Cliquenwirtschaft - Gisela Schmalz - E-Book
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Gisela Schmalz

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  • Herausgeber: Kösel
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2014
Beschreibung

Was macht den gigantischen Erfolg von Cliquen wie Goldman Sachs, Kirche, Google oder der Mafia aus? Zweifellos virtuos verstehen sie es, in der Wirtschaftswelt zu agieren, ihr Know-how ständig zu professionalisieren, weltweite Netzwerke zu spannen und um sich herum eine charismatische Aura zu schaffen, die ihresgleichen sucht.

Dieses Buch lüftet das Geheimnis um die riesige wirtschaftliche und emotionale Macht derartiger Cliquen und setzt sich kritisch mit ihnen auseinander.

Gleichzeitig können wir einige ihrer positiven Strategien aber auch für eigene Belange nutzen. Denn: Nicht Regeltreue, Denken in engen Schubladen und das Kopieren alter Handlungsmuster führen zu Reichtum und Einfluss, sondern vielmehr der Spaß daran, anders und weiter zu denken! Ein hochspannender Blick hinter die Kulissen der Macht.

  • Die Macht des Wir-Gefühls
  • Warum Netzwerke so erfolgreich sind
  • Das Betriebsgeheimnis von Goldman Sachs, Kirche, Google, Mafia & Co.

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EPUB

Seitenzahl: 436

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Über das Buch

Was können wir von Cliquen lernen?

Kenntnisreich und fesselnd stellt dieses Buch die Instrumente erfolgreicher Cliquenwirtschaft vor. Dabei untersucht es diese nicht nur kritisch, sondern legt sie allen zur Erprobung nahe, die bisher nur zaghaft oder gar nicht in solcher Weise tätig waren. Solch strategisches Know-how sollte man keineswegs nur denjenigen überlassen, die es vor allem für ihre finanziellen Ziele und Manipulationszwecke einsetzen. Wir alle können von den sozialen Techniken profitieren und einige der grundlegenden Strategien für gute und friedliche Vorhaben nutzen: wirtschaftliche oder politische Akteure ebenso wie Privatpersonen.

Nicht Regeltreue, das Denken in engen Schubladen oder das Kopieren alter Handlungsmuster führen zu Reichtum und Einfluss, sondern der Spaß daran, anders und weiter zu denken und gemeinsam kreativ und schlagkräftig zu handeln.

»Nur wer die Motive und Absichten von Cliquenwirtschaft begreift, kann die Raffinesse, mit der ihre Methoden eingesetzt werden, ein- oder wertschätzen. Es wird dazu eingeladen, Cliquenwirtschaft zu verstehen und anzuwenden – womöglich sogar dazu, um ihre destruktiven Formen aufzubrechen.«

Gisela Schmalz

Cliquenwirtschaft

Die Macht der Netzwerke: Goldman Sachs, Kirche, Google, Mafia & Co.

Kösel

Der Kösel-Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags für externe Links ist stets ausgeschlossen.

Anmerkung der Autorin: Die männliche Form von Personenbezeichnungen wird im Text nur in der Hoffnung auf bessere Lesbarkeit verwendet und nicht, weil es keine weiblichen Manager, Mitarbeiter, Kunden, Banker, Programmierer, Studenten, Mitglieder etc. gäbe.

Eigennamen wie Unternehmens- und Organisationsbezeichnungen werden bei der ersten Nennung kursiv, anschließend gerade gesetzt.

Copyright © 2014 Kösel-Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlag: Weiss Werkstatt, München

Umschlagmotiv: Shutterstock/Bokica

Lektorat: Monika Spinner-Schuch

ISBN 978-3-641-12976-7

www.koesel.de

Inhalt

Über das Buch

Einleitung: Soziale Kapitalmaschine

1Cliquenwirtschaft überall

2Die katholische Kirche und das ­Allzumenschliche

3Cosa Nostra: Sizilianische und trans­sizilianische Verhältnisse

4Götter der Gerissenheit: Der Kosmos von Goldman Sachs

5Google: Die Digitalelite gibt sich egalitär

6Essenzen gelungener ­Cliquenwirtschaft

Über die Autorin

Literatur

Anmerkungen

Einleitung

Soziale Kapitalmaschine

Mein Vermögen sind meine Freunde.

Emily Dickinson

Cliquenwirtschaft ist eine herausfordernde Kunst. Sie kann Menschen glücklich, reich und mächtig machen. Zugleich ist sie eine vertrackte Angelegenheit, die Menschenkenntnis, manipulatorisches und strate­gisches Geschick sowie Übung verlangt. Cliquenwirtschaftlich beschlagene Männer formten die katholische Kirche,die Mafiaorganisation Cosa Nostra, die Investmentbank Goldman Sachs Group Inc. und den Technologiekonzern Google Inc. zu den Weltmachtzentren, die sie heute sind. Wie geschickt die Vertreter von vier der einflussreichsten Organisa­tionen der Welt Cliquenwirtschaft für ihre politischen und wirtschaftlichen Ziele einsetzen, zeigt dieses Buch. Es erforscht ein allgegenwärtiges, aber bisher wenig gründlich durchleuchtetes Thema. Cliquenwirtschaft fragt nach den Ursachen, Gründen und Dynamiken für dieses Phänomen, das in der Tierwelt genauso vorkommt wie unter Menschen.

Das Buch will die Instrumente erfolgreicher Cliquenwirtschaft vorstellen, sie kritisch untersuchen und allen zur Erprobung nahelegen, die bisher nur zaghaft oder gar nicht cliquenwirtschaftlich tätig waren. Gerade bei denen, die Cliquenwirtschaft und mächtige Cliquenwirtschaftler ablehnen, soll Interesse geweckt werden. Nur wer die Motive und Absichten für Cliquenwirtschaft begreift, kann die Raffinesse, mit der cliquenwirtschaftliche Methoden eingesetzt werden, ein- oder wertschätzen. Es wird dazu eingeladen, Cliquenwirtschaft zu verstehen und anzuwenden – womöglich sogar dazu, um destruktive Formen von Cliquenwirtschaft aufzubrechen.

Gewinn durch Geselligkeit

Um wirtschaftliche, politische, gesellschaftliche, humanistische, ökologische, berufliche, private oder ganz andere Ziele zu erreichen, bilden Menschen Gruppen. Öffentliche Institutionen wie beispielsweise Städte­verwaltungen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), OECD oder Weltbank setzen auf Gemeinde- und Clusterbildung. Im Wissen darum, dass Individuen sich in Gemeinschaft wohlfühlen, werden Gruppenprozesse gezielt gefördert und darüber Eigeninitiative und Produktivität angeregt. Auch Wirtschaftsunternehmen ­machen sich positive Gruppenphänomene zunutze. Mitarbeiter werden zu Teams zusammengestellt, vom Altenglischen team, das »Familie« oder »Gespann« bedeutet, um die einzelnen Mitglieder dazu zu bringen, wirtschaftliche Ziele zu erreichen. Investitionen in menschliche und zwischenmenschliche Faktoren lohnen sich ökonomisch.

Man mag die Ausschlachtung von menschlichen Nähebedürfnissen zu Wirtschaftszwecken moralisch verurteilen. Auch kann man es kritisieren, dass Menschen über gezieltes Auslösen von beglückenden Gruppengefühlen manipulier- und ausnutzbar gemacht werden. Doch viele Betroffene freuen sich über Gemeinschaftserlebnisse am Arbeitsplatz und die eigenen Leistungen, die sie in motivierten Arbeitsteams mit hervorbringen. Wer auf direktes Feedback stößt, empfindet die eigene Tätigkeit als sinnvoll. Angestellte fühlen sich an dem Ort wohl, an dem sie den Großteil ihrer Lebenszeit verbringen, wenn sie hier mit Gleichgesinnten kooperieren können. Sie werden erwiesenermaßen weniger krank als anderswo und wechseln seltener die Arbeitsstelle.

Cliquenwirtschaft ist eine soziale Technik, die dabei hilft, über Freundschaften und Bekanntschaften Kapital aller Art zu generieren. Sie dient dazu, wirtschaftliches, politisches, soziales, symbolisches, erotisches oder emotionales Kapital zu erlangen. Enge soziale Bonding- und schwache soziale Briding-Beziehungen lassen sich für verschiedene Zwecke nutzen. Während enge Freundescliquen (bonding) Unterstützung, Vertrauen und Sicherheit bieten, halten lockere Networking-Bekanntschaften (briding) Kontakte in neue soziale Kreise sowie weiterführende, frische Informationen bereit. Der Leistungsdruck ist in einer globalisierten, digitalisierten und dynamischen Umwelt mit sich ständig wandelnden Konstellationen und Wechselwirkungen so hoch wie nie. Nur wer heute und in Zukunft schnell, effizient, kreativ, flexibel und über Netzwerke agiert, hat Chancen, sich durchzusetzen. Doch zur Stärkung und Verstärkung während dieses Wettlaufs braucht der Einzelne die Gruppe.

In diesem Buch wird die Clique als ideales Organisationsgefüge zum Überleben in einer unübersichtlichen Welt identifiziert. Eine Einzelperson kann, selbst wenn sie sich mit einer zweiten zu einem Paar verbindet, wenig ausrichten. Menschentrauben und riesige Netzwerke sind wiederum schwerfällig und langsam. Sie lassen sich schlecht überblicken, kontrollieren und steuern. In einer komplexen Welt besitzen mittelgroße Einheiten die größte Schlagkraft. In einer Familie, Gruppe, Clique, Gemeinde oder Firma gelingt es am ehesten, beweglich und doch langfristig gewinnbringend zu handeln. In der Gruppe kann man spielen, lernen, arbeiten und gemeinsame Absichten verfolgen – und dabei Spaß haben. Hier kennt und vertraut man einander. Man vermittelt einander Nestwärme, hält sich wechselseitig über kurze Wege und rasch auf dem Laufenden und hilft sich gegenseitig. In der Clique verbinden sich Aspekte von Freundschaft und Seilschaft auf das Angenehmste. Menschen, mit denen man schon länger eng verbunden ist, sind verlässlicher als flüchtige Netzwerkbekanntschaften. Doch in der Regel sind Cliquen von größeren Netzwerken umgeben und geübt im Ausnutzen derselben. Die Clique ist die Brücke zwischen Ich und Welt.

Königsdisziplin Cliquenwirtschaft

Nicht immer strategisch, vielmehr oft instinktiv, aus praktischen Gründen oder aus der Not heraus widmen Menschen ihre Freundschaften in Seilschaften um und beuten sie zu bestimmten Zwecken aus. Größere Organisationen wie Kirche, Mafia, Goldman Sachs oder Google nutzen die Möglichkeiten der Cliquenwirtschaft auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlichem Erfolg. Organisieren sie ihr Personal über Hierarchien, Projektgruppen oder Teams, bewahren sie die Clique als Nukleus. So profitieren sie von allen damit verbundenen Vorteilen, vor allem dem Vorteil der wechselseitigen Motivation der Mitglieder. Diese kann, wie bei Goldman Sachs, in einen internen Wettbewerb münden, bei dem Mitarbeiter einander zum Wohl der Bank überbieten. Geschickte Führungskräfte initiieren daher Cliquenwirtschaft unter ihren Angestellten. Obendrein betreiben sie selbst Cliquenwirtschaft mit außenstehenden Personen oder Personengruppen. Sie unterhalten Beziehungen zu Politikern, Gesetzgebern, Konkurrenten, Anwälten, Wirtschaftsprüfern, Medienpersonen, Lobbyisten, Verbandsvertretern, Berufsmultiplikatoren und Beratern für alles und nichts, um jederzeit auf deren Unterstützung, Expertise, Empfehlungen oder Seilschaften zurückgreifen zu können.

Die Führungspersönlichkeiten der katholischen Kirche, der sizilianischen Mafia, der Investmentbank Goldman Sachs Group Inc. und des Technologiekonzerns Google Inc. sind Meister im Ausschöpfen der Potenziale von Cliquen und Cliquenwirtschaft. Im Kern geht es in allen vier Organisationen um Macht und Besitz, wobei beides eng verknüpft ist. Durchleuchtet man das Wirken dieser Institutionen, so lässt sich zeigen, wie Macht aufgebaut, lebendig gehalten und vermehrt wird und wie Macht finanziellen Reichtum hervorbringt.

Die Führungskräfte der vier Organisationen animieren ihre Mitglieder zu voller Hingabe an ihre Organisation und begeistern auch externe Partner. Sie spannen weltweite Netzwerke und schaffen um sich herum eine Aura, die andere betört und bindet. Das Buch stellt dar, mit welcher Brillanz die Vertreter dieser Machtzentren auf internationalem Parkett agieren. Es zeigt, dass Kirche, Cosa Nostra, Goldman Sachs und Google trotz ihrer Traditionsverbundenheit nicht stagnieren, sondern ihre Strategien vielmehr permanent professionalisieren, um in neue Dimensionen, Länder, Zielgruppen, Märkte oder Branchen vorzustoßen. Nicht Regeltreue, das Denken in engen Schubladen und das Kopieren alter Handlungsmuster, sondern der Spaß daran, in und mit Cliquen Gleichgesinnter anders vorzugehen als die meisten, treibt sie an und führt sie zum Erfolg.

Diese globalen Schwergewichte setzen sich absurd hohe Ziele. Und sie besitzen die Courage, manche ihrer Anhänger auch genügend kriminelle Energie, die Ziele umzusetzen. Die Vertreter der vier Organisationen denken und handeln global, die der katholischen Kirche und des Unternehmens Google verfolgen sogar einen universellen Anspruch. Die Kirchenlehre bezieht sich auf das Himmelreich und auf das Jenseits, und die Produktideen von Google ragen ins All. In der Kirche und bei Google rechnet man außerdem nicht in Jahrzehnten, sondern in Jahrhunderten oder in Ewigkeiten. Wenn es gut läuft, entsprechen sie ihrem Ewigkeitsanspruch, ohne antiquiert zu wirken oder an Anziehungskraft einzubüßen. Steigen die hochfliegenden Visionen der vier Institutionen nur hoch genug, erhöht das ihre Verführungskraft.

Max Weber definierte Macht als »jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht«1. Im Sinne von Weber haben die katholische Kirche, die sizilianische Mafia, die Bank Goldman Sachs und der Suchmaschinenanbieter Google jeweils mehr Macht über ihre Mitglieder, Kunden oder Partner als andere Organisationen über ihre Anhänger und als mancher Staat über seine Bürger. Katholische Kirche, Cosa Nostra, Goldman Sachs und Google sind mit zahlreichen Filialen in aller Welt vertreten. Über diese weltweit verstreuten, lose verbundenen Einheiten können sie ihre Macht kleinteilig und lokal, aber gleichermaßen global ausspielen. Als transnational agierende Institutionen können sie weltpolitische oder weltwirtschaftliche Geschicke teilweise schneller und nachhaltiger als Einzelstaaten oder Staatenbündnisse bestimmen. Kulturelle und gesellschaftliche Trends beeinflussen sie stärker als die nationale Politik. Die Strategen von Kirche, Cosa Nostra, Gold­man Sachs und Google beschreiten dabei ungewöhnliche Wege. Sie lassen Widersprüche zu. Sie taktieren flexibler, smarter, diskreter und vorausschauender als andere. Sie sind finanz-, macht- und gefühlsstrategisch beschlagen und deshalb exzellente Cliquenwirtschaftler. Jedes der vier Machtzentren wird hier mit seinen cliquenwirtschaftlichen Raffinessen vorgestellt. Es wird nachgezeichnet, wie es der jeweiligen Institution gelingt, Sozialkapital in Wirtschafts­kapital zu verwandeln und daraus einen Machtgewinn zu ziehen.

Das Buch hat sechs Kapitel. Das erste Kapitel führt in die Cliquenwirtschaft ein und erläutert das Phänomen anhand verschiedener Beispiele aus Wirtschaft, Politik, Sport, Kunst und Kultur. Die anschließenden Kapitel widmen sich der katholischen Kirche, der sizilianischen Mafia sowie den US-Unternehmen Goldman Sachs und Google. Einzeln porträtiert werden die Entwicklung, das wichtigste Personal, die Regeln, Riten, Erfolgsfaktoren und Schwierigkeiten ihrer Cliquenwirtschaften. Dabei wird deutlich, warum diese vier Institutionen durch Cliquenwirtschaft nicht nur reich, sondern so einflussreich geworden sind, dass sie heute die Weltwirtschaft und Weltpolitik mitbestimmen können. Im Schlusskapitel werden als Quintessenz die 16 wichtigsten Faktoren erfolgreicher Cliquenwirtschaft präsentiert.

1

Cliquenwirtschaft überall

Finde die anderen.

Timothy Leary

Während der Kindheit und der Schulzeit können Freundschaften und Cliquen fürs Leben entstehen. Später, im Auslandsjahr, im freiwilligen sozialen Jahr, beim Militär, in der Ausbildung, an der Universität und im Berufsleben, werden sie fortgeführt und erneuert. Oder es werden neue Cliquen aufgebaut. Cliquenwanderer kleben nicht an einer Clique fest. Sie wechseln ihre Clique mit den Lebensumständen, können aber einigen davon gleichzeitig treu bleiben. Studentische Cliquen bilden sich um einen Sport herum, eine musikalische Vorliebe, ein Hobby, ein Studienfach, ein Projekt, eine politische Auffassung, eine Religion, eine Geschäftsidee oder das gemeinsame Vorhaben, Karriere zu machen.

Freundschaften als Seilschaften

Cliquenwirtschaft betreiben alle, die ihre sozialen Beziehungen spielen lassen, um sich und ihre Freunde zu bereichern. Um Wirtschafts­cliquen zu bilden, bedarf es keines Studienabschlusses. Soziale Kompetenz, ein klares ökonomisches Ziel, etwas Verschlagenheit und äußerste Diskretion bilden die Voraussetzungen, um in dieser Disziplin zu punkten. Weniger aus fachlichen als vielmehr aus gesellschaftlichen Gründen kann ein Studium dabei jedoch nicht schaden. Der Besuch einer angesehenen Hochschule und der frühe Anschluss an einen Zirkel aus potenziellen Machtfiguren stellen häufig den ersten Schritt einer erfolgreichen Karriere dar. Studienfreunde lassen sich in Steigbügelhalter umfunktionieren und studentische Verbindungen, Online- oder Offline-Alumni- und -Karrierenetzwerke für ökonomische Zwecke ausschlachten.

Dabei muss der Spaß keineswegs zu kurz kommen. Der Wettbewerb unter Freunden, gegenseitiges Manipulieren und Übervorteilen kann wie ein Mannschaftssport betrieben werden – mit allen Höhen und Tiefen. Gemeinsame Erlebnisse schweißen Cliquenfreunde zusammen. Über Versprechungen, Verpflichtungen oder Abmachungen werden aus Loyalitäten Abhängigkeiten, die noch stärker aneinander binden. In Studentenverbindungen lässt man buchstäblich und im übertragenen Sinn die Hosen voreinander fallen, indem man intime Erfahrungen austauscht und Extremerlebnisse teilt. Wer sich einmal voreinander offenbart und bloßgestellt hat, fühlt sich mit den anderen auf ewig verschweißt. So werden Geheimnisse inszeniert, die kein Alter Herr oder Old Boy im späteren Leben breitgetreten sehen will. Weit mehr als persönliche Geständnisse, konzertiertes Ausarten im studentischen Alkoholrausch und andere Offenherzigkeiten stärken gemeinsame kriminelle Akte den Cliquenzusammenhalt. Mafiabosse zwingen ihre Mitglieder zu Loyalität, indem sie Verbrechen von Gruppen statt von Einzelpersonen durchführen lassen.

Im deutschen Sprachraum bietet sich insbesondere konservativen jungen Männern eine große Auswahl von Studentenverbindungen, Burschenschaften oder Corps. Jede dieser Verbindungen pflegt einen eigenen Brauch und eigene Riten. Es gibt nichtschlagende, pflichtschlagende und fakultativ schlagende Burschenschaften. Die einschneidendsten Erlebnisse verschaffen Studentenverbindungen, die ihren Zusammenhalt mit dem Ritual des Fechtens besiegeln. Bei schlagenden Verbindungen tragen zwei männliche Mitglieder eine Mensur aus, einen streng geregelten Fechtkampf mit scharfen Waffen. Dabei geht es nicht um Leben oder Tod, nicht einmal um die Ehre, sondern um die Persönlichkeitsbildung der Studenten. Herausgefordert werden ihre Angst und ihre Fähigkeit, diszipliniert zu kämpfen. Das Persönlichkeitswachstum innerhalb der Gemeinschaft und die engen Beziehungen aus Studentenjahren werden genutzt, um die Karrieren der Verbindungsmitglieder voranzutreiben. Studentenverbindungen arbeiten wie ein Lebensbund. Die später sogenannten Alten Herren unterstützen sich gegenseitig mit Rat und Tat. Verbindungsmitglieder, die ähnliche Werte teilen, bilden berufliche Seilschaften, um voneinander zu profitieren. Dabei kommen Karrieren nicht immer nur nach dem Prinzip der Meritokratie zustande, vom Lateinischen , zu Deutsch »Verdienst«, bei dem die Leistung zählt. Den Zugang zu bestimmten Positionen oder Zirkeln verschafft oft allein die Verbindungsmitgliedschaft, also die Zugehörigkeit zu einer Elite oder zur Aristokratie. Frauen schließt die elitäre Cliquenwirtschaft automatisch aus und ebenso alle anderen, die nie in Burschenschaften oder Corps organisiert waren. s heißen die Auswüchse der Studentenverbindungen in der englischsprachigen Welt, in Indien und in Hongkong. Finnische Old-boy-Netzwerkelaufen unter dem Terminus , auf Deutsch »Lieber-Bruder-Netzwerk«. Old boy networks entstehen, nachdem Männer bestimmte Privatschulen besucht haben, zu denen nur Jungen zugelassen werden. Alumni-Netzwerke, Verbindungen von ehemaligen Hochschulstudierenden, können Karrieren ebenfalls befeuern. Zu ihnen haben auch Frauen Zugang.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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