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Mistelextrakte von unterschiedlichen Bäumen erweisen sich als ausgezeichnetes Heilmittel bei Krebs, wie Studien und Fallbeispiele eindrücklich belegen. Ihre stärkste Kraft entwickelt die Mistel, wenn der Baum, auf dem sie wächst und von dem sie Nährstoffe entnimmt, in seinem Wesen dem erkrankten Menschen ähnelt. Johannes Wilkens, ein hervorragender Kenner der Materie, hat die Misteltherapie entscheidend weiterentwickelt. Er stellt 13 Mistelarten in ihrer Verbindung von Baum zu Mensch vor. Dabei wird klar, dass eine differenzierte Anwendung von Mistelpräparaten die Heilungschancen deutlich erhöhen kann. Mistelpräparate werden auch in der Krebsprophylaxe und bei vielfältigen Alterserkrankungen erfolgreich eingesetzt.
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Seitenzahl: 262
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Misteln – Kraftvolle Krebsheiler aus der Natur
Johannes Wilkens Gert Böhm
Misteln
Kraftvolle Krebsheiler aus der Natur
Vorbeugen, lindern, heilen
© 2016
AT Verlag, Aarau und München
Lektorat: Diane Zilliges, Murnau
Grafische Gestaltung und Satz: AT Verlag
Bildaufbereitung: Vogt-Schild Druck, Derendingen
E-Book ISBN 978-3-03800-095-2
eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheimwww.brocom.de
Inhalt
Vorwort
Der verlorene Lebensrhythmus
Ein Blick zurück
Was ist nach der Diagnose zu tun?
Schlüsselrolle in der Krebstherapie: Die Mistel
Die Mistel ist voller Geheimnisse
Wie wirkt die Mistel?
Spontanremissionen
Noch vieles im Dunkeln
Anthroposophische Grundlagen der Misteltherapie
Von der These zur praktischen Anwendung
Erste Hinweise auf eine Impfung gegen Krebs
Misteltherapie heute – Fallbeispiele
Optimierung der Misteltherapie durch bewusste Wahl des Wirtsbaums
Gemeinsamkeiten von Baum und Mensch
Die Eiche – Baum des männlichen Eroberungswillens
Die Esche – Zartheit und Kraft wunderbar vereint
Der Apfelbaum – Irdische Fruchtbarkeit
Die Linde – Baum der Sanftmütigkeit
Der Ahorn – Ernährung mit Milch und Honig
Die Ulme – Erkrankt an der Umwelt
Der Weißdorn – Verhärtung der Gefühle
Die Birke – Baum des Lichts und der Leichtigkeit
Der Mandelbaum – Baum des Kultus und der Kultur
Die Weide – Unbändige Lebenskraft
Die Pappel – Kräfte, die sich luftig versprühen
Die Kiefer – Anspruchslosigkeit als Prinzip
Die Tanne – Aufstrebendes, asketisches, immergrünes Leben
Metalle erhöhen die Heilkraft der Misteln
Blei – Gegen die Lähmung des Lebens
Zinn – Gegen Erschöpfung und Lustlosigkeit
Gold – Die eigene Mitte finden
Quecksilber – Für die richtige Ich-Du-Beziehung
Kupfer – Gegen Verkrampfung und Schuldgefühle
Eisen – Für Kampfesmut im Leben
Silber – Gegen Angst vor Enge
Ganzheitliche Zusammenhänge
Mistelimpfung gegen Krebs
Was passiert in der Präkanzerose?
Wann ist eine Mistelimpfung angezeigt?
Die Impfung selbst
Impfbeispiele
Die Übertragung der Weisheit der Mistel auf den Menschen
Anhang
Wie entsteht Krebs?
Krebs – Erkenntnisse und Statistiken
Schulmedizinische Krebstherapien
Alternativ- und Ergänzungstherapien
Wichtige Adressen
Literaturverzeichnis
Die Autoren
Stichwortverzeichnis
Wir widmen dieses Buch der Stiftung Integrative Medizin und der Karl und Veronica Carstens-Stiftung – mit der Hoffnung, dass durch die Förderung dieser beiden Stiftungen weltweit zahlreiche Forschungsprojekte, besonders im Hinblick auf die Mistel, angestoßen werden und unser Buch dazu einen kleinen Beitrag leisten kann.
Dr. Johannes Wilkens und Gert Böhm
Vorwort
Neue Wege in der Krebstherapie sind nicht nur für die betroffenen Patienten wünschenswert, sondern auch zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen dringend erforderlich. Deshalb arbeiten weltweit Forscher und Ärzte in den Labors fieberhaft an neuen, besseren Behandlungsverfahren. Doch der erhoffte Sieg über den Krebs allein durch schulmedizinische Methoden ist nicht sehr wahrscheinlich – zumindest gibt es derzeit keine Hinweise auf einen solchen Erfolg. Die Bevölkerungsentwicklung macht dieses Problem zusätzlich brisant. Denn die wachsende Zahl alter Menschen führt zwangsläufig auch zu immer mehr Krebserkrankungen, weil diese Krankheit meistens erst jenseits des sechzigsten Lebensjahres ausbricht.
Die Gefahr, an Krebs zu erkranken, wird von vielen Menschen zu wenig ernst genommen. Denn so sehr die Ursachen noch im Dunkeln liegen – die meisten Risikofaktoren, die das Entstehen von Karzinomen begünstigen, sind längst bekannt: Rauchen erzeugt Lungenkrebs, zu viel Sonne – direkt vom Himmel oder auf der Liegebank im Sonnenstudio – zerstört die Haut, ein Übermaß an Alkohol führt zu Leberkarzinomen, der falsche Essrhythmus und ungesunde Nahrungsmittel schaden dem Magen-Darm-Trakt, Stress und ein aus den Fugen geratener Lebensrhythmus hetzen den Menschen und schwächen seine Abwehrkräfte. Wenn dann noch im Erbgut beziehungsweise in der Generationenfolge eine Disposition für Krebs besteht, wächst das Risiko, dass die Krankheit tatsächlich ausbricht.
Merkwürdigerweise kennen die meisten Menschen diese Gefahren und ignorieren sie dennoch. Dabei könnten viele Krebsleiden durch eine bewusste Vorbeugung vermieden werden. Doch der Blick auf zig Millionen, die sich von Fertiggerichten, Chips und Süßigkeiten, von Fast Food voller Geschmacksverstärker und Aromastoffe ernähren, der Blick auf Zigarettenraucher und auf ein nachwachsendes Heer unsportlicher, dickleibiger Kinder ist ernüchternd – zu viele Menschen sind nicht bereit, die Vorbeugung gegen den Krebs ernsthaft in ihr Leben zu integrieren.
Eine vernünftige Lebensweise, die gleichermaßen dem Leib, der Seele und dem Geist guttut, wäre die wohl wirkungsvollste Maßnahme, um den Krebs langfristig einzudämmen. Eine zweite Möglichkeit ist die Früherkennung. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen haben bereits Millionen Frauen und Männern das Leben gerettet, weil die Karzinome in einem sehr frühen Stadium entdeckt wurden. Die Heilungschancen sind dann besonders hoch. Neben der Prophylaxe und der Früherkennung liegt gegenwärtig auch große Hoffnung in einer Entwicklung, die viele Forscher und Ärzte allerdings immer noch kategorisch ablehnen: die Zusammenführung von altem und neuem Heilwissen.
Erfreulicherweise scheint jedoch ein Umdenken zu beginnen. Das »Deutsche Ärzteblatt« veröffentlichte 2015, illustriert mit einer Mistelfotografie, einen umfangreichen Fachartikel, in dem die sechs Autoren – allesamt renommierte deutsche Mediziner – feststellten, dass die »Akzeptanz komplementärer Methoden sehr groß ist«. Bei einer Umfrage in von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten onkologischen Zentren waren über 90 Prozent der Mitarbeiter der Meinung, dass die komplementäre und alternative Medizin (KAM) für die psychische Gesundheit der Patienten sehr wichtig sei. Und zwei Drittel der Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin sagten bei einer Umfrage, dass sie die komplementäre Medizin »voll akzeptieren«. In dem Fachbeitrag der Ärztezeitschrift hieß es auch: »Zunehmend entdecken Klinikverwaltungen, dass mit einem zusätzlichen (ob komplementären oder alternativen) Angebot Wettbewerbsvorteile auf einem immer enger werdenden Markt entstehen.« Am Ende des Artikels forderten die Autoren »ein qualitätsgesichertes, auf die Onkologie zugeschnittenes Weiterbildungsprogramm«, das engagierten Ärzten und Pflegekräften die Möglichkeiten der komplementären Medizin frei von Vorurteilen aufzeigt. Das sind erfreuliche Perspektiven.
Vielleicht erwächst aus der Bündelung von reichem Erfahrungswissen mit den Erfolgen der konventionellen und komplementären Medizin sogar die stärkste Kraft gegen die Krebserkrankung. Die Misteltherapie ist dafür schon heute eine wegweisende Methode: Sie wird in der modernen Krebstherapie bereits in zwei von drei Fällen als ergänzende Behandlung eingesetzt – und diese Kombination von schulmedizinischem Know-how und anthroposophischen Erkenntnissen wirkt sich für die Patienten segensreich aus. In diesem Buch gehen wir ausführlich auf die Erfolge der Misteltherapie ein – bis hin zu der These, dass sich diese Methode sogar für prophylaktische »Impfungen« gegen Krebs eignet.
Verfasst wurde dieses Buch von einem Autorenduo: Dr. Johannes Wilkens studierte zunächst Theologie, unter anderem bei Professor Hans Küng in Tübingen, danach Humanmedizin in Erlangen. Er arbeitet heute als ärztlicher Leiter der geriatrischen Rehabilitationsklinik Alexander-von-Humboldt-Klinik in Bad Steben und in seiner der Klinik angeschlossenen Privatpraxis. Dr. Wilkens ist für die im engeren Sinne medizinische Seite des Themas verantwortlich. Er bekam für seine wegweisenden Forschungen im Bereich der Komplementärmedizin höchste Auszeichnungen. Als anthroposophisch und homöopathisch arbeitender Spezialist hat er die von Rudolf Steiner erarbeiteten Grundlagen einer differenzierten und optimierten Misteltherapie weiterentwickelt und bringt in den folgenden Kapiteln viele Erkenntnisse und Beispiele aus seiner langjährigen Forschung und Praxis einem breiteren Publikum zur Kenntnis. Der mit mehreren Kulturpreisen ausgezeichnete Journalist und Buchautor Gert Böhm setzt sich seit Jahrzehnten intensiv mit ganzheitlich orientierten Lebensweisen auseinander – vor allem mit den spirituellen Zusammenhängen von Leib und Seele sowie mit dem Einfluss des Lebensrhythmus auf Krankheiten.
► Jede Epoche hat offensichtlich ihre speziellen Krankheiten. Sie sind die Folge der jeweiligen Verhaltensweisen und Einstellungen der Menschen – von der Ernährung über die Hygiene bis hin zum gelebten Wertesystem und zur Spiritualität. In der Gegenwart sind die »modernen« Menschen übermäßig stark geprägt von materiellem Denken und unentwegtem Tun. Der Mangel an Liebe und Wärme sowie der wachsende Egoismus (ein »soziales Karzinom«) erzeugen körperliche und seelische Krankheiten, die typisch sind für die Veräußerlichung des Lebens: Kalt gewordene, gebrochene Herzen verursachen Infarkte und andere koronare Leiden. Stress, Aggressivität und unser viel zu hohes Lebenstempo verwandeln sich im Körper immer häufiger zu bösartigen Tumoren, in denen entartete Zellen zügellos und ungebremst wuchern.
Unsere modernen Gesellschaften scheinen ein Nährboden für diese »Zivilisationskrankheiten« zu sein, die es in so großer Zahl noch nie gegeben hat. Noch um 1930 erkrankten in den USA lediglich 3 von 100 000 Menschen an einem Lungenkarzinom – heute sind es 80. Im Krebsgeschehen spiegeln sich die Aggressionen und das unbarmherzige, wilde Wachstum des gesellschaftlichen Lebens wider. Vermutlich ist den meisten Menschen das rechte Maß verloren gegangen, der Urrhythmus ihres Lebens ist zerstört. Sie ernähren sich falsch und leben ohne den gesunden Wechsel von Schlafen und Wachsein, von Ruhe und Bewegung, von Spannung und Entspannung, von Arbeit und Pause. Viele übernehmen auch nicht mehr die Verantwortung für ihr eigenes Leben und lassen sich fast nur noch von materiellen Wünschen und Begierden steuern. Diese einseitige Haltung ist gefährlich, weil sie etwas sehr Wichtiges vergisst: dass nämlich im Menschen die Organe mit ihren unterschiedlichen Funktionen, die Zellverbände und die einzelnen Zellen auf schwer durchschaubare, aber wunderbare Weise zueinander in Beziehung stehen. Leib, Seele und Geist sind ein Gesamtkunstwerk des Lebens, in dem alles miteinander verflochten und verwoben ist. Ob kleinste Körperzelle, Gefühle oder das faszinierende Ineinandergreifen einer universalen Ordnung: Alles steht mit allem in Beziehung – der ganze Mensch ist eingebunden in die großen Zusammenhänge der Schöpfung. Deshalb ist es unklug, wenn man eine Krebserkrankung nur punktuell als Tumor behandelt, statt den Blick auf den ganzen Menschen zu erweitern.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lag Krebs in der Todesursachen-Statistik noch an siebter Stelle, heute stehen die bösartigen Tumore gemeinsam mit Herz- und Kreislaufkrankheiten an der traurigen Spitze. Wegen der steigenden Lebenserwartung in der westlichen Welt und weil sich die Menschen in der Zukunft vermutlich noch ungesünder ernähren werden als heute, ist sogar zu befürchten, dass die Zahl der Neuerkrankungen weiter drastisch steigt – Fachleute halten in den nächsten zwanzig Jahren eine Zunahme um 50 Prozent für wahrscheinlich. In Deutschland erkranken jedes Jahr rund 500 000 Menschen an Krebs, in der Schweiz und in Österreich jeweils knapp 40 000, vor allem an Karzinomen in Darm, Brust, Lunge und Prostata.
Die Diagnose Krebs schockiert. Sie wird immer noch mit Hoffnungslosigkeit, meist mit Unheilbarkeit in Verbindung gebracht. Doch die aktuellen Zahlen und Statistiken widerlegen diese Befürchtungen. Vor 1980 starben zwei Drittel aller Krebspatienten an ihrer Krankheit, heute kann mehr als die Hälfte auf dauerhafte Heilung hoffen. So schlimm die Diagnose für die Betroffenen in jedem Einzelfall auch sein mag: Krebs ist kein Todesurteil mehr! Das ist erfreulich – und trotzdem unbefriedigend, weil die meisten Menschen von unserer Hochleistungsmedizin mehr erwarten. Pro Jahr 200 000 Krebstote allein in Deutschland – eine Schreckensbilanz! Angesichts der Milliardeninvestitionen in die Forschung und Entwicklung neuer Therapien erscheinen deshalb die Erfolge der Onkologen eher bescheiden. Mit Operationen, Bestrahlungen und den zunehmend umstrittenen Chemotherapien gewinnt zwar die moderne Medizin in vielen Fällen den Kampf gegen den Krebs, aber von einem Durchbruch, gar von der Ausrottung dieser Volksseuche kann keine Rede sein. Hinzu kommt leider, dass die modernen Krebstherapien für die Patienten fast immer mit schlimmen »Nebenwirkungen« einhergehen. Während Chemotherapien und Bestrahlungen gehen die Menschen oft lebendig durch die Hölle: Sie verlieren ihren Appetit und die Haare, sie leiden an Brechreiz, an Durchfall, Verstopfung und Abgeschlagenheit. Ihre Lebensqualität sinkt dramatisch, weil ihr Immunsystem zusammenbricht.
Es sind aber nicht nur die körperlichen Schmerzen, die die Patienten quälen. Krebs ist eben mehr als »nur« ein Tumor. Für die meisten Menschen, bei denen der Arzt ein Karzinom festgestellt hat, bricht sofort eine Welt zusammen. Sie fallen in ein schwarzes Loch und kommen von ihren Gedanken nicht mehr los: Wie weit ist der Krebs in mir schon fortgeschritten? Haben sich bereits Metastasen gebildet – in der Lunge, im Kopf, im Darm? Habe ich überhaupt Chancen auf Heilung? Wie lange werde ich noch leben?
In den ersten Tagen nach der Diagnose, in denen der betroffene Mensch unter Schock steht, muss er bereits entscheiden, ob er der vom Arzt empfohlenen Behandlungsmethode zustimmt. Aber was bleibt ihm auch anderes übrig, als diesen Rat des Schulmediziners anzunehmen?
Damit beginnt für den Patienten häufig ein Leidensweg, der auch eine Stigmatisierung seines Lebens mit sich bringt. Ein Mann, eine Frau, die während der Chemo- oder Strahlentherapie abmagern und die Haare verlieren, leiden unter diesem Stigma oft mehr als unter den körperlichen Schmerzen. Meistens verändert sich auch noch von einem Tag auf den anderen das Verhältnis zu Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen, weil diese unsicher werden und nicht wissen, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollen: Muss man beim Zusammentreffen das Thema Krebs möglichst vermeiden oder ist es besser, offen darüber zu sprechen? Soll man mit dem Betroffenen vom Tod reden, von Schmerzen – oder das Gespräch lieber auf harmlose Themen lenken? So ist es kein Wunder, dass alte Bekannte und Freunde sich zurückziehen aus Angst, in der Begegnung mit dem Krebskranken falsch zu reagieren. Für den Betroffenen führt dieses Ausweichen leider zu einer Isolation, in der sich die jetzt dringend notwendigen Selbstheilungskräfte nur schwer entfalten können. Es beginnt ein Teufelskreis, in dem der Patient in einem ständigen Stimmungswechsel zwischen Hoch und Tief nicht selten seine berechtigte Hoffnung auf Heilung verliert.
Ein Blick zurück
Alle früheren Seuchen entstanden, weil Bakterien und Viren von außen in den menschlichen Körper einfielen und ihn zerstörten. Mit prophylaktischen Impfungen konnten die Ärzte gezielt gegen virale Infektionen vorgehen und den Ausbruch der tödlichen Krankheiten verhindern. Bei Krebs jedoch dringt der feindliche Erreger nicht von außen in den Körper ein, sondern entsteht im Inneren des Menschen und schwächt sein Immunsystem. Falsche Ernährung, zu wenig Bewegung, Stress in der Arbeit und im Privatleben und nicht verarbeitete Verlusterlebnisse verwandeln sich offenbar auf noch unbekannte Weise im Menschen zu einer hochexplosiven Mischung, die die Zellen verändert und zu Schädigungen und Entartungen führt.
Ein Blick in die Medizingeschichte zeigt: Die großen Seuchen der Menschheit wie Pocken, Pest, Lepra, Cholera, Typhus, Ruhr, Tuberkulose, Kinderlähmung, Syphilis und so weiter konnten durch hygienische Maßnahmen und Impfungen beherrscht, meist sogar ausgerottet werden. So stellt sich in einer Zeit höchstentwickelter Medizin- und Apparatetechnik sogar die Frage: Warum soll es nicht möglich sein, den Krebs durch Impfungen zu besiegen?
Auch mit diesem Thema beschäftigen wir uns im vorliegenden Buch. Dabei kann vor allem das Erfahrungswissen von der Heilkraft der Mistel das Tor zu einer neuartigen Krebsbehandlung öffnen. Diese »Zauberpflanze« weist derzeit den wohl hoffnungsvollsten Pfad zur Zähmung der Krebsleiden. In der Schulmedizin werden Mistelpräparate als ergänzende Therapie bereits sehr erfolgreich gegen Karzinome eingesetzt – und die gegenwärtig entwickelte und teilweise schon eingesetzte Mistelimpfung könnte vielleicht schon bald auf breiter Grundlage den Ausbruch der Volksseuche Krebs eindämmen. Wir werden sehen, dass sich die Mistel als »Impfung« schon in den Vorstadien der Krebserkrankung sehr gut einsetzen lässt. Oft werden dann Patienten frühzeitig aktiver und ändern unter dem Einfluss der Mistel ihre ungesunde Lebensweise.
In der Vergangenheit wurde aus den Forschungslabors immer wieder gemeldet, dass die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Krebs unmittelbar vor dem Abschluss stände. Leider haben sich diese Hoffnungen bisher nicht erfüllt. Das mag auch daran liegen, dass Impfstoffe wegen ihrer Nebenwirkungen sehr gefährlich sind – meistens sind zeitraubende Forschungen und klinische Studien notwendig, bevor die Impfungen beim Menschen durchgeführt werden können. Bei einem so komplexen Krankheitsbild wie Krebs gestaltet sich dieser Prozess besonders schwierig. Deshalb kommt einer vorbeugenden Impfung nach den Grundsätzen der Misteltherapie schon jetzt eine große Bedeutung zu, denn Mistelpräparate sind in der Krebstherapie sehr erfolgreich und haben keine schädlichen Nebenwirkungen. Menschen, bei denen eine Veranlagung für Krebs erkennbar ist, können sich etwa um die Lebensmitte heute bereits vorbeugend einer kurzzeitigen Misteltherapie unterziehen, die einer individuellen Impfung gleichkommt und den späteren Ausbruch der Krankheit verhindern kann.
Was ist nach der Diagnose zu tun?
Wenn ein Mensch mit der Diagnose Krebs konfrontiert wird, stellt sich sofort die Frage: Was tun? Das erste und wichtigste Ziel der konventionellen Krebsbehandlung ist die Zerstörung des Tumors. Dazu gibt es die drei »klassischen« Methoden: Stahl (Skalpell), Strahl (Bestrahlung) und Chemo (Chemotherapie). Sie werden oft auch gebündelt, paarweise oder zeitlich nacheinander angewendet. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Wissen über Krebs durch neue Erkenntnisse der Tumorbiologie und der Immunologie geweitet und zur Entwicklung von monoklonalen Antikörpern und Neoangiogenese-Hemmern geführt – ein therapeutischer Fortschritt, der aber leider die Behandlungskosten in astronomische Höhen treibt, sodass selbst in reichen Ländern die Medizinsysteme überfordert werden.
Erfreulich in der Schulmedizin ist, dass sich für fast alle Krebserkrankungen die Überlebenschancen von Jahr zu Jahr verbessern – auch dank der zunehmenden Früherkennung, weil immer mehr Männer und Frauen zu Vorsorgeuntersuchungen bereit sind. Von einem Durchbruch kann dennoch keine Rede sein. Die Schulmedizin erzielt ihre Erfolge ausschließlich aufgrund der ständig verbesserten Diagnose- und Therapiemethoden in den Labors und direkt am Krankheitsherd. Aber diese punktuelle Betrachtung des Tumors spiegelt nur ein eingeschränktes Krankheitsbild wider. Denn das Krebsgeschehen umfasst den ganzen Menschen – nicht nur seinen Körper. Deshalb könnte eine erweiterte, ganzheitliche Behandlung die Heilungschancen wesentlich verbessern. Die klassische Medizin ist in ihrem Kampf gegen Krebs zwar auf einem guten Weg. Sie könnte aber noch erfolgreicher sein, wenn sie ihre Behandlungsmethoden nicht auf den Körper beschränkte, sondern beim Patienten ganz bewusst auch die feinstofflichen Aspekte auf der Ebene des Willens, der Gefühle und des Denkens in den Genesungsprozess einbezöge.
Alternative und ergänzende Krebstherapien tun das. Von der uralten tibetischen Heilkunde bis zur anthroposophischen Medizin – allen ganzheitlichen Heilsystemen ist eines gemeinsam: Sie sehen die physische Krankheit – auch Krebs – als eine elementare Störung, die ihren Urgrund in der Seele hat. Dieser Zusammenhang erfordert auch für das Krebsgeschehen ein grundlegend anderes Verständnis: Ohne Heilung der Seele keine körperliche Heilung!
Der Mensch ist ein Wesen, in dem sich körperliche, emotionale und geistige Zustände zu einem komplizierten Beziehungsgeflecht vernetzen. Die Zusammenhänge zwischen diesen drei Ebenen sind oft nur schwer durchschaubar, aber es scheint wirklich alles mit allem in Verbindung zu sein. Wenn beim Menschen auf einer der drei Ebenen eine Krankheit auftritt, dann hat das auch Folgen für die anderen Ebenen. So bedeutet Heilung nicht nur das »Beseitigen« des körperlichen Leidens, sondern eine »Kräftigung« der Seele – einschließlich der Überwindung von seelischen Traumen, die auch bei der Krebserkrankung eine wesentliche Rolle spielen, leider aber kaum beachtet werden.
Das alte Heilwissen hat den Menschen immer als Einheit gesehen, eine Trennung von Leib, Seele und Geist gab es nicht. Es ist erfreulich, dass auch in der Gegenwart immer mehr Forscher, Ärzte und Pharmazeuten der wissenschaftlichen Avantgarde zu dieser Einsicht neigen – sie gehen in der Krebsbehandlung mit neuen Methoden weit über die eindimensionalen Ansätze der Schulmedizin hinaus. Die bekanntesten Methoden einer ganzheitlichen Krebsbehandlung finden sich in der Anthroposophischen Medizin (Misteltherapie), in der Homöopathie, in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), in der Phytotherapie, in der Hyperthermie, in der Enzymtherapie und in der so genannten Selbstregulationsmethode. Wir fokussieren uns hier auf die vielfältigen Aspekte der Misteltherapie. Im Anhang finden Sie die anderen gegenwärtig häufigsten Krebstherapien zusammengestellt und kurz erläutert.
► Im Zusammenspiel mit den schulmedizinischen Behandlungen ist die Misteltherapie wahrscheinlich die bedeutendste Methode, um dem Krebs in Zukunft seinen Schrecken zu nehmen. Sie kommt aus der Anthroposophischen Medizin, die auf den österreichischen Geisteswissenschaftler Dr. Rudolf Steiner (1861–1925) zurückgeht und heute mit ihren Kliniken und Instituten über die ganze Welt verbreitet ist. Steiners Modell ist im Grunde sehr einfach: Es stützt sich auf die naturwissenschaftliche, klassische Medizin, ergänzt deren Methoden und Ergebnisse jedoch um geisteswissenschaftliche Erkenntnisse, die auch die Seele und die individuelle Persönlichkeit des Menschen einbeziehen. Beides gehört nach Auffassung der Anthroposophischen Medizin zusammen. Insofern ist sie keine »Alternativmedizin«, sondern ein den Blick erweiterndes Heilsystem. Die Anthroposophische Medizin setzt alles ein, was die naturwissenschaftliche Forschung bereithält: Medizintechnik, Laboruntersuchungen, Medikamente, Operationen, Intensivmedizin. Aber sie geht in einem zweiten Schritt darüber hinaus und erfasst den Menschen auch in seinem funktionellen und seelischen Zustand – in seiner Sprache und seinen Bewegungen, in der Atmung und in den wichtigsten Lebensrhythmen wie Schlafen und Wachsein, Ruhe und Bewegung, Spannung und Entspannung, Arbeit und Pause, im Rhythmus des Essens und Verdauens, der Freude und des Leids.
Der anthroposophische Arzt lässt sich in der Behandlung von Krebspatienten von wissenschaftlichen Erkenntnissen leiten, aber zusätzlich berücksichtigt er auch den seelischen, emotionalen Zustand des Kranken – immer mit dem Ziel, die Lebenskräfte des Menschen zu stärken. Dabei ist der Patient nicht nur das Objekt medizinischer Kunst, sondern ein eigenverantwortlicher Partner des Arztes.
Die therapeutische Vielfalt ist groß – auch Musik, Malen, Gesprächstherapien, Entspannungsverfahren, Meditation, die Umstellung der Ernährung und eine Ordnung der Lebensweise gehören dazu. Natürlich verordnet der anthroposophische Arzt bei schweren akuten oder lebensbedrohlichen Erkrankungen auch allopathische Medikamente wie sein Kollege aus der Schulmedizin, aber wenn es sich vermeiden lässt, geht er sanfter vor. Bei der Wahl der anthroposophischen Medikamente wird vor allem darauf geachtet, dass sie die Selbstheilungskräfte des Menschen anregen. Das geschieht meist mit natürlichen, pflanzlichen, oft homöopathischen Arzneien, die sowohl auf den Tumor als auch auf die Gemütslage des Patienten wirken.
Der Schulmediziner findet das Medikament, das er dem Patienten verabreicht, allein auf der Grundlage der wissenschaftlichen Befunde. Dagegen versucht der anthroposophische Arzt, die innere »Verwandtschaft« zwischen dem erkrankten Menschen und dem Medikament zu entdecken. Der Patient muss also in seinem seelisch-geistigen Zustand ein ähnliches Grundmuster in sich tragen wie die Pflanze, deren Wirkstoffe gegen die Krankheit eingesetzt werden.
Diese Zusammenhänge lassen erahnen, wie umfassend ausgebildet und erfahren ein anthroposophischer Arzt sein sollte: Er muss den Patienten in seiner körperlichen und seelischen Verfassung wahrnehmen, begreifen und beurteilen – und gleichzeitig die subtilen Zusammenhänge zwischen dem Charakter der Krankheit und den besonderen Wirkkräften einer bestimmten Pflanze erkennen. Die richtige Zuordnung der stofflichen und seelisch-geistigen Kräfte des Menschen zu den entsprechenden Eigenschaften einer speziellen Pflanze ist nicht allein mit Logik zu bewältigen, sondern erfordert vom Arzt auch Intuition.
Nach anthroposophischer Erkenntnis sind die Wirkstoffe der Mistel das vielleicht stärkste Medikament gegen Krebs. Daraus entwickelte Rudolf Steiner 1920 seine Misteltherapie, die sich inzwischen als Ergänzung zu den konventionellen Krebsbehandlungen auf breiter Basis durchgesetzt hat. Laut Statistik bekommen heute bereits zwei von drei Krebspatienten zusätzlich zur klassischen Therapie auch Mistelpräparate. In klinischen Studien wurde nachgewiesen, dass die Extrakte der Mistel die Lebensqualität der Patienten deutlich erhöhen – dank einer Zunahme des Appetits und der Leistungsfähigkeit, dank verbessertem Schlaf und einer geringeren Anfälligkeit für Infekte. Auch die Rückbildung von Tumoren und die Lebensverlängerung durch Mistelwirkstoffe wurden beobachtet.
Seit Rudolf Steiners visionären Hinweisen im Jahr 1920 gilt die Mistel als hochwirksames Krebsmedikament. Aus den Zweigen mit Stängeln, Blättern, Blüten und Beeren wird – nach intensiver maschineller Aufbereitung und Durchmischung des Sommer- und Wintersaftes – ein Extrakt hergestellt, das meist unter die Bauchhaut gespritzt wird. Das Präparat kann in bestimmten Fällen auch direkt in den Tumor injiziert oder über Infusionen verabreicht werden. Die sehr häufige Injektion unter die Haut kann der Patient schon nach kurzer Zeit – ähnlich wie bei Diabetes – selber vornehmen. In der Regel kommt es kurz danach rund um die Einstichstelle zur erwünschten Reaktion: Die Haut rötet sich, juckt manchmal, schwillt leicht an und erwärmt sich – Zeichen dafür, dass die Mistel zu wirken beginnt. Sie erzeugt anfänglich eine Art Fieber und reizt den Organismus, der daraufhin seine Selbstheilungskräfte stimuliert und das Immunsystem kräftigt. Im Tumor selbst hemmen zur selben Zeit die Inhaltsstoffe der Mistel das wilde Wachstum der Krebszellen, sie können die Geschwulst häufig wieder verkleinern oder manchmal sogar ganz zum Verschwinden bringen.
Trotz aller Erfolge: In der Forschung zur Mistel ist vieles noch nicht erschöpfend geklärt. Nach wie vor ist es den Wissenschaftlern ein Rätsel, warum die Mistel bestimmte Körperzellen (Tumorgewebe) zerstört – und gleichzeitig andere Zellen, die das Immunsystem stärken, in ihrem Wachstum fördert. Auch die Gründe für die positiven Auswirkungen der Mistelbehandlung auf den Gemütszustand des Patienten liegen noch weitgehend im Dunkeln. Doch manchem fehlenden wissenschaftlichen Nachweis stehen die jahrzehntelangen Erfolge in der ärztlichen Praxis gegenüber – in zigtausend Fällen konnte die konventionelle Krebstherapie zum Wohle der Patienten durch Mistelpräparate ergänzt werden. Sie führten nachweislich zur Linderung von Schmerzen, zur Besserung des allgemeinen Befindens, nicht selten sogar zur Rückbildung der Geschwulst oder zur Heilung.
Ein besonderer Vorteil der Misteltherapie liegt auch in ihrer außerordentlich guten Verträglichkeit. Schädliche Nebenwirkungen, wie sie vor allem bei Chemotherapien und Bestrahlungen auftreten, sind bei Mistelbehandlungen nicht bekannt. Bisher wurden in keinem einzigen Fall Veränderungen in der Erbmasse (Mutagenität) festgestellt, es gab weder irgendwelche Missbildungen (Teratogenität) noch führten Mistelinjektionen jemals zur Entstehung neuer Krebsgeschwüre (Kanzerogenität). Die strengen Prüfungen nach den gültigen internationalen Standards ergaben, dass die Mistelpräparate unbedenklich eingesetzt werden können.
Die Mistel ist voller Geheimnisse
Die Misteltherapie bietet – in Ergänzung zur Schulmedizin – derzeit und in Zukunft die vielleicht größten Heilchancen für Krebspatienten. Warum ist das so?
Wer sich mit dieser uralten Pflanze beschäftigt, kommt schnell zu der überraschenden Erkenntnis: An der Mistel ist nichts normal! Sie unterscheidet sich deutlich von allen anderen Pflanzen. Das auffallendste Phänomen: Sie wächst nicht auf der Erde, sondern auf Bäumen und hat statt Wurzeln nur einen pfahlartigen »Senker«, mit dem sie sich im Holz ihres Wirtsbaums verankert. Über diesen Senker holt sich die Mistel ihre Nährstoffe aus dem Baum. Dabei wäre sie durchaus in der Lage, sich wie jede andere Pflanze dank der Sonne über ihre grünen Blätter und Stängel selbst zu versorgen – doch sie tut es nicht, sondern ernährt sich stattdessen überwiegend von ihrem »angezapften« Wirtsbaum. Wie ein Geschwür wächst die Mistel in der Krone ihres Baumes, der unter dem Schmarotzer allmählich seine Kraft verlieren und absterben kann.
Dabei fällt auf: Die Mistel kümmert sich nicht um die irdische Schwerkraft, sondern breitet sich mit ihren Ästen und Zweigen in alle Richtungen aus. Sie nimmt – in scheinbarer Missachtung der Gesetze der Erde und des Sonnenstandes – eine kugelige Gestalt an und richtet sich im wahrsten Sinne »ego-zentrisch« aus.
Die Mistel wächst nur von April bis Mitte Juni, dann hält sie inne und ruht fast bis Weihnachten. Erst wenn die Natur im Winterschlaf liegt, blüht sie auf und trägt ihre Früchte, die charakteristischen weißen Beeren. In der Mitte jeder Beere befindet sich unter der durchscheinenden Haut ein sofort keimfähiger Embryo. Doch dieser Same keimt nicht von selbst aus – er ist in der Beere »eingesperrt« und kann die ledrige Fruchthülle nicht ohne fremde Hilfe verlassen. Die Verbreitung des Samens übernehmen in Mitteleuropa Vögel, unter anderem die Misteldrosseln. Die Vögel fressen die Beeren, und mit dem Kot (»Mistel« ist vom Wort her urverwandt mit »Mist«) gelangt der Samen auf die Äste der Bäume. Das Mistelhaustorium, ein Saugorgan, wächst dann langsam in die Lebensschicht des Baumes, das Kambium, ein. Der Baum selbst bildet den Senker, weil er von der Mistel in seinem Wachstum »umgestimmt« wurde. Ein merkwürdiger Vorgang!
Doch es gibt noch mehr Merkwürdigkeiten. Nicht jeder Mistelembryo gedeiht auf jeder Rinde, sondern braucht immer einen passenden Wirtsbaum: Tannenmistel-Embryos die Tannen, Kiefernmistel-Embryos die Kiefern. Hingegen gilt bei den Laubbäumen das Prinzip, dass die Laubbaummistel fast jeden Laubbaum befallen kann. Nur beim Ginster ist es anders: Auf ihm wachsen sowohl die Mistelsamen von Nadelbäumen als auch von Laubbäumen. Und um die Verwirrung noch größer zu machen: Laubbaummisteln streuen weit – man findet sie auf Birken, Pappeln, Ulmen und sogar Eichen, auf denen Misteln sonst nur äußerst selten ansiedeln. Inzwischen ist fast kein Baum mehr vor einer Besiedlung durch eine Mistel sicher. Nur Buchen und Eiben meidet sie.
In der universalen Ordnung der Natur spielt die Mistel die Rolle des »outlaw«, des Gesetzlosen, der sich eine total verkehrte Welt geschaffen hat – kein Wunder, dass diese geheimnisvolle Pflanze seit jeher auch als Mythos in der Götter- und Sagenwelt auftaucht. Schon in der alten griechischen Sage um den Heilgott Aesculap wird berichtet, dass Krankheiten mit Eichenmisteln geheilt wurden. Im Heldenepos »Aeneas« des römischen Dichters Vergil öffnet die Mistel das Tor zu einer Unterwelt, in der die Verstorbenen leben, und ermöglicht wieder die Rückkehr aus dem Hades – so steht die Mistel symbolisch für den Sieg des Lebens über den Tod.
Der Mythos um die Mistel
Die Unterweltfahrt des trojanischen Helden Aeneas, der mit seinen Gefährten aus Troja entkommen konnte und dann die Stadt Rom gründete, ist in mythischer Form von großer Bedeutung: Sie macht die Wirkung der Mistel in Bildersprache verständlich. Aeneas möchte in der Unterwelt seinen toten Vater Anchises besuchen, um von ihm Ratschläge für seine Fahrt nach Italien zu bekommen. Laut Auskunft der Sibylle ist dies aber nur möglich, wenn er einen goldenen Zweig der Mistel sucht und auf seiner Fahrt trägt. Was tief in der Erde und im Dunkel verborgen ist, wo schreckliche Ungeheuer und finstere Gestalten zu Hause sind und die Toten wohnen – dorthin kommt nur, wer diesen Zweig, der der Göttin Persephone geweiht ist, mitnimmt. Mit ihm wird möglich, was sonst nur nach dem Tod sich eröffnet: Licht ins Dunkle der Triebe und Leidenschaften, ins eigene Schicksal zu bringen. In ähnlicher Form kann das bei einer Misteltherapie erlebt werden, wenn in den Höllenschlunden der Krebserkrankung ein Licht der Klarheit aufstrahlt und ein neues Bewusstsein hervorbringt.1
Diese Symbolik von Tod und Auferstehung findet sich noch eindrucksvoller in der germanischen Mythologie. Baldur, der Gott des Lichts und der Schönheit, wird von allen Göttern geliebt. Keiner der anderen Asen kommt ihm an Weisheit, Reinheit und Barmherzigkeit gleich. Darum wollen ihn die Götter vor Gewalttaten schützen. Die Göttin Frigg nimmt allen Geschöpfen den Eid ab, Baldur nicht zu schaden. Alle schwören – mit Ausnahme der Mistel. Der listenreiche Loki, der Baldur hasst, erfährt davon. Er reißt einen Mistelzweig ab und gibt ihn Baldurs blindem Bruder. Der, von Loki getäuscht, schießt den Pfeil auf Baldur und durchbohrt ihm damit die Brust. Er stirbt. Bei den Germanen galt dieser Tod als das größte Unglück, das je über Götter und Menschen gekommen war. So trug die Mistel die Schuld an der schwersten aller Zerstörungen. Und vielleicht entspricht es einer modernen Mythologie, dass die Mistel heute mit einer Art Wiedergutmachung dazu beitragen kann, die gegenwärtig schlimmste Zerstörung der Gesundheit, nämlich Krebs, zu heilen. Dass der Mistel besondere Kräfte innewohnen, glaubten auch die Kelten. Für sie waren die Mistelbeeren vor allem ein Fruchtbarkeitssymbol, ein allmächtiger göttlicher Samen – eine Vorstellung, die vielleicht damit zusammenhängt, dass die weißliche Frucht an Sperma erinnert. Die Priester der Kelten, Druiden, brauten aus Eichenmisteln, die sie in geheimnisvollen Kulthandlungen zu bestimmten Zeiten mit einer goldenen Sichel abschnitten, einen Zaubertrank, der den Menschen Fruchtbarkeit, Kraft und Heilung schenken sollte. Die Magie der Mistel wird heute vor allem in den Asterix-Comics geschildert, wenn der Druide Miraculix seinen Zaubertrank anrührt, um den Galliern übernatürliche Kräfte zu verleihen.
Auch viele Christen glaubten im Mittelalter an die magischen Kräfte der Mistel. Sie trugen Kreuze und Amulette aus Mistelholz auf ihrer Brust oder ließen beim Beten die Mistelholzperlen des Rosenkranzes durch die Finger gleiten. In Europa – vor allem in den skandinavischen und angelsächsischen Ländern – hat sich ein alter Mistelbrauch bis heute erhalten: In der Weihnachtszeit hängen viele Menschen Mistelzweige an die Tür – sie sollen für das kommende Jahr Glück, Kraft, Gesundheit und reichen Kindersegen bringen.
In der Heilkunde spielte die Mistel vor Rudolf Steiners Entdeckung Anfang des 20. Jahrhunderts allerdings nur eine bescheidene Rolle. Der berühmte Arzt Paracelsus übernahm aus der Antike die Empfehlung, die Mistel bei Epilepsie einzusetzen – ein Verfahren, das auch in der Gegenwart noch in der anthroposophischen Medizin erfolgreich angewendet wird. Die berühmte christliche Mystikerin Hildegard von Bingen verwendete im 12. Jahrhundert die (Birnen-)Mistel gegen Lungenerkrankungen, und 1543 wurde in einem »Kreutterbuch« empfohlen, Mistelbrei auf Geschwüre zu legen, um sie zu heilen. Andere Forschungen ergaben, dass sich die krampflösende Wirkung der Mistel auf das Blutsystem übertragen lässt und den Blutdruck senkt. Und nach einer Empfehlung der Volksmedizin sollen schwangere Frauen Misteln an ihrem Körper tragen, um später die Niederkunft zu erleichtern.
Wie wirkt die Mistel?
In der Krebstherapie war diese geheimnisvolle Pflanze vor Steiners Entdeckung praktisch unbekannt. Offensichtlich war sie den kritischen Blicken der Ärzte, Wissenschaftler und Forscher entgangen.
Die Einsatzmöglichkeiten von Viscum album (Mistel) bei Krebs, auf die Steiner vor etwa hundert Jahren erstmals hingewiesen hatte, wurden 1938 durch die Forschungen von Fr. E. Koch bestätigt, der Experimente mit über einhundert Heilpflanzen machte. Koch suchte damals nach Wirkstoffen, die zur Behandlung lokaler Krebsgeschwüre besser geeignet waren als die seinerzeit eingesetzten Mittel wie Arsen, Quecksilber und Ätzkalk. Die Behandlung mit diesen Stoffen führte zwar dazu, dass lokale Tumore zerstört werden konnten, aber dabei wurde immer auch das angrenzende Gewebe erheblich geschädigt. Außerdem bereitete der nekrotisch zerfallende Tumor den Patienten selten dauerhafte Heilung, aber immer starke Schmerzen. Koch wollte deshalb eine Substanz finden, die den Tumor beseitigte, jedoch das benachbarte Gewebe nicht angriff und für den Gesamtorganismus möglichst ungiftig war. Tatsächlich bestätigten