Clementine Weidenbrecher - Monika Niessen - E-Book

Clementine Weidenbrecher E-Book

Monika Niessen

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Beschreibung

Clementine Weidenbrecher macht auf Anraten ihres Arztes Spaziergänge mit ihrem Rollator durch Remagen. Hierbei treten immer wieder Menschen in ihr Leben, die auch nicht selten aus ihrem eigenen abtreten. Mit ihrer rheinischen Gelassenheit begegnet die rüstige alte Dame den vielen Ereignissen, die sie zum Nachdenken bringen aber auch prägen. Durch die vielen Leute die sie kennenlernt, kommt Clementine immer weiter herum wo sie noch mehr erlebt...

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Inhaltsverzeichnis

Der 40. Geburtstag

Die Hochzeit

Der Wolleinkauf

Christels Geburtstagsfeier

Eva und Klaus Kuchinsky

Klaus Kuchinskys Geburtstag

Stadtführung

Ein schwül-heißer Tag

Herbstsonne

Der Computerkurs

Der alte Koffer

Der 40. Geburtstag

An einem schönen Frühlingssonntag saßen Clementine und Willi in der „Wacht am Rhein“. Um draußen zu essen war es Ihnen noch zu frisch, aber die Tische am Rhein waren alle besetzt von Sonnen hungrigen Menschen. Die Bedienung brachte die Getränke und notierte, was die Beiden essen wollten.

Willi stieß mit Clementine auf den schönen Tag an und teilte ihr mit, dass er eine Überraschung für sie habe.

Es waren zwei Einladungen, mit denen Willi Clementine überraschte.

Bei der ersten Einladung handelte es sich um den 40. Geburtstag seiner Nichte Susanne, einer „Event“ Unternehmerin. Dieser Geburtstag sollte in zwei Wochen bereits gefeiert werden. Die zweite Einladung betraf die Hochzeit von Susannes jüngerer Schwester Sabine, die zwei Wochen später stattfinden sollte.

„Willi Küster und Clementine Weidenbrecher“, so begannen die Texte beider Briefe.

Susanne und Sabine waren die Töchter von Willis älterer Schwester Elisabeth und er der Patenonkel beider Mädchen.

Clementine und Elisabeth kannten sich schon seit ihrer gemeinsamen Grundschulzeit, hatten sich aber später aus den Augen verloren, da Elisabeth nach Linz geheiratet hatte und der Rhein doch ein wenig trennte. Zu Willis letztem Geburtstag, den er im „Haus Oberwinter“ feierte, waren sie alle mit ihren derzeitigen Partnern erschienen. Elisabeths Töchter hatte Clementine erst bei dieser Gelegenheit kennen gelernt. Clementine gefielen die jungen Frauen, solche Töchter hätte sie auch gerngehabt, wenn es möglich gewesen wäre. Die Sympathie wurde offensichtlich erwidert, sonst wäre Clementine wohl kaum mit eingeladen worden. Während des Essens unterhielten Willi und Clementine sich über die bevorstehenden Feste.

Willi hatte bereits mit seiner Schwester telefoniert, er wollte wissen, was er seinen Nichten schenken könnte. Seine Schwester schlug ihm vor, er solle sich am „Geldsack“ für Susanne und an der „Aussteuertruhe“ für Sabine beteiligen. Der Geldsack war ein Beutel aus derbem Leinen, mit aufgedruckter Schrift „Geldsack“. Die Aussteuertruhe, eine Holzkiste, hatte auf dem Deckel die Aufschrift „Aussteuertruhe“.

Willi zeigte Clementine Fotos, die seine Schwester ihm aufs Smartphone gesendet hatte.

Zu beiden Behältnissen gehörte eine Schriftrolle, auf der die Spender genannt wurden.

Clementine gefielen diese Geschenk Ideen, sie würde sich daran beteiligen, denn das war besser, als etwas zu schenken, was niemand brauchte.

Aus beiden Einladungen ging hervor, dass „festliche Kleidung in fröhlichen Farben“ erwünscht war.

Das war eine Sache, die für Clementine nicht so leicht zu erledigen war.

Wieder in ihrer Wohnung angekommen, inspizierte Clementine ihren Kleiderschrank. Fröhliche Farben gab es in ihrem Schrank nicht, aber wer sagte denn, dass es so bleiben müsste? Da wäre wohl mal ein Einkaufsbummel fällig, zu dem Clementine wenig Lust verspürte.

Am nächsten Tag, einem Montag, rief Eva Kuschinsky sie an. Sie erzählte ihr, dass Irmtraut und Lieselotte am morgigen Dienstag nicht kommen würden, die beiden waren Kusinen und zu einem Familienfest gereist. Nun wollte Eva wissen, ob Clementine denn kommen wolle, da auch die Erika Eisenmenger abgesagt hätte.

Clementine fand, das sei eine gute Gelegenheit Eva auf ihr Garderoben-Problem anzusprechen, was sie auch tat. Eva war stets sehr schick gekleidet, sie wirkte selbst in Hauskleidung elegant.

Erika, trug am Liebsten Jeans und Pullover, da ließ sie sich doch besser von Eva beraten. Eva schlug ihr eine Tagestour in ein großes Einkaufszentrum im Ruhrgebiet vor.

Am frühen Dienstagmorgen fuhren die Beiden mit dem Zug von Remagen bis Köln, dort mussten sie einmal umsteigen. Nach fast drei Stunden Reisezeit kamen sie in dem Einkaufszentrum an.

Clementine betrachtete die Tagestour als Ausflug, denn nur um ein paar Kleidungsstücke zu kaufen, da wäre ihr der Aufwand zu groß gewesen. Aber so sah sie mal eine andere Gegend, auch wenn es dann überwiegend Geschäfte waren. Eva kannte alle Läden die für sie in Frage kamen. Zunächst besuchten sie einen Dessous Laden, weil Eva dort für sich einiges zu finden hoffte.

Während Eva gezielt suchte, sah Clementine sich um. Ihr fiel eine junge Frau auf, die sich zwischen den Ständern immer wieder bückte. Warum mochte sie dies tun? Clementine machte einen großen Bogen um den Gang in dem diese Frau jetzt war und schaute dann neugierig in den Gang. Da sah sie eben noch wie einige Dessous in einem Koffer verschwanden, den die junge Frau dabeihatte. Clementine ging zur Kasse und machte eine Angestellte auf die Frau aufmerksam. Da kam die junge Frau zur Kasse und wollte lediglich einen Slip bezahlen, Clementine hatte aber bemerkt, dass sie einige Teile in den Koffer gepackt hatte. Die Kassiererin und ihre Chefin baten die Kundin und Clementine als Zeugin ins Büro. Dort öffnete die junge Frau bereitwillig den Koffer, er war leer!

Clementine sagte, dann müsse es einen doppelten Boden geben, sie habe gesehen, dass die junge Frau Ware von den Ständern nahm und in den Koffer steckte. Blitzschnell nahm die Frau den Koffer hoch und versuchte Clementine damit zu schlagen! Doch Clementine riss ihr den Koffer aus der Hand und zerrte am Boden. Der löste sich und zwei teure Nachthemden mit passendem Mantel fielen zu Boden. Die Chefin hob die Ware auf, während die junge Frau die Kassiererin zur Seite schubste und davon stürmte.

Clementine durfte sich, zum Dank für ihre Aufmerksamkeit ein schönes Nachthemd aussuchen.

Als Eva ebenfalls fündig geworden war, machten die Beiden erst einmal eine Pause in einem gemütlichen Lokal. Für Clementine hätte der Einkauf jetzt beendet sein können, aber Eva gab nicht auf: „Wir fahren erst zurück, wenn Du eingekleidet bist“, sagte sie.

Im nächsten Laden, den sie aufsuchten griff Eva nach einem leichten hellblauen Hosenanzug mit Bluse, der Clementine wunderbar passte. Nun brauchte sie noch passende Schuhe, auch diese fand Eva sehr schnell. Mit Eva machte ihr das Einkaufen direkt Spaß, es ging viel flotter, als wenn sie allein unterwegs war, was nur sehr selten vorkam.

Der Nachmittag verging wie im Flug. Am frühen Abend kamen sie in Köln an und konnten gleich weiterfahren, ihr Anschlusszug war pünktlich. Als der Zug in Remagen ankam, wurde es bereits dämmrig, aber Willi und Klaus standen am Bahnhof um die beiden Käuferinnen abzuholen. Sie waren sehr bepackt. Eva staunte was Clementine alles in ihrem Rollator-Korb und an den Griffen hängend unterbrachte.

Bevor Clementine an diesem Abend zu Bett ging, sagte sie zu Hermanns Foto: „Et könnt joot sen, dat esch mesch och noch ens an jätt andere Farwe jewönnen, wie imme nur brong un bääsch. Wenn esch met dämm Eva esu weijde machen, dann dätzte mesch net mi widde kenne“.

Clementine hatte sich seit Hermanns Tod sehr verändert. Sie hatte, mit Willis und der Freundinnen Hilfe, ein sehr ausgefülltes Leben. Nun freute sie sich auf die kommenden Feste, zu denen sie mit Willi eingeladen war.

Die kommenden Tage vergingen Clementine wie im Flug und am Tag des runden Geburtstags, stand Willi pünktlich vor Clementines Wohnung um sie abzuholen. Sie fuhren mit Willis Auto nach Kripp, setzten über nach Linz und fuhren Richtung Dattenberg.

Etwas außerhalb von Linz besaß Susanne eine alte Villa mit Garten und einer wunderschönen Aussicht auf den Rhein und die gegenüber liegende Rheinseite.

Gelegentlich veranstaltete Susanne in ihrer Villa Feste, die auf Wunsch ihrer Kunden dort stattfanden. Im Hochparterre Bereich gab es sehr gut geeignete Räumlichkeiten für solche Zwecke. Eine Etage darüber hatte sie ihre Büro- und Lagerräume und unter dem Dach wohnte sie.

Willi hatte Clementine Fotos von Susannes Räumen gezeigt, die diese auf ihrer Internetseite präsentierte. Da passte ihre neue festliche Kleidung sehr gut, wie sie fand. Nur war es leider sehr kühl an diesem Tag, da nahm sie lieber ein großes, weißes Umschlagtuch mit, das sie vor einigen Monaten gehäkelt hatte.

Als sie ankamen, waren bereits viele Gäste anwesend. Außer Willis Schwester und ihren Töchtern kannten die Beiden niemanden.

Nach einem kleinen Stehempfang wurde das Buffet eröffnet. Zu Clementines Freude gab es sehr viele verschiedene Sorten Gemüse und Salate. Im Frühjahr und Sommer aß sie am Liebsten leichte Speisen. Im Herbst und Winter durfte es auch mal ein Stück Kesselskuchen, wie die Remagener ihren Döppekooche auch nennen, oder rheinischer Sauerbraten sein.

Sie überlegte eben noch, von welchem Gemüse sie nehmen sollte, als sie angerempelt wurde. Der Inhalt eines Glas Rotweins ergoss sich über den Ärmel ihrer neuen hellblauen Anzugjacke. Willi, der neben ihr stand sagte zu dem Rempler: „Sie könnten sich wenigstens mal entschuldigen“, aber der dachte gar nicht daran und verschwand im Gedränge.

Willis Schwester Elisabeth führte Clementine in Susannes Wohnung, dort wusch sie ihr den Fleck aus und hängte die Jacke auf einen Bügel. Clementine legte sich ihr Häkeltuch über die Schultern und ging wieder nach unten. Elisabeth wollte ein wenig in der Wohnung ausruhen und später nachkommen.

Im Flur schaute Clementine sich das Treppenhaus einmal genauer an, es war ein Kunstwerk. Sie war begeistert, ein so schönes Treppenhaus hatte sie noch nie gesehen!

Auf dem Weg nach unten vernahm sie plötzlich ein Kichern und sah, über das Gelände gebeugt, ein junges Paar, die Frau in einem leuchtendroten Spitzenkleid, auf dem Weg zu den Büro- und Lagerräumen. Clementine verhielt sich ganz ruhig, sie wollte die jungen Leute nicht stören, sie würde warten bis die beiden verschwunden waren und dann schnell nach unten gehen.

Sie stand in einer Nische, vor einer weißen Wand, da fiel sie mit ihrem weißen Umschlagtuch nicht auf. Na, das dauerte aber, bis die Beiden endlich in einem der Räume verschwanden.

Als sie unten ankam, wartete Willi bereits auf sie. Clementine erzählte ihm, warum sie so lange brauchte bis sie wieder unten war. Willi ging mit ihr zu Susanne, er meinte, es sei besser, sie fragten sie mal, ob das in Ordnung sei, dass dieses junge Paar in ihren Geschäftsräumen verschwand.

Susanne befand sich mit vielen anderen Gästen im Garten, als Willi ihr von Clementines Erlebnis berichtete. Sie erschrak und rannte mit zwei Begleitern die Treppe hoch!

Dann ging alles ganz schnell. Sie hörten Geschrei und einen Schusswechsel, Polizei und Krankenwagen fuhren vor.

Clementine kam es später vor, als sei alles das gleichzeitig passiert. Einige Gäste gingen ins Haus, Willi und sie blieben im Garten.

Die junge Frau, Clementine erkannte sie an ihrem leuchtendroten Spitzenkleid, wurde auf einer Trage zum Krankenwagen gebracht. Der Krankenwagen fuhr ab und die Spurensicherung erschien. Ihr Auto sah Clementine nicht, aber die Männer mit den Metallkoffern kannte sie schon.

Elisabeth trat auf Willi und Clementine zu, sie war sehr blass und schwankte ein wenig. Willi führte sie zu einer Bank, die etwas abseitsstand und bat Clementine mit zu kommen. Dort berichtet Elisabeth ihnen, dass Susanne bedroht wurde. Ein ehemaliger Kunde, der sich von ihr übervorteilt fühlte, hatte ihr geschrieben, dass er ihre Villa abbrennen wolle.

Sie hatte im letzten Jahr die Hochzeit des Paares veranstaltet. Die Rechnung wurde nie beglichen, angeblich war sie viel höher ausgefallen, als vereinbart.

Susanne hatte für ihr Fest einen Sicherheitsdienst engagiert, mit dem sie schon mehrmals zusammenarbeitete. Es waren etwa hundert Gäste eingeladen und da konnte es passieren, dass sich jemand einschlich, der nicht dazu gehörte.

Schließlich kannte, außer Susanne, niemand dieses Paar.

Bei dem Schusswechsel wurde die junge Frau schwer und ein Sicherheitsmann leicht verletzt. Der Täter erschoss sich selbst, als er bemerkte, dass er nicht mehr wegkonnte.

Wie sie später erfuhren, war Susanne nicht die einzige, die er erpresste. Er hatte ein langes Vorstrafenregister.

Wieder zu Hause angekommen, sagte Clementine zu Hermanns Foto: „Dat Susanne hät jo en „Event-Agentur“, op deutsch: Ereignis, äwwe dat Ereischnis hät et net jeplant, do ben esch jezz äwwe ens jespannt, wat an dä Huchzejt noch alles passiert, die es jo schon de üwwenächste Wooch“.

Und die Hochzeit wurde eine ganz andere Geschichte.

Die Hochzeit

Nur zwei Wochen nach Susannes 40. Geburtstag fand die Hochzeit ihrer jüngeren Schwester Sabine mit Jens, einem selbständigen Anlageberater statt. Die Beiden kannten sich seit ihrer gemeinsamen Ausbildung bei einer Bank. Mit Jens‘ Weggang, trennten sich ihre Wege. Durch Zufall trafen sie sich im letzten Jahr bei einer Fortbildungsveranstaltung, deren Dozent Jens war.

War es vor zwei Wochen, an Susannes Geburtstag sehr kühl, so war es am Hochzeitstag der Beiden, bereits morgens schwül warm. Es sollte im Laufe des Tages Gewitter geben.

Clementine und Willi fuhren sehr früh mit der „Nixe“ über den Rhein nach Erpel. Sie hatten einen kleinen Rollkoffer dabei, weil sie bei Elisabeth, Willis Schwester über Nacht bleiben wollten. Elisabeth wohnte seit dem Tod ihres Mannes in einer Parterre Wohnung in „Hohenerpel“. Sie hatte eine schöne Terrasse mit einem wunderbaren Blick über Erpel nach Remagen hinüber.

Die Hochzeitsfeier fand im neuen Haus des jungen Paares statt, das nur etwa 100 Meter von Elisabeths Wohnung entfernt, stand. Das Haus war von einem großen Grundstück umgeben. Susanne hatte im Garten ein großes Zelt aufstellen lassen, dort fand die Feier statt.

Als Clementine und Willi in Erpel ankamen, waren sie dankbar, dass Elisabeths Lebensgefährte Edgar bereits mit seinem neuen Auto auf sie wartete. Bei diesem Wetter wäre der Aufstieg zu beschwerlich für die Beiden, fand Elisabeth, darum bat sie Edgar das Paar abzuholen. So kamen sie in den Genuss mit einem teuren BMW zufahren, dessen Sitze noch nach neuem Leder rochen.

Edgar erzählte ihnen unterwegs, dass die standesamtliche Trauung am Vortag sehr ruhig verlaufen sei, da sie nur mit wenigen Personen essen waren. Um 11 Uhr sollte die kirchliche Trauung heute stattfinden und anschließend ein Sektempfang vor dem Zelt.

In Elisabeths Wohnung angekommen, hatten sie noch genügend Zeit das Gästezimmer in Augenschein zu nehmen und sich ein wenig zu erfrischen.

Mit Edgars Auto fuhren sie dann zur Kirche. Sie gehörten zu den ersten Gästen, die die angenehm kühle Kirche betraten. Es wurde eine sehr schöne, kirchliche Feier.