Communitys - Oliver Pott - E-Book

Communitys E-Book

Oliver Pott

0,0

Beschreibung

Social Media ist tot, es leben digitale Communitys! Das Umfeld in den sozialen Netzwerken wird immer ekliger: Hass, Ausgrenzung, Beleidigung und extreme Positionen dominieren X, Facebook, Instagram und Co. Große Unternehmen ziehen immer häufiger hohe Werbeetats von den Plattformen ab. Engagement Rates sinken seit Jahren, da Bots einen enormen Anteil der Interaktion ausmachen. Für viele Nutzer werden soziale Medien dadurch immer unattraktiver. Sie wechseln in neu entstehende digitale Communitys, die ein geschütztes Umfeld frei von Falschinformationen und plumper Meinungsmache bieten. Oliver Pott und Kathrin Hamann analysieren den Community-Trend und zeigen, wie Selbstständige und Kleinunternehmer davon profitieren können. Anhand praxistauglicher Beispiele zeichnen sie nach, wie Leserinnen und Leser Communitys beispielsweise zum Brandbuilding oder als Einkommensquelle nutzen können.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 278

Veröffentlichungsjahr: 2025

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



COMMUNITYS

Über das Buch

Social Media ist tot, es leben digitale Communitys!Das Umfeld auf den großen Social-Media-Plattformen wird immer ekliger: Hass, Ausgrenzung, Beleidigung und extreme Positionen dominieren X, Facebook, Instagram und Co. zunehmend. Große Werbekunden ziehen immer größere Werbeetats von den Plattformen ab. Engagement Rates sinken seit Jahren, da Bots einen enormen Anteil der Interaktion ausmachen. Für viele Nutzer:innen werden die sozialen Medien dadurch immer unattraktiver. Sie wechseln in neu entstehende digitale Communitys, die ein geschütztes Umfeld frei von Falschinformationen und plumper Meinungsmache bieten.Oliver Pott und Kathrin Hamann – beide betreiben selbst mehrere erfolgreiche Communitys in Deutschland – erklären den neuen Trend und zeigen, wie Selbstständige und Kleinunternehmer vom Community-Trend profitieren können. Anhand praxistauglicher Beispiele zeichnen sie nach, wie Leser:innen Communitys zum Brandbuilding oder als Einkommensquelle nutzen können.

Vita

Prof. Dr. Oliver Pott ist mehrfacher Digital-Gründer, SPIEGEL-Bestseller-Autor und lehrt das Fach Entrepreneurship in Paderborn. Eines seiner Unternehmen hat er kurz nach der Gründung an einen französischen Konzern verkauft. Die Redaktion des »Founder’s Magazin« wählte ihn in die Top-30-Liste der deutschen Unternehmensgründer.Dr. Kathrin Hamann ist Allgemeinmedizinerin, KI-Expertin und Autorin. Sie betreibt mehrere erfolgreiche deutsche Communitys.

Übersicht

Cover

Titel

Über das Buch

Vita

INHALT

Impressum

INHALT

DIE VERTRAUENSKRISE: DAS ENDE DES SOCIAL-MEDIA-ZEITALTERS UND DER AUFSTIEG DER COMMUNITYS

Sehnsucht nach Postkarten: Social Media ist längst blutleer geworden

50 Prozent der Menschen wollen Social Media erheblich einschränken

Social Media in den Anfängen

Die große Vertrauenskrise

Der Gamechanger: Echtnamen

Der Wunsch nach Authentizität und verlässlichen Beziehungen

Die Sehnsucht nach einer Kultur des Echten, Wahren, Authentischen

Aalglatter, perfekter Inhalt stößt ab

Die nicht perfekte, chaotische Antwort ist oft die mit der höchsten Qualität

Schwarmintelligenz restauriert verlorenes Wissen

Das »Einsamkeitsbarometer« der Bundesregierung

Lagerfeuer der Menschheit: Schutz und Gemeinschaft

»Einmal Schalker, immer Schalker«

WhatsApp: Vorform großer Community-Plattformen

Wertschätzung: »Wärmendes Gefühl, gesehen zu werden«

»Swifties« bewegen ganze Volkswirtschaften

Echte Beziehungen und 280 Millionen Follower

»Swifties« funktionieren auch ohne Taylor Swift

Wissenschaftliche Communitys: Das Beispiel CRISPR-Cas

Gefährliche Beratung in sozialen Medien – und die sichere Alternative: »Abnehmen mit Arztbegleitung«

Der Rosenthal-Effekt unterstützt Community-Mitglieder

Amanda Palmer und Judith Holofernes: Community statt Follower

Jason Derulo: »The Family«

»The Family« – tiefere Verbindung als auf Social Media

Die eigene Community macht Derulo unabhängig von der Musikindustrie

Mit Communitys lässt sich gutes Geld verdienen: Cash und Commitment

»Metcalfe’s Law«: Netzwerkeffekt – Communitys profitieren von Wachstum

Beispiel: Autoverkauf bei mobile.de

Beispiel: Community für Fotografen

Der Bindungseffekt des Netzwerks macht deine Community unverzichtbar

Wechselkosten: Einmal drin, immer drin!

Carola Ferstl startet ihre eigene Börsen- und Geldanlage-Community

Menschen kündigen Produkte, aber niemals Freundschaften

Das soziale Netzwerk entscheidet

Warum Menschen in ihrem Wohnquartier bleiben

Community-Kommunikation: Tiefe statt Oberfläche

Personal Branding und Communitys

COMMUNITYS STATT CONTENT

Bots übernehmen die Content-Produktion am Fließband

Die Automatisierungsfalle

Content-Farmen: Tiefe Risse in der digitalen Landschaft

Sport- und Börsenberichte stammen heute fast ausschließlich von KI-Bots

Menschliche Inhalte in Communitys: Zurück zur Qualität

Influencer: Echte Menschen – die aber nur senden

Bots simulieren Influencer

Lil Miquela: Die perfekte Influencerin

Warum Communitys der neue Content sind

Mehrwert ist nicht sofort erkennbar

Mehr Community-Verbindungen, weniger Arbeit für den Creator

Das »Influencer-Hamsterrad« verlassen: Loslassen lernen

Die Wohnzimmerparty

Viele Menschen zusammen sind noch längst keine Community

Egofreie Zonen schaffen Wertschätzung und Vertrauen

Das »Content-Hamsterrad« für Coaches, Experten und Wissensarbeiter

Content is common

Lea Ernst verlässt das »Content-Hamsterrad«

Content und Community in guter Symbiose zueinander

Menschen kündigen Inhalte, nicht aber Freundschaften

Inhalte sind flüchtig: Beispiel Netflix

Freundschaften und Beziehungen sind beständig – oft ein Leben lang

DIE EIGENE COMMUNITY PLANEN UND AUFBAUEN

Das »Community Game« verstehen

Nimm an Communitys aktiv teil, bevor du selbst eine gründest

Ein Haus baust du mit einem Architekten

Deine 5-Punkte-Frageliste für den Weg zur eigenen Community

Der Weg zur Community in drei Phasen

1.

Phase: Ideenfindung mit Maslow

2.

Phase: Planung und Aufbau

3.

Phase: Pflegephase

Die richtige Community-Idee finden und am Markt prüfen

Die Idee muss dir gefallen – und einer Zielgruppe ebenso!

Communitys funktionieren gut auf den oberen Ebenen der Maslow-Pyramide

»Maslow«-Themen sind meist abendfüllend

»Sketching Familie«

Lululemon unterhält eine eigene Community

Paid oder Free Community: Welcher Weg führt zum Erfolg?

Cash ist Commitment: Mehr als nur eine Bezahlung

Die Schutzbarriere: Qualität durch Exklusivität

Premium Free: Der Net Promoter Score als »Türsteher«

Der Net Promoter Score

Markt- und Zielgruppenanalyse

Das Prinzip »Ask«

Sonja Kreye: »Money Mindset«

Das Relevanzkriterium

Wie machen es andere Communitys? Evolution statt Revolution!

Mache den Leidensdruck in anderen Communitys zu deinem Thema

Analyse der Stärken und Schwächen bestehender Communitys

Deine eigene Community-Nische in vier Schritten herausarbeiten

Der »Follow the Money«-Ansatz hilft bei der Monetarisierung

Der CPC-Preis als Marktindikator

Zielgruppen-Quadrant: Zeit versus Geld

Differenzierung von anderen Communitys: Personal Brand und Markenkern

»One Trick Pony« als USP

Mission und Vision

Kaufimpuls zum Beitritt auslösen: Das Fogg-Modell

Der Triggerpunkt ist der Glaube an die eigene Fähigkeit

Balancespiel zwischen Werbeversprechen und Ehrlichkeit

Wahl der Community-Plattform

Community-Namen festlegen

Content vorbereiten

Kategorien für Beiträge festlegen

Begrüßungstext erstellen

Community-Regeln

Erste Calls und Aufzeichnungen planen

Lernmodule vorbereiten

Kalender einrichten und Termine festlegen

Soft- und Hard-Launch

Warum du schnell gründen solltest

Jeder Creator hat seine Eigenzeit bei der Gründung einer Community

Das Konzept der Minimum Viable Community

Dropbox und Airbnb sind als MVP gestartet

Der MVP-Ansatz, gedacht für Communitys

Deine Community wird als MVC genau das, was deine Mitglieder suchen

Achtung, Überforderung!

Zwei Ohren, nur ein Mund: Faustregel für die MVC

Der »Club-Effekt«: Warum du mit 10 bis 50 Gründungsmitgliedern starten solltest

Der »Club-Effekt«: Niemand mag leere Räume

Vorsicht vor zu schnellem Wachstum: Die Flashmob-Falle

»Vibes« definieren die Kultur deiner Community

Die Dinnerparty

Die Rolle des Community-Creators

Das DISG-Modell in Communitys

Warum du zu Beginn mehr gelbe und grüne Typen in deiner Community brauchst

So findest du gelbe und grüne Typen für deine Community

Für den Start brauchst du Motivation – für die Pflege aber Disziplin!

DIE EIGENE COMMUNITY FÜHREN, PFLEGEN UND WACHSEN LASSEN

LTV: Die Nummer-eins-Kennzahl im »Community Game«

Ganz andere Umsatzstrategien zwischen Content und Communitys

LTV: Von Anfang an berücksichtigen – und Kundenbindung herstellen

Content muss perfekt sein

LTV durch Kundenbindung erhöhen

Organisches Wachstum: Wohnzimmerparty statt Flashmob

Die 20-Prozent-Wachstumsregel

Warum eine Community zum Wachstum verdammt ist

Churn Rate von 10 Prozent führt zu einer attraktiveren Community

Konzipiere deine Community wie eine Soap-Opera

Community-Wachstum: Organisch versus anorganisch

Schillernde, neue Charaktere ausdrücklich erwünscht

Statussymbole: Gamification und Levelsysteme

Moderation: Aufbau einer positiven und sicheren Community-Kultur

Umgang mit Konflikten

Warum es besser ist, sich früh von Störenfrieden zu trennen

Neu ist gut!

Erfolgsmessung: Die wichtigsten Kennzahlen für den langfristigen Community-Erfolg

Wie gesund ist die eigene Community?

LTV und CAC sind die wichtigsten wirtschaftlichen Kennzahlen

Die Community absichern

Wann ist der beste Zeitpunkt, mit einer Community zu starten?

RESSOURCEN ZUM BUCH

DANKSAGUNGEN

UNSERE EXPERTINNEN, EXPERTEN, UNTERSTÜTZERINNEN UND UNTERSTÜTZER

ANMERKUNGEN

Die Vertrauenskrise: Das Ende des Social-Media-Zeitalters und der Aufstieg der Communitys

Communitys statt Content

Die eigene Community planen und aufbauen

Die eigene Community führen, pflegen und wachsen lassen

ÜBER OLIVER POTT UND KATHRIN HAMANN

DIE VERTRAUENSKRISE: DAS ENDE DES SOCIAL-MEDIA-ZEITALTERS UND DER AUFSTIEG DER COMMUNITYS

Social Media ist unrettbar umgekippt – wie ein giftig gewordener, einst lebendiger, klarer Teich, in dem ein Fass Gülle verklappt wurde.

Wer kann und nicht aus beruflichen Gründen noch Kontakte unterhält, kehrt den müde werdenden Plattformen wie Facebook, Instagram oder LinkedIn den Rücken zu. Allein zwischen 2023 und 2024 hat X, das vormalige Twitter, rund 30 Prozent aller US-amerikanischen Nutzer verloren.1

Auch Werbekunden springen ab und wollen mit X nichts mehr zu tun haben: In den USA haben Apple, Coca-Cola, Microsoft, Disney und noch viele weitere sämtliche Budgets eingestellt; in Deutschland zählen dazu beispielsweise Aldi oder Volkswagen.2 X passe nicht mehr zur Kultur vieler Unternehmen, so fasst die Wirtschaftswoche den Exodus zusammen – und beziffert den Rückgang der Werbeeinnahmen auf dramatische 50 Prozent.3

Und wie steht’s um den Meta-Konzern, der Social Media ja mit Facebook im Wesentlichen zur Welt gebracht hat und heute außerdem Instagram und WhatApp betreibt? Der Konzern verdient noch gutes Geld, gilt aber, was die Reichweite betrifft, als »weit abgeschlagen«4 – und sucht daher nach alternativen Geschäftsmodellen wie VR-Brillen oder dem Metaverse.

Das größte Social-Media-Netzwerk weltweit ist allerdings TikTok, das zum chinesischen Bytedance-Konzern gehört – und sich damit westlich geprägten Kontrollmechanismen und wohl auch Normen weitgehend entzieht.

Der Spiegel bezeichnet TikTok als die »mächtigste App der Welt«5; aber gerade TikTok steht unter weltweiter massiver Kritik. TikTok ist in der Lage, binnen Sekunden 1,59 Milliarden Nutzer weltweit zu erreichen und Trends in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit zu setzen.

Doch diese Macht bringt auch massive Kritik mit sich, die sich auf Fragen des Datenschutzes und der Privatsphäre konzentriert. Amnesty International wirft der Plattform nicht nur den Missbrauch der Privatsphäre vor, sondern sieht in TikTok vor allem eine Datenkrake, die massenhaft Informationen sammelt.6

In den USA droht TikTok gar ein Verbot, da es im Verdacht steht, die gesammelten Daten an chinesische Regierungsstellen weiterzugeben.7

Die Diskussionen um TikTok spiegeln aber eine viel breitere Debatte wider als nur die des Datenschutzes. Kernpunkt ist vielmehr die Frage, wie innerhalb einer globalisierten und digital vernetzten Welt mit der Macht von Social Media umgegangen werden sollte – dies insbesondere dann, wenn deren Mutterkonzerne aus Ländern stammen, die andere politische und rechtliche Systeme haben. Dabei spielen auch die Medien als »vierte Macht« – einschließlich Social Media – eine entscheidende Rolle, denn sie sind maßgeblich daran beteiligt, diese Themen in den öffentlichen Diskurs zu bringen, zudem Transparenz zu schaffen und die Bevölkerung über mögliche Risiken und Konsequenzen zu informieren.

Sehnsucht nach Postkarten: Social Media ist längst blutleer geworden

Die aktuellen Social-Media-Trends des Jahres 2024, veröffentlicht von Meltwater, zeigen eine weitere, von der politischen Diskussion unabhängige Entwicklung: Dass die künstliche Intelligenz die Social-Media-Netzwerke wie nie zuvor beherrscht.

Bereits 92 Prozent aller Social-Media-Teams setzen auf künstliche Intelligenz (KI), wie Meltwater berichtet. Diese Zahl verdeutlicht die immense Bedeutung, die KI in der Gestaltung und Verwaltung von Social-Media-Inhalten erlangt hat.8

Dabei nutzen sowohl Influencer KI, um Inhalte wie Texte, Bilder und Videos zu produzieren. Doch auch deren Follower sind heute längst nicht mehr ausschließlich menschlich, sondern in ganz erheblichem Maße selbst KI – sogenannte »Bots«.

KI spricht mit KI

Im heute durchaus üblichen Fall wird Social-Media-Inhalt also von der KI erzeugt – und andere KI, eben in Form von Bots, antwortet und interagiert. KI spricht somit mit KI, und das pervertiert offenkundig den Social-Media-Kerngedanken: So waren doch »soziale« Medien offenkundig nie gedacht!

Blutleere Texte sind die Folge: Mit dieser weitverbreiteten Nutzung von KI als Inhaltslieferant von Social-Media-Plattformen gehen auch einige bemerkenswerte Konsequenzen einher. Ein häufig beobachtetes Ergebnis ist die völlige Beliebigkeit, das Gleichmaß des erzeugten Contents. Es fehlt oft an einer persönlichen Note, an sprachlichen Besonderheiten oder visuellen Herausforderungen, die den Betrachter wirklich ansprechen und begeistern könnten. Die Inhalte wirken zumeist austauschbar und glatt, ohne jene individuellen Ecken und Kanten, die früher von menschlichen Influencern eingebracht wurden.

»Linkedin- und Instagram-Botschaften langweilen mich zusehends. Sie klingen alle generisch. Und sehen auch ähnlich aus: eine emotionale Frage als Einstieg, dann eine Liste mit Argumenten, gern mit vorangestellten Emojis. Der Grund dafür ist, dass viele von Claude, ChatGPT oder Perplexity, also von generativer künstlicher Intelligenz formuliert werden«, so erklärt das Holger Volland, Vorstand des Trendsetter-Magazins Brand Eins.

Er freut sich über eine simple Urlaubspostkarte als zwar anachronistisches, aber wenigstens ganz sicher menschlich gemachtes Medium: »Auf der Rückseite berichtete meine Schwester handschriftlich von faulen Tagen, zirpenden Grillen und dem glücklich spielenden Kind im Meer. Immer wieder sah ich die Karte an, drehte sie herum und stellte sie schließlich vor mir auf den Tisch. Wenn mein Blick darauf fällt, muss ich lächeln.«9

KI-Algorithmen sind darauf ausgelegt, solche Muster zu erkennen und zu reproduzieren, die auf breiter Ebene erfolgreich sind. Sie lieben den Gleichklang des Durchschnittlichen, da dies die sicherste Methode ist, um eine maximale Reichweite und Engagement zu erzielen. Kreative Risiken, die einzigartige und möglicherweise kontroverse Inhalte hervorbringen könnten, werden minimiert.

Es ist dieser Trend zur Uniformität, der Social-Media-Teams vor neue Herausforderungen stellt: Wie kann man sich in einer zunehmend gleichförmigen, fast blutleeren digitalen Landschaft abheben? Welche Strategien können entwickelt werden, um trotz des Einsatzes von KI die Individualität und Authentizität zu bewahren? Diese Fragen werden in den kommenden Jahren von zentraler Bedeutung sein, wenn Unternehmen und Content-Ersteller nach Wegen suchen, um in der Flut von algorithmisch erzeugten Inhalten nicht unterzugehen.

Wenn du selbst als Social-Media-Influencer unterwegs bist, kommen hier rauere Zeiten auf dich zu.

Die Lösung liegt hier im Rückschritt und nicht im Fortschritt, und zwar in der echten menschlichen Verbindung: Einzig und allein Menschen können wirklich menschlich interagieren. Während KI nützlich ist, um Daten zu analysieren und Trends zu erkennen, kann sie die menschliche Empathie nicht ersetzen. Durch die Einbeziehung echter menschlicher Erfahrungen und Emotionen können Inhalte geschaffen werden, die authentisch und berührend sind.

50 Prozent der Menschen wollen Social Media erheblich einschränken

Eines der renommiertesten Marktforschungsinstitute der Welt, das US-Unternehmen Gartner, sieht in der Gesamtschau den Untergang von Social Media und prognostiziert, dass über einen kurzen zeitlichen Horizont sogar bis zu 50 Prozent aller Menschen ihre Social-Media-Aktivitäten erheblich einschränken könnten. Dabei gaben 53 Prozent der Befragten an, dass die Qualität der sozialen Medien im Vergleich zu den Vorjahren abgenommen habe – und vermutlich deckt sich das mit deiner eigenen Wahrnehmung.

Gartner nennt in der Studie drei Hauptgründe, die maßgeblich zur wachsenden Unzufriedenheit der Nutzer beitragen:

Fehlinformationen: Soziale Medien haben sich zu einem zentralen Schauplatz für die Verbreitung von Fehlinformationen entwickelt. So verbreiten sich Fake News, also irreführende und bizarr falsche Inhalte, oft schneller als verifizierte und vertrauenswürdige Informationen, was das Vertrauen der Nutzer in diese Plattformen untergräbt. Die Schwierigkeit, zwischen wahrheitsgetreuen und manipulierten Inhalten zu unterscheiden, führt zu einer zunehmenden Frustration und Verunsicherung unter den Social-Media-Nutzern.

Toxische Benutzer, die Hass verbreiten, wie etwa Trolle: Ein weiteres Problem ist das Auftreten von Trollen und anderen toxischen Nutzern, die gezielt Hass und Spaltung in den sozialen Medien verbreiten. Sie nutzen die Anonymität der Plattformen, um Konflikte zu schüren und gezielt negative Emotionen zu säen. Dies führt zu einer vergifteten Onlineumgebung, die viele Nutzer abschreckt.

Zunehmende Zahl an Bots: Die wachsende Zahl an Bots in den sozialen Medien trägt ebenfalls zur Verschlechterung bei. Bots sind in der Lage, große Mengen an Inhalten durch KI zu generieren und zu verbreiten, oft mit dem Ziel, bestimmte Meinungen zu manipulieren oder Spam zu verbreiten. Die zunehmende Automatisierung der Interaktionen sowie die damit einhergehende Entmenschlichung der Plattformen mindern die Authentizität und den Wert der sozialen Medien für die Nutzer. Wenn du selbst Influencer bist und ausreichend viele Follower hast: Schau mal in deinem Posteingang, wie viel Prozent der Nachrichten schlicht Spam sind!

Neben diesen drei Hauptproblemen weist diese Gartner-Studie auf Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen von künstlicher Intelligenz (KI) auf soziale Medien hin. Etwa 70 Prozent der Befragten glauben, dass die Integration von KI die Social-Media-Dienste weiter verschlechtern wird.10

Social Media in den Anfängen

Aber wie kam es zu diesem rasanten Abstieg? Und was waren die Anfänge davon?

In den frühen Tagen der sozialen Medien lag eine Aufbruchsstimmung in der Luft – wie so oft, wenn eine neue Technik am Entstehen ist. Die Anfänge von Plattformen wie Facebook, Twitter und Instagram waren geprägt von einem Geist der Entdeckung und der guten, positiven Schwingungen. Menschen liebten diese Plattformen – fasziniert davon, was für neue Möglichkeiten sie boten. Diese sozialen Netzwerke waren nicht nur Werkzeuge zur Kommunikation, sondern auch die ersten digitalen Vorboten für das Knüpfen und Pflegen von Beziehungen.

Alte Schulfreunde, die sich aus den Augen verloren hatten, konnten wieder zueinanderfinden. Familienmitglieder, die durch weite Distanzen getrennt waren, konnten durch Fotos und Nachrichten den Kontakt aufrechterhalten und am Ergehen des anderen teilhaben – in der Zeit zuvor musste man teuer telefonieren, und das dann eben auch ohne Bilder. Und 100 Prozent aller Akteure waren: Menschen!

Echte, menschliche und tiefe Verbindungen – darum ging es in den Anfängen, und genau darum hießen diese neuen Medien eben soziale Medien.

So ging es darum, ein digitales Abbild des realen sozialen Netzwerks eines Menschen zu schaffen, in dem Freunde und Familie im Mittelpunkt standen. Sie sollten die sozialen Aspekte des menschlichen Lebens in den digitalen Raum übertragen. Und exakt diese damals bahnbrechende neue Idee war es, die Facebook, Instagram, WhatsApp und damit den Meta-Konzern zu einem Tech-Giganten machte. Heute gehört Meta zu den zehn Unternehmen mit dem höchsten Marktwert der Welt – es wird mit über 1,3 Billionen US-Dollar bewertet und setzt fast 140 Milliarden US-Dollar pro Jahr um.11

Die Dienste von Meta boten auch eine Bühne für das Teilen von Erfolgserlebnissen und das Feiern besonderer Momente: Hochzeiten, Geburtstagsfeste, Abschlussfeiern und viele andere freudige Anlässe wurden in Form von Bildern und Videos geteilt, wodurch ein Gefühl der Gemeinschaft und des Zusammenhalts entstand. Ebenso fanden Menschen Unterstützung in schwierigen Zeiten, sei es durch aufmunternde Worte, Ratschläge oder einfach durch das Wissen, dass jemand zuhört. Die sozialen Medien wurden zu einem virtuellen Treffpunkt, an dem man sich jederzeit mit Menschen austauschen konnte, die einem wichtig waren.

Diese frühen Tage waren geprägt von einer Lebendigkeit, die die sozialen Netzwerke wie frische, klare Teiche erscheinen ließ. Die Energie echter menschlicher Interaktionen war überall spürbar – denn genau das war der Kern der sozialen Medien. Diskussionen und Gespräche fanden in einem respektvollen und konstruktiven Rahmen statt. Nutzer fühlten sich sicher, ihre Gedanken und Gefühle zu teilen, ohne Angst vor negativen Reaktionen haben zu müssen. Kreativität und eine positive Grundstimmung florierten. Diese Umgebung wurde als vertrauenserweckend und authentisch empfunden.

Die große Vertrauenskrise

Hassrede und Mobbing prägen dagegen heute zunehmend die sozialen Medien – das ist eine der Kernaussagen der zuvor geschilderten Gartner-Studie. Beleidigungen, Drohungen und gezielte Angriffe auf Einzelpersonen oder Gruppen sind weitverbreitet. Ein weiteres ernstes Problem ist die Verbreitung von Fake News und Desinformation. Dies untergräbt das Vertrauen der Nutzer in die Plattformen erheblich.

Der Club of Rome hat ein Überlebenshandbuch unter dem Titel Earth for all herausgegeben und erklärt darin: »Die bedeutendste Herausforderung unserer Tage ist nicht der Klimawandel, der Verlust an Biodiversität oder Pandemien, sondern unsere kollektive Unfähigkeit, zwischen Fakten und Fiktion zu unterscheiden.«12

Und auch das Bundesinnenministerium erkennt in Fake-Information ein großes Problem. Es schreibt: »Desinformation kann die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gefährden und den gesellschaftlichen Zusammenhalt schwächen […]. Oft dient Desinformation dazu, das Vertrauen in staatliche Stellen zu untergraben und durch das Befeuern kontroverser Themen gesellschaftliche Konflikte zu entfachen oder zu vertiefen.«13 Es hat das »Jahr der Nachricht 2024« ins Leben gerufen.

In einer umfassenden Kampagne schaltet das Ministerium in Printmedien auffällige Anzeigen und hat dazu prominente Journalisten wie die Moderatoren Pinar Atalay und Ingo Zamperoni verpflichtet. Atalay erklärt in den Kampagnen: »Mein Job: Fakten vermitteln, Desinformation benennen«; Zamperoni sagt: »Gegen Desinformation zählt auch Deine Stimme.«14

Extremistische Inhalte, die Ideologien wie Terrorismus, Rassismus oder Fanatismus fördern, sind ebenfalls weitverbreitet. Ein tragisches Beispiel hierfür sind die Anschläge von Christchurch im Jahr 2019, bei denen ein Attentäter in Neuseeland zwei Moscheen angriff und die Tat live auf Facebook übertrug. Der Täter war von extremistischen Ideologien beeinflusst, die er über soziale Medien verbreitet hatte. Dieser Fall verdeutlicht, wie soziale Plattformen zur Radikalisierung beitragen können und welche ernsthafte Bedrohung diese Inhalte für die Sicherheit von Gemeinschaften darstellen.

Hinzu kommt der Sensationsjournalismus, der oft mit reißerischen Überschriften und übertriebenen Darstellungen arbeitet – den sogenannten »Clickbaits«, die zum Klicken auf einen Artikel motivieren sollen. Ein typisches Beispiel für solch ein Clickbaiting sind Artikel mit Überschriften wie »Du wirst nicht glauben, was als Nächstes passiert!« oder »Das eine Geheimnis, das dieser Prominente vor dir versteckt«. Diese Art von Inhalten verspricht sensationelle Enthüllungen, liefert aber oft nur oberflächliche oder irrelevante Informationen. So führt das Clickbaiting dazu, dass Nutzer in einen Strudel aus sensationsorientierten und oft übertriebenen Inhalten gezogen werden, was das Vertrauen in die Qualität der Informationen untergräbt. Der Grund dafür ist, dass Onlineplattformen seitens der Werbetreibenden oft nach der Anzahl der Klicks oder Views (Betrachter) bezahlt werden. Mehr Klicks bedeuten also schlicht mehr Geld – unabhängig von der Qualität der Inhalte.

Nicht zuletzt verbreiten sich auf sozialen Medien häufig Gewaltverherrlichung und explizite Inhalte. Ein erschreckendes Beispiel ist das »Momo«-Phänomen, bei dem ein Bild einer gruseligen Figur in Kindervideos auf YouTube eingebettet wurde, um die Zuschauer zu erschrecken und ihnen schädliche »Aufgaben« zu stellen. Obwohl sich schnell zeigte, dass das Phänomen größtenteils ein Betrug (»Hoax«) war, verbreiteten sich die Inhalte dennoch und lösten bei vielen Eltern und Kindern weltweit Panik aus. Solche Inhalte traumatisieren und führen außerdem dazu, dass Nutzer sich von den Plattformen abwenden, um ihre psychische Gesundheit zu schützen – oder Eltern ihren Kindern deren Nutzung sogar verbieten.

Durch die ständige Konfrontation mit solchen toxischen Inhalten verlieren die Nutzer zunehmend das Vertrauen in die sozialen Medien. Sie fühlen sich unsicher, was sie überhaupt noch glauben können, und Kampagnen wie die des Bundesinnenministeriums bestätigen das. Die Grenzen zwischen Fakten und Fake verschwimmen. Somit wird es immer schwieriger, zu erkennen, ob ein Beitrag wohlwollend gemeint ist oder ob er versteckte Absichten verfolgt.

Diese Unsicherheit führt dazu, dass viele Menschen sich von sozialen Plattformen distanzieren, da sie nicht länger bereit sind, in einer Umgebung zu verweilen, in der Manipulation, Fehlinformationen und schädliche Inhalte den Ton angeben.

Das Vertrauen, das einst die Grundlage für den Austausch in sozialen Netzwerken bildete, erodiert zunehmend und hinterlässt ein Vakuum, das nur schwer zu füllen ist. Communitys setzen mit ihrem Grundkonzept genau an dieser Stelle an.

Der Gamechanger: Echtnamen

Eines der größten Probleme sozialer Medien ist die Anonymität der Nutzer. In den digitalen Weiten des Internets kann sich fast jeder hinter einem Pseudonym oder einem fiktiven Profilbild verstecken. Diese Anonymität führt oft dazu, dass sich Menschen anders verhalten, als sie es im realen Leben tun würden. Ohne die sozialen Normen und Konsequenzen, die in persönlichen Beziehungen eine Rolle spielen, fühlen sich manche Nutzer dahingehend freier, sich aggressiv, beleidigend oder rücksichtslos zu äußern.

Was glaubst du, wäre auf den deutschen Autobahnen los, wenn niemand Nummernschilder hätte? Nummernschilder dienen dazu, Fahrzeuge und ihre Besitzer eindeutig zu identifizieren. Diese Identifizierbarkeit sorgt dafür, dass sich die Autofahrer an Verkehrsregeln halten, da Verstöße durch die Polizei zurückverfolgt und geahndet werden können. Ohne Nummernschilder gäbe es keine Möglichkeit, Verantwortung einzufordern. Die Folgen wären chaotische Zustände auf den Straßen, da sich viele Fahrer ohne Angst vor Konsequenzen rücksichtslos verhalten würden.

Ähnlich verhält es sich in den sozialen Medien. Jene Anonymität, die die Nutzer dort genießen, gleicht dem »Fahren ohne Nummernschild«. Und klar, ohne die Gefahr, zur Rechenschaft gezogen werden zu können, sinkt bei manchen Menschen die Hemmschwelle für respektloses oder verletzendes Verhalten. Das Fehlen einer Identität führt dazu, dass der soziale Druck stark reduziert ist, um sich anständig und fair zu verhalten.

Genau an diesem Punkt verändern die meisten Communitys die Spielregeln!

Der Grund dafür liegt in einem einfachen, aber wirkungsvollen Mechanismus: Viele Communitys erheben Gebühren für die dortige Mitgliedschaft (oder für spezielle Inhalte wie Onlinekurse). Diese Gebühren werden in der Regel per Kreditkarte oder anderen Zahlungsmethoden beglichen, die eine Identifikation des Nutzers erfordern. Auch für den Bankeinzug oder ein PayPal-Konto braucht man ein real existierendes Konto.

Um eine Kreditkarte oder ein Konto zu erhalten, muss sich der Antragsteller bei der Bank oder dem Finanzdienstleister ausweisen. Dieser Prozess stellt sicher, dass hinter jeder Zahlung eine reale Person steht, deren Identität bekannt ist. Wenn diese echte Identität dann mit der Mitgliedschaft in der Community verknüpft wird, kann der Betreiber der Plattform sicherstellen, dass jeder Nutzer auch tatsächlich eine nachvollziehbare Identität besitzt. Damit wird es für anonyme Trolle, die nur stören wollen, erheblich schwieriger, sich einzuschleichen.

Zudem werden Bots, die automatisiert Fehlinformationen verbreiten oder die Plattform destabilisieren sollen, durch diesen Mechanismus weitgehend ausgehebelt. Da sie keine echten Kreditkarten oder Identitäten nutzen können, wird ihre Teilnahme an solchen Communitys von vornherein verhindert.

Diese Kombination aus Klarnamenpflicht und kostenpflichtiger Mitgliedschaft schafft eine Umgebung, in der ein respektvolles Miteinander gefördert wird. Sie ist wie ein »Türsteher«, der Spinner, Hater und Bots gar nicht erst hineinlässt.

Der Wunsch nach Authentizität und verlässlichen Beziehungen

Viele Menschen haben es satt, sich durch die oberflächlichen und oft inszenierten Inhalte großer sozialer Netzwerke kämpfen zu müssen. Menschen sehnen sich nach echten Verbindungen zu anderen Menschen. Nach Verbindungen, die auf Verlässlichkeit und gegenseitigem Respekt basieren. Der Wunsch nach Echtheit wächst, weil das digitale Umfeld zunehmend von Misstrauen geprägt ist – das belegte auch die Gartner-Studie. Das Bedürfnis nach belastbaren Beziehungen entspringt der Erkenntnis, dass tiefere und wertvolle Interaktionen nicht durch Algorithmen oder klickgetriebene Inhalte ersetzt werden können.

Verlässlichkeit ist das Fundament jeder Beziehung, besonders in der digitalen Welt. Wenn aber das Vertrauen in eine Plattform oder in die geteilten Informationen schwindet, verlieren Nutzer die »Heimat«, in der sie sich sicher fühlen konnten.

Die Glaubwürdigkeit und damit das Vertrauen wurden durch mehrere Ereignisse erschüttert. Denken wir etwa an den Skandal um Cambridge Analytica, bei dem die persönlichen Daten von Millionen Facebook-Nutzern ohne ihr Wissen für politische Manipulationen genutzt wurden. Der Meta-Konzern musste daraufhin 725 Millionen US-Dollar Strafe zahlen.15 Solche Vorfälle zeigen, wie verletzlich soziale Plattformen gegenüber Missbrauch sind, und wie tief der Schaden für das Vertrauen der Nutzer gehen kann.

Die Reaktion auf diese Entwicklungen zeigt sich in einem wachsenden Trend hin zu kleineren, fokussierten Online-Communitys. In diesen Gruppen, oft mit spezifischen Themen oder Interessen, finden Nutzer den Raum für echten und unverfälschten Austausch zu echten Menschen, denn einen solchen vermissen sie auf großen Plattformen. Hier im kleineren Setting können sie sicher sein, dass ihre Beiträge nicht nur gehört, sondern auch wertgeschätzt werden. Diese Gemeinschaften bieten eine Umgebung, in der Vertrauen wiederhergestellt und gepflegt werden kann, was langfristig zu stabileren und wertvolleren Verbindungen führt.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist dies eine »Verschiebung der Nutzerpräferenzen«, die die Unternehmen nicht ignorieren können – und daher eben Werbebudgets massiv kürzen, wie schon dargestellt. Die Bereitschaft der Nutzer, sich von großen Plattformen abzuwenden und sich in kleineren, glaubwürdigen Gemeinschaften zu engagieren, zeigt, dass Vertrauen nicht nur ein moralischer, sondern ebenso ein wirtschaftlicher Wert ist. Unternehmen, die in der Lage sind, dieses Vertrauen zu gewinnen und es sich zu bewahren, schaffen sich eine loyale Nutzerschaft, die bereit ist, langfristig zu investieren – sei es durch Zeit, Aufmerksamkeit oder finanzielle Mittel.

Die Sehnsucht nach einer Kultur des Echten, Wahren, Authentischen

Es ist das nicht Perfekte, das uns Menschen ausmacht, und das auf uns charismatisch, echt und attraktiv wirkt. Etwa das kleine Café in deiner Stadt anstelle einer aalglatten Coffee-Franchise-Kette. Im kleinen Café sind die Wände oftmals mit handgeschriebenen Kreidetafeln dekoriert, die Stühle leicht abgenutzt, aber dies alles auf eine charmante Art und Weise. Und, nicht zu vergessen, der Duft von frisch gemahlenem Kaffee liegt in der Luft. Alles verströmt hier eine Authentizität. Denk beispielsweise an die Tische, zumeist aus Holz, die schon einiges erlebt haben. Hier und da gibt es Kratzer und Kerben, die von vielen Jahren erzählen, in denen Menschen drumherum versammelt gesessen haben. Die Wandbeläge sind nicht perfekt, vielleicht blättert an einigen Stellen die Farbe ab. Dann die Tassen, in denen dir dein Kaffee serviert wird. Sie sind unterschiedlich, jede mit kleinen Unvollkommenheiten, vielleicht sogar einem winzigen Riss oder einer leicht abweichenden Form. Es sind gerade diese Unvollkommenheiten, die dem Café eine besondere Atmosphäre verleihen.

Dieses nicht ganz Vollkommene nennt man heutzutage auch in unseren Breitengraden oft »Wabi Sabi«, was wohl etwas mit dem Zeitgeist zu tun hat. Wabi Sabi ist ein japanisches Konzept, das die Schönheit im Unvollkommenen, Vergänglichen und Unvollständigen sucht. Es ist die Kunst, die Ästhetik der Einfachheit und des natürlichen Alterns zu schätzen. In unserem Beispiel des kleinen Cafés bedeutet das, dass die abgenutzten Tische, die ungleichen Tassen und die leicht abgeblätterte Wandfarbe nicht als Makel betrachtet werden, sondern als Ausdruck von Charakter und Geschichte.

Wabi Sabi lehrt, dass Perfektion nicht das Ziel sein muss. Die Kratzer auf den Holztischen in deinem Café erzählen nämlich Geschichten – von geliebten Menschen, unzähligen Gesprächen und vielen Momenten des Glücks. Diese Unvollkommenheiten machen unser kleines Café einzigartig und einladend. Anstatt nach Perfektion zu suchen, erinnert uns Wabi Sabi daran, die Schönheit im Unvollkommenen zu erkennen.

Es ist genau das, wonach wir uns in einer zunehmend digitalen Welt sehnen: Echtheit! Eben kein aalglatter Social-Media-Post, aufgefrischt durch Retuschen und Fotofilter. Nein, lieber ein uraltes Polaroidfoto, das dich zwar womöglich nicht ganz vorteilhaft zeigt, dafür aber authentisch und nahbar ist!

Das hat längst auch der Handel erkannt. Online- und Kataloghändler wie Manufaktum und Torquato nutzen exakt das: Sie profitieren von der Sehnsucht nach Echtem. Kein Wunder, bieten sie doch genau das, wonach viele Menschen in unserer standardisierten Welt suchen: Produkte, die nicht massenhaft produziert, sondern mit Sorgfalt und handwerklicher Präzision gefertigt werden. Diese Produkte tragen oft die Spuren ihrer Entstehung – kleine Imperfektionen, die sie einzigartig und authentisch machen.

Torquatos Website beschreibt es folgendermaßen: »Torquato steht für Dinge mit Seele und damit für Produkte, die nicht austauschbar sind, sondern einen Charakter haben, der sie zum Teil der persönlichen Geschichte werden lässt.«16

Und bei Manufaktum zeichnet sich ein Produkt oft durch seine individuelle Note aus, während industriell gefertigte Waren meist auf Perfektion und Gleichförmigkeit getrimmt sind. Ein handgenähtes Lederprodukt kann winzige Unterschiede in der Naht aufweisen, eine handgefertigte Keramikvase vielleicht eine leichte Unregelmäßigkeit in der Glasur. Solche Merkmale sind keine Fehler, sondern Ausdruck der Handarbeit, die in jedes Produkt eingeflossen ist. Sie erzählen eine Geschichte von den Menschen, die sie hergestellt haben. Außerdem vermitteln sie dem Käufer das Gefühl, etwas Besonderes zu besitzen, das sich von den Massenprodukten abhebt – so wie ja auch das längst vergilbte Polaroid.

Diese Imperfektionen machen die Produkte von Manufaktum oder Torquato nicht nur sympathisch, sondern auch begehrenswert. Sie geben den Käufern das Gefühl, dass sie etwas Echtes und Unverfälschtes in Händen halten; ein Produkt, das nicht einfach aus einer seelenlosen Maschine gefallen ist, sondern mit Hingabe und Fachwissen hergestellt wurde. Heute, da viele Dinge austauschbar geworden sind, bieten diese Produkte einen Anker für Authentizität und Individualität – und genau das ist es, wonach viele Menschen sich sehnen.

Aalglatter, perfekter Inhalt stößt ab

Auch in der digitalen Welt von Social Media, in der Algorithmen immer stärker bestimmen, was wir sehen, hören und lesen, wächst die Sehnsucht nach dem »Echten«. Diese Sehnsucht ist tief in uns verwurzelt. Wir wollen keine perfekt zugeschnittenen, aalglatten Inhalte, die uns von einer KI serviert werden, sondern etwas, das menschlich ist, das von Herzen kommt, eben ein altes Polaroid.

In Online-Communitys suchen die Mitglieder oft nicht nach dem perfekten Ratschlag oder der makellosen Antwort, sondern nach echten Diskussionen, in denen Ecken, Macken und Kanten deutlich werden. Es sind die ungeschliffenen, manchmal chaotischen Gespräche, die das menschliche Miteinander ausmachen, und die für viele den wahren Wert einer Community darstellen.

Genau hier zeigt sich das Prinzip von Wabi Sabi – die Schönheit im Unvollkommenen und Ungeschminkten. Wenn Menschen in einer Community ihre Gedanken teilen, oft spontan und ungefiltert, entsteht eine lebendige Plauderkultur (so wie ja auch im Café geplaudert wird), die Raum für unterschiedliche Meinungen und unerwartete Wendungen lässt. Diese Unvollkommenheit macht die Gespräche authentisch – manchmal staunt man, manchmal ist man irritiert, manchmal lacht man über Beiträge, aber genau das ist ja eben menschlich.

Künstliche Intelligenz mag zwar in der Lage sein, Antworten zu generieren, die präzise und logisch erscheinen, aber ihr fehlt das, was den Menschen ausmacht: die Tiefe, die aus Erfahrung, Unsicherheit und echter Auseinandersetzung erwächst. Eine KI kann keine persönlichen Geschichten teilen, keine Emotionen wirklich nachvollziehen und auch keine witzigen, manchmal (bewusst) missverständlichen Kommentare abgeben, so wie sie aus einer lebendigen Diskussion resultieren würden. Was sie bietet, ist eine glatte, perfekte Antwort – doch gerade diese Perfektion wirkt oft steril, leblos und abstoßend.

In einer echten Online-Community geht es nicht um Perfektion, sondern um den Austausch zwischen Menschen, die ihre individuellen Sichtweisen, Erfahrungen und manchmal auch ihre Fehler einbringen. Das Ergebnis sind Diskussionen, die vielleicht nicht immer perfekt durchstrukturiert sein mögen, aber dafür echtes Leben in sich tragen.

Vielleicht kennst du das: Du stöberst dich im Netz durch Artikel und plötzlich merkst du, dass etwas nicht stimmen kann. Der Text klingt irgendwie steril, emotionslos. Die Worte reihen sich aneinander, aber sie berühren dich nicht, sondern langweilen. Das ist oft ein Anzeichen dafür, dass hier kein Mensch am Werk war, sondern eine Maschine – eben die KI. Wir Menschen sind gut darin, blutleere Texte zu erspüren. Aber woran erkennst du überhaupt den Unterschied? Hier eine kleine »Checkliste«:

Der Tonfall ist zu glatt: Menschen sind nicht perfekt, und genau das macht unsere Kommunikation so lebendig. Wenn ein Text zu glatt, zu makellos erscheint, fehlt oft das, was ihn menschlich macht – kleine Ungereimtheiten, Ecken und Kanten. Ein menschlicher Autor wird vielleicht hin und wieder einen Scherz einfließen lassen oder eine unerwartete Wendung einbauen. Eine KI dagegen schreibt übermäßig präzise und strukturiert, aber eben öde und langweilig.

Gefühlsarmut und mangelnde Tiefe: Ein weiterer Punkt ist die emotionale Tiefe. Menschen sind gut darin, komplexe Emotionen zu erleben und auszudrücken. Ein von Menschen geschriebener Text erzeugt oft eine emotionale Resonanz, die bei KI-generiertem Content ausbleibt. Du merkst, ob jemand wirklich versucht, dich zu erreichen, oder ob es sich nur um eine sterile Abfolge von Fakten handelt.

Mangel an persönlicher Erfahrung: