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In diesem Band erzählen Clownpraktiker*innen von ihren Auftritten, Clownsworkshops und darüber wie sie ihren Weg zum Clown gegangen sind. Hier kommen Künstler zu Wort, die nicht auf den Titelseiten von Hochglanzmagazinen zu finden sind, sondern da wo Lachen gewollt und gebraucht wird, bei den Kindern. Neben poetischen Beschreibungen, lustigen Begebenheiten und komischen Einfällen, gewährt der Band einen authentischen Blick hinter die Kulissen und vermittelt einen guten Überblick darüber, was es heißt als Clownin und Clown zu arbeiten.
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Seitenzahl: 86
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Larsen Sechert (Hrsg.)
Clownstheater für Kinder
Über clowneske Wege zum Lachen der Kinder
Beiträge
© 2023 Larsen Sechert, Florian Teller, Matthias Marquitz, Carla Marquitz, Wiebke Bruns, Nils Klawon, Matthias Seidel, Mira Schubert
Fotos: Roland Friedel, Hannes Fuhrmann, Mattias Seidel, Leipziger Nasen e.V., Werk 2, Betty Pabst
ISBN Softcover: 978-3-347-81729-6
ISBN E-Book: 978-3-347-81732-6
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
Über clowneske Weg zum Lachen der Kinder - ein Vorwort
Flexibel bleiben - Über störende Kinder und chaotische Shows (Flo Teller)
Wie ich ein Clown wurde … Was ist ein Clown für mich (Matthias Seidel)
Das Wesen von Clowns als menschlichste Grundlage des Menschseins? - Ein kurzes philosophisches Intermezzo (Matthias Marquitz)
Clowns und Kinder (Nils Klawon)
Meine Sicht auf das Kinderclowning bei den Leipziger Nasen (Wiebke Bruns)
Clownsworkshop mit Kindern (Larsen Sechert)
Einfach berührend (Mira Schubert)
Die Angst vor der Roten Nase (Larsen Sechert)
Ich selbst und meine Clownin - Erfahrungen einer Klinikclownin (Carla Marquitz)
Gilad Shabtay - Ein Clown als Ein-Mann-Zirkus (Larsen Sechert)
Wie ich zum Quatschmann wurde (Gerno Knall)
Fragen und Antworten rund um den Clown und die Clownin
Über clowneske Wege zum Lachen der Kinder –ein Vorwort
Wenn Kinder das Wort Clown hören, lachen sie, so jedenfalls könnte man meinen.
Bei Clownsauftritten für Kinder höre ich oft aus dem Publikum: „Das ist ja gar kein Clown, der hat keine Nase.“
Die Vorstellung, was ein Clown ist, unterscheidet sich nicht nur beim jungen Publikum, sondern auch den Künstlern selbst.
Doch so unterschiedlich die Wege zum Clown sind, so verschieden die Konzepte dahinter, in einem sind sich alle einig:
„Der Clown muss die Leute zum Lachen bringen.“
In einem Projekt im Rahmen von Neustart Kultur für Junges Publikum gefördert von Assitej e.V., beschäftigten sich mehrere Clownsakteure/innen mit folgenden Fragen:
„Welche Funktion hat der Clown für sein Kinderpublikum?“
„Wie wird ein Clown/Clownin vom Publikum wahrgenommen?“
„Was wird von ihm/ihr erwartet?“
„Welche clownesken Spielweisen werden deutschlandweit praktiziert?“
Um uns diesen Fragen zu nähern, waren die Teilnehmer des Projekts beauftragt, einen eigenen Clownsauftritt und einen Clownsworkshop mit Kindern und/oder Jugendlichen durchzuführen und die dabei gemachten Erfahrungen miteinander zu reflektieren. Aus einigen Reflexionen sind die Beiträge in diesem Band entstanden.
Hier berichten Clown*innen aus den Bereichen Straßentheater, Bühne und Klinik; und einige über ihren Weg zur roten Nase.
Wir hoffen hiermit konstruktive, belebende Impulse für alle Clownspraktiker*innen und sonstige Interessierte geben zu können.
An dieser Stelle vielen Dank an Assitej e.V.
Flexibel bleiben - Über störende Kinder und chaotische Shows
Flo Teller
Der Beginn meiner Clownerie begann mit einem Rausschmiss aus der elterlichen Küche. Ihnen war die Unversehrtheit des Geschirrs wichtiger als meine jugendlichen raumgreifenden Jonglierversuche. Dass ich mit drei Bällen durch die Küche eierte und dabei knapp das Geschirrregal verfehlte, war ihnen dann doch zu viel.
Später wurden aus den drei Bällen erst vier, dann fünf. Es kamen Jonglierkeulen hinzu, Stelzen, ein Einrad und Zaubertricks. Auch als ich mich später zum Clown ausbildete, spielte die Artistik immer eine wichtige Rolle. Ohne ein Requisit fühle ich mich nackt auf der Bühne. Ich bewundere die Schauspieler und Clowns, die mit nichts anderem als Mimik, Stimme und Gestik Geschichten entstehen lassen können. Vor allem beim Spielen vor Kindern bewundere ich das. Kinder empfinde ich als ein gleichermaßen dankbares wie herausforderndes Publikum. Es ist dankbar vor Kindern aufzutreten, weil sie durch Zauberei, Jonglage oder Schauspiel noch zu begeistern sind, im Gegensatz zu Erwachsenen, die alles schon mal im Fernsehen gesehen haben oder weniger offen gegenüber der Illusion sind. Herausfordernd sind diese Shows aber, da Kinder ehrlich sind und ihren Gemütszustand meist sofort und oft auch lautstark äußern. Ist mein Programm zu lang, zu unkonzentriert oder einfach zu langweilig, kommt die Reaktion prompt. Ich verliere die Aufmerksamkeit des jungen Publikums. Natürlich gibt es immer wieder Kinder, die sich gerne einschalten in die Show, Aufmerksamkeit bekommen wollen, also das tun, was manche als Stören bezeichnen würden. Ich versuche, und es gelingt mir nicht immer, diese Unterbrechungen als Geschenk anzusehen. Das Publikum bietet mir etwas an, womit ich arbeiten kann.
Nach fünfzehn Jahren Kleinkunst ist mein Programm locker, aber doch durchstrukturiert. Wenn ich diese „Störungen“ annehme, können sie mich davor bewahren, zu eingefahren zu werden oder meine Show einfach abzuspulen. Es gibt Abläufe, Techniken oder kleine Tricks, mit denen ich mir die Aufmerksamkeit der Kinder sichere, sie zum Lachen oder zum Staunen bringe. Wenn die Reaktion ausbleibt oder Kinder lautstark intervenieren, bietet mir das die Möglichkeit mich und mein Tun zu hinterfragen. Ich habe die Chance meinen Ablauf (teilweise) über den Haufen zu werfen und mit den Angeboten der Kinder die Show zu gestalten.
Wenn mir das gelungen ist, und das ist beileibe nicht immer der Fall, kamen oft die größten „Störer“ nach meinem Auftritt nach vorne, um ihre Freude für diesen auszudrücken. Oft war ich sehr überrascht, da ich Ihnen vollkommene Interessenlosigkeit oder gar bösen Willen unterstellte. Wenn ich es also schaffe mit den Unterbrechungen zu arbeiten und nicht zu Ruhe und Ordnung zu rufen, kann das ganze Programm gewinnen. Die Auftritte vor Kindern können mich also flexibel halten und davor bewahren, meine Auftritte nach Schema F durchzuziehen.
Gerne erinnere ich mich (im Nachhinein wohlgemerkt) an all die Auftritte, bei denen ich ins Schwitzen geriet, da das junge Publikum nicht einfach wohlwollend mein Agieren verfolgte und an den richtigen Stellen lachte und klatschte. Kinder diskutierten, unterbrachen, sprangen auf, liefen nach vorn oder fingen an zu weinen. Besonders schön sind Erinnerungen an diejenigen Shows, wo es mir gelang das sich zu entwickelnde Chaos ohne autoritäre Ordnungsrufe einzubinden und als Teil der Aufführung zu einem für alle erfolgreichen Ende zu führen.
Als Clown und Kleinkünstler sollte ich dankbar für solche Unterbrechungen sein. Sie halten flexibel und bewahren mich vorm bloßen Abspulen meiner Show.
Ein Hoch auf störende Kinder.
Flo Teller tritt als Zipano mit seinen Shows deutschlandweit auf.
https://www.zipano.de/de
Wie ich ein Clown wurde… Was ist ein Clown fürmich
Matthias Seidel
Angefangen hat das alles mit Stans Hochzeit, aber ich weiß nicht mehr, was der eigentliche Auslöser dafür war. Natürlich war klar, wenn Stan eine Frau findet, wird er auch heiraten wollen.
Rahel Doehring, meine langjährige Mitspielerin beim ibe-theater, und ich hatten vorher schon Szenen ausprobiert und sie hat in meinen Stücken am Spinnwerk mitgespielt, der Jugendbühne des Centraltheaters, Anno 2009, noch unter Hartmann in Leipzig. Und eigentlich, wenn man es so nimmt, ist mein Prüfungsstück, also die Abschlussarbeit meiner Theaterpädagogik-Ausbildung (LanZe Magdeburg), der noch tiefer sitzende Ursprung, weil „Plan C“, der Titel des Stückes, am Anfang die Abkürzung für „Plan Clown“ war, wenn alle Stricke reißen.
Wir haben in den Proben mit roten Nasen experimentiert und eine Menge Ulk und Improvisation damit angestellt. Aber nie hatte ich damals die Idee, ein Clownsstück zu inszenieren oder selbst zu spielen. Es sollte „richtiges“ Theater werden. Eigentlich Regietheater, dachte ich, aber ich wurde nun mal Theaterpädagoge und nicht Regisseur. „Plan C“ wurde dann das, was meine Stücke heute noch sind, eine Mischung aus 60 % Theaterpädagogik, 36 % Regietheater (mit vielen nervigen Wiederholungen der Proben), 3 % Quatsch und 1 Prozent Faszination.
„Plan C“ wurde vom Publikum auch nie als „Plan Clown“ angesehen, das war mehr eine interne Geschichte. Aber die rote Plüschnase, die Philipp uns allen zu den Proben mitgebracht hatte, die blieb bei Rahel und mir erhalten, verwandelte sich dann nur später in eine mit Faden, der besseren Festigkeit wegen.
Und dann, 2011, war Stans Hochzeit und ich sagte zu Rahel, wir müssen was machen … was mit Theater, was mit Hochzeit und Liebe und so, und mit Musik. Wir hatten schon Erfahrung mit diversen kleinen Theaterstückchen und Rahel brachte das Thema wieder auf die Clownsnase. Warum kein Clownsstück?
Also entwickelte ich eine kleine Geschichte, wie wohl ein Clown mit der Liebe umgehen würde, wie er sie findet, daran verzagt und doch noch relativ entspannt aus der Sache herauskommt. Da es auch Musik geben und vorrangig auf der Straße gespielt werden sollte, kam für ein solches Stück eigentlich nur ein Instrument in Frage – ein Akkordeon.
Es gab zwischenzeitlich aus technischen Gründen ein paar Auftritte mit Gitarre und einem altersschwachen Kassettenrecorder mit einer Kassette voll alter Blasmusik, aber all das ist nicht vergleichbar mit den Klängen eines Akkordeons. So wurde Rahels kleiner Bruder verpflichtet uns bei der Hochzeit zu begleiten. Der Abend kam, die Zeit war herangerückt und die Bühne bereitet. Vertraute Bretter, die die Welt bedeuten, im Tenne e.V. in Buchholz, tief im Osten der Republik. Im Sommer 2011.
Auf das Stück „clown-los“ folgten neben dem (später) 3. Teil „Der Clown entdeckt die Liebe“ auch noch Teil 1 „Ein Clown kommt auf die Erde“, Teil 2 „Clown muss arbeiten und so“ und Teil 4 „Der Clown und das Alter“ und ehrlich, es kann sich niemand so erotisch Socken anziehen, wie Rahel mit Clownsnase.
Wir sind mit der Truppe: Rahel Doehring, Jan Thiessen (Akkordeon) und ich dann mehrfach mit „clownlos“ bei den Leipziger Straßentheatertagen aufgetreten, aber auch auf der „Leipziger Feinkost“ in der KinoBar „Prager Frühling“ und bei diversen Hochzeiten und anderen Anlässen. Weitere Stücke folgten dann auch: „Ein Konzert für Elise“ und „Alles außer Sex – Hilfestellung bei Kniffelproblemen“. Der Clown funktioniert übrigens auch ohne Nase. Es geht um das Spiel und um die Figur.
Ich habe mich bei der Entwicklung der Figuren nie wirklich an Traditionen, an Klassikern, an bestimmten Clownsgrundlagen oder dergleichen orientiert. Es ging mir darum, die eigene Figur, den eigenen Clown zu finden. Dazu kam auch, dass ich immer gern alle von außen auferlegten Regeln ablehnte und mich nur sehr ungern an ausgetretene Vorgaben halte. Ich meide außerdem die Glorifizierung alter Helden. Alles in Allem eine gutmütige Aufsässigkeit. Mir war immer das Eigene, das im eigenen Kopf Entstehende, die eigene Idee und Kreativität wichtiger als alles andere. Problem! Ich beschreite immer einen neuen unwegsamen Pfad… macht Arbeit und man muss eine Menge Versuche unternehmen, aber… ich hinterlasse eigene Spuren.
Der Clown, meine Clownsfigur hatte für mich zwei wesentliche Vorteile.