DAS ABBILD - Nico Oelrichs - E-Book

DAS ABBILD E-Book

Nico Oelrichs

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Beschreibung

Im Jahre 2075 ist das Leben in den Großstädten sauber und gewaltfrei. Die Menschen kümmern sich nur noch um ihren Sozialen-Status, die neueste Technik und eine steile Karriere. Auch Rachael und Jack führen ein genormtes, oberflächliches Leben. Doch alles ändert sich, als bei Rachael überraschend Krebs diagnostiziert wird. Glücklicherweise gibt es jedoch den globalen Technikgiganten SmarTec, dessen neuestes Projekt die Menschheit auf eine unvorstellbare Stufe erheben wird. Rachael bekommt das einmalige Angebot, ihr Bewusstsein in einen nahezu unzerstörbaren Kunstkörper zu transferieren und damit dem sicheren Tod zu entgehen. Doch, was wird das mit ihrer Menschlichkeit anstellen? Wo bleibt ihre Seele? Oder besitzt der Mensch überhaupt keine? Als Jack zu allem Überfluss versucht, sich das Leben zu nehmen, beginnt ein unwiderstehlicher Sog in eine ungewisse Zukunft...

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Nico Oelrichs

DAS ABBILD

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

2075 I

13 Monate zuvor

I

II

III

IV

2075 II

Impressum neobooks

2075 I

Das Abbild

von Nico Oelrichs

Das gedämpfte atmosphärische Licht erlaubte nur das Erkennen von Schemen auf einem eigentlich hellen breiten Bett. Wie ein kantiges Stück Treibgut inmitten ozeanischer Schwärze. Und darauf zwei regungslose Körper, halb schwarz vom Schatten, halb bernsteinfarben von den schwachen Leuchtbalken der Wandverkleidung. Eine Frau und ein Mann, bemalt von fast rotgoldenem Schimmer auf vor Nässe reflektierender Haut – die Poren zeichneten sich wie winzige schwarze Krater darauf ab, die leichten Falten der Mundwinkel und um die geschlossenen Augen erinnerten an ein friedliches Dünenpanorama aus großer Höhe betrachtet, die halbuntergegangene Wüstensonne im Rücken.

Über die weibliche dieser Landschaften wehte für den Bruchteil eines Moments ein schroffer Wüstenwind und ließ, fast unmerklich, einige Dünenkämme ihre Position verändern, sodass eine feine Bewegung über das sonst stoisch erstarrte Gesicht huschte und sogleich verschwunden war, als hätte sich am Ende doch nichts geregt. Dann sammelte sich wie von Zauberhand ein kleines Becken voll kristallklaren Wassers in einem der Augenbrunnen des Wüstengesichts, schwoll schnell an, quoll über den Rand und hinterließ eine leicht glitzernde Spur die Wange herab. Ein einzelner Tropfen fiel ab von dem Gesicht und klopfte ganz zart und doch hörbar auf das Gewebe des Bettzeugs, in dessen vielen ineinander verwobenen Fasern er sich schließlich verteilte und nicht mehr länger Trauer war, sondern bloß ein Wassertropfen, der im Laufe der nächsten Minuten vergehen würde; so wie Regen, der auf den Stoff einer Jacke fällt und sich irgendwann, bei angemessener Wärme und Trockenheit, in seine Bestandteile auflöst.

Irgendwann wird alles in seine Bestandteile zerfallen und dann zählt nichts mehr, was einmal gewesen ist. Irgendwann wird diese Trauer nichts weiter sein als ein stilles Echo, welches von niemandem gehört werden kann, als hätte es niemals existiert.

All dies geschah innerhalb einer, höchstens zweier Sekunden: die unwillkürliche Regung des Gesichts, das Erstehen und Herabfallen der einzelnen Träne und schließlich dieser düstere Endgedanke über Zerfall und Nichtigkeit. Doch diese ein oder zwei Sekunden genügten, um das gesamte Universum, welches in jedem Innern eines Menschen rotiert, in unendliche Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit zu stürzen.

Wie aus einer Trance gerissen, richtete die Frau sich im Bett auf und stützte sich dabei mit ihren Händen von der Matratze ab. Ihre linke Handfläche lag dabei auf der bereits eingesickerten Träne und ihre Haut bemerkte die leichte Feuchte kaum noch.

Siehst du?, schoss es ihr durch den Kopf, kaum noch vorhanden.

Als sie ihre Füße auf den beheizten Steinboden setzen wollte, griff sie eine drahtige Hand von hinten und vergrub sich halbherzig in dem Samtstoff ihres Nachtkleids. Die Frau zuckte, obwohl sie wusste, wer da nach ihr griff, leicht zusammen, pausierte ihre Bewegung, legte dann ihre kühle linke Hand auf die warme Hand des Mannes, schob diese dann sanft und doch nachdrücklich von sich und erhob sich. Sie ging zur Tür, öffnete sie und wagte es nicht, einen Blick zurück zu werfen. Der Mann drehte sich unter einer der leichten Decken herum, atmete gleichmäßig und versuchte seinen Kopf von jeglichen Gedanken zu befreien.

Die Frau schaltete das Licht des Badezimmers ein und ging zum Waschbecken. Dort stützte sie sich auf den weißen Porzellanrand, krallte sich geradezu daran fest, als würde sie ansonsten zu Boden stürzen, da ihre zittrigen Knie ihr Körpergewicht alleine nicht mehr tragen konnten. Dann hob sie langsam den zwischen ihre Schultern gesunkenen Kopf und betrachtete sich verstohlen im Spiegel vor ihr. Ihre schulterlangen hellblonden Haare umrahmten ein eigentlich sehr elegantes und attraktives Gesicht. Ihre Augen waren groß und grün, katzenartig und leicht mandelförmig. Sie hatte etwas Asiatisches an sich, obgleich sie keine asiatischen Vorfahren hatte.

Ihre Wangenknochen waren hoch und markant, ihr Kinn lief spitz zu und gab ihrem Gesicht eine mädchenhafte Form. Die Oberlippe war ziemlich schmal und jetzt blass, die Unterlippe dagegen voll und weich, ideal zum Küssen. Die Wimpern hatte sie sonst stets hervorzuheben versucht und ihre Augen hatte sie mit Schwarz umrandet, gerade so viel, dass es verführerisch und nicht aufreizend aussah. Nun aber waren ihre Augenhöhlen durch mangelnden Schlaf und zu viel Traurigkeit von alleine dunkel geworden und sie empfand sich als ausgelaugt, hässlich und unwürdig. Unwürdig als Frau bezeichnet zu werden.

Wieder sammelten sich Tränen in ihren Augen und schnell wand sie sich von ihrem jämmerlichen Spiegelbild ab. Sie drehte sich um, schlang ihre Arme um sich selbst, verschränkte sie fest vor der Brust und umklammerte sich einen Moment. Das Badezimmer war kalt. Sie fror, der Stoff ihres Abendkleides scheuerte auf ihrer empfindlichen Gänsehaut.

„Clara, bitte die Badezimmertemperatur auf 25°C erhöhen. Lass mir ein Vollbad ein.“

„Gerne, Rachael. Das Vollbad wird in genau fünf Minuten bereit sein. Die Temperatur im Badezimmer wird in weniger als einer Minute 25°C betragen. Ich wünsche dir eine angenehme Erholung.“

Beinahe hätte die Frau Danke erwidert, doch dann fiel ihr ein, wie absurd ihre ganze Situation war. Da kam sie gerade aus dem Schlafzimmer, in dem sie noch vor weniger als einer viertel Stunde den erbärmlichen Versuch unternommen hatte, Sex mit ihrem Ehemann zu haben. Dieser Versuch war natürlich gescheitert. Die Absurdität dieses Versuches allein ließ sie jetzt verzweifeln. Sie hatte sich umgedreht und wie ein kleines Kind zusammengekrümmt, eine leise Träne verdrückt, über die Nichtigkeit der Existenz gehadert, war dann aufgestanden und hatte das Abbild von Kummer und Elend im Spiegel betrachtet, sich von sich selbst abgewandt und dennoch diese Ruine eines Körpers fest umklammert, daraufhin ihrem SmartHome den Befehl zum Vollbad und zur Steigerung der Zimmertemperatur gegeben und selbst dabei noch einen Gedanken an Dankbarkeit für die vorprogrammierten Tätigkeiten eines Algorithmus verschwendet.

Die Realität hat dich zerbrochen, das Leben zerbricht dich, und du willst einem Computer danken, dass er dir Wasser einlässt und die Heizung aufdreht. Du bist verloren, dachte sie.

Das Geräusch des in die Badewanne schießenden Wassers weckte sie aus ihrem Gedankenkreisen und Rachael streifte sich das Abendkleid über den Kopf, warf es achtlos auf den Boden. Sie war nackt. Die Wanne füllte sich zu langsam für ihren Geschmack, sie fröstelte immer noch. Ihre langen Beine wanderten über den Rand der Wanne und schnell setzte sie sich in die flache Lache aus Badewasser und hoffte, dass der Pegel rasch steigen und ihren Körper bedecken möge. Sie starrte an die Decke und ein wirrer Gedanke kam in ihrem Kopf auf: Danke Gott dafür, dass du keinen Spiegel an der Decke über dir hast.

Sinnlose, konfuse und selbstzerstörerische Gedanken hatten den Großteil ihres vormals analytischen und sachlichen Denkens übernommen; sie war von einer fantasielosen Buchhalterin zu einem überemotionalen Kind geworden. Beinahe fühlte sie sich zurück in die Zeit ihrer Pubertät versetzt, doch hatte sie sich damals nicht so von Selbstzweifeln und Hoffnungslosigkeit zerfressen gefühlt. Jetzt war sie fünfunddreißig Jahre alt, eine gestandene Frau mit Karriere und Ehemann, einer modernen, sterilen Wohnung und realistischen Zukunftsplänen, in denen das Aufregendste der alljährliche Urlaub war. Doch bedeutete ihr dies alles seit geraumer Zeit nichts mehr. Sie fühlte sich hilflos und schutzlos und als wäre ihr gesamtes Leben zuvor lediglich ein alberner Tagtraum gewesen, aus dem sie schockhaft erwacht war und der alsbald in unbedingter kalter Schwärze enden musste.

Sie nahm sich eine abstrakt geformte Phiole aus rosa Kristallglas und goss ein wenig wohlriechende Badelotion daraus in das Wasser zwischen ihren Beinen. Dann verteilte sie die Lotion mit ihren Händen und erzeugte dadurch einen in allen Farben des Regenbogens schimmernden Schaum der schnell die gesamte Wasseroberfläche bedeckte und auch ihren Körper unter sich begrub. Nur Ihr Kopf lugte aus einem Gebirge aus rosigem Schaum hervor. Ihre Augen waren geschlossen. Sie atmete tief und gleichmäßig.

„Das Vollbad ist jetzt bereit. Die Wassertemperatur beträgt 25°C. Möchtest du etwas Musik hören, Rachael?“

Die Frau reagierte nicht, obgleich sie die einschmeichelnde Stimme des Hauscomputers gehört hatte. Sie fühlte sich zu müde zum Antworten, jede Antwort war unnütz, was kümmerte es das Universum, was sie wollte? Am liebsten wäre sie in jenem Moment einfach eingeschlafen und nie wieder aufgewacht. Sie hoffte auf die bedrohliche und rücksichtslose Schwärze. Einmal übermannt von ihr, wäre alles so schnell vorbei, dass gar keine Zeit mehr verblieb, um darüber nachzudenken, dass es vorbei ist. Alles was je gesehen, gehört und erlebt worden ist, wäre mit einem Fingerschnippen ausgelöscht und nie geschehen. Nichts würde sie mehr traurig machen; die bloße Erinnerung an sich selbst, an diesen Körper und alles, was mit ihm geschehen war, wäre nichtig.

Rachael atmete eine Zeit lang ruhig weiter, doch obwohl sie dies ganz gleichmäßig und ohne Hast tat, spürte sie, als würden ihre Lungen keinen Sauerstoff mehr aufnehmen und ihr wurde leicht schwindelig. Sie öffnete die Augen und starrte verkrampft an die gleißend weiße Decke. Myriaden greller Funkenexplosionen geisterten in einem wirren Chaos über die helle Deckenfläche und erschreckten Rachael noch mehr.

Nur Überreizungen der Netzhaut, nicht real, suggerierte sie sich selbst und versuchte noch gleichmäßiger zu atmen und den Schwindel durch Kontrolle ihrer inneren Erregtheit abzuschütteln.

Ein Geräusch zog sie aus dem Sumpf der Furcht. Die Badezimmertür wurde geöffnet.

Jack?, wollte sie beinahe flüstern, doch dann erfasste ihr im Grunde noch immer rational und analytisch denkendes Gehirn die Situation und die Furcht wich einer heißen Welle tiefen erbitterten Hasses.

Eine schlanke und makellose Hand lag auf der Türklinke, schob die Tür sachte auf und Rachaels Abbild betrat das Badezimmer. Sie trug das gleiche samtene Abendkleid, welches Rachael vor wenigen Augenblicken achtlos zu Boden geworfen hatte, nur sah dieses Kleid an Rachaels Abbild ungemein besser, verführerischer und extrem erotisch aus. Die Gestalt ihres Abbilds hatte dieselben Maße, welche sie noch vor etwas über einem Jahr gehabt hatte. Schlank, an manchen Stellen fast knochig, und doch mit mädchenhaften Brüsten und einem wohlgeformten Hintern von dessen Schwung sich das Kleid bis zu den Kniekehlen vorhanggleich herabfallen ließ. Rachael sah den Seitenansatz der linken Brust ihres Abbilds neben dem Armausschnitt des Abendkleides hervorlugen und ihr kochender Hass mischte sich mit dem Übelkeit erregenden Gefühl der eigenen Wertlosigkeit.

Ihr Abbild hielt in der Bewegung inne und blieb auf der Türschwelle stehen. Es drehte ruckartig den Kopf nach links und ihre grünen, katzenhaften Augen fixierten Rachael in der Badewanne. Ein Ausdruck des Erschreckens lag auf den porzellanzarten Zügen des Abbilds. Sie öffnete ihre vollen rötlichen Lippen und eine beinahe traumgleiche, jedoch leicht sarkastische Stimme formte die Worte: „Entschuldige. Ich wusste nicht, dass du zu dieser späten Stunde noch baden wolltest. Ich werde später wieder kommen.“

Rachaels Augen flackerten jetzt vor Hass und ihr zuvor ermattetes Gesicht verformte sich zu einer brutalen Fratze.

„Hau ab, du verfluchtes Miststück! Du musst doch überhaupt nicht pissen, verdammt! Hör auf dich so beschissen menschlich zu verhalten. Hau ab! Verschwinde hier!“ Dabei peitschten Rachaels Arme wie wild durch den Schaum und schlugen dann und wann auf die Oberfläche des Badewassers, sodass viele kleine und größere Schaumkronen über den Rand schwappten und eine seifige Lache auf den Bodenfliesen hinterließen.

Das Abbild starrte angewidert auf dieses hysterisch um sich schlagende Menschenwesen in der Wanne neben sich und wusste einfach nicht, wie es reagieren sollte. Dann griff eine starke Hand nach seiner linken Schulter und zog das makellose Ding sanft, aber bestimmt, zurück. Der dunkle Körper des Mannes schob sich an dem elfengleichen Geschöpf vorbei und errichtete eine Mauer zwischen Rachael und ihrem Abbild. Rachael verstummte in ihrer Raserei und atmete jetzt hektisch und unregelmäßig, gleichzeitig jedoch wich der Schwindel aus ihrem Kopf und ihre Neuronen blitzten nun schnell, geradlinig und messerscharf durch ihr Gehirn. Ihre Augen erfassten die Szene genau; Jack, von ihrem Geschrei alarmiert, mit versteinerter Miene und vorgerecktem Kinn stand er da, aufrecht wie der strahlende Ritter, der die holde Jungfrau vor dem feuerspeienden Drachen beschützt. Er alleine zwischen der Elfe und dem Ungetier, eine Schutzwand aus eingebildeter Rechtschaffenheit und triefender Moral. Hinter seiner Schulter, halb vom Schatten verborgen, das wunderschöne Gesicht ihres Abbilds, mit einem gespielten Ausdruck von Furcht und Erwartung darauf.

In diesem Augenblick wusste Rachael, dass es vorbei war. Es war aus, ihre Existenz hatte geendet. Sie war nicht länger Rachael, sie war eine bloße Erinnerung, eine lästige Erinnerung. Ihr Dasein war im Begriff sich aufzulösen. Sie spürte beinahe wirklich, wie sich ihr Körper in seine einzelnen Atome aufspaltete und im Äther oder im Quantenschaum verging. So wie der Tränentropfen in der Bettdecke versickert war. Nichts bleibt. Ein ungehörtes Echo.

„Ich glaube, es reicht jetzt langsam, Rachael“, dröhnte Jacks Stimme durch den Raum und wurde von den harten und nackten Fliesenwänden zigfach zurückgeworfen. Eine Kakophonie der Endgültigkeit, der Abweisung, der Verurteilung. Doch, welche der beiden hatte Jack gemeint?

Mit wieder gefassterer Stimme richtete er sich dann direkt an Rachaels Abbild: „Komm.“

Ein einziges Wort. Komm. Nicht an Rachael verschwendet, nein, ihrem Abbild gewidmet. Komm! Wohin? Jack und das Ding, wie Rachael sie manchmal auch in letzter Zeit bezeichnete, verließen das Badezimmer und Jack schloss die Tür hinter ihnen.

Rachael blieb zurück, allein. Schaum war in ihre Haare und auf ihr Gesicht geflogen. Ihre Hände zitterten und ihr linkes Augenlid zuckte unaufhörlich in unregelmäßigen Intervallen konvulsiver Krämpfe. Der Schwindel war schlagartig zurück und der Gedanke, dass der Tod sie endlich mit seiner Schwärze und Vergessenheit erlösen sollte, wurde übermächtig.

Es war nun also tatsächlich passiert. Sie hatte es gewusst, schon vor Wochen hatte Rachael es tief in ihrem Innern gespürt, vor kurzem hatte sie es dann auch bewusst anerkannt und jetzt war es real geschehen. Egal welche Ausflüchte Jack auch immer für sie parat gehabt hatte, unnötig zu erwähnen, dass er sogar dann und wann zornig geworden war, wenn Rachael ihm wieder eine ihrer Vorhaltungen und Standpauken gehalten hatte; am Ende hatte Rachael doch recht behalten. Mit allem. Es war zu Ende.

Ihr Abbild hatte sie aus dem Leben verdrängt. Die Maske hatte das Antlitz überdauert. Was ist der Mensch, und was die Maschine? War sie, Rachael, überhaupt noch ein Mensch, oder bereits mehr Maschine als ihr Abbild? War alles Menschsein, alles Bewusstsein vielleicht am Ende doch nur Illusion? Ein Tagtraum, der vergeht? Ein ungehörtes Echo?

Aber ich tue ihm ja Unrecht, kam es plötzlich über sie. Er hat ja nicht mich aus der Wanne geholt, er hat doch dieses Ding von mir weggeführt. Er ist zerrissen, und wie sollte er das auch nicht sein? Er weiß doch selbst nicht, was richtig und was falsch ist. Er kann nicht uns beiden gerecht werden, aber er kann uns beiden wehtun. Und Jack will niemandem wehtun, das wollte er noch nie. Jedenfalls nicht der alte Jack, mein Jack. Oh Gott, bitte erlöse mich doch endlich…

Dann umfing sie Dunkelheit.

13 Monate zuvor

Jack Dunham saß bequem auf seinem ergonomischen Drehstuhl und ließ die Socialcoms ihm völlig unbekannter Leute vor seinen rasch hin und her zuckenden Augen herunter rattern. Der Kontrast zwischen durchsichtiger Glasscheibe und dem grellleuchtenden Text darauf irritierte seine Augen nach einer Weile und Jack berührte ein Tastenfeld auf dem Schirm vor ihm. Sofort änderte sich die Durchlässigkeit des Glasmonitors und der Text wurde deutlich besser lesbar, allerdings konnte Jack nun nicht mehr länger seinen Kollegen vor sich beobachten. Dieser Kerl, Berry Lindholm, fuchtelte wie ein Epileptiker wild mit den Armen umher und drehte sich dabei auf seinem Bürostuhl, mal in die eine, dann wieder in die andere Richtung, und faselte etwas mit ausgereift theatralischer Begeisterung über die Vorzüge dieser oder jener InteLens-Version.

Lindholm war unter anderem zuständig für den Kundensupport und nutzte die Produkte, die er anderen Menschen täglich zehn Stunden lang schmackhaft machte, mit fast kindlicher Begeisterung allesamt selbst. Jack kannte Berry nur von der Arbeit her, also seit etwa 4 Jahren, und nie hatte er Berry ohne InteLens und Cereb-Link erlebt, konnte also auch nichts über Berrys wahren, ursprünglichen Charakter sagen. Für Jack war sein Kollege einfach ein Zerrbild eines Menschen; jemand, der sich nicht durch seine ihm angeborenen Stärken und Schwächen oder seine Erziehung, Ausbildung oder durch eigene Gedankenarbeit auszeichnete, sondern jemand, der seine Persönlichkeit so stark abhängig von technischen und medialen Entwicklungen macht, dass er am Ende nicht mehr länger fleischlicher Mensch, sondern eine Idee eines Menschen ist, ausgedrückt durch unmenschliche Werkzeuge. Berry Lindholm war Angestellter und zeitgleich einer der besten Kunden bei SmarTec und somit im Rating über Jack, der lediglich bei SmarTec arbeitete, jedoch bisher noch keines ihrer kybernetischen Produkte erworben hatte. Dafür gab es mehrere Gründe. Zum einen waren die Produkte einfach viel zu teuer und da Jack direkt beim Hersteller angestellt war, wusste er im Groben wie teuer die Entwicklung, die Rohstoffe und die Verarbeitung der Gadgets waren und bemitleidete jeden Dummkopf, der sein hart erarbeitetes Geld für die neueste Version einer InteLens aus dem Fenster warf. Der Preisaufschlag im Gegensatz zu den tatsächlichen Produktionskosten war eine Frechheit.

Zum anderen hatte er seinen Kollegen Berry Lindholm als abschreckendes Beispiel. Auch wenn er, wie gesagt, keine Ahnung von Berrys Verhalten vor InteLens und Cereb-Link hatte, so konnte er sich doch vorstellen, dass diese Geräte eine unwiderrufliche und weitreichende Charakterveränderung am Menschen vornahmen. Das soll nicht heißen, dass Jack sich der Technisierung der Welt entzog und sie ausschließlich verteufelte – er selbst hatte seine und Rachaels Wohnung für einen ordentlichen Betrag upsmarten lassen, Clara leistete wunderbare Dienste, der Kaffe war stets pünktlich und frisch gekocht, die Stromkosten waren im Vergleich zu früheren Abrechnungen ohne Clara um 23% niedriger, die Angst vor Einbrüchen oder gar Überfällen in den eigenen vier Wänden war ohnehin seit Jahren stark abgeschwächt worden. Am angenehmsten jedoch empfand Jack die Tatsache, dass Clara die Temperatur in der Wohnung perfekt einzustellen vermochte. Wenn Jack sich abends im Wohnzimmer einen Klassiker ansah, so betrug die Raumtemperatur stets 19°C, während Rachael im Nebenzimmer noch ihre Heimarbeit durchging und bei, für Jack unerträglichen, 24°C schwitzte.

Wenn das kein Argument für ein Upsmarting war, dann berichtete Jack gerne von der Fußbodenheizung, die so fein abgestimmt war, dass nicht der ganze Boden zugleich erwärmt wurde, sondern nur die Bereiche, auf denen Jack oder Rachael entweder gerade standen oder die sie im Begriff waren zu überqueren. Upsmarting sei Dank analysierte Clara nämlich im Bruchteil einer Sekunde das Vorhaben und jede Bewegung ihrer Herren und berechnete alles im Voraus: wann welche Fließe warm sein musste, wie viel Grad die Raumtemperatur in welchem Zimmer zu welcher Zeit auch immer zu sein hatte, wie viel Wasser nötig war um Geschirr zu spülen oder menschliche Ausscheidungen in die Kanalisation zu befördern.

All dies begrüßte Jack. Es sparte nicht nur einen Haufen Geld, da alles genau Kosten-/Nutzeneffizient berechnet war, sondern erleichterte auch das alltägliche Leben. Auch fühlte Jack sich nicht mehr alleine, selbst wenn Rachael wieder Überstunden zu leisten hatte, wartete wenigstens Claras angenehme Stimme daheim auf ihn um ihn nach seinem Tag und Befinden zu fragen.

Aber es bestand ein großer Unterschied zwischen einer sprechenden und intelligent handelnden Wohnung und einem Menschen, der sich selbst mit einem Computer und dem Internet physisch sowie psychisch verbunden hatte. Jedenfalls war das für Jack ein unheimlicher Unterschied. Zwar hatte auch Jack ein Implant – das war seit einem Jahr vor seiner Volljährigkeit staatlich verordnet worden. Wäre Jack früher geboren, hätte er noch die Möglichkeit gehabt, die Implantation für eine Übergangszeit von drei Jahren aussetzen zu können, doch erleichterte der winzige Chip unter Jacks rechter Handoberfläche den Alltag ebenfalls in positiver Weise. Wenn er daran zurück dachte, damals, als er noch ein pubertierender junger Kerl gewesen war, wie unsicher er sich stets gefühlt hatte, wie verängstigt. Er war zwar schon immer ziemlich groß gewesen, doch die Muskeln hatten sich erst später ausgebildet – Jack hatte mit einem eisernen Fitnessprogramm und spezieller Protein-Ernährung nachgeholfen, nachdem seine erste Freundin ihn aufgrund seiner unmännlichen physischen Erscheinung auf einer Party bloßgestellt hatte.

Davor war er einfach nur ein dürrer langer Kerl gewesen und die Bullys auf der Dickson High hatten ihn beinahe täglich um sein Essensgeld erleichtert. Und selbst wenn er nach der Schule nachhause fuhr und schon kein Bares mehr in den Taschen hatte, war das immer noch keine Garantie dafür gewesen, nicht auch im Bus oder an einer dunklen Straßenecke überfallen und ausgeraubt zu werden.

Seit jeder Bürger gechipt worden war und man das Bargeld abgeschafft hatte, waren Verbrechen wie Diebstahl, Steuerhinterziehung und Geldfälscherei quasi nicht mehr existent. Gut, es wurde weiterhin geraubt, vor allem Luxusgüter oder Lebensmittel, aber das beinahe ausschließlich von Menschen, die kein Implantat hatten und somit schwerer zu tracken und zu überführen waren. Wer sich solch einem Menschen freiwillig näherte, der verdiente es auch nicht anders als beraubt zu werden. Leute ohne Implantat waren die Ausgestoßenen der modernen Gesellschaft. Früher einmal hatte es in den großen Städten viele Obdachlose und Drogenkranke gegeben. Man hatte sie unschwer erkennen und gar erriechen können; menschlicher Abschaum. Solche Individuen waren nach Einführung der Implants entweder in Arbeitslager gesteckt oder anderweitig verlegt worden.

Eine Zeit lang hatte Jack dieses Vorgehen verurteilt und bei seiner Chipung hatte er sich auch nicht unbedingt wohl gefühlt. Doch die Vorteile überwogen mit den Jahren deutlich. Die Städte waren einfach viel sauberer und sicherer. Nirgends sah man mehr solche abgerissenen, widerlichen Gestalten wie zu Zeiten von Jacks Kindheit. An den Schulen gab es immer noch Bullys, aber das war nichts im Vergleich zu seiner Schulzeit. Der Heimweg von den Arbeitsstellen, Universitäten oder Kulturzentren war auch bei Dunkelheit sicher; es kam nur noch ganz selten vor, dass sich ein Nimp – so bezeichnete man die Menschen, die außerhalb der Gesellschaft lebten und nicht gechipt waren – in die Ballungszentren der großen Städte stahl und dort sein Glück versuchte an biogenes Essen oder teure Wertgegenstände zu gelangen. Jack erinnerte sich wirklich nicht mehr, wann er zuletzt einen Nimp, außer in den Medien, gesehen hatte. Auch erinnerte er sich kaum noch an den typischen Geruch und Lärm der Stadt von vor etwa zwanzig Jahren. Die schwere, beinahe ölige Luft mit ihrem Smog und dem unaufhörlichen Hupen und Dröhnen abertausender Autos. Wagen mit Verbrennungsmotor gab es heute nur noch für Spektakel wie die Nascar, auf Retro-Conventions oder aber außerhalb der Städte im Schwereinsatz in Gas- oder Kobaltminen. Dort gruben sich gigantische Bagger durch das Erdreich und trugen die tiefvergrabenen Schätze der Welt zutage, die für die Herstellung all jener modernen Technik benötigt wurden, welche das Leben auf der Welt in zwei Lager teilte: die sterilen und futuristischen Städte und das durch Fracking pockennarbige und von Wanderarbeitern und Nimps bevölkerte Umland.

All dies hatte Jack im Laufe seines Lebens zu akzeptieren und sogar zu begrüßen gelernt. Er wollte nicht mehr, dass die Dinge anders lägen. Doch das, was diese Welt aus einem Menschen wie Berry Lindholm gemacht hatte, stieß ihn immer noch ab.

Ein smartes Haus? Gerne. Ein Implant zum Zahlungsverkehr und Abruf aller Bürgerdaten? Bitte sehr. Aber eine InteLens direkt auf die Netzhaut des Auges geödet und dazu noch ein Cereb-Link in die Hirnschale gebohrt? Nein, das war zu viel. Nicht nur die Vorstellung der Operation widerte Jack an, wie gesagt, auch das Resultat dieses Bioengineering verstörte ihn.

Informationen überall und sofort, unübersehbar vor Augen, stets im Geist, egal ob inmitten eines überfüllten E-Shuttles oder in ruhiger Atmosphäre zuhause. Ständige Anfragen und Anrufe im Gehör, nicht enden wollendes Gedankengewirr, bis der eigene Geist inmitten tausender Kommentare, Meinungen und Behauptungen als einzelne Erscheinung nicht mehr vorhanden ist.

Berry Lindholm zappelte weiter auf seinem Stuhl umher und überredete etwa sechs Kunden gleichzeitig zum Kauf eines InteLens-Updates. Jack beobachtete ihn nunmehr über den Rand seines Bildschirms hinweg und konnte nicht anders, als einen Schauder zu verspüren. Für ihn stand fest, dass sein Implant das einzige technische Gerät sein sollte, dass er im Körper trug. Wenn er nach einem Zehnstundentag abends nachhause kam, war er froh, keine Kommentare anderer Leute mehr sehen oder hören zu müssen. Er genoss die Ruhe die er empfand, wenn er sich ganz und gar in einen altmodischen Film vertiefen konnte und an nichts anderes mehr denken musste. Gerne hätte er seine Leidenschaft mit Rachael geteilt, doch seine Frau interessierte sich überhaupt nicht für Filme oder das Leben vor dreißig, fünfzig oder gar hundert Jahren. Sie hatte ihre Arbeit, ihre Abrechnungen und Kalkulationen. Sie bezeichnete Jack oftmals als naiven Träumer, der es nicht einen Tag in der Welt vor hundert Jahren hätte ertragen können.

Jack wusste, dass sie damit recht hatte. Nicht umsonst genoss er die Sauberkeit und Sicherheit der modernen Zeit. Dennoch kam er nicht umhin einen gewaltigen Charme für das Leben voriger Generationen zu empfinden. Die Rohheit und das Ungeschliffene. Die Gefahr für Karriere und Gesundheit, allein durch das bloße Leben in diesem archaischen Alltag. Der Krieg und Terror und die Sehnsucht nach einer humanen Welt. Die teilweise lächerlichen Vorstellungen zukünftiger technischer Errungenschaften oder die Darstellung von Robotern.

All dies waren Fantasien, die heutzutage wahrscheinlich nur noch von den Arbeitern und Nimps geteilt wurden. Von Menschen, die von der Gesellschaft abgespalten waren und auch von Jack als im Grunde minderwertig angesehen wurden. Manchmal dachte Jack darüber nach, abends, alleine vor dem Bildschirm, während ein alter Western oder Scifi-Film lief. Dann spürte er zeitweise einen Konflikt in seinem Innern. Das, was er fühlte, biss sich mit dem, was er dachte. Er bemitleidete den tragischen Helden des Films, der, wie die heutigen Nimps, mittellos und ausgestoßen war und alles dafür gab, ein besseres Leben zu erkämpfen. Er trauerte um den Roboter, der einen Menschen betrachtet und sich fragt, ob er selbst eine Seele besitzt.

Trotzdem empfand er die Realität als gerecht. Sie war das Ergebnis eines Jahrtausende dauernden Kampfes zwischen Visionären und Schlächtern; zwischen Gut und Böse. Manchmal dachte Jack auch einfach, zwischen Edlen und Dummen. Er fühlte sich als edel. Wer heute in den Fracking-Minen schuften musste, kam mit Bestimmtheit aus einem Milieu, welches nichts Edles hervorbringen kann. Diese Menschen waren der Abschaum, der sich früher unter feuchten Brücken in Zeltkolonien zusammengetan hatte. Zeige solchen Menschen einen Klassiker, gib ihnen einen Moby Dick oder Jenseits von Eden zu lesen und sie werden nicht einmal ansatzweise begreifen können, welche Tragweite der Film oder die Worte besitzen. Diese Menschen werden sich niemals erheben, jedenfalls nicht geistig, weil ihr Geist nur imstande ist, über tierische Dinge nachzudenken, nicht aber über Edles.

Ein melodisches Klingeln weckte Jack aus seinen abschweifenden Gedankengängen und beförderte ihn wieder zurück an seinen Arbeitsplatz. Auf seinem Monitor, rechts neben der endlosen Liste an Bewertungen und Kommentaren unzufriedener Kunden zu Aktionen und Produkten von SmarTec - die Jack eigentlich alle durchsehen und im Sinne der Firmenphilosophie umschreiben sollte – erschien das Konterfei seiner Frau. Jack musste kurz anerkennen, dass sie ein wirklich schönes und ebenmäßiges Gesicht hatte und dass es gut gewesen war, als seine Exfreundin ihn damals bloßgestellt und er sich für den Muskelaufbau entschieden hatte; was würde Rachael wohl von ihm halten, wenn er noch immer dieser unförmige Hänfling wäre? Wahrscheinlich hätte sie ihn niemals auch nur eines Blickes gewürdigt.

Jack berührte Rachaels Bild mit seinem rechten Zeigefinger und sogleich war die Verbindung hergestellt.

„Hallo Schatz. Wie geht`s dir?“, fragte Jack und lächelte dabei. Rachaels Gesichtsausdruck war wie eingefroren und Jack meinte Tränen in ihren Augen erkennen zu können. Mit einem Wischen seiner Finger vergrößerte er das Anruffenster und verdrängte die zu retuschierenden Kommentare auf seinem Glasschirm. Jetzt sah er Rachael deutlicher – sie weinte tatsächlich. Stille Tränen unterdrückter Trauer. Oder Angst?

„Mein Gott Schatz, was ist passiert?“

„Benutz bitte dein Headset. Ich will nicht, dass deine Kollegen mich hören.“

„Schatz, niemand hört hier, was der andere macht. Alle sind nur mit sich beschäftigt, aber wenn du willst, ich setze es auf. Kannst du mich hören?“

„Ja, ich höre dich.“

„Was ist denn passiert? Deine Mutter?“

„Nein. Mama geht`s gut.“

„Du weinst doch.“

„Ja, das tue ich. Gut erkannt.“

Jack hasste es, wenn er seiner Frau alles aus der Nase ziehen musste, aber so war Rachael manchmal. Entweder die Güte und Nachsicht in Person, oder aber extrem egozentrisch und schnell beleidigt, wenn Jack ihren Gemütszustand nicht sofort aus einem flüchtigen Blick auf sie herausdeuten konnte. Doch dieses Mal spürte Jack, dass etwas Schlimmes dahinter stecken musste.

„Jack, ich war heute bei meiner Ärztin. Clara sagte mir, dass meine Biowerte in manchen Bereichen abweichen. Ich… ich bin sofort los, du weißt ja, dass meine Tante… auch Mama…“

„Ich weiß, Darling. Bitte, beruhige dich und sag mir einfach: Ja oder Nein?“ Schweiß sammelte sich jetzt auf Jacks Stirn und in seinen Handinnenflächen. Sein Magen fühlte sich wie ein Klumpen geschmolzenes Blei an. Die Schlagworte Tante und Mama