Corona natürlich behandeln - Johannes Wilkens - E-Book

Corona natürlich behandeln E-Book

Johannes Wilkens

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  • Herausgeber: AT Verlag
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2021
Beschreibung

Die Corona-Pandemie ängstigt viele Menschen und führt zu schweren Einschränkungen im gesellschaftlichen Leben. Beständig wird wiederholt, dass nur eine Impfung das Problem Corona lösen kann. Politik, Medien und auch die Medizin - besonders die Virologen - sehen nur darin eine Heilungsmöglichkeit. Was aber, wenn es auch andere Möglichkeiten der Therapie gäbe? Die Autoren haben die Corona-Pandemie mit ihren Folgen medizinisch begleitet, haben die Kranken und auch die Toten, die das Virus gefordert hat, gesehen. Sie konnten erkennen und erleben, dass es Heilmittel gegen diese Erkrankung gibt, die aktuell nicht wahrgenommen werden. In diesem Buch stellen sie die wichtigsten Heilmittel aus dem Bereich der anthroposophischen und homöopathischen Medizin vor und machen es möglich, eigene Wege aus der Coronakrise zu finden.

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Seitenzahl: 240

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Widmung

Wir widmen dieses Buch Urs Hunziker.Urs Hunziker, seit Kurzem im Ruhestand, hat den AT Verlag dreiunddreißigJahre lang geleitet und in dieser Zeit eine enorme Bandbreite anbeeindruckenden, vielfältigen, sorgfältig gestalteten, sinnvollen Büchernherausgegeben, die ihresgleichen suchen. Er vermochtedie Bedürfnisse des Publikums mit den Wünschen der Autoren zu verbindenund wird uns dankbar in Erinnerung bleiben. Ohne seine Anfragewäre dieses Buch nicht entstanden!

Haftungsausschluss

Die in diesem Buch dargestellten Inhalte dienen der Information über die durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 hervorgerufene Erkrankung, auch Covid-19 genannt (fachsprachlich meist COVID-19 geschrieben). Unsere Ausführungen sollen insbesondere zu einem ganzheitlichen Verständnis der Erkrankung selbst sowie einiger noch wenig bekannter, aus der Naturheilkunde, der Homöopathie und der anthroposophischen Medizin stammender Möglichkeiten der Vorbeugung und Behandlung beitragen. Sie wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Covid-19 ist eine neue Erkrankung, und das Wissen über sie wächst rasant. Für Vollständigkeit, Aktualität oder Richtigkeit wird daher keine Haftung übernommen. Bitte beachten Sie folgende Punkte:

•Keine der in diesem Buch dargestellten Methoden ersetzt die empfohlenen Hygienemaßnahmen, Impfungen oder infektionsschützenden Verhaltensregeln. Bitte halten Sie sich unbedingt an die gesetzlichen Vorschriften!

•Unser Buch kann und soll eine individuelle fachliche Beratung durch Ärztinnen oder Ärzte nicht ersetzen. Für die Diagnose und Behandlung von Covid-19 müssen Sie sich an qualifizierte Ärztinnen oder Ärzte wenden.

•Bei Covid-19 handelt es sich um eine Infektion, die auch einen lebensbedrohlichen Verlauf nehmen kann. Bei akuten oder bedrohlichen Beschwerden wie hohem Fieber, Atemnot oder Schmerzen rufen Sie bitte sofort den örtlichen Notfalldienst an (einheitliche europäische Notrufnummer: 112).

•Die von uns dargestellten Behandlungsmöglichkeiten stellen keinen Ersatz für die üblichen Behandlungsmethoden dar. Falls Sie sich bereits in Behandlung befinden, klären Sie bitte gegebenenfalls mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, ob diese verändert oder reduziert werden kann.

•Wir haften nicht für Schäden, die durch die Verwendung der in diesem Buch dargestellten Mittel oder durch die Unterlassung anderer Möglichkeiten entstehen könnten.

•Bei Covid-19 und der in diesem Buch erwähnten Virusgrippe (Influenza) handelt es sich um meldepflichtige ansteckende Krankheiten. Bitte wenden Sie sich im Verdachtsfall umgehend an Ihre Ärztin/Ihren Arzt oder die für Sie zuständige Gesundheitsbehörde.

Bitte beachten Sie unbedingt die allgemein anerkannten Informationen über Covid-19, die Sie in den Tagesmedien und unter den folgenden Links im Internet finden. Wir setzen für die Lektüre unseres Buchs deren Kenntnis voraus.

•Bundesministerium für Gesundheit (Deutschland), www.bundesgesundheitsministerium.de

•Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Deutschland), www.infektionsschutz.de

•Robert-Koch-Institut Berlin, www.rki.de

•Bundesamt für Gesundheit BAG (Schweiz), www.bag.admin.ch

•Sozialministerium (Österreich), www.sozialministerium.at

•World Health Organization, www.who.int

Nun wünschen wir Ihnen viel Freude mit unserem Buch; auf dass es Ihnen zu neuen Einsichten und Erkenntnissen über Corona, die Welt und Sie selbst verhelfen möge!

Inhalt

Einleitung

Corona – ein Virus verändert die Welt

Wege zum Verständnis von COVID-19

Die Sinnkrise der neuzeitlichen Medizin

Ebenen der Erkrankung: die Viren

Viren: Motoren der Evolution

Die Besonderheit der Coronaviren

Was haben Fledermäuse mit COVID-19 zu tun?

Die Entfaltung der Sinne: erst 5, dann 9, jetzt 12

Phänomene der Erkrankung

Die Sinnesstörungen bei COVID-19

Der Geruchs- und Geschmackssinn

Die schweren Atemstörungen

Die schweren Covid-19-Verläufe

Langzeitfolgen (Long-Covid oder Post-Covid)

Vom Wesen der Erkrankung Corona

Angst macht sprachlos

Vom Tier im Menschen

Spezialisten für Zivilisationskrankheiten

Ein Drama mit Fortsetzungen

Was will Corona von uns?

Wege der Therapie von COVID-19

Vom Bauplan zur Zeitgestalt

Wege der Heilung in der modernen Medizin

Corona-Impfungen: Der Impfstoff, der aus der Kälte kam

Mit RNA in eine neue Ära der Medizin starten?

Grippe-Impfung und Corona-Infektionen

Jedes Jahr ein Update

Nebenwirkungen der Impfungen, deren Vorbeugung und Therapie

Ganzheitliche Vorbeugung von Virusinfektionen

Wege der Heilung aus dem Bereich der Homöopathie und der anthroposophischen Medizin

Vom Mythos bis zur Intensivmedizin

Bryonia, die Zaunrübe

Rübe für die Krise des Materialismus

Der Homunkulus des Paracelsus

Bryonia in der Homöopathie

Bryonia in Arzneimittelkompositionen

Stannum (Zinn) – das Corona-Metall

Regieren mit Adler und Blitz

Das »Holz« unter den Metallen

Zinn in der Homöopathie

Anthroposophische Zinntherapie

Coca, wenn die Höhenkrankheit sich einstellt

Colchicum autumnale, die Herbstzeitlose, Herrin der Unterwelt

Strophanthin: das bessere Remdesivir?

Die Arsenverbindungen, zentraler Baustein gegen Ängste

Ein altes Arzneimittel mit zweifelhaftem Ruf

Differenzierte Arsentherapie

Antimon (Stibium) – das Metall der neuen Erde

Arnika, Bergwohlverleih: Gebirgspflanze gegen die Höhenkrankheit

Nicotiana tabacum, Stärkung für die Lunge

Helleborus niger: das »pflanzliche Cortison«

Die Schlangengifte und Equisetum arvense, der Ackerschachtelhalm

Pulmonaria officinalis, das vergessene Lungenkraut

Hedera helix, der Efeu: Brüder, zum Lichte empor

Sticta pulmonaria, die Flechte für den reinen Atem

Zincum metallicum, wenn die reale Welt zum Computer geworden ist

Nachwort: Der Universalienstreit der Moderne und seine Konsequenzen für die Therapie von COVID-19

Bibliografie

Bildnachweis

Stichwortverzeichnis

Danksagung

Die Autoren

Einleitung

Corona hatte mich auf dem falschen Fuß erwischt – auf dem, der sagte, dass alles nicht so schlimm werden würde, der genervt war von diesem dauernden Warnen vor einer Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes.

Als dann um Ostern herum einige Patienten gestorben waren und auch viele unserer Krankenhausmitarbeiter teilweise schwerer erkrankten, konnte ich die Bedeutung und Andersartigkeit von Covid-19 nicht mehr leugnen und suchte nach Heilmitteln.

Wieder einige Wochen später waren erste Heilmittel empirisch gefunden. Doch Corona war in unserer Region auf dem Rückzug. Die Medien berichteten fast nur noch über die Hoffnung auf eine neue Impfung. Wie sollte man da Erfahrungen aus homöopathischer und anthroposophischer Sicht überhaupt einbringen können? Die Medienschelte der letzten Jahre zum Thema Naturheilkunde und Homöopathie hatte Spuren hinterlassen – und eines war seither dem Publikum und noch mehr der Fachwelt klar: Aus dieser Ecke der Medizin konnte keine Hilfe kommen. Ein Irrtum, wie wir später noch sehen werden.

So blieb uns nur, aus unterschiedlichen Sichtweisen die Erkrankung Corona zu betrachten und über dieses Verstehen die Sinnhaftigkeit des Ansatzes unserer Therapie darzustellen. Als Schwerpunkt kristallisierte sich dabei die Frage nach der Bedeutung der Sinnesorgane heraus. Nicht nur die teilweise schweren Sinnesstörungen bei den Patienten (Geschmack/Geruch) legten eine Auseinandersetzung mit diesem Problem nahe, sondern auch, dass die moderne Medizin ohne die technischen Sinneserweiterungen (Ultraschall, CT, MRT) kaum noch denkbar erscheint, während die anthroposophische Medizin ergänzend eine konsequente Erweiterung der menschlichen Sinne einfordert. Corona ist eine Krise der Sinne, eine Krise der Wahrnehmung. Welche Wahrnehmung zu Corona trügt nicht?

Johannes Wilkens, November 2020

Corona – ein Virus verändert die Welt

Als ich im Sommer 2019 nach China reisen durfte, war ich überwältigt. Geschichte und Kultur dieses Landes berührten mich zutiefst. Für einen Arzt, der mit der Traditionellen Chinesischen Medizin vertraut ist und seit einem Vierteljahrhundert Akupunktur einsetzt, ist China ein Ort der Sehnsucht. Am eindrücklichsten war es jedoch für mich als »Westler« zu erleben, wie durchorganisiert die Gesellschaft dort ist. Staunend und nicht ohne eine gewisse Beklemmung nahm ich zur Kenntnis, wie weit die Möglichkeiten der digitalen Überwachung und der mithilfe von Künstlicher Intelligenz gesteuerten Kontrolle mittels Überwachungskameras, Smartphone-Apps und anderer technischer Mittel schon gediehen sind. »Das ist die Zukunft Europas«, war mein erster Gedanke, als ich realisierte, was hier auf höchstem technologischem Niveau umgesetzt wurde. Denn es erschien mir nur als eine Frage der Zeit, bis es bei uns so weit ist, dass jeder Restaurant- und Museumsbesuch erfasst würde und der Umgang mit QR-Codes und Überwachungs-Apps genauso selbstverständlich werden würde, wie früher das Vorzeigen eines Fahrscheins oder einer Kinokarte. Ich dachte an etwa zehn bis fünfzehn Jahre Verzögerung, bis dieser Digitalisierungsschub unsere Gesellschaft erreichen würde.

Es sollte alles viel schneller kommen. Ende Januar 2020 wurden in Europa die ersten Fälle einer Lungenerkrankung beobachtet, die durch ein neuartiges Coronavirus ausgelöst wird und zunächst in Wuhan, China aufgetreten war. Ich bin Hausarzt in einer Großstadt mit einem internationalen Flughafen, und so hielt ich mich von den ersten Meldungen aus China an auf dem Laufenden. Als ein Freund mich fragte, was ich von dem Ganzen hielte, antwortete ich sinngemäß, die Krankheit als solche bereite mir viel Kopfzerbrechen, zugleich beunruhige mich aber auch, was die Menschen daraus machen. Ich meinte die Auswirkungen auf die Gesellschaft, auf Rechte und Freiheiten, auf unsere Art zu leben. Was wird sich als stärker erweisen: der Freiheitssinn oder das Sicherheitsbedürfnis der Menschen? Dann kam es Schlag auf Schlag, von der Schließung der Spielplätze über den Lockdown, Reisebeschränkungen, Milliardeninvestitionen in die Impfstoffentwicklung bis hin zur Einführung der Corona-Warn-App.

Von Anfang an habe ich die Krankheit, die Covid-19 getauft wurde, respektiert und insbesondere die gehäuften tödlichen Verläufe bei alten, vorerkrankten Menschen als Problem erkannt. Als ich die ersten CT-Aufnahmen aus Wuhan sah, bin ich regelrecht erschrocken über das Ausmaß der Zerstörung, das auf den Darstellungen der Lunge zu erkennen war. Und so war ich in meinem Umkreis der erste Arzt, der bei Besuchen im Alten- und Pflegeheim einen Mundschutz aufsetzte, noch bevor Italien zur Sperrzone erklärt wurde, die Leute wie verrückt Klopapier kauften, der Aktienmarkt zusammenbrach, die Weltgesundheitsorganisation WHO die Pandemie ausrief, Virologen für traumhafte Einschaltquoten in den Medien sorgten und Kanzlerin Merkel vor einer Überlastung des Gesundheitssystems warnte. Zunächst hatte ich Sorgen, dass die OP-Maske in meinem Gesicht die Patienten erschrecken würde, aber das Gegenteil war der Fall: Sie fühlten sich sicherer und waren dankbar, einen so »fortschrittlichen« Hausarzt zu haben. Denn die Angst vor Ansteckung breitete sich dank digitaler und klassischer Medien schneller aus als die Krankheit und die Hygienemaßnahmen, die wegen Engpasssituationen und anderen Widrigkeiten nur verzögert umgesetzt werden konnten.

Inzwischen ist auch der Mundschutz, der in asiatischen Metropolen seit vielen Jahren zum Alltagsbild gehört, längst bei uns »angekommen« und wird so schnell nicht wieder verschwinden. Denn in einem Land mit einer Altersstruktur wie Deutschland steht Sicherheit an oberster Stelle der gesellschaftlichen Werthierarchie. Corona verändert die Welt auf ungeahnte Weise, und es ist noch völlig offen, in welche Richtung die Entwicklung geht. So futurisch viele Auswirkungen auf unseren Lebensstil, auf die Arbeitswelt, auf nahezu alle Bereiche des Alltags auch erscheinen mögen, die treibenden Kräfte sind vielfach Urbedürfnisse, Urängste und konservative Werte. Wird Corona der Menschheit zu einem Neuanfang verhelfen? Oder entwickeln wir uns zurück in Richtung eines dumpfen Kollektivismus, in dem individuelle Freiheiten einem diffusen Wir-Gefühl geopfert werden und der einzelne Mensch nicht mehr wichtig ist?

Die meisten Corona-Infizierten, die ich in unserer hausärztlichen Gemeinschaftspraxis behandeln und begleiten durfte, haben ihre Krankheit gut überstanden. Darunter sind auch ältere Menschen gewesen und auch solche mit Vorerkrankungen, die als Risikofaktoren für schwere Verläufe von Covid-19 gelten. Die guten Verläufe sind meiner Ansicht nach vielfach der durch die Isolation erzwungenen Ruhepause zu verdanken, den in Eigeninitiative gewählten Hausmitteln, aber auch den Naturheilmitteln, homöopathischen und anthroposophischen Arzneien, die ich empfohlen und verordnet habe.

Als mein Freund Johannes Wilkens mich im September 2020 fragte, ob ich zu seinem Buch über die natürliche Behandlung von Covid-19 etwas beitragen möchte, habe ich zunächst gezögert. In Deutschland gab es zwar immer noch viele positiv auf das neuartige Coronavirus getestete Menschen, aber aktuell nur vergleichsweise wenige Kranke. In den chinesischen Großstädten war allmählich wieder Normalität eingekehrt, und in Ländern wie Russland und China waren inzwischen bereits unzählige Menschen gegen Covid-19 geimpft (mit welchen Folgen, bleibt abzuwarten). Auf der anderen Seite wurde mir jedoch klar, dass die psychosozialen Dimensionen dieser Erkrankung mindestens genauso wichtig sind wie ihre physische Manifestation, vielleicht sogar noch wichtiger, denn mit ihnen werden wir uns noch lange auseinandersetzen müssen, egal wie viele Infektionswellen noch kommen und welche Auswirkungen die Massenimpfungen auf der ganzen Welt letztlich auf das Infektionsgeschehen haben würden.

Dabei bin ich vor allem auf ein Phänomen aufmerksam geworden: Dass die potenzierten Arzneimittel wie Arsen, Bryonia und Zinn, die spezifisch für die körperlichen Symptome von Corona sind, zugleich auch die pathologischen Reaktionen im Seelischen und im sozialen Organismus abdecken und aufzeigen, in welche Richtung eine Transformation ins Gesunde stattfinden könnte. Daher kann eine Beschäftigung mit diesen Substanzen auch wegweisend sein, wenn man sie gar nicht physisch erkrankten Menschen verordnen will, sondern in dieser Krise nach Richtkräften für die Zukunft sucht. Denn Corona ist mehr als ein Virus. Corona ist die Zeit, in der wir leben, eine Herausforderung ohnegleichen, voller Widersprüche, Abgründe und Verheißungen.

Frank Meyer, Oktober 2020

Wege zum Verständnis von COVID-19

Die Sinnkrise der neuzeitlichen Medizin

Es mag merkwürdig klingen, aber gerade die moderne Medizin steckt in einer Sinnkrise. Dabei hat sie es enorm weit gebracht und uns ein schier unerschöpfliches Repertoire an Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie gegeben. Noch nie wurden wir so alt, oft auch gesund alt. Noch nie war so schnell ein Arzt zur Stelle, der zu helfen vermag, und noch nie wurde für all das so viel Geld ausgegeben. Wollen wir das alles missen? Natürlich nicht – und dennoch: Immer mehr Menschen haben das Gefühl, dass sie von ihrem Arzt nicht ganzheitlich, sondern nur in Teilbereichen betrachtet werden und dass er ihnen nicht wirklich zuhört. Kein Wunder, dass sich bei den zwei bedeutendsten Sinnen des Menschen – Hören und Sehen – viele Patienten nicht richtig wahrgenommen fühlen.

Moderne Medizinausbildung ist eben keine Entfaltung der Sinne (Kükelhaus 2008), sondern eher das Gegenteil: ein Misstrauen in die Fähigkeit der eigenen Sinne. Stattdessen – und um maximal objektiv zu sein – erfolgt ein Transfer der menschlichen Sinnesleistung auf technische Apparate. Vergessen wird hierbei, dass ein spezifischer Teil der menschlichen Sinnesleistung verloren geht. Beispiele: Ein CT oder MRT kennt keine Farben, höchstens nachträgliche Einfärbungen; der Ultraschall hört sehr genau, aber eben nur in einem gewissen Frequenzbereich; das Elektronenmikroskop tastet Zellbestandteile ab, aber ohne Gefühl für hart und weich.

Wir können es aber auch positiv sehen: Fortschritt bedeutet dann eine technische Erweiterung des Erfahrungsfeldes der Sinne, bedeutet den Aufbruch in Dimensionen, die der primären Wahrnehmung nicht zugänglich waren – und ermöglicht die Verlegung der Ursache einer Erkrankung in bisher nicht zugängliche primäre Regionen. Ursprünglich war es der ganze Mensch, der erkrankte, dann wurden Organsysteme ins Auge gefasst, später Organe, dann – seit Ende des 19. Jahrhunderts – die einzelnen Zellen und ihre Pathologie, und heute sind es Fragmente der Erbsubstanz, DNA- oder RNA-Viren.

Was nicht messbar, wägbar, zählbar ist,

wird ausgeschlossen

Die moderne Medizin verlagert die Ursache einer Erkrankung immer weiter in Strukturen jenseits der sinnlichen Wahrnehmungen. Sie kann das tun, weil sie sich von den primären Sinnen unabhängig macht und in den erweiterten »Sinnen« der Maschinen Dinge »sieht« und »hört«, die objektiver und glaubwürdiger erscheinen als das weite Feld der primären Sinneserfahrungen, das manchmal verwirrend wirken kann.

Der renommierte deutsche Physiker und Philosoph C. F. von Weizsäcker schrieb dazu: »Die neuzeitliche Naturwissenschaft hat ihren eigenen historischen Mythos. Es ist der Mythos von Galilei: Dieser Mythos versichert, man habe im dunklen Mittelalter die Spekulationen des Aristoteles hochgeschätzt, die sich um Beobachtungen nicht kümmerten, aber Galilei habe der Wissenschaft die Bahn gebrochen, indem er die Welt so beschrieb, wie wir sie wirklich erfahren. Wie jeder Mythos drückt auch dieser ein Stückchen Wahrheit aus; sicher hat er recht mit der hohen Schätzung Galileis. Aber er entstellt vollkommen die Natur von Galileis wahrer Leistung. Ich wäre bereit, diese Leistung zu charakterisieren, indem ich in jedem Punkt genau das Gegenteil des Mythos ausspräche. Daher sage ich: Das späte Mittelalter war in keiner Weise ein dunkles Zeitalter; es war eine Zeit hoher Kultur, von gedanklicher Energie sprühend. Jene Zeit übernahm die Philosophie des Aristoteles, weil er sich mehr als irgendein anderer der sinnlichen Wirklichkeit annahm. Aber die Hauptschwäche des Aristoteles war, dass er zu empirisch war. Deshalb brachte er es nicht zu einer mathematischen Theorie der Natur. Galilei tat seinen großen Schritt, indem er wagte, die Welt so zu beschreiben, wie wir sie nicht erfahren. Er stellte Gesetze auf, die in der Form, in der er sie aussprach, niemals in der wirklichen Erfahrung gelten und die darum niemals durch irgendeine einzelne Beobachtung bestätigt werden können, die aber dafür mathematisch einfach sind.« (von Weizsäcker 1976) Es geht also um ein mathematisches Verständnis der Welt – und das ist der Grundzug, der seit Kepler und Galilei den Duktus der Forschung bestimmt.

Modell des Sonnensystems als in sich verschachtelte platonische Körper in Keplers Mysterium Cosmographicum (1596)

Ähnlich äußert sich der berühmte englische Biologe Rupert Sheldrake: »Kepler glaubte, dass die sinnliche Erkenntnis der Dinge dunkel, unklar und unzuverlässig sei. Gewissheit der Erkenntnis liegt für ihn ausschließlich in den quantitativen Zügen der Welt. Die wirkliche Welt besteht allein in der mathematischen Harmonie, die in den Dingen liegt. Die sich wandelnden Qualitäten der Dinge, die wir sinnlich wahrnehmen können, bilden eine niedere Ebene der Wirklichkeit, besitzen kein wahrhaftes Sein.« (Sheldrake 1993)

Sheldrake zu Galilei: »Geschmack, Geruch und Farbe eines Gegenstandes, die in diesem Gegenstand zu existieren scheinen, sind nichts als bloße Namen und haben ihren Ort einzig und allein in dem empfindenden Körper; wird dieser entfernt, so werden damit auch alle diese Qualitäten zunichte. Diese Unterscheidung war von großer Bedeutung für die weitere Entwicklung der Naturwissenschaft, denn sie leitet die Verbannung der unmittelbaren Erfahrung aus dem Reich der Natur ein. Bis zu Galilei hatte es als selbstverständlich gegolten, dass Mensch und Natur Teile eines größeren Ganzen seien. Jetzt wurden alle Aspekte der Erfahrung, die sich nicht auf mathematische Prinzipien zurückführen ließen, die nicht messbar, wägbar, zählbar sind, aus der objektiven, äußeren Welt ausgeschlossen. Als die einzige Gemeinsamkeit zwischen den Menschen und dem mathematischen Universum blieb die Fähigkeit des Menschen übrig, die mathematische Ordnung der Dinge zu erfassen.« (Sheldrake 1993)

Immer kleiner, immer unklarer

Beim Blick in die Tiefen des menschlichen Organismus werden wir aber nicht nur »mathematischer«, wir erleiden auch einen Dimensionsverlust. Menschsein bedeutet eigentlich ein Angelegtsein auf »Sein und Zeit« (Martin Heidegger), ein Leben als Zeitwesen – und verlangt damit ein Interesse für die Entwicklung einer Erkrankung. Leider haben wir dafür höchstens in der Psychosomatik noch Zeit. Auf der Suche nach Fakten wird der »Mensch als Zeitwesen« in der Regel ausgeblendet, beginnt wissenschaftliche Medizin mit der Untersuchung des Körpers. Alsbald wird die Dreidimensionalität des Körpers verlassen und auf die Schnittbild-Ebene von Ultraschall, CT und MRT (Kernspintomografie) zurückgegriffen. Diese zweidimensionale Schnittbild-Ebene bedeutet aber den Verlust der vorherigen Dreidimensionalität, die erst künstlich wieder erzeugt werden muss. Auch die farbliche Vielfältigkeit des Lebens leidet. Sie kann zwar künstlich ergänzt werden, ist aber primär nicht mehr erfahrbar. So landete die Medizin früher bei der Organpathologie, seit Virchow bei den Zellen und in unserem neuen Jahrtausend mehr und mehr bei der Erbsubstanz und den Viren, diesen fast schon punktförmigen eindimensionalen Gebilden.

Doch selbst die Viren sind noch zu komplex für die modernen Untersuchungsmethoden. Eine wesentliche Untersuchung, die bei Covid-19 zentral ist, ist die PCR, die Polymerase-chain-reaction, bei der nur einzelne Gen-Sequenzen, also Moleküle, nachgewiesen werden. So kommen die »Fälle« in der Corona-Statistik zustande, von denen niemand sagen kann, worum es sich denn eigentlich handelt, um infizierte, ansteckende, kranke oder gesunde Menschen. Hier erscheint der Reduktionismus auf die Spitze getrieben. Bei der PCR handelt es sich um eine reduktionistische Simulation des Geruchssinns, bei dem es ebenfalls Moleküle sind, die mit dem Sinnesorgan reagieren und einen Reiz auslösen. Die PCR wird in der Kriminologie eingesetzt, um einen »genetischen Fingerabdruck« zu erheben, und ersetzt dort vielfach die Nase des Spürhundes. So hilfreich ein PCR-Test im Einzelfall sein kann, um beispielsweise einen Verdacht zu bestätigen oder einen Verlauf zu beurteilen, so sehr können die bei Massentestungen erhobenen Zahlen ins Nebulöse führen, wenn über die getesteten Menschen gar nichts bekannt ist.

Der Mensch in Sein und Zeit, modifiziert nach K. Dumke (Dumke 1988)

Sinnesverlust in der modernen Medizin. Spezifikation des Sehens: Mikroskopieren geht immer mit dem Verlust der Ganzheit und der Farbe einher.

Auge – Brille – Mikroskop – Elektronenmikroskop

Mensch – Barthaar – Haar – Haar unter dem Mikroskop – Haar unter einem Elektronenmikroskop

Spezifikationen des Hörens in der Medizin

Ohr – Stethoskop – Ultraschall

Der Blick in die »Unterwelt« des Menschen bedarf regelmäßig der »Tötung«. Denn Organmaterial, das in die Pathologie Einlass erhält, ist aus dem lebendigen Leib ausgeschiedenes Gewebe. Das gilt schon für eine Laborprobe, mehr noch für subzelluläre Elemente bis hin zu einzelnen Molekülen. Der Tod ist also Grundbedingung der Forschung. Wo der Tod aber Grundbedingung ist, da herrscht der Zeitmodus »Ver-gangen-heit« des Gewordenen vor. Es sind Erfahrungen aus der Pathogenese, nicht der Salutogenese, die in diesen Ausschnitten aus dem Körper gemacht werden können.

Ebenen der Erkrankung: die Viren

Wenn man in die Sphäre der Viren eintaucht, so geht dies – wie auf den vorangehenden Seiten veranschaulicht – nur unter Verzicht auf echte Sinneswahrnehmungen. Auf der Ebene der Viren sind stattdessen Rasterelektronenmikroskope »tastend« tätig. Was sie aber »sehen«, das verblüfft: mathematisch-philosophische Gebilde.

Der Philosoph G. W. Leibniz (1646–1716) hätte an diesen Gebilden seine helle Freude gehabt, stellen doch die Viren ein Zwischending zwischen Monade und platonischem Körper dar. Leibniz verwendete den Begriff Monade – in Anlehnung an Giordano Bruno – erstmals 1696. Nach ihm sind diese immateriellen-materiellen einheitlichen Substanzen überall in der Materie zu finden. Sie können unterschiedliche Wachheitsgrade aufweisen und sind »entweder merklich aktiv (erwacht), wenn sie die zentrale oder herrschende Monade bilden, die das Zentrum der Aktivität und des Erlebens in einem Organismus ist, oder nur schwach aktiv (schlafend), wenn sie zu den zahllosen untergeordneten Monaden innerhalb oder außerhalb organischer Körper gehören. Monaden sind die Quellen von spontanem, mechanisch nicht erklärbarem Wirken in der Natur und konstituieren die Einheit eines jeden Einzeldings oder Individuums.«1

Kapsid des Adenovirus

Wir werden später sehen, dass genau diese Fähigkeiten die Viren charakterisieren und es tatsächlich wache aktive Viren (RNA-Viren) oder mehr schlafende (DNA-Viren) gibt, wobei uns hier schon wieder ein alter typischer Fehler unterläuft, denn letztlich können nur Tiere und Menschen, nicht aber Viren schlafen oder wach sein. Viren sind noch nicht einmal Lebewesen.

Doch Leibniz war nicht nur Philosoph, sondern – mehr noch – Mathematiker und hat als solcher die Integral- und Differentialrechnung erfunden. Er hätte auch da seine helle Freude an den Viren gehabt, tragen sie doch durchaus Zahlenordnungen in sich und gehorchen speziellen Formen der Geometrie, die sich so schon bei dem griechischen Philosophen Platon finden. Platon erläutert in seinem Dialog Timaios ein Modell des Kosmos, worin er die regelmäßigen Körper mit den vier Elementen Erde (Würfel), Wasser (Ikosaeder), Feuer (Tetraeder) und Luft (Oktaeder) verbindet. Zahlreiche Viren – und auch die Coronaviren – zeigen im Aufbau des Kapsids, den kapselartigen Hüllen des Genoms, einen regelmäßigen Aufbau als Ikosaeder (Zwanzigflächner).

Elektronenmikroskopisches Bild eines Coronavirus (MERS-CoV)

Das Kapsid umfasst das ein- oder doppelsträngige Erbmaterial. Nach außen kann sich eine Virushülle anschließen, die in der Regel von einer Biomembran der Wirtszelle abstammt. An diesem Phänomen zeigt sich schon, dass ein Virus ohne eine entsprechende Umgebung nicht oder nur eingeschränkt lebensfähig ist.

Viren: Motoren der Evolution

Viren sind nicht eigentlich »böse«, sondern für die Evolution des Menschen eine integrale Voraussetzung. Thomas Hardtmuth schreibt: »Wie sich in den letzten Jahren herausstellte, sind die infektiösen, hochgefährlichen Auswirkungen viraler Infektionen eine Art Sonderfall und kennzeichnen jene Viren, die keinen dauerhaft sesshaften Lebensstil in Wirtsorganismen entwickeln können. In den meisten Fällen leben Viren in einem Wirtsorganismus und helfen ihm dabei, konkurrierende Parasiten abzuwehren. Sie werden damit oft zu einem Teil der Evolutionsgeschichte des Wirtsorganismus bzw. der ganzen Wirtsart. Sesshafte Viren sind entscheidend für die Artenvielfalt und Wirts-Genom-Bearbeitung. Praktisch alle Kompetenzen der natürlichen Genombearbeitung, wie sie in der Konservierung von Gen-Ablesung, Transkription, Translation und Rekombination repräsentiert sind, stammen von viralen Fähigkeiten ab. Seit durch mehrere Beobachtungen klar geworden ist, dass Viren fähig sind, genetisches Material in die Wirtsgenome zu integrieren, wurde deutlich, dass Viren neben infektiösen Lebensstrategien auch symbiotische und symbiogenetische Lebensstile haben. Sie übertragen phänotypische Eigenschaften auf den Wirt, die ein nicht infizierter Wirt der gleichen Wirtsart nicht hat.« Und weiter: »Wie alles Neue und Fremde, das wir aufnehmen aus der Umwelt, muss auch ein Virus erkannt, verarbeitet und integriert werden. Unser gesamtes Immunsystem hat sich nicht nur in der Auseinandersetzung mit Viren entwickelt, die gesamten Abwehrfunktionen bestehen aus internalisierten Viren!« (Hardtmuth 2019)

Doch nicht nur das Immunsystem ist – wie festgestellt – viralen Ursprungs. »Ein Hauptteil unseres Erbmaterials ist also auf die Integration von Viren während der Evolution zurückzuführen. Ein Vergleich des nichtkodierenden DNA-Anteils bei verschiedenen Spezies mag dies verdeutlichen: Bei Bakterien ist er mit 1 bis 12 Prozent relativ gering, bei Würmern sind es etwa 12 Prozent, bei der Taufliege 15 bis 22 Prozent, bei der Maus 40 Prozent, beim Frosch 77 Prozent und beim Menschen 98 Prozent.« (Hardtmuth 2019)

Viren stellen also eine Art Urmeer der Informationen dar. Sie sind keine aberranten Formen von bestehender DNA, sondern können durch Integration unsere DNA bereichern. »90 Prozent der Viren-Genome zeigen keine Verwandtschaftsverhältnisse mit bekannter Gensequenz, das heißt, es sind neue Viren mit eigenen Eigenschaften!« (Hardtmuth 2019)

Man kann sich fragen, wo der Ursprung dieser Informationsfülle liegt. Wieder lässt sich da ein verblüffendes Phänomen finden. 1969 schlug in Australien in Murchison ein Meteorit2 auf, von dessen Masse hundert Kilogramm übrigblieben. Er war mit 4,6 Milliarden Jahren älter als die Erde. Obwohl noch unbeeinflusst von irdischen Einflüssen, ließen sich in dem Material neben zahlreichen Mineralien auch verschiedene Nucleobasen und Aminosäuren nachweisen, was die Hypothese einer extraterrestrischen Herkunft der RNA stark untermauert. Der Informationsfluss der Viren, die Nucleobasen und Aminosäuren erhärten die These einer kosmologischen Ursache der Viren. Inzwischen wurden viele solcher kohlenstoffhaltiger Meteoriten aus der Frühzeit unseres Sonnensystems identifiziert.

Ein sogenannter kohliger Chondrit. Meteoriten wie dieser enthalten kosmische Biomoleküle und können vor Urzeiten zur Bildung von RNA beigetragen haben. (Foto: Frank Meyer)

Viren sind so gesehen Träger kosmischer Intelligenz. Und diese Intelligenz ist überall anzutreffen, überall wo Leben ist, so extrem auch die Bedingungen sein mögen: tief verborgen unter der Eisdecke Sibiriens und in kochend heißen Quellen, zu Millionen in jedem Tropfen Meerwasser und milliardenfach in jedem Gramm Salat, das wir essen.3 (Zimmer 2012) Überall sind Viren in einer unvorstellbaren Zahl und Vielfalt und von Anfang an bei der Entwicklung des Lebens auf der Erde dabei. Die Zahl der Virustypen wird auf circa 100 Millionen geschätzt. Jeder Winkel unseres Köpers ist von Viren besiedelt. In der Lunge sind normalerweise allein 174 verschiedene Viren anzutreffen (Zimmer 2012).

Ausschnitt einer DNA

Diese Intelligenz kann – wie bei der vergleichsweise stabilen DNA (1,5 bis 2 Prozent des Genoms) – mehr statischen Bibliothekar-Charakter haben oder auch mehr angewendeten aktiven Textbausteinen ähneln, der RNA. Dazu Thomas Hardtmuth: »Mit Aristoteles gesprochen, entspräche die DNA dem Ergon, das heißt dem statischen Werk, und die RNA der Energeia, der aktiven Tätigkeit.« (Hardtmuth 2019) RNA-Viren sind in steter Bewegung, entstehen und vergehen schnell: »80 Prozent der RNA-Elemente haben eine Halbwertszeit von weniger als 2 Minuten, der Rest etwa 5 bis 10 Minuten.« Hingegen kann eine DNA viele Jahre und Jahrhunderte stabil überdauern.

Wenn wir die bisherigen Gedanken ernst nehmen und mit Erstaunen die zahlreichen lebenswichtigen Aufgaben der Viren aufzuzeigen vermochten, warum werden dann Viren mit hochgefährlichen Erkrankungen in Verbindung gebracht? Was passiert da?

Thomas Hardtmuth: »Nun ist es vor diesem Hintergrund mehr als naheliegend, dass diese viralen und mikrobiellen Sphären geradezu seismografisch den Zustand eines Ökosystems widerspiegeln. Wir wollen das am Beispiel der Vogelgrippe verdeutlichen:

Dass die modernen Geflügelmästereien mit artgerechter Haltung wenig zu tun haben, braucht wohl nicht extra betont zu werden. In den letzten Jahren tauchten plötzlich mutierte Virenstämme (H5Nx) auf, die zu einem Anstieg der Sterberaten durch Vogelgrippe führten und von denen befürchtet wurde, sie könnten auf den Menschen überspringen und eine globale Seuche auslösen. Es wurden nun – aus welchen Gründen auch immer – hauptsächlich Forschungsresultate der industrienahen Institute publiziert, wonach dieses neue Virus angeblich von asiatischen Wildvögeln nach Europa importiert worden sei. Wie der US-amerikanische Evolutionsbiologe Robert Wallace von der Universität Minnesota in seinem Buch Big Farms make big Flu stichhaltig nachwies, stammen die neuen Erreger (Campylobacter, Nipah-Virus, Q-Fieber, Hepatitis E und verschiedene neuartige Influenza-Varianten) ausnahmslos aus der industriellen Landwirtschaft. Bei Wildvögeln konnten die mutierten Stämme nicht nachgewiesen werden.« (Hardtmuth 2019)

Damit werden Viren erst dann gefährlich, wenn sich das Mikrobiom zum Beispiel durch den vermehrten Einsatz von Antibiotika verändert.

Nun hat jeder Hühnerstall und sogar jedes einzelne Huhn sein eigenes, ganz individuelles Mikrobiom, das durch jede Antibiotikagabe zu großen Teilen zerstört wird. Das hat auf Dauer zwei gravierende Folgen:

Zum einen wird die Diversität des Mikrobioms reduziert, was den Gesundheitszustand der Tiere insgesamt schwächt. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Die Diversität eines jeden biologischen Systems ist der Indikator für die Gesundheit des Systems, weil eben die Vielfalt der Bakterien ein viel größeres Stoffwechsel-Repertoire bereithält. Ein hoch diverses Darm-Mikrobiom ist biologisch flexibler, wenn es um verschiedene Nahrungsstoffe geht.

Zum anderen bleiben nach jeder Antibiotika-Gabe einzelne resistente Keime zurück, die nun die leer gewordenen Nischen besiedeln. Es werden also auf Dauer die resistenten herausselektiert, sie werden dominant, und in ihrer Überzahl stören sie das mikrobielle, auch das virale Gleichgewicht weiter und führen zu neuen Krankheitsdispositionen. Denken wir an den horizontalen Gentransfer zwischen den Bakterien und die hohe Mutationsrate bzw. Plastizität der Viren: Die Resistenz-Gene verbreiten sich, und durch das insgesamt dysbiotische Milieu werden besondere, pathogene Viren herausselektiert. Bei der Mehrzahl der Fleischprodukte aus Großmästereien sind heute multiresistente Keime als auch Antibiotika-Spuren nachweisbar, die jetzt in die Nahrungskette gelangen und so das Problem weiter verschärfen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis dieses kranke System kollabieren wird. Dieser Zustand scheint heute erreicht zu sein, und Covid-19 ist in gewissem Sinne sein Ausführungsgehilfe.