Da wird ja der Hund in der Hölle verrückt - Louisa Masters - E-Book

Da wird ja der Hund in der Hölle verrückt E-Book

Louisa Masters

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Beschreibung

Dies ist Alistairs Geschichte und der dritte Teil der Reihe "Teufel sind auch nur Menschen".In meiner ersten und letzten Beziehung habe ich gelernt, dass Liebe tödlich sein kann. Das war mir eine Lehre. Meine Großartigkeit ist jetzt ausschließlich für One-Night-Stands und gelegentliche Treffen reserviert. Klar, meine Freunde scheinen mit ihren Partnern glücklich zu sein, aber pff – kein Interesse.Obendrein geht es im Community of Species Government gerade heiß her, und ich bin mittendrin. Es scheint, als ob die Bösen uns im Moment überlegen sind, aber wir werden den Spieß umdrehen. Selbst wenn das für mich bedeutet, mit Aidan Byrne auf eine Mission zu gehen.Ich bin immer noch nicht glücklich darüber, wie Aidan vor ein paar Monaten die Sache mit meinem besten Freund Sam gehandhabt hat, auch wenn er am Ende recht hatte. Außerdem hat er irgendetwas an sich, bei dem sich mir das Fell sträubt.Pech für ihn, denn vor einer Herausforderung habe ich mich noch nie gedrückt. Selbst wenn sie in Form eines sexy Speziesoberhaupts daherkommt ...

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LOUISA MASTERS

DA WIRD JA DER HUND IN DER HÖLLE VERRÜCKT

TEUFEL SIND AUCH NUR MENSCHEN 3

Aus dem Englischen von Johanna Hofer von Lobenstein

Über das Buch

In meiner ersten und letzten Beziehung habe ich gelernt, dass Liebe tödlich sein kann. Das war mir eine Lehre. Meine Großartigkeit ist jetzt ausschließlich für One-Night-Stands und gelegentliche Treffen reserviert. Klar, meine Freunde scheinen mit ihren Partnern glücklich zu sein, aber pff – kein Interesse.

Obendrein geht es im Community of Species Government gerade heiß her, und ich bin mittendrin. Es scheint, als ob die Bösen uns im Moment überlegen sind, aber wir werden den Spieß umdrehen. Sogar wenn das für mich bedeutet, mit Aidan Byrne auf eine Mission zu gehen.

Ich bin immer noch nicht glücklich darüber, wie Aidan vor ein paar Monaten die Sache mit meinem besten Freund Sam gehandhabt hat, auch wenn er am Ende recht hatte. Außerdem hat er irgendetwas an sich, bei dem sich mir das Fell sträubt.

Pech für ihn, denn vor einer Herausforderung habe ich mich noch nie gedrückt. Selbst wenn sie in Form eines sexy Speziesoberhaupts daherkommt …

Über die Autorin

Louisa Masters hat früher mit dem Lesen von Liebesromanen angefangen, als nach Meinung ihrer Mutter gut für sie war. Während sich andere Teenager nachts aus dem Haus schlichen, schmuggelte Louisa tagsüber Liebesromane hinein. Als Erwachsene wollte sie erst einmal einen »vernünftigen« Beruf ergreifen und hat als Buchverkäuferin, im Personalwesen, im Ressourcenmanagement, in der Verwaltung und als Reisekauffrau gearbeitet. Inzwischen hat sie ihre Leidenschaft, das Lesen und Schreiben von Unterhaltungsromanen, zu ihrem Beruf gemacht.

Louisa führt eine lange Liste von Orten, die sie in Büchern entdeckt hat und gerne einmal besuchen möchte. Sie reist gern, um ihre Vorstellungskraft zu beflügeln, auch wenn sie sich niemals an den Jetlag gewöhnen wird. Ihr Zuhause ist Melbourne, und obwohl sie häufig über das australische Wetter jammert, ist sie insgeheim sicher, dass sie vermutlich niemals dort wegziehen wird.

Die englische Ausgabe erschien 2021 unter dem Titel »Hijinks With A Hellhound« bei World of Words.

Deutsche Erstausgabe April 2022

 

© der Originalausgabe 2021: Louisa Masters

© Verlagsrechte für die deutschsprachige Ausgabe 2022:

Second Chances Verlag

Inh. Jeannette Bauroth, Steinbach-Hallenberg

 

Alle Rechte, einschließlich das der vollständigen oder auszugsweisen Wiedergabe in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Alle handelnden Personen sind frei erfunden, Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

 

Umschlaggestaltung: Frauke Spanuth, Croco Designs

unter Verwendung von Motiven von Willee Cole, frenta, lumikk555, korrakot sittivash, Lukas Gojda

 

Lektorat: Annika Bührmann

Korrektorat: Isabel Wieja

Satz & Layout: Second Chances Verlag

 

ISBN: 978-3-948457-94-5

 

www.second-chances-verlag.de

 

 

Inhaltsverzeichnis

Titel

Über die Autorin

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

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KAPITEL 1

ALISTAIR

Ich springe die Stufen zum Townhouse meines BFFs hoch, verlangsame aber kurz vor der Tür meine Schritte. Sein ständig schlecht gelaunter Partner hat die eklige Angewohnheit, den Privatsphärenzauber zu aktivieren, um mich daran zu hindern, ins Haus zu platzen. Den will ich keinesfalls an den Kopf bekommen, und davon abgeschmettert und wieder auf die Straße geworfen werden möchte ich schon gar nicht – der Scheiß tut echt weh! Würde mich nicht wundern, wenn er das mit Absicht macht. Er ist genau der Typ, der darauf steht, anderen Schmerzen zuzufügen.

Na gut … das stimmt nicht wirklich. Er ist eigentlich ein guter Kerl, wenn auch brummig. Und es scheint ihm Spaß zu machen, mich zu ärgern. Aber mein Bestie liebt ihn nun mal, also muss ich damit leben, dass ich um drei Uhr morgens rausgeworfen werde und dass der Schutzzauber aktiv ist, wenn ich einfach nur zum Frühstück vorbeikommen möchte. Manche Leute haben einfach keine Ahnung von Gastfreundschaft.

Ich gehe durch die Eingangstür. Sie ist abgeschlossen, aber – hallo, ich bin ein Höllenhund. Kein Schloss der Welt kann mich aufhalten. Im Foyer bleibe ich allerdings stehen. Nachdem ich sie das eine Mal, äh, mittendrin überrascht hatte, achten sie ziemlich streng darauf, den Zauber zu aktivieren, bevor sie Sex haben. Gideon hat aber gedroht, mir den Schwanz abzuschneiden und ihn mir in den Mund zu stopfen, wenn ich jemals wieder reinkommen sollte, während sie vögeln, also gehe ich lieber auf Nummer sicher. Außerdem, jetzt mal ehrlich: Wie unhöflich ist das denn, im Wohnzimmer Sex zu haben, wenn man doch weiß, dass jederzeit Freunde zu Besuch kommen können?

Beschämend ist das.

Es sind keine verdächtigen Geräusche zu hören, und die Sex-Duftspuren scheinen ein paar Stunden alt zu sein, also gehe ich in die Küche, um mir etwas zu essen zu suchen. Oben läuft die Dusche, und jemand macht eine Schublade zu, also machen sie sich gerade fertig für die Arbeit. Scheint so, als sind sie heute Morgen etwas spät dran.

Ich mache wohl am besten Frühstück für alle!

Die Küche ist gut bestückt, wie es bei Sam immer der Fall ist, und ich gieße mir eine Tasse Kaffee aus der halb vollen Kanne ein, während ich die Auswahl begutachte. Ich hätte wirklich Lust auf Pancakes, aber die gehören leider nicht zu meinem Repertoire. Aus irgendwelchen Gründen sind sie jedes Mal, wenn ich welche mache, entweder verkohlt oder innen roh. Traurige Sache. Stattdessen schiebe ich Brotscheiben in den Sechser-Toaster und hole die Tüte Haferflocken heraus, die Sam immer extra für mich besorgt – also früher war es jedenfalls so. Seit seiner Verwandlung vom Menschen zum Shifter macht sein Metabolismus Überstunden, und inzwischen weiß er es zu schätzen, wie satt eine große Schüssel Porridge macht.

Als Gideon die Küche betritt, sind die ersten Toastscheiben fertig und ich rühre in den Haferflocken. Er wirft mir einen finsteren Blick zu, geht zur Kaffeemaschine und gießt die Tasse in seiner Hand wieder voll.

»Ich hoffe um deinetwillen, dass das auch für Sam ist«, knurrt er. Ich habe ja in meinen fast zweihundert Jahren schon so einige Dämonen kennengelernt, aber er ist der Einzige von ihnen, der offenbar das Gefühl hat, den menschlichen Klischees von dämonischem Verhalten entsprechen zu müssen. Als ich das mal zu Sam gesagt habe, hat er mir allerdings niedergeschlagen erzählt, dass das anscheinend in der Familie liegt. Sam kennt Gideons Verwandtschaft bisher nur vom Telefon, aber besonders herzlich scheinen sie nicht zu sein.

Armer Sam. Auch wenn es ja seine freie Entscheidung war, sich mit einem zwanghaft pingeligen Arsch einzulassen, der gerne die Schränke von anderen Leuten aufräumt und arme, nichts ahnende Höllenhunde quält.

»Aber natürlich ist es auch für Sam«, beteuere ich. »Ich liebe Sam. Er ist mein allerbester BFF auf der ganzen …«

»Schon gut, schon gut«, grummelt er, greift zum Toast und schiebt neues Brot hinein. Zwei Shifter und ein Dämon können ganz schön viel wegpacken. Zwölf Scheiben Toast und ein Topf Porridge werden nicht reichen.

Hmm. Vielleicht …

»Ich wollte euch eigentlich Pancakes machen, aber du weißt ja, wie das letztes Mal ausgegangen ist«, sage ich, die Unschuld in Person. »Möchtest du auch Porridge? Ich kann noch mehr machen.«

Er blinzelt mich an, den Mund voller Erdnussbutter-Toast. Dass er verwundert ist, kann ich ihm nicht verdenken – er weiß ja nicht, was für ein Meister der Manipulation ich bin. Letzte Woche hatte ich mich geweigert, meine Zwei-Kilo-Packung m&ms mit ihm zu teilen und ihn anschließend fünf Minuten lang beschimpft, weil er mir meinen besten Freund geklaut hat.

Schließlich schluckt er und sagt. »Nein … danke. Ich kann mir selbst Pancakes machen.«

Ich zucke die Achseln, als wäre mir das völlig gleich. »Na klar.«

Er wirkt misstrauisch, also plappere ich weiter darüber, wie sehr ich mich auf den Frühling und die blühenden Vorgärten freue, während er eine Schüssel herausholt und anfängt, Eier aufzuschlagen. Es sind nur vier, ein Grund zur Besorgnis.

»Morgen«, verkündet Sam munter, während er mit einer leeren Tasse in der Hand hereinschlendert. »Alistair, hast du nichts mehr zu Essen zu Hause?« Er geht in Richtung Kaffeemaschine.

»Willst du etwa andeuten, dass du nicht mit mir frühstücken willst?« Ich lege eine Hand aufs Herz, während ich mit der anderen den Topf vom Herd nehme. »Das kränkt mich wirklich. Wie kannst du nur so verletzend sein, nach all den Jahren der Ergebenheit …«

»Meine Fresse, da wünsche ich mir ja fast, dass er weiter über die blöden Blumen faselt«, murmelt Gideon, und ich muss grinsen.

»Ich wusste doch, dass du zuhörst! Du hast so getan als ob du nicht hinhörst, aber ich hab’s genau mitgekriegt. Du magst Frühlingsblumen genauso gern wie ich, stimmt’s? Innerlich bist du ein ganz schöner Softie. Also sehr, sehr tief innen drin – okay, man müsste wohl eine Ausgrabung machen, um es zu finden, aber du hast doch ein Herz und mffff…«

Sam legt mir die Hand über den Mund, um mich zu unterbrechen. »Hör auf, bevor er dich umbringt. Ich werde dich nicht beschützen.« Ich sehe ihn aus großen, traurigen Augen an, und er lässt die Hand mit einem angewiderten Geräusch sinken. »Warum funktioniert der Hundeblick eigentlich immer bei mir?«

»Es ist der böse Zauber der Höllenhunde«, meint Gideon. »Man muss sich davor schützen.«

Ich starre ihn mit offenem Mund an – solche Verleumdungen! Aber Sam nimmt sich eine Scheibe von dem inzwischen kalten Toast. »Machst du Rührei?«, fragt er dann mit Blick in die Schüssel, und Gideon schüttelt den Kopf.

»Pancakes. Magst du auch?«

Hier muss ich erwähnen, dass er mich überhaupt nicht gefragt hat. Mich! Einen Gast in seinem Haus. Verstehen Sie jetzt, was ich meine, wenn ich sage, dass seine Gastfreundschaft zu wünschen übrig lässt?

»Ja, bitte«, sagt Sam. »Pancakes und Porridge hören sich super an.«

Ich werfe ihm hinter Gideons Rücken einen flehentlichen Blick zu und er verdreht die Augen. »Mach bitte auch welche für Alistair, da er ja so nett war, Porridge für mich zu kochen. In meiner Küche. Aus meinen Vorräten.«

»Oh danke, Gideon. Das wäre toll! Wirklich lieb von dir.« Ich reiche Sam seine Schale Porridge mit der einen Hand und den Ahornsirup mit der anderen, dann nehme ich meine Schüssel und eine Packung Blaubeeren und setze mich zu ihm an den Küchentisch.

Gideon dreht sich zu mir und wirft mir einen sehr direkten, sehr trockenen Blick zu. Ich lächele. »Morgen«, sagt er, »bleibt der Zauber aktiv.«

Ich schiebe mir einen Löffel Porridge in den Mund, denn ich habe einen Bärenhunger – ich hatte wirklich nichts mehr im Haus –, dann schmolle ich. »Aber dann komme ich ja gar nicht rein.«

Sam hustet.

»Schon okay«, erkläre ich dann großzügig. »Ich rufe einfach an, wenn ich da bin. Oder ich übernachte hier. Das wäre ein Spaß! Aber denkt daran, kein Sex, solange ich im Haus bin. Ihr habt eine gute Lärmdämmung, aber so gut ist sie dann auch wieder nicht. Und Höllenhundnasen riechen einfach alles.«

»Ach übrigens«, sagt Sam hastig und viel zu laut, »was hast du heute so zu tun? Bist du im Büro oder unterwegs?« Sam, Gideon und ich arbeiten im gleichen Team beim Community of Species Government – kurz CSG. Ehrlich gesagt bin ich unglaublich stolz darauf, denn ich bin einer der Jüngsten in diesem Ermittlerteam, das direkt dem Luzifer unterstellt ist. Aber ich versuche, es mir nicht anmerken zu lassen und ganz cool zu sein – so bin ich eben drauf.

»Im Büro«, antworte ich Sam. »Erst trainiere ich mit Noah, dann will Percy« – der Luzifer – »mich sprechen.«

»Was hast du angestellt?«, will Sam wissen. Es ist wirklich verletzend.

Wenn auch nicht ganz unbegründet.

»Nichts! Ich schwör’s. Er klang nicht böse. Wahrscheinlich will er nur mal hören, wie es läuft. Wir hatten noch keine Zeit für das übliche Mitarbeitergespräch, seit ich angefangen habe.«

Sam sieht immer noch misstrauisch aus, was mich wirklich in den Tiefen meiner Seele trifft, und da ich definitiv sicher bin, dass ich nichts falsch gemacht habe – also, weitgehend –, sehe ich ihm tief in die Augen und frage: »Wie kannst du nur so an mir zweifeln? Verstehst du denn gar nicht, worauf wahre Freundschaft begründet …«

»Iss einfach, Alistair«, sagt er resigniert.

Ich ziehe beleidigt die Nase hoch, dann mache ich mich über meinen Porridge her, während Gideon meine Pancakes zubereitet.

Es ist so schön, den Tag mit Freunden zu beginnen.

 

***

»Verfluchter Schleimscheiße fressender Schwanzlutscher!«, brüllt Noah.

»Du schaffst das!«, rufe ich ihm ermutigend quer durch den Raum zu. Keine Chance, dass ich auch nur in seine Nähe gehe, wenn er so drauf ist. Gut, er ist nur ein zwanzigjähriger Mensch, der gerade erst wieder laufen gelernt und immer noch absurd wenig Kraft hat, nachdem er extrem viel von seiner Muskelmasse verloren hat, aber er kann einem trotzdem ganz schön Angst einjagen. Er hat die Experimente eines bösen Wissenschaftlers und Zauberers überlebt und sich ein Jahr lang direkt vor der Nase seiner Feinde versteckt gehalten, auf ihrem eigenen Versuchsgelände! Dann hat er sich quasi selbst beigebracht, die existenzielle Magie zum Zaubern zu nutzen, und zwar auf eine Art und Weise, von der niemand wusste, dass es Menschen überhaupt können. Schließlich wurde er von dem gleichen Zauberer erneut entführt und hat es geschafft, sich aus einer anderen Dimension zurück zu uns zu teleportieren – etwas, das eigentlich völlig unmöglich sein sollte. Also halte ich lieber Abstand, wenn Noah sauer ist.

Vor ein paar Wochen haben wir noch befürchtet, dass er uns wegstirbt, weil er durch das Teleportieren so unterernährt war. Es scheint so – das ist die Arbeitshypothese, denn genau wissen wir es nicht –, als ob Menschen das Teleportieren so viel Energie kostet, dass Noahs Körper sich quasi selbst kannibalisieren musste, um es möglich zu machen. Das hat ihn fast zum Skelett abmagern lassen. Zum Glück haben einige unserer besten Medizinzauberer ihn behandelt, und obwohl er immer noch eine Menge Muskeln wieder aufbauen muss, schwebt er inzwischen nicht mehr in Lebensgefahr. Seine Zungenmuskulatur ist jedenfalls wieder in Topform. Wir trainieren alle abwechselnd während seiner Physio im Fitnessraum, teils um ihm Gesellschaft zu leisten, und teils als Bodyguards – schließlich könnte Dr. Tish, sein Entführer, es noch mal versuchen.

»Steck’s dir sonst wohin, Alistair!«, antwortet er wütend, hoch konzentriert auf die Übungen, die sein Physiotherapeut ihm aufgebrummt hat.

»Ich will dir doch nur helfen!«, quengele ich und fange mit dem nächsten Satz Übungen an. Wobei ich es eigentlich ganz gern habe, wenn mir Dinge sonst wohin geschoben werden.

Noah presst etwas durch die zusammengebissenen Zähne hervor, das ich noch nicht mal mit meinem Höllenhund-Gehör verstehen kann, aber seinem mordlustigen Gesichtsausdruck nach zu schließen ist das auch besser so. Es würde mich sicher kränken, und dann würde es ihm später leidtun, und dann müsste er sich noch mit der überwältigenden Last seiner Schuldgefühle herumplagen, zusätzlich zu allem anderen, was er am Hals hat.

Ich bin mit meinem Training fertig und sehe schweigend zu, wie Noah sich durch seine letzten Übungen quält. Ich kann es nicht genau beurteilen, weil ich menschliche Kräfte noch nie besonders gut einschätzen konnte, aber für mich sieht es super aus. Er hat definitiv Fortschritte gemacht, seit ich das letzte Mal mit war. Das wird auch Andrews Verdienst sein, der ihm ständig besonders nahrhafte Proteinriegel zusteckt.

Apropos Andrew …

Und da vibriert auch schon das Handy in meiner Tasche. Wir anderen haben uns schon ausgiebig darüber ausgetauscht, wie besorgt unser ältestes Teammitglied um Noah ist – es ist einfach ungewohnt bei unserem sonst so lockeren achthundert Jahre alten Vampir. Andererseits, wenn man fast neun Jahrhunderte gebraucht hat, um sich richtig zu verlieben, und dann miterleben muss, wie sein Liebster fast drauf geht, weil er etwas tut, was eigentlich gar nicht möglich sein sollte – vielleicht ist es da ganz logisch, dass man leicht paranoid wird.

Ich ziehe das Handy heraus, um die Nachricht zu lesen.

Andrew: Wie läuft es denn so? Ist er bald fertig? Braucht er Hilfe beim Duschen?

Ich verdrehe die Augen.

Ich: Wir haben immer noch nicht zu Ende besprochen, warum du MIR ETWAS VERHEIMLICHT hast, mir, deinem geliebten besten Freund zweiten Grades.

Andrew: Schon wieder diese Leier? Sag mir einfach, wie es Noah geht. Soll ich runterkommen?

Ich: Es ist schockierend, wie lange du uns deine Gefühle für Noah erfolgreich VERSCHWIEGEN hast, besonders mir, deinem geliebten besten Freund zweiten Grades.

Andrew: Ich komme runter.

Ich: Noah geht’s gut. Er flucht, als ob er der Erfinder aller Kraftausdrücke ist, und er ist fast fertig. Und jetzt noch mal dazu, dass arglistige Täuschung in einer besten Freundschaft zweiten Grades etwas ganz Schlimmes ist.

Andrew: Soll ich runterkommen und ihm beim Duschen helfen?

Andrew: Und was soll das überhaupt sein, beste Freundschaft zweiten Grades?

Ich: Weißt du noch, was das letzte Mal passiert ist, als du gekommen bist, um ihm beim Duschen zu helfen? Ich frage ihn nicht, damit er nicht beschließt, diesen geballten Zorn auf mich loszulassen. Wenn er Hilfe braucht, wird er schon Bescheid sagen.

Ich: Und wie kannst du unsere beste Freundschaft zweiten Grades so verleugnen? Das tut wirklich weh. Als würdest du mir ein Messer mitten ins Herz stechen.

Andrew: Ich verleugne gar nichts – bis jetzt. Ich weiß einfach nicht, was das sein soll. Hast du dir das ausgedacht oder ist das so ein komisches Höllenhunde-Ding?

Ich: AUSGEDACHT??? Mir die zweitengste Art von Freundschaft ausdenken? Oh, wenn ich nur so mächtig wäre!

Andrew: Okay, das hat Spaß gemacht, aber wenn Noah mich nicht braucht, arbeite ich jetzt weiter. Bleib in deiner zweibeinigen Form, während er duscht, für den Fall, dass er hinfällt oder so – UND WEHE ich höre, dass du deinen eigenen Schwanz gejagt oder dir die Eier geleckt hast, während mein Freund Hilfe brauchte.

Ich: Du bist nur neidisch, weil du das nicht kannst.

»Ist das Andrew?«

Ich sehe auf. Noah steht vor mir, verschwitzt und zerzaust. Sein Physiotherapeut räumt die benutzten Geräte weg.

»Jepp.« Ich halte ihm das Display hin. »Keine Sorge, er kommt nur runter, wenn du ihn darum bittest.«

Noah schüttelt den Kopf. »Ich liebe ihn, aber manchmal würde ich ihn am liebsten mit einem Kissen ersticken, so wie er mich mit seiner Fürsorge erstickt.«

Ich lächle. »Ohhh. Das solltest du auf eines dieser schicken Wandtattoos drucken lassen und bei euch im Schlafzimmer anbringen. Du könntest einen herzförmigen Umriss mit der Überschrift ›Wahre Liebe‹ wählen.«

Er verdreht die Augen und schnaubt, aber um seine Lippen spielt ein winziges Schmunzeln. »Ich gehe duschen.«

Ich passe meine Schritte seinen leicht zittrigen an. »Ich auch. Obwohl dein Vampir-Daddy sagt, dass ich mich in der Umkleide nicht verwandeln und meine Eier lecken darf, für den Fall, dass ich dir …«

Er hält so abrupt an, dass ich schon zwei Schritte weitergelaufen bin, bevor ich es überhaupt merke und mich umdrehe. Auf seinem Gesicht liegt blankes Entsetzen, und ich sehe mich nach der Gefahrenquelle um.

Nichts.

»Was denn?«, frage ich. Er ringt um Worte.

»Ich … was … ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll! Warte, doch, ich weiß es genau. So nennst du Andrew nie wieder. Meinen Vampir-Daddy? Was hast du denn eingeworfen?«

»Ach, komm schon! Wie soll ich ihn denn sonst nennen? Er ist viel älter – viel, viel älter – und er besteht darauf, sich um dich zu kümmern. Und ein Vampir ist er auch. Passt doch wie die Faust aufs Auge.«

Sein Blick ist wirklich furchteinflößend, auch wenn ich sehen kann, dass seine erschöpften Muskeln noch zittern. Vorsichtig trete ich einen Schritt zurück. Er hat während des Heilungsprozesses keine Magie angewandt, da niemand weiß, ob es sich vielleicht negativ auswirken würde, aber mir ist durchaus bewusst, dass er mir Feuerkugeln um die Ohren knallen könnte, wenn er wollte.

»Er besteht darauf, sich um mich zu kümmern, weil ich fast gestorben wäre, du Idiot, und weil ich kaum genug Kraft habe, durch den Tag zu kommen.« Seine Miene wird plötzlich ganz anders, und er seufzt. »Vielleicht sollte ich ihn doch nicht ersticken. Aber du bist trotzdem ein Arsch. Und leckst du dir wirklich deine eigenen Eier? In der Öffentlichkeit?«

Ich schnaube und reiche ihm meinen Arm zum Draufstützen, während wir zu den Umkleiden gehen. Es ist nicht weit – der Fitnessraum des CSG ist relativ klein –, aber er hat sich heute Morgen ziemlich verausgabt und muss sich wahrscheinlich etwas hinsetzen. »Du kannst ja nur davon träumen, dir die Eier zu lecken. Alle, die das nicht können, quatschen ständig darüber. Außerdem, Alter, wenn ich kanide Gestalt annehme, sind sie sowieso für jeden zu sehen – was macht es also für einen Unterschied, ob ich sie lecke oder nicht?«

Er schüttelt nur den Kopf. Offenbar habe ich ihn sprachlos gemacht. Aber es ist doch wahr. Andere Spezies reden die ganze Zeit davon, dass Höllenhunde sich die Eier lecken. Wir reden nie darüber – wir machen es nur. Sogar die verfluchten Katzen (also felide Shifter) werden ganz komisch, wenn es darum geht – und die können es schließlich auch.

Obwohl, ich habe, glaube ich, noch nie einen feliden Shifter dabei beobachtet. Aber sie tun es doch sicher, oder? Ich meine … wieso sollte man diese Fähigkeit nicht nutzen? Vielleicht sind sie nur zu prüde, es in der Öffentlichkeit zu machen.

Im Umkleideraum bringe ich Noah dazu, sich hinzusetzen, während ich ihm ein Handtuch und sein Duschgel hole, das Wasser in einer der Duschkabinen anstelle und dann den Hocker reinstelle, auf dem Andrew bestanden hat. Ich weiß, dass Noah es hasst, ihn zu benutzen, aber ich stelle ihn trotzdem rein. Er kann ihn ja ignorieren, wenn er will. Ich habe dann jedenfalls ein reines Gewissen. Heute wird er ihn wohl benutzen, denke ich.

Ich gehe Noah abholen. Während er sich hochstemmt, frage ich leise: »Brauchst du Hilfe? Oder soll ich Andrew holen?«

Er lächelt müde. »Hilf mir in die Dusche, wenn das okay ist«, antwortet er. »Da drin komm ich schon zurecht. Vielleicht mache ich eine kleine Pause, bevor ich wieder hochgehe.«

Superhart im Nehmen, verdammt noch mal.

Jeder, der behauptet, dass Menschen eine unterlegene Spezies sind, hat keine Ahnung, wovon er redet.

***

Andrew stürzt sich auf uns, kaum dass wir die Tür zu unserem gemeinsamen Büro erreicht haben. Noah weigert sich, den Rollstuhl zu benutzen, den Andrew »nur für alle Fälle« überallhin mitnimmt, also waren wir auf dem Weg vom Fitnessraum nach oben ziemlich langsam, und er stützt sich etwas auf mich.

Und schon denkt Andrew das Schlimmste.

»Mir geht’s gut«, sagt Noah genervt und scheucht ihn weg wie eine lästige Fliege. Es macht mir wirklich Freude, dabei zuzusehen. Denn genau wie eine Fliege schwirrt Andrew sofort wieder auf ihn zu. Hmmm – eine Vampirfliege?

Mit einigem Hin und Her wird Noah schließlich auf seinen Schreibtischstuhl bugsiert. Ich merke schon, dass Andrew gerne einen Trip nach Hause inklusive Schläfchen vorschlagen würde, aber angesichts Noahs zusammengebissener Zähne lässt er das sein und geht wieder zu seinem Schreibtisch, um so zu tun, als würde er arbeiten, während er in Wirklichkeit Noah mit Argusaugen beobachtet.

Es ist süß.

Aber Noah ist kurz davor, die Geduld zu verlieren und Amok zu laufen, also trage ich meinen Teil dazu bei, Andrew das Leben zu retten, indem ich zu ihm rübergehe und mich auf die Kante von seinem Schreibtisch pflanze.

Sein Blick huscht zu mir, dann wieder zu Noah, dann noch einmal langsamer zu mir, und auf meinen Hintern, unter dem seine To-do-Liste liegt.

»Kann ich was für dich tun?«, fragt er trocken.

»Wir haben das Gespräch über unsere beste Freundschaft zweiten Grades gar nicht zu Ende geführt«, erkläre ich mit einem Lächeln und rutsche mit dem Po ein bisschen auf dem Papier hin und her, sodass es raschelt.

Er lacht. »Du streust einfach gern Sand ins Getriebe, stimmt’s?«, bemerkt er dann freundlich, lehnt sich zurück und dreht sich so, dass er Noah im Auge behalten kann, während er mit mir redet. »Gut. Dann erzähl mir doch mal von dieser besten Freundschaft zweiten Grades.«

»Tja«, setze ich an, »Sam ist ja mein BFF und niemand kann ihn mir je wegnehmen. Gideon hat es versucht, aber es ist ihm nicht gelungen.«

»Wie bitte?« Sam hebt den Kopf von seinem Bildschirm. »Gideon und ich leben in einer festen Beziehung. Wovon redest du überhaupt?«

»Ah, aber wir sind trotzdem immer noch beste Besties. Für immer. Das sind ganz schön viele Jahre, Sam. Noch nicht mal Gideon konnte den Bund zwischen uns entzweien.«

Sam seufzt und wendet sich wieder seiner Arbeit zu.

»Aber du«, verkünde ich wieder an Andrew gewandt, »du bist mein bester Freund zweiten Grades. Unser Bund ist auch für immer, obwohl er noch neuer ist. Unsere Freundschaft ist anders als die zwischen mir und Sam. Er gibt mir zu essen und sagt mir, wie hübsch ich bin. Du tanzt mit mir den Macarena und kannst die Choreografie zu ›Baby, One More Time‹.«

»Britney ist eine Ikone der Popmusik«, stimmt er mir zu. Noah und Sam stöhnen beide, obwohl ich zufällig genau weiß, dass Sam beim Putzen gerne »Oops, I Did It Again« singt.

»Also bist du mein bester Freund zweiten Grades.«

»Moment mal«, mischt sich Noah ein, der widerwillig neugierig geworden ist. »Andrew ist dein bester Freund zweiten Grades, und, oh mein Gott, ich kann nicht fassen, dass ich das gerade laut ausgesprochen habe. Aber: Bist du auch seiner? Oder bist du sein bester Freund ersten Grades?«

»Bester Bestie«, korrigiere ich, denn Terminologie ist wichtig. »Nein, so funktioniert es nicht. Die Beziehung muss komplett auf Gegenseitigkeit beruhen, sonst gibt es Eifersucht und es bilden sich Schismen. Ganze Nationen haben sich deswegen bekriegt.«

»Ja, sicher.« Er sieht Andrew an. »Wer ist denn dein bester Freund?«

»Du«, antwortet Andrew wie aus der Pistole geschossen, und alle lachen.

»Nein«, widerspricht Noah. »Ich meine, ja, aber ich bin dein Fester-Freund-bester-Freund. Das ist eine völlig andere Beziehungsebene. Scheiße, jetzt haben sie mich mit in die Abgründe ihrer Beklopptheit hineingezogen.«

»Und es gibt kein Entrinnen«, stimmt Sam kummervoll zu. »Wenn du einmal drinsteckst, war’s das. Dann haben sie dich fürs Leben.«

»Immerhin ist mein Leben nicht so lang wie eures«, murmelt Noah. »Die Freiheit ist nur noch ein halbes Jahrhundert weit entfernt.«

So wie Andrew sich sofort verspannt, denke ich, es ist Zeit, das Gespräch wieder aufs Wesentliche zu lenken.

»Ja, Andrew, wer ist denn dein bester BFF?«, frage ich gedehnt, weil die Worte sich dann viel besser anhören.

»Ich platze immer in die seltsamsten Gespräche hinein«, sagt David von der Tür aus. »Habt ihr das im Kalender stehen? Wartet ihr, bis ihr mich kommen hört? Oder seid ihr einfach immer so, wenn ich nicht dabei bin?«

»David«, sagt Andrew schnell. »Wenn wir danach gehen, wer mir immer etwas zu essen geben würde, dann ist David definitiv mein bester Freund.«

David bleibt auf halbem Weg zum Schreibtisch wie angewurzelt stehen. »Was hast du gerade gesagt? Und wieso höre ich das zum ersten Mal?«

»Er muss dir auch sagen, wie hübsch du bist«, erinnere ich Andrew.

Wir alle sehen David an.

»Was passiert hier eigentlich gerade?«, fragt er.

»Du musst Andrew sagen, dass er hübsch ist«, weise ich ihn an, »um den Bund eurer besten Beste-Freunde-Freundschaft zu besiegeln.«

»Ich kann immer noch nicht folgen.« Er schüttelt den Kopf, geht zu seinem Tisch und stellt seinen Laptop ab.

Wir anderen warten.

»Findest du mich denn nicht hübsch, David?«, fragt Andrew mit kläglicher Stimme, aber mit einem mutwilligen Funkeln im Blick.

»Das hört erst auf, wenn ich mich geschlagen gebe, stimmt’s?«, fragt David an Noah gewandt.

Er schüttelt den Kopf. »Tut mir echt leid, dass du da mit hineingezogen wurdest.«

David seufzt. »Du bist hübsch, Andrew.«

Ich jubele, und Andrew schubst mich von seinem Schreibtisch runter. Zum Glück bin ich als Höllenhund der Inbegriff der Grazie und habe gute Reflexe, also lande ich auf den Füßen und nicht flach auf dem Boden.

»Percy erwartet dich«, sagt David, noch bevor ich Andrew mit meinem verletzten Hundeblick ein schlechtes Gewissen machen kann.

Ich schaue auf die Uhr. »Mist.« Zum Glück bin ich noch nicht spät dran, aber trotzdem … Ich zeige mit dem Finger auf Andrew und schnappe mir mein Handy und einen Block vom Schreibtisch. »Dazu sprechen wir uns später noch. So behandelt man seinen besten Freund zweiten Grades nicht.«

Im Rausgehen höre ich David fragen: »Will ich das wirklich wissen?«

»Es ist Alistair«, antwortet Sam. »Verschon dich selbst.«

Sie lieben mich alle so sehr.

KAPITEL 2

ALISTAIR

Ich klopfe leise an Percys Bürotür. Er hat eine Assistentin, aber da sie am Telefon war, als ich an ihr vorbeilief, bin ich nicht ganz sicher, ob ich reingehen kann oder nicht.

»Herein!«

Also ja.

Ich mache die Tür auf und mein Geruchssinn verrät mir sofort, dass Percy nicht alleine ist. Mich umzudrehen und die Tür zu schließen, gibt mir einen Moment Zeit, um mich zu fassen.

Es ist die irische Katze. Aidan Byrne.

Über Aidan gibt es eine ganze Menge zu sagen. Er ist das Speziesoberhaupt aller Shifter, der Kaniden und der Feliden. Genau wie Percys Position als Luzifer wird dieses Amt von der existenziellen Magie verliehen. Man führt ein ganz normales Leben und wacht dann eines Morgens auf und bäm! … wurde einem die Position des Oberhauptes übertragen.

Das passiert mir besser nie, mehr sage ich dazu nicht.

Also. Aidan ist … nun ja, er ist eine Katze, also ist er natürlich verklemmt. Ich kann nicht bestreiten, dass er seinen Job sehr gut macht und sehr viel Respekt genießt, und zwar nicht nur, weil wir Shifter ein angeborenes Bedürfnis haben, unseren Anführern Ehrerbietung zu zeigen.

Klingt das so, als hätte ich ein Problem mit Aidan? Tja, genau so ist es. Aber nur ein ganz kleines. Ich kann mich nicht so recht davon freimachen, wie schnell er damals mit dem Vorschlag dabei war, Sams erste Verwandlung unter Zwang auszuführen. Es war im Nachhinein am besten so, aber eine erzwungene Verwandlung ist furchtbar, und wir versuchen, diese Erfahrung nach Möglichkeit zu vermeiden; Aidan hat das damals einfach so in den Raum gestellt, als wäre es ein Spaziergang.

Mein Bestie hätte Besseres verdient gehabt.

Aber das ist Vergangenheit, und die Tatsache, dass Aidan hier ist und Percy mich dazugebeten hat, lässt darauf schließen, dass sich in der Shifter-Welt etwas tut. Soweit ich es mitgekriegt hatte, war er gerade an der Westküste und hat das Rudel besucht, aus dem die Verräter kamen, um mehr über diese Elfen herauszufinden, die Portale zwischen den Dimensionen öffnen können.

»Hallo, Alistair!«, ruft Percy vom kleinen Tisch am Fenster. »Komm und setz dich zu uns.«

Ich gehorche, guter Junge, der ich bin, aber es wird ganz schön kuschelig werden, wenn wir alle drei da sitzen wollen. Zum Glück sind Feliden nicht so groß wie Höllenhunde. Percy ist knapp eins siebzig groß, und Aidan nur wenige Zentimeter größer, außerdem sind beide schmal gebaut. Ich fühle mich wie ein überdimensioniertes Biest neben den beiden, als ich mir einen Stuhl nehme und mich setze.

Aber ich bin ein richtig gutes Biest. Ich habe das perfekte Knurren drauf und so.

»Hallo, Alistair«, grüßt mich Aidan. Er hat einen schwachen irischen Akzent, wenn er meinen Namen sagt.

»Morgen«, antworte ich fröhlich, denn ich habe das Gefühl, dass mir dieses Meeting nicht gefallen wird, also versuche ich, gute Laune zu verbreiten, solange ich noch kann.

»Kommen wir gleich zur Sache«, beginnt Percy. »Du weißt ja, dass Aidan die letzten Wochen bei dem Rudel in Oregon verbracht hat.«

Ich nicke. »Ja. Hattest du Erfolg?«

Aidan schüttelt den Kopf. »Nicht so richtig. Es war natürlich nicht hilfreich, dass so vieles von dem, was wir wissen, der Geheimhaltung unterliegt und wir nicht darüber sprechen können. Ich konnte denen ja nur sagen, dass die zwei Jungs, die wir in Gewahrsam haben, einer Anklage wegen eines Angriffs auf Regierungsbeamte entgegensehen, und dass es vermutlich noch drei weitere Täter gibt. Es ist mir noch nicht mal gelungen, die Leute zu identifizieren, die Noah mit Tish gesehen hat.«

»Machen die dicht?« Das überrascht mich ein wenig. Nicht, dass sie versuchen, ihre eigenen Leute in Schutz zu nehmen, sondern dass keiner von ihnen dem Speziesoberhaupt gegenüber den Mund aufmacht.

»Manche von ihnen auf jeden Fall. Aber wenn ich mit meiner Vermutung richtig liege, stammen alle fünf aus einer sehr abgelegenen Gegend und gehören zur gleichen kleinen, eng gestrickten Untergruppe des Rudels.«

Plötzlich wird mir klar, was er nicht laut auszusprechen versucht. »Du denkst, dass alle, die sie gut kennen, mit Tish unter einer Decke stecken.«

Er zuckt die Achseln und spreizt die Hände. »Es ist möglich.«

»Sogar wahrscheinlich«, verbessert ihn Percy. »Und so schlimm die Vorstellung ist, dass es mehr sein könnte als eine Gruppe junger Höllenhunde, die von der Aussicht auf Reichtum verführt wurde, müssen wir wohl davon ausgehen, dass sie Tish aufgrund einer Ideologie folgen.«

Ich fahre mir mit der Hand durch die Haare. »Das ist eine schlimme Vorstellung«, gebe ich zu. »Aber es stimmt vermutlich. Konnte der Rudelanführer weitere Informationen liefern?«

»Ein paar«, räumt Aidan ein. »Aber er sagt, dass sie meist unter sich bleiben und er keinen Grund hatte, das infrage zu stellen, solange sie sich an die Gesetze gehalten und keinen Ärger gemacht haben. Du weißt ja, wie Rudel sind, Alistair. Es ist nicht wie in den von Menschen gemachten Werwolf-Filmen. Rudelanführer sind lokale Führungspersonen und keine feudalen Könige.«

»Und da wir versuchen, das Ganze aus der Öffentlichkeit rauszuhalten, können weder er noch du jemanden zum Reden zwingen.« Ich seufze. Nicht, dass ich so etwas gutheißen würde – erzwungenes Reden ist wirklich furchtbar –, aber hier geht es um eine monumentale Krise.

Tish versucht, die Menschheit zu versklaven.

Im Zuge seiner Mission hat er schon mehr als vierzig Jahre damit verbracht, an Mitgliedern unserer eigenen Community Experimente durchzuführen.

Außerdem ist er mit Elfen im Bunde, die von Dimension zu Dimension springen können. Wir kennen ihre Ziele nicht. Wir wissen nur, dass wir eine Möglichkeit finden müssen, sie aufzuhalten. Tish hat sich nicht nur des Massenmordes schuldig gemacht, er ist auch noch kurz davor, unsere Existenz der Menschheit zu enthüllen. Und das würde nicht gut gehen. Es hat seinen Grund, dass wir uns seit neuntausend Jahren vor ihnen versteckt halten: Sie haben versucht, uns auszulöschen.

»Was brauchst du also von mir?« Es liegt auf der Hand, dass sie etwas wollen. Warum würde ich sonst hier sitzen?

Percy lächelt, und ich fühle mich sofort belohnt. Es ist ein Nebeneffekt seiner Position als Luzifer, aber ich mag es trotzdem.

»Wir vermuten, dass sie auf einen Höllenhund, der keine offizielle Position innehat, besser ansprechen werden. Aidan ist der Speziesanführer und eine Katze, und sie sind es gewöhnt, auch den Anführer ihres Rudels als Respektsperson zu sehen. Jemand, der weniger offiziell wirkt, und nur noch ein paar offene Fragen klären muss, könnte da mehr Glück haben. Nicht unbedingt bei dieser Untergruppierung selbst, besonders, wenn sie mit Tish im Bunde ist, sondern bei anderen Mitgliedern des größeren Rudels, die vielleicht Informationen haben.«

»Die Jugendlichen schienen besonders von Ehrfurcht ergriffen zu sein, wenn ich versucht habe, mit ihnen zu reden«, fügt Aidan trocken hinzu. »Eine echt seltsame Erfahrung. Manche von denen sind doppelt so groß wie ich.«

Keiner von uns kommentiert das. Größe ist wirklich kein Kriterium, wenn es um das Speziesoberhaupt geht. Die existenzielle Magie hat ihn für diese Aufgabe ausgewählt, und die Magie hat so ihre Methoden, dafür zu sorgen, dass es ihren Favoriten gut geht.

»Ihr wollt also, dass ich nach Oregon fliege und mit den Leuten rede? Mach ich. Ich kann gut mit Leuten.« Das ist wirklich so – bestimmt ist es Ihnen auch schon aufgefallen.

»Wunderbar«, sagt Percy mit einem weiteren Lächeln. »Ich brauche Aidan heute Nachmittag noch für ein paar andere Angelegenheiten, aber ihr könnt morgen früh starten.«

Äh … wie jetzt?

Wieso soll ich erst morgen los? Was hat das mit Aidan zu tun?

Es sei denn …

Ich versuche, mein Entsetzen nicht zu zeigen. »Ähm, nur so als Vorschlag – wäre Ellie nicht besser dafür geeignet? Ich meine, sie hat so ein … ähm … süßes Gesicht?« Ich bin mächtig stolz darauf, dass ich an diesem letzten Satz nicht erstickt bin. Kennen Sie meine Cousine und Kollegin? Sie hat einen messerscharfen Verstand, ist die Intelligenz in Person, und besitzt Nahkampf-Fähigkeiten, bei denen man weinen könnte, buchstäblich und im übertragenen Sinne, aber ein süßes Gesicht hat sie nicht.

Percy sieht überrascht aus, und ich kann es ihm nicht verdenken. »Gibt es ein Problem?«, fragt er dann.

»Nein, nein.« Ich winke ab. »Ich dachte nur … Ellie …«

»Elinor ist gerade erst wieder einigermaßen fit«, führt Percy an. »Und als eine der Agenten, die Opfer dieses Anschlags wurden, ist es kaum professionell, sie an den Ermittlungen in ihrem eigenen Fall arbeiten zu lassen. Was ist los, Alistair?«

Ich will mich nicht auf unbestimmte Zeit in der Nähe der irischen Katze aufhalten. Das kann ich aber nicht sagen.

»Nichts ist los«, entgegne ich also. »Ich dachte nur, El würde das gerne zu Ende bringen, aber du hast natürlich recht, das wäre nicht richtig. Ich gebe meine aktuellen Fälle ab und mache mich für morgen startklar.«

Mit Aidan Byrne. Das wird mein Ende.

»Ausgezeichnet«, sagt Percy, aber sein Lächeln wirkt etwas gezwungen, und das setzt mir zu. So mache ich keinen guten Eindruck auf meinen Chef – davon, dass wir uns in einer Krise befinden, ganz zu schweigen. Und da stelle ich mich an wie ein Idiot, anstatt meinen Job zu machen!

»Braucht ihr mich noch für etwas anderes?«

»Das war’s«, antwortet Aidan. »Ich kann dir auf dem Flug noch mehr zu dem Rudel erzählen. Wobei, du kennst es schon, oder? Percy sagt, du hast die drei Eindringlinge als Mitglieder des Rudels in Oregon identifiziert.«

»Ich war schon ein paarmal da«, bestätige ich. »Wenn der Rudelanführer noch der gleiche ist wie vor sechzig Jahren, dann kennen wir uns. Und ja, ich habe am Geruch erkannt, dass sie aus Oregon stammen … was bedeutet«, wird mir gerade klar, »dass ich dir wahrscheinlich sagen kann, ob sie nahe Verwandte in dieser Untergruppe haben. Und wenn sie kürzlich da waren, oder noch Sachen dort haben, werde ich das wahrscheinlich auch riechen können.« Meine Nase ist gut, selbst für einen Höllenhund.

»Gut«, sagt Aidan mit einem knappen Nicken und einem anerkennenden Lächeln, das in mir widerstreitende Gefühle auslöst. Es ist immer schön, wenn der Speziesanführer mit dir zufrieden ist, aber ich mag ihn immer noch nicht.

»Na gut, dann lasse ich euch mal weitermachen.« Ich lächele und winke (wieso winke ich eigentlich?!), dann stehe ich auf und steuere auf die Tür zu. Als ich sicher draußen bin, lehne ich mich dagegen und seufze.

Was habe ich eigentlich für ein Problem?

Ich gehe ins Büro zurück, setze mich an meinen Schreibtisch, rolle aber stattdessen zu Sam hinüber und quetsche mich neben ihn.

»Zieh Leine, Alistair, ich hab zu tun«, sagt er, ohne vom Bildschirm aufzusehen.

»Hiiiilf miiiir«, winsele ich. »Ich brauche deine Hilfe.«

»Ich werde deinem One-Night-Stand von neulich nicht sagen, dass er aufhören soll, dich anzurufen«, sagt er. Er nimmt noch nicht mal seine Finger von der Tastatur.

Oh, shit. Den hatte ich beinahe vergessen. Jetzt brauche ich seine Hilfe in zwei Angelegenheiten.

»Warum nicht?«, frage ich und lege ihm den Kopf auf die Schulter. Er schubst mich weg.

»Weil du selbst die Verantwortung für deine Handlungen übernehmen musst. Wieso hast du ihm überhaupt deine Nummer gegeben?«

»Weil er nicht gehen wollte.« Ich erinnere mich mit Unbehagen daran. »Er ist einfach geblieben, und das peinliche Schweigen wurde langsam echt stressig. Dann hat er nach meiner Nummer gefragt, und ich wollte ihn so dringend loswerden, dass ich gar nicht darauf gekommen bin, ihm eine falsche zu geben. Ich war ernsthaft neben der Spur.« Ich schüttele kummervoll den Kopf. »Noah und Ellie sind schuld. Ich hab mir solche Sorgen um die beiden gemacht, dass alles andere in Schieflage geraten ist.«

Noah schnaubt durch die Nase. »In Schieflage geraten? Ist das dein Ernst? Alter, mir kannst du dein verpfuschtes Sexleben nicht anlasten. Ich kenne die Geschichten aus dem Pausenraum – damit will ich absolut nichts zu tun haben.«

Ich winke nonchalant ab, wobei ich leider Sam mit dem Handrücken am Kopf erwische. »Diese Geschichten sind ja so was von übertrieben!« Na ja. Überwiegend … bei ein oder zwei bin ich mir nicht ganz sicher, weil ich total hacke war – aber zu denen stehe ich gerne, also …

»Ich glaube nicht, dass Schieflage da die richtige Wortwahl ist«, sagt Sam nachdenklich, als ob meine Wortwahl wichtiger wäre als die Tatsache, dass er mir helfen muss.

»Saaaaaaaam. Saaaaaaaaam.«

»Wenn du das noch mal machst, sage ich Gideon, dass er den Schutzzauber permanent aktiviert lassen soll, keine Ausnahmen«, warnt Sam. Er hat mich immer noch nicht angeschaut.

Ich schmolle.

Es dauert fast eine ganze Minute, und es ist nicht Sam, der einknickt, sondern Noah, der förmlich explodiert.

»Oh mein Gott, was müssen wir tun, um dich loszuwerden, Alistair?«

»Ich brauche Hilfe«, winsele ich wieder, und verstärke mein Schmollen und den Hundeblick. Jetzt bin ich supersüß und unwiderstehlich.

»Hilfe beim Loswerden eines One-Night-Stands? Gib dein Handy her, ich mach’s.«

Oh, das lasse ich mir nicht zweimal sagen und reiche mein Handy weiter. »Der Code ist 658924«, sage ich. Anders als manche Leute fragt er nicht nach, warum ich es nicht mit Gesichtserkennung entsperre. Shifter können jetzt schon weder Codes noch Fingerabdrücke nutzen, um Handys und andere elektronische Geräte zu entsperren – also sollte man die Gesichtserkennung besser nicht zu oft verwenden, sonst entwickelt die Technologie sich noch weiter und macht uns auch dabei einen Strich durch die Rechnung. Eines Tages werden sich die Maschinen gegen uns erheben, und sie hassen Gestaltwandler. Wahrscheinlich sind die Katzen daran schuld. Wir Höllenhunde sind einfach wunderbar.

Noah entsperrt das Handy und öffnet die Anrufliste. »Der hier?«, fragt er und zeigt auf die oberste Nummer, von der ich in drei Tagen fünfmal angerufen wurde.

»Ja.« Schon der Anblick deprimiert mich. Ich hasse es, Leute zurückweisen zu müssen. So kam es überhaupt erst dazu, dass ich den Typen gevögelt habe. Er hat ein Gespräch angefangen, und noch bevor ich mich höflich herauswinden konnte, hatte er schon gefragt, ob ich woanders hingehen will, und … ich konnte nicht Nein sagen. Das hätte vielleicht seine Gefühle verletzt.

Jedenfalls kann mir niemand nachsagen, dass ich mich nicht fürs Allgemeinwohl aufopfere.

Moment – trägt Sex mit Fremden, die man nicht kränken will, zum Allgemeinwohl bei?

Ich frage Noah.

Er hört auf, auf dem Handy herumzutippen, und hebt den Kopf, um mich ungläubig anzustarren. »Wie bitte?«

»Oh Mann, Alistair, jetzt halt doch mal die Klappe«, sagt Sam stöhnend von seinem Schreibtisch aus. »Nein, es hat verdammt noch mal nichts mit dem verdammten Allgemeinwohl zu tun, wenn du mit Fremden Sex hast. Was für ein verdammtes Allgemeinwohl soll das verdammt noch mal sein?«

»Du musst dir ein paar neue Kraftausdrücke aneignen, Sam«, bemerkt Andrew, der zum ersten Mal auch etwas dazu sagt. »Verdammt ist ein guter Ausdruck, aber es gibt auch noch andere.«

Sam zeigt ihm den Stinkefinger. Er scheint heute etwas gereizt zu sein, und ich frage mich, was seit heute Morgen passiert ist. Eigentlich sollte er besser gelaunt sein, nachdem er Pancakes, Porridge und meine Gesellschaft genossen hat.

»Hier.« Noah drückt mir das Handy wieder in die Hand. »Erledigt. Wenn er sich trotz dieser Nachricht noch mal meldet, blockierst du ihn einfach.«

Ich sehe ihn zweifelnd an. Ob ich das kann? Würde ihn das nicht kränken?

Noah verdreht die Augen. »Gib mir das Handy, und ich übernehme das.«

Das klingt machbar. Ich lächele glücklich, nehme mein Handy wieder an mich und lese, was Noah geschrieben hat.

Oha. Ich bin ziemlich sicher, dass ihn das gekränkt hat.

Da ich es aber nicht geschrieben habe, muss ich deswegen auch kein schlechtes Gewissen haben. Jedenfalls nicht übermäßig.

»Vielen Dank«, sage ich höflich und ziehe mich zurück. Ich werde bestimmt nichts tun, was Noah verärgert. Andrew muss echt mutig sein, wenn er sich traut, ihm den ganzen Tag auf den Geist zu gehen und sich danach neben ihn ins Bett zu legen.

Ich gehe zu meinem Schreibtischstuhl zurück, der immer noch genau neben Sams steht, und seufze laut.

Das Geräusch, das Sam von sich gibt, klingt fast wie ein Schluchzen. »Was? Was, Alistair? Ich habe so viel Arbeit, dass ich kein Ende sehe, und habe gerade erfahren, dass Gideon über Nacht nicht zu Hause sein wird, also sag schon, was zum Henker du von mir willst. Bringen wir’s hinter uns!«

Ohhhh. Gideon ist unterwegs. Darum ist er so schlecht drauf. Sam hat mehr oder weniger seit seinem vierzehnten Lebensjahr alleine gelebt – bis vor acht Monaten. Aber wenn Gideon über Nacht weg ist, kann er nicht schlafen.

Es ist wirklich besorgniserregend.

»Wir machen eine Übernachtungsparty, was meint ihr? Wir kommen alle vorbei und leisten dir Gesellschaft, wenn Gideon nicht da ist. Stimmt’s?«

Noah reißt entsetzt die Augen auf, aber als Andrew erwidert: »Wir können nicht. Noah braucht seinen Schlaf«, verändert sich sein Gesichtsausdruck.

»Na klar kommen wir«, blafft er, dann verzieht er das Gesicht. Aber er nimmt es nicht zurück, und nach einem kurzen Blickwechsel widerspricht Andrew ihm auch nicht.

»Das ist wirklich nicht nötig, dass ihr alle kommt«, meint Sam.

»Und ob es das ist! Das wird super für uns … und nicht, dass ich zu deinem Stress noch beitragen möchte, aber ich fliege morgen nach Oregon. Das gilt dann gleichzeitig als Abschiedsparty, und du kannst dich noch mal in meiner Gegenwart sonnen, bevor ich wegmuss.«

Sam zögert nur den Bruchteil einer Sekunde, dann sagt er: »Keine Party. Keine Partys. Ist das klar? Wenn ihr heute vorbeikommt, wird das keine Party.«

»Keine Party«, verspreche ich pflichtschuldigst. Es ist sowieso keine Party, wenn es weniger als ein Dutzend Leute sind. Es wird ein einfaches Zusammensein von ein paar Freunden sein, mit Essen, Trinken und Tanzen.

Sam zögert wieder, aber ich weiß, dass ich ihn überredet habe. Er mag es wirklich nicht, wenn Gideon über Nacht arbeiten muss.

»Okay.« Mit einem Seufzer gibt er nach. »Und du musst morgen an die Westküste?«

Ich nicke. »Percy und Aidan wollen versuchen, ob ich bei dem Rudel in Oregon mehr herausbekommen kann als Aidan.«

»Mir war schon zu Ohren gekommen, dass er nicht viel Glück hatte«, sagt Andrew. »Begleitet er dich, bleibt er hier, oder fliegt er nach Hause …?«

»Er kommt mit.« Ich schaffe es, nicht das Gesicht zu verziehen, denn ich bin supercool, aber Sam zuckt leicht, also muss er durch unseren Super-beste-Freunde-Bund etwas gemerkt haben.

»Also brauchst du meine Hilfe, um deine Fälle zu delegieren«, stellt er fest und ich lege ihm lächelnd den Kopf an die Schulter.

»Du bist der Beste.«

»Das hast du schon öfter gesagt«, antwortet er trocken. »Geh weg und ich schicke dir eine E-Mail mit der Neuzuweisung. Willst du etwas davon unbedingt selbst behalten?«