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Mein Name ist Sam Tiller, und ich arbeite für Luzifer. Allerdings ist das weder so cool noch so satanisch, wie es klingt. Tatsächlich bin ich aus Versehen in diesem Job beim Community of Species Government gelandet. Wenn man es genau nimmt, bin ich als Office Manager nur ein besserer Babysitter, der eine Horde Shifter‑ und Dämonen-Agenten im Zaum halten soll. Keine leichte Aufgabe für mich als einzigen Menschen im Team. Außerdem verbringe ich viel Zeit damit, Gideon Bailey aus dem Weg zu gehen, dem Dämon, mit dem ich kurz vor meinem Arbeitsantritt beim CSG zufällig im Bett gelandet bin. Er ist offenbar stinksauer auf mich, und ich möchte mich nur ungern von ihm ermorden lassen. Leider verschwinden gerade jedoch immer wieder Schwangere, und es geht das Gerücht, dass jemand genetische Experimente an ihnen durchführt. Sexuelle Spannungen können wir da gar nicht gebrauchen, vor allem nicht, wenn der Fall plötzlich persönlich wird … "Ein Dämon fürs Herz" ist der erste Band der vierteiligen Reihe "Teufel sind auch nur Menschen".
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Seitenzahl: 397
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LOUISA MASTERS
EIN DÄMON FÜRS HERZ
TEUFEL SIND AUCH NUR MENSCHEN 1
Aus dem Englischen von Johanna Hofer von Lobenstein
Über das Buch
Mein Name ist Sam Tiller, und ich arbeite für Luzifer. Allerdings ist das weder so cool noch so satanisch, wie es klingt.
Tatsächlich bin ich aus Versehen in diesem Job beim Community of Species Government gelandet. Wenn man es genau nimmt, bin ich als Office Manager nur ein besserer Babysitter, der eine Horde Shifter- und Dämonen-Agenten im Zaum halten soll. Keine leichte Aufgabe für mich als einzigen Menschen im Team.
Außerdem verbringe ich viel Zeit damit, Gideon Bailey aus dem Weg zu gehen, dem Dämon, mit dem ich kurz vor meinem Arbeitsantritt beim CSG zufällig im Bett gelandet bin. Er ist offenbar stinksauer auf mich, und ich möchte mich nur ungern von ihm ermorden lassen. Leider verschwinden gerade jedoch immer wieder Schwangere, und es geht das Gerücht, dass jemand genetische Experimente an ihnen durchführt. Sexuelle Spannungen können wir da gar nicht gebrauchen, vor allem nicht, wenn der Fall plötzlich persönlich wird …
Über die Autorin
Louisa Masters hat mit dem Lesen von Liebesromanen früher angefangen, als nach Meinung ihrer Mutter gut für sie war. Während sich andere Teenager nachts aus dem Haus schlichen, schmuggelte Louisa tagsüber Liebesromane hinein. Als Erwachsene wollte sie erst einmal einen »vernünftigen« Job ergreifen und hat als Buchverkäuferin, im Personalwesen, im Ressourcenmanagement, in der Verwaltung und als Reisekauffrau gearbeitet. Inzwischen hat sie ihre Leidenschaft, das Lesen und Schreiben von Unterhaltungsromanen, zu ihrem Beruf gemacht.
Louisa führt eine lange Liste von Orten, die sie in Büchern entdeckt hat und irgendwann einmal besuchen möchte. Sie reist gern, um ihre Vorstellungskraft zu beflügeln, auch wenn sie sich niemals an den Jetlag gewöhnen wird. Ihr Zuhause ist Melbourne, und obwohl sie häufig über das australische Wetter jammert, ist sie insgeheim sicher, dass sie vermutlich nie dort wegziehen wird.
Die englische Ausgabe erschien 2020 unter dem Titel »Demons Do It Better«.
Deutsche Erstausgabe Juli 2021
© der Originalausgabe 2020: Louisa Masters
© Verlagsrechte für die deutschsprachige Ausgabe 2021:
Second Chances Verlag, Inh. Jeannette Bauroth,
Eisenbahnweg 5, Steinbach-Hallenberg
Alle Rechte, einschließlich des Rechts zur vollständigen oder auszugsweisen Wiedergabe in jeglicher Form, sind vorbehalten.
Alle handelnden Personen sind frei erfunden, Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Umschlaggestaltung: Frauke Spanuth, Croco Designs
unter Verwendung von Motiven von Konstantin Yuganov,
Georgi, lumikk555, Naufal, korrakot sittivash, Lukas Gojda,
alle stock.adobe.com
Lektorat: Annika Bührmann
Korrektorat: Andrea Groh
Satz & Layout: Second Chances Verlag
ISBN: 978-3-948457-28-0
www.second-chances-verlag.de
Inhaltsverzeichnis
Titel
Über die Autorin
Impressum
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Weitere Bücher von Louisa Masters
Ich starre das Gebäude an. Von außen ähnelt es den anderen Bürogebäuden hier in der Straße: Stahl. Beton. Langeweile. Wie das letzte, in dem ich gearbeitet habe. Und das vorletzte auch.
Und doch soll hier angeblich alles anders sein. Jedenfalls der Anzeige zufolge:
OFFICE MANAGER (M/W/D) GESUCHT: ABWECHSLUNG UND ABENTEUER GARANTIERT
Das Inserat war wie ein goldener Sonnenstrahl an meinem ansonsten grauen, eintönigen Tag. Ich bin schon eine ganze Weile Office Manager. Und obwohl die Jobs auf meinem Gebiet häufig als »aufregend« oder »herausfordernd« beschrieben werden und ein »dynamisches Umfeld« versprechen, bedeutet das im normalen Sprachgebrauch nichts anderes als »Du machst genau das gleiche langweilige Zeug wie immer bei einem Unternehmen, das coole Sachen macht, mit denen du null zu tun hast« oder »Du erledigst den Job von zwei Leuten« oder »Deine Vorgesetzten sind Arschgeigen, Idioten oder beides«. Aber den Begriff »Abenteuer« habe ich tatsächlich noch nie in einer Annonce für meine Tätigkeit gelesen, also bin ich neugierig geworden.
Außerdem habe ich Langeweile. In meinem derzeitigen Job bei einem »aufregenden« Technologie-Unternehmen besteht die »Herausforderung« darin, dass ich einem Team von schnöseligen Marketing-Beratern zuarbeite, die ständig vergessen, mich rechtzeitig auf Deadlines hinzuweisen. Praktisch bedeutet das, dass ich immer »in einem dynamischen Umfeld« arbeite. Wenn die Arbeit doch nur ein einziges Mal dynamisch wäre, weil wirklich viel passiert, und nicht, weil ein aufgeblasener Fatzke zu beschäftigt damit war, mich Kaffee holen zu schicken, um daran zu denken, dass er bis Ende der Woche einen bestimmten Bericht benötigt.
Im Übrigen, nur damit das klar ist: Den Kaffee hat er nie bekommen. Ich fühle mich auch nicht schuldig deswegen, denn über den Bericht hat er mich erst informiert, als er ihn zwei Stunden später brauchte.
Insofern, ja ... ich bin bereit für eine Veränderung. Abenteuer, das klingt genau richtig. Solange man es am Schreibtisch oder auf der Couch erledigen kann, meine ich. Virtuelle Abenteuer. Die suche ich.
Also stehe ich jetzt hier und glotze das Gebäude an. Es ist nicht weit von meiner Wohnung entfernt, acht Blocks nur.
Will ich wirklich ein Abenteuer? Ich bin ja sonst kein besonders abenteuerlustiger Typ. Mein Name ist Sam Tiller. Ich bin vierunddreißig Jahre alt, genau eins neunundsechzig groß, hab braune Haare und Augen. Als ich jünger war, war ich der twinkigste Twink, den man sich denken kann – bis mir das irgendwann zu anstrengend wurde. Ich wollte lieber zu Hause auf der Couch in meiner Jogginghose Take-out essen, als meine Eier in hautenge Jeans zu quetschen, nur damit im Club irgendein Depp mir beim Anfassen auf den Fuß tritt, ohne es zu merken.
Okay, das Anfassen vermisse ich schon.
Seufzend betrete ich das Gebäude. Ein Vorstellungsgespräch kann ja nicht schaden, nicht wahr? Ich bin nicht mal sicher, was das Unternehmen eigentlich tut. CSG. Eine generische Website, die geradezu überquillt vor passendem Fachjargon – aber ohne konkrete Informationen zu ihren Produkten oder Dienstleistungen. Vielleicht ist das tatsächlich ein aufregender Job? Vielleicht gibt es hier sogar Leute, die keine Deppen sind und mich trotzdem vernaschen wollen?
Natürlich nicht während der Arbeitszeit. Auch ich habe meine Prinzipien.
Die Fahrt im Lift nach oben scheint endlos. Es sind noch zwei weitere Personen in der Kabine, und ich glaube, die sind das Einzige, was mich davon abhält, kehrtzumachen. Ich möchte einfach nicht der Typ sein, der ohne Grund im Fahrstuhl hoch- und wieder runterfährt und dem dann die Security auf den Hals gehetzt wird.
Das hatte ich schon mal. Macht keinen Spaß. Lange Geschichte.
Als die Türen auf meiner Zieletage aufgehen, bin ich bereit. Ich habe mich erfolgreich selbst überzeugt, dass es super wird. Episch geradezu.
Also marschiere ich mit forschem Schritt aus dem Fahrstuhl.
Und erstarre.
Da sind Tiere. Gigantische Hunde. Drei Stück. Sie spazieren hier einfach so frei herum. Okay, spazieren ist das falsche Wort. Sie laufen eher zielstrebig durch den Empfangsbereich auf eine Tür am hinteren Ende des Raums zu. Aber ... sie sind wirklich groß. Also, bis knapp unter meine Achsel. Ich bin zugegebenermaßen kein Riese, aber trotzdem. Ob das hier so eine Art Rettungsorganisation für Wildtiere ist? Die Frage bleibt: Wieso haben sie dann solche großen Hunde im Hauptquartier?
Die Hunde verschwinden durch die Tür, und ich schüttle kurz den Kopf und steuere den Empfang an. Die Empfangsdame schreibt etwas auf einen Notizblock, ich warte – Moment mal.
Was zum Teufel? Hat sie da etwa ...? Sind das Hörner zwischen ihren Haaren?
Verdammt. Ich halluziniere wohl. Das ist mir zwar noch nie passiert, aber ...
Jetzt schaut sie auf und bemerkt mich. Sie wirkt überrascht. Ich atme einmal tief durch, kneife die Augen zusammen, und als ich sie wieder öffne, sind die Hörner verschwunden. Die Empfangsdame lächelt mich an.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragt sie freundlich.
Ich muss schlucken. »Äh, ja. Ich, äh, habe einen Termin. Mit ...« Ach du Schande. Wie hieß er noch mal? Die Hunde und die eingebildeten Hörner haben mich ganz durcheinandergebracht. Wie hieß dieser Typ denn nur? »Harold!«
Sie tippt etwas in den Computer, dann lächelt sie erneut. »Er ist sofort bei Ihnen. Nehmen Sie bitte Platz.«
Ich laufe in Richtung Wartebereich, komme aber gar nicht dazu, mich zu setzen, denn schon tritt ein großer Mann herein und sagt: »Ich bin Harold. Folgen Sie mir.«
Ich also hinterher, durch eine Tür, dann durch ein Großraumbüro. Ich habe etwas Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Also, dieses Büro ist schon seltsam. Da sind noch mehr große Hunde, und ... ist das etwa ein Tiger da hinten am Fenster?! Nein. Das muss ein Stofftier sein.
Bevor ich noch entscheiden kann, ob es ein riesiges Stofftier ist oder ob die hier wirklich ein Raubtier im Büro haben, führt Harold mich in einen kleinen Besprechungsraum und schließt die Tür hinter uns. Ich habe mich kaum hingesetzt, als er auch schon anfängt, mich mit Fragen zu bombardieren.
Wir sprechen über meine Berufserfahrung.
Nein, ich habe kein Problem damit, eher für ein Team zu arbeiten als für eine Einzelperson. »Sie sind keinem von denen unterstellt«, knurrt er. »Offiziell bin ich Ihr Vorgesetzter.«
»Das ist gut«, antworte ich. »Dann kann ich mich auf Sie berufen, wenn sie unrealistische Erwartungen haben.«
Er nickt, und ich habe das Gefühl, dass er angetan ist, auch wenn er das gleiche mürrische Gesicht macht wie vorher.
Dann spricht er über meine Aufgabe. »Sie arbeiten einem Team von fünfzehn Personen zu. Was im Einzelnen zu tun ist, kommt über ein automatisiertes System per E-Mail. Sie verteilen die Aufgaben an die Teammitglieder, gemäß ihrer Fähigkeiten und Verfügbarkeit. Wenn etwas gebraucht wird, zum Beispiel Ausrüstung oder zusätzliches Personal oder so, läuft das über Sie als Schnittstelle. Und Sie sorgen dafür, dass die Mitarbeiter ihre Berichte abgeben und ihre Stunden eintragen.«
Diesen Job kann ich im Schlaf. Wo ist denn da die Action? Das Abenteuer? Ich bin schwer enttäuscht.
»Das ist kein Job mit geregelten Arbeitszeiten und Wochenenden. Es kann passieren, dass zu ungewöhnlichen Zeiten oder am Wochenende neue Aufträge reinkommen. Die müssen sofort an einen der Mitarbeiter weitergeleitet werden – Sie sind also im Prinzip rund um die Uhr auf Abruf. Davon abgesehen und außer in Notfällen ist es uns aber nicht wichtig, wann Sie arbeiten, solange die Aufgaben pünktlich erledigt werden. Sie können sich die Zeit selbst einteilen. Es ist nur wichtig, dass Sie für das Team erreichbar sind.«
Hm, das ist schon ungewöhnlicher für einen Bürojob. Allerdings klingt es immer noch nicht besonders aufregend.
Überhaupt ... was genau tut dieses Unternehmen eigentlich? Ist es ein Klempner-Notdienst? Vielleicht ein Escort-Service? Ich sollte nachfragen.
»Das ... « Ich räuspere mich kurz und fahre fort: »Das hört sich gut an. In der, äh, Anzeige war von Abenteuer die Rede. Und es stand nicht drin, was das eigentlich für eine Firma ist.«
Jetzt lächelt er zum ersten Mal und sieht dabei ein bisschen gefährlich aus. »Das Abenteuer besteht eher aus den Kollegen. Aber machen Sie sich keine Sorgen, es ist nichts Illegales. Wir sind eine Regierungsbehörde.«
Ich blinzle ihn an. »Ach ja?« Haben Regierungsorganisationen nicht normalerweise tolle Logos und komplizierte Rekrutierungsverfahren?
»Ja. Sie arbeiten einem Team von Agenten zu. Uns werden ungewöhnliche oder potenziell gefährliche Ereignisse gemeldet, und Ihr Team geht den Meldungen nach und veranlasst gegebenenfalls weitere Aktionen.«
Ahaaaaaa ...
»Was für Aktionen?« Also für ein Team von Auftragskillern will ich ja lieber nicht arbeiten, auch wenn es Regierungsbeamte sind.
Er lacht. »Keine Auftragsmorde. Nur Verhaftungen. Meist ist das aber gar nicht notwendig. Die Kollegen gehen oft Hinweisen nach, die sich dann als falsch erweisen, oder sie helfen Personen, denen nicht bewusst ist, dass sie Anspruch auf finanzielle Unterstützung oder Hilfsprogramme haben. Sie werden sich vermutlich ziemlich häufig um Anmeldungen für Kurse und Weiterbildungen kümmern müssen.«
Jetzt bin ich verwirrt. Ein potenziell gefährliches Ereignis, das damit endet, dass jemand die Abendschule besucht?
»Und, wie klingt das für Sie?«
»Super«, ist meine ehrliche Antwort. Ich meine, abgesehen davon, dass ich immer noch nicht verstehe, was diese Firma eigentlich tut. Andererseits – wäre das wirklich so anders als damals, als ich noch bei KPMG gearbeitet habe?
»Wann könnten Sie denn anfangen?«
Bitte?
»Ich ... Sie bieten mir den Job an?« Einfach so?
»Wenn Sie ihn wollen.« Er beäugt mich. »Es gibt noch eine weitere Sache, die Sie wissen sollten. Aber wenn Sie den Job nicht wollen, kann ich Ihnen auch nicht sagen, was das ist.«
Tja, das macht mich jetzt überhaupt nicht neugierig. Sie vielleicht? Wieso sollte das irgendjemanden neugierig machen?
Ich schlucke heftig. »Der Job klingt gut, Sir, und ich bin auf der Suche nach etwas Neuem, auch wenn es dann doch wieder das Gleiche in einem neuen Arbeitsumfeld ist. Aber jetzt haben Sie mich ernsthaft nervös gemacht.«
Wieder dieses Grinsen. »Sie gefallen mir. Wenn Sie die Nerven behalten, können Sie es beim CSG weit bringen.«
Wenn ich die Nerven behalte ...? Das klingt ja nicht gerade vertrauenerweckend. »Die Nerven behalten?«, frage ich, und meine Stimme wird noch nicht mal schrill dabei. »Äh. Wofür steht CSG eigentlich?«
Er stützt die Ellbogen auf den Tisch und beugt sich vor. Ich beuge mich auch vor, weil ich das Gefühl habe, dass er es von mir erwartet.
»Sind Sie religiös?«
Ich lehne mich wieder zurück. Wenn das hier so eine Art Kult sein sollte – aber nein, er sagte ja, es sei eine Regierungsbehörde.
»Nicht wirklich«, sage ich dann vorsichtig. »Ich meine, ich bin katholisch aufgewachsen, aber wir waren eher Feiertagskatholiken. Und seit meiner Jugend gehen die Kirche und ich getrennte Wege.« Seit mir klar geworden ist, dass ich schwul bin, aber das geht ihn ja nichts an.
»Gut. Sie sind also mit der Doktrin vertraut?«
Jetzt muss ich lachen. »Ja, ich kenne die Doktrin. Die einzige vernünftige Schule in unserer Wohngegend war katholisch, also haben meine Eltern mich dort hingeschickt.« In Wirklichkeit war es einfach die nächstgelegene Schule, und sie haben mich dort hingeschickt, damit ich laufen konnte und sie keine Zeit mit Fahrdiensten verschwenden mussten. Aber das geht ihn auch nichts an.
»Das meiste davon ist Unfug.«
Jetzt wird es wirklich seltsam. »Ja, so viel hatte ich mitbekommen.« Geht es hier immer noch um das Vorstellungsgespräch oder um seine persönlichen Ansichten? Will er mich vielleicht zu seiner Religion bekehren?
»Als ich vorhin sagte, dass wir eine Regierungsbehörde sind, haben Sie gar nicht gefragt, welche Regierung.«
Jetzt stockt mir der Atem. Ach du Scheiße. Ach du Scheiße, ist er ein Agent aus dem Ausland? Werde ich gerade rekrutiert, mein Land zu verraten?
Warum passiert das eigentlich mir?
Ich meine, jetzt mal ehrlich. Wieso ich? Ich bin eine Bürokraft ohne nennenswertes Privatleben.
»Ich bin ehrlich gesagt gar nicht darauf gekommen, dass man da nachfragen muss«, krächze ich, und er grinst wieder.
»Entspannen Sie sich, Junge. Wir arbeiten mit der vollen Erlaubnis und dem Wissen der amerikanischen Regierung. Na ja ... der Personen, die davon wissen müssen, jedenfalls. Sie müssen nichts Illegales tun.«
Und wieso fühle ich mich jetzt kein Stück besser?
Mir schwirrt der Kopf. Das ist ... ich hätte es wissen müssen. Ein Bürojob mit Abenteuer, das ist ein Widerspruch in sich. Wahrscheinlich ist das hier ein Streich. Vielleicht eine von diesen komischen Reality-TV-Sendungen.
Ich stehe auf. »Danke vielmals für Ihre Zeit, ich muss dann mal wieder.«
Harold öffnet den Mund, um etwas zu erwidern, aber ich habe mich schon zur Tür umgedreht. Zwei große Schritte, ich reiße die Tür auf, schaue aus dem Augenwinkel in das Großraumbüro, während ich die Tür hinter mir schließe ...
Mist.
Was ist denn das?
Ich erstarre. Wortwörtlich. Ich kann mich nicht rühren. Ich kann noch nicht mal wegschauen. Wie gebannt starre ich den Mann an, der knappe fünf Meter vor mir steht, an der Stelle, wo vor einer Sekunde noch einer dieser großen Hunde war.
Ich bin nicht irre. Bin ich nicht. Keine Halluzinationen. Ich doch nicht.
Aber ... wo ist dann der Hund geblieben? Und wo kommt dieser Mann her?
Ich spüre eine Hand auf meiner Schulter. Harold schiebt mich mit festem Griff zurück in den Konferenzraum und drückt mich wieder auf den Stuhl. Dann stützt er sich auf den Tisch und sieht mir in die Augen.
»Wir sind keine Menschen. Es gibt Spezies, die Sie vielleicht paranormal nennen würden. Wir haben unsere eigene Regierung – das Community of Species Government. CSG. Und das Agententeam, dem Sie zugeteilt werden, hat die Aufgabe, Leute zu finden, denen nicht bewusst ist, dass sie keine Menschen sind, und ihnen zu helfen, ihren Platz in unserer Gesellschaft zu finden.«
Ich blinzle. Mein Mund steht immer noch offen. Ich bin ziemlich sicher, dass ich aussehe, als wäre ich nicht ganz richtig im Kopf. Habe ich gerade wirklich mit angesehen, wie sich ein Hund in einen Menschen verwandelt hat? »Wie bitte?« Oh nein. Kann Harold sich etwa auch in einen Hund verwandeln?
Er seufzt und setzt sich ebenfalls wieder. »Alles okay? Brauchen Sie vielleicht ein Glas Wasser?«
Ich kneife die Augen zusammen und atme einmal tief durch. Als ich sie wieder aufmache, bin ich ... ruhig. So ruhig wie schon lange nicht mehr.
»Das müssen Sie mir erklären. Was hat denn das Ganze mit Religion zu tun?« Denn er hätte das nicht angeschnitten, wenn es nicht wichtig wäre.
Jetzt lächelt er, dieses Mal von Herzen. Er sieht aus, als wäre er zufrieden, dass ich den Zusammenhang hergestellt habe. »Gott gibt es wirklich«, verkündet er. »Aber nicht als allmächtiges Wesen, und von dem Kram in der Bibel stimmt nicht besonders viel.«
»Okay.« Ich warte ab.
»Eine Sache haben die Menschen richtig verstanden: Gott ist ein Titel und kein Name. Es ist sogar richtig, dass es nur einen Gott gibt. Also immer nur einen auf einmal. Gott ist das Staatsoberhaupt auf der spirituellen Ebene. Und gegenwärtig heißt sie Malia.«
Wow. Gott ist eine Frau. Nehmt das und verschluckt euch daran, ihr patriarchalischen Eisenfresser.
»Ist es ... eine vererbliche Position, oder wird man gewählt?«, frage ich schwach, und er nickt anerkennend.
»Weder noch. Es ist ... also, Magie gibt es wirklich, verstehen Sie?«
»Aha.« Ach du meine Güte.
»Gott wird auf magische Weise ins Amt berufen. Wir studieren den Prozess schon lange, aber wir sind immer noch nicht ganz sicher, wie er funktioniert. Es scheint so zu sein, dass die Macht der Person verliehen wird, die zur gegebenen Zeit am besten für die Rolle geeignet ist.«
Moment mal ...
»Also gibt es keine feste Amtszeit für ... Gott?« Ich bin wider Willen fasziniert.
Harold schüttelt den Kopf. »Nein. Malia ist jetzt seit etwa tausendfünfhundert Jahren im Amt, aber es hat auch schon welche gegeben, die nur ein paar Jahre Gott waren. Die längste Amtszeit dauerte ... aber ich schweife ab. Wenn Sie das alles wirklich interessiert, kann ich Ihnen ein paar Quellen nennen, wo Sie sich schlaumachen können.«
Ich nicke. Was bleibt mir auch sonst übrig?
»Also, Gott ist das Staatsoberhaupt auf der spirituellen Ebene.«
Das hat er eben schon gesagt. Was bedeutet das? »So etwas wie die Nachwelt oder so?«
Er zuckt die Achseln. »Ja und nein. Es ist keine körperliche Dimension. Wenn man ein Wesen ist, das keinen physischen Körper braucht, muss man nicht erst sterben, um dort hinzugelangen.«
Ich halte den Mund, um nicht mit den eine Million Fragen herauszuplatzen, die mir dazu einfallen.
»Aber die meisten Spezies können nicht dorthin kommen, bevor sie ihre Körper abgelegt haben, also ist Nachwelt nicht ganz falsch. Oder Vorwelt, denn bevor man sich für die nächste Runde in einem neuen Körper bewirbt, ist man ja auch da.«
»Reinkarnation gibt es also auch wirklich.«
Er verdreht die Augen. »Natürlich. Eine unsterbliche Seele ist doch viel zu wertvoll, um sie an ein einziges Leben zu verschwenden. Was sollte man denn danach machen? Rumsitzen und sich selber toll finden? Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen dabei gehen würde, aber mir wäre im Handumdrehen stinklangweilig. Ich bin jetzt zum neunten Mal in einem neuen Körper hier. Ich halte es einfach nicht besonders lange ohne körperliche Annehmlichkeiten aus. Essen. Sex. Selbst einen Haufen zu machen kann ein echt gutes Gefühl sein, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Das verstehe ich total, also nicke ich zustimmend. Außerdem, was soll ich denn sonst tun? Reinkarnation, weil man gerne mal wieder ein großes Geschäft machen will? Na bitte. Sei’s drum.
Ich habe das Gefühl, wir kommen wieder vom Thema ab.
»Warum wissen denn die Menschen nichts davon?« Ich meine, es müsste doch wenigstens Gerüchte geben?
Harold schnaubt. »Moment, dazu komme ich gleich. Also, Gott ist verantwortlich für die spirituelle Ebene. Allerdings war es von der Magie nie vorgesehen, auch die physische Ebene so aufzuteilen und zu regieren. Also wird auch dafür ein Regierungsoberhaupt besetzt.«
Das gibt mir zu denken. »Ein Gott der Erde?«
»Nicht ganz. Gott ist der Titel, den das Oberhaupt der spirituellen Ebene trägt. Das Oberhaupt der physischen Ebene nennt man ...«
Es macht Klick. »Teufel?«
»Fast. Luzifer. Der ›Teufel‹ ist ein Konstrukt der Menschen. Der gegenwärtige Luzifer ist ein umgänglicher Typ, der gerne Rollerblades fährt und puzzelt. Vor etwa achttausendsiebenhundert Jahren gab es mal einen Clanführer hier auf der Erde, ich habe vergessen, wo genau. Jedenfalls hat dieser kleine, aufstrebende Clanführer irgendein Abkommen gebrochen oder so, und der damalige Luzifer war gezwungen, ihn zu bestrafen. Das hat dem Kerl nicht gefallen, und weil er ein ganz besonders hinterlistiges kleines Miststück war, hat er Gerüchte in die Welt gesetzt, dass der Luzifer mit Schimpf und Schande zur Erde geschickt und aus der spirituellen Ebene verbannt wurde. Darauf haben sich noch ein paar andere machthungrige Parteien gestürzt, denen der Luzifer nicht erlaubt hatte, bei ihren Nachbarn einzufallen, und von da aus hat es sich verselbstständigt. Keine hundert Jahre später war die gesamte Menschheit davon überzeugt, dass der Luzifer ein abgrundtief böses Wesen ist, das sie dazu bringen will, ihre Seelen aufzugeben. So ein Blödsinn. Was sollte er denn mit all den Seelen anfangen? Man braucht doch nie mehr als eine pro Körper, und Sklaverei auf der spirituellen Ebene ist unmöglich, also ...«
Bilde ich mir das nur ein, oder ist Harold auf einmal total gesprächig? Wo ist denn der einsilbige Typ von vorhin geblieben, der mich kaum eines Blickes gewürdigt hat?
»Also will der Teufel unsere Seelen gar nicht?«, frage ich vorsichtig, und er guckt mich an, als wäre ich etwas dämlich.
»Es gibt keinen Teufel. Aber ja, kein Bedarf an Seelen. Tja, und dann wurde es erst richtig hässlich, als die Artenkriege begannen.«
Ach, bin ich froh, dass ich sitze. »Die Artenkriege?«
Er nickt. »Im Grunde genommen hat damals die Menschheit alle anderen Spezies bekämpft. Anfangs war es noch nicht so. Bei einigen Arten gab es ein paar Untergruppierungen, die dachten, es wäre in ihrem Interesse, den Luzifer zu stürzen.« Er unterbricht nachdenklich, dann fährt er fort: »Aber nur die Menschen glaubten, der Luzifer wäre ›der Teufel‹. Keine andere Spezies hat sich diesen Quatsch je einreden lassen. Ich frage mich immer, warum.«
Soll ich ... das etwa kommentieren? Keine Ahnung, was ich dazu sagen soll.
Er schüttelt den Kopf. »Die Artenkriege haben als eine Art Handgemenge zwischen allen Parteien begonnen, aber dann haben die Menschen ihre Religionen mit ins Spiel gebracht und erklärt, dass alle anderen Spezies abartig und Werkzeuge des Teufels sind. Knapp hundert Jahre später waren es dann die Menschen gegen alle anderen, und wir mussten ums nackte Überleben kämpfen.«
Oh nein. Manchmal kann man sich wirklich für die Menschheit schämen.
»Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Sind Sie denn nicht weit in der Überzahl? Wenn alle Spezies sich zusammenschließen gegen uns, äh, die Menschen. Warum ist denn nicht schon längst alles wieder so wie früher?«
Sein Lächeln ist ein bisschen traurig. »In Wirklichkeit sind es die Menschen, die in der Überzahl sind. Alle anderen Arten mit hoher Intelligenz leben länger als Menschen, und im Ausgleich dazu ist es für uns schwerer, uns fortzupflanzen. So kommt es, dass wir weniger sind.«
Ja. Das leuchtet ein.
»Es war ziemlich aussichtslos – aber dann hat die Magie sich eingeschaltet. Eines Tages wurde es dunkel, dunkler als die dunkelste Nacht, und als das Licht zurückkehrte, war ein neuer Luzifer im Amt, und die Menschen hatten uns vergessen.«
»Vergessen?!«
Er zuckt die Achseln. »Ich war nicht dabei. Das habe ich auch nur erzählt bekommen. Unsere Geschichte besagt, dass an diesem Tag all unseren Arten ein kleines bisschen innere Magie verliehen wurde, auch denen, die vorher keine besaßen, damit wir uns unsichtbar machen konnten. Aber es schien gar nicht so, als würden die Menschen überhaupt nach uns suchen. Es hat bis heute Tausende von Anlässen gegeben, bei denen die Wahrheit ans Licht hätte kommen können, bei archäologischen Ausgrabungen zum Beispiel – und doch passiert es irgendwie nie.«
»So hat sie also ihre Hörner verschwinden lassen!«, wird mir plötzlich klar. Es mag ja eine riesige Enthüllung sein, dass die ganze Menschheitsgeschichte eine Lüge ist, die nie aufgedeckt wurde, aber ich bin gerade einfach nur erleichtert, dass ich nicht halluziniert habe.
»Wer?«
Ich erkläre es ihm, und er nickt. »Ja. Das hier ist eigentlich ein geschützter Raum für uns, wir tarnen uns also nicht. Ich hatte nur vergessen, Bescheid zu sagen, dass heute ein Mensch zu Besuch kommt.«
Was eine sehr wichtige Frage aufwirft. »Harold. Wieso ausgerechnet ich? Ich meine, wieso überhaupt einen Menschen einstellen? Das hier ist kein so ausgefallener Job, dass ihn außer mir niemand machen könnte. Und wenn Sie jemanden anderen einstellen würden, müssten Sie mir das alles gar nicht erst erklären.«
Er weicht meinem Blick aus.
Erwischt.
»Harold?«
»Oh, wissen Sie.« Er lacht nervös. »Es ist nicht so wichtig. Ich dachte einfach, es wäre eine nette Abwechslung, mal einen Menschen einzustellen.«
Man muss kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass das glatt gelogen ist.
Ich sage nichts und sehe ihn einfach an, bis er schließlich nachgibt.
»Es ist so. Hier kommt das Abenteuer ins Spiel. Das Team, dem Sie zuarbeiten – also, es sind wirklich nette Leute. Es ist nur so, dass die meisten von ihnen Höllenhunde sind. Wir versuchen normalerweise, nicht allzu viele Höllenhunde in ein Team zu stecken, weil sie als Gruppe ein bisschen anstrengend werden können. Ungebärdig. Ich bin nicht mehr sicher, wie diese Rotte sich zusammengefunden hat, aber mittlerweile ist es nicht mehr denkbar, sie zu trennen.«
»Ungebärdig? Wie Kleinkinder?«, frage ich ungläubig. »Und was genau meinen Sie mit nicht denkbar, sie zu trennen?« Aber dann fällt mir wieder ein, dass ich mit eigenen Augen gesehen habe, wie ein Hund sich in einen Menschen verwandelt hat, und das war kein Witz. Definitiv nicht.
»Sie lassen es nicht zu.« Er grinst plötzlich. »Wir lassen es nicht zu, besser gesagt.«
Hä? Oh.
»Sie sind ein Höllenhund? Aber wenn der Teufel nicht existiert, gibt es auch keine Hölle. Was soll also der Name?«
Er verdreht die Augen. »Damals während der Kriege haben die Menschen es als Schimpfwort gebraucht. Sie haben uns als Diener des Teufels bezeichnet und all solchen Mist, der niemanden außer ihnen interessiert hat. Die damalige Spezies-Anführerin hatte einen etwas eigenen Humor, also hat sie unsere Subspezies offiziell umbenannt, um die Menschen zu ärgern.«
Ach.
Du.
Scheiße.
»Sie hat Ihre Gattung umbenannt, weil sie es lustig fand? Und das hat sich gehalten?«
»Sicher.« Er zuckt die Achseln. »Sie müssen doch zugeben, dass es witzig ist.«
Ich will nicht zugeben, dass ich den Witz nicht verstehe. Aber mir wird langsam klar, warum man Höllenhunde als ungebärdig bezeichnen könnte.
Ich schlucke einmal heftig. Ich wollte eine Veränderung. Eine Herausforderung. Aber mit Kollegen zu tun zu haben, die offensichtlich alle meine Vorgänger vergrault haben?
»Wenn ich einen Menschen einstelle, erhoffe ich mir davon, dass sie sich benehmen«, fährt Harold eilig fort. »Und ich denke, Sie werden gut mit ihnen fertig.«
»Was haben sie denn getan, um meine Vorgänger zu vertreiben?« Wissen ist Macht, oder?
»Oh, nichts Schlimmes«, beeilt er sich, mir zu versichern. »In der Hauptsache waren sie etwas zu anhänglich. Die meisten Bürokräfte vor Ihnen hatten Familien, die ein Problem damit hatten, wenn ständig ohne Vorwarnung Höllenhunde bei ihnen vorbeikamen. Wir haben es auch mit Singles versucht – aber es liegt nun mal in unserer Natur, übertrieben fürsorglich und neugierig zu sein, und zwei haben gekündigt, weil ihr Liebesleben darunter gelitten hat. Und der dritten Person war das ständige Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Bestätigung zu viel.«
Höllenhunde klingen eigentlich so ähnlich wie Golden Retriever.
Ich reibe mein Gesicht und denke darüber nach. Ich brauche wirklich eine Veränderung. Und abgesehen von den Hunde-Kollegen klingt der Job wie für mich gemacht. Trotzdem bin ich unsicher ...
»Was ist, wenn sie mich auch verrückt machen und ich kündige?«
Harold zuckt die Achseln. »Dann kündigen Sie eben. Und ich denke ernsthaft darüber nach, diese Bande umzubringen, weil ich dann noch eine Bewerbungsrunde über mich ergehen lassen muss. Langsam weiß ich mir wirklich nicht mehr zu helfen.«
So ist das also. Ich bin der absolute Bodensatz.
»Nein, ich meine ... ich bin doch ein Mensch. Und jetzt weiß ich alles über alle hier«, erkläre ich mit einer Geste in die Runde.
»Oh. Na ja, denken Sie doch mal darüber nach. Was würde wohl passieren, wenn Sie anfangen, es herumzuerzählen?«
Ah. Wie recht er hat.
»Genau. Kein Mensch würde Ihnen glauben, außer vielleicht ein paar verrückte Verschwörungstheoretiker. Selbst wenn Sie ein Video machen würden, während sich ein Kollege verwandelt, würde man Ihnen vorwerfen, es manipuliert zu haben.«
»Also dürfte ich einfach kündigen.«
»Klar. Ich wäre ziemlich sauer, da ich extra eine Genehmigung einholen musste, um überhaupt ein Vorstellungsgespräch mit Ihnen führen zu dürfen. Aber wenn Sie kündigen wollen, ist das Ihre Sache.«
Ich beiße mir auf die Lippe.
Er beobachtet mich.
Dann nicke ich. »Ich bin dabei.«
»Ich bin dabei«, ächze ich. »Was habe ich mir nur dabei gedacht?« Die Barkeeperin wirft mir einen skeptischen Blick zu. Das kann man ihr nicht vorwerfen, denn ich sitze schon seit einer halben Stunde am Tresen und murmele in meinen Drink.
Ich bin auf halbem Weg nach Hause hier hängen geblieben, also nicht besonders weit gekommen. Denn plötzlich ist mir klar geworden, dass ich gerade bei einer Interspezies-Regierungsbehörde angeheuert habe, und das hat mich umgehauen. Ehrlich gesagt bin ich sogar ein bisschen stolz darauf, dass ich es geschafft habe, mich so lange zusammenzureißen. Ich war ganz ruhig, während Harold mir zu all den Arten, mit denen ich zu tun haben werde, Kurzbeschreibungen gegeben hat. Es gibt zwei Subspezies von Gestaltwandlern, außerdem Vampire, Dämonen, Sukkuben, Inkuben und Zauberer. Dann hat er mir eine Reihe von Web-Archiven genannt, in denen ich weiter recherchieren kann, damit mir beim Umgang mit den Kollegen keine peinlichen Schnitzer passieren.
Selbst als er mir Tipps gegeben hat wie »Tragen Sie kein intensives Rasierwasser, wenn Gestaltwandler anwesend sind« und »Fragen Sie nie einen Dämon nach seinem Zweitnamen«, bin ich nicht nervös geworden. Nur als er sagte »Reiben Sie nie Ihren Hals in Gegenwart eines Vampirs, es sei denn, Sie möchten zu einem Biss einladen«, habe ich ein bisschen gezittert, aber ich habe mich total zusammengerissen, als er mir beiläufig riet »Wenn ein Inkubus oder Sukkubus Sex mit Ihnen haben will, sollten Sie von Anfang an Grundregeln festlegen, denn Sie vergessen alles, sobald sie einmal losgelegt haben«. Ehrlich gesagt klang Letzteres sogar ganz spannend.
Von daher – keine Ahnung, woher jetzt plötzlich diese Panik kommt. Ich dachte, dass es am besten wäre, wenn ich mich erst mal hinsetze und mir zur Beruhigung einen Drink genehmige. Die Bar lag auf dem Weg. Ich war schon öfter hier, denn sie ist, wie gesagt, nicht weit weg von meiner Wohnung und damit praktisch für Grindr-Dates, bei denen ich noch nicht sicher bin, ob ich sie mit nach Hause nehme oder nicht. Ich bin aber kein Stammgast oder so.
Ich bin gerade echt hin- und hergerissen: Soll ich Harold anrufen und höflich absagen? Schon beim Gedanken daran fühle ich mich wie ein Idiot, denn schließlich ist es doch genau das, was ich gesucht habe: ein Ausweg aus meiner alltäglichen, langweiligen Existenz. Den Job kann ich im Schlaf und mit Handfesseln erledigen (also im übertragenen Sinne), und das Gehalt wäre super – sehr viel besser als bei meiner jetzigen Stelle. Außerdem wäre es ein neues Umfeld, und es gäbe viele aufregende und interessante neue Dinge zu lernen und zu erleben.
Andererseits würde ich mit Vampiren und Höllenhunden zusammenarbeiten. Von der Sache mit den Dämonen gar nicht zu reden. Wenn es den Teufel nicht gibt, können die Dämonen auch nicht seine Gehilfen sein, und dennoch ist es immer noch ein Begriff, bei dem sich mir armem Menschlein ein paar negative Assoziationen aufdrängen. Und dann Harolds warnender Hinweis zur »Ungebärdigkeit« der Höllenhunde in meinem Team – das bereitet mir mehr und mehr Sorge.
Ich seufze und lasse den Kopf ein paarmal auf den Tresen fallen. Vielleicht hilft es, wenn ich mein Gehirn ein bisschen durch...
Dann trifft meine Stirn auf etwas Weiches, Lebendiges.
Ich zucke so heftig zurück, dass ich vom Barhocker falle. Mit den Armen rudernd frage ich mich bereits, wie schmerzhaft es sich anfühlen wird, wenn ich auf den Boden knalle, aber in der nächsten Sekunde hat mich schon jemand am Hemdkragen gepackt und mich auf den Hocker zurückgehievt.
Ich sinke auf dem Tresen zusammen, etwas außer Atem vom Adrenalinschub.
»Sorry. Ich wollte dich nicht erschrecken.«
Ich setze mich auf und sehe mir den Mann an meiner Seite an – mein Retter und gleichzeitig der Grund dafür, dass ich gerettet werden musste.
Ich muss den Kopf in den Nacken legen, denn der Typ ist ein Riese. Ich meine … im Vergleich zu mir sind ja viele Leute groß, aber der Fremde neben mir ist weit über eins neunzig, und er hat einen unglaublichen Körper. Breite Schultern. Breite Brust. Muskeln, wo man hinschaut. Der Kerl ist ein Panzer.
Ich reiße mich vom beeindruckenden Anblick seines Oberkörpers los, um mir den Rest anzusehen. Sein Gesicht ist wunderschön symmetrisch, und seine Haut hat einen wunderbaren Bronzeton. Tief liegende dunkle Augen. Blauschwarze Haare, gerade so lang, dass man sehen kann, wie seidig sie sind. Dieser Mann sollte Model sein und Zeitschriften schmücken. Und doch bin ich nicht ganz sicher, ob ich vor ihm zurückschrecken sollte – er hat mich zwar vor einem Sturz bewahrt, aber entweder ist er stocksauer, oder er hat von Natur aus den missmutigsten Gesichtsausdruck, den ich je gesehen habe. Die finstere Miene und sein dunkler Blick, im Zusammenhang mit seiner Größe und Figur – das hier ist ein verdammt Furcht einflößender Kerl.
»Äh, ist schon gut.«
»Ich dachte nur, du solltest diesem hübschen Gesicht keinen dauerhaften Schaden zufügen.«
Ding! Das war doch nicht etwa mein Schwulenradar? Ich sehe ihn mir noch mal näher an. Er ist immer noch gigantisch und immer noch genauso Furcht einflößend, und doch ist da etwas in seinen dunklen Augen und der Art, wie er sich neben mir an den Tresen lehnt, dazu die komplett offene Körpersprache, das mich vermuten lässt, dass er nicht ernsthaft vorhat, mich zu ermorden.
Und in dem Fall ...
»Wirklich lieb von dir«, murmele ich und drehe mich mit einem Lächeln zu ihm um. Eine Ablenkung könnte genau das sein, was ich jetzt brauche. Um den Kopf frei zu bekommen. Den Körper zu erfrischen. »Darf ich dir zum Dank einen Drink bestellen?«
Jetzt verzieht sich sein Gesicht zu einem Schmunzeln, fast schon einem Lächeln, und ich bekomme eine Ahnung davon, wie atemberaubend er aussehen könnte, wenn er nicht von Natur aus einen so übellaunigen Gesichtsausdruck hätte. Also, nicht falsch verstehen: Er sieht auch mit dem bösen Blick superscharf aus. Man könnte sagen, es macht ihn noch ein bisschen sexyer. Aber es lenkt doch davon ab, was für ein klassisch perfektes Gesicht er hat.
»Nein, denn ich hatte selber gerade vor, dich einzuladen, als du begonnen hast, dich zu verstümmeln.« In seiner Stimme schwingt eine Frage mit. Ein Hauch von Akzent lässt vermuten, dass er nicht von hier ist oder dass seine Eltern keine Muttersprachler sind. Ich winke ab.
»Probleme bei der Arbeit.« Das ist nicht falsch, und die ganze seltsame Geschichte brauche ich ihm nicht wirklich zu erzählen. »Wir bestellen einfach und einigen uns später, wer was bezahlt.«
Er rutscht auf den Barhocker neben mir, und die Bedienung ist sofort bei uns. Ich meine, es ist nicht viel los, unter der Woche um drei Uhr nachmittags, aber so schnell war sie definitiv nicht, als ich noch alleine hier saß. Er ignoriert ihr Flirten aber, und schon fühle ich mich besser. Kann sein, dass ich ihr ein kleines, selbstgefälliges Grinsen zuwerfe, als sie losläuft, um unsere Bestellung zu holen. Dann bin ich eben ein bisschen kleinlich, na gut.
»Ich bin Sam«, stelle ich mich vor und gebe ihm die Hand. Er umschließt sie mit seiner riesigen, warmen Pranke, schüttelt meine Hand einmal, dann lässt er sie wieder los, und seine Finger gleiten mit einem sanften Streicheln an meiner Handfläche entlang.
Oh, wow.
»Gideon«, erwidert er.
»Und, Gideon? Was führt dich denn an einem Arbeitstag hierher? Denkst du auch gerade über einen Jobwechsel nach?«
Er schüttelt den Kopf. »Nein. Meinen Job verlasse ich nur auf einer Bahre, mit den Füßen voran. Aber manchmal habe ich irgendwie zu viel im Kopf, und dann muss ich mal raus, um nachzudenken.«
»Verstehe.« Das leuchtet ein, auch wenn er es irgendwie sehr speziell ausgedrückt hat. Also so speziell, dass es ein bisschen nach Serienkiller klingt. »Oft ist ein bisschen Abstand zu den Kollegen gut, damit ich nichts tue, was ich später bereuen würde.«
Er schnaubt und nickt der Bedienung zu, die gerade unsere Getränke bringt. »Nur leider bin ich in diesem Szenario eher der ›Kollege‹. Mein Team hat mir geraten, mal kurz rauszugehen, bevor sie sich gezwungen sehen, mich umzubringen und auf meinem Grab zu tanzen.«
Ich muss laut auflachen. »Haben die das so gesagt, oder hast du es umformuliert?«
Er hebt die Hand wie zum Schwur. »Originalzitat. Also dachte ich, es ist für alle besser, wenn ich spazieren gehe, und dann hab ich die Bar gesehen, also ...« Er zuckt die Achseln.
Ich hebe mein Glas. »In meinen Augen ein glücklicher Zufall.« Wir stoßen an, trinken, und dann sprechen wir wieder über mich (Jobangebot, unsicher, ob ich es annehmen soll), seine Schwester (sie hat gekündigt, weil sie ihr keine Kaffeesahne mit Haselnussgeschmack besorgen wollten – immer noch keine Ahnung, warum sie sich die nicht einfach selbst mitbringen konnte), Musik, die Tatsache, dass er selten fernsieht, und ob es wirklich ein schlechtes Omen ist, einer schwarzen Katze über den Weg zu laufen. Er hat eine sehr offene Art und einen etwas brummigen Charme, von dem ich mich extrem angezogen fühle. Man merkt deutlich, dass er wenig Geduld hat. Er gibt sich alle Mühe, mich davon zu überzeugen, dass ich unrecht habe, als ich davon schwärme, wie toll »Game of Thrones« ist, und ich bin sicher, dass er mich am liebsten einen Idioten schimpfen würde, weil ich so viel Begeisterung für eine erfundene Welt empfinde. Aber er lässt mich trotzdem weiterplappern – und er lächelt nicht direkt, aber seine Miene ist auch nicht so Furcht einflößend, wie sie es ohne Zweifel sein könnte.
Während wir reden, berühren wir uns die ganze Zeit. Also beiläufig, und ganz harmlos. Meine Hand auf seiner. Er tätschelt meinen Arm. Ich umfasse sein Knie, während ich erkläre, dass schwarze Katzen wirklich anders sind. Er fasst mich an den Schultern und besteht darauf, dass es nicht so ist. Und auf einmal sind wir uns supernahe gekommen, und mir sind Katzen, schwarz oder andersfarbig, plötzlich völlig egal. Ebenso die halb leeren Gläser auf dem Tresen – war das wirklich schon die dritte, oder gar die vierte Runde?
Gideon sieht mich aus seinen dunklen Augen unverwandt an, und jetzt lächelt er nicht mehr. Seine großen Pranken liegen immer noch auf meinen Schultern, ich spüre die Wärme seiner Handflächen durch mein Hemd, und ich will nichts lieber, als sie auf meiner Haut zu fühlen.
»Ich wohne nur ein paar Blocks entfernt«, flüstere ich. So lange will ich ehrlich gesagt gar nicht mehr warten, aber ich will mehr als ein paar Minuten auf der Toilette. Ich will seinen ganzen Körper mit den Händen und dem Mund erforschen.
Er lächelt wieder. Es ist kein fröhliches Lächeln. Es ist intensiv und sexy und lässt mich erschauern.
»Lass uns gehen.«
Er legt Geld auf den Tisch und zieht mich vom Barhocker und zur Tür, bevor ich protestieren kann. »Danke«, sage ich noch leise, denn ich entscheide mich, die Einladung anzunehmen, dann treten wir auf die Straße. »Ähm, hier entlang.« Der Arbeitstag neigt sich dem Ende zu. Mir war gar nicht klar, wie lange wir uns unterhalten haben. Der Bürgersteig ist viel voller als vorhin. Gideon bleibt an meiner Seite, eine große Hand an meinem Rücken und seine lange Gestalt dicht an mich gepresst. Erstaunlich, wie viel unbehelligter man so durchs Gedränge kommt – die Menschen weichen ihm einfach aus.
Das ist ein weiterer Grund, warum ich gern größer wäre. Zu schade, dass ich wohl nicht mehr wachsen werde.
Ich schaue zu ihm hoch. »Treibst du viel Sport? Oder bist du einfach von Natur aus so gebaut?« Mit anderen Worten: Habe ich auch nur den Hauch einer Chance, jemals selbst so eine Figur zu haben? Größer werde ich sicher nicht mehr, aber vielleicht muskulöser?
Das hämische Gelächter in meinem Kopf ignoriere ich.
Gideon sieht mich mit leerem Blick an, und ich schüttle den Kopf. »Ist egal.« Wir biegen von der belebten Durchgangsstraße in eine etwas ruhigere Straße ein. »Es ist gleich da vorne.«
»Sowohl als auch.«
Ich lege wieder den Kopf in den Nacken. »Bitte?«
»Sowohl als auch. Ich treibe viel Sport, aber in meiner Familie sind alle Männer so gebaut wie ich.«
Oh. Bei der Vorstellung eines Raums voller harter, muskulöser, unglaublich heißer Männer, die alle aussehen wie Gideon, wird mein Lächeln zur Grimasse. »Das klingt nett.«
Das klingt nett? Oh Mann, etwas Blöderes ist mir wohl nicht eingefallen. Ich eile voraus und schließe die Eingangstür auf. Gideon ist sofort an meiner Seite und schiebt mich ins Haus.
»Beeil dich«, raunt er mir zu, in einem Ton, der direkt an meinen Schwanz gerichtet zu sein scheint.
Ich gehorche.
Ehrlich gesagt kann ich mich nicht erinnern, diese Treppen je so schnell hochgelaufen zu sein, noch nicht mal damals, als ich eine Lebensmittelvergiftung hatte und mich beeilen musste, um die Toilette noch zu erreichen. Ich komme vor meiner Wohnung zu stehen und lasse vor lauter Aufregung die Schlüssel fallen. »Verdammt!«
Gideon bückt sich und hebt sie auf. »Welcher Schlüssel?«
»Ahhh ...« Ich reiße ihm den Schlüsselbund aus der Hand, und schon stolpern wir durch die Tür, werfen sie hinter uns zu, dann werde ich dagegen geschoben. Gideon hebt mich mit den Händen unter dem Hintern hoch, und jetzt fühlt es sich an, als wollte er mich mit seinem sexy Mund verschlingen.
Einen Moment lang verliere ich mich in dem Kuss. Na gut, länger als einen Moment, viel länger. Lippen, Hände, Hitze, Nässe, Kribbeln, Härte ... nichts anderes zählt mehr, nur noch das gegenseitige Reiben aneinander und das Ertasten seines Körpers durch seine Kleidung.
Kleidung.
Weg damit. Ich will Haut spüren.
Ich reiße mich so weit von ihm los, dass ich hervorbringen kann: »Runter mit dem Hemd.«
»Alles, was du willst«, verspricht er mir und beugt den Kopf herunter, um an meinem Hals zu saugen, bis meine Nervenenden sprühen und meine Augen sich wie von alleine schließen. »Du auch.«
»Schlafzimmer«, keuche ich mit dem letzten Fünkchen Verstand. »Wir brauchen noch ...«
Er hebt den Kopf und sieht sich um. Mit einem Wimmern nehme ich sein Gesicht in beide Hände und gebe ihm noch einen tiefen, nassen Kuss. Meine Beine sind um seine Hüften geschlungen, und ich fühle seinen Schwanz an meinem pochen.
»Schlafzimmer«, stimmt er mit tiefer, grollender Stimme zu. »Sonst vögele ich dich gleich hier und pfeif auf die Folgen.«
Keine Ahnung, wieso, doch ich weiß, dass er das nicht ernst meint. Aber es gibt ja trotzdem keinen Grund, uns beide weiter auf die Folter zu spannen. »Da hinten. Den Flur runter.« Blindlings winke ich in die richtige Richtung und mache mich darauf gefasst, ihn vorübergehend loslassen zu müssen, damit wir uns dort hinbewegen können.
Und das Nächste, was ich weiß, ist, dass ich mit schnellen Schritten zu meinem Schlafzimmer getragen werde. Das muss ich sagen: Ins Schlafzimmer getragen zu werden, mit der Aussicht, gleich so richtig rangenommen zu werden, ist so was von sexy. Besonders wenn der Kerl, der mich trägt, das ohne jegliche Anstrengung tut. Ich meine, dass er riesig ist und ich nicht, ist schon klar, aber ich bin immerhin ein erwachsener Mann. So mühelos sollte es für ihn auch wieder nicht sein, oder?
Ach, ist ja auch egal.
Ich lasse mich aufs Bett zurückfallen und ziehe ihn mit hinunter. Nicht, dass ich besonders fest ziehen müsste. Ah, so ist es besser. Jetzt kann er mich anfassen, mit diesen riesigen, heißen, starken Händen ...
Ich schiebe ihn zurück und setze mich auf, packe sein Hemd und zerre an den Knöpfen. Er hilft mir, und dann haben wir beide kein Hemd mehr an, unsere Hosen und Unterwäsche fliegen beiseite, und endlich sind wir beide nackt und reiben uns aneinander, während wir unsere Hände auf Entdeckungsreise schicken. Seine Haut ist überall so warm, fast schon heiß, und bis auf die Brustbehaarung seidenweich. Er ist geradezu absurd in seiner Perfektion, als wäre er gerade einer Gesundheitszeitschrift für Männer entsprungen – einer mit sexy Fotos –, dank der dunklen Körperbehaarung, den harten Nippeln und den schönen, von Venen durchzogenen Armen. Seine Muskeln zucken, wo immer ich ihn berühre, und ich fühle mich unglaublich mächtig, weil ich in der Lage bin, das auszulösen.
Ich spüre seinen harten Schwanz an meinem Oberschenkel, und, wow, was für ein Durchmesser. Bei der Vorstellung, ihn in mir zu spüren, zuckt mein Hintern, aber es ist kein unangenehmes Zucken. Ich nehme ihn in die Hand, und Gideon stöhnt, als würde das Geräusch direkt aus seiner Lunge gepresst.
»Bitte sag, dass du Bottom bist«, flüstert er, eine riesige Hand schon an meiner Pobacke, während er mit dem Finger meine Ritze entlangfährt.
Mich überläuft ein Schauer. »Aber ja.«
Da ist es wieder, das Lächeln, das auch zu einem plündernden Eroberer passen würde. Wieso ist das so sexy? »Gleitgel?«
Ich zwinge mich, ihn loszulassen, und krame in meinem Nachttisch nach Gleitgel und Kondomen. Ich nehme ja PrEP, aber ich weiß nicht, was er ...
»Die brauchen wir nicht«, sagt er und wirft die Kondome wieder auf den Nachttisch. Er nimmt wohl auch PrEP.
Dann öffnet er das Gleitgel und drückt etwas davon auf seine großen Finger. Ich lege mich mit angezogenen Knien auf den Rücken, stemme die Füße auf die Matratze und spreize die Beine. Normalerweise mag ich es nicht, Fremden beim Sex ins Gesicht zu schauen, aber ihn will ich unbedingt sehen, wenn er sich endlich gehen lässt.
Und schon fühle ich seine Finger an meinem Eingang. Er bereitet mich gründlich und ausdauernd vor und dehnt mich sanft und ausgiebig. Anfangs ist es schon mühsam, auch nur seine Finger in mich aufzunehmen. Bei mir ist es bereits eine Weile her, und, wie ich schon ungefähr ein Dutzend Mal erwähnt habe, ist er überall ziemlich überdimensioniert. Sein konzentrierter Gesichtsausdruck ist überraschend zärtlich, und ich bin drauf und dran, ihm das zu sagen, als er meine Prostata findet und mein ganzer Körper plötzlich wie elektrisiert ist.
»Ahhh.« Oh Gott, es ist wirklich lange her, viel zu lang. Es ist einfach nicht das Gleiche, wenn ich es mir selbst mache. »Bin so weit«, keuche ich. Ich will ihn, und zwar sofort.
Er zögert.
»Jetzt, Gideon. Mach schon!«
Er zieht die Finger heraus, legt sich meine Beine über die Schultern, und dann, ohhhhh ...
Meine Augen verdrehen sich, und ich beiße die Zähne zusammen. Das Gefühl, wie sein dicker Schaft in mich eindringt, ist unglaublich toll und gleichzeitig unbequem. Das ist er wahrscheinlich gewohnt, denn er wartet unbeweglich, obwohl er schon tief in mir drin ist, bis sich meine Muskeln entspannt haben und ich zu ihm aufsehe. Er beobachtet mich, und wieder trägt er die grimmige Miene wie eine Maske.
»Okay?«, fragt er, sichtlich mühevoll.
»Unglaublich«, flüstere ich. »Komm schon. Fick mich.«