Sind weggespült vom Angesicht der Welt.

[Autor unbekannt]

Vorwort von Johann Friedrich Marx

Dieses Buch war schon bei Lebzeiten des hiesigen, in 1902 verstorbenen Volksschullehrers Johann Frankenbach, zur Anlegung einer Ortschronik bestimmt und von diesem auf der Außenseite des Einbandes mit entsprechender Aufschrift versehen worden. Durch den allzu frühen Tod des Genannten ist derselbe jedoch nicht zur Ausfüllung des Buches gekommen und hinterließ es seinem Amtsnachfolger Wilhelm Wagner zur Bearbeitung. Dieser versah es mit der vorstehenden Widmung, doch leider wurde auch er schon in 1908 im Alter von 46 Jahren vom Tode dahingerafft, ohne daß ihm die zum Sammeln der Eintragungsangaben erforderliche Zeit geblieben war. So kam nun das Buch unausgefüllt an die Gemeinde zurück und in die Hand des Schreibers dieser Zeilen als damaligem Bürgermeister der Gemeinde Schloßborn. lch faßte den Entschluß die Ausführung des von den beiden genannten Lehrern beabsichtigten Werkes selbst zu übernehmen und trug zu diesem Zwecke schon von 1909 ab alles erreichbare Forschungsmaterial zusammen. Glücklicherweise standen mir hierbei die von meinen Amtsvorgängern schon seit Jahrhunderten sorgsam behüteten Gemeindeakten und sonstige Unterlagen zur Verfügung, welche wertvollen Aufschluß gaben über manche ortsgeschichtlichen Tatsachen, die der Masse der heutigen Bevölkerung unbekannt sind. Diese Forschungsergebnisse Allgemeingut werden zu lassen und die künftigen Ereignisse der Nachwelt zu überliefern, sollte der Zweck meiner Ortschronik sein. Die Durchsicht des zahlreichen Aktenmaterials, die Einordnung und Zusammenstellung der Ergebnisse erforderten sehr viel Zeit, wodurch sich die endgültige Anlegung der Chronik in unerwünschter Weise verzögerte und dann durch die von 1933-45 herrschenden politischen Verhältnisse besonders gehemmt wurde. Denn obwohl in der letztgenannten Zeit die Anlegung von Dorfbüchern behörderlicherseits sehr gewünscht wurde, war die Formulierung des lnhalts aber derartig an parteipolitische Gesichtspunkte gebunden, daß ich vorzog, dieses Buch vorläufig seinen Dornröschenschlaf weiterführen zu lassen und seine Ausfüllung auf eine geeignetere Zeit zu verschieben. Nachdem nun inzwischen das seitherige Regierungssystem beseitigt ist, infolge des Zusammenbruches des schrecklichsten aller bisherigen Kriege, also in einer Zeit des tiefsten Elendes, habe ich jetzt diese Ortschronik angelegt. Möge bei ihrer Weiterführung sich recht bald wieder Gelegenheit bieten, erfreuliche Ereignisse zu notieren.

Schloßborn, im Januar 1946. Johann Friedrich Marx, † im Mai 1955

Anmerkung: Der Heimat- und Geschichtverein Schloßborn weist darauf hin, dass die ursprüngliche Chronik des Johann Friedrich Marx in 2 Bänden, in den Jahren 1946 bzw. 1947, entstand. Marx fügte aber noch Ergänzungen bis 1952 bei.

Inhalt

Band I

1. Im ersten Jahrtausend

2. Bardo-Urkunde von 1043

3. Stift St. Stephan und die Eppsteiner Herren

4. Landgericht Häusel

5. Das Ende der Eppsteiner Herrschaft

6. Die Grafen von Stolberg

7. Schloßborn wird Flecken

8. Die Grafen Ludwig und Christoph zu Stolberg sterben ohne Nachkommen

9. Churmainz verteitigt seinen Anspruch auf Schloßborn

10. Dreißigjähriger Krieg

11. Türkenkrieg 1663

12. Der schwarze Tod

13. Nach dem Ende der Pest

14. Eine Glashütte wird Dorf

15. Aufgaben der Dorfgemeinschaft

16. Nachbarn und Beisassen

17. Büttel

18. Gemeinde Schloßborn

19. Nassauische Gemeindeordnung

20. Vertreter der Dorfgemeinschaft

21. Bürgermeisterpflichten

22. Schultheißen

23. Revolutionsjahr 1848

24. Gemeinderäte

25. Landgemeindeordnung von 1897

26. Beigeordnete und Schöffen

27. Gemeindevertretung

28. Gerichtswesen

29. Liste der Ding- Feld- und Ortsgerichtsschöffen

30. Liste der Steinsetzer oder Feldgeschworenen

31. Liste der Schultheißen bzw. Bürgermeister von Schloßborn

32. Beigeordnete gemäß der Landgemeindeordnung 1898

33. Liste der Gemeindeführer bzw. -vorsteher, Gemeinderäte und Gemeindeschöffen

34. Liste der Bürgermeister bzw. Gemeinderechner ab 1688

35. Herrschaftliches Hofgut

36. Weidegerechtigkeit

37. Herrschaftliche Burggebäude

38. Ringmauer

39. Der letzte von 7 Türmen

40. Das Börner Wiesenverzeichnis von 1600 und das Markbuch von 1686

41. Dreifelderwirtschaft

42. Viehhaltung

43. Hirtenhäuser

44. „Äckerisch“

45. Dorfgemeinschaftlicher Wald

46. Grenzsteine

47. Entwicklung der Feldmark

48. „Wellerscher“

49. Feldfrüchteanbau

50. Bannmühle

51. Gemeindemehlwaage

52. „Backes“

53. Maße der Vergangenheit

Flächenmaße

Fruchtmaße

Längenmaße

54. Münzen der Vergangenheit

55. Lebenshaltungskosten zwischen 1700 und 1807

56. Abgaben früherer Zeit

Geldabgaben

Naturalabgaben

57. Nassauische Steuerreform von 1812

58. Preußische Grund- und Gebäudesteuer 1866

59. Tag- und Nachtwächterdienst

Verzeichnis der Tagwächter bzw. Ortsdiener

Verzeichnis der Amtsboten

Verzeichnis der nachgewiesenen Nachtwächter

60. Feldschützen

61. Turmuhr und Kirchenglocken

62. Kirche

Schloßborner Pfarrsprengel

Reformation

Hexenverfolgung

Gegenreformation

Der Kirchenstreit zwischen Schloßborn und Glashütten

Die Fronden zur Errichtung der Kirche von 1713

Die Fronden zur Errichtung des Kirchturms 1715

Exekution der Glashüttener Kirche 1719

Glashütten kommt 1730 zurück nach Schloßborn

Konsekrierung der neuen Kirche

Güter der Pfarrei Schloßborn

Einkünfte der Pfarrei Schloßborn

Kirchweihfest

Pfarrhaus und Pfarrscheune

Änderungen der kirchlichen Verhältnisse

Anschaffung der Voigt-Orgel 1868

Anlegung eines neuen Friedhofs

Fronleichnamsbräuche

63. Pfarrer von Schloßborn

64. Schule

65. Gemarkung Schloßborn / Flur- und Geländebezeichnungen

Band II

– Vorwort von J.F. Marx

66. Waldglashütten

Gründung des Dorfs „Glashütten“

67. Schloßborn nach dem Dreißigjährigen Krieg

Born wird zu Schloßborn

Einquartierungen in Schloßborn

Der „Schinderhannes“

68. Nassauische Zeit 1803-1866

Rheinbund

Schloßborner kämpfen für Napoleon in Spanien

Nassau sagt sich von Napoleon los

Sechs Schloßborner kämpfen in Waterloo gegen Napoleon

Nassauische Gemeindeordnung von 1816

Wasserversorgung

Die erste Ortsbrunnenleitung von 1829

Ortsstraßen

Allgemeine Entwicklung im 19. Jahrhundert.

69. Preußische Zeit

Liste der Schloßborner im Krieg 1870/71

Weitere Entwicklungen in der Preußischen Zeit

Das erste Telefon in Schloßborn

Anlegung einer Hochdruckwasserleitung 1903

70. Feuerwehr

Feuerbekämpfung nach dem Dreißigjährigen Krieg

Geimeinschaftliche Feuerspritze in Nassauischer Zeit

Spritzenverband Schloßborn-Ehlhalten 1832

71. Vor dem 1. Weltkrieg

Bahnhof Schloßborn

Aufkommende Automobilindustrie

72. Schloßborn im 1. Weltkrieg

Liste der Schloßborner Gefallenen des 1. Weltkrieges

73. Weimarer Republik

Die Jahre 1919 bis 1921

Inflationsjahre 1922 bis 1924

Die Jahre vor Hitlers Machtergreifung

1933

Reichstagswahlen vom 5. März 1933

74. Die Zeit des Nationalsozialismus vor dem 2. Weltkrieg

Die Zeit von 1933-1938

Das provisorische Waldschwimmbad von 1934

Anlegung eines neuen Spritzenhauses 1935

Der Kirschenseyen wird gerodet

Kanalisierung Schloßborns 1936

Das Schwimmbad Schloßborn wird eröffnet

75. Schloßborn im 2. Weltkrieg

Kindergartengebäude wird 1941 beschlagnahmt

Die ersten Bomben fallen auf Gemeindegebiet

Sprengbomben im Wiesengrund und Heftricher Weg

Einquartierung von 100 ausgebombten Frankfurtern

Brandbomben und eine Luftmine im Dickenhaag

Attentat vom 20. Juli 1944

Ein amerikanisches Führerflugzeug stürzt in den Distrikt Seyen

Schwere Sprengbomben und Luftminen Anfang 1945

Ein amerikanischer Jäger stürzt in den Distrikt Schusterberg

35 Sprengbomben auf Schoßborner Wälder

Der Volkssturm wird gebildet

Schloßborner sollen ihr Dorf verlassen und weigern sich

Panzersperren werden eigenmächtig geräumt

Ein Erschießungskommando

Die Ruhe vor der amerikanischen Besetzung

Karfreitag 1945 – Ende des Krieges in Schloßborn

Kochen für ehemalige Kriegsgefangene

Einsammlung aller Waffen

Kapitulation

76. Nachkriegszeit

Etwa 300 Vertriebene werden Schloßborn zugeteilt

Raubzüge auf Schloßborner Mühlen

Die D-Mark wird eingeführt

Berlin wird abgeriegelt

Einrichtung einer Luftbrücke

Bucheckern als Ölersatz

Ein Flüchtlingsbau für 6 Familien

Liste der Schloßborner Gefallenen des 2. Weltkriegs

Liste der Schloßborner Vermissten des 2. Weltkriegs

Errichtung der Waldkapelle

Einwohner Schloßborns

Heimatvertriebene und Schloßborner Ostkreuz

77. Ortsregister

78. Namensregister

79. Bücher über Schloßborn

80. Bücher mit Kapiteln über Schloßborn

Das 3D-Modell „Schloßborn im 15. Jahrhundert“ des Heimat- und Geschichtsverein Schloßborn, erstellt im Jahr 2019, eingebettet in die Taunuslandschaft. [Fotomontage erstellt von Horst Frankenbach]

2. Bardo-Urkunde von 1043

[Originalfoto der Bardo-Urkunde von 1043]

Unser Dorf führte früher den Namen Brunnon (Burnen), auf Deutsch - Born, und wird erstmalig urkundlich genannt unter Erzbischof Willigis von Mainz (regierte von 977 - 1011), der nach einer auf der Heidelberger Universitäts-Bibliothek befindlichen Urkunde in einem Weiler, genannt Brunnon, eine Kirche von Holz erbauen und von dem Dänischen Bischof Staggo weihen ließ.

[Lateinischer Originaltext bis Ende Sprengelbeschreibung]

„In nomine sancte et individue Trinitatis. Notum sit cunctis in Christo credentibus presentibus scilicet atque futuris, quod hic est terminus determinationis ecclesie, quam Willigisus venerabilis archiepiscopus in Villa, que dicitur Brunnon, iussit construi et a Staggone episcopo Danorum fecit consecrari: a fonte fluvii Wilene et sic fluvium descendendo usque ad eum locum, qui vulgo dicitur Lahc, ubi predia Hartmanni et Gaganhardi finiunt, et sic in fluvium, qui dicitur Scanwilina, et eundum fluvium ascendendo ad eum locum, ubi predia Cuononis ducis et Hartmanni ad invicem separantur, et inde usque in medium montem Veltberc ad eum lapidem, qui vulgo dicitur lectulus Brunhilde, et sic viam quandam usque ad Esgenestruot, ubi Ronebach rivulus oritur, et inde per medium montem Bodenhart, et sic in finem eiusdem montis usque ad eum locum, ubi scamna sunt posita, et a scamnis usque in illum montem, qui dicitur Wazzonis mons, et inde in fontem qui dicitur Selebrunnon, et sic in rivulum qui dicitur Buochbach, ac totum predium Geroldi in loco, qui dicitur Laresbach, et sic descendendo in fluvium qui dicitur Cruofdera, et eum fluvium descendendo usque ad eum locum, ubi Duosna influit, et illud flumen ascendendo usque in eius fontem et a fonte Duosne fluvii in plateam que de Wisebadon tendit in Logcenahi, et sic per eam plateam usque ad eum locum, qui dicitur Phal, et sic in Phal in circuitu usque ad fontem Wilene fluvii predicti...“

[Deutsche Übersetzung bis Ende Sprengelbeschreibung]

„Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreieinigkeit. Bekannt soll sein allen Christgläubigen, denen von heute nämlich und den zukünftigen, dass dies die Beschreibung der Grenze des Bezirks der Kirche, welche der hochwürdige Erzbischof Willigis in dem Dorf, das Brunnon (Schloßborn) genannt wird, bauen ließ und veranlasste, dass sie vom Bischof der Dänen, Staggo, geweiht wurde: Von der Quelle des Flusses Weil hinabsteigend bis zu diesem Ort, der in der Volkssprache Lahc heisst, wo die Güter des Hartmann und des Gaganhard endigen, und so zu dem Fluß, der Scanwilina (Schönweil) heisst (Schmitten), und denselben Fluß aufwärts steigend zu dem Ort, wo die Güter des Herzogs Cuono (Kuno) und des Hartmann von beiden Seiten aneinander grenzen (Sandplacken) und von da auf die Mitte des Veltberg (Großer Feldberg/Ts.), zu dem Stein, der beim Volk Bett der Brunhilde heißt, und so einem bestimmten Weg nach bis zur Esgenestruot (Eschenbuschwald), wo das Bächlein Ronebach (Rombach) entspringt, und von dort mitten über den Berg Bodenhard und so zum Ende desselben Berges hin bis zu der Stelle, an der Scamna (Bänke) aufgestellt sind (Eselsheck, Pässe im Taunus) und von dem Scamna bis zu jenem Berge, welcher Berg des Wazzo heisst, und von da zu der Quelle, genannt Selebrunnon (Selborn), und so zu dem Bächlein das Buochbach (Silberbach) heisst, und dem Gesamtgut des Gerold an den Ort, der Laresbach genannt wird, dann herab zu dem Fluss der Cruoftera (der bei Kröftel entspringende Schwarzbach) und flussabwärts bis zu der Stelle, wo die Duosna (Theiss) einfließt (Eppstein), und jenen Bach aufwärts bis zu dessen Quelle (bei Engenhahn) und von der Quelle der Duosna (Theiss) auf die Straße, die von Wisebadon (Wiesbaden) zu Logaenahi (Lahn) zieht und so auf dieser Straße bis zu der Stelle, die Phal (Phalgraben, Limes) genannt wird, und so den Phal entlang in Bogen bis zu der Quelle der vorgenannten Wilene...“ (Weilquelle).

Umschlag der Bardo-Urkunde (aus dem Jahr 1043, Quelle: Urkunde 331/Universitätsbibliothek Heidelberg) Eine Abschrift befindet sich im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden

[Weiterer Text der Urkunde]

„Diese Kirche mit dem gesamten Bezirk hat zur Zeit des Kaisers Otto des Jüngeren (König und Kaiser Otto III., 983–1002) eben der vorgenannte Erzbischof Willigis der Kirche des heiligen Stephanus, des 1. Märtyrers, innerhalb der Mainzer Mauern gelegen, geschenkt für den Dienst der dort Gott dienenden Brüder, mit ihrem gesamten Nutzen. Aber damals war diese Kirche ein Holzbau, der nachher, zur Zeit des König Heinrich, des Sohnes von Kaiser Konrad, und des hochwürdigen Herrn Bardo, des Erzbischofs gründlich restauriert und in Stein erbaut wurde. Jenes also soll um nichts weniger verborgen sein, dass derselbst hochwürdige Herr Erzbischof Bardo diese Kirche selbst geweiht und denselben Bezirk mit dem gesamten Zehntrecht dieser Kirche in völliger Unversehrtheit bestätigt hat. Und damit diese Bestätigung fest und ungestört bestehen bleibe, hat er diese Urkunde schreiben lassen und verordnet, durch Beidrückung seines Siegels am unteren Rande die Urkunde zu bekräftigen.

Wenn aber irgendeine Person, groß oder klein, gegen dieses anzugehen oder irgendetwas, was geschehen ist, zu verändern versucht haben sollte, der verfällt dem Zorn des allmächtigen Gottes und des heiligen Ersten Märtyrers Stephanus, und er soll sein Verlangen nicht zu Ende bringen aufs Genaueste und er soll durch die Rache der göttlichen Verfluchung verdammt werden.

Dies aber ist geschehen im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1043, in der 11. Indiktion.“

[Die Bardo-Urkunde, in lateinischem Original und ihrer Übersetzung, wurde von C. Klomann dieser Chronik zugefügt]

3. Stift St. Stephan und die Eppsteiner Herren

Am 21. Januar 996 schenkte König Otto Ill. die Mark Buochbach, wozu auch Brunnon gehörte, mit allen Dörfern, Weilern, Mühlen, Äckern, Wiesen und Wäldern den Brüdern vom Sankt Stephansstift in Mainz. Zu dieser Mark kamen später noch die Marken Josbach und Altenburg.

[Anmerk.: Diese 996er Urkunde hat mit Schloßborn nichts zu tun. Es handelt sich um die Königsmark Büchenbach (marca Buochinebah) im Rangau, Oberfranken.]

Von dem Bestehen einer verwaltungsmäßig selbständigen Gemeinde im heutigen Sinne kann aber in der damaligen Zeit noch keine Rede sein, vielmehr waren die zusammenwohnenden Menschen nichts weiter als eine auf Gedeih oder Verderb verschworene Dorfgemeinschaft, welche alle zu ihrer Existenz und ihrem Schutz notwendigen Einrichtungen und Anlagen gemeinsam unterhalten musste, genau so, wie dies ursprünglich der erste Siedler für sich allein tat. lnfolge der Vergrößerung der Siedlungen war inzwischen die ehemals gemeinsam bewirtschaftete Feldmark unter die einzelnen Sippen aufgeteilt worden und dadurch an den einzelnen Teilflächen ein bedingtes Eigentumsrecht zugunsten der betreffenden Sippe entstanden.

Das Obereigentum an den zugeteilten Flächen machte jedoch nach wie vor der Landes- oder Grundherr geltend, was er durch Einfordern von allerlei Grundabgaben (s. Kapitel 56) bewirkte. Die der Siedler- oder Dorfgemeinschaft überlassenen Waldungen wurden dagegen auch weiterhin gemeinsam bewirtschaftet, mithin auch die Holzfällungen und etwa notwendige kleine Aufforstungsarbeiten gemeinschaftlich ausgeführt. Auch waren große zusammenhängende Waldflächen mehreren Dorfgemeinschaften zusammen zur gemeinsamen Beholzung zugewiesen, wie die sogen. Hohe Mark, Sulzbacher Mark und Oberliederbacher Mark, in letzterer war auch Born beteiligt (Näheres s. Kapitel 45).

Die Brüder des Stephanstiftes ließen im Jahre 1043 in Born (dem früheren Brunnon) eine steinerne Kirche erbauen, welche der Mainzer Erzbischof Bardo der Heilige einweihte. Bei dieser Gelegenheit wurde der Umfang der Borner Pfarrei urkundlich festgelegt. (s. Kapitel 2, 6 und 62)

Da die genannten Stephansbrüder keine weltliche Gerichtsbarkeit ausüben konnten, kam im 12. Jahrhundert die Landeshoheit über Born und seine Vogtei an die weltlichen Herren von Falkenstein-Boland auf der Burg Königstein zu Lehen. Diese setzten einen Vogt mit einem Schultheißen und Schöffen zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ein.

Die Bewohner von Born waren in Fortsetzung der schon in Germanenzeit bestehenden teilweisen persönlichen Unfreiheit jetzt restlos Leibeigene, d.h. an den Landesherrn gebunden und fast in allen ihren Handlungen von dessen Einwilligung abhängig, auch zu allerlei Leistungen verpflichtet.

Nachtrag:

Diese Leibeigenen oder Hörigen galten bei den Landesherren als bewegliches Vermögen oder Handelsware, welche man nach Belieben verschenken, vertauschen, verpfänden oder verkaufen konnte und so wurden auch die hiesigen Bewohner mit der Zeit ganz verschiedenen Adelsgeschlechtern hörig. So gab z.B. am 2. Mai 1307 Graf Adolf von Nassau mit seiner Gemahlin Margaretha dem Ritter Johann von Reifenberg 5 Mark Einkünfte von der Bede und seinen Hörigen zu Born als Burglehen.

Um jene Zeit lagen bei Born noch einige kleinere Dorfer, welche heute nicht mehr existieren, und zwar Niedhusen, Molnhusen und Dietelshain. Das Bestehen dieser 3 Orte ist urkundlich nachgewiesen im Eppsteiner Lagerbuch (Gefälleverzeichnis der Herrschaft) im 12. Jahrhundert. Niedhusen lag in dem Winkel zwischen dem Dattenbach und dem Pfahlgraben bei dem Wiesengrund „Im Gründchen“ und zog sich bis zum Wiesengrund „Im Hühnernest" hin; an diesem Ende lag der Friedhof, dessen Stelle heute noch der Kirchhof genannt wird. Unweit dieser Stelle lief die alte Römerstraße Altenburg-Mainebene vorüber. Im Königsteiner Jurisdiktionalbuch von 1668 wird der Dattenbach noch Niedhuserbach genannt, die Wiesen im Gründchen werden in den alten Grundstücksverzeichnissen vom 16. und 17. Jahrhundert noch als Wiesen zu Niedhusen, Neidhusen oder Neidhausen, oder auch im „Dörfchen" bezeichnet.

Molnhusen lag im unteren Teil des Mühlgrund, die Grundstücke daselbst erscheinen in den alten Verzeichnissen als Wiesen zu Müllesen, Mülleserweg (Umbildung des altdeutschen Molnhusen in Mühlhusen, nach örtlichem Dialekt Müllese), der daselbst verlaufende Silberbach wird in dem genannten Jurisdiktionalbuch als Molnhuserbach bezeichnet, auch wurde um 1930 daselbst in der Nähe des Eppenhainer Fußpfades das Fundament einer Wohnstatte gefunden. Dietelshain lag im gleichnamigen Wiesengrund, ein im Volksmund heute noch Kilbs-Kirchhof genanntes, jetzt zum Staatswald gehöriges Gelände wird in allen alten Grundstücksverzeichnissen als „auf dem Kirchhof" belegen, auch in den Beschreibungen der Grenze der Sulzbacher Mark als Dietelshainer Kirchhof nachgewiesen.

Im Jahre 1190 verkauften die Herren von Falkenstein-Boland einen Teil des Vogtei-Gerichts Born an die Edlen von Eschborn und diese vererbten ihn wieder an die Edlen von Cronberg. Auch die Herren von Eppstein waren mit der Zeit Besitzer in Born geworden, denn am 19. Dezember 1223 entschied Erzbischof Siegfried II von Mainz in einem Streit, den die Brüder Gerhard und Godefried von Eppstein mit dem Stephanstift führten, also: „Das Patronat über die Borner Kirche gehört dem Stift, die Eppsteiner behalten die Vogtei über Born,“ d.h. sie üben die weltliche Gerichtsbarkeit aus und behalten ihre Einkünfte und ihre Leibeigenen.

Am 29. August 1264 pachtete Godefried die zu Born gelegenen Güter des Stiftes. Eppstein setzte einen Keller oder Zehnterheber ein. Den Rest der Einkünfte gab das Stift dem Pfarrer zu Born. Im Jahre 1361 hatte Graf Adolf von Nassau für Heftrich Stadtrechte erworben nebst dem Rechte, sich mit Wall, Mauer, Türmen und Wehren zu umgeben. Die Umwallung Heftrichs war im Jahre 1404 vollendet. Nachdem die Eppsteiner von den Grafen von Nassau deren Leibeigene in Born erworben hatten, legte Eberhard I. von Eppstein im Jahre 1369 ein festes Haus mit Turm und Verlies in Born an. Diese später als Jagdschloß benutzte Burg gab dem Orte den jetzigen Namen Schloßborn (siehe auch Kapitel 37 und 38).

Nachtrag:

Graf Eberhard von Eppstein hatte seine Leibeigenen zu Rambach am 13. August 1367 gegen die Leibeigenen des Grafen Adolf von Nassau zu Born ausgetauscht. Nachdem die Grafen von Falkenstein ausgestorben waren, kam in 1418 die Vogtei Born (d.h. der Teil, welcher den Falkensteinern in 1190 noch geblieben war) mit Einwilligung des Stephanstiftes an die Grafen von Eppstein und in dem Borner Weistum von 1439 heißt es:

„Daß ein Herr zu Eppstein Herr sei über Born, über das Haupt, über Dieb und Diebin, über Wunen (Wunden), über Wildschaden, über Wasser und Weide, über alle ungerechte Gewalt, und hat zu Born zu binden und zu entbinden, und Gebot zu machen. Item, wer gegen Born kommt und daselbst sitzt und wohnet Jahr und Tag ohne Nachfolger, der gehört dem Herrn zu Eppstein. Item, daß ein Herr zu Eppstein daselbst soll haben 30 Säcke Futterhaber (Hafer), 13 Gulden Maibede und 13 Gulden Herbstbede."

Ferner wird in dem genannten Weistum die Grenze von Born wie folgt beschrieben:

„Der Borner Bezirk gehet ahn uff dem Wolfshaus bei Ruppertshain und gehet hinauf an den Landsgraben, von dem Landsgraben der Höhe (Hege) nach bis in den Eppenhainerschlag, der Höhe nach bis in die Silbern Bach in den diesen Graben im Büchleins Waldt, dem Graben nach bis hienden wiedder den Spitzenberg, hienderm Spitzenberg hinein bis in die Hergebörner Bach, der Bach nach bis in Elhalter Schlag, aus dem Elhalter Schlag in die Dattenbach nach bis in Lumbborn, aus dem Lumbborn der Bach nach bis in Pfoel (Pfahlgraben), vom Pfoel bis in die Heege, der Heege nach bis in Judenkopf, hienden bei dem Judenkopf (Chronik Seite 7) dem alten Graben nach bis in die Pfefferbach, der Bach nach bis in Helgeborn (Heiligeborn), der Höhe nach bis in die Dittelshainerfurth, darauf bis uff die Sultzbacher Waldt Eck, von gemelter Waldt Eck bis in Götzenhain, aus dem Götzenhain bis in den diefen Graben hiender dem Felttborn, die Dell hinein bis in Pfuhl in dem Eschenstock, der Straße nach bis in das Wolfshaus, wo angefangen ist."

Das genannte Wolfshaus lag in dem Sattel zwischen dem Eichkopf und dem Atzelsberg, ungefähr hundert Meter östlich von der heutigen Straße Schloßborn-Ruppertshain am sogen. Viktoriaweg und war mit mehreren Wällen umgeben, welche heute noch sichtbar sind. Vermutlich dienten diese Wälle als Wolfsfallen. Der unweit davon belegene Ruppertshainer Gemeindewalddistrikt „Im Wolfes" führt seinen Namen auf dieses Wolfshaus zurück. Auch die Bezeichnung Landsgraben, welche sich ursprünglich auf die Grenze zwischen den Grafschaften Königstein und Eppstein bezog, hat sich bis heute erhalten und wird für den zwischen dem Silberbachtal und dem ehemaligen Wolfshaus gelegenen Teil der Straße Schloßborn-Ruppertshain gebraucht, da der frühere Landsgraben in der Nähe dieser jetzigen Straße verlief.

Im Jahre 1442 kaufte der Graf von Eppstein von dem Grafen Frank von Cronberg den von den Eschbornern an die Cronberger vererbten Anteil an dem Vogtei-Gericht zu Born. Dasselbe wurde das Vogtei-Gut genannt und bestand aus 138 Morgen Acker, 61 Morgen Wiesen und 29 Morgen Wald. (dieses Gut wird später näher beschrieben, s. Kapitel 35 und 36).

Nachtrag:

Die Grafen von Eppstein hatten auch einen Teil des Vogteibezirks Wald-Cröfftel erworben.

Da Born jetzt unter der alleinigen Oberherrschaft der Eppsteiner Grafen stand, ging für den Ort eine neue Periode an. Zunächst wurde Born, das von den Eppsteinern damals schon Flecken genannt wurde, nach römischer Art befestigt. Rings um den ganzen Ort wurde eine Mauer mit sieben Türmen errichtet und ein Erdwall angelegt, ferner die bereits erwähnte Burg weiter ausgebaut und befestigt. Diese Befestigungsanlagen werden in Kapitel 37 näher beschrieben. Der von der Ringmauer umschlossene Raum barg außer den Burggebäuden mit ihren Stallungen und der Zehntscheune schätzungsweise noch 40 - 50 Behausungen. Akten aus jener Zeit sind hier im Orte nicht mehr vorhanden. Es ist jedoch mit Bestimmtheit anzunehmen, dass der Haupternährungszweig der Einwohner dahier die Landwirtschaft war. Not und Elend wird wohl vorherrschend gewesen sein infolge der Ausbeutung der Bevölkerung durch die mittlerweile mächtig gewordene Ritterschaft, dazu kamen noch die gewaltsamen Plünderungen seitens fremder Landesherren bei den dauernden Fehden. Die einheimischen Bauern vor diesen fremden Räubern zu schützen und hierdurch dem eigenen Landesherren die Einbringung der vielfältigen Naturalabgaben zu sichern, wird der Hauptgrund zur Ortsbefestigung gewesen sein.

4. Landgericht Häusel

Born gehörte damals zum Landgericht Häusel - auch hochnotpeinliches Halsgericht genannt, da es um Hals und Kragen ging. - Die Hegung dieses Gerichtes fand bei dem Hof Häusel bei Eppstein statt und heißt es in dem Weistum vom Jahre 1482: „Zu dem Landgericht Häusel gehören Eppstein, Born, Ober- und Niederjosbach, Ehlhalten, Eppenhain, Bremthal, Vockenhausen, Fischbach, Hornau, Kelkheim, Ober- und Niederliederbach, Ruppertshain und Lorsbach". Ferner war bestimmt, dass Lorsbach den Galgen herzustellen, Vockenhausen die Leiter dazu zu liefern und Eppstein den Armensünder zur Hinrichtungsstätte zu bringen hatte.

Nachtrag:

Das Holz zum Galgen stellte die Herrschaft, die Orte im Umkreis von 2 Meilen hatten es auf die Richtstätte zu schaffen, Lorsbach hatte die Zimmerleute zu stellen, Bremthal den Galgen aufzurichten, die Verpflichtungen von Vockenhausen und Eppstein sind schon beschrieben.

Nachtrag:

Auch Nassau hielt früher ein Gericht über seine Leibeigenen von Niedhusen und Ehlhalten, die Gerichtsstätte war „bei den 3 Steinen bei Ehlhalten" und lag im jetzigen Gemeindewald Dattenberg, oberhalb der Straße Ehlhalten-Heftrich, 10 Schritte von dieser und 125 Schritte von der nördlichen [muss „südlichen“ heißen] Gemarkungsgrenze entfernt. 2 Steine davon stehen heute noch 20 Schritte voneinander, der größte davon wird wohl ehemals der mittlere gewesen sein, sie haben folgende Form und Größe:

(siehe Handzeichnung, Seite 11 Mitte in der Originalfassung Chronik):

(Originalfoto von C.Klomann)

5. Das Ende der Eppsteiner Herrschaft

Da in der ebenerwähnten Urkunde die kleinen, ehemals bei Born belegenen und im Kapitel 3 beschriebenen Orte nicht mehr genannt werden, ist anzunehmen, dass sie schon nicht mehr bestanden und ihre Einwohner sich in dem befestigten Born in Sicherheit gebracht hatten.

Wie bei der Beschreibung des Gemeindewaldes in Kapitel 45 näher erläutert ist, verlor die Dorfgemeinschaft von Born um jene Zeit einen Teil ihres Waldbesitzes an den Grafen von Eppstein. Die Besitzungen der Herren von Eppstein machten zu Anfang des 15. Jahrhunderts fast ein kleines Fürstentum aus. Jedoch gegen Ende desselben Jahrhunderts sank die einstige Größe immer mehr und am 6. August 1492 verkaufte Gottfried X. von Eppstein mit Bewilligung des römisch-deutschen Kaisers Friedrich Ill. die Hälfte seines Schlosses und mehrere Dörfer, welche Reichslehen waren, an den Landgrafen Wilhelm von Hessen für 64.000 Gulden. Als Gottfried X. am 24. Dezember 1522 kinderlos starb, wurden seine Besitzungen nacheinander verpfändet und es blieb nur noch das Mainzer Lehen, wozu Born gehörte und ein Teil des Vogtei-Bezirks Wald-Cröftel übrig. Dieser Rest seines Besitzes fiel dann mit Einwilligung des Stephanstiftes und des Kurfürsten von Mainz an die beiden Vettern Gottfrieds X., nämlich die Brüder Eberhard und Georg von Königstein-Eppstein, letzterer starb aber schon unvermählt am 20. August 1527.

Der Übergang an die Königsteiner Herrschaft brachte für Born einige kleine Veränderungen seiner Verhältnisse, es gehörte jetzt zum Landgericht Königstein, auch wurden die Zollstöcke an der Grenze nach Königstein entfernt und auf der Grenze nach Cröftel und Heftrich am Pfahlgraben aufgestellt. Der heute noch geläufige Name Stockwäldchen für den unteren Teil des herrschaftlichen Waldes Kalbsheck rührt von dem ehemals daselbst gestandenen Zollstock her, weil damals der Weg nach Königstein an dieser Stelle die Borner Grenze überschritt.

6. Die Grafen von Stolberg

Als im Jahre 1535 Graf Eberhard von Königstein ohne männliche Nachkommen starb und mit ihm das ganze Königsteiner und Eppsteiner Geschlecht erlosch, fiel das Reichslehen, die Herrschaft Königstein, mit kaiserlicher Zustimmung an die Grafen von Stolberg. Auch das Stephanstift Mainz belehnte die Stolberger mit den Vogteien Born und Cröfftel. In demselben Jahre wurde Born wirklich zu einem „Flecken“ erhoben. Stolberg teilte die Grafschaft Königstein in vier Kellereien (Abgaben-Erhebungsstellen) ein, nämlich in die Königsteiner, Eppsteiner, Vilbeler und Cransberger. Born gehörte zur Kellerei Eppstein und blieb auch hierbei bis 1817.

Die Grafen von Stolberg machten ebenfalls ungeheuere Schulden auf das Land. Graf Ludwig von Stolberg lieh im Jahre 1545 auf die Kellerei Eppstein ein Kapital von 1600 Gulden. Zu diesem Zweck wurden in demselben Jahre die Grenzen der zu dieser Kellerei gehörigen Orte ausgesteint und hierbei genau festgestellt, was Herrschaftliches und welches Dorfgut war. Auch hierbei verlor die hiesige Dorfgemeinschaft wieder einen Teil ihres Waldbesitzes, (Kapitel 45) denn sie hatte in der damaligen Zeit fast gar keine Rechte noch Schutz gegen die Willkür verschwenderischer Landesfürsten.

Die Gräfin von Stolberg hatte um das Jahr 1561 hier in Born einen halben Morgen Weingarten im sogenannten Triesch in Besitz.

Im Jahr 1564 führte Graf Ludwig von Stolberg in seinem Gebiet die Reformation durch (Näheres s. Kapitel 62).

Die Fischzucht, welche unter den früheren Grafen ein nicht zu unterschätzender Erwerbszweig für die Einwohner von Born war, wurde durch den, infolge der Reformation eingetretenen, Wegfall der kirchlichen Abstinenzgebote fast ganz lahmgelegt und diesen Umstand benutzten die Stolberger als Grund, die der Borner Dorfgemeinschaft gehörigen, nach damaligem Maß ungefähr 7 Morgen großen Fischweiher an dem Pfefferbach [Weiherbach] an sich zu ziehen und dem herrschaftlichen Besitz zuzuschreiben.

Im Jahre 1564 verpfändete Ludwig von Stolberg, welcher seine Residenz nicht in Königstein, sondern in Wertheim hatte, die Vogtei Cröfftel mit dem Gericht und der Kirche zu Treisberg an die Grafen von Nassau-Weilburg und es entstanden hierauf mit Born Grenzstreitigkeiten. Das Weistum [Rechtsquelle] über diese Grenze aus jener Zeit lautet:

„Die Börner weisen den Bezirk der Vogtei Cröfftel also: Von der Dattenbach am Pfahlgraben bis an den Damm, wo der Weg nach Cröfftel geht, diesem Weg dann nach bis an den Schlag am Heftricher Gebüsch, wo der Buchen Lochbaum steht und sich auch der Königsteiner Zollstock befindet. Von dannen dem Gebüsch und den Lochbäumen nach bis an die Niederemser Hecken bei Reeborn [Reinborn], von hier der Heege und den Lochbäumen nach bis an die Rentemauer und die Maulofer [Mauloff] Hege, von der Hege und den Lochbäumen nach bis an die Weil wo der große Markstein steht, den man den Landstein [Landsteiner Mühle] nennt. Vom Landstein der Weil hinauf bis an Großweil und den Hattsteiner Schlag, alsdann dem Weg nach bis auf den Selderberg [Seelenberg] am Helgenhaus. Hier vom Helgenhaus dem Weg nach bis zum Kohlenberg und der Waldschmiede, von hier aus bis zur Hünerstraße und dann nach dem Eichen Lochbaum wo der Weg nach Ems zu geht. Von dem Eichen Lochbaum geht die Grenze bis an die Cronberger Mark am Königsteiner Zollstock. Hier teilen sich die drei Gemarkungen, nämlich der Rübenhain, die Herrschaft Reifenberg und die Cronberger Mark. Hier an der sogenannten Hünerstraße gehet die Grenze nach der Seelbach und der Käsebuch am Hinterstaufen dicht am Glashain. Hier am Ende der Cronberger Mark dem uffgeworfenen Graben nach bis an den Wolfsgarten und Judenkopf am Borner Schlag. Von gedachtem Schlag ziehet die Grenze nach dem Pohl [Limes] und der Dattenbach, wo der Bezirk angefangen hat.“

Mit dem Borner Schlag ist der Nachbarwald gemeint.

Um jene Zeit sollen die Wölfe überhandgenommen und nach einer Urkunde ein Wolf den Gemeinde-Ochsen auf der Weide schon am Schwanze gepackt haben. Die Bewohner mussten daher auf ein Glockenzeichen erscheinen und gemeinsam mit den Förstern die Wälder durchstreifen, um die jungen Wölfe abzufangen, was sich oft tagelang wiederholte.

Außer dem im vorhergehenden Absatz genannten Wolfsgarten und dem in Kapitel 3 beschriebenen Wolfshaus erinnern die hier und dort im Walde noch vorhandenen Wolfslöcher an jenes Raubzeug, das früher oft die Gegend unsicher machte und erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts hier gänzlich ausgerottet werden konnte.

7. Schloßborn wird Flecken

Im Jahre 1568 bewilligte Kaiser Maximilian die Abhaltung eines Jahrmarktes in dem Flecken Born, auf Christi Himmelfahrt. Wie lange dieser Jahrmarkt bestehen blieb, ist nicht genau bekannt, vermutlich ist er durch den 30-jährigen Krieg wieder eingegangen – vielleicht auch schon nach Wiedereinführung der katholischen Religion aufgehoben worden, weil er auf einen hohen katholischen Feiertag festgelegt war – auf alle Fälle ist er um die Zeit 1660 nicht mehr gehalten worden, wie aus Urkunden ersichtlich ist. Dagegen ist die Abhaltung des Altenburger Marktes in genannter Zeit urkundlich nachgewiesen. Dieser letztere Markt wird jährlich dreimal gehalten, und zwar jedesmal Donnerstag nach Pfingsten, nach St. Jakobstag und nach St. Bartholomäustag [auch noch in heutiger Zeit]. Die Altenburg war bekanntlich ein römisches Kastell am Pfahlgraben und es wird von Forschern vermutet, dass dieser Markt schon aus römischer Zeit herstamme. Die Wahl des Donnerstags als Markttag wird so gedeutet, dass der Tag des Donar den Germanen heilig war und die Römer daher auf einen lebhaften Markt- und Grenzverkehr an diesen Tagen rechneten.

8. Die Grafen Ludwig und Christoph zu Stolberg sterben ohne Nachkommen

Am 24. Augiust 1574 starb Graf Ludwig zu Stolberg, Königstein, Rochefort, Wertheim und Wernigerode, Herr zu Eppstein, ohne männliche Erben, in Wertheim am Main, wo er in der evangelischen Stadtkirche mit seiner am 3. Oktober 1578 verstorbenen Gemahlin Walburga begraben liegt. Nach seinem Tode kam die Herrschaft an seinen Bruder Christoph. Dieser starb aber schon am 8. August 1581, ohne Nachkommen, auf der Burg Königstein und liegt in der Marienkirche in Königstein begraben.

9. Churmainz verteitigt seinen Anspruch auf Schloßborn

Obgleich nach dem Absterben der eben genannten Grafen von Stolberg ein weiterer Bruder, Albrecht Georg von Stolberg, Anspruch auf die als Reichdlehen geltende Herrschaft Königstein erhob, fiel diese jetzt an den Churfürsten und Erzbischof Daniel von Mainz, aus dem Geschlechte der Brendel von Homburg, dem sie bereits am 1. März 1575 durch Kaiser Maximilian II. versprochen worden war. Born gehörte damals schon zur Herrschaft Königstein, denn das Stephanstift als früherer Besitzer von Born war zwischenzeitlich ausgeschaltet worden. Noch bevor der zuletzt verstorbene Graf Christoph von Stolberg begraben war, forderte der Churfürst von Mainz die Übergabe der Herrschaft an ihn und erzwang diese Forderung durch eine unmittelbar folgende Belagerung der Burg Königstein. Mit der Verwaltung der Herrschaft wurde der Oberamtmann Gernand von SchwaIbach betraut, die Amtskeller blieben bestehen. Gleich nach der Übernahme der Herrschaft durch Churmainz wurde mit den ältesten Einwohnern von Born die Grenze begangen und die fehlenden Marksteine erneuert.

Wie schon in Kapitel 6 erwähnt, war unter der Herrschaft der Grafen von Stolberg die Grafschaft Königstein sehr in Schulden geraten. Zum Teil scheinen diese auf die angesichts der total veränderten Verhältnisse in der Kriegsführung notwendig gewordenen Um-, An- und Ausbauten auf der Königsteiner Burg zurückzuführen zu sein. Beim Übergang der Grafschaft von den Eppsteinern an die Königsteiner Grafen betrugen die Schulden 15.038 Gulden und beim Übergang an Churmainz in 1581 waren sie auf 146.768 Gulden angewachsen, ohne die rückständigen Zinsen. Dabei betrugen die Einnahmen der Grafschaft jährlich 20.725 Gulden, womit man eigentlich unter den damaligen Verhältnissen schon einen sehr guten Haushalt führen konnte.

Da bei dem Übergang der Herrschaft Königstein auch die Vogtei Cröfftel an Churmainz mitüberging, entstanden Streitigkeiten mit den Grafen von Nassau wegen dieser Vogtei. Nassau verlangte von Churmainz, das in 1564 auf diese Vogtei an den Grafen von Stolberg geliehene Geld zurück. Im Jahre 1595 verglich sich Churmainz unter dem Erzbischof Wolfgang von Dalberg mit Nassau, indem die Vogtei Cröfftel mit allen Gerechtigkeiten an Nassau überging und letzteres noch 6.000 Gulden an Churmainz herauszahlte. Jetzt wurden die hohen Grenzsteine gesetzt, welche auf einer Seite das sogenannte Mainzer Rad als Wappen von Churmainz, auf der anderen Seite den Löwen als Nassauer Wappen tragen. (Eine Anzahl dieser Steine steht heute noch auf der Gemarkungsgrenze zwischen Schloßborn und Cröftel dem Pfahlgraben entlang, sie tragen auf dem Scheitel eingehauene Nummern. Am Dattenbach stand Nr. 25, dieser wurde von Wasser unterhöhlt und fiel in den Bach, wo er jetzt noch liegt, die Nummern 26 - 31 stehen auf der Strecke bis zum Cröfteler Weg, Nr. 32 steht mitten in einem Ackerstück im Glashüttener Feld, da das Gelände beiderseitig von Glashüttenern Landwirten erworben ist, Nr. 33 steht beim Castel Maisel jenseits des Weges Glashütten - Cröftel, Nr. 34 - 36 auf der folgenden Strecke bis an die Höhe oder Kölnische Straße - Limburger Chaussee. Die mit denselben Wappen versehenen, auf der Grenze zwischen dem Glashüttener Feld und dem Staatswald von dem Wiesengrund Pfefferbach bis über den Glashüttener Steinbruch hinauf stehenden Steine sind wohl an einer anderen Stelle weggenommen und hierher versetzt worden, denn ihre Nummern laufen durcheinander, auch ist hier eine Grenze zwischen Churmainz und Nassau nie gewesen; es handelt sich um Nr. 45, 46, 48, 43 und 47.)

Die Funktionen der ehemaligen Vogtei-Gerichte scheinen um die genannte Zeit durch die Schultheisen mit ihren Schöffen als örtliche Gerichte ausgeübt worden zu sein, denn schon in 1592 werden 7 Dinggerichtsschöffen zu Born erwähnt.

Der Churfürst von Mainz führte in seinem Gebiete den katholischen Glauben wieder ein, hier in Born im Jahre 1604, Näheres siehe Kapitel 62.

Im Jahre 1614 fand mit den Ältesten von Born und den Sulzbacher Mark-Berechtigten ein Grenzbegang statt.

10. Dreißigjähriger Krieg

In dem bald darauf ausbrechenden Dreißigjährigen Krieg hat auch Born schwer gelitten, hauptsachlich unter den Schweden. In den wechselvollen Kämpfen fiel Born und Umgebung in 1631 an die Grafen von Stolberg zurück, welche es aber in 1636 wieder an Churmainz verloren. Beim Friedensschluß am 29. Oktober 1648 hatte Born nur noch elf Familien, die Befestigung war größtenteils zerstört, viele Gebäude niedergebrannt und alles bewegliche Gut geraubt. Zu allem Übel waren während des Krieges einige Jahre infolge ungünstiger Witterung ausgesprochene Hungerjahre, wie 1628 und 1629. Nach einem um die Zeit vor Beginn des Krieges aufgestellten und nach Beendigung desselben berichtigten Wiesenverzeichnis waren viele Grundstücke in der Buhlert und Struth „ganz zu Hecke worden" d.h. während des Krieges so verwahrlost, dass sie mit Gebüsch zuwuchsen. War, wie in Kapitel 3 bereits angedeutet, die Selbständigkeit der Dorfgemeinschaft schon vorher sehr gering, so wurde sie nach dem 30-jährigen Kriege durch den zunehmenden Staatsgedanken noch mehr unterbunden. Wie schon erwähnt, hatte die Dorfgemeinschaft keinen kooperativen Charakter, also nach außen hin nichts zu beschließen oder zu entscheiden, sondern nur ihre inneren Angelegenheiten, unter Kontrolle des Schultheißen, zu regeln. Hierzu gehörten die Unterhaltung der gemeinschaftlichen Mühle, des Backhauses, der Brunnen, der Schule, des Kirchturms nebst Uhr und Glocken, der Wege und Waldungen, die Haltung der Hirten und des Mannviehes, die Ausübung der Tag - und Nachtwache im Dorfe, sowie des Feld - und Waldschutzes, Besoldung des Schulmeisters, ferner noch allerlei sonstige Leistungen althergebrachter Art.

Churmainz hatte, nachdem es in 1636 die Herrschaft über Born wiedergewonnen, vom Stephanstifte dessen noch vorhandene Rechte in Born für 3.000 Gulden gekauft. Nassau hatte seine hiesigen Zehntrechte bereits in 1595 an Churmainz verkauft, sodass letzteres von nun ab alleiniger Herrscher über Born war.

11. Türkenkrieg 1663

Als im Jahre 1663 der Krieg gegen die Türken ausbrach, welche bereits fast bis an die Grenzen des damaligen Deutschen Reiches [Anmerk.: Diesen Begriff gab es damals eigentlich noch nicht] vorgedrungen waren, wurden alle Reichsfürsten und Landesherren zur Hilfe aufgerufen, und so stellte auch Churmainz ein Contingent an Truppen dem Kaiser zur Verfügung. Die Rekrutierung erfolgte damals in der Weise, dass die Zahl der zu stellenden Mannschaften auf die einzelnen Ortschaften nach dem Verhältnis ihrer Einwohnerzahl unterverteilt wurde, und die Orte mußten dann sehen, wie sie die geforderte Zahl von Mannschaften zusammenbekam. Soweit dies nicht durch Freiwillige möglich war, wurden durchreisende Handwerksburschen oder aufgegriffene Vagabunden, deren es nach dem 30-jährigen Krieg genug gab, durch allerlei Angebote zum Eintritt in das Heer geworben. War die geforderte Zahl gestellt, dann war es dem Truppenkommandanten überlassen, wie er mit diesen Gesellen fertig wurde, denn wenn auch solche darunter waren, welche schon Kriegserfahrung hatten, so waren doch die meisten ganz ungeübte Soldaten, welche zum TeiI nur wegen den in Aussicht stehenden Räubereien mitgingen. Die Kommandeure beklagten sich damals darüber, dass viele der Mannschaften während des Marsches nach Ungarn einfach ausrissen, sodass die Truppen in einem sehr schlechten Zustande an der Kriegsfront eintrafen. Glücklicherweise brauchten sie nicht mehr in den Kampf einzugreifen, da die Entscheidung bereits an einer anderen Stelle gefallen war. Im November 1664 marschierten die Truppen in ihre Heimat zurück und wurden entlassen. Sie beklagten sich, dass sie während des ganzen Feldzuges fast keinen Sold und die meiste Zeit nichts zu essen bekommen hatten, sodass sie sich nur durch Stehlen ernähren hatten können. Die Urkunden hierüber befinden sich im Archiv.

12. Der schwarze Tod

Von 1665 bis 1667 wurde Born durch die Pest (schwarzer Tod) schwer heimgesucht und sollen damals alle alten Akten, auch die Pfarrbücher, verbrannt worden sein, um nach Möglichkeit eine weitere Verbreitung dieser schrecklichen, völkermordenden Krankheit zu verhüten. Bekanntlich trat dieselbe früher fast in jedem Jahrhundert mehrmals auf und waren keine wirklich wirksamen Abwehrmittel bekannt. Das geängstigte Volk verfiel daher fast dem Wahnsinn und allerlei abergläubigen Ideen, selbst die ekeligsten Mittel wurden, wenn sie empfohlen waren, in der Furcht vor dem Würgengel Pest angewandt. So wurde z.B. Urin vom Ziegenbock getrunken. Da auch Fröhlichkeit als krankheitshindernd empfohlen war, tanzten Manche, die bereits den Keim des Todes in sich trugen, in irgendeinem ulkigen Kostüm oder mit einem Musik- oder Klapperinstrument singend durch die Straßen, bis sie vielleicht schon bald in irgendeiner Ecke liegen blieben. Einige kleine Aktenstücke sind der im 1. Satz erwähnten allgemeinen Vernichtung zufällig entgangen und jetzt noch vorhanden.

13. Nach dem Ende der Pest

In 1668 hatte Born 15 Männer, 19 Weiber, 42 Söhne, 28 Töchter und 19 Wohnhäuser. Der dürftige Ertrag der Landwirtschaft war immer noch die Existenzgrundlage der Bewohner, nebenbei wurde etwas Köhlerei betrieben. Zur Sicherstellung der in Kapitel 56 - 58 näher beschriebenen, zahlreichen Abgaben und Wahrung sonstiger Rechte des Landes- oder Grundherrn waren von diesem Schultheißen eingesetzt, welche auch die zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung von der Herrschaft erlassenen Verordnungen im Dorfe bekanntzugeben und deren Befolgung zu überwachen hatten. Diese Schultheißen waren als Vertreter des Landesherren mit sehr weitgehender Machtbefugnis ausgestattet, hatten aber mit der Verwaltung der Dorfgemeinschaft nichts zu tun. Ferner bestanden die in Kapitel 9 bereits genannten und in Kapitel 28 näher beschriebenen örtlichen Gerichte, welche mit dem Schultheißen an der Spitze die hoheitlichen Rechte über die Dorfgemeinschaft nebst ihrer Feld- und Waldmark ausübten.

Nachdem die, in Kapitel 12 beschriebene, Pestplage endgültig erloschen war, wurde wieder mit der Anlegung von Büchern begonnen, das Pfarrbuch über das Dorf Oberjosbach, das zur hiesigen Pfarrei gehörte, fängt mit 1668 an, das hiesige erst in 1671.

14. Eine Glashütte wird Dorf

Im Jahre 1674 erlaubte die Churmainzische Regierung einigen Glasschmelzern in dem früheren Stauffenwald eine Glashütte anzulegen. Nachdem diese einige Jahre ihr Gewerbe betrieben und auf einer größeren Fläche alles Holz abgehauen und verbraucht hatten, verließen sie den Ort wieder. Einige davon legten dann an der Grenze des Stauffens neben der Kalbshecke nochmals eine Glashütte an, welche aber nach einiger Zeit ebenfalls wieder einging. Die letztere Stelle heißt heute noch im Volksmund „Neue Glashütte". Sie liegt oberhalb des Wiesengrundes „Obere Kalbshecke" an dem Bach, welcher vom Seelborn nach dem genannten Wiesengrund fließt und ist an den vorhandenen Überresten der Fundamente der Glashütte erkennbar. Die Flächengröße des Gebäudes betrug ungefähr 8 Meter in jeder Richtung. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts fanden sich daselbst massenhaft kleine Glasgegenstände und Scherben aus Buntglas, bunte Schmelzschlacken usw., welche aber jetzt fast restlos verschwunden sind. Die erstgenannte Glashütte aber, nach Cröftel zu am Stockborn belegen, gab die Ursache zur Anlegung des heutigen Dorfes Glashütten. Als die damaligen Glasbrenner nämlich wegzogen, ließen sie eine größere Fläche ehemaligen Waldes, welche sie vollständig abgeholzt hatten, zurück, worauf sich 12 Interessenten bei der Churmainzischen Hofkammer um die Genehmigung bewarben, auf dieser Stelle ein Dorf errichten zu dürfen, da die betr. Fläche zu Feld und Wiesen dienlich schien. Die erbetene Genehmigung wurde erteilt und das daraufhin gegründete neue Dorf Glashütten genannt. Die erste Taufe daselbst steht im hiesigen Pfarrbuch in 1684 eingetragen.

15. Aufgaben der Dorfgemeinschaft

Auch für das Dorf Born wurden jetzt wieder Bücher angelegt um die Besitz - und Rechtsverhältnisse zu klären. Das Borner Markbuch 1686, das die im Privateigentum befindlichen Äcker-, Wiesen- und Gartengrundstücke enthält, sowie ein Heckenverzeichnis aus 1685 über die Privatwaldungen, ferner das am 29. November 1687 begonnene Gerichts-Protokollbuch sind noch vorhanden und lässt sich aus denselben und aus sonstigen einzelnen Schriftstücken ein ziemlich klares Bild über die damaligen Ortsverhältnisse gewinnen.

In 1687 waren 160 Ortseinwohner vorhanden. Die Aufteilung der Feldmark in kleinere Stücke (Parzellen) war weiter fortgeschritten, die Zahl der Privat-Ackerstücke betrug bereits 1275, die der Wiesen und Gärten 1115. Die Wahrung der Rechte des Privateigentums erfolgte durch das bereits genannte örtliche Gericht, das die niedere Gerichtsbarkeit ausübte.

Die der Dorfgemeinschaft obliegenden, in Kapitel 10 genannten Aufgaben wurden wie folgt gelöst: Die Unterhaltung der gemeinschaftlichen Mühle, welche in Kapitel 50 beschrieben ist, war zwischenzeitlich durch Übereignung an einen Privatbesitzer weggefallen, die Unterhaltung der Wege, die Holzfällungen und sonstige Waldarbeiten wurden gemeinschaftlich, das Anfahren des Brennholzes für den Schultheißen und den Schulmeister, sowie das Einfahren des Heues für den Kuhhirten und alle sonstigen, regelmäßig wiederkehrenden Fuhrleistungen auf der Fronde der Reihe nach ausgeführt, die Tagwacht auf der Reihe herum, täglich wechselnd, der Zuchtbulle ebenfalls auf der Reihe herum, aber jährlich wechselnd gehalten, den Zuchteber hatte der Pfarrer als Blutzehnten-Berechtigter zu stellen und zu pflegen. Der Nachtwacht- und Feldschützendienst war gegen Lohn im Akkord vergeben, die Waldschützen wurden beim jährlichen Gerichtstag für das folgende Jahr bestimmt und mussten dieses Amt unentgeltlich versehen, die Bedienung der Turmuhr und der Glocken sowie die Öffnung und Schließung der Pforte (Stadtthor) war dem Schulmeister übertragen gegen Vergütung. Dieser Schulmeister hatte aber auch den kirchlichen Glöckner- und Küsterdienst zu versehen. Die Schaf-, Kuh- und Schweinehirten erhielten von der Dorfgemeinschaft freie Wohnung in den drei Hirtenhäusern, außerdem der Kuh- und der Schweinehirt jährlich 1 Paar Schuhe oder den Wert dafür mit 1½ Gulden, ihren Lohn erhielten die Hirten in Frucht von den Viehbesitzern. Auch der Bürgermeister, der die Kasse der Dorfgemeinschaft zu führen hatte, bekam von dieser jährlich 1 Paar Schuhe oder 1½ Gulden in bar. Die eben beschriebenen und sonstigen baren Ausgaben wurden auf die Dorfbewohner in folgender Weise umgelegt: Der Nachtwächterlohn auf die Haushaltungen; der Feldschützenlohn auf die Grundbesitzer, die Schulmeisterbesoldung auf die Schulkinder bzw. deren Eltern, die Vergütung für Uhr- und Glockenbedienung, das Pfortengeld, die Kosten der Brunnenunterhaltung und das Schuhgeld für den Bürgermeister auf die Nachbarn (Bürger), das Schuhgeld für die Hirten und die Unterhaltungskosten für die Hirtenhäuser auf die Viehbesitzer, die Kosten für Unterhaltung des Backhauses auf dessen Benutzer und die Ausgaben für von der Herrschaft ehemals geforderte und zwischenzeitlich abgelöste Fronfahrten auf die fronpflichtigen Gespannhalter. Ferner hatte jeder in die Dorfgemeinschaft neu aufgenommene Nachbar einen einmaligen Beitrag von dreißig Kreuzern zu den Bullenbeschaffungskosten zu zahlen und außerdem einen ledernen Eimer zur Feuerbekämpfung zu liefern. Letztere Leistung galt als polizeiliche Forderung und wurde durch das Gericht überwacht, nötigenfalls erzwungen. (später von 1737 ab, als genügend Feuereimer beisammen waren, übernahm die Dorfgemeinschaft selbst die Unterhaltung derselben und war von diesem Zeitpunkt ab statt der Lieferung des Eimers ein Unterhaltungsbeitrag von einem Gulden zu entrichten.)

Das Brennholz aus dem gemeinschaftlichen Wald wurde unter die Nachbarn bis zur Deckung eines pauschalierten Bedarfs unentgeltlich verteilt, etwa anfallendes Nutzholz nebst dem übrig gebliebenen Brennholz verkauft. Für den Neubau von Wohnhäusern im Orte wurde das erforderliche Bauholz unentgeltlich gestellt und auf der Fronde angeliefert. Außer diesem Holzgeld, welches aber oftmals nur einige Gulden pro Jahr ausmachte, hatte die Dorfgemeinschaft nur noch wenige kleine Einnahmequellen, wie z.B. Einzugs- und Beisassengeld, Mehlwagengeld, Schlamm aus dem Dorfgraben, manchmal auch etwas Obstgeld.

16. Nachbarn und Beisassen

Was dann nach all den bis jetzt genannten Umlagen und Einnahmen zur Deckung weiterer, der Dorfgemeinschaft entstandenen Ausgaben, wie z.B. Gebühr des Amtsschreibers beim jährlichen Rüggericht, Aufstellung und Prüfung der Jahresrechnung, Beitrag zur Bestallung und Ausrüstung des Landreiters, Armenkosten usw. noch fehlte, wurde von den Nachbarn zusammengelegt. Dagegen wurden aber auch unverhoffte höhere Einnahmen, soweit ihnen augenblicklich Ausgaben nicht gegenüberstanden, unter die Nachbarn verteilt, da, wie wir in Kapitel 21 sehen werden, die Dorfgemeinschaft keine größeren Geldbestände verwahren konnte. So wurden z.B. in 1703, als durch Verkauf von 20 Eichen- stämmen an die Holländer hundert Gulden eingenommen waren, jedem der 30 Nachbarn, je drei Gulden ausgezahlt. Die eigentliche Dorfgemeinschaft bestand nur aus den als „Nachbar" aufgenommenen und beim nächstfolgenden Gerichtstag ausdrücklich als „Neue Nachbarn" anerkannten Männern und ist im Gerichtsbuch in 1692 und 1711 untergegliedert in „Gerüchten" (Gerichtsschöffen) und „Gemeindt" (manchmal auch Gemeindtsmänner genannt, erst viel später ist die Bezeichnung Bürger aufgekommen). Als Nachbar wurde nur aufgenommen, wer hier einen Grundbesitz hatte, der eine Lebensexistenz sicherte, oder ein eigenes Haus besaß und darin ein auskömmliches Handwerk oder Gewerbe ausübte; nur diese Voraussetzungen galten als ausreichende Sicherung für alle die Fälle, in denen die Mitglieder der Dorfgemeinschaft solidarisch für eine geforderte Leistung haften mussten. Bei Neuzuziehenden, welche diese Voraussetzungen hier noch nicht erfüllten, aber schon als Nachbar aufgenommen werden wollten, musste von dem Gericht des Heimatortes attestiert werden, dass die erforderliche Sicherheit noch daselbst geboten ist. (Fälle der gegenseitigen Haftung traten z.B. in 1745 und 1799 ein, als der Dorfgemeinschaft gewaltige Kosten für Kriegslieferungen entstanden waren und nur durch Anleihen gedeckt werden konnten, wobei sämtliche Nachbarn die Schuldurkunden unterzeichnen und gegenseitig haften mussten, denn die Dorfgemeinschaft war, obgleich sie im letztgenannten Jahre bereits als Gemeinde bezeichnet ist, immer noch keine Körperschaft. Die beschriebenen Nachbarn hatten Anteil an den Nutzungen des gemeinschaftlichen Gutes, das Allmendgut genannt wurde, dafür aber auch wieder Pflichten verschiedener Art. (Die Waldbezeichnung Nachbarwald und der Name Almenschlagerweg - Allmendschlag - rühren sicher aus jener Nutzungsberechtigung her.) Nach dem bis jetzt Gesagten und ausweislich der alten Akten und Bücher zählten der Schultheiß, der Pfarrer, der Schulmeister und die Hirten nicht zu den Nachbarn, solange sie in ihrer Deputatwohnung und nicht in einem eigenen Hause wohnten, auch alle übrigen Einwohner nicht, welche in fremden Diensten standen. Der Schultheiß, Pfarrer und Schulmeister bezogen jedoch von altersher ihr Brennholz aus dem Allmendwald unentgeltlich als Deputat.

Wer von auswärts zuzog und hier als Nachbar aufgenommen wurde, hatte ein Einzugsgeld zu zahlen, dieses betrug für jeden von auswärts stammenden Ehegatten fünf Gulden, ferner eine herrschaftliche Gebühr von eineinhalb Gulden (s. Ger. - Protokoll 1781/82).