Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz - Ralph Jürgen Bährle - E-Book

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz E-Book

Ralph Jürgen Bährle

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Beschreibung

Die Rechtslage Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, aus Gründen des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, wegen einer Behinderung, wegen des Alters oder wegen der sexuellen Identität verhindern. Das Problem Es besteht in fast allen Bereichen der täglichen Personalarbeit die Gefahr, gegen AGG-Vorschriften zu verstoßen. Das kann jedoch teuer werden: Die Rechtsfolgen reichen vom Arbeitsverweigerungsrecht bis zu Schadenersatz- und Entschädigungsleistungen. Die Lösung Hier hilft der Autor, indem er verbotene Handlungen und Diskriminierungsmerkmale benennt, Benachteiligungsverbote sowie Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Beschäftigten einschließlich Diskriminierungsfallen aufzeigt. AGG leicht gemacht Die typischen Probleme werden anhand zahlreicher Beispiele aus der Praxis erläutert. Konkrete Hinweise und Tipps helfen dem Arbeitgeber, sich "gesetzeskonform" zu verhalten. Die aktuelle Rechtsprechung zum AGG ist eingearbeitet.

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Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

Ralph Jürgen Bährle, Rechtsanwalt Bährle & Partner, Nothweiler

3., überarbeitete Auflage, 2016

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

3. Auflage, 2016

ISBN 978-3-415-05809-5E-ISBN 978-3-415-05880-4

© 2007 Richard Boorberg Verlag

E-Book-Umsetzung: Konvertus

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Schriftenreihe DAS RECHT DER WIRTSCHAFT (RdW) ist Teil des gleichnamigen Sammelwerks, einer Kombination aus Buch und Zeitschrift: Zweimal monatlich erscheinen Kurzberichte, die auf jeweils 48 Seiten über aktuelle Rechts- und Steuerfragen informieren. Jährlich erscheinen zusätzlich acht Bücher zu Themen der aktuellen Rechtslage.

Verantwortlich: Klaus Krohn, Assessor

www.boorberg.de

Inhalt

Abkürzungen

1.Anwendungsbereich

1.1Sachlicher Anwendungsbereich des AGG

1.2Persönlicher Anwendungsbereich (§ 6 AGG)

2.Verbotene Handlungen

2.1Unmittelbare Benachteiligung

2.2Mittelbare Benachteiligung

2.3Belästigung

2.4Sexuelle Belästigung

2.5Vorliegen einer Benachteiligung

3.Diskriminierungsmerkmale

3.1Alter

3.2Behinderung

3.3Geschlecht

3.4Rasse und ethnische Herkunft

3.5Religion und Weltanschauung

3.6Sexuelle Identität

4.Benachteiligungsverbot und erlaubte unterschiedliche Behandlung

4.1Kriterium: Berufliche Anforderungen (§ 8 AGG)

4.2Kriterium: Religion und Weltanschauung (§ 9 AGG)

4.3Kriterium: Alter (§ 10 AGG)

5.Pflichten des Arbeitgebers

5.1Vorbeugende Maßnahmen außerhalb von Schulungen

5.2Stellenausschreibung (§ 11 AGG)

5.3Hinweis- und Schulungspflichten (§ 12 Abs. 2 AGG)

5.4Schutzmaßnahmen (§ 12 Abs. 1 AGG)

5.5Bekanntmachungspflichten (§ 12 Abs. 5 AGG)

5.6Vorbeugende Maßnahmen zum Schutz vor Entschädigungsansprüchen

6.Rechte der Beschäftigten

6.1Beschwerderecht (§ 13 AGG)

6.2Leistungsverweigerung (§ 14 AGG)

6.3Entschädigung und Schadensersatz (§ 15 AGG)

6.4Schutz vor Maßregelung (§ 16 AGG)

7.Beweislastverteilung (§ 22 AGG)

8.Rechte von Betriebsrat und Gewerkschaften (§ 17 AGG)

8.1Vorverfahren bei Benachteiligungen und Belästigungen innerhalb des Betriebs

9.Antidiskriminierungsverbände (§ 23 AGG) und Antidiskriminierungsstelle des Bundes (§ 25 AGG)

10.Auswirkungen auf andere Gesetze

11.Typische Probleme in der Praxis unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung

11.1Problemfeld: Alter

11.2Problemfeld: Behinderung

11.3Problemfeld: Geschlecht

11.4Problemfeld: Rasse und ethnische Herkunft

11.5Problemfeld: Religion und Weltanschauung

11.6Problemfeld: Sexuelle Identität

12.Rechtsprechungsübersicht zum AGG

12.1Problemfeld: Alter

12.2Problemfeld: Behinderung

12.3Problemfeld: Geschlecht

12.4Problemfeld: Rasse und ethnische Herkunft

12.5Problemfeld: Religion und Weltanschauung

12.6Problemfeld: Sexuelle Identität

Sachregister

Abkürzungen

AGG

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

ArbGG

Gesetz über die Gerichte für Arbeitssachen

BAG

Bundesarbeitsgericht

BAT

Bundes-Angestelltentarif

BB

Betriebs-Berater (Zeitschrift)

BetrAVG

Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BVerfGE

Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts

DB

Der Betrieb (Zeitschrift)

EuGH

Gerichtshof der Europäischen Union

HAG

Heimarbeitsgesetz

JArbSchG

Jugendarbeitsschutzgesetz

KSchG

Kündigungsschutzgesetz

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NZA

Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht

Rs.

Rechtssache

SGB

Sozialgesetzbuch

SoldGG

Gesetz über die Gleichbehandlung von Soldaten und Soldatinnen

TVG

Tarifvertragsgesetz

TzBfG

Teilzeit- und Befristungsgesetz

TVöD

Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes

Urt.

Urteil

ZPO

Zivilprozessordnung

1.Anwendungsbereich

Das „Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“ (AGG) ist am 18. 8.2006 in Kraft getreten. Mit ihm wurden vier europäische Antidiskriminierungsrichtlinien in Deutschland in nationales Recht umgesetzt, nämlich:

–2000/43/EG des Rates vom 29. 6.2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft

–2000/78/EG des Rates vom 27. 11.2000 zur Festlegung des allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf

–2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. 9.2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen

–2004/113/EU des Rates vom 13. 12.2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen

Das AGG wirkt sich in der täglichen arbeitsrechtlichen Praxis aus bei

–Stellenausschreibung

–Bewerberauswahl

–Einstellungsgespräch

–Mitarbeiterbeurteilung

–Vergütung

–Arbeitszeugnis

–Entlassungen

–Fällen der betrieblichen Altersversorgung oder Betriebsrenten

Über die genannten Bereiche hinaus gibt es in der täglichen Personalarbeit weitere Berührungspunkte zum AGG und damit die Möglichkeit, gegen dessen Vorschriften zu verstoßen. Ein Verstoß kann aber teuer werden: Die Rechtsfolgen reichen von Arbeitsverweigerungsrecht bis zu Schadensersatz und Entschädigungsleistungen.

Hinweis: Vier Sofortmaßnahmen

Falls Sie sich zum ersten Mal mit dem AGG beschäftigen (müssen), z. B. als Unternehmensneugründer, setzen Sie folgende Schritte möglichst bald um:

Machen Sie das AGG und § 61b ArbGG bekannt, legen Sie es zur Einsicht aus, und informieren Sie die Mitarbeiter – z. B. auf dem nächsten Gehaltszettel – hierüber.Richten Sie eine Beschwerdestelle ein, machen Sie diese bekannt.Schulen Sie Vorgesetzte und Mitarbeiter, damit Benachteiligungen verhindert werden. Es genügt auch eine Schulung durch eine Broschüre.Dokumentieren Sie Personalmaßnahmen Schritt für Schritt, damit die Benachteiligungsfreiheit nachgewiesen werden kann.

1.1Sachlicher Anwendungsbereich des AGG

Das AGG ist kein reines arbeitsrechtliches Gesetz. Es betrifft auch andere zivilrechtliche Bereiche. Ziel ist es, bei massengeschäftlichen Verträgen Benachteiligungen

–aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft

–aus Gründen des Geschlechts

–aus Gründen der Religion oder Weltanschauung

–wegen einer Behinderung

–wegen des Alters

–wegen der sexuellen Identität

zu verhindern oder zu beseitigen (§ 1 AGG).

Massengeschäfte im Sinne des AGG sind solche, bei denen das Ansehen der Person keine oder nur eine nachrangige Rolle spielt (§ 19 Absatz 1 AGG). Derartige Geschäfte werden daher auch zu vergleichbaren Bedingungen begründet und durchgeführt. Zu Massengeschäften, die vom AGG betroffen werden, zählen z. B.:

–Einkauf im Supermarkt, im Internet, über Inserate der Tageszeitung oder bei sonstigen öffentlich zugänglichen Verkaufsmöglichkeiten

–Bewirtung in der Gastronomie und Hotellerie

–Verkehrsbeförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln

–Vermietung von Wohnraum, wenn der Vermieter insgesamt mehr als 50 Wohnungen vermietet (§ 19 Absatz VAGG)

–Bildungsveranstaltungen

–Beschäftigungs- und Arbeitsverhältnisse

–Maßnahmen der Berufsbildung und Berufsberatung

Das AGG gilt nach § 19 Absatz IV und V nicht bei

–familienrechtlichen Schuldverhältnissen

–erbrechtlichen Schuldverhältnissen

–zivilrechtlichen Schuldverhältnissen, bei denen ein besonderes Nähe-und Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen begründet wird

Im Arbeitsrecht und in der täglichen Personalarbeit sind nach § 2 AGG Benachteiligungen aus den oben genannten Gründen unzulässig in Bezug auf:

die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg

die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg

den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsbildung einschließlich der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung sowie der praktischen Berufserfahrung

die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Beschäftigten- oder Arbeitgebervereinigung oder einer Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Vereinigungen

Hinweis

Nach § 2 Abs. 4 AGG gelten für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz. D. h., bei der Sozialauswahl nach § 1 KSchG kann weiterhin z. B. nach dem Alter differenziert werden.

Aber Vorsicht! Nur die direkte Anwendung des AGG ist ausgeschlossen. Eine wegen eines im AGG genannten Grundes diskriminierende Kündigung verstößt aber gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten. Sie kann aus diesen Gründen unwirksam sein. Kündigen Sie z. B. einem Mitarbeiter, nachdem Sie erfahren, dass er homosexuell ist, kann diese Kündigung unwirksam sein, wenn dies der einzige Kündigungsgrund ist.

Keinerlei Risiko gehen Sie ein, wenn Sie auch bei einer Kündigung überprüfen, ob eine Benachteiligung wegen eines der genannten Kriterien vorliegen könnte. Halten Sie die Daten Ihrer Prüfung und das Ergebnis fest. Dies insbesondere dann, wenn es sich um eine Kündigung innerhalb der ersten sechs Monate (in denen das Kündigungsschutzgesetz noch nicht gilt) oder in einem Kleinbetrieb mit weniger als zehn Arbeitnehmern handelt (in denen das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt).

1.2Persönlicher Anwendungsbereich (§ 6 AGG)

Das AGG gilt für

–Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Der Umfang der Beschäftigung spielt keine Rolle. Teilzeitbeschäftigte fallen daher ebenso unter das AGG wie Aushilfen im Rahmen eines Mini-Jobs.

–die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten

Zur Berufsbildung beschäftigt sind Auszubildende im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrags, aber auch Werkstudenten und Praktikanten.

–arbeitnehmerähnliche Personen

Die Definition arbeitnehmerähnlicher Personen findet sich in § 12a Abs. 1 TVG. Es handelt sich um Personen, die – ohne rechtlich abhängig und damit Arbeitnehmer zu sein – für andere Arbeit in wirtschaftlicher Abhängigkeit erbringen, z. B. Handelsvertreter, die ausschließlich für eine Firma tätig sind.

–in Heimarbeit Beschäftigte und ihnen Gleichgestellte

Die Definition von Heimarbeitern und Gleichgestellten finden Sie in § 2 Heimarbeitsgesetz (HAG).

–Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis

Das AGG gilt auch schon bei Stellenausschreibungen und im Auswahlverfahren.

–Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist

Das AGG gilt zwar nicht für Kündigungen, aber für Ansprüche von Arbeitnehmern bei und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, z. B. aus der betrieblichen Altersversorgung.

–Personen in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen

Das AGG gilt auch für Bundes-, Landes- und Kommunalbeamte, Beamte der sonstigen Aufsicht des Bundes oder eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, für Richter und Zivildienstleistende, soweit ihre Heranziehung zum Zivildienst betroffen ist. Im öffentlichen Dienst spielen allerdings die besondere Rechtsstellung der Mitarbeiter und die Gemeinwohlverpflichtung des öffentlichen Dienstes noch eine Rolle. Es muss daher sichergestellt bleiben, dass die öffentlichen Aufgaben sachgerecht und kontinuierlich erfüllt werden können.

Für Soldaten und Soldatinnen sowie Personen, die zur Einberufung zum Wehrdienst anstehen oder sich freiwillig bewerben, gilt das dem AGG im Wesentlichen entsprechende Gesetz über die Gleichbehandlung von Soldaten und Soldatinnen (SoldGG).

Als Arbeitgeber gelten natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Beschäftigte im Sinne von § 6 Abs. 1 AGG beschäftigen. Bei Leiharbeitnehmern gilt als Arbeitgeber im Sinne des AGG neben dem Verleiher auch der Entleiher.

2.Verbotene Handlungen

Was eine Diskriminierung konkret ist, sagt das AGG nicht. Diskriminierung im Sinne des AGG (§ 3 AGG) ist jede unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung, Belästigung oder sexuelle Belästigung aus einem der genannten Gründe.

Gleichbehandlung bedeutet nicht Gleichmacherei. Nicht jede unterschiedliche Behandlung ist schon eine Diskriminierung im Sinne des AGG. So rechtfertigen berufliche Anforderungen, die sich aus dem Arbeitsplatz heraus ergeben, eine unterschiedliche Behandlung.

2.1Unmittelbare Benachteiligung

Eine Benachteiligung unmittelbarer Art liegt vor, wenn eine Person wegen mindestens eines der genannten Diskriminierungsmerkmale eine weniger günstige Behandlung erfährt (erfahren hat oder erfahren würde) als eine andere Person in vergleichbarer Situation (§ 3 Absatz 1 AGG). Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

Beispiele für Diskriminierungsfallen:

–Sie veröffentlichen eine Stellenanzeige, mit der Sie eine Mitarbeiterin suchen, die über Berufserfahrung verfügt und mindestens 40 Jahre alt ist. Es bewirbt sich ein Mann mit 35 Jahren. Sie lehnen ihn ab.

Es liegt eine Benachteiligung des Abgelehnten wegen des Geschlechts und des Alters vor.

–Sie nehmen eine schwangere Mitarbeiterin von Sonderleistungen aus.

Es liegt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts vor.

–Sie befördern einen Mitarbeiter nicht, weil er im Rollstuhl sitzt.

Es liegt eine unmittelbare Benachteiligung wegen einer Behinderung vor.

2.2Mittelbare Benachteiligung

Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines der genannten Diskriminierungsmerkmale gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können (§ 3 Absatz 2 AGG). Unter mittelbare Diskriminierung fallen z. B.: die unterschiedliche Behandlung von Teilzeit- und Vollzeitarbeitskräften, indem Teilzeitkräfte von Leistungen ausgeschlossen werden, die Vollzeitbeschäftigte erhalten. Bei einer mittelbaren Benachteiligung ist nicht die Maßnahme selbst diskriminierend, sondern deren Folgen.

Beispiele für Diskriminierungsfallen:

–Sie suchen eine Person, die fließend deutsch spricht, wobei Deutsch nicht die Muttersprache sein muss. Ihr Wunsch schließt – wenn das Beherrschen der deutschen Sprache nicht zur Erfüllung der Aufgabe erforderlich ist – z. B. bestimmte weibliche Ausländer aus, die erfahrungsgemäß nicht fließend deutsch sprechen.

Darin liegt eine mittelbare Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft und des Geschlechts.

–Sie suchen eine/n Mitarbeiter/in mit mindestens 20-jähriger Berufserfahrung.

Darin kann – soweit keine sachlichen Gründe vorliegen – eine mittelbare Diskriminierung eines Bewerbers liegen, der z. B. „nur“ 19 Jahre Berufserfahrung mitbringt.

–Sie suchen einen Mitarbeiter für eine rein handwerkliche Tätigkeit ohne Kundenkontakt. Der Bewerber muss einen schriftlichen Deutschtest machen.

Darin kann eine mittelbare Diskriminierung aller Bewerber liegen, die Deutsch zwar sprechen, aber nicht schreiben können. Die Beherrschung von Deutsch in Schrift ergibt sich nicht aus dem Arbeitsplatz, für den es genügt, dass der Bewerber deutsch versteht und auf Deutsch verständlich antworten kann.