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Große Cyber-Action von Bestsellerautor Chris Bradford Scott ist begeistert, als er von dem berühmten Spieleentwickler Vince Powers auserwählt wird, dessen neues Video-Kampfspiel »Virtual Kombat« zu testen – das Online-Game, bei dem die Grenzen zwischen realer und virtueller Welt verschwimmen. Doch schon bald muss Scott sich fragen, ob das alles nicht mehr ist als ein Spiel: Er deckt ein Geheimnis nach dem anderen um den zwielichtigen Vince Powers auf und es ist klar, dass er ihn und sein Spiel stoppen muss. Aber Powers wird nach jedem Angriff mächtiger denn je … Die ›Virtual-Kombat‹-Reihe jetzt mit großem, bisher unveröffentlichtem Finale im Sammelband.
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Seitenzahl: 248
Chris Bradford
Der letzte Gegner
Aus dem Englischen von Karlheinz Dürr
Für Matt, einen treuen Freund
Ich kann den Blick nicht von den Kämpfern losreißen.
Donner, der Kickboxer, hat dem Zerstörer soeben die Vorderzähne ausgeschlagen. Der Schlag lässt den Zerstörer zurücktaumeln, er spuckt Blut. Aber er ist riesig und stark, senkt den Kopf wie ein Stier und greift Donner an. Seine Faust, mächtig wie ein Amboss, kracht in Donners Bauch. Donner klappt zusammen. Der Zerstörer erwischt ihn mit einem Aufwärtshaken genau an der Kinnspitze. Donners Körper wird durch die Luft geschleudert und fällt, schwer wie ein Sack Kartoffeln, mitten in der Kampfarena auf den Boden.
Die Zuschauer brüllen und jubeln.
Mir hat es den Atem verschlagen. Für diesen Kampf war Donner der absolute Favorit!
Donner stemmt den Oberkörper mühsam hoch. Der Zerstörer hebt die Fäuste bis zu den Ohren des Gegners und schlägt dann mit voller Kraft von beiden Seiten gegen seinen Kopf. Das ist der Schlag, der ihn berühmt gemacht hat – der Schädelbrecher.
Game over für Donner.
Auf dem riesigen 3D-Bildschirm über der Straße erscheint ein rot-schwarzes Logo, das den gesamten Bildschirm ausfüllt:
VK
Eine tiefe Stimme dröhnt: »VIRTUALKOMBAT. SOREAL, DASSESSCHMERZT.«
Es folgt ein Werbespot für Synapse-Drinks. Der Konzern ist der wichtigste Sponsor von Virtual Kombat. Ich versuche nicht hinzuschauen. Werbung bringt mich immer dazu, etwas haben zu wollen, das ich nicht haben kann.
Der Kampf ist vorbei, die Straßenkids verstreuen sich, huschen wie Ratten in die Seitengassen zurück, so wertlos wie der Müll, der die Stadt verschmutzt. Ungewollt. Unbeachtet. Vergessen.
Ich bin einer von ihnen. Scott. Eines der unzähligen Straßenkids.
Das Killervirus von 2030 hat mir die Eltern genommen. Es hat Millionen ausgelöscht. Seltsam war nur, dass es keine Straßenkids angriff. Als die Ärzte nicht mehr weiterwussten, behaupteten sie einfach, das Virus würde von uns Kids übertragen. Daraufhin jagten viele Eltern ihre eigenen Kinder aus dem Haus, trieben sie auf die Straße. Und als die Erwachsenen wegstarben, landeten natürlich auch unzählige Waisen auf der Straße. Jetzt sind wir Tausende, Abertausende.
Die ganze Welt verwahrloste, ging buchstäblich vor die Hunde. Bis schließlich die Armee eingriff. Sie verhängte Notstandsgesetze, und tatsächlich stellte sich allmählich wieder so etwas wie Ordnung ein. Aber der Schock saß zu tief: Die Menschen wagten sich nicht mehr aus den Häusern. Zwar war die Ausbreitung des Virus inzwischen wieder abgeflaut, aber die Erwachsenen fürchteten sich noch immer vor der Ansteckung. Die meisten Menschen flüchteten sich in ein Leben im Netz. Und damit begann die Erfolgsgeschichte von VK. Die Leute brauchten ein Ventil, irgendetwas, das ihnen die Möglichkeit bot, ihre Wut, Frustration und Verzweiflung hinauszulassen.
VIRTUALKOMBAT
REALISTISCHERALSJEDESANDEREKAMPFSPIEL!
Das jedenfalls wird in den VK-Werbespots immer behauptet. Und tatsächlich ist Virtual Kombat die Nummer eins der Kampfspiele auf der Welt. Monumentale Videowände stehen überall in der Stadt. Wie irre strahlende, kranke Sonnen, die niemals untergehen.
Gerade jetzt erscheint vor mir auf der Videowand ein riesiges 3D-Foto: ein Zing-Energieriegel. Schnell wende ich den Blick wieder ab. Zu spät: Mein Magen verkrampft sich. Das ist die reinste Folter.
Dann höre ich einen Fanfarenstoß und dumpfe Trommeln: die VK-Erkennungsmelodie. Die Werbepause ist vorbei und das Logo der Show erscheint wieder. Und wieder ist die Stimme zu hören: »REALISTISCHERALSJEDESANDEREKAMPFSPIEL! JEDERFEINDHATEINENEIGENENWILLEN!«
Zwei Ansager erscheinen auf dem Bildschirm und lächeln mit blitzend weißen Zähnen in die Kamera. Jetzt beginnt der Höhepunkt des Programms: Auf jeder der zehn Stockwerke hohen Videowände laufen nun Wiederholungen sämtlicher »Killings« des heutigen Tages. Köpfe werden abgeschlagen, Knochen gebrochen, Kämpfer getötet. Auf den monumentalen Bildwänden wird alles bis ins letzte grausige Detail sichtbar.
Danach erscheint die aktualisierte Bestenliste. Der Zerstörer hat sich um einen Rang verbessert, Donners Name ist verschwunden.
VIRTUALKOMBAT. SOREAL, DASSESSCHMERZT.
Ich selbst verspüre im Moment nur einen realen Schmerz – in meinem Magen. Seit Tagen habe ich nichts mehr gegessen. VK lenkt den Verstand vom Hunger ab. Solange die Sendung läuft, denkt man nicht so oft daran. Aber kaum ist sie vorbei, verkrallt sich der Hunger mit neuer Kraft im Magen.
Die Wiederholung will ich mir jetzt nicht mehr zumuten. Ich ziehe mich in eine schmale Seitengasse zurück. Dort stehen ein paar große Mülltonnen, direkt neben dem Hinterausgang eines Restaurants, in dem die Reichen und Mächtigen speisen. Oder jedenfalls diejenigen, die sich noch aus ihren Villen nach draußen wagen. Sofern man verspiegelte SUVs, verglaste Gehwege und riesige Shoppingcenter als »draußen« bezeichnen kann.
Mit ein bisschen Glück finde ich vielleicht ein paar Abfälle, die die Köche in den Müll geworfen haben.
Plötzlich höre ich jemanden brüllen: »Gib’s her!«
Im Halbdunkel der Gasse entdecke ich zwei Typen, die ein kleines Mädchen und einen Jungen in die Ecke getrieben haben.
Das kleine Mädchen schüttelt trotzig den blonden Kopf und presst eine braune Papiertüte an die Brust. Der größere der beiden Typen schlägt ihr brutal ins Gesicht und reißt ihr die Tüte aus den Händen.
Das Mädchen weint nicht. Straßenkids sind zäh. Aber selbst aus der Entfernung kann ich den roten Handabdruck auf ihrer Wange sehen.
»Lass meine Schwester in Ruhe!«, schreit der Junge und stellt sich zwischen das Mädchen und den Schläger. »Gib ihr die Tüte zurück, sie gehört uns!«
»Wer’s findet, darf’s behalten«, ruft der andere Schlägertyp spöttisch. Er ist kräftig gebaut und hat dunkelrotes Haar. Plötzlich stößt er den Jungen brutal zu Boden und lacht, als der mit dem Kopf hart auf dem Straßenpflaster aufschlägt.
Der andere hat inzwischen die Tüte geöffnet. »Du glaubst es nicht, Grizzly«, ruft er mit gierig glänzenden Augen. »Frisches Brot!«
Brot. Mein Magen knurrt laut. Was würde ich für ein Stück Brot nicht alles tun.
»Los, lass uns was essen, Cobra!«, fordert der Junge, der auf den Namen Grizzly hört, und will nach der Tüte greifen.
Cobra hält sie schnell außer Reichweite. »Pfoten weg.«
»He, komm schon«, bettelt Grizzly. »Die anderen merken es doch nicht, wenn ein Bissen fehlt.«
Während sie sich streiten, schleiche ich mich von hinten an, springe vor und entreiße Cobra die Tüte.
»He!«, faucht Cobra geschockt, als er herumwirbelt. »Das gehört uns!«
»Wer’s findet, darf’s behalten«, sage ich. Ich gebe mich furchtlos. Wer Furcht zeigt, ist in dieser Stadt so gut wie tot.
Wetten, dass sich Cobra und Grizzly immer nur kleinere Kids vornehmen? Vor solchen Typen habe ich keine Angst.
Aber es ist trotzdem ein riskantes Spiel. Zwei gegen einen.
»Es gehört euch nicht«, fahre ich fort und starre sie drohend an. »Und jetzt verpisst euch!«
Grizzly wirft Cobra einen unsicheren Blick zu, aber Cobra zieht ein abgebrochenes Stahlrohr aus dem Gürtel.
Sieht so aus, als hätte ich die Wette verloren.
Cobra holt aus und schwingt das Rohr gegen meinen Kopf. Ich lasse die Tüte fallen und springe vor, um seinen Angriff abzublocken. Dann packe ich seinen Schlagarm und verbiege ihn, bis er vor Schmerzen aufheult und das Rohr fallen lassen muss. Ich stoße ihn zu Boden. Im selben Moment greift mich Grizzly von hinten an und umklammert meinen Hals. Ich ramme ihm den Ellbogen in die Rippen. Er lässt los. Ich packe ihn und werfe ihn über meine Schulter. Er schlägt hart auf den Asphalt und ich trete ihn nicht sehr sanft in den Unterleib.
Cobra ist wieder aufgesprungen, aber statt erneut anzugreifen, packt er den stöhnenden Grizzly und zieht ihn auf die Füße. »Warte, bis Shark das erfährt«, faucht Cobra. »Der nimmt dich auseinander!«
Ich weiche nicht von der Stelle, während sie davonhumpeln. Aber meine innere Stimme schreit mich an: IDIOT!
Shark. Das ist keiner, mit dem man sich anlegen sollte. Nicht mal für eine Tüte voller Brotabfälle. Er hat einen schlechten Ruf. Aber woher hätte ich wissen sollen, dass diese Typen zu ihm gehören? Das hier ist Tigers Revier. Ergibt keinen Sinn für mich, warum Sharks Leute hier nach Nahrung grasen. Vielleicht sind die beiden neu und kennen die Regeln noch nicht so gut.
Als ich mich nach der Brottüte bücke, wird mir schwindelig. Der Kampf hat mich noch mehr geschwächt. Ich muss etwas essen, dringend.
Das Mädchen und der Junge stehen dicht beieinander, bibbernd vor Kälte und Hunger und Angst. In dieser Stadt hört der Nieselregen nie auf. Die beiden klammern sich aneinander und starren mich aus großen Hungeraugen an. Mir wird klar, dass sie Zwillinge sind. Blondes Haar, babyblaue Augen. Und der gleiche Ausdruck von Angst und Trauer im Gesicht, der mir fast das Herz bricht.
»Wie heißt ihr?«, frage ich.
»Ich bin Tommy. Meine Schwester heißt Tammy«, sprudelt es aus dem Jungen heraus.
So hungrig ich auch bin, ich gebe dem Mädchen die Brottüte zurück. »Okay. Das gehört dir, Tammy.«
Sie sagt nichts, presst die Tüte aber an die Brust.
»Wer bist du?«, flüstert Tommy mit weit aufgerissenen Augen.
Klar ist er geschockt: Hier auf der Straße ist Freundlichkeit selten. Den Luxus leisten sich nur Idioten. Das Blödeste, was du tun kannst, sage ich mir. Bist du nicht selbst am Verhungern?
»Scott«, sage ich.
»Wo hast du so kämpfen gelernt?«, fragt Tommy weiter.
»Na, mit Street Fighter 7.«
Ich muss unwillkürlich lächeln, als die Erinnerung zurückkommt.
Es stimmt. Vor dem Virus wohnte ich in einem großen Haus im Süden der Stadt. Meine Eltern waren super. Sie gaben mir alles, was ich haben wollte. Die absolut teuerste Spielekonsole. Und immer die neuesten Spiele. Mein Dad und ich waren absolut süchtig nach Street Fighter. Ich durfte die verschiedenen Angriffs- und Verteidigungstechniken sogar an ihm selbst ausprobieren, richtig echt, meine ich. Gewonnen habe ich nie. Dad war in einer Spezialeinheit beim Militär gewesen und hatte einen Schwarzen Gürtel in Taekwondo. Wir trainierten jeden Tag miteinander. Dem Training habe ich es zum großen Teil zu verdanken, dass ich überhaupt noch am Leben bin, während andere Kids hier im Viertel wie Fliegen starben.
Ich schüttle den Kopf und konzentriere mich wieder auf das Hier und Jetzt. Tammy hat die Tüte geöffnet. Ängstlich huscht ihr Blick durch die Gasse, wie der einer Maus, jederzeit bereit, bei der geringsten Gefahr zu fliehen.
»Sie spricht nicht viel, deine Schwester«, sage ich zu Tommy. Er schüttelt stumm den Kopf.
Tammy nimmt ein großes Stück Brot aus der Tüte. Mein Magen verkrampft sich, mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Ohne ein Wort reicht sie mir die Tüte, bricht das große Brotstück in zwei Hälften und reicht eine ihrem Bruder. Ich schaue in die Tüte. Sie hat mir mehr als die Hälfte der Beute überlassen. Aber ich bin zu ausgehungert, um mich zu bedanken. Gierig verschlinge ich das Brot.
»Das Brot ist frisch!«, sage ich überrascht und mit vollem Mund.
Tommy nickt. »Der Koch backt immer ein bisschen mehr, extra für uns. Da sind Booster drin.«
Ich vergesse alles um mich herum, gebe mich völlig der knusprigen Rinde und dem weichen Inneren hin. Und schon fühle ich ein wenig Kraft zurückkehren, als die Energie-Booster zu wirken beginnen und meinen ausgezehrten Kraftspeicher wieder auffüllen.
Viel zu schnell bin ich mit dem Brot fertig und wische mir den Mund am Ärmel ab. »Das war … echt super.«
Tammy lächelt zum ersten Mal.
Doch dann, genauso schnell, verschwindet ihr Lächeln.
»DAISTER!«
Ich wirble herum. Cobra und Grizzly sind am Ende der Gasse aufgetaucht und deuten auf mich. Doch jetzt sind sie nicht mehr allein – als Verstärkung haben sie die gesamte Shark-Gang mitgebracht. Shark selbst steht ganz vorn. Er trägt eine schwarze Lederjacke. Das Haar hat er eisblond gefärbt und zu Stacheln hochfrisiert. Er grinst mich fies an. Keine Frage, wie er zu seinem Straßennamen gekommen ist: Zwei Reihen zum Teil abgebrochener Zähne leuchten im schwachen Widerschein des Videoscreens in der Straße hinter uns.
Shark zieht einen Blazer aus der Tasche und schaltet ihn ein. Aus der Entfernung sieht die grün leuchtende Laserklinge wie ein Ausrufezeichen aus.
Kampf oder Flucht?
Über die Frage muss ich mir keine Sekunde lang den Kopf zerbrechen.
Ich jage davon.
Die ganze Bande nimmt die Verfolgung auf, ich höre ihr Getrampel hinter mir, als ich in eine weitere, noch schmalere Seitengasse einbiege. Diesen Stadtbezirk kenne ich wie meine Hosentasche. Ich nehme die Abkürzung zur Hauptstraße, weiche den glänzenden SUVs aus, als ich quer über die Straße und in die Gasse auf der anderen Seite jage. Aber es gelingt mir nicht, Sharks Gang abzuschütteln.
Halb verhungert, wie ich bin, holen sie schnell auf, schon höre ich Sharks wütende Beschimpfungen.
So kann ich ihnen nicht entkommen, ich muss über die Dächer.
Als ich um eine Ecke biege, sehe ich genau das vor mir, was ich brauche: eine Mülltonne als Steighilfe. Ich klettere darauf und springe, bekomme mit knapper Not die unterste Sprosse einer Feuerleiter zu fassen und ziehe mich daran hoch. Hastig klettere ich weiter hinauf, immer weiter, bis ich auf dem Dach ankomme, elf Stockwerke hoch. Weit unter mir erstreckt sich das Netz der Straßen. In jeder Richtung sehe ich unzählige riesige Videowände, auf den Dächern ragen Satellitenschüsseln und Mobilfunkmasten empor.
Unten auf der Straße hat sich die Bande aufgeteilt. Shark und ein paar andere folgen meinem Weg aufs Dach. Die Übrigen huschen wie Ratten durch das Gewirr der Gassen und verrenken sich die Hälse, als ich aufs nächste Dach springe.
Ich komme auf, rolle mich ab, setze über einen Lüftungsschacht und sprinte zum Dachrand. Diesmal ist die Entfernung zum nächsten Haus größer. Ich springe trotzdem. Die Angst und das Booster-Brot geben mir Kraft. Aber der Aufprall rammt mir die Luft aus der Lunge. Ich krache in das Metallgerüst einer Videowand.
Als ich aufschaue, erscheinen dort die Worte: VINCEPOWER – KANNERUNSERESTADTRETTEN? Ein glatt rasierter, gebräunter Mann in einem teuren, blauen Anzug taucht auf dem Bildschirm auf. Sein silbergraues Haar fällt sofort ins Auge. Ich muss seinen Namen nicht lesen, um zu wissen, wer er ist. Er ist einer der reichsten und mächtigsten Männer der Welt. Er hat Virtual Kombat erfunden.
Während ich mich aufrapple, sehe ich, dass Grizzly denselben Sprung wagt wie ich eben. Aber er schafft es nicht.
Er prallt gegen den Dachrand, Todesangst verzerrt sein Gesicht. Verzweifelt versucht er, sich festzuklammern, mir schießt der Gedanke durch den Kopf, dass ich ihn vielleicht retten sollte, aber da kommt auch schon Shark heran. Er schafft den Sprung mühelos, läuft eiskalt an Grizzly vorbei und rast hinter mir her.
Ich springe auf ein niedrigeres Dach und fliehe.
Shark bleibt oben und wir jagen nebeneinander auf zwei verschiedenen Gebäuden an den Dachkanten entlang.
Aber er ist schnell. Es kostet mich meine ganze Kraft, den kleinen Vorsprung zu halten.
Tief unter uns auf der Straße sehe ich Leute aus seiner Gang, die mich beobachten und hoffen, dass ich abstürze. Plötzlich verliere ich Shark aus den Augen und für einen Moment glaube ich, dass er abgestürzt ist.
Aber dann entdecke ich die Lederjacke und die stacheligen Haare vor mir. Er versperrt mir den Weg. Ich gehe ein paar Schritte rückwärts. Mit einem dumpfen Aufprall landet Cobra hinter mir.
Jetzt bleibt mir nur noch ein Fluchtweg, das Gebäude rechts von mir. Aber das Dach liegt viel zu tief.
Shark grinst sein Haigrinsen, während er den Blazer hervorzieht.
»Zeit zum Brennen«, sagt er.
Mir bleibt kein anderer Ausweg mehr. Ich muss springen.
Ich renne zum Rand des Daches und werfe mich in die Leere, stürze hinab. Für einen Moment fühlt es sich an, als würde ich von der Luft getragen. Dann pralle ich auf das Dach des unteren Hauses. Ich stöhne vor Schmerz, als sich mein Fußgelenk verdreht.
Cobra starrt geschockt auf mich herab. Der Abstand ist riesig. Er wird den Sprung nicht wagen.
Aber dann fliegt ein Schatten durch die Luft und Shark landet direkt neben mir. Er kommt hart auf, kracht mit dem Kopf an eine Satellitenschüssel. Der Junge ist noch verrückter als ich – denn ich hatte keine andere Wahl!
Schmerzen schießen durch mein Bein, als ich davonhumple. Auf einem Videoscreen beginnt gerade das Interview mit Vince Power.
»Mr Power, viele Leute halten Sie für einen Helden«, sagt die Reporterin mit schmachtendem Lächeln. Die junge Frau ist eine Art Kunstprodukt aus falschen Wimpern, blitzend weißen Zähnen, das Ergebnis ungezählter Schönheitsoperationen. »Durch Ihr Virtual-Kombat-Programm ist die Zahl der Gewaltverbrechen zurückgegangen, und Ihr Unternehmen Power Incorporated finanziert das Städtische Waisenhaus«, fährt sie fort. »Was treibt einen Mann wie Sie an?«
Vince Power lächelt. »Mein Motto ist: So vielen wie möglich das größte Glück. Ich möchte so viele Menschen glücklich machen, wie ich nur kann. Und deshalb habe ich mich entschlossen, den Straßenkids einen Ausweg aus ihrem Schicksal zu bieten. Ihnen neue Hoffnung zu geben in einer hoffnungslosen Welt.«
Ich wende mich ab. Shark ist wieder auf den Beinen und kommt auf mich zu.
Mit dem Rücken an einem Mobilfunkmast sitze ich endgültig in der Falle. Ich bin verletzt und habe keinen Fluchtweg mehr.
Ein scharfes Summen, als Sharks Laserklinge aufleuchtet.
»Keine Hoffnung mehr für dich, Pretty Boy«, zischt Shark und richtet den Blazer auf mein Gesicht.
In diesem Augenblick dringt ein schrilles Klingeln von der Straße herauf: die ersten Takte der VK-Erkennungsmelodie.
Shark erstarrt mitten in der Bewegung. Wir wissen beide, was das bedeutet.
»Aufgeschoben ist nicht aufgehoben«, flüstert er heiser und schaltet den Blazer wieder aus.
Als ich auf den Platz humple, wird mir sofort klar, dass ich zu spät komme.
Sämtliche Straßenkids unseres Bezirks drängen sich dicht um einen riesigen weißen Truck, auf dessen Seiten große VK-Logos prangen. Die eine Seite des Trucks steht weit offen. Im Innern sind zwanzig kapselartige PlayPods zu sehen. Jeder besteht aus einer Art Pilotensitz, einem großen Touchscreen, einem Kontrollpanel sowie einem herabsenkbaren Headset, das den Kopf völlig umschließt. Es wird »Hoodie« genannt und allein durch Gedankenkraft gesteuert.
Die VK-Erkennungsmelodie ist verstummt. Auch die Zing-Energieriegel wurden schon in die Menge geworfen. Aber was viel schlimmer ist: Sämtliche PlayPods sind bereits besetzt.
Ich fluche vor mich hin. Mein Pech – typisch. Ausgerechnet an dem Abend, an dem ich mich mit Sharks Gang anlege, muss der VK-Truck in unsere Zone kommen!
Der Truck ist eine Möglichkeit, von der Straße zu kommen – die einzige. Er ist eine mobile VK-Spielstation. Schafft man es in einen der PlayPods, hat man die Chance zu beweisen, dass man gut genug ist, Tester für Vince Powers Spiele zu werden. Als Tester erhält man einen Platz in seinem Waisenhaus. Und das bedeutet: jeden Tag gutes Essen, ein weiches Bett, beheizte Räume, Unterricht – die Chance auf ein normales Leben.
Aber selbst wenn man nicht ausgewählt wird, bekommt man ein ordentliches Essenspaket. Und Nahrung ist so ziemlich das Wertvollste, was man auf der Straße besitzen kann – man kann sie essen oder damit handeln. Und überleben.
Aber ich habe das alles natürlich wieder mal verpasst.
Shark nicht. Er hat sich ohne Probleme einen der schwarzen Ledersessel in einem PlayPod erobert, das Headset ist bereits über seinen Kopf gestülpt. Vor dem Truck rangelt seine Bande um die besten Plätze, um möglichst gute Sicht auf seinen Monitor zu bekommen. Dann entdeckt mich Cobra in der Menge.
Die Auswahl ist für mich gelaufen, ich hau lieber ab. Ob Shark es schafft oder nicht schafft, Tester zu werden, spielt keine Rolle: Wir haben eine Rechnung offen, von jetzt an wird mich seine Gang nicht mehr in Ruhe lassen. Ich muss in eine andere Zone wechseln.
Als ich davonhumple, höre ich meinen Namen.
Erstaunlicherweise hat es Tommy auf einen der PlayPod-Plätze geschafft. Er winkt mich zu sich.
»Nimm meinen Platz«, ruft er vom Truck herunter.
»Was? Bist du bescheuert? So eine Chance kriegst du nicht jeden Tag!«
Tommys Blick wandert zu dem stummen Mädchen, das neben mir steht. »Kann meine Schwester nicht im Stich lassen, oder?«
Er rutscht von seinem Sitz. »Ich hab ihn sowieso nur für dich frei gehalten.«
»SPIELER – SEIDBEREITFÜRDENKAMPF!«, dröhnt eine Stimme aus den gewaltigen Lautsprechern des Trucks.
Keine Zeit für lange Reden. Ich schwinge mich in den Sessel und stülpe so schnell es geht das Headset über den Kopf. Das Spiel beginnt.
Mein Gehirn ist völlig leer. Dunkelheit umfängt mich.
Dann zucken Lichtblitze vor meinen Augen und im nächsten Moment befinde ich mich in einem exotischen chinesischen Tempel. Steinerne Drachen bewachen jede Ecke der Tempelkammer, aus ihren Rachen schießen Flammen. Stählerne Spieße ragen in einem großen Kreis aus dem Boden – mit den scharfen Spitzen nach oben. Sie markieren den Rand der Kampfzone.
Das hier ist eine Ein-Raum-Arena für Trainingszwecke. Es gibt keine Ausgänge. Keine Rätsel. Und weder Feinde noch irgendwelche Monster. Hier geht es nur um einen Zweikampf. Kämpfer gegen Kämpfer. Ein Knock-out-Kampf – wer ihn überlebt, ist Sieger.
Die anderen Wettkämpfer stehen im Kreis um die Arena und warten auf das Startzeichen.
Mein Blick zuckt nach rechts zu den Avataren, die noch übrig sind. Viele sind es nicht mehr. Ein Sumo-Ringer. Eine Ninja. Ein alter Priester. Doch dann sehe ich die vertraute weiße Jacke eines Taekwondo-Meisters. Mein Avatar-Körper verwandelt sich von der Standardeinstellung in einen starken, sehnigen Kampfsportler.
Am unteren Rand meines Gesichtsfeldes leuchtet mein Energie-Level auf, ein grüner Balken, der anzeigt, wie es um das Leben meines Avatar bestellt ist.
Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich zuletzt ein Videospiel gespielt habe. Hätte bestimmt nicht geschadet, vorher ein wenig üben zu können.
VK hat die Welt der Kampfspiele praktisch revolutioniert, oder jedenfalls so sehr verändert, dass etwas fast völlig Neues entstanden ist. Man springt und hüpft jetzt nicht mehr mit einem Controller durchs Wohnzimmer, der die Bewegungen nie schnell genug auf dem Monitor anzeigt. Das ist mega-out, seit Vince Power das Headset mit Echtzeit-Gedankensteuerung einführte. Diese Hoodies sind einfach genial: Du brauchst eine bestimmte Aktion nur zu denken und schon führt dein Avatar sie aus. Und dann, letztes Jahr, kam der nächste Fortschritt: ein Upgrade, das die Headsets direkt mit dem Gehirn verlinkt. Jetzt erleben die Spieler das Spiel – in ihren Köpfen!
Ein Fanfarenstoß, gefolgt von einem wilden Trommelwirbel.
»SPIELER – BEGINNTDENKAMPF!«
Im Nu verwandelt sich die Arena in ein blutiges Gemetzel: Zwanzig Straßenkids kämpfen um einen einzigen Platz im Waisenhaus. Ich blicke mich um und rätsle, welcher Avatar Shark gehört.
Eine Kriegerprinzessin wird durch die Luft geschleudert. Blut schießt aus ihrer Brust, als sie rücklings von einem der Begrenzungsspeere aufgespießt wird. Ein riesiger afrikanischer Ringer hämmert einen Glücksritter buchstäblich in den Boden. Im selben Moment tötet ein Mann in langem schwarzem Ledermantel und dunkler Sonnenbrille einen Shaolin-Mönch mit einer unglaublich schnell ausgeführten Serie mörderischer Karatekicks.
Plötzlich ragt vor mir ein tätowierter Mongolenkrieger auf und schwingt einen mächtigen Knüppel auf meinen Kopf herab. Aber er verfehlt mich meilenweit.
Reines Glück.
Mein erster Gegner muss ein Anfänger sein. Er kann seinen Avatar noch nicht richtig kontrollieren und ist daher meinem Gegenangriff hilflos ausgeliefert. Ich fälle ihn mit einem lichtschnellen Frontkick und setzte sofort mit einer gnadenlosen Abfolge von Fausthieben nach – jeder einzelne Hieb wird vom Soundeffekt mannigfach verstärkt und schallt als widerliches Knochenknacken aus den gewaltigen Lautsprechern. Sein Energie-Level blinkt kurz auf, als ich ihn mit einem Axe-Kick endgültig ausschalte. Virtuelles Blut schießt aus dem Mund des Kriegers.
Da ich den Kampfstil meines Avatar bereits gut kenne, kann ich schneller reagieren als die anderen Kämpfer und sie mit jedem meiner Schläge und Tritte schwer treffen. In weniger als einer halben Minute liquidiere ich einen Samurai-Krieger, einen Thai-Kickboxer und den afrikanischen Ringer.
Inzwischen rast mein Puls, das Adrenalin rauscht durch mein System. Das Spiel ist wie ein echter Kampf – nur ohne die Schmerzen.
Eine Handvoll Wettkämpfer hat es bis hierher geschafft.
Jetzt kommt der Kämpfer auf mich zu, den ich für mich »Ledermann« nenne. Dieser Avatar bewegt sich gut und sieht gefährlich aus. Er wirbelt rasend schnell durch die Luft, sein Tritt erwischt mich am Kinn. Sterne blitzen vor meinen Augen auf und ich taumle rückwärts. Mein Energie-Level sinkt. Schon setzt mir Ledermann mit einer rasend schnellen Serie von Roundhouse-Kicks und Back-Kicks nach. Mein Energie-Level fällt und fällt. Unaufhörlich geht es bergab. Es wird immer schwerer, meinen Avatar unter Kontrolle zu bekommen.
80 % … 60 % … 45 % … 30 % …
Ein grauer Schleier scheint sich über die Arena zu senken, ich sehe sie nur noch verschwommen, rote Blitze und Punkte tanzen vor meinen Augen. Viele Schläge werde ich nicht mehr einstecken können.
Ich rolle mich zur Seite, als plötzlich eine Amazonenkriegerin Ledermann von hinten angreift – außer ihm und mir ist sie die einzige der Kämpfer, die noch auf den Füßen steht. Allerdings nur noch eine Sekunde – Ledermann springt hoch und umklammert ihren Kopf mit den Beinen. Mit einem Doppeldreher bricht er ihr das Genick.
Außer Atem, fast am Ende, verfolge ich, wie er die Amazone vernichtet. Und dabei wird mir etwas klar: Ledermann kennt nur eine Kampftechnik – Fußtritte.
Ich ziehe mich bis zum Rand des Kampfrings zurück und lasse mich direkt vor den Spießen zu Boden sinken, als sei ich geschlagen. Ich will ihn dazu bringen, mir den finalen Schlag zu versetzen.
Und er kommt tatsächlich, will den Kampf mit einem prächtigen Flying Kick beenden. Doch im Moment seines Absprungs tauche ich plötzlich unter ihm weg. Ledermann kann den Sprung nicht mehr abbremsen und fällt in die todbringenden Spieße. Blut spritzt in alle Richtungen. Benommen höre ich von irgendwo, von außerhalb des Spiels, den Jubel der Zuschauer.
GAMEOVER
Mir wird schwarz vor den Augen.
Ich ziehe das Hoodie vom Kopf, blinzle, bis sich meine Augen allmählich wieder an die Echtwelt gewöhnen. Einen Moment lang begreife ich nicht, wo ich mich befinde. Mir ist speiübel und schwindelig.
Die Menge jubelt mir zu, während Shark aus dem Truck geführt wird. Er hält den Trostpreis in der Hand: ein Nahrungspaket. Aber es ist deutlich, dass er keinen Trost will.
Er reißt Cobra die Lederjacke aus der Hand und starrt wütend zu mir herauf.
»Eines Tages fackle ich dich ab«, knurrt er.
Drohend reckt er den Blazer in meine Richtung.
Als sich der Truck in Bewegung setzt, entdecke ich mitten unter den schreienden Kids Tommy und seine Schwester. Ich werfe Tommy mein Nahrungspaket zu.
Er grinst breit und zeigt mir das V-Zeichen. Dann dreht er es seitwärts, sodass daraus ein »K« wird.
»Willkommen in eurem neuen Heim«, sagt der silberhaarige Vince Power.
Er schenkt uns sein perlweißes Lächeln. Alle strahlen zurück. Für uns fünfzehn neue Kids, die Sieger des Auswahlverfahrens, ist es wie ein Traum – wir stehen in der Empfangshalle des Vince-Power-Waisenhauses. Ein Gebäude, das nur aus Bögen, Säulen, riesigen Fenstern und einem kuppelförmigem Glasdach zu bestehen scheint.
Seit meiner Ankunft habe ich bereits einen Gesundheits-Check und meine erste Dusche seit Wochen hinter mich gebracht – und zum ersten Mal seit Langem wieder in einem richtigen Bett geschlafen. Es gab eine warme Mahlzeit und neue Klamotten – einen tiefschwarzen Kampfanzug mit dem rot glänzenden VK-Logo auf der Brust. Auf dem Rücken steht mein Name in weißer Schrift:
SCOTT
Ich hätte mir einen anderen Namen für meinen Avatar ausdenken sollen. Aber so schnell war mir keiner eingefallen.
»Ihr alle habt eine natürliche Begabung für Virtual Kombat bewiesen«, erklärt uns Power. »Und nun seid ihr hier, um diese Begabung weiterzuentwickeln und Tester der nächsten Generation von VK zu werden. Als Gegenleistung verlange ich nur eins: dass ihr euch an die Regeln haltet.«
Ein großes, schwarzes Mädchen mit dem Namenszug HEXE hebt die Hand. »Was sind denn die Regeln?«
Vince schaut sie mit ernstem Gesicht an. Dann grinst er breit. »Es gibt keine.«
Alle lachen.
»Jedenfalls nicht in der Arena. Aber hier, im Heim, werden sich unsere Wärter um euch kümmern.«
Er deutet auf eine Reihe von ungefähr dreißig Männern und Frauen, alle in makellosen roten VK-Uniformen. Eine große Frau mit rundem Gesicht zwinkert mir freundlich zu. Die übrigen sehen für meinen Geschmack ein bisschen zu streng und militärisch aus.
»Wir verlangen nur eins von euch: Respekt«, fährt Power fort. »Zu eurer eigenen Sicherheit müssen wir euch bitten, euch von den Sperrzonen fernzuhalten. Bleibt im Waisenhaus. Und geht zu Bett, wenn das Licht ausgeht.«
Ein Stöhnen läuft durch die Menge. Power achtet nicht darauf. Mit einer ausholenden Geste weist er auf die Halle, die mindestens fünfhundert Sitzplätze fasst. »Hier in dieser Halle werdet ihr essen«, erklärt er. »Frühstück, Mittagessen, Abendessen.«
Das verschlägt mir buchstäblich den Atem, genau wie auch allen anderen Kids. Drei Mahlzeiten am Tag?
Über uns leuchtet ein riesiger Videoscreen auf. Er zeigt die tägliche VK-Arena-Show. Wieder geht es um den Zerstörer. Erst kurz zuvor ist er zu den Top-Ten-Kämpfern aufgestiegen, nachdem er Chaos in einem unglaublichen Zweikampf geschlagen hat. Sie zeigen den Todesschlag immer und immer wieder, aus verschiedenen Perspektiven. Chaos’ Hirnmasse ist über die halbe Arena verspritzt – er ist das jüngste Opfer des brutalen Zerstörer-Spezialschlags, dem Schädelbrecher.
Vince sagt nichts zum blutigen Sieg des Zerstörers, nickt aber; offenbar zufrieden mit dem, was auf dem Bildschirm zu sehen ist. Jetzt wendet er sich mit einem Lächeln an uns: »Durch die Glastüren dort drüben gelangt ihr in die Chillzone. Dort könnt ihr euch nach dem Training entspannen. Folgt mir.«
Der Raum ist mit Sofas, Sitzsäcken, Getränke- und Snackautomaten und PlayPods ausgestattet. In einer Ecke chillt eine Gruppe Kids. Sie grüßen Vince, als er eintritt, aber uns beachten sie nicht. Ihre Augen sind fest auf eine Monitorwand gegenüber gerichtet. Jeder der Screens zeigt eine andere Arena in Live-Übertragung. Eine digitale Bestenliste wird eingeblendet, von Kämpfern, deren Name ich noch nie gehört habe. Sogar der Zerstörer fehlt unter den Top Ten.
»Welche VK-Liga ist das?«, frage ich.
»Eure eigene«, sagt Vince. »Das sind die Feeds von der Trainingszone. Hier könnt ihr eure Mitkämpfer jederzeit beim Kämpfen beobachten.«
Auf einem der Monitore in der Mitte kämpft ein weiblicher Avatar gegen einen Ninja. In ihren Shorts und dem engen T-Shirt sieht sie aus wie eine Retro-Kopie von Lara Croft. Sie trägt ein Samurai-Schwert quer über dem Rücken. Am unteren Bildrand wird eine Schrift eingeblendet:
ROTERNINJAGEGENKAT-ANA