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Michelle ist verheiratet mit dem reichen Patrick, der zu Beginn ihrer Ehe ihre Sehnsucht nach Dominanz und Unterwerfung auf eine väterlich liebevolle Art erfüllte. Das ist allerdings lange vorbei, die Ehe unglücklich. Als sie von vier raubeinigen Brüdern auf einen einsamen Hof an der Elbe entführt wird, die von ihr fordern, die pädophilen Neigungen ihres Ehemanns nicht länger zu decken, sondern ihn bei der Polizei anzuzeigen, wehrt sie sich vehement – nicht nur gegen die ungeheuerlichen Verdächtigungen, sondern auch gegen ihre Gefühle für Tyler, einen der Entführer. Die Situation erregt Michelle ungewollt über alle Maßen, was Tyler nicht verborgen bleibt. Tyler Carter, ehemaliger New Yorker Cop und nun Privatdetektiv, empfindet tiefe Verachtung für die Frau, die vermeintlich die pädophilen Neigungen ihres Mannes deckt. Doch auch Michelle ist ein Opfer ... Teil 3 der romantischen BDSM-Reihe "Hard & Love".
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Seitenzahl: 265
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Sara-Maria Lukas
Hard & Love 3: Cool down, Püppchen!
Erotischer Roman
© 2017 Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels
www.plaisirdamour.de
© Covergestaltung: Mia Schulte
© Coverfoto: Shutterstock
ISBN Taschenbuch: 978-3-86495-320-0
ISBN eBook: 978-3-86495-321-7
Sämtliche Personen in diesem Roman sind frei erfunden. Dieses eBook darf weder auszugsweise noch vollständig per E-Mail, Fotokopie, Fax oder jegliches anderes Kommunikationsmittel ohne die ausdrückliche Genehmigung des Verlages oder der Autorin weitergegeben werden.
Inhalt
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Autorin
Mit gerunzelter Stirn starrt Tyler auf sein Smartphone, während er die Adresse aus dem Speicher löscht.
„Was ist los, Bruderherz? Du machst ein Gesicht, als müsstest du Cats Pferdestall ausmisten.“ Logan schlendert über den Rasen heran und lässt sich neben ihm auf die alte Gartenbank fallen.
„Hab grad Anna entfernt.“
„Die sportliche Rothaarige?“
„Genau die. Hat gelogen, die Gute.“
„Lass mich raten. Sie mag nur seichte Klapse, aber keine glühenden Ärsche, und in diesen Shades-of-irgendwas-Büchlein war BDSM sowieso viel romantischer.“
„Exakt.“
Logan lehnt sich zurück, streckt die Beine aus und verschränkt die Arme hinter dem Kopf. „Als Privatschnüffler hättest du das eigentlich gleich merken müssen.“
Tyler seufzt, während er das Handy in die Brusttasche seines Hemdes steckt. „Wenn’s um die eigenen Hormone geht, funktioniert das Gehirn nicht, das weißt du doch.“
Das Küchenfenster klappt auf. „Jungs! Essen! … JETZT!“
„Ah … mein Mädchen. Ich liebe ihre schüchterne, devote Ausstrahlung.“ Logan lächelt verträumt und steht auf. „Komm, eine bessere Aufmunterung als Cats Kochkünste gibt es nicht, und anschließend darfst du sie festhalten, während ich ihr für ihren Tonfall den Arsch versohle. Sie fordert mich nämlich schon den ganzen Tag heraus.“
Tyler winkt ab. „Danke, nettes Angebot, aber ich fahre zu Henry und esse dort was. Im Club wissen die Mädels wenigstens, was sie wollen.“
„Alles klar, dann viel Spaß.“
Logan schlendert Richtung Haus, während Tyler sich erhebt und zum Hof dreht, um ins Auto zu steigen.
„Ich bin doch nicht aus Holz.“ Michelle schnieft und wischt sich mit dem Handrücken über die Augen. Ihre Blicke wandern durch das riesige, aufgeräumte Wohnzimmer mit der dunklen Schrankwand. Es ist still. Nicht mal eine Uhr tickt irgendwo und ihr fällt die Decke auf den Kopf. Scheiße. Vielleicht hat Kim ja Lust, was zu unternehmen. Sie greift zum Telefon … ach Mist, mit Kim abzuhängen, bringt sie auch nicht weiter. Sie sehnt sich nach Sex und Liebe, Lustschmerz und Fesseln, Zärtlichkeit und Geborgenheit, Orgasmen und Kuscheln. Sie ist jung, sie hat Bedürfnisse und sie ist unglücklich. Warum will Patrick nichts mehr von ihr wissen und ist nur noch unterwegs? Er sagt, er hat so viel Stress, ja, verflucht, aber er ist doch auch ein Mann … Ob es eine andere gibt? Unwillig schüttelt sie den Kopf. Nein, das kann sie sich nicht vorstellen. Nicht Patrick … oder?
Vier Tage. Fast die ganze Woche ist er schon wieder weg und lässt sie in seiner scheiß geerbten Luxusvilla allein. Neue Tränen drängen aus ihren Augen. Wenn sie wenigstens mit jemandem darüber reden könnte, aber sie kennt keine Menschen mit diesen Neigungen. Patrick wollte immer nur im privaten Rahmen seine Fantasien ausleben, und sie musste ihm gleich am Anfang versprechen, nie einer Menschenseele etwas davon zu erzählen. Es würde ihr ja reichen, Sessions nur mit ihm und auf seine Art zu haben, doch ein Leben nebeneinander her zu führen, wie Fremde und ganz ohne Sex, das ist gemein. Sie fühlt sich gedemütigt, seit er kein Interesse mehr an ihr hat. Er behandelt sie, als hätte sie eine ansteckende Krankheit. Seit Wochen, ach was, seit Monaten hat er sie nicht angefasst.
Sie öffnet den Laptop, scrollt lustlos durch ihre Facebook-Seite und guckt im Büchershop nach neuen E-Book- Erotikroman-Veröffentlichungen, aber alles, was sie interessiert, hat sie schon gelesen. Sie schließt die Shopseite wieder. Wie von selbst tippen ihre Finger nun Henrys Rosenclub, und die Homepage des Clubs springt auf. In einer der vielen einsamen Nächte, die sie in den letzten Monaten surfend im Internet verbracht hat, um sehnsüchtig Storys zu lesen und BDSM-Bilder zu betrachten, ist sie auf den privaten Club gestoßen. Die Website hat sie damals sofort angesprochen. Sie wirkt anders als die üblichen Sexclub-Angebote, edler, persönlicher, freundlicher und einladender.
Da gibt es Bilder, die eine wunderschöne alte Villa in einem Park zeigen, und die Fotos vom Eigentümer und einigen Angestellten wirken megasympathisch. Absolute Vertraulichkeit und Sicherheit wird versprochen. Es gibt diverse Spielzimmer für jeden Geschmack und eine gemütliche Bar, in der man sich kennenlernen kann. Es scheint kein reiner Sexclub, sondern vielmehr ein Treffpunkt für nette Gespräche in angenehmem Ambiente zu sein, möglicherweise ein Ort, an dem man Freunde findet.
Der Rosenclub liegt in einer einsamen Gegend auf halber Strecke nach Hannover. Sie könnte ab und zu hinfahren, sich an die Bar setzen und vielleicht Frauen kennenlernen, die so ticken wie sie. Sie würde ja nicht fremdgehen. Nur mal über ihre Gedanken reden, Gleichgesinnte treffen – allein das wäre es wert, dort Mitglied zu sein. Eine Weile kämpft sie noch gegen sich selbst, dann greift sie zum Handy und wählt.
„Rosenclub, guten Abend.“
Das muss der Besitzer sein. Die Stimme klingt genauso, wie Michelle sie sich vorgestellt hat. Ruhig und gelassen.
Sie räuspert sich. „Hallo. Ähm … ich …“ Sie atmet tief durch und strafft sich. „Ich bin erst vor Kurzem nach Norddeutschland gezogen und möchte Leute, also Gleichgesinnte, kennenlernen, ohne unbedingt mit jemandem was anzufangen. Ihre Homepage macht den Eindruck … ähm, was ich sagen will … geht so was in Ihrem Club oder ist es ein reiner …?“
„So was geht. Wir sind ein Haufen netter Leute, und du bist herzlich eingeladen, uns ganz unverbindlich kennenzulernen.“
„Okay … ähm … Heute?“
„Sicher. Was sagtest du, wie ist dein Name?“
„Mi… äh … Lisa. Ich heiße Lisa Herrmann.“
„Schön, mein Name ist Henry Faitard. Ich bin der Inhaber des Clubs. Dann bis nachher, Lisa Herrmann. Ich freue mich, dich kennenzulernen.“
Das ist ein Büro. Michelles Herz klopft schneller. Was soll das? Warum hat er sie hier hineingebeten, anstatt ihr den Club zu zeigen?
Sie setzt sich zögernd auf den angebotenen Platz in der Sitzecke neben dem Schreibtisch und versucht, im Gesicht ihres Gastgebers zu lesen, doch seine Miene verrät nichts.
An der Wand hängen mehrere flache Monitore, die meisten sind ausgeschaltet, auf den anderen erkennt man das Außengelände, den Parkplatz und das massive schmiedeeiserne Tor vor der Einfahrt.
„Was möchtest du trinken?“, fragt er freundlich.
Sie dreht ihrem Gastgeber das Gesicht zu. Henry Faitard wirkt wie ein Manager in Freizeitklamotten. Er ist etwas größer als sie, hat dunkle Haare mit grauen Schläfen, und Lachfalten zieren seine Augen, die jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass er garantiert genau weiß, was er will. Sein durchdringender Blick und seine gelassene Selbstsicherheit sprechen Bände.
„Eine Cola, bitte.“
Er nickt und verlässt den Raum. Was soll das? Warum hat er sie vom Parkplatz abgeholt und durch eine Seitentür direkt in dieses Büro geführt? Sie ist drauf und dran, wieder abzuhauen.
Die Tür klappt wieder auf. Henry setzt sich ihr gegenüber und stellt für sie beide Gläser auf den kleinen Tisch. Die Eiswürfel darin klirren fröhlich.
„Hast du den Club gleich gefunden?“
Sie nickt. „Ja, war ganz leicht.“
„Du kommst aus Hamburg?“
„Mm.“
Er neigt den Kopf und mustert sie durchdringend. Hektisch greift sie zur Cola und trinkt einen Schluck, um seinem Blick nicht standhalten zu müssen.
Er räuspert sich. „Okay, dies ist, wie du weißt, mein Haus. Ich mache die Regeln, und eine davon lautet, dass ich unseren Mitgliedern Sicherheit und Diskretion garantiere. Wie heißt du?“
„Lisa Herrmann.“
„Im Club kannst du gerne bei Lisa bleiben. Jetzt bestehe ich aber auf deinem richtigen Namen und du zeigst mir deinen Ausweis.“
„Aber …“
„Du könntest eine Journalistin sein, die sich bei uns Perversen“, er malt bei dem Wort mit den Fingern Gänsefüßchen in die Luft, „einschleichen will, um eine böse Story zu schreiben, oder eine betrogene Ehefrau, die ihren Mann sucht. Was du mir erzählst, bleibt unter uns. Traust du mir nicht, traue ich dir nicht und du fährst wieder.“
Ein Teil von ihr ist kurz davor, aufzuspringen und wegzulaufen, doch der andere will endlich nicht mehr einsam sein, und ihr Gefühl sagt ihr, dass sie diesem fremden Mann vertrauen kann. Wahrscheinlich ist das Patrick und seiner Familie gegenüber furchtbar leichtsinnig und unverantwortlich, aber das ist ihr gerade so was von scheißegal.
„Michelle van Hoogemaan.“
Sie öffnet ihre Handtasche, zieht das schwarze lederne Etui mit ihrem Ausweis und Führerschein heraus und legt es aufgeschlagen auf den Tisch.
Henry greift danach und sieht sich alles in Ruhe an. „Du kommst also aus den Niederlanden?“
„Nein, ich bin in Hamburg geboren. Mein Mann ist Holländer.“
Henry nickt bedächtig. „Van Hoogemaan … Der Name steht für ein weltweit agierendes Familienunternehmen. Finanzen, stimmt’s?“
Michelle schluckt. Plötzlich ist ihr Mund ganz trocken. Wenn er sie verrät, wenn öffentlich wird, dass die Ehefrau des Erben der Van …
„Keine Angst.“ Henry legt seine Hand auf ihre, und ihr wird bewusst, dass sie begonnen hat, mit dem Fingernagel des Zeigefingers an der Nagelhaut des Daumens zu knibbeln, eine Unart, der sie seit ihrer Kindheit immer verfällt, wenn sie nervös wird.
„Meine Lippen sind versiegelt.“ Er lächelt. „Darauf kannst du dich hundertprozentig verlassen.“
Skeptisch mustert sie ihn, aber sein warmer Händedruck und der offene Blick aus seinen braunen Augen überzeugen sie. Sie beschließt, ihrem Gefühl ihm gegenüber zu folgen und ihm weiterhin zu trauen.
„Ich bin sehr viel allein und möchte nur Leute kennenlernen. Ich betrüge meinen Mann nicht.“
Henry schüttelt den Kopf. „Du bist niemandem Rechenschaft schuldig. Herzlich willkommen in unserem Club. Falls du doch nicht nur reden willst: Es gelten für alle verbindlich die SSC-Regeln. Safe, Sane, Consensual. Weißt du, was das bedeutet oder bist du Anfängerin?“
„Ich weiß Bescheid“, stößt sie eilig hervor.
„Gut. Dann schlage ich vor, wir gehen jetzt in die Bar und du lernst ein paar nette Leute kennen. Einverstanden“, er zwinkert, „Lisa?“
„Okay.“ Sie steht schnell auf. Ich weiß Bescheid. Wie lächerlich. Nichts weiß sie, außer dem, was sie an Informationen aus dem Internet nächtelang in sich aufgesogen hat. Sie hat nicht nachgedacht, bevor sie antwortete. Warum tut sie so, als hätte sie außerhalb ihres Schlafzimmers wirkliche Erfahrung? Unwillig schüttelt sie den Kopf. Egal. Sie will ja sowieso nur mit netten Leuten reden.
Sie verlassen das Büro durch einen kurzen Flur und gelangen in den großen Empfangsbereich. Staunend sieht Michelle sich um. Die hohe Halle ist noch eindrucksvoller, als die Bilder auf der Homepage vermuten lassen. Stuckverzierungen und geschmackvolle erotische Gemälde sowie der lange dunkle Empfangstresen wirken wie aus einem noblen, altmodischen Hotel.
„Unten gibt es einen großen Bereich mit Duschen, Umkleideräumen, Sauna und Whirlpool, und im ersten Stock ist unsere Bar“, erklärt Henry. „Möchtest du während deines Aufenthalts hier einen bequemen Kimono anziehen?“
Michelle runzelt unwillig die Stirn. „Nein. Danke. Ich bin ja nur hier, um zu …“
„Natürlich. Falls du es dir nachher doch anders überlegst, sagst du einfach Bescheid.“ Zwinkernd legt er seine Hand leicht auf ihren Rücken, um sie weiterzuführen. Sie gehen die Treppe hinauf und betreten durch eine geöffnete Flügeltür die Bar. Wie in der Eingangshalle dominiert auch hier der Kontrast zwischen dunklem Holz und hellen Tapeten. Michelle fühlt sich an die Einrichtung eleganter spanischer Landhäuser erinnert, wie das der Familie ihres Ehemannes in der Nähe von Madrid. Rechts steht ein langer, gebogener Tresen. Fast alle Plätze davor sind leer. Nur ganz am Ende, in der Ecke, sitzt ein Typ und lehnt mit dem Oberkörper an der Wand, während er sich mit der jungen Barkeeperin hinter der Theke unterhält. Links stehen mehrere Tische und Stühle, an zweien sitzen Pärchen und essen.
„Hast du schon gehört? Jimmy und Moonlight sind jetzt ganz offiziell und öffentlich ein Paar“, erzählt Melanie, während sie das Blech unter den Bierzapfhähnen abwischt.
Tyler lehnt sich zurück und zieht die Augenbrauen hoch. „Moonlight? Die süße Blonde, die erst seit letztem Monat Mitglied und leider dominant ist?“
„Japp, genau die.“
Tyler lacht. „Ausgerechnet Jimmy. Wer hätte das gedacht. Hoffentlich überfordert die Kleine den alten Grizzly nicht.“
Melanie lächelt verträumt. „Sie sind total süß miteinander.“
Tyler verdreht die Augen und trinkt einen Schluck Cola. Nicht viel los im Club an diesem Abend. Ob sich das noch ändert? Er hat das dringende Bedürfnis nach einer handfesten unkomplizierten Session mit einer Sub, die weiß, was sie will.
Eine Bewegung am Eingang des Raumes lässt ihn aufblicken. Henry schlendert in Begleitung einer jungen Frau näher. Sie ist kleiner als er und schlank, hat braune Haare und trägt ein enges, aber hochgeschlossenes, dunkelblaues Kleid. Sie wirkt wie eine Geschäftsfrau, die sich mit wichtigen Kunden zu einem Meeting trifft.
Vor dem Tresen bleiben beide stehen. Henry hebt die Hand und zeigt auf seine Mitarbeiterin. „Das ist Melanie. Du kannst dich jederzeit mit jedem Anliegen an sie wenden. Melanie, das ist Lisa.“
Die junge Frau lässt ein leises „Hi“ hören und Tyler verdreht innerlich die Augen. Mal wieder eine Anfängerin, die kitschige Romane gelesen hat und einen geduldigen Dom sucht, um erste Erfahrungen zu sammeln. Wo kommen die bloß neuerdings alle her? Schießen ja wie Unkraut aus dem Boden.
„Ty, schön dich zu sehen.“ Henry drückt ihm freundschaftlich die Schulter, bevor er auf seine Begleiterin deutet. „Darf ich vorstellen: Lisa. Lisa, das ist Tyler.“
Ohne eine Miene zu verziehen, hebt Tyler sein Glas und schenkt ihr genüsslich einen seiner fiesesten Blicke. „’n Abend.“
Sie dreht ihm das Gesicht zu, und er erwartet, rosige Wangen und gesenkte Lider zu sehen. Doch … hoppla, was sind das für interessante Augen, die da unter diesem dichten Pony hervorblitzen?
Die Schmetterlinge in ihrem Bauch legen einen Blitzstart hin, als sich ihre Blicke treffen. Das plötzliche Summen in ihren Nervenbahnen überfällt sie völlig unvorbereitet, und Michelle braucht alle Kraft, sich nichts anmerken zu lassen. Der Typ ist gefährlich, ein Macho, ein Bad Boy, ein arroganter Arsch, ganz sicher. Er verkörpert auf keinen Fall das Bild eines attraktiven Frauenschwarms, und trotzdem ist er ein verdammt anziehender arroganter Arsch. Er trägt ein schwarzes, enges Hemd mit halb aufgekrempelten Ärmeln, unter dem sich definierte Muskeln gegen den Stoff drücken. Seine Haut ist leicht sonnengebräunt, sie erkennt Ränder großer Tattoos am Hals und an den Armen. Sein Gesicht ist kantig, die dunklen Haare sind streichholzkurz geschnitten. Ihre Augen werden von seinen vollen Lippen angezogen, die sich in den Mundwinkeln zu einem kaum wahrnehmbaren, spöttischen Grinsen heben. Die Nase und das Kinn wirken wie gemeißelt und seine Haut am Hals zieht sie aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen magisch an. Deutlich bewegt sich der Adamsapfel in seiner Kehle, während er trinkt. Er stellt sein Glas ab, und ihr Blick wird von seinen kräftigen Unterarmen und den großen Händen angezogen. Das Summen in ihrem Bauch wird aufdringlicher.
Es ist, als ob er direkt einer ihrer Fantasien entsprungen wäre, und das zieht sie magisch zu ihm hin. Das ist nicht gut. Der Kerl weiß, was er will und warum er hier ist, und sie ist nicht der Typ Frau, der ihn interessiert. Seine Mimik und Körperhaltung lassen daran kaum Zweifel. Er hat ganz eindeutig null Ambitionen, mit einer Anfängerin nett zu plaudern. Sie sollte ihn auf keinen Fall noch länger so anstarren, sondern schleunigst das Weite suchen. Ihn nicht reizen, nein, auf keinen Fall reizen, doch irgendetwas in ihrem Kopf, angeheizt durch das Summen in ihrem Bauch, ist da ganz anderer Meinung.
Seine Gleichgültigkeit ihr gegenüber provoziert ihren Stolz. Wider jede Vernunft will sie ihm beweisen, dass sie stark genug für ihn ist. Bilder aus ihren nächtlichen Fantasien zucken vor ihrem inneren Auge auf: Er packt in ihre Haare und zwingt sie auf die Knie, sie hebt das Gesicht, drückt die Schultern zurück, dann muss seine Miene Anerkennung zeigen. Sie sieht sich nackt gefesselt an einem Andreaskreuz, ihn mit einer Peitsche in der Hand, und er soll sie bewundern, weil sie mutig für ihn ist. Die wirren Gedanken und Bilder rasen wie heftige Windböen durch ihr Gehirn. Sie beißt die Zähne zusammen und drückt die Schultern zurück. Auf keinen Fall wird sie den Kopf senken.
„Guten Abend“, stößt sie hervor und konzentriert sich darauf, ihn mit Missachtung zu strafen.
„Hi, setz dich. Was möchtest du trinken?“ Melanies fröhliche Stimme animiert sie, sich zu ihr umzudrehen.
„Einen O-Saft, bitte.“
Henrys Handy klingelt, er hebt es ans Ohr, nickt ihnen kurz zu und verschwindet in Richtung Treppe. Er wird sie doch nicht … oh Shit! Er lässt sie tatsächlich ALLEIN!
Fast will sie ihm, wie ein Kind dem Papa, hinterherlaufen, aber sie kann sich gerade noch bremsen.
Amüsiert beobachtet Tyler, wie die Augen der Kleinen über den Tresen gleiten. Sie ist deutlich unentschlossen, ob sie sich zu ihm setzen oder lieber Abstand halten soll.
Lässig zieht er den Barhocker neben sich zurück und deutet mit dem Kopf darauf. „Keine Angst, ich tu dir nichts.“
Ihr Gesicht zuckt herum. Wieder dieser blitzende Blick.
Sie gleitet auf den Sitz und mustert ihn penetrant ablehnend. „Sorry, mach dir keine Hoffnungen, ich dir auch nicht.“
Melanie gluckst. „Ha! So eine Antwort hast du hier noch nie bekommen, Ty.“
Er zeigt ein angedeutetes Grinsen. „Ganz schön frech für ein devotes Mädchen.“
„Und normal für eine erwachsene, nicht devote Frau“, entgegnet die Kleine trocken.
Melanie stellt den Orangensaft auf den Tresen und Tyler hebt sein Glas. „Cheers.“
Sie nickt kurz und trinkt einen Schluck. Er sieht deutlich, dass ihre Finger zittern. Gnadenlos lässt er seinen Blick auf ihr ruhen und registriert zufrieden ihre wachsende Nervosität.
„So, du bist also nicht devot? Was bist du denn?“ Er schnaubt. „Du willst mir ja wohl nicht weismachen, dass du gerne die Peitsche schwingst.“
Allmählich wächst die Wut in ihr. Er soll aufhören, sie wie ein seltenes Tier zu begaffen. Was bildet er sich ein? Warum lässt er sie nicht einfach in Ruhe? Er ist ein mieser arroganter Esel. Er will sie verunsichern, weil ihm das Spaß macht, will sie stottern hören. Aber nicht mit ihr. Ganz sicher nicht mit ihr. Sie sieht ihm fest in die Augen. „Ich bin Masochistin, jedoch nicht devot.“
„So, so …“
„Und ich habe definitiv kein Interesse an dir“, faucht sie.
Er glaubt ihr kein Wort. In diesem Moment zuckt sein Schwanz, und er weiß, dass er ihre Tränen will. Heute. Unbedingt.
Ihr Blick irrt durch den fast leeren Raum. Anscheinend hat sie beschlossen, die überraschend amüsante Kommunikation mit ihm zu beenden.
„Ist hier immer so wenig los?“, fragt sie schließlich mit Blickrichtung auf Melanie.
„Die meisten Mitglieder, die innerhalb der Woche kommen, verabreden sich direkt miteinander. Wenn du Leute kennenlernen möchtest, musst du freitags oder samstags vorbeischauen“, erzählt Mel im Plauderton.
„Ja, an den Anfängertagen findest du bestimmt einen geeigneten Freizeit-Dom“, fügt Tyler mit einem gelangweilten Seufzen hinzu. „Henry sollte den Zutritt für Hobby-BDSMler während der Woche generell einschränken. Man hat ja bald nirgends mehr seine Ruhe vor diesen Horden von Laien.“
„Ich bin kein Laie“, feuert sie in seine Richtung, „und ich dachte, ich treffe hier interessante Leute statt dümmlicher Klugscheißer.“
Seelenruhig beugt er sich vor, mustert ihre Mimik und registriert zufrieden, dass ihre Nasenflügel beben. „Du bist Laie“, stellt er lässig fest und lehnt sich wieder zurück. „Du fällst ja gleich vor lauter Angst in Ohnmacht.“
Melanie gluckst. „Ihr zwei seid ja niedlich.“
„Garantiert nicht“, faucht die Kleine, ohne Mel zu beachten.
„Nein?“ Er trinkt einen Schluck. „Dann erzähl doch mal, worauf steht denn die nicht-devote-und–ich-bin–kein-Laie- Masochistin?“
Sie starrt ihn an, runzelt die Stirn und presst die Lippen aufeinander.
Er lacht. „Schon gut, Kleine, beruhige dich.“
„Glaub ja nicht, dass ich mich von dir einschüchtern lasse!“
„Okay, dann sag mir, worauf du stehst, und wir machen uns gemeinsam eine angenehme Stunde in einem von Henrys feinen Spielzimmern.“
„Nein danke.“
Tyler winkt ab. „Doch Hobby-Anfängerin, und auch noch zu feige, es durchzuziehen. Fahr nach Hause, Mädchen. Ein Club wie dieser ist nichts für dich.“
„Nur weil ich kein Interesse an dir habe, heißt das nicht, dass ich …“
Bevor sie den Satz zu Ende gefaucht hat, ist er aufgesprungen, hat sie an der Schulter gepackt und herumgeschleudert, was dank des drehbaren Barhockersitzes ein Kinderspiel ist. Sie stößt einen kurzen spitzen Schreckenslaut aus, der ein Vibrieren in seinen Adern erzeugt. Was für ein herrliches Aphrodisiakum für sein sadistisches Wesen.
Seine Hände landen rechts und links von ihr am Tresen und sein Gesicht direkt vor ihrem. „Du kannst ja nicht mal aussprechen, was du willst, also mäßige deinen Ton, Honey“, zischt er und registriert mit Vergnügen das Beben ihrer Unterlippe, als sie hektisch schluckt.
Es ist wie verhext, sie sollte jetzt wirklich definitiv aufhören, ihn noch weiter zu reizen, doch sie kann nicht. Sie denkt nicht mehr, weil sie so erregt ist wie nie zuvor in ihrem Leben, weil alles in ihr zu ihm drängt, weil dieser Scheißkerl dem Typen aus ihren Fantasien entspricht und vor allem, weil ihr Gehirn vor lauter Begehren seine Tätigkeit eingestellt hat. Verflixtes, teuflisches Hormonchaos.
Er ist ihr so nah, dass sein Duft sie einlullt. Es ist nur eine sehr schwache Nuance irgendeines Parfüms oder eines Aftershaves. Vor allem ist es sein maskuliner persönlicher Körpergeruch, der sie so erregt, als läge sie im Bett unter ihm. Ihr Herz hämmert vor lauter Angst ganz oben in ihrem Hals, aber die Gier, ihm Respekt abzutrotzen, ist stärker.
Sie hebt das Kinn und zieht die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. „Ich stehe auf Fesseln und Schläge, doch vor allem“, sie packt ihm frech zwischen die Beine, „auf einen ausdauernd harten Schwanz in meiner Vagina. Sollte der Ober-Wichtigtuer-Dom mit dem Begriff Ausdauer nicht überfordert sein, wäre ich ausnahmsweise mit einer Session einverstanden. Wohlgemerkt nur, weil es mich reizt, eins der Spielzimmer in diesem Club auszuprobieren, bevor ich mich entscheide, hier Mitglied zu werden.“
Innerlich vibrierend, aber äußerlich gespielt gelangweilt seufzend, lehnt sie sich lässig zurück. „Alternativen zu dir stehen ja heute leider nicht zur Verfügung.“
Seine Mundwinkel zucken und für eine Sekunde erkennt sie in seiner Mimik Anerkennung. Der Triumph erzeugt ein herrliches, heißes Kribbeln auf ihrer Haut.
Dann legt der fiese Arsch jedoch den Kopf in den Nacken und lacht schallend.
Sie presst wütend die Hände auf seine Brust und will ihn wegschubsen, doch sein Körper weicht nicht einen Millimeter. Immer noch lachend greift er nach ihrem Handgelenk und zieht sie vom Barhocker. „Auf geht’s, du kleine, freche Göre.“
Ohne einen Blick zurück marschiert er los, und sie muss trippelnde Laufschritte machen, um nicht auf die Nase zu fallen, während er ihren Arm umklammert hält und sie gnadenlos hinter sich herzieht.
„Lass mich los! Lass mich sofort los!“
Er läuft schwungvoll die Treppen hinab vor den Empfangstresen, ohne ihr Gezeter zu beachten.
„Gib mir die Nummer 14“, sagt er zu einem jungen Typen, der den Empfang inzwischen besetzt. Der grinst und nickt.
„Viel Spaß, ihr zwei“, wünscht er mit einem Augenzwinkern, als er den Schlüssel zu ihm herüberreicht.
„Danke, werden wir haben“, antwortet Tyler trocken und läuft, ohne sie eines Blickes zu würdigen, wieder los, die Treppe hinauf, in ein Stockwerk über der Bar und dort einen langen Flur entlang. Am Ende des Ganges stoppt er so abrupt vor einer Tür, dass sie fast gegen ihn prallt. Er schließt auf und schubst sie hinein.
Sie kann sich gerade noch fangen und bleibt mitten im Raum stehen. Im ersten Moment glaubt sie, in einem Fitnessraum gelandet zu sein. Der elastische, gummierte Fußboden erinnert sie an eine Schulturnhalle. An der linken Wand ist eine hölzerne Sprossenwand befestigt. Gegenüber steht ein Möbelstück mit Lederüberzug, das einem Turnbock gleicht. Über so was haben sie in der Schule Bockspringen geübt. Von der Decke hängen dicke Seile mit Ringen, die sicher nicht zum Turnen gedacht sind. Neben einem schwarzen Schrank an der Wand gibt es eine lange Schiene mit Haken, an denen, säuberlich aufgereiht, alle Arten von Schlaginstrumenten zur Verfügung stehen. Der Anblick jagt ihr einen erregenden Schauer über den Rücken. Hohe Fenster sind durch Rollos verschlossen und aus diversen Spots an der Decke werden die einzelnen Geräte direkt angestrahlt. Drei schlichte hölzerne Stühle vervollkommnen die Ausstattung. Einige Schritte nach der Sprossenwand gibt es eine weitere Tür.
„Falls du vorher noch das Bad aufsuchen möchtest, bitte. Falls nicht, zieh dich aus.“
Sein gleichgültiger Ton lässt sie zusammenzucken und sie fährt herum. Tyler hat die Tür zum Flur geschlossen und lehnt mit lässig vor der Brust verschränkten Armen daneben an der Wand. Sie ist allein mit ihm und ihr Herz setzt einen Schlag lang aus. Wenn er sie jetzt überfällt, wird ihr niemand helfen.
Das schwarze Hemd, die breiten Schultern, die Ränder von Tattoos am Hals und den Unterarmen, die enge Jeans und vor allem die stechenden Augen … gefährlich ist das einzige Wort, das ihr bei seinem Anblick einfällt, sehr gefährlich. Er könnte ein Rocker sein, der sie nächste Woche erpresst, ein Mafiatyp, der sie unter Drogen setzt, entführt und an Mädchenhändler verkauft, oder ein Irrer, der ihr auflauert, um sie umzubringen. Sie sollte wirklich, wirklich Angst vor ihm haben. Doch irgendetwas in ihr ist verheerenderweise felsenfest davon überzeugt, dass sie ihm ihr Leben anvertrauen kann. Es ist abgedreht, unerklärlich und irreal, aber er zieht sie magisch an. Sie muss unbedingt für einen Moment seiner Nähe entkommen, um wieder klar denken zu können.
„Ins Bad. Ich möchte ins Bad.“
Er nickt und deutet mit einer gönnerhaften Geste seine Zustimmung an.
Sie läuft los. Hinter der Tür befindet sich kein Bad, sondern ein geräumiges Schlafzimmer. Es ist wie die Bar im spanischen Stil eingerichtet. Das breite Bett verfügt über das stabile Gestell eines Himmelbettes, jedoch ohne den entsprechenden Stoff dazu. Michelle braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, was er mit ihr auf diesem Möbelstück alles anstellen könnte.
Sie läuft durch den Raum zu einer weiteren Tür, hinter der sich tatsächlich ein Badezimmer verbirgt. Es ist nicht besonders groß, wirkt aber durch die dunklen Natursteine sehr luxuriös.
Sie knallt die Tür zu und starrt in ihr Spiegelbild. Verdammt, sie ist in einen BDSM-Club gefahren und drauf und dran, ihren Ehemann zu betrügen. Noch kann sie zurück, noch ist nichts passiert, wofür sie sich schämen müsste. Warum hat sie sich so provozieren lassen? Wie konnte es so weit kommen, dass sie mit dem heißen Typ ihrer Träume allein in einem Zimmer ist? In SO einem Zimmer?
Ihr Spiegelbild verschwimmt und ihre Augen brennen.
Es ist so weit gekommen, weil sie verdammt einsam ist, weil Patrick sie nicht mehr anfasst und weil sie endlich wissen will, wie es sich anfühlt, was sie sich in ihren einsamen Nächten vorstellt.
Ärgerlich wischt sie sich mit einem der bereitliegenden weichen Papiertücher die Tränen weg. Sie wird vor dem arroganten Arsch da draußen nicht einknicken und heulend um Gnade betteln.
Fuck, sie will es, ihr Körper will es. Sie sehnt sich so sehr nach der Erfüllung ihrer Fantasien, dass es wehtut. Es hat nichts mit Liebe zu tun. Es ist nur Sex ohne Gefühle. Und nur ein Mal. Nur ein einziges Mal will sie mutig und stolz das erleben, was sie begehrt. Danach wird sie diesen Club nie wieder betreten und diesen Mann nie wiedersehen.
Nachdem Tyler sich auf einen Stuhl gesetzt hat, zieht er sein Smartphone aus der Tasche und checkt in Ruhe die neuen Mails. Er glaubt nicht daran, mit der kleinen giftigen Ziege eine Session zu haben. Vermutlich wird sie gleich weinend aus dem Bad gelaufen kommen und ihn anbetteln, sie gehen zu lassen. Er seufzt. Immerhin hat er ihr eine Lektion erteilt. War ja auch ganz unterhaltsam.
Die Tür geht auf und er hebt den Kopf. Es kommt verdammt selten vor, dass eine Frau es schafft, Tyler Carter zu überraschen … diese tut es.
Sie ist nackt. Hocherhobenen Hauptes schreitet sie, mit an den Seiten herabhängenden Armen, auf ihn zu, bleibt mit hüftbreit aufgestellten Füßen einen Meter vor ihm stehen und sieht ihm, unter dem dichten Pony hervor, geradewegs in die Augen. Sie hat einen schönen Körper. Schlank, aber nicht zu mager, sondern an den richtigen Stellen weich gerundet. Ihre Brüste sind relativ klein. Die hübschen, dunkelroten, fast braunen Nippel präsentieren sich ihm hart und aufgerichtet. Ihr Bauch ist leicht gewölbt und ihr Venushügel vollkommen enthaart.
Sie bleibt regungslos vor ihm stehen. Wären da nicht die deutlichen Schluckbewegungen an der Kehle und der sich bei jedem Atemzug weitende Brustkorb, würde er ihr die Coolness vermutlich glauben. Verdammt, die Kleine hat Rückgrat.
Er steht auf, tritt dicht an sie heran und legt einen Finger unter ihr Kinn. Willig lässt sie ihren Kopf anheben, sodass er ausgiebig in ihrer Mimik forschen kann. Sie weicht seinem Blick nicht aus. Er streicht mit dem Daumen über ihre wunderschön geschwungenen, leicht bebenden Lippen. „Jetzt, Babe, ist der richtige Zeitpunkt, um ehrlich zu sein“, sagt er ruhig. „Großspurigkeit und Lügen bezüglich deiner Erfahrungen könntest du später bereuen. Also, was hast du mir zu sagen?“
Sie weicht seinem Blick immer noch nicht aus, aber ihre Kiefergelenke verraten, dass sie die Zähne zusammenbeißt, während sie ihn anstarrt. Plötzlich tritt sie einen Schritt zurück, richtet sich einen Millimeter weiter auf und ballt die Hände zu Fäusten. „Ich bin eine selbstbewusste Frau. Ich stehe weder auf Rollenspiele noch bin ich das schüchterne Mäuschen, das sich unterwerfen möchte.“ Ihre Stirn zieht sich zusammen. „Ich bin das alles nicht, was Frauen normalerweise sind, die solche Clubs aufsuchen.“ Sie atmet tief durch und entspannt die Fäuste wieder. Ihre Stimme war erstaunlich fest, und weiterhin hält sie seinem Blick stand, ohne die Lider zu senken. „Ich habe nur eine Eigenschaft, die mich hierhergetrieben hat, und das ist meine Disziplin, die zwanghafte Kontrolle über meine Gefühle, die ich nicht abschalten kann. Mein Verstand verbietet meinem Körper, sich bei normalem Sex gehen zu lassen. Ich benötige starke, durchdringende Stimulationen, die mein Gehirn zum Schweigen bringen, um erregt zu sein und einen Orgasmus haben zu können.“ Sie stockt, senkt für einen kurzen Moment den Kopf, fängt sich jedoch sofort wieder. „Ich brauche Fesseln, damit ich mich mental fallen lassen kann. Ich bin gesund und verhüte, bestehe aber auf ein Kondom. Und mein Safeword ist … äh … Sonnenblume.“
Schon wieder überrascht sie ihn. Wenn es etwas gibt, was einen Tyler Carter beeindruckt, dann ist es Mut. Sie rührt sich nicht, während er gemächlich um sie herum schreitet und ihren Körper von allen Seiten betrachtet. Ihr Arsch ist so perfekt, dass er sich zusammenreißen muss, um ihn nicht grob zu packen.
„Vertraust du mir?“, fragt er, als er wieder vor ihr steht.
„Sonst wäre ich nicht hier“, antwortet sie mit fester Stimme.
Bedächtig nickend sucht er in ihrer Miene nach Zeichen von Unsicherheit, aber sie scheint zu wissen, wovon sie redet.
Für einen Sadisten gibt es nichts Gemeineres als eine Spielpartnerin, die vorgibt, mehr zu wollen, als sie vertragen kann. Einmal, lange vor seiner Auswanderung nach good old Germany, ist es ihm in New York passiert, dass er einer Sub geglaubt hat und hinterher ein schlechtes Gewissen bekam, weil er die Zeichen für ihre Überforderung nicht erkannt hat. Sicher, sie hätte ihr Safeword sagen können, aber das hat sie nicht getan. Vermutlich ist sie nicht darauf gekommen, weil ihr Geist viel zu beschäftigt war oder weil sie plötzlich vor lauter Angst nicht mehr klar denken konnte. In einem derartigen Fall ist im Endeffekt immer der schuld, der zugeschlagen hat, nicht die, die gelogen hat, zumindest ist er dieser Überzeugung.
Erfahrungen dieser Art braucht er nicht wieder. Er will sich nicht beschissen fühlen müssen, weil er einer Frau Schmerzen zufügt. Er will mit einer gleichgesinnten Partnerin ein Spiel spielen, das beide gleichermaßen genießen.
„Okay. Da ich dich nicht kenne und eventuell nicht richtig einschätze, benutzen wir neben deinem Safeword auch die Ampelfarben. Grün bedeutet: alles in Ordnung. Gelb heißt: grenzwertig. Rot stoppt sofort, ebenso wie dein Safeword. Verstanden?“
Sie nickt, was ihn dazu animiert, in ihre Haare zu greifen und ihren Kopf rüde zurückzuziehen. „Verstanden?“
„Ja!“, faucht sie und er muss lächeln.
„Gut.“
Er lockert seinen Griff und beugt sich vor, um diesen herrlichen Mund zu küssen, doch sie zuckt zurück.
„Keine Gefühle! Das hier ist nur Sex!“