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Auch für therapeutische Interventionen gilt: In der Kürze liegt die Würze. Nach seinen beiden bekannten "Ha-Handbüchern der Psychotherapie" legt Bernhard Trenkle deshalb hier eine humorvolle Sammlung von Aphorismen, Sprüchen und Sprichwörtern vor, die sich hervorragend für therapeutische oder beraterische Kontexte eignen. In zum Teil verblüffenden Varianten lösen sie – je nach Einsatz – schallendes Gelächter oder auch stilles Nachdenken aus. Die Denkanstöße, die das Buch dabei gibt, lassen es an vielen Stellen wie ein Taschentherapeut wirken. Geschickt miteinander kombiniert, kann man aus den Sprüchen therapeutische Interventionssequenzen mit verstärkender Wirkung zusammenstellen. Zusätzlich aufgelockert werden die Texte durch Anekdoten, mehr oder minder bizarre kleine Geschichten bis hin zu purem Nonsens. Neben seinem unmittelbaren praktischen Nutzen gibt das Buch Einblicke in moderne lösungs- und ressourcenorientierte Methoden. Es ist hilfreich für Therapeuten und Berater aller Richtungen, aber auch für Ärzte und Redenschreiber. Ein Rat für den stressgeplagten Tinnitus-Patienten: "Lieber ein Lied auf den Lippen als ein Pfeifen im Ohr!"
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Seitenzahl: 130
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Bernhard Trenkle
Fünfte Auflage, 2022
Umschlaggestaltung: WSP Design, Heidelberg
Satz: Verlagsservice Hegele, Heiligkreuzsteinach
Printed in Germany
Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck
Fünfte Auflage, 2022
ISBN 978-3-8497-0425-4 (Printausgabe)
ISBN 978-3-8497-8356-3 (ePub)
© 2004, 2022 Carl-Auer-Systeme Verlag
und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg
Alle Rechte vorbehalten
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Vorrede
Zu diesem Buch
Was will dieses Buch?
Zum Hintergrund der Anwendungsbeispiele
Zu Wiederholungen in diesem Buch
Gebrauchsanweisung für das Lesen dieses Buchs
Aphorismen und Sprüche – Therapie und Beratung
Vom Prinzip der Nichtwiederholung
Zu Wiederholungen in diesem Buch
Von Eindrücken, die einen Druck machen
Vom Potenzproblem des Kurzzeittherapeuten
Von der Länge der Kürze
Milton-Modell und Metamodell
Binsenwahrheiten
Widersprüche
Einige Definitionen zu Aphorismen, Sprichwörtern, Maximen
Vom Umgang mit Widerständen
Vom Umgang mit sich
Sprüche – in jeder Beziehung wichtig?
Scheiden tut weh
Szenen einer Ehe
Von den Stärken und Schwächen sehr viel jüngerer Lebenspartner
Von der Demut und Bescheidenheit
Langsamer ist schneller
Lieber langsam zum Ziel als schnell umhergeirrt
Ich finde keinen Mann
Beim Hausarzt
Opium und Kalium für Herz- und Schmerz
Fragezeichen und Komma
Fingerabdruck und Hammer
It’s nice to be a Preuß
Mache viele Fehler!
Aus der Werbung
Getränke – eiskalt serviert
Von der Schlagfertigkeit und von Katern
Für leicht chronifizierte Helferpersönlichkeiten
Pünktlichkeit
Vom Rauchen, dem Aufhören und dem starken Willen
Von der konsequenten Kontrolle des Rauchens und des Trinkens
Zum Thema Alkohol und Trinken
Üben, üben, üben
Stottertherapie
Über Lehrer und Psychologen
Über Briefträger und weitere Berufe
Entfernte Verwandte
Aus der Erziehungsberatung
Beziehung und Erziehung
Aus der Mütterberatung
Vom Geben und Nehmen
Von Zwergen und richtigen Männern
Wolf Wondratschek
Tageszeiten
Meine Eltern wollen mein Bestes
Vom Erfolg eines Genies – Aus der Familienberatung
Von Erfahrungswissen und Bauernregeln
Auch im Osten trägt man Westen
Haut – oder: Die schlagende Verbindung
Therapeutische Begegnungen mit einer Mutter
Von Zäunen und Nachbarn
Vom Segen und Regen
Delegationen
Der Pädagoge als Großvater
Tag und Nacht ohne Chance
French Fries und Freedom Fries
Lieber dutzende von Sprüchen als gar keine Idee
Aus einer Paartherapie
Für den Tinnituspatienten
Potenzprobleme
Lieber kurz als knapp
Lieber breit grinsen als schmal denken
Fruchtbare Begegnungen
Von Meistern und Schülern
Dummheit und Stolz
Von Pferden und Sätteln
Frage und Antwort
Vom Umgang mit Forschern und Kritikern
Gerhard Uhlenbruck und eine gesundheitspolitische Rede
Vom Altersschwachsinn eines Festredners und der Technik eines Ghostwriters
Von der Jungfräulichkeit und guten Fahrern
Lebenserfolg von Mann und Frau
Wolfgang Mieder und Phrasen verdreschen
Wenn das Herz in die Hose rutscht
Semi-nah und Meta-fern und andere sin-ful Wortspiele
Inkognito – ergo sum
Tumor und Humor
Motorradfahrer-Weisheiten oder: Eile mit Weile
Vom Tauchen und Eintauchen in eine tiefe Trance
Selbsthypnose lernen und gesünder effizient arbeiten
Zum Thema Arbeit und Arbeiten
Hypnosesitzungen und Fantasiereisen
Tierisches und schwarzer Humor
Der Ton macht die Musik
Schweigen ist Gold?
Vom Erfolg und seinen Nebenwirkungen
Von Beamten und Bürokraten
Auch Patienten benutzen Sprüche
Vom Segelfliegen und anderen Höhenflügen
Der Zahn der Zeit und die Zahnärzte
Für einen Sänger mit Lampenfieber
Schlafend ins Abseits
Sportlersprüche
Zum Thema Übergewicht
Zum Thema Intuition
Zum Thema psychologische Kriegsführung
Zum Thema Erbe oder Umwelt
Zum Thema Ressourcenorientierung
Zum Thema Zukunftsorientierung
Zum Thema Paar- und Familiendynamik
Zum Thema systemische Sichtweise und Dettmar Cramer
Zum Thema Spontanparadoxie
Zum Thema Konfusionstechniken
Zum Thema Parteifreund und Mannschaftskamerad
Zum Thema Schwach anfangen und stark nachlassen
Verschiedenes
Zum Thema Übergewicht
Experten und Generalisten
Von der Zukunft der Vergangenheit in der Gegenwart
Salutogenese und Ressourcenorientierung
Der deutsche Humor
Aus meiner Privatsammlung
Zu guter Letzt
Anmerkungen
Danksagung
Über den Autor
Seit der Schulzeit sammle ich Sprüche und Aphorismen. Damals schon habe ich begonnen, witzige Sprüche in zwei kleine Hefte zu schreiben. Leider ist mir eines davon verloren gegangen.1
Die letzten Jahre habe ich mein altes Hobby etwas gezielter neu aufgegriffen und habe mit Genuss viele Aphorismen- und Sprüchesammlungen gelesen. Sprüche, die mir gefielen, wurden angekreuzt, und es wurde teilweise gleich kommentiert, wie sie in Therapie, Beratung oder auch in Fortbildungsseminaren verwendbar wären. Einige Praktikanten hatten großen Spaß, diese Auswahl in den Computer einzutippen.
Unterdessen habe ich einige tausend Sprüche in meiner Sammlung, und die Teilnehmer meiner Workshops für Psychotherapeuten, Berater, Seelsorger etc. waren immer schnell beim Mitschreiben, sobald ich mit einem dieser Sprüche die Seminare auflockerte. Arbeitsblätter mit Auflistungen der Sprüche waren begehrt. Einige Teilnehmer hatten eigene Sammlungen von Sprüchen, und es kam zu Tauschgeschäften. Oft wurde die Frage gestellt, wo man solche Sprüche finden und nachlesen könne.
Sprüche sollen kurz sein und für sich sprechen.*2
Deswegen gibt es hier auch nur eine recht kurze Vorrede.
Das Lesen von Aphorismensammlungen ist einerseits unterhaltsam und andererseits doch ein anstrengender Job, sogar für einen Fan von Sprüchen. Ein Aphorismus am anderen – auch noch so geistreich – kann schnell ermüden.
Paradoxerweise gilt sogar:
Je besser eine Aphorismensammlung, desto schneller ermüdet sie.
Als brillantester Aphoristiker unserer Zeit gilt Stanislaw Jerzy Lec aus Polen. Trotzdem ist er in diesem Buch nur selten zitiert. Seine berühmte Aphorismensammlung Unfrisierte Gedanken ist eine Abfolge von so geistreichen Sprüchen, dass es mir nicht gelang, einzelne besonders gute anzukreuzen. Ich hätte auch gleich das ganze Buch abtippen oder einscannen lassen können. Aber durch die Intensität der Sprüche und das, was sie an Nachdenken anstoßen, kann zumindest ich in den Unfrisierten Gedanken nicht lange lesen.
Das ist etwa, wie wenn man 1 kg beste Pralinen geschenkt bekommt. Auch wenn der Appetit darauf noch so groß ist, man kann auf einen Schlag nur einen kleinen Teil davon essen. Noch mal anders gesagt:
Je kompakter und kalorienreicher ein Energieriegel für Sportler ist, desto weniger davon kann man auf einmal essen.
Deswegen sind die Sprüche in diesem Buch auch fett gedruckt.
Der (im Moment) noch weitgehend unbekannte Aphoristiker Michael Marie Jung schreibt:
Auch eine gesunde geistige Nahrung verzichtet nicht auf Ballaststoffe.
Aus diesem Grunde gibt es in diesem kleinen Buch immer mal wieder kurze Anekdoten oder auch Nonsense, sodass selbst bereits geneigte Leser längere Zugfahrten ohne einzuschlafen überstehen können. Denn ohnehin gilt:
Alles auf der Welt hat seine Bedeutung, die weit über dieselbige hinausgeht.
Das Aha!-Handbuch ist eine Sammlung von über 800 meist witzigen, oft verblüffenden und manchmal ernsten Sprüchen. Es erscheint im Format der beiden Ha-Handbücher (der Psychotherapie bzw. der Witze zu Hypnose und Psychotherapie). Die Sprüche sind überwiegend witzig (bis hin zum Nonsense), das Buch ist jedoch ernsthafter und anwendungsorientierter als die beiden Witzbücher.
Mit seiner Auswahl von Sprüchen, die ich über die Jahrzehnte hinweg gesammelt habe, soll es einerseits unterhalten und Spaß machen, andererseits aber auch zeigen, wie Sprüche in verschiedenen Kontexten – etwa in Therapien, Beratungen, in der Erziehung, in Reden und Ansprachen oder sogar während Hypnosesitzungen – gezielt eingesetzt werden können. Therapeuten, Ärzte, Berater oder auch Redenschreiber können hier also gleichermaßen fündig werden.
Zu Beginn gibt es – schon garniert mit ersten Sprüchen – etwas Theorie: Definitionen und Hintergründiges sowie die Erklärung, warum einige wenige Sprüche mehrfach in dem Buch auftauchen. Alle, die sich „nur“ unterhalten lassen wollen, seien zum Einstieg beim Kapitel „Vom Umgang mit sich“ auf S. 32 eingeladen.
Im Buch gibt es immer wieder Demonstrationen dessen, wie Sprüche in Therapien und Beratungen effizienzsteigernd eingesetzt werden können.
In meiner therapeutischen Praxis und damit auch in diesem Buch orientiere ich mich an der Hypnotherapie von Milton Erickson, an der systemischen Familientherapie und den von Erickson abgeleiteten ressourcen- und lösungsorientierten Ansätzen. In einzelnen Elementen verwende ich tiefenpsychologische und – vor allem in der Stottertherapie – auch verhaltenstherapeutische Modelle.
Der Kölner Medizinprofessor und Aphoristiker Gerhard Uhlenbruck sagt:
Sprichwörter sind sprachliche Summenformeln für Erfahrungen.
So wie ein Sprichwort die Erfahrungen früherer Generationen kondensiert summiert, so habe ich in den Anwendungsbeispielen versucht, therapeutische und beraterische Abläufe sehr verdichtet zu summieren. Die Gespräche haben in dieser verkürzten Form so nicht stattgefunden. Ich verwende Sprüche zwar häufig in meinen Therapiegesprächen, aber doch bei weitem nicht in dieser kurzen Abfolge wie in den Beispielen dieses Buches.
Einige wenige Sprüche in diesem Buch tauchen mehrfach auf. Das ist Absicht.
Dazu könnte man zuallererst eine alte Sufi-Weisheit anmerken:
Durch Wiederholung gewinnst du mehr, als du glaubst.
Schon rund 50 v. Chr. hat Horaz dazu gesagt:
Zum zehnten Mal wiederholt, wird es gefallen.
Vom englischen Filmregisseur Peter Greenaway stammt die poetische Aussage:
Es ist schön, immer mit derselben Frau zu schlafen und immer Erdbeeren im Juni zu essen. Einige unserer wichtigsten Lebenserfahrungen basieren auf Wiederholung.
Ich habe versucht, mich in diesem Buch nicht zu oft zu wiederholen, sondern habe mich eher an F. Bondy gehalten:
Es ist besser, sich oft zu widersprechen, als sich oft zu wiederholen.
Dass dabei große Kunst herauskam, glaube ich eher nicht.
Zarko Petan jedenfalls meint:
Die Kunst ist die Wiederholung dessen, was noch niemand gemacht hat.
Zusammengefasst: Ich wollte bei den wenigen sich wiederholenden Sprüchen demonstrieren, wie sie in unterschiedlichen Situationen eingesetzt werden können.
Sie können das Buch entweder häppchenweise genießen, einfach diagonal schmökern oder eventuell auch einmal nur die fett gedruckten Sprüche lesen und alles andere überspringen.
Den Rest überlasse ich den Lesern.
Das Gesicht ist dir gegeben, lachen musst du selbst.
umgeben von spielenden Kindern,die staunend beobachten,was ein einzelner Verrückteran einem wunderschönen Südseestrandmit einem Laptop treibt
Bernhard TrenkleManase/Samoa, September 2003
In diesem Buch werden viele, meist witzige Sprüche und Aphorismen verwendet.
Was sind Aphorismen?
Schaut man im Wörterbuch nach, findet man dort Definitionen wie „prägnanter Sinnspruch“. Das Wort kommt aus dem Griechischen und hatte dort die Bedeutung: „Abgrenzung, Unterscheidung, Lehrsatz“. Hippokrates hatte in Aphorismen das ganze damalige medizinische Wissen über Krankheiten und Therapie zusammengefasst. Die Idee war, das Wissen so in prägnante Sätze zu fassen, dass es leicht im Gedächtnis haften bleibt. Das wurde über die Jahrhunderte immer wieder getan, und 1709 hat ein holländischer Medizinprofessor, Jakob Boerhave, letztmalig versucht, alles medizinische Wissen in Aphorismen zusammenzufassen. Später wurde diese Methode dann auch für andere Gebiete wie Jura, Philosophie und Kunst übernommen.
Heute werden Aphorismen vielfältig genutzt, um Themen von Interesse humorvoll, geistreich, satirisch bis hin zu bissig zu kommentieren. Die Hoffnung des Aphoristikers dabei ist, Sätze so prägnant zu formulieren, dass sie im Gedächtnis bleiben und Langzeitwirkung entfalten.
Viele Aphoristiker haben auch Aphorismen zum Thema Aphorismen geschrieben. Der Sprichwortforscher Wolfgang Mieder hat dazu 2002 eine überragende Sammlung mit rund 750 Aphorismen publiziert.3
Die Aphorismen im folgenden kleinen Theorieteil sind weitgehend dieser Sammlung von Mieder entnommen. Dort finden sich auch die bibliographische Angaben zu diesen Sprüchen. Überhaupt, wer Grundlegendes über Aphorismen, Sprichwörter und auch über die Aphoristiker erfahren möchte, sollte sich an die Schriften von Wolfgang Mieder halten. Zum Thema Sprichwörter ist im deutschsprachigen Bereich Lutz Röhrich aus Freiburg eine Autorität.
Im Folgenden nun einige Überlegungen zum Verhältnis von Sprichwörtern, Aphorismen und Witzen zu Psychotherapie und Beratung.
Gerhard Uhlenbruck formuliert:
Sprichwörter kann man auch als psychotherapeutischen Teil einer Erfahrungsheilkunde betrachten.
Und:
Ein Aphorismus ist psychologische Philosophie in einem Satz.
Der aus der ehemaligen Tschechoslowakei stammende Aphoristiker Gabriel Laub sagt:
Es gibt gute politologische, soziologische oder psychologische Bücher, die auf 600 Seiten fast so viel sagen wie ein Witz.
Ich muss wohl kaum erwähnen, dass mich dieser Aphorismus als Witzbuchautor besonders freut.
Gabriel Laub schreibt:
Der Aphorismus hat vor jeder anderen Literaturgattung den Vorteil, dass man ihn nicht weglegt, bevor man ihn nicht zu Ende gelesen hat.
Milton Erickson betrachtete es als einen seiner wichtigen Beiträge zur Technik einer neuen Hypnose, Sprachformen entwickelt zu haben, die die früheren ständigen Wiederholungen der Suggestionen überflüssig machten.
John F. Kennedy musste seinen berühmten Satz
Ich bin ein Berliner
nicht wiederholen. Einmal gesagt, blieb er im Gedächtnis und entfaltet emotionale Wirkungen noch Jahrzehnte später.
Gerhard Uhlenbruck definiert:
Ein Aphorismus ist der Versuch, über eine Sache einmal in einem Satz das letzte Wort zu sprechen.
Einige wenige Sprüche in diesem Buch tauchen mehrfach auf. Das ist Absicht.
Dazu könnte man zuallererst eine alte Sufi-Weisheit anmerken:
Durch Wiederholung gewinnst du mehr, als du glaubst.
Schon rund 50 v. Chr. hat Horaz dazu gesagt:
Zum zehnten Mal wiederholt, wird es gefallen.
Vom englischen Filmregisseur Peter Greenaway stammt die poetische Aussage:
Es ist schön, immer mit derselben Frau zu schlafen und immer Erdbeeren im Juni zu essen. Einige unserer wichtigsten Lebenserfahrungen basieren auf Wiederholung.
Ich habe versucht, mich in diesem Buch nicht zu oft zu wiederholen, sondern habe mich eher an F. Bondy gehalten:
Es ist besser, sich oft zu widersprechen, als sich oft zu wiederholen.
Dass dabei große Kunst herauskam, glaube ich eher nicht.
Zarko Petan jedenfalls meint:
Die Kunst ist die Wiederholung dessen, was noch niemand gemacht hat.
Zusammengefasst: Ich wollte bei den wenigen sich wiederholenden Sprüchen demonstrieren, wie sie in unterschiedlichen Situationen eingesetzt werden können.
Gabriel Laub sagt:
Traum des Aphoristikers: dass seine Aphorismen noch hundert Jahre später auf Zensurschwierigkeiten stoßen.
Nach einer für mich sehr überraschenden Intervention, als ich vor ca. 20 Jahren mit einem eigenen Problem eine Therapeutin aufsuchte, ging mir durch den Kopf:
Eine gute therapeutische Intervention ist eine, die man nicht mehr loswird, selbst wenn man wollte.
Viele therapeutische Interventionen, die ich später von bekannten Therapeuten sah, schienen diese Wirkung zu haben. Die Provokationen eines Frank Farrelly oder die Sätze und Setzungen von Bert Hellinger während seiner Aufstellungsarbeit waren oft so überraschend, dass Klienten wie Seminarteilnehmer unvergessliche Eindrücke mitnahmen.
Uhlenbruck schreibt dazu:
Manche Aphorismen führen die Dinge ad absurdum, sodass einem das Lachen wie ein Kloß im Halse stecken bleibt, den man erst einmal verdauen muss.
Martin Kessel spricht vom „Radius des Alarms“, den Gebilde aphoristischer Art auslösen können.
Bei Gebilden aphoristischer Art, auch bei Sprüchen, Epigrammen, Glossen und Essays, handelt es sich nicht in erster Linie um Wahrheit, auch nicht um halbe, schiefe oder auf den Kopf gestellte Wahrheit, es handelt sich um Erfahrung, Erleuchtung, Einfall, Laune, Witz, es handelt sich darum, den Nerv einer Sache zu treffen, wodurch die Vorstellungskraft alarmiert wird. Je besser die Treffsicherheit, umso größer der Radius des Alarms.4
Ähnliches könnte man auch für manche Typen therapeutischer Interventionen formulieren.
Michael Augustin fügt zu solchen Gedanken an:
Epigramme sind geflügelte Worte, die versuchen, stets abzustürzen, damit sie wenigstens den größtmöglichen Schaden anrichten.
Hans Kudszus definiert:
Jeder Aphorismus ist das Amen einer Erfahrung.
Marie von Ebner-Eschenbach schrieb schon vor mehr als 100 Jahren:
Ein Aphorismus ist das letzte Glied einer langen Gedankenkette.
Zusammengefasst kann man sagen:
Ein therapeutischer Aphorismus kann ein Amen sein, das letzte Glied einer langen therapeutischen Arbeit.*
Andererseits gilt in der Therapie und Beratung aber auch:
Ein Aphorismus kann das erste Glied einer (neuen) langen Gedankenkette sein.*
Also:
Ein Aphorismus kann innere Suchprozesse auslösen, kann eine alte, rigide Gedankenkette aufbrechen.*
Mautner vergleicht die Wirkung von Aphorismen mit dem „Aufreißen einer Aussicht auf nebelverhülltes Gebiet“. Das ist das Gegenteil von:
Es fiel ihm wie Schuppen vor die Augen.
Wolfdieter Schnurre meint:
Der Aphorismus versucht, der Wahrheit so nahe wie möglich zu kommen. Dicht vor ihr jedoch macht er Halt. Ginge er weiter, müsste er auf die Pointe verzichten. Denn die Wahrheit hat nun mal keine.
Ein Schwerpunkt moderner, lösungsorientierter, systemischer oder hypnotischer Therapie liegt darin, dem Klienten Denkanstöße zu geben, ein erstes Glied oder mehrere Anfangsglieder einer neuen Gedankenkette oder Lebensgliederung anzubieten. Sein Leben leben muss der Patient selbst.