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HEIßER FLIRT UNTER PALMEN von PERRIN, KAYLA "Ein Mann ist im Moment das Letzte, was ich möchte!" Gerade erst hat Shayna ihren betrügerischen Ex abserviert, als sie auf Jamaika den sexy Geschäftsmann Donovan trifft. Aber während sie nur einen unverbindlichen Flirt unter Palmen im Sinn hat, will er schnell mehr … WIE IM RAUSCH DIESER EINEN NACHT von ANDERSON, SARAH M. Wildes Verlangen erfasst den Anwalt Nick Longhair, als er seine Jugendliebe Tanya nach zwei Jahren wiedersieht. Doch sie entzieht sich seiner Umarmung und funkelt ihn wütend an. Da beschließt Nick, die temperamentvolle Schönheit mit allen Mitteln zurückzuerobern … MEHR ALS EIN AUFREGENDES SPIEL? von DUNLOP, BARBARA Evan McCains erregend sinnliche Küsse zerreißen Angelica Lassiter fast das Herz. Zu gern würde sie in seinen starken Armen dahinschmelzen! Allerdings ist ihre leidenschaftliche Romanze für ihn nur ein kühl kalkuliertes Schauspiel für die Öffentlichkeit - oder?
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Seitenzahl: 571
Kayla Perrin, Sarah M. Anderson, Barbara Dunlop
COLLECTION BACCARA BAND 356
IMPRESSUM
COLLECTION BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARABand 356 - 2015 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
© 2010 by Kayla Perrin Originaltitel: „Island Fantasy“ erschienen bei: Kimani Press, Toronto in der Reihe: ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Roman Poppe
© 2012 by Sarah M. Anderson Originaltitel: „A Man of Distinction“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Susanna Mewe
© 2014 by Harlequin Books S.A. Originaltitel: „Reunited with the Lassiter Bride“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Silke Schuff
Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 07/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733722586
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY, CORA CLASSICS
Shayna ist die Richtige für ihn! Das spürt Donovan sofort, als er die schöne Liebesromanautorin zu einem prickelnd heißen Flirt unter der Sonne Jamaikas verführt. Doch während er auf dem Weg zum Happy End keine Zeit verlieren will, scheint seine sexy Traumfrau nach einer schweren Enttäuschung noch lange nicht bereit für eine neue Liebe …
Nie wieder darf Tanya sich mit Nick Longhair einlassen! Nicht einmal für eine einzige Nacht voller Leidenschaft. Obwohl sie lange davon geträumt hat, dass er zurückkommt und sie im Sturm erobert, verspürt sie plötzlich nur noch Angst. Denn wenn ihr erfolgsverwöhnter Ex entdeckt, was sie ihm verschwiegen hat, wird er ihr endgültig das Herz brechen!
Heiße Küsse, sinnliche Umarmungen: Insgeheim genießt Evan McCain seine Rolle als Angelicas Scheingeliebter. Zwar hat seine ehemalige Verlobte ihre Liebe verraten, als sie ihn fälschlicherweise des Betrugs verdächtigte. Aber trotz allem ist die erregende Anziehung zwischen ihnen unwiderstehlich – und er begehrt Angelica mehr denn je …
Shayna Kenyon hielt sich nicht für einen rachsüchtigen Menschen. Es war nicht ihr Ding, Vergeltung zu üben. Schon oft hatte sie sogar die andere Wange hingehalten, wenn jemand schlecht zu ihr gewesen war. Nachtragend war sie wirklich nicht.
Doch letzte Nacht … Als sie sich in Erinnerung rief, was sie gestern gesehen hatte, krampfte sich ihr der Magen zusammen. Sie konnte Vince’ Vertrauensbruch nicht einfach so wegstecken.
Besonders nicht am heutigen Tag.
Dass Vince sie betrogen hatte, konnte sie nicht verkraften. Sein Timing hätte zudem nicht schlechter sein können.
Shayna atmete tief durch. Auch wenn es ihr schwerfiel, musste sie die Tränen zurückhalten. Sie musste tun, was zu tun war. Es gab keine andere Möglichkeit.
„Mein Schatz, ist schon in Ordnung“, beruhigte ihr Vater sie und hielt sie ein wenig fester. „Du musst nicht weinen. Heute wirst du einen Mann heiraten, der dich vergöttert. Außerdem siehst du umwerfend aus. Du bist meine Tochter – aber trotzdem muss ich sagen, dass du die schönste Braut bist, die ich jemals gesehen habe. Das darf deine Mutter natürlich nicht wissen“, fügte er lächelnd hinzu. „Das ist dein großer Tag. Genieß ihn.“
Ihn genießen? dachte Shayna verbittert. Seit gestern Nacht konnte sie nichts mehr genießen. Ihre Augenringe waren ein Beweis dafür. Sie hatte ihren Eltern erzählt, dass sie zu aufgeregt zum Schlafen gewesen war. Doch in Wahrheit war sie zu erschüttert gewesen, um ein Auge zumachen zu können. Die ganze Nacht hatte sie geweint und sich gefragt, was sie tun sollte.
Sie hatte eine Entscheidung getroffen. Ihre Schwester hatte sie darin bestärkt. Nur auf diese Weise war es ihr überhaupt möglich, vor den Altar zu treten. Am Ende würde sie nämlich wenigstens so etwas wie Befriedigung spüren. Es war der einzige Grund, weshalb sie sich das aufwendige Kleid angezogen und Stunden im Schönheitssalon verbracht hatte. Sie freute sich schon auf Vince’ Miene, wenn sie ihm und allen Gästen erzählte, was sie wusste.
Die letzte von Shaynas fünf Brautjungfern nahm ihren Platz am Altar ein. Wenige Sekunden später begann eine Sängerin, die Shayna und Vince engagiert hatten, „Here I Am“ von Beyoncé und Eric Benét zu singen. Sie hatten sich für etwas Modernes entschieden und nicht für die übliche traditionelle Orgelmusik.
Shayna schluckte. Tränen flossen ihr die Wangen herunter. Sie wollte das nicht, konnte aber nichts dagegen tun. Ihr Vater reichte ihr ein Taschentuch, mit dem sie sich die Wangen trocknete.
„Komm schon, mein Schatz“, meinte er. „Alle warten.“
Einen Moment lang zögerte sie. Plötzlich war sie sich nicht mehr sicher, ob sie das Richtige tat. Aber selbst ihre jüngere Schwester Brianne hatte sie dazu ermutigt. Ihrer Meinung nach hatte Vince weitaus Schlimmeres verdient als eine öffentliche Bloßstellung.
Die Sängerin sang die gefühlvolle Ballade weiter, und Shayna wusste, dass sie endlich losgehen sollte. Sie konnte durch die Kirchenfenster erkennen, dass alle standen und auf ihren letzten Gang als unverheiratete Frau warteten.
Die Türen öffneten sich. Shayna setzte einen Fuß vor den anderen. Sie war nervös und am Boden zerstört. Trotzdem rang sie sich ein Lächeln ab. Allerdings wusste sie nicht, ob es ehrlich wirkte.
Um sie herum lächelten sie alle an. Manche weinten. Eigentlich war es ein schönes Ereignis. Zweiunddreißig Jahre lang hatte sie auf diesen Tag gewartet. Ihre Familie war begeistert, dass sie endlich ihren Mann fürs Leben gefunden hatte.
Shayna wusste, dass er es nicht war. Und bald würden alle dieses Wissen mit ihr teilen.
Auf dem Weg zum Altar traute sie sich nicht, zu Vince zu blicken. Sie hatte Angst zusammenzubrechen. Doch als sie sich ihm näherte, sah sie ihn an. Sie war angewidert von ihm. Und dann weinte er auch noch.
Aus Freude oder aus Scham?
Bald würde er sich jedenfalls gewaltig schämen.
Kurz vor dem Altar blieb ihr Vater stehen und sah sie mit Tränen in den Augen an. „Ich liebe dich, mein Schatz.“
„Ich liebe dich auch“, flüsterte Shayna.
Sie hoffte, dass ihr Vater ihr nicht übelnehmen würde, was sie vorhatte. Ganz sicher würde er aber wütend auf Vince sein – den Sohn, den er nie gehabt hatte.
Wie hatte Vince das nur tun können? Seufzend stieg sie die zwei Stufen zum Altar hinauf und stellte sich neben ihren Verlobten.
Die Sängerin beendete das Lied. Vince ergriff Shaynas Hand und sah sie mit leuchtenden Augen an. „Baby, du siehst atemberaubend aus.“
Am liebsten wollte sie die Hand wegreißen. Wut erfüllte sie.
„Liebe Brüder und Schwestern“, begann der Priester. „Wir haben uns heute hier versammelt …“
„Entschuldigen Sie“, unterbrach Shayna ihn mit zittriger Stimme. Eigentlich hatte sie noch etwas warten wollen, aber sie hielt es keinen Moment länger aus. Es machte sie wütend, wie Vince neben ihr den glücklichen Verlobten spielte. „I…ich habe etwas zu sagen.“
Der Priester wirkte verwirrt. Und Vince ebenfalls.
Doch als keiner etwas sagte, wandte sich Shayna an ihren ach so gerührten Verlobten und fuhr fort: „Eigentlich muss ich dich etwas fragen, mein Schatz.“ Die letzten beiden Worte betonte sie reichlich übertrieben.
Am liebsten hätte sie sich umgedreht und wäre aus der Kirche gerannt. Das wäre leichter gewesen, als Vince mit der Wahrheit zu konfrontieren. Aber sie hatte eine Entscheidung getroffen. Und auch wenn ihr Vorhaben nicht einfach war, würde sie keinen Rückzieher machen.
„Liebst du mich, Vince?“, fragte sie ihn. „So sehr, dass du denkst, dass es die richtige Entscheidung ist, mich zu heiraten?“
Ein erstauntes Raunen ging durch die Menge. Einige nahmen vielleicht an, dass etwas nicht stimmte.
„Natürlich“, erwiderte Vince und drückte ihre Hand fester. Er lächelte und dachte wahrscheinlich, dass seine Verlobte in letzter Minute Zweifel bekam. „Du weißt doch, dass ich dich mehr liebe als alles andere, Baby. Du bist diejenige, mit der ich alt werden möchte. Mit der ich Kinder haben und den Rest meines Lebens verbringen möchte.“
Wieder ein Raunen. Manche klatschten sogar. Vince hatte die perfekte Antwort geliefert.
„Kann ich fortfahren?“, fragte der Priester warm lächelnd. Auch er schien anzunehmen, dass die Braut nur etwas verunsichert war.
Shayna wandte sich an den Priester. Sekunden verstrichen. „Ich habe eine weitere Frage.“
Schweigen breitete sich in der Kirche aus. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.
Shayna schluckte und räusperte sich. Ihr war klar, dass alle darauf warteten, was sie zu sagen hatte.
Sie hob die Schultern, drehte sich zu Vince um und meinte: „Du liebst mich.“
„Natürlich“, antwortete ihr Verlobter, ohne zu zögern.
„So sehr, dass du nach deinem Junggesellenabschied in deinem Auto gelandet bist … mit einer Stripperin!“
Einige in der Menge schnappten erschrocken nach Luft.
„Baby“, meinte Vince und versuchte zu lachen. Doch sein Lachen wirkte mehr als aufgesetzt. „E…eine Stripperin? W…was?“
Shayna riss ihre Hand aus seiner. „Wage es nicht, mich zu belügen! Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Dein Wagen stand direkt vor dem Raum, den du für den Junggesellenabschied gemietet hast, du Idiot! Ich habe beobachtet, wie du mit ihr das Gebäude verlassen hast und zu deinem Auto gegangen bist. Und ich habe gesehen, was danach passiert ist.“
Vince schwieg. Doch die Panik war ihm anzusehen. Er schien nicht glauben zu können, dass Shayna ihn tatsächlich erwischt hatte.
Sie blickte nach links zu ihrer Schwester, die auch ihre Trauzeugin war. Brianne nickte ihr ermutigend zu.
„Und wenn das deine Definition von Liebe ist“, fuhr Shayna fort, „verzichte ich dankend auf diese Hochzeit.“
Mit offenem Mund starrte Vince sie an. Plötzlich war ein Stimmengewirr in der Kirche zu hören. Die Brautjungfern und Trauzeugen starrten alle erstaunt Shayna an. Sie würde ihre Fragen irgendwann beantworten – nur nicht jetzt.
Voller Adrenalin griff Shayna nach der seidenen Schleppe ihres Kleids und drehte sich schwungvoll um. Anschließend rannte sie den Weg zurück, den sie eben gekommen war. Ihr war klar, dass alle Augen auf sie gerichtet waren.
Sie wusste, sie würde später weinen. Als sie allerdings zu den mächtigen Holztüren der Kirche eilte, lächelte sie.
Vince Danbury mochte gestern Nacht jede Menge Spaß gehabt haben, doch sie war es, die als Letzte lachte.
„Du willst trotzdem auf Hochzeitsreise gehen?“, fragte Brianne später am Nachmittag ihre Schwester. Ihrer Miene nach glaubte sie, dass Shayna verrückt geworden war.
„Ich gehe nicht auf Hochzeitsreise“, stellte Shayna klar und fuhr sich mit den Fingern durch ihr schulterlanges Haar. Sie versuchte die Frisur zu lösen, die die Friseurin ihr für die Hochzeit gemacht hatte. „Eine Hochzeitsreise wird von zwei Menschen unternommen, die gerade geheiratet haben.“
„Du weißt, wie ich das gemeint habe. Du willst die Reise nach Jamaika antreten, die als deine Hochzeitsreise geplant war?“
„Eine Woche in Jamaika? Wer würde da Nein sagen?“
Brianne stemmte die Hände in die Hüften und starrte ihre Schwester an, die auf der Bettkannte saß. „Du meinst es wirklich ernst.“
Shayna antwortete nicht. Stattdessen musterte sie ihre Schwester. In ihrem schwarzen Haar steckte immer noch die weiße Orchidee, die perfekt zu dem hellgelben Brautjungfernkleid passte. „Tust du mir einen Gefallen, Schwesterherz? Bitte zieh dieses Kleid aus, ja?“ Als Shayna in ihrem Elternhaus angekommen war, hatte sie als Erstes ihr Hochzeitskleid ausgezogen und sich Shorts und ein T-Shirt von ihrer Schwester geliehen. „Ich möchte nichts sehen, das mich an Vince erinnert.“
„Oh!“ Brianne strich mit den Händen über das Kleid. „Natürlich.“ Sie tastete nach dem Reißverschluss auf dem Rücken und öffnete ihn. Dann ging sie zum Kleiderschrank, streifte das Kleid ab und zog sich ein rotes Sommerkleid an. Schließlich drehte sie sich zu Shayna um. „Besser?“
Ihre Schwester nickte. „Ja. Nur die Blume stört noch.“
Sofort zog Brianne diese aus ihrem Haar und warf sie in den Kleiderschrank. „Nun, zurück zu deiner Reise …“
„Ja, ich trete sie an.“
„Aber du trauerst doch. Das ist nicht der richtige Zeitpunkt, um alleine zu verreisen.“
„Warum denn nicht?“
„Weil du nicht einmal alleine ins Kino gehst. Eine Reise ohne Begleitung wirst du nicht genießen.“
„Doch, das werde ich.“
Zweifelnd sah Brianne sie an. Wahrscheinlich dachte sie, dass Shayna bluffte.
„Ich bin ein großes Mädchen“, sagte Shayna. „Ich schaffe das schon.“
„Ich weiß, aber …“
„Aber was? Glaubst du, ich stelle etwas Verrücktes an?“
„Vielleicht“, erwiderte Brianne mit zitternder Stimme. „Womöglich heiratest du den ersten Mann, der dir über den Weg läuft.“
Shayna lachte laut.
„Ich meine das ernst“, erwiderte ihre Schwester. „Vergiss nicht, dass genau das der Schwester meiner Freundin Gloria passiert ist.“
Finster blickte Shayna ihre Schwester an. „Das war in Las Vegas. Außerdem war sie betrunken und wollte sich mit dem Typen über ihren Ex hinwegtrösten.“
„Eben! Dir könnte das auch passieren.“
„Mir? So schnell?“ Shayna zwang sich zu einem Lächeln. „In diesem Moment sollte ich im Park sein und perfekte Hochzeitsfotos mit dem teuren Fotografen machen, den Daddy engagiert hat. Stattdessen …“ Ihre Stimme brach. Wenn sie weiter redete, würde sie weinen. Als sie sich gefasst hatte, fuhr sie fort: „Ein Mann ist im Moment das Letzte, was ich möchte.“
Brianne setzte sich zu ihr aufs Bett. „Tut mir leid, Shay. Manchmal denke ich, es wäre besser gewesen, wenn ich nicht vorgeschlagen hätte, zu Vince’ Junggesellenabschied zu fahren, um zu sehen, was die Jungs treiben.“
„Wenn wir es nicht getan hätten, wäre ich jetzt verheiratet und würde nicht wissen, dass mein Mann ein elender Schuft ist, der mich betrügt.“ Die Wut half Shayna, die Tränen zurückzuhalten. „Nein, ich bin froh, dass du diese Idee hattest. Alles passiert aus einem bestimmten Grund. Ich wurde vor einer Ehe mit einem Lügner und Betrüger bewahrt.“ Shayna war froh, dass sie so rational mit dieser Situation umgehen konnte. „Ich möchte keinen Mann heiraten, nur um verheiratet zu sein. Ich will einen Mann, der mich so sehr liebt und verehrt, dass er nicht in betrunkenem Zustand gleich mit einer Stripperin schläft. Selbst wenn er besoffen ist, soll er wissen, dass die Frau an seiner Seite durch keine zu ersetzen ist.“
Brianne schüttelte den Kopf. „Ich kann immer noch nicht fassen, dass Vince das getan hat. Wenn wir es nicht mit eigenen Augen gesehen hätten, würde ich es nicht glauben.“
„Ich auch nicht“, erwiderte Shayna sanft. „Noch dazu in der Nacht vor der Hochzeit! Deshalb muss ich hier weg. Ich kann nicht hier sein und all die Orte sehen, zu denen wir gerne gegangen sind. Ich möchte auch mit niemandem telefonieren. Im Moment kann ich mich noch beherrschen, aber ich weiß, dass ich irgendwann zusammenbreche.“
„Aus diesem Grund solltest du bei deiner Familie sein. Bei Menschen, die dich lieben.“
Shayna lächelte. Sie war froh, dass sie eine Schwester hatte, die sich so sehr um sie kümmerte. Wenn es Brianne schlecht ging, tat sie das Gleiche für sie. Sie trennten zwar achtzehn Monate, aber sie standen sich nahe wie Zwillinge. Bisher hatten sie in jeder Lebenslage zueinandergehalten und sich umeinander gekümmert.
„Ich bin dir sehr dankbar, dass du dich um mich sorgst“, meinte Shayna sanft lächelnd. „Aber ich brauche etwas Zeit für mich. Zeit zum Nachdenken und Nichtstun. Ich möchte einfach am Strand sitzen und all die Bücher lesen, für die ich nie Zeit hatte. Ich muss wirklich weg von hier.“
„Bist du dir sicher?“
„Ja.“ Shayna wusste, dass sie versuchte, selbstbewusster zu wirken, als sie wirklich war. „Das Ganze ist zwar eine Katastrophe, aber es wird mich nicht umbringen. Außerdem ist die Reise bereits gebucht. Vince wird sie bestimmt nicht antreten. Ich werde mich ein wenig daran erfreuen, dass er diese Traumreise bezahlt hat, selbst aber nicht daran teilnimmt.“
„Das geschieht dem Idioten recht.“
Shayna umarmte ihre Schwester lange und stand schließlich auf. „Ich würde gerne weiter mit dir reden. Aber ich muss nach Hause und packen.“
Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Shayna hatte bereits alles gepackt und der Flug ging erst morgen Nachmittag. Doch sie wollte jetzt lieber alleine sein.
„Außerdem …“, fügte Shayna hinzu, „wird der Fahrer der Limousine nicht den ganzen Tag auf mich warten.“ Dieser hatte sie zur Kirche und schließlich zum Haus ihrer Eltern gefahren. Auch er war bereits bezahlt.
„Lass mich dich wenigstens zur Tür bringen“, meinte Brianne traurig.
Sie verließen Briannes Zimmer und gingen nach unten. Shayna hatte bereits mit ihren und Vince’ Eltern über die geplatzte Hochzeit gesprochen. Daraufhin waren die vier losgezogen, um Vince zur Rede zu stellen. Doch Shayna interessierte nicht, was sie mit ihm beredeten. Sie würde ihm sowieso nicht vergeben. Und auf gar keinen Fall würde sie einem zweiten Hochzeitstermin zustimmen.
Als Shayna im Flur vor der Haustür stand, umarmte sie ihre Schwester noch einmal. „Ich kann nicht fassen, dass Vince mir das angetan hat.“ Sie versuchte, sich zu beherrschen und nicht zu weinen. „Wie konnte er bloß alles zerstören?“
„Niemand hätte das von ihm gedacht.“
„Wenn er anruft, sag ihm, dass ich mich an einem geheimen Ort aufhalte. Ich habe ihm nichts mehr zu sagen. Das ist ein weiterer Grund, der für eine Reise nach Jamaika spricht. So kann Vince mich nicht anbetteln, dass ich zu ihm zurückkomme. Ich möchte so weit weg von Buffalo wie nur möglich.“
„Ich kann es dir nicht ausreden?“
„Bitte mach dir keine Sorgen um mich. Ich werde in einem Fünf-Sterne-Hotel übernachten. Dort kann mir nichts zustoßen. Wenn du möchtest, können wir jeden Tag telefonieren.“
„In Ordnung. Du bist ein großes Mädchen. Wenn du alleine verreisen möchtest, werde ich dich nicht davon abhalten.“
„Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch, Schwesterherz.“
Ein letztes Mal drückte Shayna ihre Schwester ganz fest, bevor sie schließlich die Tür öffnete. Das Blut gefror ihr in den Adern.
Vince stand davor.
Mehrere Sekunden vergingen, bevor jemand etwas sagte. Shayna und Vince starrten einander nur an. Sie war zu schockiert, um etwas zu sagen oder sich zu bewegen.
„Shayna.“ Vince brach schließlich das Schweigen. Seine Stimme war voller Schmerz und vielleicht auch voller Reue.
Shaynas Blick wanderte zu ihren und Vince’ Eltern, die alle vier hinter ihm standen, und wieder zurück zu ihrem Ex. Alle wirkten erschüttert. Kein Wunder. Der Tag hatte so wunderbar begonnen – und solch ein schlimmes Ende gefunden.
Und das war alles allein Vince’ Schuld.
Am liebsten wollte sie ihm erneut die Meinung geigen. Aber um ihre Eltern zu schonen, beherrschte sie sich.
„Shayna, können wir reden?“, fragte er.
Sie schluckte. Ihre Kehle war plötzlich trocken. Trotzdem schaffte sie es zu sagen: „Es gibt nichts zu bereden.“
Mrs Danbury trat einen Schritt nach vorn. Die Augen der Frau waren gerötet. Bestimmt hatte sie geweint. „Shayna, ich weiß, dass du sehr aufgebracht bist. Und du hast jedes Recht dazu. Aber was Vince zu sagen hat … könnte helfen.“
Wahrscheinlich hatte Vince seinen und ihren Eltern irgendwelche Lügen erzählt. Vielleicht hatte er sie auch davon überzeugt, dass er eine zweite Chance verdiente.
„Hör ihm zu“, meinte Shaynas Mutter. „Irgendwann werdet ihr miteinander reden müssen.“
Shayna biss die Zähne zusammen. Auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, hatte ihre Mutter recht. Irgendwann würde sie wirklich mit Vince reden müssen. Zum Glück hatte sie ihr Apartment nicht aufgegeben. Sie hatten geplant, dass sie nach der Hochzeit in Vince’ Haus zog.
„In Ordnung“, sagte sie. „Wenn du unbedingt reden möchtest, dann bitte.“
Erleichtert atmete Vince durch. Er trug immer noch seinen Smoking – auch wenn das Hemd aufgeknöpft und die Krawatte gelockert war. Ihr gut aussehender Ex-Verlobter wirkte sehr angespannt. „Danke.“
Bedank dich nicht bei mir, dachte Shayna. Was auch immer du sagst – es ist vorbei. Es sei denn, ihm war in dieser Nacht ein Betäubungsmittel untergejubelt worden und er legte ihr den toxikologischen Befund vor, der dies bewies. Doch solche Geschichten gab es nur in schlechten Filmen.
„Lass uns auf der Terrasse reden“, meinte sie nüchtern. „Dort sind wir ungestört.“
Mit erhobenem Kopf ging sie voran. Innerlich war sie allerdings vollkommen aufgewühlt. Sie öffnete die Hintertür, trat auf die Terrasse und nahm an dem kleinen Tisch Platz. Vince setzte sich neben sie.
„Ich weiß nicht, was du noch sagen willst“, begann Shayna. „Nichts kann dein Verhalten entschuldigen.“
„Tut mir leid, Baby. Du kannst dir nicht vorstellen, wie schlecht ich mich fühle.“
„Bestimmt nicht schlechter als ich.“
„Ich habe einen großen Fehler begangen. Einen wirklich dummen Fehler. Ich flehe dich an: Bitte vergib mir. Vergib mir und ich werde den Rest meines Lebens beweisen, dass ich dich verdiene.“
Es fiel Shayna schwer, Vince so nahe zu sein. Doch letztendlich war es besser, wenn sie das hier hinter sich brachten und jeder mit seinem Leben fortfuhr.
„In deinem Haus stehen Kartons von mir“, sagte sie. „Kannst du sie mir schicken? Das wird am einfachsten sein.“
Vince wirkte niedergeschlagen. Sie war nicht auf das eingegangen, was er gesagt hatte. „Baby …“
„Bitte nenn mich nicht mehr so. Dazu hast du kein Recht mehr.“
„Ich war betrunken, Shayna. Glaubst du wirklich, ich hätte diese Frau angerührt, wenn ich nüchtern gewesen wäre?“
„Das ist deine Entschuldigung?“
„Ich weiß, sie ist wenig überzeugend. Aber das ist die Wahrheit.“
„Ich muss also jedes Mal, wenn du in der Zukunft betrunken bist, damit rechnen, dass du fremdgehst?“
„Das habe ich nicht gesagt.“
„Und was ist mit all den Patientinnen, die dich in deiner Praxis angemacht haben? Oder ist da schon etwas vorgefallen, von dem ich nichts weiß?“
„Hör auf, Shayna! Du weißt, dass da nichts war.“
„Wirklich? Bis gestern habe ich nicht gedacht, dass du zu so etwas fähig bist.“ Sie wich seinem Blick aus, da es sie zu sehr verletzte, ihm in die Augen zu sehen. Aber auch der wunderschöne Garten, den ihre Mutter so sehr hegte und pflegte, beruhigte sie in diesem Moment wenig.
Sie zuckte zusammen, als sie Vince’ warme Hand auf ihrer spürte. Seine sanfte Berührung hätte sie beinahe in Tränen ausbrechen lassen. Er hatte alles zerstört. Ihre gesamten Träume.
„Baby.“ Vince seufzte matt. „Ich weiß, dass du wahrscheinlich nicht glauben wirst, was ich als Nächstes sage. Aber es die Wahrheit. Bitte sieh mir in die Augen.“
Ein Moment verstrich. Schließlich begegnete Shayna seinem Blick.
„Als ich mit dieser Frau im Auto war …“, begann er. „Ich war so betrunken, dass ich dachte …“ Er zögerte und schluckte. Sein Blick war aufrichtig. Normalerweise bekam er sie damit immer weich. Dann ließ er die Bombe platzen: „Ich war so betrunken, dass ich dachte, du wärst das …“
Fassungslos starrte Shayna ihn an. Mit dieser Lüge beleidigte er ihre Intelligenz. In seinen Augen versuchte sie zu lesen, wie ernst er das meinte.
Es war ihm wirklich ernst.
„Du dachtest, ich wäre die Stripperin?“, hakte Shayna nach.
„Ich habe dir doch gesagt, es würde sich verrückt anhören. Aber ja, so ist es, Baby. Nur aus diesem Grund habe ich all diese Dinge mit ihr getan. Ich dachte, ich würde mit dir schlafen.“
Plötzlich musste sie lachen. Laut und ausgelassen. „Oh Vince!“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich dachte, dass ich von meinen Freundinnen mittlerweile alle möglichen Ausreden von Männern gehört habe. Aber das hier schlägt wirklich alles.“
Finster sah er sie an. Es schien ihn zu überraschen, dass sie ihm nicht glaubte. Er wirkte geradezu am Boden zerstört.
Sie stand auf. „Kein Wunder, dass du uns nicht auseinanderhalten konntest. Die Brüste der Stripperin waren ja auch genauso groß wie meine.“
Shayna schnaubte. Die Brüste der Frau waren so riesig gewesen, dass Brianne und Shayna sich gefragt hatten, wie dieses Flittchen überhaupt laufen konnte. Vince’ Geschichte war wirklich so was von lächerlich.
„Außerdem hatte sie rotes Haar“, fuhr Shayna fort. „Mein Haar ist schwarz.“
„Ich weiß, es klingt verrückt, aber …“
„Schick mir die Kartons bitte so schnell wie möglich“, sagte sie, bevor sie aufstand. „Ach, ja. Eine Sache wäre da noch.“ Sie drehte sich ein letztes Mal zu ihm um, zog sich den kostbaren Verlobungsring vom Finger und warf ihn auf den Tisch. „Schenk den der nächsten Frau, die dumm genug ist zu glauben, dass du ihr Mr Right bist.“ Damit ging sie davon und ließ den vollkommen verdutzten Vince allein am Tisch sitzen.
„Es ist vorbei“, rief sie ihren und Vince’ Eltern zu, als sie durch das Wohnzimmer lief. „Ich fahre jetzt nach Hause.“
Niemand hielt sie auf. Alle wussten wohl, dass sie nicht umzustimmen war.
Es gab kein Zurück mehr. Vince gehörte für Shayna von nun an der Vergangenheit an.
Die Passanten starrten Shayna an, als sie vor ihrem Apartment aus der Limousine stieg. Natürlich taten sie das. Sie mussten sich ja wundern, warum eine Frau in einfacher Kleidung und mit auffälligem Make-up alleine in einer Stretch-Limousine fuhr, die offensichtlich für eine Hochzeit geschmückt war. Shayna hatte zwar das Just Married – Schild von der Limo entfernt, aber die Blumen und Luftschlangen wiesen ganz klar auf eine Trauung hin.
Shayna erwiderte keinen der neugierigen Blicke. Stattdessen eilte sie in das Gebäude und verschwand in ihrem Apartment. Rasch schaltete sie ihr Handy aus und riss das Telefonkabel aus der Buchse. Sie wusste, dass ihre Eltern und Freunde anrufen würden. Doch vorerst wollte sie mit niemandem reden. Kurze Zeit später streifte sie sich die Sachen ab und nahm ein heißes Bad. Es überraschte sie, dass ihr gar nicht mehr nach Weinen zumute war.
Irgendwie hatte sie es geschafft, Vince in Rekordzeit hinter sich zu lassen. Wenn er sich ernsthaft bei ihr entschuldigt hätte, wäre sie vielleicht traurig über das jähe Ende ihrer Beziehung geworden. Seine unglaubliche Lüge hatte ihr den Abschied allerdings leicht gemacht. Vince verdiente ihre Tränen einfach nicht.
Nachdem sie später am Abend ihre Koffer neu gepackt und mit Büchern gefüllt hatte, für die sie nun viel Zeit haben würde, rief sie ihre Eltern an. Ihre Mutter protestierte genau wie ihre Schwester wegen Shaynas Reise nach Jamaika. Auch ihre Mutter wollte nicht, dass Shayna diese schwere Zeit ohne den Rückhalt ihrer Familie durchmachte. Natürlich versicherte Shayna ihr ebenfalls, dass sie gut alleine zurechtkam und Zeit für sich brauchte.
Auch der Traum ihrer Mutter war heute geplatzt. Wie gerne hätte sie gesehen, dass ihre Tochter einen Arzt heiratete. Einen perfekten Mann, wie er in den Liebesromanen vorkam, die Shayna schrieb.
Doch bei Vince hatten sie sich eindeutig getäuscht. Er war alles andere als ihr Mr Right.
Nachdem sie das Gespräch mit ihrer Mutter beendet hatte, packte Shayna die letzten Sachen in ihren Koffer und ging schlafen.
Etwa fünf Stunden später stand Shayna mitten in der Nacht auf und fuhr nach Toronto, wo der Charterflug nach Jamaika startete.
Während der Fahrt schaltete sie das Radio ein und hoffte, die Musik würde sie von ihren Gedanken ablenken. Doch die letzten dreißig Stunden waren zu einprägsam gewesen. Ständig musste sie an die Geschehnisse denken.
Shayna war in den letzten Jahren oft aufgezogen worden, weil sie keinen Mann gefunden hatte. Besonders, als sie dreißig geworden war und immer noch auf die wahre Liebe gewartet hatte. Ihre Freundinnen hatten sich darüber amüsiert, dass die Heldinnen in ihren Romanen immer ihren Mr Right trafen – im Gegensatz zur Erfinderin der Geschichten.
„Beim Schreiben meiner Liebesromane ist mir klar geworden, dass ich auf gar keinen Fall sesshaft werden möchte“, hatte sie immer erklärt. Das war ihr Mantra geworden.
Kurz vor ihrem einunddreißigsten Geburtstag hatte sie dann Vince kennengelernt. Sofort hatte sich ihr Leben verändert. Er war erfolgreich, charmant und attraktiv. Sie war sich sicher gewesen, dass sie endlich dem Mann begegnet war, der für sie bestimmt war.
In diesem Moment fragte sie sich, ob er sie wohl schon öfter betrogen hatte. Oder war wirklich nur der Alkohol schuld an seinem Totalausfall gewesen?
Doch das war jetzt nicht mehr wichtig. Wenn er vorher fremdgegangen war, dann hatte sie noch mehr Gründe, ihn zu verlassen. Und wenn er sich vom Alkohol so sehr seine Sinne benebeln ließ, gab es ebenso wenig eine gemeinsame Zukunft für sie.
Shayna atmete tief durch und versuchte sich zu beruhigen. Das fiel ihr jedoch schwer. Sie war verletzt und gleichzeitig erleichtert. Vermutlich war das vollkommen normal. Ihr Verstand sagte ihr, dass sie das Richtige tat. Aber ihr Herz schmerzte nach all den Ereignissen.
Sie hoffte, dass die Woche in Jamaika einen neuen Menschen aus ihr machte, sodass sie die Zeit mit Vince endgültig hinter sich lassen konnte. Im Moment trauerte sie gar nicht so sehr ihrem Ex-Verlobten hinterher, sondern den Träumen, die sie mit ihm geteilt hatte.
Auf keinen Fall wollte sie eine Träne für Vince vergeuden. Wenn es ihm so leichtfiel, am Abend vor ihrer lang ersehnten Hochzeit mit einer Stripperin zu schlafen, war er das nicht wert.
Shayna war klar, dass sie die Vergangenheit hinter sich lassen musste. Aber leider ließen sich ihre Gefühle nicht so einfach abschalten wie ein Fernseher.
Nach knapp zwei Stunden Fahrt kam Shayna am Flughafen an. Sie parkte den Wagen und machte sich auf den Weg in die Abfertigungshalle. Am Schalter ihrer Fluglinie wurde sie von einer freundlichen jungen Frau mit einem herzlichen Lächeln begrüßt. Sie war zuerst verwundert, dass Shayna allein flog. Nach einer kurzen Erklärung schüttelte die Mitarbeiterin mitleidig den Kopf und händigte ihr die Bordkarte aus.
Shayna nahm sich Zeit auf dem Weg zum Gate. Sie aß ein leichtes Frühstück und kaufte in einem Buchladen einen Krimi. Sie versuchte, sich wie eine Frau zu verhalten, die voller Vorfreude ihrem Urlaub entgegenblickte. Und nicht wie eine, die alleine ihre Flitterwochen antrat.
Immerhin musste sie keinen Small Talk mit ihrem Sitznachbarn im Flugzeug halten, denn der ursprünglich für Vince gedachte Platz blieb leer. So schloss sie beim Start die Augen, um ein wenig zu schlafen.
Nach der Landung auf dem Flughafen in Montego Bay stieg Shayna in einen Bus, der sie und einige andere Gäste zu ihrem Hotel bringen sollte. Als sie nach einer Stunde Fahrt das Ziel erreichten, weiteten sich Shaynas Augen vor Bewunderung.
Ihr Resort, das Gran Bahia Prinicipe in Runaway Bay, hätte nicht schöner sein können: Zahlreiche Palmen, gepflegte Gärten voller farbenfroher Blumen und perfekt geschnittene Hecken verliehen der Anlage einen ganz besonderen Charme. Im Hintergrund konnte Shayna das türkisfarbene Wasser funkeln sehen. Der wundervolle Anblick zauberte ihr ein Lächeln ins Gesicht. Das hier war ihre erste Reise in die Karibik – und bisher war sie mehr als begeistert.
Das Hotel war einfach ein Traum. Die großen Säulen am Eingang ließen es wie einen römischen Tempel erscheinen. Gigantisch und elegant.
Shayna hatte hinten im Bus Platz genommen, um Gesprächen mit anderen Reisenden aus dem Weg zu gehen. Als alle ausgestiegen waren, stand auch sie auf und verließ den Bus.
Draußen schien die Sonne am strahlend blauen Himmel. Shayna beschloss zu ihrem Zimmer zu gehen, sich umzuziehen und anschließend ein spätes Mittagessen einzunehmen. Danach würde sie sich ein schattiges Plätzchen unter einer Palme suchen und den Roman lesen, den sie im Flugzeug angefangen hatte.
Auf der rechten Seite der Lobby stand eine elegant gekleidete Frau und bot Willkommenscocktails an. Da Shayna ihren Koffer nicht selbst zur Rezeption tragen musste, ging sie zu der freundlichen Dame und nahm sich einen Cocktail. Das alkoholfreie Getränk schmeckte nach Papaya sowie Ananas und war sehr erfrischend. Die Temperaturen hier waren nämlich um ein Vielfaches höher als in Buffalo.
Während sie einen weiteren Schluck trank, entdeckte sie ihren Koffer. Sie ging los, um ihr Gepäck mitzunehmen, aber der Portier versicherte ihr, dass er sich um die Koffer kümmern würde.
„Ich habe nur ein Gepäckstück“, sagte sie. „Das schaffe ich schon alleine.“
Als sie jedoch nach dem Griff ihres Koffers greifen wollte, versicherte der Mann: „Seien Sie unbesorgt, schöne Frau. Bei mir ist Ihr Koffer in guten Händen.“
Langsam nickte sie und wich dem Blick des Mannes aus. Ihr war klar, dass er sie neugierig musterte. Vielleicht hielt er sie für eine Frau, die auf die Insel gekommen war, um Spaß zu haben.
Doch obwohl er süß war, interessierte er sie nicht. Dabei mochte sie seinen jamaikanischen Akzent.
Sie begab sich zur Rezeption und wartete, bis sie an der Reihe war. Währenddessen sah sie sich in der Lobby um. Die Böden aus cremefarbenem Marmor passten perfekt zur edlen Einrichtung. In der Mitte des Raums erhob sich eine riesige Brunnenkonstruktion aus Stein, die von Blattwerk umgeben war. Auf den ersten Blick wirkte das Hotel wie der perfekte Ort für eine Hochzeitsreise.
Oder für einen Urlaub alleine. Hastig verdrängte Shayna den Gedanken.
Sie entdeckte eine riesige Terrasse, auf der fröhliche Urlauber an Tischen saßen, etwas tranken und die Aussicht genossen. Vielleicht war das ein guter Ort, um etwas zu essen und ihren Roman weiterzulesen. Der Strand und das Karibische Meer bildeten den perfekten Hintergrund.
Eine Gruppe betrat die Lobby und lachte ausgelassen. Es schien sich um eine Großfamilie zu handeln. Shayna zählte mehrere Frauen, zwei Männer und eine Handvoll Kinder. Alle waren schick gekleidet – als wären sie auf dem Weg zu einem frühen Abendessen. Einer der Männer trug ein kleines Mädchen, das eingeschlafen war.
Shayna hatte ihrer Schwester erzählt, dass es definitiv zu früh für neue Männerbekanntschaften war. Aber Anschauen war ja nicht verboten. Und der Mann mit dem Kind auf dem Arm war ein besonderer Hingucker. Sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Er war groß und hatte breite Schultern. Shayna liebte American Football, und dieser Mann hätte gut und gerne ein Quarterback sein können.
Er musste ihren Blick gespürt haben, denn plötzlich drehte er sich zu ihr um. Seine braunen Augen zogen sie in den Bann.
Schnell wich sie seinem Blick aus. Sie fragte sich, warum ihr Herz plötzlich raste. Vielleicht, weil sie ein schlechtes Gewissen hatte.
Oder gab es einen anderen Grund?
Der Mann war zweifelsohne attraktiv. Er hatte ein fein geschnittenes Gesicht und einen gut gebauten Körper. Das sah man ihm sogar in seinem weiten T-Shirt an. Aber er trug seine Tochter und war offensichtlich verheiratet.
Als sich Shayna sicher war, dass er an ihr vorbeigegangen sein musste, sah sie wieder zu ihm.
Du meine Güte! Was für ein Po! Und diese muskulösen Oberschenkel … Von hinten war er mindestens genauso sexy wie von vorne …
Und wieder schien er ihren Blick gespürt zu haben, denn er sah über die Schulter zu ihr. Shayna errötete und drehte sich rasch zur Rezeption um. Nicht, dass der Typ noch glaubte, sie hätte Gefallen an ihm gefunden.
Doch genau das entsprach der Wahrheit. Die Erkenntnis erschreckte sie.
Wie lange war es her, dass sie rennend den Altar verlassen hatte? Gerade einmal vierundzwanzig Stunden. Davor hatte sie monate- oder gar jahrelang keinem anderen Mann hinterhergeschaut.
Na ja, immerhin war ihr Leben jetzt nicht zu Ende. Es war ja kein Verbrechen, sich für einen attraktiven Mann zu interessieren. Sich mit einem zu verabreden, kam für sie allerdings erst mal nicht infrage.
Zehn Minuten später hatte sie eingecheckt. Der Portier bestand darauf, ihr Gepäck zu tragen. Shayna betrachtete es als sinnlos, Widerrede zu leisten, und ließ sich von ihm zu ihrem Zimmer begleiten.
Der Weg dahin schien sich endlos hinzuziehen. Kurz vor Ende des wahrscheinlich letzten Flurs blieb der Mann stehen. „Es ist ein langer Weg. Aber Sie haben den besten Blick.“ Der Portier öffnete die Tür und steckte die Karte in einen Schlitz, wodurch das Licht anging.
Das Zimmer war warm, doch die Balkontür stand offen, sodass etwas frische Luft hineinströmte. Es roch nach Meer und Blumen.
„Wenn die Balkontür offensteht, schaltet sich die Klimaanlage automatisch ab“, erklärte der Portier.
Das Zimmer war atemberaubend. In der Mitte stand ein Kingsize-Himmelbett. An einer Wand befand sich ein Schminktisch mit eingebauter Minibar. In der Nähe des Balkons lud ein Sofa zum Verweilen ein. Auf dem kleinen Tisch daneben standen eine Flasche Champagner und zwei Gläser.
Natürlich. Das war ja auch die Suite für ihre Flitterwochen …
„Sie haben den schönsten Balkon“, sagte der Mann. „Es ist ein Eckbalkon. Deshalb ist er viel größer als der Ihrer Nachbarn. Meistens bekommen frisch Verheiratete dieses Zimmer.“
Shaynas Herz schlug schneller. Dies war das Zimmer, in dem Vince und sie die nächsten sieben Tage voller Glück hätten verbringen sollen. Stattdessen …
Schnell verdrängte sie den Gedanken und griff in ihre Geldbörse. Sie zog mehrere Scheine heraus und reichte sie dem netten Mann. „Danke für Ihre Hilfe.“
Als er die Scheine entgegennahm, hielt er ihre Hand fest. Überrascht sah Shayna ihn an.
„Sie sind wirklich eine schöne Frau“, meinte er sanft. „Wo ist Ihr Ehemann?“
Leicht verwirrt zog sie die Hand zurück und musste plötzlich an die Zweifel denken, die ihre Familie wegen dieser Reise geäußert hatte. Sie hoffte, dass dieser Mann nicht zu einem Problem wurde.
„Danke nochmals für Ihre Hilfe“, sagte sie mit kräftiger Stimme, die dem Portier sagen sollte, dass sie keine Lust auf mehr Small Talk hatte.
Der Mann nickte und ging zur Tür. „Einen schönen Urlaub Ihnen, schöne Frau.“
Bevor er das Zimmer verließ, merkte sich Shayna seinen Namen. Garth hatte auf seinem Namensschild gestanden. Hoffentlich würde er sie in Ruhe lassen. Aber wenn er plötzlich vor ihrer Tür stand, würde sie wissen, über wen sie sich an der Rezeption zu beschweren hatte.
Sie schloss die Tür ab und ging durch den Raum zum Balkon. Wie Garth gesagt hatte, war er riesig. In der Mitte stand ein Tisch mit zwei Stühlen. Das war bestimmt ein herrlicher Ort, um morgens das Frühstück einzunehmen.
Ihr Zimmer befand sich im dritten Stock und bot eine atemberaubende Aussicht auf die Umgebung. Entzückt ging sie zum Geländer und genoss den Ausblick. Garth hatte recht gehabt. Der lange Weg hatte sich wirklich gelohnt. Nie zuvor hatte sie so viele Blautöne im Meer gesehen. Zu ihrer Linken befand sich eine große Bucht mit Urlaubern, die am Strand entspannten oder sich im Wasser erfrischten. Manche waren weit draußen und standen trotzdem nur bis zur Hüfte im Wasser. Offensichtlich fiel der Strand sehr flach ab.
Direkt unter ihr sah Shayna ein grünes Gebäude, das ein Restaurant sein konnte. Daneben befand sich an einem Steg eine der Snackbars des Hotels. Gäste in Badekleidung saßen an Tischen, aßen und unterhielten sich.
Shayna blickte nach rechts. Dort befand sich ein kleinerer Strand mit Steinen. An dessen Ende war ein Pavillon aufgebaut. Zweifelsohne fanden hier die Trauungen statt.
Gerade befanden sich dort sogar Gäste. Shayna erkannte mehrere Kinder und Erwachsene.
Moment mal! Sie kniff die Augen zusammen. Ein Schauer lief ihr über den Rücken.
Da war der attraktive Fremde. Er stand mit seiner Familie in dem Pavillon.
Kein Wunder, dass sie alle so schick angezogen gewesen waren. Sie waren auf dem Weg zu einer Trauung gewesen.
Und als sich der Mann umdrehte, erschauerte sie ein weiteres Mal. Warum blickte er bei all den vielen Zimmern gerade zu ihrem?
Schnell kehrte sie nach drinnen zurück. Weshalb erfasste sie jedes Mal Panik, wenn er sie ansah? Sie konnte doch nicht die ganze Woche im Zimmer bleiben, um ihm aus dem Weg zu gehen.
„Es ist ja nicht so, dass ich versuche, einer Frau den Mann wegzuschnappen“, sagte sie zu sich selbst. „Anschauen ist nicht verboten.“
Vielleicht war das sogar genau das, was sie in diesem Urlaub brauchte. Es würde ihr helfen, den Schmerz zu überwinden.
Warum sollte sie nicht einen attraktiven Mann von Weitem bewundern? Es musste ja nicht gleich zu etwas führen.
Immerhin war er verheiratet und deshalb unerreichbar.
Es war perfekt. Eine völlig ungefährliche Ablenkung …
Am nächsten Morgen begann der Tag mit einem wunderschönen Sonnenaufgang. Shayna streckte sich, stieg aus dem Bett und ging zum Balkonfenster. Als sie den Vorhang beiseiteschob und auf das Meer blickte, dachte sie, dass diese Aussicht niemals langweilig werden würde.
Am Abend zuvor hatte sie sich nach einem Abendessen mit eher mexikanischen als jamaikanischen Speisen auf ihr Zimmer zurückgezogen, zu Hause angerufen und schließlich noch etwas in ihrem Roman gelesen. Ihr war klar, dass sie sich versteckt hatte. Aber ihr war nicht nach Small Talk mit anderen Gästen gewesen. Sie genoss es, Zeit für sich zu haben. Auf dem Balkon zu sitzen und die wunderschöne Umgebung zu betrachten, reichte ihr erst einmal.
Seufzend öffnete sie die Tür und trat hinaus. Tief amtete sie den einzigartigen Duft der Blumen und des Meers ein. Sie lächelte. Ja, dieser Tag würde bestimmt wunderbar werden. Sie befand sich im Paradies. Und sie würde jede einzelne Minute auskosten.
Auf jeden Fall wollte sie positiv in die Zukunft sehen und nicht der Vergangenheit nachtrauern.
Nachdem sie geduscht hatte, zog sie sich Badesachen und darüber ein dünnes Sommerkleid an. In ihre Strandtasche packte sie zwei Romane. Sie wollte nach dem Frühstück am Pool entspannen und spontan entscheiden, in welche Welt sie abtauchte.
Zum Glück befand sich das Frühstücksrestaurant nicht so weit von ihrem Zimmer entfernt wie die Lobby. Shayna hatte gestern in der Hotelbroschüre gelesen, dass es gleich hinter dem Hauptpool lag.
Als sie an dem Pool vorbeiging, brannte die Sonne bereits auf ihrer Haut, obwohl es noch sehr früh am Tag war. Auf der rechten Seite sah sie das Wellnesscenter und beschloss, sich dort später etwas verwöhnen zu lassen.
Als sie die Stufen zum Restaurant hinaufstieg und die schwere Tür öffnete, stockte ihr der Atem. Der attraktive Fremde von gestern ging direkt auf sie zu.
Erneut befand er sich in Begleitung der großen Gruppe. Doch das kleine Mädchen, das er gestern getragen hatte, hüpfte heute hellwach durch die Gegend. Wahrscheinlich waren sie gerade auf dem Weg zum Pool oder Strand.
Shayna lächelte der Gruppe höflich zu und sah schnell zu Boden, als der Fremde an ihr vorbeiging. Sie wollte nicht, dass seine Frau ihren Blick bemerkte.
Zu Hause hätte Shayna zum Frühstück eine Tasse Kaffee getrunken und einen Toast gegessen. Doch hier ließ sie es sich richtig gutgehen. Sie aß ein frisch zubereitetes Omelett mit Käse und Gemüse, Toast, verschiedene Früchte und ein frisch gebackenes Stück Kuchen. Irgendwann konnte sie nicht mehr und dachte sie würde platzen.
Als sie nach draußen trat, betrachtete sie den wunderschönen Poolbereich. Das war der perfekte Ort, um etwas zu entspannen und einen ihrer Thriller zu lesen. Später würde sie ein paar Runden im Pool schwimmen.
Obwohl es noch recht früh war, gab es nur eine einzige freie Liege im Schatten. Sie befand sich unter einem Baum in der Nähe des Wellnesscenters und wirkte sehr gemütlich.
Schnell holte Shayna sich ein Handtuch, breitete es auf der Liege aus und setzte sich. Erst jetzt bemerkte sie, dass der attraktive Fremde zwei Liegen weiter saß. Irgendwie gelang es ihr nicht, ihm aus dem Weg zu gehen.
Egal, der Mann war schließlich verheiratet. Sie würde ihn vermutlich noch öfter treffen. So groß war das Resort ja auch nicht.
Als er sie bemerkte, sah er zu ihr herüber, aber sie tat, als hätte sie ihn nicht gesehen. Rasch setzte sie ihre dunkle Sonnenbrille auf, um Augenkontakt mit dem Mann zu vermeiden.
Doch sie spürte seinen Blick. Er starrte sie wirklich ganz unverblümt an.
Sie verdrehte die Augen. Ihre Meinung über Männer wurde auch hier nicht besser. Am Freitagabend war sie schockiert gewesen, als sie Vince mit dieser Frau erwischt hatte. Und nun war sie wieder enttäuscht. Denn der offensichtlich verheiratete Mann schämte sich nicht einmal, sie so anzustarren.
Warum tat er das, wenn er mit seiner Frau und seinem Kind in diesem wunderschönen Resort Urlaub machte?
Es war nicht so wichtig. Solange sie seine Blicke nicht erwiderte, konnte sowieso nichts passieren.
Seufzend lehnte sie sich zurück, holte einen der Romane aus ihrer Tasche und begann darin zu lesen. Es handelte sich um einen spannenden Krimi: Der Körper einer jungen Frau war tot aufgefunden worden. Ihr Hals war aufgeschlitzt und sie hatte mehrere Wunden von Messerstichen. Genau die Art von Geschichte, die Shayna brauchte, um sich von ihrem Liebesschmerz abzulenken.
Doch trotz der packenden Geschichte konnte sie den Fremden nicht aus ihren Gedanken verdrängen. Ihr war mehr als bewusst, dass der attraktive Mann nur wenige Meter von ihr entfernt saß. Immer wieder musste sie in seine Richtung blicken. Er und zwei andere Männer unterhielten sich und lachten ausgelassen.
Der Mann, mit dem sie Blicke ausgetauscht hatte, besaß mit Abstand den aufregendsten Körper. Seine Schultern waren sehr breit. Er ähnelte dem Mann neben sich. Der wirkte jedoch etwas älter und trug einen kleinen Rettungsring um die Hüften. Trotzdem war er ebenfalls attraktiv – wenn auch weitaus weniger als sein Verwandter.
Da blickte der Fremde wieder in ihre Richtung. Sofort hielt Shayna ihr Buch höher und tat, als hätte sie die ganze Zeit gelesen.
Warum zog sie dieser Mann nur so in den Bann? Er war doch verheiratet!
Natürlich interessiere ich mich für ihn, dachte sie. Menschen zu beobachten war Teil ihres Berufs. Sie tat das ständig. Bei jeder Gelegenheit musterte sie die Gesichter von Menschen und beobachtete ihre Körpersprache. Dabei versuchte sie, sich jedes Detail für einen ihrer zukünftigen Romane einzuprägen.
Und in diesem Fall war das eben der verführerische Körper dieses Mannes …
Diese Erkenntnis erleichterte sie. Beruhigt konzentrierte sie sich wieder auf die Handlung des Romans. Mit angehaltenem Atem las sie, wie schlimm der Körper der toten Frau zugerichtet worden war. Und als ein Schrei die Stille durchbrach, dachte Shayna zuerst, dass er nur in ihrer Vorstellung existierte.
Beim zweiten Schrei schreckte sie allerdings zusammen.
„Daddy!“, rief jemand.
Shayna sah zum Pool. Ein kleines Mädchen paddelte wild mit den Armen und versuchte verzweifelt, sich über der Wasseroberfläche zu halten.
Sofort sprang Shayna auf und lief zu dem Mädchen. Der Boden des Pools war leicht abfallend, sodass das Wasser immer tiefer wurde. Shayna rannte angezogen hinein, um so schnell wie möglich zu dem Mädchen zu gelangen. Als sie bei dem Kind war, hob sie es aus dem Wasser und trug es aus dem Pool.
Gleich darauf kam jemand auf sie zugerannt. Shaynas Herz setzte einen Schlag aus. Der attraktive Fremde und zwei andere Männer eilten zu ihr. Aber es war der Verwandte des Mannes, der ihr das Mädchen aus den Armen nahm und ins Gras legte.
„Daddy!“ Das Kind hustete. „Daddy!“
Der Mann umarmte seine Tochter. Shayna sah zu den anderen Kindern im Pool. Sie blickten alle besorgt zu dem kleinen Mädchen.
„Wieso ist sie so weit ins Wasser gegangen, Isaiah?“, fragte der Vater des Mädchens.
„Ich weiß es nicht“, antwortete der Junge aufgeregt. „Sie ist einfach …“
„Schon in Ordnung.“ Die Stimme des fremden Mannes war genauso sexy wie er selbst. Shayna bemühte sich, ihn nicht anzublicken und wandte sich ab. Sie wollte nicht weiter hier herumstehen. Doch als sie zwei Schritte gegangen war, hörte sie ihn hinter sich.
„Hey“, sagte er heiser.
Shayna blieb stehen und drehte sich zu ihm um. Ihr Herz schlug wie verrückt. Seine braunen Augen waren wunderschön.
„Danke“, sagte er.“
„Sie müssen mir nicht danken“, erwiderte Shayna. „Jeder andere hätte das auch getan.“
„Trotzdem danke. Meine Nichte wäre beinahe ertrunken. Wir können Ihnen nicht genug für Ihren Einsatz danken.“
Es handelte sich also tatsächlich um seine Nichte.
„Ja, vielen Dank“, sagte der Vater des Mädchens. Das etwa dreijährige Kind jammerte und hustete. Wahrscheinlich war es verängstigt. Aber zum Glück ging es der Kleinen gut.
„Gern geschehen“, antwortete Shayna. „Ich bin froh, dass ich helfen konnte.“ Damit ging sie zu ihrer Liege zurück. Ihr Kleid war vollkommen durchnässt. Schnell streifte sie es sich über den Kopf und legte es zum Trocknen in die Sonne. Genau in dem Moment bemerkte sie ihn. Er kam auf sie zu.
Der Ausdruck in seinen Augen brachte ihren Puls zum Rasen. Und das war vollkommen unangebracht. Auch wenn das kleine Mädchen nicht seine Tochter war, hatte er bestimmt Kinder. Zumindest war er mit einer der Frauen der Gruppe verheiratet.
Shayna gab vor, ihn nicht bemerkt zu haben, und konzentrierte sich darauf, ihr Kleid ordentlich in der Sonne auszubreiten.
„Tut mir leid, dass Ihr Kleid nass geworden ist“, sagte er.
„Das ist nicht so schlimm.“ Sie hoffte, dass ihre Stimme nicht verriet, wie aufgeregt sie war. „Es trocknet schnell.“
Der Mann stand nun vor ihr und streckte eine Hand aus. „Ich bin Donovan.“
Sie zögerte und schüttelte schließlich seine Hand. „Ich bin Shayna.“
„Ein schöner Name.“
Beinahe hätte sie die Augen verdreht. Stattdessen blickte sie sich um. Wo waren nur die drei Frauen? Shayna hatte angenommen, dass sie nur kurz an die Bar oder zur Toilette gegangen waren.
„Warten Sie auf jemanden?“
„Nein. Ich sehe mich nur um.“ Sie machte eine Pause. „Welche Kinder gehören zu Ihnen?“
Donovan schien verwirrt zu sein. „Ähm, keins. Aber ich bin stolzer Onkel.“
„Probieren Sie es?“ Sofort bereute Shayna ihre Frage. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Das ging sie doch nichts an. Irgendwie wollte sie ihm wohl klarmachen, dass sie auf keinen Fall an einem verheirateten Mann interessiert war.
„Sie meinen, Kinder zu bekommen?“, fragte Donovan überrascht.
„Sie scheinen mit Ihrer Familie hier zu sein. Und Sie sind wirklich ein aufmerksamer Onkel. Bestimmt wollen Sie und Ihre Frau Kinder haben.“
Donovans Augen wurden größer. Schließlich schien er zu begreifen und nickte. „Na ja, wenn ich eine Frau hätte, würde ich es wohl probieren. Aber ich bin Single.“
Nun sah Shayna ihn überrascht an. „Sie … Sie sind nicht verheiratet?“
Er zeigte ihr die linke Hand. „Nein.“
„Aber ich … Wer sind denn all die Frauen, die Sie begleiten?“
„Meine Schwester, meine Schwägerin und die Frau meines Cousins. Zwei der Kinder gehören zu meinem Bruder, drei zu meiner Schwester und eines zu meinem Cousin. Ein weiterer Cousin hat gestern erst geheiratet. Sie können die beiden nicht gesehen haben, da sie … na ja, sehr viel Zeit drinnen verbringen. Gibt es noch etwas, das Sie wissen möchten?“, fragte er lächelnd.
„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Tut mir leid. Ich wollte nicht so neugierig erscheinen.“
„Aber Sie dachten, dass ich verheiratet bin.“
Sie wich seinem Blick aus. „Ehrlich gesagt, ja.“
„Nun wissen Sie, dass ich es nicht bin.“
Seltsam, wie er diese Worte betonte. Shayna sah ihm wieder in die Augen. Etwas an seinem Blick ließ ihr Herz schneller schlagen.
Donovan hatte sie wissen lassen wollen, dass er nicht verheiratet war. Und dafür gab es nur einen Grund.
Er war an ihr interessiert.
Diese Spannung zwischen ihnen war gestern Abend nicht nur zustande gekommen, weil Shayna ihn heiß fand, sondern auch, weil Donovan Interesse an ihr hatte.
„Sind Sie zum ersten Mal in Jamaika?“, wollte er wissen.
Dieser Mann war wirklich zum Anbeißen. Shayna genoss es, ihn aus der Nähe zu betrachten. Und das, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Seine Schultern waren unglaublich breit, seine Brust war so männlich …
Doch mehr als neugierige Blicke würde sie sich nicht erlauben!
Sie sah zu Boden. „Ja, ich bin zum ersten Mal hier.“
„Ich auch. Ein wunderschöner Ort zum Heiraten, nicht?“
„Ja.“ Sie lächelte angespannt. Ans Heiraten wollte sie nun wirklich nicht denken.
„Woher kommen Sie?“, fragte er.
„Warum wollen Sie das wissen?“
„Wie bitte?“
Sie seufzte leise und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihr war klar, wohin das führen würde, und sie war nicht daran interessiert. Natürlich sah dieser Mann sehr gut aus. Sie war allerdings nicht hier, um eine bedeutungslose Affäre mit jemandem einzugehen. Erst einmal musste sie über die vergangenen Tage hinwegkommen.
„Ich möchte ehrlich zu Ihnen sein“, sagte sie. „Ich glaube, Sie sind wirklich sehr nett. Aber ich bin nicht darauf aus, jemanden kennenzulernen.“
„Oh!“
„Tut mir leid.“ Ihr wurde klar, dass sie etwas zu direkt gewesen war. „Ich wollte nicht unhöflich sein. Ich habe nur …“
„Was denn?“
„Ich …“ Sie zögerte und atmete tief durch. „Ich möchte im Moment nicht darüber reden. Nehmen Sie einfach meine Entschuldigung an. Normalerweise bin ich nicht so unhöflich.“
„Donovan!“
Shayna und Donovan drehten sich um. Donovans Bruder, sein Cousin und die Kinder standen bei ihren Liegen und trockneten sich ab.
„Wir sollten aufbrechen, wenn wir den Bus bekommen wollen“, rief Donovans Bruder.
Shayna wandte sich wieder an Donovan. „Machen Sie einen Ausflug?“
„Ja“, erwiderte er lächelnd. „Wir haben einen Besuch bei den Delfinen gebucht. Dabei schwimmt man zwar nicht mit den Delfinen, aber man kann sie im Wasser streicheln. Ich hoffe, das wird gut. Es war nämlich ziemlich teuer.“
„Was ist mit den Frauen?“
„Die kommen nicht mit. Sie wollten heute einen Frauentag im Spa machen.“
„Donovan!“
„Immer mit der Ruhe, Antoine“, rief Donovan seinem Bruder zu. „Ich komme ja.“
„Der Bus fährt um neun Uhr ab“, erinnerte ihn Antoine.
„Ich weiß.“ Donovan winkte ab und wandte sich an Shayna. „Es hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Shayna. Tut mir leid, dass Sie gerade eine schwierige Zeit durchmachen. Ich hoffe trotzdem, dass Sie einen schönen Tag haben.“
Shayna fühlte sich schlecht. Donovan versuchte nur, nett zu sein. Und sie hatte ihre Wut auf Männer an ihm ausgelassen. Warum hatte sie nicht einfach Small Talk mit ihm halten können?
Sie wollte sich erneut entschuldigen, doch stattdessen sagte sie nur: „Danke. Ich wünsche Ihnen auch einen schönen Tag.“
Erneut lächelte Donovan. Und sein Lächeln war wirklich sehr vereinnahmend. Dann drehte er sich um und ging zu seiner Familie. Shayna setzte sich und griff nach ihrem Buch. Doch sie öffnete es nicht einmal. Stattdessen beobachtete sie Donovan dabei, wie er seinen atemberaubenden Körper mit einem großen blauen Handtuch trocknete.
Und als er das Handtuch über die Schultern warf und zu ihr sah, wich Shayna seinem Blick nicht aus. Sie hob die Hand und winkte ihm zu.
Das war das Mindeste, das sie tun konnte, um ihr unhöfliches Verhalten wiedergutzumachen.
„Du magst sie“, meinte Antoine und klopfte auf Donovans Schulter, als sie vor dem Hotel standen und auf den Bus nach Ocho Rios warteten.
Donovan sah seinen Bruder an. Er hatte nicht mitbekommen, was Antoine gesagt hatte. „Hm?“
„Ich rede nun schon seit fünf Minuten mit dir. Und ich wette, kein einziges Wort davon ist bei dir angekommen. Die ganze Zeit über starrst du in die Ferne und denkst an die Frau vom Pool, richtig?“
Donovan hob verwundert die Brauen. Hatte sein Bruder etwa seine Gedanken gelesen?
Antoine lachte. „Glaubst du, ich kenne meinen kleinen Bruder nicht? Du magst sie.“
„Sie ist süß.“
„Sie ist heiß.“
Donovan zuckte lässig mit den Schultern.
„Willst du etwa so tun, als wäre dir das nicht aufgefallen?“, fragte sein Bruder.
„Sie ist definitiv heiß.“ Donovan hatte an nichts anderes denken können, seit sie den Pool verlassen hatten. Shayna war eine Schönheit. Sie war ihm gestern sofort ins Auge gestochen. Ihm war auch aufgefallen, dass sie sich nicht in Begleitung befand. Das gefiel ihm. Doch in dem Gespräch vorhin hatte sie klargemacht, dass sie alleine bleiben wollte.
„Warum habe ich das Gefühl, dass es ein Aber gibt?“, fragte Antoine.
„Ich habe versucht, mich mit ihr zu unterhalten. Leider war sie nicht interessiert.“
„Versuch es ein weiteres Mal.“
Ihr Cousin Dennis hatte sich die ganze Zeit um die Kinder gekümmert und kam nun zu ihnen. Wahrscheinlich hatte er sie bei ihrem Gespräch belauscht. „Er hat eben lange keine Frau mehr gehabt, Antoine. Er weiß nicht mehr, wie man flirtet.“
„Hey!“, meinte Donovan und runzelte die Stirn. „Ich hab’s immer noch drauf. Aber wenn jemand nicht interessiert ist …“
„Sie ist interessiert“, unterbrach Dennis ihn.
„Was macht dich da so sicher?“, wollte Donovan wissen.
„Weil sie dich jedes Mal beobachtet hat, wenn du ihr den Rücken zugewandt hast.“
„Wirklich?“, fragte Donovan. Shaynas Abfuhr hatte ihn frustriert. Doch die Worte seines Cousins machten ihm wieder Mut.
„Wirklich“, bestätigte Antoine. „Ich habe das ebenfalls bemerkt. Und jedes Mal, wenn du zu ihr gesehen hast, hat sie sich wieder hinter ihrem Buch versteckt.“
Donovan lächelte. „Echt?“
„Ja“, meinte Dennis.
„Das überrascht mich“, sagte Donovan. „Sie hat mir eine ganz schöne Abfuhr erteilt, als ich mit ihr gesprochen habe.“
Antoine legte einen Arm um Donovans Schultern. „Lynda hat mich genauso behandelt, als ich sie kennengelernt habe. Sie hat mir die kalte Schulter gezeigt. Aber hat sie es so gemeint? Nein. Sie wollte, dass ich ihr hinterherrenne. Dass ich ihr zeige, wie sehr ich an ihr interessiert bin. Frauen stehen da drauf.“
Und heute waren Lynda und Antoine ein glücklich verheiratetes Paar. Donovan gönnte ihnen das. Genau danach sehnte er sich nämlich ebenfalls. Vor zweieinhalb Jahren hatte alles danach ausgesehen, dass auch er eine glückliche Ehe führen würde. Aber dann war alles anders gekommen …
„Du hättest sie zu unserem Ausflug einladen sollen“, meinte Dennis.
„Genau.“ Donovan verdrehte die Augen. „Als ob sie als einzige Frau mit uns gekommen wäre. Sie kennt uns ja nicht einmal.“
„Das wird sich ändern“, erwiderte Dennis mit einem schelmischen Grinsen.
„Lass uns nicht weiter über Shayna reden“, sagte Donovan. Doch innerlich musste auch er lächeln.
„Shayna“, zog Antoine ihn auf. „Ein schöner Name.“
Donovan schlug spielerisch mit der Faust gegen den Arm seines Bruders. „Es reicht jetzt wirklich.“
Doch in Wahrheit mochte Donovan es, wenn sie ihn so aufzogen. Seit Jahren hatten sie sich das wegen einer Frau nicht mehr getraut.
Keira, Dennis’ fünf Jahre alte Tochter, zog an dessen T-Shirt. „Daddy, Tamara gibt mir nichts von ihrem Trinken ab.“
„Ich komme, mein Schatz.“ Dennis ging zu den Kindern, um den Streit zu schlichten.
„Da ist der Bus“, meinte Donovan und deutete auf den großen Bus, der vor dem Eingang des Hotels hielt. „Das Abenteuer beginnt.“
Brav stellten sich die Kinder in eine Reihe und warteten, bis sich die Tür des Busses öffnete.
„Hey“, sagte Antoine und legte Donovan eine Hand auf die Schulter.
Donovan drehte sich zu ihm um. „Ja?“
„Ich freue mich wirklich, dass du wieder Interesse an einer Frau zeigst. Ich weiß ja, wie sehr du mit Ninas Tod zu kämpfen hattest. Bestimmt hätte sie nichts dagegen.“
Als sein Bruder Nina erwähnte, übermannte Donovan die Traurigkeit, die ihn seit dem Tod seiner geliebten Verlobten verfolgte.
Vor zweieinhalb Jahren war bei Nina mitten in ihren Hochzeitsvorbereitungen Brustkrebs diagnostiziert worden. Das hatte sie vollkommen aus der Bahn geworfen. Der Krebs war zu spät festgestellt worden, er hatte sich bereits im gesamten Körper ausgebreitet. Sechs Monate später war Nina gestorben.
Und mit ihrem Tod waren seine Träume geplatzt.
„Tut mir leid“, entschuldigte sich Antoine. „Ich wollte dich nicht herunterziehen. Aber es wird dir guttun, wenn du dich wieder mit Frauen verabredest.“
„Ja“, meinte Donovan sanft. „Ich weiß.“
Am Anfang hatte er nie wieder eine andere Frau kennenlernen wollen. Selbst nach einem Jahr war Nina immer noch zu präsent gewesen. Irgendwann hatte er beschlossen, dass er sich mit einer Frau verabreden wollte – solange sie so besonders war wie Nina. Doch keine hatte ihn auch nur ein bisschen interessiert.
Bis jetzt.
Obwohl er Shayna gerade erst begegnet war, spürte er bereits eine Verbindung zwischen ihnen. Natürlich war Shayna wunderschön. Aber da war weitaus mehr.
Donovan wusste nicht, wohin das mit ihr führen würde. Vielleicht wollte sie ihn gar nicht kennenlernen. Doch nach zwei Jahren als Single spürte er plötzlich wieder so etwas wie Leben in ihm.
Lange nachdem Donovan mit dem Bus abgefahren war, musste Shayna noch an ihn denken. Sie saß auf ihrer Sonnenliege und konnte sich kaum auf ihr Buch konzentrieren, da ihr dieser Mann einfach nicht aus dem Kopf ging.
Sie fühlte sich immer noch schlecht, weil sie so schroff zu ihm gewesen war. Dafür gab es wirklich keine Entschuldigung. Natürlich war sie nach dem Desaster mit Vince emotional durcheinander. Sie musste sich zusammenreißen, damit sie ihren Frust nicht an anderen ausließ.
Allerdings dachte sie auch aus einem anderen Grund an Donovan: weil er Single war.
Als verheirateter Mann hatte er keine Gefahr für sie dargestellt. Sie hatte ihn aus der Ferne beobachten und den Anblick seines atemberaubenden Körpers genießen können, ohne dass sich etwas daraus entwickeln konnte.
Doch nun …
Donovan war nicht nur unverheiratet – er interessierte sich sogar für sie.
Shayna seufzte. Sein Interesse war nun wohl verflogen, nachdem sie ihn so schlecht behandelt hatte.
Aber alles halb so schlimm. Vielleicht war es besser, wenn sie so wenige Tage nach ihrer Beinahe-Hochzeit erst mal Abstand von Männern hielt – auch wenn Donovan sie sehr faszinierte.
Als sie an Vince dachte, musste sie schnauben. Unglaublich, wie unattraktiv er ihr nach den Geschehnissen erschien. Und selbst zu seinen besten Zeiten hätte er Donovan nicht das Wasser reichen können.
Als sie vor ihrem inneren Auge Donovan sah, durchfuhr ein Kribbeln ihren ganzen Körper. Er hatte unglaublich sexy gewirkt, als er mit nassem Körper zu ihr herüber gekommen war. Wassertropfen hatten auf seiner muskulösen Brust geglitzert. Er hatte nur eine Badehose getragen und ihr so einen Blick auf seine Bauchmuskeln, die breiten Schultern und die kräftigen Arme ermöglicht.