Dann bleib ich eben sitzen! - Thorsten Steffens - E-Book

Dann bleib ich eben sitzen! E-Book

Thorsten Steffens

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Beschreibung

Roman für Jugendliche von 12–16 Jahren, besonders als Unterrichtslektüre an weiterführenden Schulen geeignet, Fach: Deutsch, Klasse 7–10 +++ Informationen zur Reihe: Leseschwache Schüler geben schnell frustriert auf, wenn die Lektüre zu schwer, zu lang und zu langweilig ist. Diesen Frust können Sie sich und Ihren Schülern mit den Taschenbüchern aus der Reihe K.L.A.R. ersparen: Eine insgesamt geringe Textmenge, überschaubare Leseabschnitte, ein leicht verständliches Vokabular und die Sprache des Alltags helfen Ihren Schülern, sichere Leser zu werden. Durch aktuelle Themen aus der Lebenswelt der Schüler bekommen sie Lust am Lesen und Mut zum Weiterlesen. Der Roman ist somit ideal für die Leseförderung in der Sekundarstufe geeignet und kann von Lehrern als Schullektüre an Förderschulen, Hauptschulen, Realschulen und Gesamtschulen eingesetzt werden. +++ Zum Inhalt des Romans: "Wenn du dieses Schuljahr wieder sitzenbleibst, kannst du zu Papa ziehen!" "Super", denkt sich Tim – denn dann muss er gar nicht erst versuchen, sich in der neuen Klasse einzufügen. In ein paar Monaten ist er ja eh wieder weg … Der unüberlegte Satz von Tims Mutter sorgt dafür, dass Tim sich so schlecht wie möglich benimmt. Nur um seine Schwester Kati, die das Down-Syndrom hat, kümmert er sich nach wie vor. Für die Schule hingegen tut Tim überhaupt nichts mehr. Doch das gestaltet sich bald schwieriger als gedacht: Eigentlich sind seine Mitschüler ganz nett und sich auf Dauer dumm zu stellen, ist auch ganz schön anstrengend …

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Seitenzahl: 87

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Impressum

Titel

Kurz – Leicht – Aktuell – Real

Dann bleib ich eben sitzen!

Autor

Thorsten Steffens

Titelbildmotiv

© soupstock – Fotolia.com

Kapitellogo

© Anja Boretzki

Verlag an der RuhrMülheim an der Ruhrwww.verlagruhr.de

Ab 12 Jahre

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

© Verlag an der Ruhr 2019, Version 2020

ISBN 978-3-8346-4064-2

Begleitendes Unterrichtsmaterial:

K.L.A.R. – Literatur-Kartei:

„Dann bleib ich eben sitzen!“

Thorsten Steffens

Kl. 7–10, 64 S., A4

Hefter: ISBN 978-3-8346-4061-1

PDF: ISBN 978-3-8346-4072-7

Vorwort des Autors

Hattest du schon mal Angst sitzenzubleiben? Ich schon.

Auf dem Halbjahreszeugnis der siebten Klasse hatte ich plötzlich eine Fünf. Ich weiß nicht mal mehr, in welchem Fach – ich glaube, es war Erdkunde oder Geschichte. Damals habe ich mir Sorgen gemacht, die siebte Klasse nicht zu schaffen. Zum Glück ging doch alles gut. Ein Jahr später allerdings wäre ich fast wegen Französisch sitzengeblieben.

Tja, und heute bin ich selbst Lehrer.

So überraschend kann das Leben sein.

Das ist es übrigens auch für Tim – die Hauptfigur in diesem Roman. Der beschließt sogar, absichtlich sitzenzubleiben! Lies doch einmal, wie es dazu kommt.

Dir wünsche ich nicht nur viel Spaß beim Lesen, sondern vor allem, dass deine Schulzeit erfolgreich, aufregend und sorgenfrei ist.

Beste Grüße

Thorsten Steffens

1. UND TSCHÜSS!

Zeugnisvergabe. Herr Breuer ruft uns einzeln auf. Nach dem Alphabet.

„Melina!“

Melina springt in der Reihe hinter mir auf und rast nach vorne.

Herr Breuer gibt ihr das Zeugnis: „Wie immer, sehr erfreulich!“

Quietschend vor Glück rennt sie zu ihrem Platz zurück.

„Jannik!“

Jannik steht auf und geht nach vorne.

„Die Vier in Mathe muss verschwinden! Streng dich im zweiten Halbjahr mehr an!“ Jannik nickt nur zustimmend. Der Honk!

Bei einer Vier in Mathe würde ich jubeln. „Touraj!“

Mein bester Kumpel steht ebenfalls auf und begibt sich nach vorne.

„In Englisch hast du dich verbessert, aber die Vieren in den Nebenfächern will ich auf dem nächsten Zeugnis nicht mehr sehen!“

Auch Touri nickt und sagt nur ein leises:

„In Ordnung.“

Als er sich zu mir umdreht, zieht er eine Grimasse.

„Anna!“

Anna geht an uns vorbei und ich starre auf ihren Hintern. Man kann ihr Höschen sehen. Rosa ist es. Ich stupse Touri an und wir prusten beide los.

„Hervorragend! Nur eine einzige Drei, ansonsten alles Zweien und Einser.“

Na, kein Wunder, so wie die den Lehrern immer in den Arsch kriecht.

„Tim!“

Ich seufze, erhebe mich und schleiche nach vorne.

„Wie schon angekündigt: Mit solch einem Zeugnis würdest du sitzenbleiben. Du hast keinen Ausgleich für die Fünf in Mathematik.“ „Ja, ja“, antworte ich. Hatte ich mir bereits gedacht. Obwohl ich insgeheim doch noch auf eine Drei in Deutsch gehofft hatte.

„Wir ziehen ja sowieso weg“, sage ich und ärgere mich, dass es wie eine Entschuldigung klingt.

„Und du glaubst, dass an der nächsten Schule alles schlagartig besser wird?“

Herr Breuer sieht mich abwertend an.

„Du musst endlich anfangen zu lernen!“

„Ja, ja“, wiederhole ich.

Der soll doch froh sein, dass er mich jetzt los ist. Ich gehe zu meinem Platz zurück.

„Scheiße!“, meint Touri, als ich mich setze.

Er greift nach meinem Zeugnis und guckt sich die Noten an. „Mann, nicht mal eine Drei in Deutsch?“

Ich nehme ihm das Zeugnis wieder aus der Hand und schaue es mir an. Eigentlich keine Überraschungen: eine Fünf in Mathe, eine Fünf in Chemie, eine Zwei in Sport, ansonsten nur Vieren.

Klar, das Zeugnis ist beschissen, das weiß ich selbst, aber es ist doch sowieso nur das Halbjahreszeugnis. Das zählt doch eh nicht.

Nach der dritten Stunde endet der Unterricht dann. Weil’s Zeugnisse gab, dürfen wir früher gehen. Überall Gedrängel. Wir packen unsere Taschen, stellen die Stühle auf die Tische und ich schließe noch das Fenster neben mir.

Im Treppenhaus strömen alle nach unten und freuen sich, dass sie früher ins Wochenende können. Doch während die anderen jetzt nach Hause gehen, heißt es für mich, Abschied zu nehmen von meinen Kumpels.

Im Foyer bleiben wir stehen. Touri, Lennart, Yanis und Cem sind noch da. Die anderen sind schon gegangen, obwohl sie wissen, dass ich wegziehe. Nicht mal der Breuer hat sich oben von mir verabschiedet. Der Idiot! „Ey, meld dich, Alter! War witzig mit dir!“

„In den Ferien können wir ja mal nach Köln kommen!“

Eigentlich werde ich die Schule hier nicht wirklich vermissen. Scheiße ist nur, dass Touri und ich jetzt nicht mehr in einer Klasse sind. Mit ihm habe ich mich echt gut verstanden. „Ich werd dich vermissen“, sage ich. Und meine es auch so.

„Ich dich auch!“

Und das war’s auch schon. Kein Drama, keine lange Abschiedsszene, kein Nix.

Aber was soll’s? Mir macht das nichts aus.

Die vier gehen zusammen noch in die Stadt. Auf mich wartet allerdings schon Tante Karin vor der Schule in ihrem roten Nissan Micra. Baujahr 1995. Ungelogen!

Meine Mutter ist schon vorgefahren, um den Möbelpackern die Wohnung aufzuschließen.

Eigentlich hatten wir ja gehofft, dass meine Schwester und ich heute freibekommen, aber die Schule hat sich natürlich geweigert. Von wegen Schulpflicht und so.

Die Beifahrertür des Nissans quietscht, als ich sie öffne, und ich hoffe, dass wir es in dieser Karre überhaupt bis nach Köln schaffen.

„Da bist du ja!“, trällert meine Tante.

Wie immer viel zu gut gelaunt.

„Hast du dich von deinen Freunden verabschiedet?“

„Hast du dein Zeugnis bekommen?“

„Hast du schon was gegessen?“

Geduldig beantworte ich ihre Fragen. Bei jedem anderen wäre ich genervt von so viel Fragerei, aber sie meint es nur gut. Und dann ist das okay für mich.

In der Beckstraße holen wir Kati in ihrer Schule ab. Sie geht auf eine spezielle Schule. Ich steige aus und lasse sie auf den Rücksitz (ist überflüssig zu erwähnen, dass Tante Karins Auto ein Dreitürer ist, oder?).

Kati freut sich. Wie fast immer.

„Könn wir Benjamin hörn?“, fragt sie aufgeregt. Damit meint sie Benjamin Blümchen.

„Och Schätzchen, hier im Auto habe ich leider gar keine Kassetten“, sagt meine Tante erleichtert.

Ja, richtig. Das Auto meiner Tante ist so alt, dass sie ein Kassetten-Radio hat – genau an der Stelle, wo bei anderen Autos das Navi samt Bluetooth-Radio ist.

„Nichschlimm!“ Kati kramt in ihrem Rucksack und holt eine Kassette heraus, mit der sie meiner Tante auf die Schulter tippt. Wir schauen uns entsetzt an.

Tante Karin seufzt kurz und steckt die Kassette in die Radioanlage.

„Törööö!“, hupt es aus den Boxen. Na super, dann fährt der Elefant also mit nach Köln!

Kati singt aufgeregt den Titelsong mit: „Benjamin, du lieber E-le-fant …“

Während Benjamin Blümchen sich darüber beklagt, dass es ihm zu heiß ist, und er ein Eis möchte, schaue ich aus dem Fenster. Tante Karin gibt ganz schön Gas in ihrem kleinen Nissan (wahrscheinlich hofft sie so, nur die Hälfte der Kassette hören zu müssen) und ich sehe, wie die Siedlung an uns vorbeirast, in der ich aufgewachsen bin.

Und tschüss!, denke ich mir.

2. SECHZEHN

Nachdem wir Benjamin Blümchens Abenteuer als Bademeister inzwischen drei Mal gehört haben, schaltet meine Tante kurz vor Köln endlich das Radio ein.

„Einslive“, sagt sie. „Die sitzen sogar hier in Köln! Ist doch aufregend, oder?“

Nö!

Ihr Versuch, meine Begeisterung für diese Stadt zu wecken, ist vergebens.

„Holst du jetzt mal das Navi raus?“

Ich krame das Navi aus dem völlig überfüllten Handschuhfach und stecke das Kabel in den Zigarettenanzünder.

„Adresse?“, frage ich.

Meine Tante sieht mich entgeistert an.

„Wie? Du weißt nicht mal deine neue Adresse?“

„Nö!“, sage ich. Als ob es meine Idee gewesen wäre umzuziehen! Vor ein paar Monaten hat meine Mutter Kati und mir beim Abendessen gesagt, dass wir im Februar nach Köln ziehen werden. Wegen des Jobs müsste das sein. Diskussion beendet!

Ich schaue meine Tante erwartungsvoll an: „Und? Wie lautet die Adresse nun?“

„Ja, was weiß ich? Ich zieh nicht nach Köln.“ Wir lachen beide. Typisch Tante Karin. Die ist manchmal genauso verpeilt wie ich. Wenn nicht sogar noch schlimmer. Deshalb denke ich mir oft, wenn die ihr Leben auf die Reihe kriegt, dann werde ich das ja wohl auch schaffen!

Ich nehme mein Handy und rufe meine Mutter an.

„Raderberger Straße“, sagt sie.

Aha. Das ist also meine neue Adresse.

Nach guten 20 Minuten sind wir endlich da. Mein neues Zuhause ist in einer Nebenstraße. Ein riesiges Mehrfamilienhaus mit Betonbalkonen. Direkt vor dem Haus steht der Umzugswagen.

„Geht schon mal vor“, sagt meine Tante, die so schnell keinen Parkplatz gefunden hat. „Und vergiss die hier nicht!“ Tante Karin hält uns die Benjamin-Blümchen-Kassette hin.

Und dann murmelt sie leise: „Bevor wir die noch ein viertes Mal hören müssen.“

Aber ich glaube, Kati hat es nicht gehört.

Ich lächle meiner Tante kurz zu, ehe ich die Wagentür schließe.

Kati läuft über die Straße, ohne nach links oder rechts zu schauen. Mist! Zum Glück kam gerade kein Auto, aber ich hätte besser aufpassen müssen. Ich laufe ihr hinterher und nehme sie an die Hand.

Vor der Haustür bleiben wir kurz stehen.

„Wow, so viele!“, sagt Kati mit einem Blick auf die vielen Klingeln und die Namensschilder daneben. Sie streckt den Arm aus und will mit der flachen Hand auf alle gleichzeitig drücken. Ich kann sie in letzter Sekunde noch davon abhalten.

Es sind tatsächlich viele Klingeln. In Münster haben wir in einem Haus mit zwei anderen Familien gewohnt. Hier befinden sich bestimmt 15 oder 16 Klingeln neben dem Eingang.

„Da seid ihr ja!“, begrüßt uns meine Mutter in der neuen Wohnung.

Hier herrscht noch das totale Chaos!

Überall stehen Kisten, Tüten und einzelne Möbelteile, die noch aufgebaut werden müssen.

„Na, los! Ich zeige euch alles!“

Meine Mutter geht direkt in das erste Zimmer links neben der Eingangstür.

„Das hier ist Tims neues Zimmer“, sagt sie stolz in meine Richtung.

Ich muss zugeben, es ist wirklich ziemlich groß. Viel größer als mein altes Zimmer in Münster. Trotzdem bin ich nicht begeistert, dass wir hierherziehen mussten.

„Das ist eigentlich das Elternschlafzimmer, aber ich brauche ja nicht so viel Platz“, sagt sie. Danach zeigt sie Kati ihr Zimmer, das winzig klein ist. Ein langer, schmaler Raum, in dem außer einem Schrank und einem Bett kaum etwas anderes hineinpasst.

Aber Kati freut sich.

„Kann ich meine Einhorn-Posters aufhängen hier?“, fragt sie und fasst mit ihrer Hand an die rechte Wand.

Kati und ihre Einhörner! Die mag sie fast so sehr wie Benjamin Blümchen.