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Im dunklen Strudel der Lust: „Dark Heat – Gefährliche Leidenschaft“ von Susan Hastings jetzt als eBook bei venusbooks. Als Nicole im Auftrag ihres Arbeitgebers ins exotische Monteverde reist, erwartet sie einen erfolgreichen Abschluss und die Möglichkeit, ihre Karriere voranzutreiben. Doch als sie bei einem offiziellen Staatsempfang General Juan Mendoza begegnet, verwandelt sich der Businesstrip in einen Rausch aus Begehren und Gefahr. Obwohl Nicole von dem dominanten Wesen des Generals eingeschüchtert ist, kann sie sich seiner animalischen Anziehungskraft nicht entziehen. Hin- und hergerissen zwischen Schrecken und Verlangen, gibt sie sich Juans exzentrischen Spielen hin – und gerät dabei immer tiefer in einen Abgrund verbotener Gefühle und verborgener Leidenschaften … Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Dark Heat – Gefährliche Leidenschaft“ von Susan Hastings. Wer liest, hat mehr vom Leben: venusbooks – der erotische eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 517
Über dieses Buch:
Als Nicole im Auftrag ihres Arbeitgebers ins exotische Monteverde reist, erwartet sie eine erfolgreiche Vertragsverhandlung und die Möglichkeit, ihre Karriere voranzutreiben. Doch als sie bei einem offiziellen Staatsempfang General Juan Mendoza begegnet, verwandelt sich der Businesstrip in einen Rausch aus Begehren und Gefahr. Obwohl Nicole von dem dominanten Wesen des Generals eingeschüchtert ist, kann sie sich seiner animalischen Anziehungskraft nicht entziehen. Hin- und hergerissen zwischen Schrecken und Verlangen gibt sie sich Juans exzentrischen Spielen hin – und gerät dabei immer tiefer in einen Abgrund verbotener Gefühle und verborgener Leidenschaften …
Über die Autorin:
Susan Hastings ist gelernte Geologin und war lange als Sachverständige für Geologie und Ökologie tätig. Ein Mentor im Studium entdeckte ihr schriftstellerisches Talent und motivierte sie dazu, dieses Talent zu verfolgen. Zunächst schrieb sie dann Kurzgeschichten, später zahlreiche Liebes- und Historienromane, die sie unter verschiedenen Pseudonymen erfolgreich veröffentlichte.
Die Website der Autorin: katrinstephan.de/hastings/start.htm
Bei venusbooks veröffentlichte Susan Hastings auch die folgenden Romane: »Die Leidenschaft des Wikingers«, »Die Geliebte des Wüstenkriegers«, »Die Gefangene des Gladiators« (gemeinsam erschienen in dem Sammelband »Geraubt«), »Verschleppt von einem Wikinger« und »Dark Heat – Gefährliche Leidenschaft«.
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Überarbeitete eBook-Neuausgabe Juli 2017, November 2024
Dieses Buch erschien bereits 2003 unter dem Titel »Die Nacht des Jaguars« bei Plaisirs d’amour
Copyright © der Originalausgabe 2003 Plaisirs d’amour
Copyright © der überarbeiteten Neuausgabe 2017 venusbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: A&K Buchcover, Duisburg, unter Verwendung eines Bildmotives von depositphotos/ feedough
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ml/vh)
ISBN 978-3-958855-304
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Susan Hastings
Dark Heat – Gefährliche Leidenschaft
Roman
venusbooks
Das Flugzeug befand sich bereits im Landeanflug. Nicole ignorierte den etwas unangenehmen Druck in ihrem Magen. Stattdessen blickte sie interessiert aus dem Fenster. Zwischen den Wolkenfetzen wurden Berge sichtbar, dicht bewachsen mit Urwald. Hin und wieder glitzerte der Wasserspiegel eines Sees wie ein Diamant zwischen dem undurchdringlichen Grün auf. Doch nirgendwo ein Anzeichen einer Siedlung, eines Dorfes oder gar einer Stadt.
»Sind wir wirklich schon da?«, fragte sie ihre Sitznachbarin, eine kleine dunkelhaarige Frau, der man ihre spanische Abstammung ansah. Ines Molina war die offizielle Dolmetscherin der Regierungsdelegation, die sich auf dem Weg zu einem Staatsbesuch in das kleine mittelamerikanische Monteverde befand. Nicole schaute nach vorn und beobachtete den Außenminister, der mit dem Staatssekretär und dem Wirtschaftsminister Skat spielte. Die Flugbegleiterin hatte bereits die Getränke weggeräumt und lächelte ein wenig nachsichtig, weil die Männer erst das Spiel zu Ende bringen wollten.
»Wegen denen müssen wir noch eine halbe Stunde kreisen, bis wir landen können« murmelte Ines.
Nicole schwieg. Ines sollte ihre Nervosität nicht bemerken, und so presste sie ihre Hände zwischen die Knie. Sie war froh, wenn sie wieder festen Boden unter den Füßen spürte. Dabei war sie vor Freude und Überraschung fast an die Decke gesprungen, als ihr Chef Walter Rieger ihr ganz kurzfristig und unvermittelt eröffnete, dass sie die einmalige und außergewöhnliche Chance erhalten würde, gemeinsam mit einer Regierungsdelegation nach Mittelamerika zu fliegen. Dass diesem Staatsbesuch eine kleine Wirtschaftsdelegation angehören würde, dazu hatte sich der Minister erst kurzfristig entschlossen. Man wollte nicht zu deutlich zeigen, welches Interesse man an einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Monteverde hegte. Das Land stöhnte unter einer Diktatur, und der Diktator war ein Mann, der es sich mit der ganzen Welt verscherzt hatte. Jahrelang blieb Monteverde isoliert, von der UN geächtet, von der Weltwirtschaft gemieden. Dass der Diktator plötzlich Interesse am Rest der Welt zeigte, in seinem Land kleine Reformen durchführte und sie mit dem Mäntelchen der Demokratie behängte, ließ die meisten Staaten vorsichtig bleiben. Und doch, für den Elektronikkonzern PENTATRON, den Nicole als Außenhandelskauffrau vertrat, war es eine große Chance, als erstes den Fuß in die Tür zu bekommen. Ganz sicher gab es einen großen Bedarf an Elektronik aller Art in einem Land, das sich über zehn Jahre selbst ins Abseits gestellt hatte.
»Warum gerade ich?«, hatte Nicole ihren Boss gefragt, nachdem sich ihre erste Überraschung gelegt hatte.
»Du bist die schönste Vertreterin unserer Firma im Ausland. Ach, was sage ich, du bist die schönste Botschafterin unseres Landes. Und weil du etwas von Elektronik und deren Verkauf verstehst.« Walter Rieger köpfte sogar eine Flasche Sekt, die er sonst nur zu Vertragsabschlüssen springen ließ, und stieß mit Nicole an. »Natürlich gibt’s noch viel mehr Gründe: deine ausgezeichneten Spanischkenntnisse, deine Ausstrahlung, deine Kompetenz …« Er schwieg lächelnd, als Nicole erschrocken die Hände hob.
»Du machst mich ganz verlegen« wehrte sie ab.
»Sei nicht so bescheiden.« Walter Rieger stieß mit Nicole an. »Also, dann hol raus, was du rausholen kannst!«
Jetzt wurde es Nicole doch etwas mulmig im Bauch, und das lag nicht am Landeanflug der Regierungsmaschine, in deren bequemen Polstern sie saß. Obwohl sie schon viele Verhandlungen mit ausländischen Wirtschaftsfachleuten und Firmen geführt hatte, sogar einmal mit einem Staatssekretär in Frankreich, war sie noch nie Mitglied einer offiziellen Regierungsdelegation gewesen. Was, wenn sie etwas falsch machte? Was, wenn sie etwas tat, was nicht dem Protokoll entsprach? Das konnte zu einer Staatsaffäre führen.
Dabei war dieser Besuch heikel genug. Aus der Opposition hatte es dazu heftige Proteste gegeben. Man warf dem Diktator Gonzales Menschenrechtsverletzungen vor. In seinen Gefängnissen sollen Staatsgegner gefoltert worden sein, es wären auch Menschen spurlos verschwunden. Auch wurde die Presse zensiert, ausländischen Journalisten die Einreise verweigert und Hilfsgelder verschwanden in dunklen Kanälen. Dazu kam, dass es sich um eine Militärdiktatur handelte. Das Militär hielt das Land in seinem Würgegriff. Dieser Diktator Gonzales war Nicole schon jetzt unsympathisch.
Leider war die Vorbereitungszeit zu kurz gewesen, um sich ausführlicher mit den verworrenen Verhältnissen in Monteverde zu beschäftigen. So gab es nur eine kurze Einweisung, die das Protokoll betraf. In diesem Zusammenhang wurden die verschiedenen Mitglieder der Regierung von Monteverde vorgestellt. Nicole erinnerte sich nur daran, dass der Innenminister des Landes gleichzeitig Chef des Militärs war und mit General Mendoza angesprochen werden musste. Der Diktator ließ sich als Exzellenz betiteln. Alle anderen waren irgendwie nichtssagend und trugen ellenlange Namen.
Nicole nestelte nervös an ihrem Gurt. Niemand sonst schien Lampenfieber zu haben. Sie bewunderte die Politiker dafür, wie abgebrüht und sicher sie sich auf dem schlüpfrigen Parkett der Diplomatie bewegten. Aber schließlich hatten sie es ja gelernt. Oder man musste dazu geboren sein. Nicole war es nicht. Sie hatte Physik und Elektronik studiert und anschließend noch ein Studium als Außenhandelskauffrau absolviert. Das waren die besten Voraussetzungen, um in verschiedenen Elektronikfirmen sich ihre Sporen zu verdienen. Letztlich landete sie bei Walter Rieger und seiner Firma PENTATRON. Walter protegierte Nicole und böse Zungen behaupteten, dass es wohl auch an Nicoles körperlicher Erscheinung lag. Lange Beine, wallende rote Locken und unergründlich grüne Augen ließen Männer träumen und Frauen neidisch werden. Nicole war darüber nicht glücklich. Schließlich wollte sie ihre Erfolge allein auf ihr Können und ihre Intelligenz begründen, aber es war wie ein Kampf gegen Windmühlen. Sie litt unter den Verdächtigungen, die man hinter vorgehaltener Hand tuschelte, weil sie wirklich aus der Luft gegriffen waren. Es lag ihr absolut fern, irgendwelche körperliche Vorzüge ins Spiel zu bringen, um sich dadurch geschäftliche Vorteile zu verschaffen. Außerdem fand sie sich selbst keineswegs so attraktiv, wie die Kollegen es immer wieder äußerten. Ihre rote Haarfarbe war angeboren, ebenso die lästigen Sommersprossen, die nicht mal im Winter ganz verschwinden wollten und sich nicht nur im Gesicht, sondern auf Dekolleté, Schultern, Rücken, Armen und sogar auf den Knien tummelten. Die ersten Sonnenstrahlen im Frühling ließen sie sprießen wie die Krokusse auf der Wiese. Ihre Augen waren auch nicht grün wie bei einer Katze, sondern setzten sich aus einer wilden Tüpfelung von Grün, Gold und Bernsteinbraun zusammen. Eine Zeit lang hatte sie einen Großverbrauch an Make-up, um die Schönheitsfehler zu kaschieren, irgendwann aber gab sie die sinnlosen Bemühungen auf und konzentrierte sich nur noch auf das, was sie wirklich perfekt beherrschte – Vertragsverhandlungen. So war sie froh, dass sie sich die meiste Zeit des Jahres auf Geschäftsreise befand, und letztlich zählten die abgeschlossenen Verträge. Aktien von PENTATRON wurden inzwischen zu Spitzenwerten an der Börse gehandelt.
Nicole blickte wieder aus dem kleinen Bordfenster. Die Maschine flog jetzt relativ niedrig. Die Wolken befanden sich bereits über ihnen. Fast unvermittelt fiel das grüne Gebirge zur Küste hin ab. Dörfer wurden sichtbar, handtuchgroße Felder, Straßen, Flüsse, die aus dem Dschungel hervorbrachen und sich ins Meer ergossen, weißer Sandstrand und eine Stadt, die Hauptstadt des Landes, San Miguel. Und dann lag vor ihnen das schmale, hellgraue Band der Landebahn.
Die Maschine setzte sanft auf und bremste dann stark ab. Schließlich blieb sie stehen. Nicole lugte aus dem Fenster, während der Außenminister sein Jackett anzog und sich vom Protokollchef Wiedemann den Schlips richten ließ. Die Maschine stand exakt an der Gangway, vor der sich ein roter Teppich erstreckte. Daneben hatte sich ein Militärkorps zum Empfang aufgestellt.
»Na, dann wollen wir mal« seufzte Ines und erhob sich. Sie nahm ihre kleine Reisetasche aus dem Gepäckfach und hing sie sich über die Schulter. »Weißt du noch die Reihenfolge?«, wollte sie von Nicole wissen.
»In meinem Kopf gähnt eine große Leere«, stöhnte Nicole und wischte sich verlegen ihre schweißfeuchten Hände am Rock ab. »Ich weiß nur noch, dass der Außenminister zuerst das Flugzeug verlässt und vom Diktator begrüßt wird. Dieser stellt dann seine Regierungsriege vor. Und wir folgen dem Defilee.«
Ines grinste. »Fast richtig. Die Minister zuerst, dann die Staatssekretäre und zuletzt die Wirtschaftsvertreter. Und auch da gilt wieder die Reihenfolge ...« Ines’ Sicherheit versetzte Nicole in eine mittlere Panik.
»Kannst du nicht in meiner Nähe bleiben? Den Empfang übersetzt du doch nicht?« Sie griff nach Ines’ Hand und Ines bemerkte, dass Nicole zitterte. Sie tätschelte ihr mütterlich den Handrücken.
»Alles halb so schlimm, die wischen sich den Hintern auch bloß mit Papier ab.«
»Du hast vielleicht Humor«, seufzte Nicole. »Du hast es auch schon hundert Mal mitgemacht.«
Die beiden unterschiedlichen Frauen kannten sich schon einige Jahre. Beide besuchten denselben Intensivkurs in Wirtschafts-Spanisch, Ines als Dozentin, Nicole als Schülerin. Seitdem waren sie sogar ein bisschen befreundet. Umso mehr freute sich Nicole, Ines auf diesem Staatsbesuch wiederzutreffen. Unter den Politikern und den etwas arroganten Wirtschaftsvertretern fühlte sie sich nicht sonderlich wohl. Zwar bemühte sich der Staatssekretär ziemlich auffällig um Nicole, und von einem Vertreter eines Pharmakonzerns erhielt sie sogar ein unzweideutiges Angebot. Aber sie bemühte sich, diese Dinge ebenso mit diplomatischem Geschick zu regeln, indem sie beiden eine zwar freundliche, aber deutliche Abfuhr erteilte.
Drei Tage sollte dieser Staatsbesuch dauern, drei Tage, in denen sie versuchen musste, ihre Firma in die bestmöglichste Position zu bringen. Am besten war natürlich ein Vertragsabschluss, aber das wäre nach den Sternen gegriffen. Vielleicht ließe sich eine bilaterale Vereinbarung zur Zusammenarbeit erreichen, vielleicht sogar ein Gegenbesuch eines Wirtschaftsmächtigen in die Wege leiten.
Die Tür der Maschine wurde geöffnet, gleichzeitig drangen harte militärische Befehle herein. Die Ehrenkompanie zum Empfang der deutschen Regierungs- und Wirtschaftsdelegation war angetreten. Langsam setzte sich die Schlange der Gäste in Bewegung, stockte, als die Minister einen Augenblick auf der Gangway stehenblieben, dem Begrüßungskomitee zuwinkten und so der Presse die ersten Fotos gestatteten. Dann schritt der Außenminister weiter und alle anderen folgten ihm.
Heiße Luft schlug ihnen entgegen, nur schwach gemildert durch eine leichte Brise, die vom Meer her wehte. Nach den klimatisierten Temperaturen im Flugzeug fühlte sich Nicole, als liefe sie gegen eine unsichtbare Wand. Die Sonne stand hoch am Himmel und drückte auf ihren Kopf.
Der Diktator war ein körperlich kleiner Mann, fast einen Kopf kleiner als der Außenminister, und trug eine weiße Uniform. Nicole, die in der Rangfolge ein ganzes Stück weiter hinten ging, konnte ihn kaum sehen. Gonzales hatte nur die beiden Minister und die Staatssekretäre per Handschlag begrüßt, um sie dann an der in einer exakten Reihe aufgestellten Riege seiner Regierung vorbeizuführen. Er stellte jedes Regierungsmitglied mit Namen vor, die sie nun mit Handschlag begrüßten. Es ging nur langsam vorwärts, weil der Diktator offensichtlich seine gesamte Regierung hatte aufmarschieren lassen. Geduldig stand Nicole in der Reihe, als würde sie nach begehrten Kinokarten anstehen. Was für ein verrücktes Land!
Nach und nach rückten sie weiter und nun kam auch Nicole an die Reihe, allen Vertretern der Monteverdischen Regierung die Hand zu drücken und ein freundliches Lächeln auf dem Gesicht zu zeigen. Ines ging dicht hinter ihr und flüsterte ihr die Namen der Männer zu. Himmel, woher wusste sie alle ihre Namen? Sie musste Ines unbedingt später danach fragen.
Es war schrecklich heiß, die Sonne brannte unbarmherzig vom Himmel und die Reihe war noch nicht zu Ende. Gleich würde noch das militärische Zeremoniell folgen. Eine perfekt ausgerichtete Reihe Militärangehöriger in Paradeuniformen, geschmückt mit Säbeln und präsentierten Gewehren stand entlang des roten Teppichs.
Eines der monteverdischen Regierungsmitglieder stand zwei Schritte neben den anderen und damit genau zwischen ihnen und dem Militärkorps. Er trug die gleiche Uniform wie der Diktator, aber er war groß und schlank und besaß eine tadellose Figur. Der Schirm seiner Mütze beschattete seine Augen, so dass Nicole zunächst nur seine klare Kinnlinie, seine Lippen und die Spitze seiner Nase sehen konnte. Vor allem die Lippen faszinierten Nicole, obwohl sie eigentlich nichts Besonderes waren. Sie hatten den gleichen bronzefarbenen Ton wie der Teint dieses Mannes und wirkten irgendwie sinnlich.
»General Mendoza«, raunte Ines in ihrem Rücken.
Das war also der, der gleichzeitig Innenminister und Militärchef war. Interessiert blickte sie auf.
Zunächst salutierte der General militärisch. »Willkommen in Monteverde«, sagte er mit leiser, aber sehr angenehm klingender Stimme. Er blickte ihr direkt in die Augen, und Nicole zuckte zusammen. Ein Stromstoß konnte sie nicht heftiger treffen als dieser Blick aus seinen dunklen Augen. Der General sah jünger aus als sie angenommen hatte, und er strahlte etwas aus, das Nicole nicht mit Worten beschreiben konnte. Trotz der Hitze richteten sich die feinen Härchen auf ihren Armen auf, und sie fühlte den festen Druck seiner Hand. Sie konnte den Blick einfach nicht von ihm lösen. Ihre Lippen öffneten sich zu einem Dank, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. Ihr Atem ging heftig, und die Luft war plötzlich dick wie Gelee. Sie brachte kein Wort heraus, starrte ihn nur an und versank in seinen dunklen Blick. Der Zug kam ins Stocken, Ines prallte gegen ihren Rücken und versetzte ihr einen Stoß. Der brachte Nicole wieder zur Besinnung.
»Muchas gracias«, erwiderte Nicole und zwang sich zu einem förmlichen Lächeln. Dann schritt sie weiter und nahm auf dem ihr zugewiesenen Platz Aufstellung. Sie hoffte nur, dass das militärische Zeremoniell nicht zu lange dauern würde. Der Schweiß rann ihr unter ihrer weißen Bluse den Rücken hinab und sie betete, dass er nicht die dünne, schilfgrüne Kostümjacke durchdringen würde. Es wäre schrecklich peinlich. Offensichtlich versagte hier auch das stärkste Deo.
Der Diktator schritt mit dem Außenminister allein die Ehrenkompanie ab, die zu allem Übel auch noch Salutschüsse abgab. Nicole hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten, aber das war natürlich nicht möglich. Ihre Augen irrten hinüber zu dem General mit der weißen Uniform. Er stand unbeweglich und schien die Hitze nicht zu spüren. Gern hätte sie noch einmal einen Blick aus seinen Augen erhascht, doch der lackschwarze Schirm seiner Mütze beschattete sie, Nicole konnte nichts erkennen. Außerdem spürte sie mit Entsetzen kleine Schweißrinnsale von ihrem Gesicht herablaufen. Hoffentlich taugte das Make-up etwas, es war ziemlich teuer. Das Schlimmste wäre, wenn sie mit verschmierter Farbe im Gesicht ins hiesige Fernsehen kommen würde. Ein verstohlener Blick auf die wenigen Presseleute verriet ihr, dass die Kamera auf den Diktator und seinen hohen Gast gerichtet war, die sich zum wiederholten Male die Hände schüttelten.
Dann wurden sie zu mehreren am Rande der Rollbahn wartenden dunklen Limousinen gebeten. Aufatmend ließ sich Nicole auf die Rückbank der klimatisierten Staatskarosse fallen. Der ganze Empfang war pompös gestaltet und es war nur zu deutlich, dass der Diktator damit auf Wirkung bedacht war. Schließlich blickte die ganze Welt auf diesen ersten Staatsbesuch einer Regierungsdelegation aus einem demokratischen Land.
Die Wagen brachten sie zu einem großen Hotel, das als Gästehaus fungierte. Es gab keine anderen Gäste als sie und Nicole entging nicht, dass neben der offiziellen, livrierten Wache auch ein ganzes Geschwader unauffällig wirkender Soldaten den ganzen Komplex bewachten. Sie bekam ihr Zimmer zugewiesen, in das bereits ihr Gepäck gebracht worden war. Der Service klappte schnell, unauffällig und perfekt.
Sie hatten genau eine Stunde Zeit, um sich zu erfrischen, der Außenminister sogar nur eine halbe Stunde. Dann gab es die erste Pressekonferenz, auf der Nicole aber nicht dabei sein musste.
Ines hatte es eilig, sie musste zur Pressekonferenz als Dolmetscherin zur Verfügung stehen.
»Was war denn los?«, fragte sie in der Tür, als Nicole zu ihrem Zimmer ging.
Nicole blieb stehen und starrte Ines an. »Dieser General«, flüsterte sie. »Mann, sieht der gut aus.«
Ines kicherte. »Der wäre sicher ein hübscheres Aushängeschild für sein Land als dieser Zwerghahn von Diktator, nicht wahr?« Dann wurde sie ernst. »Sei vorsichtig! Man munkelt, dass er nicht ganz ungefährlich ist. Schließlich ist er neben Gonzales der zweite Mann im Staat.«
Sie hatten keine Zeit mehr, sich zu unterhalten und jede der Frauen begab sich auf ihr Zimmer. Nicole zog ihr verschwitztes Kostüm aus und stellte sich unter die Dusche. Der kalte Wasserstrahl beruhigte nicht nur ihr kochendes Blut, sondern auch ihr erhitztes Gemüt. Es irritierte sie, dass ein Mann sie aus der Fassung brachte. Und das ausgerechnet bei einem Staatsbesuch!
Sie hatte viele Männer kennengelernt, Geschäftsleute, Juristen, auch Forscher, Techniker, Ingenieure. In einen der Ingenieure hatte sie sich dann verliebt. Torsten war ein netter, gutaussehender, stets freundlicher und zurückhaltender Mann. Es dauerte fast ein halbes Jahr bis sie das erste Mal miteinander schliefen. Nicole fand es gut so, schließlich hatte sie kein Interesse an einer flüchtigen Beziehung. Und dieser Mann war für sie das, was einmal der ruhende Pol in ihrem Leben sein könnte. Für sie beide war klar, dass sie irgendwann einmal heiraten würden. Allerdings, PENTATRON verzögerte ihre Pläne immer wieder aufs Neue. Baute Torsten ein Kraftwerk in Marokko, befand sich Nicole zu Verhandlungen in Indien. Rüstete er ein Autowerk in Frankreich aus, jettete Nicole in die USA, und wohnte Nicole ausnahmsweise einmal daheim in ihrem gemütlichen Appartement, betreute er für zwei Jahre eine Baustelle in Südafrika. Die ohnehin nur flache Wellen schlagende Leidenschaft zwischen ihnen kühlte bald auf das Maß einer guten Freundschaft ab. Die Enttäuschung darüber hielt sich bei beiden in Grenzen und Nicole fand es danach angebracht, sich eine männliche Auszeit zu gönnen.
Dass ein wildfremder Mann innerhalb weniger Sekunden ihr inneres Gleichgewicht so ins Wanken bringen konnte, beunruhigte sie.
Die Zimmer waren luxuriös eingerichtet und sehr großzügig bemessen. Nicole stellte den Fernseher an und verfolgte die Pressekonferenz, die live übertragen wurde. Die Reden ähnelten sich stark. Man freue sich, dass es zu diesem Staatsbesuch gekommen sei, man hoffe auf eine gute Zusammenarbeit zum beiderseitigen Nutzen, man würde die drei Tage nutzen, um die beiden Länder näher zusammenzubringen und so fort. Nur einmal ließ der deutsche Außenminister eine fein formulierte Bemerkung los, als er »Seine Exzellenz« erinnerte, dass zur demokratischen Öffnung eines Landes auch die Wahrung der Menschenrechte gehöre. Der Diktator verzog keine Miene. Nicole war sich sicher, dass er im Stillen darüber hohnlachte.
Die inhaltslosen Statements interessierten sie weniger, dafür suchten ihre Augen nach dem General. Als Innenminister müsste er mit auf dem Podium sitzen und wenigstens in die Kamera lächeln. Doch hinter dem Schild mit der Aufschrift »Innenminister« saß nur ein Vertreter, untersetzt, grauhaarig und mit stumpfem Gesicht.
Dieser Mann war bestimmt herzlich wenig daran interessiert, seinem Land wirtschaftlichen Auftrieb zu verschaffen. Eher schien er zu befürchten, dass ein frischer Wind vielleicht seine bequeme und einträgliche Position ins Wanken brachte.
Wo war der General? Nicole hätte ihn zu gern noch einmal gesehen, allerdings lieber im Fernsehen als persönlich. Es gab bislang nur wenige Menschen in ihrem Leben, die allein aufgrund ihrer Aura, die sie umgab, derart beeindruckten. Natürlich war es auch seine tadellose Erscheinung, dieses glatte und doch sehr männliche Gesicht, die geschmeidige Figur und die Uniform, die auf sie eine nicht unwesentliche Wirkung erzielt hatten. Aber das waren Äußerlichkeiten. Noch etwas anderes umgab diesen Mann, und das hatte die gleiche Wirkung wie ionisierte Luft.
Sie kam nicht weiter dazu, darüber nachzudenken. Es klopfte an der Tür und der Protokollchef Wiedemann holte sie zu einem Fachgespräch ab. Es waren irgendwelche Wirtschaftsfunktionäre der mittleren Regierungsebene von Monteverde, die so ziemlich das Gleiche äußerten wie zuvor »Seine Exzellenz« im Fernsehinterview. Alles in allem war der Beginn des Staatsbesuches eher ernüchternd für Nicole.
»Was hast du denn erwartet?«, lachte Ines, als sie aus der Pressekonferenz zurückkam und sich in ihrem klimatisierten Zimmer an der Hausbar bediente. »Das ist bei diesen Erstkontakten immer so.« Schwungvoll warf sie sich in einen Ledersessel und schlug grazil die Beine übereinander. Wie sie es fertigbrachte, dabei nichts aus ihrem Glas mit gespritztem Saft zu verschütten, war Nicole schleierhaft. Sie bewunderte die große Selbstsicherheit dieser kleinen Frau und wünschte sich, auch so erhaben über alle Dinge auftreten zu können.
»Bei den Politikern sehe ich es ja ein«, entgegnete Nicole. »Aber diese Wirtschaftsheinis müssen doch nicht denselben Psalm labern wie ihr Boss. Schließlich wollen sie etwas von uns.«
Ines warf ihr einen amüsierten Blick zu. »Bist du dir da so sicher?«
»Ich denke, dass sie sich mit dieser Öffnung nach Europa und den Vereinigten Staaten schwer tun. In den zehn Jahren, in denen sich das Land abgeschottet hat, konnte ihnen keiner dreinreden. Sie konnten tun und lassen was sie wollten. Ich garantiere dir, die haben alle ihre Schäfchen im Trockenen. Und Regierung und Wirtschaft sind ein einziger Filz.«
»Das ist mir schon klar.« Nicole nahm sich auch einen Drink und setzte sich Ines gegenüber. »Trotzdem hatte ich erwartet, dass sie ein bisschen zugänglicher sind. Schließlich haben wir einiges zu bieten. Aber nicht mal der Pharmavertreter hat mehr als ich erreicht. Brauchen die denn keine Medikamente?«
»Die brauchen sie sicher. Aber es zählt einzig, was der Regierung wichtig ist. Ganz sicher nicht Pillen fürs Volk.«
»Und was ist ihnen wichtig?« Nicole nippte an ihrem Glas und blickte Ines über dessen Rand aufmerksam an.
»Tja, das weiß keiner so genau«, entgegnete Ines achselzuckend. »Bis jetzt haben sie sich bedeckt gehalten.«
»Zumindest müssten sie doch Interesse haben, ihre eigenen Produkte zu verkaufen«, überlegte Nicole. »Was haben sie überhaupt anzubieten?«
Ines lachte laut auf. »Du hörst dich an wie im Supermarkt. Eigentlich war es eine Bananenrepublik als sie vor zehn Jahren den Vorhang herunterließen. Was sich in der Zwischenzeit getan hat, das weiß keiner so genau. Man munkelt, dass in den Bergen irgendwelche seltenen Minerale gefunden wurden. Aber das scheint ein Staatsgeheimnis zu sein.«
»Und woher weißt du es?«, wollte Nicole wissen.
Ines blinzelte sie verschwörerisch an. »Wozu hat man seinen Geheimdienst?«
»Nun hör aber auf«, schnaufte Nicole. »Ich komme mir ja vor wie im falschen Film.«
»Du bist den Weltmarkt gewohnt, liebste Nicole«, seufzte Ines und erhob sich. »Das hier ist Neuland für dich. Du solltest diplomatisch sein.«
Nachdenklich trank Nicole ihr Glas leer, während Ines das Bad inspizierte. »Hm, sieht toll aus«, schwärmte sie. »Ich werde mich erst einmal duschen. Bis heute Abend habe ich frei. Übrigens, für die Damen wurde von unserem Gastgeber extra eine Visagistin bestellt, die uns ein wenig aufstylen soll. Wie findest du das?«
»Sehr aufmerksam. Der kleine Diktator scheint kein Kostverächter zu sein.«
Seine Exzellenz, Präsident Gonzales hatte zu einem festlichen Dinner geladen. Das Protokoll schrieb lange Abendgarderobe vor. Nicole entschied sich für ein jadegrünes Seidenkleid, das ebenso schlicht wie elegant war. Es war nur leicht figurbetont geschnitten, wurde im Nacken geschlossen und ließ ihre Schultern frei, ohne zu offenherzig zu wirken. Um die Sommersprossen auf Schultern und Dekolleté zu kaschieren, überpuderte sie sie mit brauner Tonerde. Das rief das Missfallen der monteverdischen Visagistin hervor, die Nicoles Sommersprossen apart fand. Sie riet zu einem transparenten Make-up, das lediglich einen sanften Goldton auf Nicoles Haut zauberte. Dann betonte sie Nicoles Augen mit Lidschatten in zartem Grün und Gold und wählte einen dezenten Lippenstift in Pfirsichfarbe.
Nicole verzichtete auf Kettenschmuck, legte lediglich passende Ohrclips und ein filigranes Armband an. Die Visagistin hatte ihre Lockenpracht locker hochgesteckt. Einige vorwitzige Kringel fielen in ihren Nacken.
Als sie allein war, betrachtete sie sich kritisch im Spiegel. Sie war mittlerweile zweiunddreißig Jahre alt, und im harten Licht der Neonstrahler fühlte sie sich plötzlich alt. War das Leben in der Zwischenzeit an ihr vorbeigegangen? Hatte sie irgendetwas versäumt, während die Arbeit für PENTATRON ihr Leben bestimmte?
Als es an der Tür klopfte, war Nicole überzeugt, die Visagistin hätte etwas vergessen. Schwungvoll öffnete sie die Tür. Draußen stand ein junger Mann. Nicole bemerkte, wie gut er aussah, obwohl er noch jugendlich wirkte. Sein Gesicht war ernst, doch als sie in seine dunklen Augen blickte, gewahrte sie darin eine seltsam lauernde Aufmerksamkeit.
»Señora, eine Sendung für Sie«, sagte er und reichte ihr ein kleines Päckchen.
»Für mich?«, wunderte sich Nicole und nahm es zögernd entgegen. »Von wem?«
»Tut mir leid, das weiß ich nicht. Auf Wiedersehen.« Er deutete eine leichte Verbeugung an und ging mit schnellen Schritten davon. Nachdenklich schloss sie die Tür. Sie legte das kleine Päckchen auf den Tisch und betrachtete es misstrauisch. Was, wenn darin Sprengstoff versteckt war? Normalerweise müsste sie es dem Sicherheitsdienst melden. Auf keinen Fall dürfte sie es selbst öffnen. Sie wusste selbst nicht, warum sie sich an die Instruktionen, die sie vor dem Abflug erhalten hatte, nicht hielt. Sie setzte sich auf die Kante des weißen Ledersofas, nahm das Päckchen in die Hand und drehte es nach allen Seiten. Es sah unverdächtig aus, die Verpackung bestand aus gelblichem Seidenpapier. Sie riss es auf. Darunter kam eine kleine Schachtel zum Vorschein, ebenfalls von vanillegelber Farbe, ohne Aufdruck, ohne Muster, ohne Bild. Ihr Herz schlug bis zum Hals. Spätestens jetzt müsste sie den Sicherheitsdienst alarmieren. Wieso war überhaupt der Bote bis zu ihrem Zimmer vorgedrungen?
Millimeter um Millimeter öffnete sie den Deckel. In gleichfarbiger Seide eingebettet lag ein kleiner Parfümflakon aus durchsichtigem Glas. Auf der Flasche befand sich die stilisierte Zeichnung eines Jaguars, mit schwarzen Strichen und Flecken sehr schön getroffen. Ihr fiel auf, dass das Parfüm keinen Namen trug, keinen Herstellerhinweis, nichts. Außer dem Jaguar befand sich keine weitere Aufschrift auf dem Flakon. Vorsichtig nahm sie es heraus und öffnete den metallenen Verschluss. Ein angenehmer Duft strömte ihr entgegen. Sie benetzte den Zeigefinger und verrieb den Tropfen auf der Innenseite ihres Handgelenks. Dann roch sie daran. Das Parfüm entfaltete einen traumhaft betörenden, aber keineswegs aufdringlichen Duft. Sie untersuchte das Kästchen, das Einschlagpapier, doch sie konnte keinen Absender, kein Kärtchen entdecken. Wer mochte der unbekannte Spender sein?
Sie hatte keine Zeit mehr darüber nachzudenken. Nach einem kurzen Blick auf die Uhr ging sie entschlossen ins Bad und verteilte ein wenig des Parfüms auf Hals, Dekolleté, Handgelenke und ins Haar. Dann wurde an ihre Tür geklopft.
»Es ist so weit. Bitte halten Sie sich bereit«, hörte sie Wiedemann auf dem Gang vor ihrer Suite.
»Ich komme«, rief sie aus dem Bad. Sie warf noch einen letzten Blick in den Spiegel und war zufrieden.
Die Wagen brachten sie im Konvoi zu einem großen Gebäude, einem Palast nicht unähnlich, das im spanischen Kolonialstil erbaut worden war. Es wirkte prachtvoll. Ein hoher Eisenzaun umschloss den umgebenden großen Park und wurde von Militär in Paradeuniformen bewacht. Überhaupt schien man ein Faible für Uniformen zu haben, denn allerorten standen diese weißgekleideten Soldaten herum, stets mit Gewehr und Säbel bewaffnet. Das Militär war überall präsent, wenn auch in einer optisch recht ansehnlichen Weise. Aber Nicole ahnte, dass es nicht nur Fassade war.
Der Diktator wurde dieses Mal von seiner Frau begleitet, die beide die ankommenden Gäste persönlich begrüßten. Nicole war erstaunt, wie hübsch die Gattin war und mindestens dreißig Jahre jünger als Gonzales. Vielleicht war sie einmal Miss Monteverde gewesen, denn ihr haftete das untrügliche Flair eines ehemaligen Fotomodells an. Außerdem war sie gut einen Kopf größer als Gonzales.
Die Gäste wurden in einen prunkvoll ausgestatteten Saal geleitet. Ähnliches hatte Nicole nur im spanischen Königspalast gesehen. Offensichtlich hielt sich dieser Diktator selbst für einen König.
Stolz und selbstsicher bewegte er sich, begleitet von seiner schönen jungen Frau. An der Stirnwand des Saales war eine lange Tafel aufgebaut, an der nun alle Gäste Platz nahmen. Natürlich gab es eine festgelegte Sitzordnung, Nicole wurde von einem dezent gekleideten Herrn zu ihrem Platz geführt. Unauffällig blickte sie sich um. Alle Gäste hatten Platz genommen. Als letzter kam Gonzales, rückte seiner Gattin eigenhändig den Stuhl zurecht, während er selbst stehenblieb und dann zu seinem Sektglas griff. Er brachte einen kurzen Toast aus und wiederholte im Wesentlichen, was er bereits in der Pressekonferenz gesagt hatte. Eine ausgewählte Zahl Journalisten durfte noch Fotos schießen, dann wurden sie aus dem Saal komplimentiert. Jetzt war man »unter sich«.
Nicole stellte ein wenig enttäuscht fest, dass sich General Mendoza nicht unter den Teilnehmern des Festessens befand. Ihre Aufmerksamkeit wurde nun vom Essen beansprucht, das eine endlos erscheinende Schlange von Bediensteten in tadellos schwarzen Fräcken servierte. Sie wirkten wie eine Parade skurriler Pinguine. Es gab mehrere Gänge und alles war so wohlschmeckend, so dass Nicole befürchtete, die Nähte ihres Kleides würden damit überfordert sein. Zudem musste sie mit ihrem Platznachbarn Konversation betreiben, der sichtlich entzückt war, neben Nicole platziert worden zu sein. Vielleicht hatte er es auch arrangiert. Er stellte sich als Gustavo Guzman, Direktor der Staatlichen Bank von Monteverde vor. Sie merkte schon bald, dass der Bankdirektor etwas mehr von Nicole erwartete als nur belanglose Konversation. Immer wieder stellte er sehr persönliche Fragen, die Nicole ihm nur ausweichend beantwortete. Dazu forderte er sie ständig auf, von diesem und jenem Gericht zu probieren und lag fast mit dem Kopf auf ihrer Schulter.
Nicole wurde die ganze Angelegenheit langsam peinlich. Das Essen zog sich in die Länge, aber dann hob Seine Exzellenz Gonzales endlich die Tafel auf. Ein Orchester hatte Platz genommen, der Saal wurde zum Tanzsaal.
Zu ihrer Überraschung wurde Nicole vom Diktator zum Tanz aufgefordert, als das Orchester zu spielen begann. Der Bankdirektor setzte ein säuerliches Lächeln auf. Ganz sicher hatte er sich Hoffnungen gemacht, aber er trug es wie ein spanischer Grande. Zielsicher suchte er sich eine andere Tanzpartnerin aus, während Gonzales Nicole auf die Tanzfläche führte. Erst als »Seine Exzellenz« zu tanzen begann, tanzten auch die anderen Gäste. Erstaunlicherweise herrschte aber kein Damenmangel, denn zwischen den Herren der deutschen Regierungsdelegation saßen einige Frauen unbestimmten Alters. Angeblich nahmen sie diverse Positionen in Wirtschaft und Politik ein, aber Nicole bekam den Verdacht nicht los, dass es ausgesuchte Gesellschaftsdamen waren. Dazu sahen sie alle zu gut aus. Lediglich die Gattin des Diktators war echt, die jetzt mit dem deutschen Außenminister tanzte.
Höflich fragte Gonzales, ob sie mit ihrer Unterkunft zufrieden sei, ob ihr das Land gefalle und trat ihr mindestens zweimal auf die Zehen. Er war einen halben Kopf kleiner als Nicole, und sie bemühte sich, nicht zu groß zu erscheinen. Sie hätte keine so hohen Absätze wählen sollen, aber daran hatte sie überhaupt nicht gedacht. Gonzales schien sich jedoch nichts daraus zu machen. Er kompensierte seine geringe Körpergröße mit einem übermäßigen Selbstbewusstsein und grinste sie anzüglich von unten heraus an.
Sie wusste nicht, warum sie von vielen Kolleginnen in der Firma um diesen Job beneidet wurde. Diese unausweichlichen Geselligkeiten, die viele Geschäftsverhandlungen begleiteten oder abschlossen, waren häufig nicht nach Nicoles Geschmack. Während man in den Verhandlungen sie noch als Partner betrachtete, fühlte sie sich zu diesen Veranstaltungen nur noch als Freiwild. Wenn dem Alkohol noch zugesprochen wurde, musste sie sich oft sputen, schnell ein Taxi zu nehmen und in ihr Hotelzimmer zu flüchten. Hier würde das wohl nicht möglich sein.
Die Kapelle spielte einen schwermütigen argentinischen Tango. Der kleine Diktator hatte sich zum Glück eine andere Tanzpartnerin erwählt und Nicole atmete insgeheim auf. Der Mann war ihr unsympathisch und es fiel ihr schwer, diplomatisch zu bleiben. Sie bewunderte die Politiker, die diesem Fiesling noch lächelnd die Hand reichen konnten. Und dieser Mann wollte wirklich die Nähe zu den westlichen Ländern suchen? Das Ganze kam ihr wie eine perfekte Inszenierung vor. Der kleine Diktator heuchelte Sympathie für die Demokratie. Es war lachhaft!
»Darf ich bitten?« Eine angenehme Baritonstimme riss sie aus ihren Gedanken. Sie blickte auf und geradewegs in das Gesicht des Generals.
Für einen Moment setzte ihr Atem aus, als sie ihn so unvermittelt vor sich stehen sah. Sie hatte ihn nicht kommen sehen, allerdings auch nicht darauf geachtet. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Bankdirektor Guzman seine Tanzpartnerin zum Platz zurückbegleitet hatte und nun schnurstracks Kurs auf Nicole nahm.
»Bitte«, erwiderte sie schnell.
Der General hielt ihr galant den Arm und geleitete sie zur Tanzfläche. Während des Gehens hielt er züchtigen Abstand und vermied es, ihren Körper zu berühren. Auch beim Tanzen war noch mindestens ein halber Meter Luft zwischen ihnen.
»Ich hoffe, es gefällt Ihnen in unserem Land«, sagte er und lächelte.
»Danke, es ist wunderschön, wenn auch etwas heiß«, hauchte sie etwas verlegen. Es war Nicole fast peinlich, ihn so anzustarren, doch sie konnte ihren Blick nicht von seinem Gesicht lösen. Er sah umwerfend gut aus. Es war nicht diese glatte Art von Schönheit, wie sie vielen männlichen Models eigen war. Dieser Mann war einfach eine perfekte Schöpfung der Natur. Er trug immer noch die weiße Paradeuniform, allerdings ohne die Mütze. Sein dichtes, schwarzes Haar war exakt geschnitten, seine Wangen glatt rasiert. Die dunklen Augen wurden von geraden Augenbrauen beschattet und von schwarzen Wimpern umkränzt. Sein Gesicht war schmal, mit markanter Kinnlinie und einer geraden, scharf geschnittenen Nase. Seine Lippen wirkten sinnlich, sie waren nicht zu schmal, aber auch nicht voll, von fast der gleichen Farbe wie sein kupferfarbener Teint. Alles stand in harmonischen Proportionen zueinander, dass Nicole fast Minderwertigkeitskomplexe bekam. Wie konnte ein Mann nur so perfekt aussehen!
Ein klein wenig zog er sie näher an sich heran, indem er den Druck seiner Hand auf ihrem Rücken unmerklich verstärkte.
»Dieser Tango ist ein sehr sinnlicher Tanz«, sagte er. Er hielt sich kerzengerade, führte sie souverän den ungewohnten langsamen Rhythmus. Er hielt die Augen gesenkt und betrachtete sie unentwegt. Ihr schien, dass seine dunkle Iris wie Glut unter der Asche glomm und spürte Hitze in sich aufsteigen. Ihr fiel das Atmen schwer, als wäre die Luft dick wie Gelee. Er sog den Atem scharf durch die Nase ein, dass seine schmalen Nasenflügel bebten.
»Ich stelle fest, Sie haben das Parfüm benutzt«, sagte er. Sie stockte überrascht und wäre beinahe gestrauchelt. Er hielt sie fest und zwang sie wieder in den Rhythmus hinein. »Weitertanzen«, flüsterte er.
»Das war von Ihnen?« Sie hatte sich schnell wieder gefangen.
Er gab ihr darauf keine Antwort, doch sein Blick lag immer noch auf ihr. Um seine Lippen spielte ein kleines Lächeln. Die Hitze breitete sich mittlerweile auch auf Nicoles Gesicht aus und kroch bis unter die Haarwurzeln.
»Sie haben einen erlesenen Geschmack«, sagte sie schließlich in das Schweigen hinein.
»Mögen Sie es?«, wollte er wissen.
»Ja, es ist ... sehr angenehm.«
»Es ist betörend«, entgegnete er. »Bei jeder Frau entfaltet sich der Duft anders. Bei Ihnen ist er betörend.«
Sie lächelte verunsichert. »Wie heißt es?«
»Es hat keinen Namen. Und man kann es nicht kaufen.«
Sie blickte überrascht auf. Seine Miene war unverändert. Seine Augen blickten aufmerksam unter gesenkten Lidern auf sie herab, noch immer umspielte das leichte Lächeln seine Lippen. »Ich verschenke dieses Parfüm manchmal.« Noch immer hielt er sich kerzengerade und führte sie sicher über das Parkett. Für einen Augenblick, fast wie beiläufig, strich seine Hand, die bis dahin auf ihrem Rücken lag, seitlich über ihre Hüfte herab, als müsse er etwas überprüfen. Das geschah im Rhythmus des Tanzes, dass Nicole glaubte, sich geirrt zu haben. Gleich darauf platzierte er sie wieder auf ihren Rücken.
»Und wie komme ich zu dieser Ehre?«, wollte Nicole wissen.
»Ein Zeichen meiner Verehrung«, erwiderte er. Sein unentwegter Blick verunsicherte sie immer mehr. Dieser Mann war eine gefährliche Stimulanz für ihre Hormone. Es fiel ihr schwer, ruhig zu bleiben. Etwas ging von ihm aus, das sie erschauern ließ.
Der Tanz war zu Ende, der General verbeugte sich leicht und formvollendet, dann führte er ihre rechte Hand, die er beim Tanzen in seiner Linken gehalten hatte, an seine Lippen. Er hauchte einen leichten Kuss darauf, der auf Nicoles Arm eine Gänsehaut hervorrief. Es schien ihm nicht entgangen zu sein, doch sein Gesicht zeigte keinerlei Regung. Sie war dankbar für seine Art der Diskretion. Er musste bemerkt haben, dass sie auf seine Nähe sehr weiblich reagierte. Es war ihr peinlich und sie schielte aus den Augenwinkeln nach den anderen Gästen. Die schienen sich gut zu amüsieren, der Außenminister tanzte immer noch mit der Frau des Diktators, die beiden Wirtschaftsminister schienen sich Witze zu erzählen und lachten schallend – was war an Wirtschaft bloß so witzig? – und der Staatssekretär hielt eine atemberaubend schöne Frau in den Armen und ließ sich von ihr mit Sekt abfüllen. Niemand achtete auf sie beide.
General Mendoza führte sie beiseite. An den Wänden standen erlesene dunkle Möbel, jedes Stück für sich eine Kostbarkeit.
»Ich habe Sie beim Abenddinner vermisst«, sagte Nicole.
Er lächelte entschuldigend. »Ich war im Dienst.«
»Und jetzt?«, Sie betrachtete seine makellos weiße Uniform, die seinen schlanken Körper so vorteilhaft zur Geltung brachte.
»Auch. Ich bin immer im Dienst.« Er nahm ein Glas Champagner vom Tablett eines Bediensteten und reichte es Nicole. »Erfrischen Sie sich.« Er selbst trank nichts. Seine Augen schweiften scheinbar gleichgültig über die Anwesenden, aber Nicole hatte den Eindruck, dass ihm nicht die geringste Kleinigkeit entging. Plötzlich wurde ihr mit aller Deutlichkeit klar, wer der starke Mann in diesem Staat war. Nicht dieser kleine Diktator, der sich wie ein Zwerghahn reckte, um größer zu wirken. Auch wenn seine Uniform ebenso weiß, fleckenlos und voller goldenem Lametta war, er war nur die Galionsfigur. Der wirkliche Herrscher war der General!
Einen Moment lang blieb Nicole die Luft weg. Die Aura der Macht, die diesen Mann umgab, flößte ihr plötzlich Angst ein. So faszinierend er aussah, so gefährlich war er. Er befehligte das Militär, er war gleichzeitig der Innenminister des Landes. Alle Fäden der Macht liefen in seinen Händen zusammen. Und diese Hände schienen das Land sehr fest im Griff zu haben. Er war kamerascheu, operierte im Hintergrund und ließ den kleinen Diktator wie eine Marionette vor den Augen der Weltöffentlichkeit tanzen. Er war es, der dieses Land aus der zweiten Reihe regierte. Und er war es, der die unumschränkte Macht besaß!
Er wandte sich wieder zu Nicole um. »Ziehen Sie Ihren Tanga aus«, sagte er leise.
Sie starrte ihn an. »Bitte was?«
»Sie tragen einen Tanga unter Ihrem Kleid. Ziehen Sie ihn aus.« Er stand vor ihr, als würde er belanglos mit ihr plaudern und verdeckte sie vor den Blicken der übrigen Gäste.
»Hier?«, fragte sie entsetzt.
Er nickte unmerklich. »Hier.«
Sie rang nach Luft. »Wie stellen Sie sich das vor?«, zischte sie. »Ich kann doch mein Kleid nicht hochheben.«
Wieder umspielte dieses leichte Lächeln seine Lippen. »Das brauchen Sie nicht. Streifen Sie ihn durch den Stoff Ihres Kleides ab.«
Er sprach leise, mit ruhigem Tonfall, und doch spürte Nicole, dass er keinen Widerspruch duldete.
»Das ist verrückt«, murmelte sie. Mit der einen Hand hielt sie die Champagnerschale, mit der anderen strich sie über den glänzenden Stoff ihres Kleides, unter dem sie den dünnen Streifen ihres Tangas spürte. Etwas unbeholfen rollte sie ihn über die Hüften herab. Dazu musste sie mehrere Male das Glas in die andere Hand wechseln. Ohne sich zu rühren, beobachtete der General sie dabei. Sie spürte, wie das winzige Dessous ihre Schenkel herab nach unten glitt und auf ihren Füßen liegen blieb.
»Und nun?«, fragte sie errötend.
»Treten Sie einen Schritt beiseite.«
Sie zögerte und ihre Augen wanderten nervös an ihm vorbei zu den übrigen Gästen. Aber niemand beachtete sie. Ihr Kleid reichte fast bis zum Boden, bedeckte ihre Knöchel. Niemand konnte es sehen. Ihren starren Blick auf den General gerichtet hob sie den Fuß an, streifte dabei den Tanga ab und trat ein wenig beiseite. Dann wiederholte sie es mit dem anderen Fuß. Ihr wurde fast schwindelig, als sie das hauchdünne Dessous neben sich auf dem Boden liegen sah.
General Mendoza warf einen Blick darauf, dann schob er es unauffällig mit der Schuhspitze unter die schwere Kommode.
»Kommen Sie tanzen«, sagte er und nahm ihr das Sektglas aus der Hand. Er stellte es achtlos auf der Kommode ab. Es würde einen hässlichen Ring auf dem wertvollen Holz hinterlassen. Er strebte der Tanzfläche zu, während er ihren Arm festhielt. Die Kapelle spielte wieder eine sanfte, einschmeichelnde Melodie mit einem unter die Haut gehenden lasziven Rhythmus. Nicole hatte nicht geahnt, was für eine faszinierende Musik Lateinamerika zu bieten hatte.
Er zog sie in den Arm. Diesmal tanzten sie enger. Seine Hand lag auf dem Ansatz ihres Pos. Mit sanftem, aber unnachgiebigem Druck presste er ihren Körper gegen seinen. Sie spürte den weichen Stoff ihres Kleides gegen ihr Schamhaar streifen, es kitzelte. General Mendoza tanzte langsam, mit geschmeidigen Bewegungen, die, für die anderen unsichtbar, ihren Unterleib erregten.
»Jetzt gibt es ein kleines Geheimnis zwischen uns«, lächelte er.
Nicole schwieg verwirrt und versuchte, ihr rasendes Herz unter Kontrolle zu bekommen. Sie tanzten eng, sein Schenkel bewegte sich zwischen ihren Schenkeln und in ihrem Bauch baute sich ein verräterischer Druck auf.
»Warum haben Sie das getan?«, flüsterte sie.
»Ich habe nichts getan«, entgegnete er. »Das haben Sie ganz allein gemacht.«
Nicole holte zitternd Luft. Er beugte den Kopf noch ein wenig weiter zu ihr herab, bis seine Lippen fast ihr Ohr erreichten. »Sie hätten sich weigern können.«
»Wirklich?«, fragte sie spitz.
»Wirklich«, erwiderte er und ließ ein leises Lachen vernehmen. Verdammt, sie durfte ihm nicht auf den Leim gehen. Er führte sie vor wie einen naiven Teenager. Es sei denn, sie nahm ihm die Zügel aus der Hand.
»Fühlen sie sich jetzt nicht etwas angenehmer unter Ihrem Kleid?«, wollte er wissen. »Es ist ein Stückchen persönliche Freiheit.«
»Ich leide nicht unter mangelnder persönlicher Freiheit«, stellte sie ein wenig verärgert klar. »Und alles was ich tue, ist tatsächlich freiwillig.« Sie warf ihm einen provozierenden Blick zu. »Ich finde es erregend.«
Sein Lächeln vertiefte sich. »Das ist gut.«
Nicoles Kleid besaß einen figurbetonenden Schnitt und spannte sich auch über ihren Bauch. Sie befürchtete, dass ihr Schamhaar sich gegen den seidigen Stoff abzeichnen würde. Sie war immer stolz auf diesen üppigen, fuchsroten Busch gewesen und hatte es liebevoll gepflegt. Zum ersten Mal bedauerte sie, es nicht gestutzt oder ganz abrasiert zu haben. In dieser Situation konnte es zu einer Peinlichkeit werden. Solange sie mit dem General tanzte, würde es niemand bemerken. Was aber, wenn er nicht mehr ihre Vorderseite verdeckte? Sie spürte wieder diese Hitze in sich aufsteigen. Peinliche Scham, Erregung und diese verdammte Unsicherheit in seiner Nähe ließen ihr die Knie weich werden.
Möglichst unauffällig beobachtete sie die anderen Gäste. Sie amüsierten sich köstlich, tanzten, unterhielten sich, lachten und tranken Unmengen von Wein und Sekt.
»Es ist warm hier drin«, stellte der General fest und deutete nach dem Ende des Musikstückes eine leichte Verbeugung an. »Möchten Sie ein Glas Sekt oder lieber ein wenig an die frische Luft gehen?«
Wie hatte er ihre verkrampften Gedankengänge erraten? Sie atmete durch. »Ich ziehe die frische Luft vor«, gestand sie erleichtert.
Er hielt wieder galant ihren Arm und sie schlenderten Seite an Seite durch die geöffneten Glastüren hinaus auf die erleuchtete Terrasse. Die befand sich an der Rückseite des Hauses und wurde von einer steinernen Balustrade umsäumt, auf der in Steinkübeln üppige Pflanzen blühten. Dahinter schloss sich ein Park an. Die verschlungenen Wege verschwanden hinter exakt geschnittenen Taxushecken, ab und zu durchbrach eine weiße Marmorfigur das verschwenderische Grün und über allem rauschten sanft die Wedel der schlanken Palmen im warmen Nachtwind.
»Begleiten Sie mich auf einen kleinen Spaziergang durch den Park«, sagte der General. Es sollte wie eine Bitte klingen, aber Nicole spürte, dass er auch diesmal keinen Widerstand duldete. Er hielt in formvollendeter Manier ihren Arm, während sie die breite, geschwungene Freitreppe hinunter schritten. Niemand sonst hielt sich auf der Terrasse auf, niemand sah, wie sie langsam den Weg entlang schlenderten.
»Diese Parkanlage ist so alt wie das Gebäude aus der Kolonialzeit, und doch hat sie einen ganz eigenen Charakter«, erklärte er. »Es gibt einige Pflanzen, die nur hier in Monteverde vorkommen und einmalig auf der Welt sind. So klein unser Land auch ist, es hat einige Kostbarkeiten aufzuweisen.« Er beugte sich leicht zu ihr herüber. »Schade, dass Sie nur drei Tage hier bleiben. Das ist wenig Zeit.«
»Ja, das stimmt«, seufzte sie. »Aber ich bin nicht auf Urlaub hier. Ich bin Mitglied der Regierungsdelegation und damit an das Protokoll gebunden. Die drei Tage werden angefüllt mit Verhandlungen und Gesprächen sein. Schließlich habe auch ich eine Mission zu erfüllen, mein Unternehmen in Ihrem Land zu präsentieren.«
»Sie sind eine ungewöhnliche Botschafterin Ihres Landes«, erwiderte er höflich. »In der Regel kommen ältere, graumelierte Herren mit schwarzen Aktenkoffern zu wirtschaftlichen Verhandlungen.«
Sie blickte ein wenig pikiert zu ihm auf. »Trauen Sie einer Frau nicht zu, einen großen Elektronik-Konzern in der Welt zu vertreten?«
»Doch«, erwiderte er amüsiert. »Die Kombination aus Schönheit und Intelligenz ist faszinierend, wenn auch nicht sehr häufig.« Er gab etwas von seiner steifen Reserviertheit auf und lachte belustigt. »Ich kenne Ihre Erfolge auf diesem Sektor.«
»Ach ja?«, staunte sie.
In seinem Gesicht zeichnete sich ein überlegener Ausdruck ab. »Es ist mein Job zu wissen, wer den Fuß auf den Boden unseres Landes setzt.«
»Also bin ich bereits durchleuchtet?« Ein wenig wurde es Nicole unbehaglich.
»Natürlich.« Er schritt ungerührt neben ihr her. »Jeder wurde vorher überprüft.«
Nicole presste die Lippen zusammen. Eigentlich hätte sie es wissen müssen. Die unglaubliche Arroganz dieses Generals verärgerte sie.
»Und woher wollen Sie wissen, dass ich sauber bin? Dass ich keine Geheimagentin bin, die hier etwas ausspionieren will?«
Er lachte leise auf. »Ich weiß es eben. Das muss Ihnen genügen.«
Ein Geräusch in der Nähe ließ sie zusammenzucken. Er hielt ihren Arm fester. »Haben Sie Angst?«, fragte er.
Sie reckte den Kopf. »Warum sollte ich? Sie sind bei mir, der General der Armee und … hm … zweiter Mann im Staat.«
Seine Lippen verzogen sich zu einem zufriedenen Lächeln. »Sie können wirklich absolut sicher sein. Ich garantiere es Ihnen mit meinem Leben.«
Sie befanden sich im hinteren Teil der herrlichen Parkanlage. Es war ziemlich dunkel, nur in großen Abständen beleuchteten kleine, schmiedeeiserne Lampen den Weg. Er blieb vor einem Gehege stehen.
»Wenn Sie sich ganz ruhig verhalten, können Sie ihn sehen.« Der General deutete durch die Gitterstäbe.
»Wen?«, fragte Nicole irritiert.
»Den Jaguar. Dort, auf dem unteren Ast des Baumes liegt er.«
Nicole brauchte eine geraume Weile, bis sich ihre Augen an das Dunkel gewöhnt hatten. Lang ausgestreckt auf einem waagerechten Ast lag der gefleckte Körper einer großen Raubkatze. Fast gelangweilt und doch aufmerksam blickte das Tier zu ihnen herüber.
»Er ist kaum zu sehen in dem Dickicht«, flüsterte Nicole bewundernd. Die Katze war außergewöhnlich schön und elegant.
»Das bewirkt die Fleckenfärbung. So markant sie auch ist, im Licht- und Schattenspiel des Dschungels ist es die perfekte Tarnung.« Er gurrte einige leise Töne. »Komm, mein Schöner, komm her«, lockte er.
Nach kurzem Zögern sprang die Raubkatze vom Ast und kam langsam näher.
»Er hört auf Sie?«, staunte Nicole.
Der General nickte. »Ich habe ihn selbst gefangen und aufgezogen. Er hört nur auf mich.«
Der Jaguar blieb auf halbem Weg stehen und fauchte. »Er ist vorsichtig. Er kennt Sie nicht.«
»Was für ein wundervolles Tier«, flüsterte Nicole mit ehrlicher Bewunderung. Gleichzeitig fuhr ein leichter Schauer über ihren Rücken. So faszinierend und schön die Raubkatze war, so gefährlich war sie auch. Unbemerkt lauerte sie im Dickicht des Dschungels auf ihre Beute. Wen sie in ihren gewaltigen Zähnen hatte, für den gab es kein Entrinnen, der war unweigerlich verloren.
Unvermittelt drängte sich Nicole der Vergleich mit dem General auf. Auch er war ein faszinierender und gut aussehender Mann, geschmeidig wie eine Raubkatze. Sie ahnte, dass er ebenso gefährlich wie dieser Jaguar war, aus dem Hinterhalt beobachtete und dann gnadenlos zuschlug. Wer zwischen seine Krallen geriet, war des Todes. Mit Schaudern erinnerte sie sich an den kleinen Parfümflakon. Auch darauf war ein Jaguar abgebildet.
»Ist Ihnen kalt?«, fragte er, als er ihr Zittern bemerkte.
»Nein«, erwiderte sie und kämpfte ihre Aufregung nieder. Sie musste ihm gegenüber souverän erscheinen, sonst hatte sie verspielt.
Er führte sie vom Gehege des Jaguars weg in ein heckenumgrenztes Rondell. Ein marmorner Sockel stand am Wegrand mit einer schlanken, hohen Steinvase darauf. Er blieb stehen und blickte auf sie herab.
»Drei Tage sind wirklich nicht viel Zeit«, sagte er nachdenklich. Ohne weitere Umschweife zog er ihren Rock nach oben, umfasste ihre Hüften und setzte sie auf den Marmorsockel. Mit den Oberschenkeln drückte er ihre Knie auseinander. Sie gab einen kleinen Laut der Überraschung von sich, den er mit einem Kuss erstickte. Er küsste traumhaft gut, zärtlich und fordernd zugleich. In allem schien er immer das rechte Maß zu finden, ohne jedoch Widerstand zu dulden. Nicole setzte ihm auch keinen entgegen. Es war nicht nur der Überraschungsmoment, der ihren Willen lähmte. Das dumpfe Druckgefühl in ihrem Bauch verstärkte sich und wurde jetzt noch von einem wilden Kribbeln unter der Haut übertroffen. Sie warf den Kopf in den Nacken, während seine Lippen aufreizend an ihrem Hals entlang nach unten glitten. Ihr Rücken presste schmerzhaft gegen die steinerne Vase und die Marmorplatte der Stele unter ihrem nackten Hinterteil war ebenso unbequem. Doch das registrierte sie nur noch im Unterbewusstsein.
Seine Hände spreizten ihre Schenkel so weit es ging, und massierten deren Innenseiten, immer in Richtung ihres glühenden Schoßes, ohne ihn selbst zu berühren. Sie krallte sich an seinen Schultern fest und keuchte voll unterdrückter Lust. Seit sie das erste Mal mit ihm getanzt hatte, sehnte sie sich nach der Erfüllung. Und seit diesem Moment ahnte sie auch, dass geschehen würde, was jetzt geschah. Alles in ihr fieberte diesem Höhepunkt zu. Sie war keines klaren Gedankens mehr fähig. Seinen heißen Atem spürte sie wie Seide auf der Haut.
Seine Finger hatten endlich den Weg zu ihrem zuckenden Schoß gefunden. Fast verspielt glitten sie durch das dichte Gewirr ihres Schamhaares, streichelten die weichen Lippen und versenkten sich schließlich in den fast überquellenden feuchten Kelch ihres Leibes. Kundig begannen sie eine Massage an der Innenseite ihrer Vulva, während er im gleichen Rhythmus mit der Daumenkuppe ihre Klitoris umfuhr. Nicole bäumte sich auf und wurde von heftigen Zuckungen geschüttelt.
»Oh, mein Gott«, stöhnte sie laut.
»Nicht schreien«, hörte sie seine warnende Stimme, bevor sich seine Lippen wieder auf ihre senkten.
Er trieb das Spiel auf die Spitze, indem er noch einen Finger in ihren Anus versenkte und die Massage verstärkte. Es kam wie eine Naturgewalt über Nicole. Ein schmerzhafter Blitz jagte durch ihren Körper und riss sie aus ihrer unbequemen Lage. Er hielt sie fest, während sie durchgerüttelt wurde wie von Stromstößen. Für einen Moment wurde ihr schwarz vor den Augen, während die nächste Welle sie erfasste. Glühendes Metall schien sich in ihren Adern auszubreiten. Sie rang nach Luft und er löste seine Lippen von ihr.
Einen einzigen Atemzug gönnte er ihr, bevor sie sein erigiertes Glied in sich spürte. Sie hatte nicht bemerkt, dass er seine Hose geöffnet hatte. Sie konnte auch nichts sehen, weil es ziemlich dunkel war. Doch was sie spürte, raubte ihr fast den Verstand. Ihre Vulva, ihre Labien, der empfindliche Ring ihres Anus waren angeschwollen. Ihre Klitoris stand wie ein Stachel aus der glühenden Rose hervor, doch noch immer kreiste sein Daumen darüber. Mit langsamem Rhythmus bewegte er sich in ihr, nicht tief, aber genussvoll. Wenn er sich zurückzog, dann ließ er seine feste Eichel aus ihrer Pforte herausgleiten, um sie gleich darauf wieder durch den angeschwollenen Eingang zu drücken. Nicole wimmerte bei jeder Bewegung auf. Die Lust wurde unerträglich, so dass sie sie am liebsten lauthals herausgeschrien hätte.
Er kannte kein Erbarmen. Nur unmerklich steigerte er das Tempo, und jedes Mal durchpflügte er ihre enge Pforte. Es gab ein leises, schmatzendes Geräusch, dessen Nicole sich normalerweise geschämt hätte, aber in diesem Moment war es ihr völlig egal. Alles in ihr drängte zu einer Erlösung. Dafür hätte sie im Augenblick ihr Leben gegeben. Ihre angeschwollene Vulva umschloss sein Glied straff wie eine Hand, Lust und Schmerz vereinten sich in ihr zu einem unglaublichen, unerträglichen Gefühl. Sie rang tief nach Luft, um einen Schrei der Erlösung auszustoßen. Doch er war schneller.
»Du sollst nicht schreien«, warnte er sie wieder, dann presste er seine Lippen auf ihre. Sie bekam keine Luft mehr, glaubte ersticken zu müssen, während er jetzt das Tempo steigerte. Nicole fühlte sich dem Wahnsinn nahe, alle ihre Sinne setzten aus. Der Blitz in ihrem Gehirn war wie der Todesstoß auf dem elektrischen Stuhl. Dann fing sie der General auf.
»Ist alles okay?«, hörte sie ihn wie durch einen Nebel. Sie nickte mechanisch. Sie war völlig orientierungslos, fühlte sich von starken Armen gehalten, während ihre Knie nachgaben. Wie eine Marionette setzte sie einen Fuß vor den anderen, während General Mendoza sie führte.
»Haltung, Señora«, mahnte er leise. Sie bemühte sich, nicht zu taumeln, während etwas Feuchtes ihre Schenkel herab rann. Er schlenderte neben ihr her, als hätten sie eben einen entspannenden Parkrundgang beendet. Nichts an ihm wirkte anders als zu dem Zeitpunkt, als sie den Park betreten hatten. Vor der Treppe straffte er sich, er wirkte wieder etwas militärisch steif und reserviert. Auf seinem Gesicht war keine Regung zu erkennen. Er warf einen prüfenden Blick auf ihr Kleid, steckte dann eine Locke ihres Haares fest und geleitete sie die Treppe hinauf. Im Saal deutete er eine höfliche Verbeugung an.
»Möchten Sie tanzen oder lieber etwas trinken?«
Nicole zitterte vor Schwäche. Keinesfalls konnte sie noch eine Minute unter den Menschen bleiben. »Ich möchte lieber ins Hotel zurück«, flüsterte sie.
»Diego wird Sie hinfahren«, sagte er mit gleichgültigem Blick.
»Diego?«
»Mein Fahrer. Kommen Sie, draußen steht mein Wagen.« Er nahm ihren Arm und führte sie aus dem Saal in das prächtig ausgestattete Foyer. Die zwei Türwächter verbeugten sich vor ihnen. Draußen stand ein schwarzer Mercedes mit getönten Scheiben. Ein junger Mann stieg aus und hielt die Tür zum Fond des Wagens auf. Verblüfft schaute sie in das hübsche Gesicht des Botenjungen, der ihr das Parfüm überbracht hatte.
Einen Augenblick noch hielt der General Nicoles Hand, während er einen angedeuteten Kuss darauf hauchte. »Wir werden uns wiedersehen«, sagte er leise, aber bestimmt. In seinen Augen glomm wieder diese Glut, seine Lippen lächelten verführerisch. Sie nickte nur und ließ sich auf den Rücksitz des Wagens fallen. Himmel, nach diesem Mann konnte man süchtig werden!
Ich habe mich benommen wie eine billige Hure, die an der nächsten Ecke schon die Beine breitmacht, dachte Nicole verbittert. Das war ihr noch niemals passiert, dass sie bei einem Mann so ihre Fassung und ihre Kontrolle verloren hatte. Was war an General Mendoza so außergewöhnlich, dass sie sich benahm wie ein hormongesteuerter Teenager?
Er sah gut aus, er sah sogar ungewöhnlich gut aus, ohne zu glatt zu wirken. Vielleicht taten diese weiße Uniform und das Säuseln der Palmen ihr Übriges dazu. Sie schüttelte den Kopf. Das allein konnte es nicht gewesen sein. Und wenn er sie nun damit erpresste? Vielleicht stand es schon morgen auf den Titelblättern der hiesigen Zeitungen: Mitglied der Regierungsdelegation vögelt im Park mit General Mendoza …
Sie raufte sich ihre Haare, die jetzt in wüsten Locken vom Kopf abstanden. Sie wünschte den General zum Teufel und sich selbst ins kleinste Mauseloch. Sie durfte ihn nicht wiedersehen, nicht in seine schwarzen Augen blicken, seine sinnlichen Lippen küssen, sich seinen kundigen, geschickten Fingern ergeben ... Allein bei dem Gedanken daran wurde sie wieder von lustvollen Schauern geschüttelt. Und plötzlich wurde ihr klar, was es war, was die Faszination dieses Mannes ausmachte. Hinter der fleckenlosen weißen Fassade gab es einen schwarzen Abgrund. Und sie war dabei, in diesen Abgrund zu stürzen!
Sie lehnte sich auf die Brüstung des Balkons und schaute in die Nacht hinein. Erst spät kamen die anderen Regierungsmitglieder und als Letzte Ines zurück. Sie sah Nicole auf dem Balkon stehen. Nachdem sich Ines geduscht und einen weiten, bequemen Kaftan übergezogen hatte, kam sie auf einen Drink und eine Zigarette zu Nicole. Sie lehnte sich neben sie auf die Balkonbrüstung. Ab und zu glomm ihre Zigarette wie ein roter Stern in der Dunkelheit auf.
»Du warst so plötzlich verschwunden«, stellte sie fest.
»Hm.« Nicole kaute auf der Unterlippe. »Mir taten die Füße weh.«
»Mir auch. Zum Schluss wollte mich Gonzales überhaupt nicht aus seinen Krallen lassen.«
»Ich finde den Kerl höchst unsympathisch.«
»Psst«, zischte Ines und senkte die Stimme. »Hier haben die Wände Ohren.«
»Glaubst du? Ich denke, wir sind willkommene Gäste.«
»Ich weiß, dass es hier einen gut funktionierenden Geheimdienst gibt. Und du hast mit seinem Gehirn getanzt.«
»Ach ja?« Zum Glück bemerkte Ines nicht, dass sie errötete. Was hatte Ines sonst noch mitbekommen? »Du meinst den General? Aber er ist Chef des Militärs und Innenminister. Wieso Geheimdienst?« Sie dachte mit Unbehagen an die Worte des Generals, als sie im Park spazieren gingen. Meinte er tatsächlich damit, dass alles und jeder bespitzelt wurde, auch sie selbst?
»Das ist alles eine Suppe«, erwiderte Ines und zog an ihrer Zigarette. Die Glut glomm hell auf. »Der Geheimdienst hat wahrscheinlich das ganze öffentliche Leben durchsetzt und nicht nur das. In solchen Diktaturen ist es üblich, dass die Ohren des Geheimdienstes bis in jedes Schlafzimmer reichen. Nur so ist das Volk im Würgegriff zu halten. Jegliche aufflackernde Reaktion wird auf diese Weise im Keim erstickt. Und wo es doch mal brennt, ist sofort das Militär zur Stelle. Freie Meinungsäußerung, persönliche Freiheit, wie es für uns selbstverständlich ist, kann hier tödlich sein.«
»Das ist ja schrecklich«, entfuhr es Nicole. »Wie können Menschen sich nur so ein perverses System ausdenken?«
»Sag ruhig Männer. Ich glaube nicht, wenn eine Frau an der Macht wäre, dass sie auf diese Weise regieren würde.«
»Und du meinst, der Drahtzieher von allem ist der General?«
»Nicht der Drahtzieher, er ist der Kopf, das Gehirn. ›Seine Exzellenz‹ ist nur ein Hampelmann. Hast du das nicht bemerkt?«
»Irgendwie schon. Allerdings ist der General auch – sexy. Mir will nicht in den Kopf, dass er so ein Tyrann sein soll.«
Sie spürte Ines’ Blick in der Dunkelheit, auch wenn sie ihn nicht sah. »Ich traue überhaupt keinem Mann«, sagte Ines. »Egal wie sexy sie aussehen. Oder vielleicht gerade deshalb. Jeder gut aussehende Mann ist gleichzeitig ein Macho, weil er weiß, dass er auf Frauen wirkt.«
»Oh, du bist ja feministisch angehaucht«, lächelte Nicole. »Reizt dich nicht so ein gut gebauter Adonis?«
»Großer Gott, Nicole, im Augenblick bin ich todmüde und kein Adonis der Welt könnte mich davon abbringen, allein in meinem Bett zu schlafen. Manchmal denke ich, die Welt wäre um einiges friedlicher, wenn sie nur aus Frauen bestehen würde.«
»Davon bin ich noch gar nicht mal so überzeugt. Frauen können auch ganz schön biestig sein.« Nicole dachte an den Neid der weiblichen Mitarbeiter in ihrer Firma. »Außerdem wäre die Welt dann ein bisschen langweiliger.«
Ines holte tief Luft und drückte ihre Zigarette auf der Balkonbrüstung aus. »Es gab eine griechische Göttin. Ich glaube, Circe hieß sie, die hat die Männer in Schweine verwandelt. Eine faszinierende Vorstellung.«
»Ich glaube, dazu bedarf es keiner griechischen Göttin«, murmelte Nicole.
Sie blieb noch einen Augenblick auf dem Balkon, bis Ines gegangen war. Dann ging sie hinein, öffnete ihr Kleid und ließ den weichen Stoff auf den Boden gleiten. Vorsichtig hob sie einen Fuß nach dem anderen heraus, so wie sie aus ihrem Tanga gestiegen war. Sie schaute auf den grünen Stoff zu ihren Füßen, aber vor ihrem inneren Auge sah sie die Szene im Saal. Erneut überschwemmte sie eine heiße Welle.