Das 4-Stunden-Startup - Felix Plötz - E-Book

Das 4-Stunden-Startup E-Book

Felix Plötz

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Beschreibung

Immer mehr Menschen gehen nach Feierabend ihren Leidenschaften nach und gründen "nebenher". Für ein solches "4-Stunden-Startup" braucht man kein Büro in Berlin und kein Venture-Capital, sondern bloß Neugier, Mut und Leidenschaft. Neben der Denkweise von Start-up-Gründern stellt Felix Plötz die Tools vor, um außergewöhnliche Ideen schnell und günstig zu testen und professionell umzusetzen. Er erklärt u.a., wie Crowdfunding funktioniert und wie man dem Vorgesetzten am besten verklickert, dass man künftig pünktlich aus dem Büro geht, um demnächst selbst Chef zu sein. Echte Beispiele zeigen, welche Ideen andere umgesetzt haben – und dadurch ihr Leben spannender, selbstbestimmter und finanziell unabhängiger wurde. Das 4-Stunden-Start-up zeigt die vielfältigen Chancen, neben dem Job die eigene Idee als kleines Business aufzuziehen – und so ein erfüllteres Leben zu führen. Der erfolgreiche Longseller von 2016 wurde zum Sommer 2020 überarbeitet und aktualisiert.

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Das Buch

Du musst nicht zum Unternehmer geboren sein, um etwas zu unternehmen, sagt Felix Plötz. Mit viel Humor, provokanten Denkanstößen und erprobten Tipps macht er auch aus »Nicht-BWLern« erfolgreiche Gründer eines eigenen 4-Stunden-Startups. Er erklärt u. a. den Startup-Thinking-Ansatz, mit dem wirklich jeder eine gute Geschäftsidee finden kann. Auch die Angst vor der Bürokratie und unerbittlichen Vorgesetzten kann der Autor seinen Lesern nehmen: Ausführlich und verständlich zeigt er, wie die größten Hürden auf dem Weg zum eigenen Neben-Business zu meistern sind. Handfeste Beispiele aus dem echten Startup-Alltag unterstreichen Felix Plötz’ These: Nebenher gründen funktioniert. Es kann unser Leben freier, reicher und glücklicher machen – ohne auf die Sicherheit einer Anstellung verzichten zu müssen.

Dieses Buch liefert Startup-Spirit zum Anfassen und Nachmachen. Mach endlich, was du willst – ohne gleich dafür zu kündigen. Die Zeit ist reif.

Der Autor

FELIX PLÖTZ, geboren 1983, ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und arbeitete in einem Großkonzern, als er parallel sein erstes 4-Stunden-Startup gründete. Nach dem erfolgreichen Verkauf an den ADAC gründete er 2015 den Influencer-Verlag »Plötz & Betzholz«. Das Startup wurde von der Frankfurter Buchmesse für sein innovatives Geschäftsmodell ausgezeichnet und nur zehn Monate nach später von der Ullstein-Verlagsgruppe übernommen. Felix Plötz lebt als Autor, Unternehmer und Keynote-Speaker im Ruhrgebiet. Sein Buch Das 4-Stunden-Startup gilt als die »Bibel der Teilzeitgründer« (Business Punk) und eroberte die Bestseller-Listen im Sturm.

Felix Plötz

DAS 4-STUNDEN-STARTUP

Wie Sie Ihre Träume verwirklichen, ohne zu kündigen

Ullstein

Besuchen Sie uns im Internet:www.ullstein.de

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ISBN 978-3-8437-1250-7

Überarbeitete und aktualisierte Ausgabe im Ullstein Taschenbuch1. Auflage September 2020Redaktionsschluss 15. 3. 2020© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2016 / Econ VerlagUmschlaggestaltung: zero-media.net, München, nach einer Vorlage von FHCM Graphics, BerlinAbbildung Kapitel »Wie du ein Gestaltungskonzept entwickelst«: © Yuri Arcurs/Fotolia.deE-Book: Pinkuin Satz und Datentechnik, BerlinAlle Rechte vorbehalten

Inhalt

Über das Buch und den Autor

Titelseite

Impressum

Vorwort zur überarbeiteten und aktualisierten Taschenbuchauflage

1 Hätte ich doch bloß …: Über Träume und verpasste Chancen

Von Plänen und Träumen

Können, nicht müssen

2 Für eine Milliarde verkauft: Was mit einem 4-Stunden-Startup möglich ist

Vom Nebenprojekt zum großen Deal

Dranbleiben, immer dranbleiben

Erfolg? Sich selbst treu zu bleiben

Nachtschicht statt Nine-to-five

Vom Küchentisch aus in die Welt

Zusammen die Welt ein Stück verändern

Vom Mut, zu träumen

Chancen nutzen – und manchmal auch vorbeiziehen lassen

Der Weg aus dem Hamsterrad

3 Startup-Thinking: Wie richtig gute Ideen entstehen

Welche drei großen Hürden es gibt

Wie dir Startup-Thinking den Weg zur guten Idee weist

4 Die Toolbox: Der schnellste Weg vom Wollen zum Machen

Wie du eine eigene Homepage bekommst

Wie du einen Namen findest

Wie du ein Gestaltungskonzept entwickelst

Wie du den Weg zu deinen Kunden findest

Wie du den Alltag im 4-Stunden-Startup meisterst

5 Erste Schritte im eigenen Projekt: Worauf es wirklich ankommt

Wie du ein 4-Stunden-Startup neben dem Job gründest

Wie ein Teilzeitjob als Einstieg zum Ausstieg funktioniert

Was mit Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung passiert

Worauf du während Studium oder Ausbildung achten musst

Was du über Arbeitslosengeld I wissen musst

Welche weiteren Schritte wichtig sind

Was in Österreich und der Schweiz wichtig ist

6 Stell dir vor, es wäre Gründerzeit: Chancen für einen gesellschaftlichen Wandel

Gründer sind die besseren Arbeitnehmer

Startup-Spirit macht Arbeitgeber attraktiv

Traumtänzer im Realitätscheck

Feedback an den Verlag

Empfehlungen

Vorwort zur überarbeiteten und aktualisierten Taschenbuchauflage

Liebe Leserin, lieber Leser,

noch kennen wir uns nicht, und trotzdem würde ich dir gerne eine persönliche Frage stellen:

Was ist die Geschichte, die du deinen Kindern später mal von heute erzählen willst?

Ich meine die Geschichte deines Arbeitslebens, deines Alltags, deines Jobs. Ist es eine erzählenswerte Geschichte? Mit Abenteuern, unerwarteten Wendungen und vielleicht sogar einem großen Happy End? Oder handelt sie von vergebenen Chancen, stundenlangen Meetings, sinnlosen Calls und dem Gefühl, zwar permanent beschäftigt zu sein, aber trotzdem nicht voranzukommen?

Hättest du mir diese Frage vor ein paar Jahren gestellt, wäre meine Antwort eindeutig gewesen: Während ich in der Warteschleife meines Lebens festhing, gründeten andere offenbar mit Leichtigkeit Unternehmen, gingen in die Höhle der Löwen und wurden mit ihren Ideen reich. Ich wollte das auch! Aber meinen sicheren Job für das Abenteuer »Startup« kündigen, das wollte ich nicht. Mein Ausweg aus dem Dilemma: Ich gründete mein erstes Business kurzerhand »nebenbei« – die Idee des 4-Stunden-Startups war geboren.

Als ich 2015 anfing, das Buchkonzept für Das 4-Stunden-Startup zu schreiben, hatte ich dich, liebe(r) Leser(in) dabei vor Augen. Es ist für Angestellte geschrieben, die Lust haben, endlich ihre Träume zu verwirklichen – ohne gleich dafür zu kündigen. Die viele tolle Geschäftsideen haben, aber bislang noch keine davon in die Tat umgesetzt haben. Ich möchte dich effektiv vom »Wollen« zum »Machen« bringen und dir dabei alles an die Hand geben, was du als Neu-Gründer brauchst: praktische Tools, unzählige Tipps aus der Praxis und eine große Portion Inspiration.

Nicht mal in meinen wildesten Träumen hätte ich mir die Resonanz ausgemalt, die dieses Buch seit seinem Erscheinen ausgelöst hat. Es stand fast drei Jahre lang auf den Bestsellerlisten, gehört zu den meistverkauften deutschen Wirtschaftsbüchern und hat zehntausenden Menschen geholfen, ohne Risiko ein eigenes Business neben dem Job aufzubauen.

Das wünsche ich dir auch. Traue dich, groß zu denken und trotzdem klein zu starten – und den Beginn der Geschichte zu schreiben, die du später mal mit Stolz und Begeisterung erzählen willst!

In diesem Buch findest du viele Beispiele von Menschen, die diesen Schritt bereits gegangen sind und ein eigenes 4-Stunden-Startup gegründet haben. Auch meine eigene Geschichte wirst du wiederfinden. Ich habe mich entschieden, keine dieser Geschichten zu aktualisieren oder fortzuschreiben. Es spielt keine Rolle, ob jemand zwischenzeitlich aufgeben musste, eine neue Idee hatte oder letztlich sogar reich geworden ist. Jeder von ihnen ist erfolgreich vom »Woller« zum »Macher« geworden. Das ist, was zählt.

Der Werkzeugkasten aus Tools, rechtlichen Schritten und Praxistipps ist für diese Auflage hingegen komplett überarbeitet, sinnvoll erweitert und auf den neuesten Stand gebracht worden. Darin bekommst du alles an die Hand, was du für einen erfolgreichen Start brauchst. Ich zeige dir beispielsweise, wie du ein Logo designen lässt und die Klippen der Bürokratie erfolgreich umschiffst.

Was ist die Geschichte, die du später mal über dein Arbeitsleben erzählen willst? Darüber entscheidest du ganz alleine. Was ich dir aber sagen kann: Heute ist ein wunderbarer Tag, um den allerersten Schritt zu machen.

Dein Felix Plötz

Düsseldorf, Mai 2020

1

Hätte ich doch bloß …: Über Träume und verpasste Chancen

»Es macht mehr Spaß, ein Pirat zu sein, als bei der Marine anzuheuern.«

Steve Jobs

Mein Name ist Felix Plötz – und ich bin ein Traumtänzer. Denn ich glaube fest an drei Dinge, für die ich im besten Fall neugierige Blicke bekomme, häufig jedoch eine große Portion Skepsis ernte.

Erstens: Ich glaube daran, dass man nicht zum Unternehmer geboren sein muss, um etwas zu unternehmen. Du kannst dir etwas aufbauen, das für dich Bedeutung hat, dich erfüllt und vielleicht sogar finanziell unabhängig macht. Ohne besonderes »Unternehmer-Gen«, ohne reiche Eltern, ohne Wirtschaftsabschluss und vor allem: ohne für deinen Traum kündigen zu müssen!

Ich bin zweitens fest davon überzeugt, dass es noch nie so einfach war wie heute, sein eigenes Ding neben der Arbeit zu machen – egal, ob es der Wunsch nach einem Startup, einer eigenen Kinderhilfsorganisation oder gar einer Karriere als »Influencer« oder »Star« ist. All diese Träume kannst du heute als unternehmerischesProjekt planen und selbst starten.

Und ich lege noch eins drauf: Ich glaube drittens fest daran, dass wir vor einem großen gesellschaftlichen Umbruch stehen, der unsere Arbeitswelt verändern wird. Ein eigenes unternehmerisches Projekt neben der normalen Arbeit zu gründen, es also als 4-Stunden-Startup zu führen, bietet so viele Vorteile und Möglichkeiten, dass es heute zwar noch verrückt klingen mag – aber es dennoch die besten Chancen hat, sich auf breiter Ebene durchzusetzen und bald vollkommen normal zu sein.

Vielleicht macht es mehr Spaß, ein Pirat zu sein, als ganz langweilig bei der Marine anzuheuern, so wie Steve Jobs sagte. Mit Sicherheit ist es aber am cleversten, bei der Marine zu sein, um im Gegenzug für seine Arbeit ein festes Gehalt und Sicherheit zu genießen – und gleichzeitig Pirat zu sein! Wahrscheinlich wird es der Marine im ersten Moment nicht gefallen, wenn sich die Mannschaft nach und nach aufmacht, um Piraten zu werden – aber ich bin überzeugt, dass es dennoch so kommen wird.

Es wird viele andere »Traumtänzer« geben, die diesen Wandel bewirken: diejenigen, deren Lust, etwas Eigenes zu erschaffen, schon immer da war und nie ganz verschwunden ist – selbst dann nicht, wenn sie sich einmal entschieden haben, als Angestellte zu arbeiten. Diejenigen, die herausfinden wollen, welche ungeahnten Fähigkeiten und Talente in ihnen stecken. Aber vor allem diejenigen, die den Mut besitzen, sich und ihre Möglichkeiten auch wirklich auszuprobieren – statt nur beim ewigen »Eigentlich würde ich ja gerne mal« zu bleiben. Vielleicht bist auch du so ein Traumtänzer. Und vielleicht wird am Ende sogar das Oberkommando der Marine erkennen, dass es davon profitiert, eine Mannschaft zu haben, die nicht nur blind ihren Anführern hinterherläuft, sondern mitdenkt und über den Tellerrand hinausschaut.

Ich bin optimistisch. Denn es gibt heute bereits viele Führungskräfte, die erkannt haben, dass die beiden wichtigsten Grundpfeiler erfolgreicher Unternehmen Innovationsfähigkeit und unternehmerisches Denken sind. Wer aufhört, nach vorne zu schauen und sich weiterzuentwickeln, verliert zwangsläufig den Anschluss. Wer nur darauf aus ist, möglichst wenig neue Ideen auszuprobieren, um bloß kein Risiko einzugehen, kann nicht darauf hoffen, dass der erfolgreiche Status quo für alle Zeiten gesichert bleibt. Umsichtige Manager wissen allerdings auch, dass sie beides – Innovationsfähigkeit und unternehmerisches Denken – nicht bloß von ihren Leuten fordern können. Sie müssen auch bereit sein, es zu fördern.

Ein eigenes 4-Stunden-Startup bietet dir genau diesen Rahmen – und diese Freiheit. Dass es darüber hinaus sogar hervorragend dafür geeignet ist, um die Millennials, also die heutigen Berufsanfänger und »Young Professionals«, für das eigene Unternehmen zu gewinnen und dauerhaft zu binden, scheint allerdings selbst für die Visionäre unter den Topmanagern noch neu zu sein. Wir werden uns diesem Punkt am Ende dieses Buchs widmen, denn er betrifft nicht nur die Generation Y und deren direkte Chefs, sondern alle, die aktuell berufstätig sind. Die Arbeitswelt steht in dieser Hinsicht vor einem radikalen Umbruch – zum Guten.

Dieses Buch macht ein klares Versprechen: Es soll dir zeigen, wie du deine Träume lebst, ohne dafür zu kündigen. Zugegeben, dieses Versprechen ist nicht nur klar formuliert – es ist darüber hinaus ein ziemlich großes. Vielleicht sogar ein bisschen gewagt. Und überhaupt: Träume leben – ist das nicht eine Floskel, die jeder von uns schon so häufig gehört hat, dass sie jeglichen Inhalt längst verloren hat? Es ist noch nicht lange her, dass ich es selbst so gesehen habe. Alleine das Wort »Traum« klang für mich unfassbar klebrig und kitschig. Nein, ich hatte keine Träume für mein Leben – ich hatte Pläne, und zwar große.

Von Plänen und Träumen

Mit neunzehn wollte ich Pilot werden. Das klang nach großer Welt und Abenteuer, aber gleichzeitig nach Verantwortung und viel Geld. Doch es klappte nicht mit dem Fliegen, ich scheiterte in der letzten Assessment-Runde. Aber das Ziel, einen Job mit viel Geld, Abenteuer und Verantwortung zu bekommen, blieb. Fünf Jahre später unterschrieb ich meinen ersten Arbeitsvertrag für ein internationales Traineeprogramm in einem Großkonzern. Ich hatte zwischenzeitlich Wirtschaftsingenieurwesen studiert, zum einen, weil ich ganz gut in Mathe und Physik war, zum anderen, weil ich nicht den leisesten Hauch einer Ahnung hatte, was ich später mal werden wollte, nachdem es mit der Pilotenkarriere nicht geklappt hatte. Als Wirtschaftsingenieur könne man fast alles machen, hieß es. Und es sollte sich bewahrheiten.

Ich konnte mir meinen Start ins Berufsleben – im Frühjahr 2008, kurz vor Beginn der großen Finanzkrise – tatsächlich aussuchen. Der von mir gewählte Job war gut bezahlt, bot aussichtsreiche Karriereperspektiven und eine steile Lernkurve. Bereits einige Monate früher als geplant konnte ich mein Traineeprogramm beenden, um endlich die ersten Stufen auf der Karriereleiter zu erklimmen. Erst wurde ich Vertriebsingenieur, nur achtzehn Monate später Area-Sales-Manager mit Vertriebsverantwortung für sieben Länder und etwa 30 Millionen Euro Umsatz. Als ich neunundzwanzig war und der nächste Karriereschritt anstand, war in mir längst ein Entschluss gereift: Ich würde kündigen. Mein großer Plan war bis dahin zwar aufgegangen, denn ich verdiente gut, reiste viel, genoss meinen Status und meinen Erfolg. Aber ich hatte ein Problem: Ich wurde das Gefühl nicht los, im falschen Film gefangen zu sein.

Mein Leben war – ohne dass ich es richtig mitbekommen hatte – mit der Zeit furchtbar eindimensional geworden. Es bestand nur noch aus arbeiten, völlig kaputt nach Hause kommen, mich in meiner Freizeit mit Facebook, Fernsehen und anderen Belanglosigkeiten beschäftigt halten, die Wochenenden herbeisehnen und ab und zu den Kontostand checken. Immerhin war dieser der einzige Maßstab dafür, zumindest ein bisschen in meinem Leben voranzukommen. Ansonsten hatte ich immer häufiger das Gefühl, zwar mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs zu sein – nur dabei vollkommen die Richtung aus den Augen verloren zu haben.

Ich raste durch mein Leben – und stagnierte gleichzeitig. Es klingt paradox, aber so war es. Genauso wie das Gefühl, niemals für etwas Zeit zu haben, und gleichzeitig jede freie Minute mit aller Macht totzuschlagen. »Ich muss«, war meine Lieblingsformel: »Ich muss nur noch kurz diese Mail schreiben, dann komm ich gleich zu dir, Schatz. Nein, wir können uns nicht zum Sport treffen, ich muss noch dringend das Meeting für morgen vorbereiten. Nein, ich habe am Wochenende keine Zeit, ich muss endlich diese verdammte Steuererklärung machen.« Ich musste vieles, doch von dem, was ich wollte, hatte ich keine Ahnung. Ich hatte Pläne, keine kitschigen »Träume«. Das dachte ich zumindest.

Doch auch wenn ich keine Träume hatte, gab es trotzdem etwas: eine leise Stimme. Am Anfang war sie nur manchmal da, und ich war der Einzige, der sie hören konnte – lange Zeit existierte sie nämlich nur in meinem Kopf. Sie sagte: »Was zum Teufel machst du eigentlich? Ist das wirklich alles? Geht das die nächsten vierzig Jahre so weiter?« Doch je häufiger ich meine Tage damit verbrachte, zehn Stunden auf den Monitor vor mir zu starren und gefühlte zweihundert Mails am Tag zu beantworten, wurde diese Stimme immer lauter. Bis es eines Tages so weit war und diese Stimme plötzlich meine eigene war. Es war ein typischer Montagmorgen, wir standen in der Teeküche unseres Großraumbüros, als ich mich sagen hörte: »Eigentlich würde ich gerne mal was ganz anderes machen.« Mein Kollege schaute mich an und erwiderte, ohne zu zögern: »Ich auch.« So war das also.

Ab diesem Moment wurde »Eigentlich würde ich gerne mal …« unsere neue gemeinsame Lieblingsformel. Wir sagten sie ständig und murmelten dabei die verrücktesten Ideen in unsere Kaffeetassen: Man müsste mal dieses machen, jenes erfinden, und eigentlich wäre XYZ doch eine super Geschäftsidee. Wir malten uns den Erfolg in den schillerndsten Farben aus, immer garniert mit den Erfolgsgeschichten von anderen, die »einfach mal gemacht« hatten und durch ihre Ideen reich und berühmt geworden waren. Doch wir machten es nicht. Denn so bunt unsere Fantasie auch war, endete sie jedes Mal im Dunkelgrau der Realität: Waren unsere Träume auch noch so groß, kündigen wollten wir bestimmt nicht. Dafür ging es uns mit unseren Jobs viel zu gut, Geld und Sicherheit waren uns beiden wichtig.

Irgendwann war uns klar: Es gab in dieser Situation lediglich zwei Alternativen: entweder weiter im Luftschloss wohnen bleiben, es sich dort Woche um Woche ein wenig gemütlicher einrichten – mit dem Wissen, dass es immer beim »Eigentlich würde ich gerne mal« bleiben würde. Diese Tagträumerei einfach weiterzuführen, war gar keine so abwegige Option, wie man meinen könnte. Immerhin war sie mit der Zeit fast zu einem gemeinsamen Hobby geworden: Es machte wirklich Freude, zusammen verrückten Träumen nachzuhängen. Der Nachteil war allerdings, dass sie Träume blieben. Unser Weg blieb genauso vorgezeichnet, wie er es immer schon gewesen war, inklusive der Perspektive, das gleiche Einerlei des Alltags für die nächsten vierzig Jahre bis zur Rente zu haben.

Die zweite Variante war aussichtsreicher, klang aber im ersten Moment völlig unrealistisch. Sie lautete: etwas nebenher machen – das Potenzial einer Geschäftsidee austesten, ohne dafür gleich zu kündigen. Jeder traf für sich die beste Entscheidung – aber es waren zwei verschiedene. Mein Kollege, zweiundvierzig Jahre alt, verheiratet, Haus, Kinder, konnte kein eigenes Projekt mal eben nebenher starten – egal, wie er es anstellte, und egal, wie groß oder klein es werden sollte. Es passte einfach nicht: Das Zeitfenster dafür hatte sich einige Jahre zuvor geschlossen, und es würde noch dauern, bis die Kinder aus dem Gröbsten raus waren und es sich wieder öffnete. Für mich hingegen gab es diese Hindernisse nicht: Ich hatte weder Haus noch Kinder noch sonstige ernsthafte Verpflichtungen. Für mich stand das Zeitfenster weit offen. Noch. Das war mir bewusst, genauso wie die Tatsache, dass dies nicht ewig so bleiben würde. Es war die Geburtsstunde der dritten Formel, und sie hieß: »Wenn du es jetzt nicht machst, dann machst du es nie.« Sie wurde ein tägliches Mantra – und ich fing an.

Mein »Traum« stellte sich als Spritspar-Training heraus. Ja, richtig gehört – ein Fahrtraining, um weniger Benzin zu verbrauchen. Zugegebenermaßen keine Idee, mit der man auf Partys prahlen kann oder die einem beim Stichwort »Traum« als Erstes in den Sinn kommt. Aber es war eine Idee, die mir schon seit Langem im Hinterkopf herumspukte: Zu meiner Zeit als Vertriebsingenieur hatte mir mein Arbeitgeber ein solches Training gesponsert. Widerwillig fuhr ich damals hin, aber nahm drei Erkenntnisse mit. Erstens: Ein Spritspar-Training funktioniert wirklich. Zweitens: Man musste nicht wie ein Rentner fahren, um Sprit zu sparen. Die veränderte Fahrweise machte sogar Spaß – daran hatte ich am meisten gezweifelt. Drittens: Das Training selbst war stinklangweilig gewesen – das konnte man besser machen.

In Summe waren das für mich genügend Ansatzpunkte, um an der Idee zu arbeiten; darüber hinaus war sie ideal für ein Nebenprojekt: Die Trainings konnte ich ohne Probleme an den Wochenenden anbieten. Gab es genug Anmeldungen, fand es statt, sonst hatte ich eben frei. Den Bürokram konnte ich während der Woche nebenbei erledigen. Ich fing an, mich mit allem Notwendigen zu beschäftigen – was ich aus meinem Studium zumindest theoretisch schon wusste. Immerhin hatte ich mich während des Wirtschaftsingenieurstudiums auf Marketing und »Entrepreneurship«, was neudeutsch für Unternehmensgründung steht, spezialisiert.

Anderthalb Jahre später hatte ich mein eigenes Spritspar-Training entwickelt, es als Marke europaweit geschützt, eine eigene Webseite mit Logo und allem, was so dazugehört. Ich hatte mehr als ein Dutzend Fahrlehrer nach meiner Methode trainiert und als freie Mitarbeiter unter Vertrag genommen. Vor allem aber hatte ich unglaublich viel gelernt. An erster Stelle: dass all das Wissen aus meinem Studium zwar nett war, mir aber in der Praxis kaum weitergeholfen hatte. Für ein eigenes unternehmerisches Nebenprojekt, sprich 4-Stunden-Startup, brauchte es kein BWL-Studium.

Nachdem ich lange genug gesehen hatte, dass mein Business neben dem Job funktionierte, machte ich einen Schritt, den ich mir vorher niemals zugetraut hätte: Ich kündigte meinen gut bezahlten, sicheren Konzernjob. Vielleicht kannst du mein Zögern bis dahin verstehen. Ich bin als Kind zweier Beamter aufgewachsen, das Bedürfnis nach einer sicheren Anstellung wurde mir quasi in die Wiege gelegt. Niemals hätte ich mich mit einer Idee »einfach so« selbstständig gemacht. Ich hätte nach dem Studium noch nicht einmal einen Job in einem Startup angenommen, obwohl es mich sehr gereizt hatte – es war mir einfach zu unsicher. Aber nachdem ich anderthalb Jahre Erfahrungen sammeln konnte – die mir übrigens auch für meinen normalen Job unglaublich viel brachten –, traute ich mich, den Sprung ins kalte Wasser zu machen. Oder, besser gesagt: ins vorgewärmte Wasser. Dass meine Idee funktioniert, hatte ich ja getestet, jetzt ging es nur noch darum herauszufinden, wie groß sie werden konnte. Ich wollte nicht irgendwann zurückblicken und mir selbst vorwerfen müssen, dass ich es bloß hätte probieren müssen. Gleichzeitig war mir bewusst, dass das Spritspar-Training nicht die Liebe fürs Leben war: Es war »nur« der perfekte Start für mich.

Können, nicht müssen

Mittlerweile habe ich gelernt, dass das, was meinem Kollegen und mir damals wie eine irre Idee vorkam – neben der Arbeit ein kleines Unternehmen zu gründen –, alles andere als irre ist. Ich habe seitdem viele Menschen getroffen, die genau dasselbe gemacht haben. Die wenigsten hatten einen Wirtschaftsabschluss, manche sogar nur einen Hauptschulabschluss. Und: Die wenigsten haben ihren Hauptjob gekündigt. Viele betreiben sehr erfolgreiche 4-Stunden-Startups als genau das, was sie von Anfang an waren – als Nebenprojekte. Sie genießen das Gefühl, weder vom einen noch vom anderen abhängig zu sein. Das 4-Stunden-Startup ist ihr zweites Standbein, das ihnen finanzielle und emotionale Freiheit gibt, gerade weil es nebenher läuft. Andere entscheiden sich bewusst dafür, den Hauptjob zu behalten, um nicht Gefahr zu laufen, dass ihr Leben nur noch durch die Selbstständigkeit geprägt ist. Sie wollen nicht vom einen Hamsterrad ins nächste geraten.

Ein 4-Stunden-Startup ist nichts, womit du mit nur vier Stunden Arbeit pro Woche garantiert schnell reich wirst. Sicher: Für manche mag es so kommen, aber dieses Versprechen zu geben, finde ich höchst unseriös. Zum einen hängt sehr vieles von Glück und Zufall ab, zum anderen ist dein Projekt selbstbestimmt: Du alleine entscheidest, was du aus deinem Projekt machst, und auch, wie viel Arbeit du in dein Nebenprojekt stecken möchtest: vielleicht jeden Tag vier Stunden, jede Woche vier Stunden oder auch vier Wochen mal gar nicht. All das ist möglich und wird jeden Tag von Tausenden so praktiziert.

Auch ich wollte nicht vom einen Hamsterrad ins nächste springen. Wie schnell nur noch Arbeit das Leben bestimmt und es zu eindimensional macht, hatte ich vorher selbst erlebt. Mein 4-Stunden-Startup sollte mein Leben bereichern und mir Platz für andere wichtige Dinge lassen. Manche waren privater Natur – nach meiner Kündigung flog ich meiner damaligen Freundin nach Asien hinterher –, andere beruflicher Art: Ich nahm mir bewusst Zeit für weitere 4-Stunden-Startups; viele, bei denen am Anfang gar nicht absehbar war, was aus ihnen einmal werden würde. Beispielsweise fing ich an, über Unternehmertum an Hochschulen und Stiftungen zu sprechen, damals natürlich ohne Bezahlung – mittlerweile halte ich Vorträge bei großen Unternehmen und Kongressen mit hunderten oder teils tausenden Menschen im Publikum. Ich wollte nach meiner Kündigung ein Buch schreiben, das ganz normalen Menschen die Möglichkeiten aufzeigt, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und ihr Leben außergewöhnlich zu machen, traute mich aber selbst nicht, den ersten Schritt zu machen. Ich war doch nur Ingenieur, ein Buch zu schreiben, traute ich mir nicht zu. Durch Glück und Zufall traf ich meinen späteren Koautor – er war nicht nur mein Zwischenmieter, während ich in Asien war, sondern stellte sich als erfahrener Journalist heraus –, und zusammen ging das Schreiben plötzlich fast wie von alleine. Wir entschlossen uns, wiederum die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, also anstatt Verlage anzubetteln, das Buch auf eigene Faust herauszubringen.

Über Crowdfunding sammelten wir über 10.000 Euro, engagierten Profis für das Lektorat und den Druck und nutzten viele der Tools, die ich dir im vierten Kapitel vorstellen werde. Als wir anfingen, schworen wir uns eines: Wir würden nicht nur auf den einen Tag hinarbeiten, an dem das Buch herauskommt. Wir wollten den Weg mindestens genauso genießen, wie später das Ziel zu erreichen – »enjoy the process«, lautete unser Motto. Und wir genossen den Weg: Mit jedem Interview, das wir mit einem »Nebenhermacher« für unser Buch führten, lernten wir selbst dazu. Wir reisten in unserer Freizeit quer durch Deutschland, machten Couch-Surfing und trafen in wenigen Monaten mehr faszinierende Leute als in all den Jahren davor zusammengenommen. Wir gaben dem Buch den Titel Palmen in Castrop-Rauxel in Anlehnung an eine der zwölf Gründer-Geschichten darin. Denn selbst das ist möglich: als Hauptschüler und Maurer mit einem 4-Stunden-Startup zu Europas größtem Händler für mediterrane Pflanzen und Palmen zu werden – so wie es Thomas Knappe als »Palmenmann« geschafft hat, und zwar mitten im Herzen des Ruhrgebiets!

Wenn uns jemand fragte, wie wir das alles nebenher schafften, kannten wir nur eine ganz ehrliche Antwort: »Es macht uns Spaß! Du fragst doch auch einen Hobbyfußballer nicht, wie er es schafft, dreimal die Woche zum Training zu gehen und am Wochenende zu Spielen zu fahren.«

Nichts anderes war unser 4-Stunden-Startup. Und obwohl es anders als das Spritspar-Training eigentlich als einmalige Angelegenheit angelegt war, entwickelte sich auch hieraus Ungeahntes: Aus zwei Self-Publishern wurden waschechte Verlagsgründer. Mit »Plötz & Betzholz« gründeten wir 2015 Deutschlands ersten Verlag für Influencer und Social-Media-Stars. Es war wieder ein 4-Stunden-Startup, aber erneut mit dem Anspruch, genauso professionell wie die Großen zu sein. Wenige Monate nach unserem Start wurden wir von der Frankfurter Buchmesse für unser innovatives Geschäftsmodell ausgezeichnet. Und es lief für uns sogar noch besser: Nach der Auszeichnung kam ein großer Verlag auf uns zu und bot uns eine Vertriebskooperation an. Wir konnten dabei nichts verlieren und nahmen dieses Angebot mit Freude an.

Wir hatten keine Ahnung, wo das noch hinführen würde –, und es interessierte uns auch nicht besonders. Wir machten es, weil wir es konnten – und nicht weil wir mussten. Und genauso solltest auch du dein Nebenprojekt sehen: Was aus deinem Projekt wird, hängt auch von Glück und Zufall ab. Aber dennoch ist ein 4-Stunden-Startup vor allem selbstbestimmt. Es soll dein Leben bereichern, dir zusätzliche Freiheiten und Möglichkeiten eröffnen – und kein weiteres »ich muss« werden. Du musst mit deinem Nebenprojekt nicht reich werden, noch nicht einmal unbedingt davon leben können. Dafür ist es ja ein Neben-Projekt. Du alleine bestimmst über deine Idee und darüber, was du daraus machen möchtest. Was daraus allerdings werden kann, möchte ich dir gerne im nächsten Kapitel zeigen. Es soll dir Inspiration geben, einen Blick hinter die Kulissen echter 4-Stunden-Startups gewähren und zeigen, welche Abenteuer auf dich warten.

2

Für eine Milliarde verkauft:Was mit einem 4-Stunden-Startup möglich ist

»Das gute Beispiel ist nicht eine Möglichkeit, andere Menschen zu beeinflussen, es ist die einzige.«

Albert Schweitzer

Im ersten Kapitel hast du bereits einen ersten Vorgeschmack auf die Möglichkeiten bekommen, die dir ein 4-Stunden-Startup bieten kann. Eine Frage hatte ich dabei unbeantwortet gelassen: Was wurde eigentlich aus meinem Spritspar-Training?

Wie gesagt, es war von Anfang an nicht die Liebe fürs Leben, aber wichtig für mich, um das Hamsterrad zu verlassen. 2015 habe ich es an den Betreiber des größten ADAC-Fahrsicherheitszentrums in Nordrhein-Westfalen verkauft. Das Spritspar-Training war der notwendige Startpunkt für mich, um ein Stückchen weg von den unzähligen Plänen für mein Leben und hin zu diesen kitschigen, unrealistischen Träumen zu kommen: eigene Ideen verwirklichen, mit meinen Vorträgen den »Einfach-mal-machen«-Spirit von Startups zurück in große Unternehmen bringen und normale Menschen dazu zu ermutigen, die Fülle der heutigen Möglichkeiten für sich zu nutzen. Doch selbst »Erfolgsgeschichten« haben viele Schattierungen, und es ist mir wichtig, dir ein realistisches Bild vom Abenteuer eines eigenen 4-Stunden-Startups zu vermitteln, mit allen Höhen und Tiefen.

Wie eingangs erwähnt, ist dieses Buch insbesondere für Neu-Gründer geschrieben – also für Angestellte, die sich zum ersten Mal ernsthaft mit einer eigenen Geschäftsidee befassen wollen. Die Geschichten in diesem Kapitel sollen dir zeigen, was mit einem 4-Stunden-Startup alles möglich ist. Vor allem aber sollen sie dir Mut und Lust machen, es endlich selbst zu probieren. Wenn du allerdings längst den Entschluss gefasst hast, ein eigenes 4-Stunden-Startup aufzuziehen, und vielleicht sogar schon eine konkrete Idee im Kopf hast, kannst du dieses Kapitel auch überspringen oder später lesen. Im dritten Kapitel geht es ans »Eingemachte«, nämlich wie du vom »Wantrepreneur« zum »Entrepreneur« wirst, also den Sprung vom Wollen zum Machen schaffst, wie du deine Geschäftsidee am besten testest, und wie du möglichst schnell an erste Kunden kommst.

Startup-Thinking: Dir werden in diesem Buch an verschiedenen Stellen diese Boxen begegnen. Sie enthalten praktische Tipps oder besondere Infos, manchmal dienen sie auch dazu, dich auf einen besonders wichtigen Punkt aufmerksam zu machen.

Vom Nebenprojekt zum großen Deal

»Kannst du nicht mal eben?« Diese Frage kennen nicht nur Steuerberater und Handwerker, sondern auch Thomas »Tom« Bachem hört sie häufig von seinen Freunden. Tom macht »was mit Internet«, und tatsächlich kennt er sich nicht nur gut, sondern hervorragend aus: Im Jahr 2006 gründete er zusammen mit Ibrahim »Ibo« Evsan das Videoportal Sevenload, welches als »deutsche Antwort auf YouTube« gefeiert wurde.

Thomas war damals noch ein Teenager, doch im Internetgeschäft bereits ein alter Hase: Schon seit Jahren programmierte er zusammen mit Freunden Webseiten für kleine Geschäfte. Er machte alles, von A wie Apotheke bis Z wie Zoogeschäft. Mit dem Internetboom um die Jahrtausendwende entwickelte sich eine eigene Homepage langsam zum Muss. Doch so wichtig sie wurde, so war die Technik dahinter für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Und so kamen auch Thomas und Ibrahim zusammen. Der eine neunzehn und Programmierer, der andere neunundzwanzig und auf der Suche nach jemandem, mit dem er seine Idee – diese Idee mit dem Potenzial, richtig groß zu werden – umsetzen konnte.

Nur wenige Monate, nachdem in Kalifornien drei ehemalige Paypal-Mitarbeiter YouTube gegründet hatten, startete 2005 im sommerlichen Köln die Arbeit an einer Videoplattform. Ein Jahr später kaufte Google für einen bis dahin nie dagewesenen Rekordpreis von umgerechnet 1,3 Milliarden Euro YouTube, und es war nur eine Frage der Zeit, bis auch Sevenload zum begehrten Kandidaten würde. 2010 war es so weit: Der Medienkonzern Burda übernahm die Mehrheit am Unternehmen, im gleichen Jahr zählte die Wirtschaftswoche Tom und Ibo zu den zehn prominentesten deutschen Gründern.

Ja, Thomas kannte sich im Internet hervorragend aus. Doch auch er musste passen, als im Frühjahr 2011 eine Freundin mit großen Augen und noch größeren Erwartungen vor ihm saß. Ein Online-Tool, mit dem man einfach und unkompliziert Lebensläufe formatieren und als PDF abspeichern konnte? Das kannte selbst Tom nicht. Er selbst hatte in seinem Leben noch keinen einzigen Lebenslauf verschicken müssen, doch die Freundin, die ihm diese Frage stellte, war offenbar nicht die Einzige, die dieses Problem hatte. Schon häufiger hatte er Freunde und Bekannte über dieses Problem lamentieren hören – doch dieses Mal war seine Neugierde endgültig geweckt.

Thomas googelte und recherchierte, doch was er fand, sah entweder aus wie »Grütze« oder war viel zu kompliziert – das konnte er besser. Und so begann ganz unspektakulär das kleine Nebenprojekt »Lebenslauf-Editor«. Thomas hatte weder die Absicht, damit Geld zu verdienen, noch zeitlichen Druck. Einen schönen Editor zu bauen war zwar nicht ganz leicht, aber für einen Crack wie ihn wiederum nicht allzu schwer. Dabei hatte Thomas übrigens nicht Informatik studiert, wie man vielleicht erwarten würde, sondern BWL. Es war genau die richtige Art Herausforderung, um in seiner Freizeit ein bisschen herumzuspielen und sich weiterzuentwickeln. Für ihn ist Softwareentwicklung eine Leidenschaft, die investierten Stunden betrachtet er nicht als Arbeit, sondern als waschechtes Hobby. Und so dauerte es ein paar Monate, bis er mit diesem Nebenherprojekt fertig war und der Editor mangels anderer guter Alternativen unter der Internetadresse Lebenslauf.cc online ging. Wenige Monate später wusste Thomas, dass er einen Nerv getroffen hatte.

Ganz am Anfang hatte er nur seinen Freunden und Bekannten von dem kleinen Tool erzählt, vielleicht auch mal was bei Facebook gepostet, aber mehr sicher nicht. Doch Lebenslauf.cc sprach sich offensichtlich herum, die Besucherzahlen stiegen und stiegen – weit über seinen eigenen Bekanntenkreis hinaus. »Wenn die Seite wirklich so nützlich ist, könnte man dann damit nicht auch ein bisschen was verdienen?«, fragte er sich irgendwann. Nach einigen Tests zeigte sich, dass 5,99 Euro ein fairer Preis war, bei dem genügend Nutzer bereit waren, für den Service zu bezahlen: nicht zu billig, nicht zu teuer, sondern genau richtig. Thomas’ Nebenprojekt funktionierte, er kaufte die deutlich attraktivere Internetadresse Lebenslauf.com zu einem recht günstigen Preis und machte sein kleines Projekt endgültig zum 4-Stunden-Startup. Denn einmal eingerichtet war die Seite praktisch ein Selbstläufer: ein Selbstläufer, der einen fünfstelligen Umsatz generierte – pro Monat!

Doch Thomas wollte kein 4-Stunden-Startup. Der Erfolg motivierte ihn, mehr daraus zu machen. Durch seine bisherigen unternehmerischen Projekte – er hatte nach Sevenload noch eine Webagentur und ein Spiele-Startup gegründet – kannte er viele Akteure aus der Internetszene. Als ihn eines Tages der Chef einer bekannten Karriereplattform zum Mittagessen einlud, war dies für Thomas nichts Ungewöhnliches. Dass es dabei um eine mögliche Partnerschaft gehen könnte, änderte daran auch nichts. »Mal schauen, was passiert«, dachte er sich.

Damit, dass ihm zum Nachtisch vorgeschlagen wurde, sein Projekt Lebenslauf.com zu verkaufen, hatte Thomas allerdings nicht gerechnet. Alter Hase hin oder her: Die Frage, was er dafür haben wolle, erwischte ihn vollkommen unvorbereitet. Seine Antwort entsprang daher keinem kühlen Kalkül, sondern kam direkt aus dem Bauch heraus: 400.000 Euro. Allerdings, so schob er nach, müsste er sich in Ruhe mal ausrechnen, ob das ein realistischer Preis sei, man solle es daher bitte nur als Größenordnung verstehen.

Als Thomas nach dem Essen zu Hause angekommen war, hatte sich ein Gefühl eingestellt: Er, der begeisterte Pokerspieler, könnte eigentlich ein bisschen höher pokern. Denn er hatte nichts zu verlieren, sondern konnte eigentlich nur gewinnen. Es galt, den aus der Hüfte geschossenen Preis möglichst plausibel für viel zu niedrig zu erklären. Keine leichte Aufgabe, aber nicht unlösbar. Soundso viele zahlende Kunden heute, deren Zahl ordentlich auf die Zukunft hochgerechnet, das ergab – einen Bluff? Vielleicht ein bisschen. Aber es war einer, den man wagen kann, wenn man gute Karten auf der Hand hat. Und die hatte er mittlerweile, selbst wenn er anfangs ohne konkrete Absichten gestartet war. Die Zahl, die Thomas daraufhin nannte, war fast doppelt so hoch. Doch der Chef der Karriereplattform ließ sich nicht abschrecken und sah für sich tatsächlich einen entsprechend hohen Gegenwert, über den Rest würde man sich schon einig werden. Es schien, als habe alles bestens funktioniert.

Dass der Euphorie Wochen und Monate der Ernüchterung folgen würden, war für Thomas zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar. Zwar war das Interesse zu Beginn enorm, doch der Kaufprozess war zäh und zog sich immer weiter in die Länge. Die Euphorie verflog auf beiden Seiten, bis sich allmählich abzeichnete: Der Deal würde so wohl nicht zustande kommen. Allerdings hatte Thomas noch einen weiteren Trumpf im Ärmel. Immerhin gab es nicht nur diese eine Karriereplattform, sondern noch weitere Unternehmen, die einen großen Nutzen für sich aus Thomas’ Projekt ziehen konnten. Über sein Netzwerk kannte er Ansprechpartner in diesen Firmen und hatte sie parallel zu den Verhandlungen bereits kontaktiert. So wie das Karrierenetzwerk Xing, das ebenfalls großes Interesse zeigte.

Das gleiche Spiel begann von vorne: Euphorie am Anfang, gefolgt von monatelangem Hin und Her – ausgiebige Verhandlungen gehören eben dazu. Der Grund diesmal: Xing wollte Lebenslauf.com kostenlos zugänglich machen. Die einzige Bedingung für die Nutzer: Sie müssten ein Xing-Profil registrieren beziehungsweise bereits dort angemeldet sein. Für jede Registrierung würde Thomas Geld von Xing erhalten. Ob das funktionierte? Thomas war skeptisch, jedoch bereit, es einfach auszuprobieren. So wie damals bei der Preisfindung betrachtete er alle noch so guten Annahmen als das, was sie waren: nichts als Annahmen, die letztlich nur durch ein Experiment bestätigt oder widerlegt werden konnten.

Zwei Tage später kannte er die Antwort. Er hatte für ein Wochenende die Seite umgestellt und die Lebensläufe kostenlos angeboten – nur gegen die einzige Bedingung, dass die Nutzer ein Profil bei Xing erstellen mussten. Das Ergebnis war eindeutig: Es wurden viermal mehr Lebensläufe heruntergeladen als bislang. Die von Xing erdachte Lösung brachte nicht nur keine Probleme mit sich, sie war sogar weit besser als die bisherige. Thomas’ letzte Zweifel waren ausgeräumt. Montagmorgen rief er bei Xing an, verhandelte noch ein paar Details nach und stimmte zu.